Wie viel Zucker am Tag ist unbedenklich?

So viel Stücke Zucker stecken in Schoki, Gummibärchen und Co.

Täglich circa 100 Gramm Zucker

Die Auswertung meines Ernährungsprotokolls zeigt: Ich habe ein süßes Problem! Doch es ist nicht der Zucker, den ich erkenne und als Schokolade, Eis oder Gummibärchen genieße – es ist der unsichtbare Zucker, der sich in einer Vielzahl von handelsüblichen Fertigprodukten versteckt und sich in mein Leben schleicht, ohne dass ich es will! Fruchtjoghurt (16 Prozent Zuckeranteil), Ketchup (32 Prozent), Krautsalat (15 Prozent) und Salatdressing (12 Prozent) gleichen diesbezüglich einem Trojanischen Pferd. Meine Lieblings-Chilisoße bringt es auf gigantische 43,2 Prozent! Zwei Esslöffel davon, die ich zur Frühlingsrolle verspeise, enthalten sagenhafte vier Stück Würfelzucker.

Insgesamt kommen auf diese Weise für jeden von uns im Durchschnitt etwa 100 Gramm pro Tag zusammen

– das entspricht dem Vierfachen der empfohlenen Menge! Der neueste von der WHO verabschiedete Rat lautet nämlich: Iss nicht mehr als 25 Gramm Zucker pro Tag – und achte auf versteckten Zucker! Denn der ist auf wirklich unheimliche Weise „präsent“ und dient der Lebensmit­tel­industrie keineswegs nur zum Süßen: Er wirkt auch konservierend, volumengebend, wasserbindend und geschmacksverstärkend. Dabei ist er ausgesprochen preiswert und kann teurere Zutaten ersetzen – wie etwa Früchte in Joghurt, Marmelade oder Eiscreme. Mehr als die Hälfte unseres Zuckerkonsums stammt aus diesen Fertigprodukten – und versteckt sich dabei hinter Namen, die gar nicht nach Süßem klingen.

Folgen sind Übergewicht und Diabetes

Wie viel Zucker am Tag ist unbedenklich?

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Zudem sind wir Deutschen Europameister im Verbrauch von gesüßten Brausen, Säften, Sport- und Heißgetränken – allein dadurch erreichen wir laut Untersuchungen der City Uni­versity London die Höchstmenge von 25 Gramm pro Tag. Hinzu kommt, dass getrunkene Kalorien praktisch kein Sättigungsgefühl hinterlassen. Jeder, der mal eine Flasche Cola geöffnet hat, kennt das Phänomen: Wir trinken, bis sie leer ist. Und haben 35 Gramm Zucker intus (bei einer kleinen 0,33-Liter-Flasche)! Kein Wunder also, dass unser Gesamtverbrauch viel höher liegt. Die bösen Folgen: Laut Deutscher Adipositas Gesellschaft leiden rund 60 Prozent der Deutschen an Übergewicht, Tendenz steigend. Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen epidemische Züge an. „Wenn wir unserem Organismus dauerhaft zu viel Energie und besonders Zucker zuführen, produziert die Leber Fett und lagert es in der Leber und im Fettgewebe ein“, sagt Prof. Dr. Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. Früher war das sinnvoll, denn Fett ist ein Energiespeicher, der uns hilft, schlechte Zeiten zu überstehen. Heute ist dieser Mechanismus ein Problem.“

Wie viel Zucker am Tag ist unbedenklich?

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Was genau ist Zucker eigentlich?

Chemisch betrachtet gehören alle Zuckerarten zu den Kohlenhydraten – der Stoffgruppe, die durch Fotosynthese gebildet wird und den größten Teil unserer Biomasse ausmacht. Kohlenhydrate sind biologisch gebundene Sonnenenergie und damit der wichtigste physiologische Energieträger in der Natur. Sie sind unser Treibstoff – und wir tanken ihn, indem wir Nahrung aufnehmen. „Günstig sind komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Gemüse vorliegen“, sagt Pfeiffer. „Denn deren hoher Anteil an Vielfachzuckern sorgt für eine gleichmäßige Energieversorgung.“ Jahrtausendelang sind Menschen mit dieser Art von Kohlenhydratquellen ausgekommen. Denn als Süßmittel wurde Zucker erst Ende des 19. Jahrhunderts durch die Entstehung der Rübenzucker­industrie für jedermann zugänglich und erschwinglich. Heute sind die Lebensmittelhersteller die weltweit größten Verbraucher. Sie haben in ihren Laboren eine Vielzahl von Zuckerarten entwickelt, deren Verstoffwechselung in unserem Organismus ganz unterschiedlich abläuft. „Entscheidend ist die jeweilige Hormon­antwort“, sagt Pfeiffer. „Bei normalem Haushalts­zucker zum Beispiel produziert der obere Dünndarm das Hormon GIP. Die Folge: Die Bauchspeicheldrüse schüttet verstärkt Insulin aus. Der Blutzuckerspiegel steigt schnell an und fällt dann rasch wieder ab. Anders sieht es bei Fruktose aus. Der Fruchtzucker ruft nur eine geringe Insulinreaktion hervor und muss von der ­Leber sofort verarbeitet werden, wofür kein Insulin benötigt wird.“ Jahrzehntelang wurde Fruchtzucker aus diesem Grund Diabetikerprodukten zugesetzt. Bis sich herausstellte, dass Fruktose für Zuckerkranke ungeeignet ist. „Zu viel Fruktose hat einen erhöhten Harnsäurespiegel zur Folge und wird in der Leber zu Fett verarbeitet, was auf Dauer zu einer Insulinresistenz führen kann – dem Hauptsymptom eines Typ-2-Diabetes“, erklärt Pfeiffer.

Problemfall Fruktose?

Genau deshalb warnen derzeit mehrere Ernährungsrat­geber vor genau dieser Zuckerart. „Wir sprechen hier aber nicht von dem Fruchtzucker, den wir zu uns nehmen, wenn wir einen Apfel oder eine Banane essen“, sagt Pfeiffer. „In ganzen Früchten ist relativ wenig Fruktose enthalten. Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe bilden ein natürliches Gerüst, das dafür sorgt, dass der Zucker etwas lang­samer in unseren Stoffwechsel inte­griert werden kann.“ Anders verhält es sich bei dem aus Mais- oder Weizenstärke mithilfe gentechnisch veränderter Enzyme erzeugten High-Fructose Corn Syrup, kurz HFCS, den die Lebensmittelindustrie in großem Stil verarbeitet und sowohl ­Getränken als auch vielen Fertigprodukten zusetzt. Zahlreiche Studien belegen, dass bereits 40 bis 50 Gramm pro Tag zum ­sogenannten ­metabolischen Syndrom ­führen können – dem bösen Zusammenwirken von Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und einem gestörten ­Fettstoffwechsel. „Fruktose wird schneller in Körperfett umgewandelt als Glukose. ­Hinzu kommt, dass Fruktose ein schwächeres Sättigungsgefühl bewirkt, weil ­keine Insulinausschüttung erfolgt und Insulin zu den Sättigungshormonen gehört“, so Pfeiffer. Doch er hält nicht viel davon, eine einzelne Zuckerart zu verteufeln: „Zu viel Energie ist zu viel Energie, egal wo sie herkommt. Und sie führt auf Dauer zu Übergewicht.“

Wie viel Zucker am Tag ist unbedenklich?

Wladimir Tolstich/Istockphoto

Was taugen die Alternativen?

Es gibt jede Menge, wirklich empfehlenswert oder gar gesund ist allerdings keine. Süßstoffe haben zwar keine Kalorien, doch ob sie wirklich zu einer schlankeren Figur verhelfen oder unser Hunger-Sättigungs-System eher verwirren, ist nach wie vor umstritten. Süßstoff ist zudem extrem stark. Er lässt unser Geschmacksempfinden weiter abstumpfen. Natürliche Süßmittel wie Honig, Agavendicksaft oder Ahornsirup kann man sehr gut sparsam dosieren. Eine Variante bilden Datteln. Die getrockneten Früchte süßen Müslis, Smoothies, Quark und Gebäck auf sanfte, naturbelassene Art, sind aber mit knapp 300 Kalorien pro 100 Gramm auch nicht gerade leicht!

Welche Möglichkeiten habe ich noch?

Deine Devise sollte heißen: Weniger ist mehr. Trainiere deine Geschmacksknospen auf sensibel, indem du Süße fein dosierst. Gehe besonders sparsam mit dem Zucker um, den du selbst den Speisen zufügst. Halbiere die Zuckermenge in Kaffee oder Tee oder verzichte ganz darauf. Auch beim Backen kannst du in der Regel ein Drittel der angegebenen Menge weglassen. Zucker in Fertigprodukten zu erkennen ist schon schwieriger. Dabei hilft dir aber die neue Nährwertkennzeichnung. Bis spätestens 14. Dezember 2016 müssen alle verpackten Produkte eine Liste mit den sogenannten Big Seven aufweisen. Darunter befindet sich neben Fett und Eiweiß der Zuckergehalt. Auch die in der Zutatenliste nicht ohne Weiteres als Zucker erkennbaren Mono- und Disaccharide sind in diesem Wert enthalten.

Fazit

Wenn du Zucker reduzieren oder gar vermeiden willst, musst du tatsächlich so genau wie möglich hinschauen. Oder entsprechend aktiv sein, um den überschüssigen „Treibstoff“ zu verbrennen. Sonst hast du ein süßes Problem!

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Der große Check: Alles, was süß macht

Der große Check: Alles, was süß macht

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SÜSSUNGSMITTEL *Kcal/100 GSüßkraftGlykäm. IndexKariesZuckerartBewertung
Industriell eingesetzte Zuckerarten
Zucker (Saccharose)ca. 400 1 mittel kariogen Zweifachzucker aus Fruktose und Glukose Raffiniertes Industrieprodukt aus Zuckerrüben, zahnschädigend, fördert Übergewicht und metabolisches Syndrom
Isomaltulose (Palatinose)ca. 400 < 1 niedrig Zweifachzucker Neueste Forschungen belegen eine günstige Insulinwirkung, geeignet bei Typ-2-Diabetes. Mit ca. 12 Euro pro Kilogramm aber teuer
Fruchtzucker (Fruktose)ca. 400 1,2 niedrig kariogen Einfachzucker (Monosaccharid) Keine Insulinwirkung, jedoch problematisch im Stoffwechsel. Fördert Übergewicht und metabolisches Syndrom stärker als Zucker, gelegentlich unverträglich
Traubenzucker (Glukose)ca. 400 0,8 hoch kariogen Zweifachzucker aus Galaktose und Glukose Schwache Süßkraft, wirkt in größeren Mengen abführend, gelegentlich allergen
Natürliche Süssmittel
Honigca. 300 > 1 mittel stark kariogen Naturprodukt mit Fruktose und Glukose Naturprodukt aus Blütenpollen, zahnschädigend, Mineralstoffe und andere positive Stoffe in Spuren enthalten
Ahornsirupca. 300 < 1 mittel stark kariogen Naturprodukt mit Saccharose und Fruktose Naturprodukt aus Baumharzen, zahnschädigend, Mineralstoffe und andere positive Stoffe in Spuren enthalten
Agavendicksaftca. 290 1,2 niedrig stark kariogen Naturprodukt mit hauptsächlich ­Fruktose Naturprodukt aus Kakteen, enthält hauptsächlich Fruktose, deshalb stoffwechselungünstig
Apfel-, Birnen- Dicksaftca. 330 < 1 niedrig stark kariogen Naturprodukt mit hauptsächlich F­ruktose Naturprodukt aus Früchten, enthält hauptsächlich Fruktose, deshalb stoffwechselungünstig
Vollrohr-Zuckerca. 390 1 mittel kariogen unraffinierte ­Saccharose aus ­Zuckerrohr Weniger hoch verarbeitet als Zucker, deswegen aber nicht „gesünder“, Mineralstoffe in Spuren enthalten
ZuckeraustauschStoffe
… wie Sorbit, ­Mannit, Isomalt, ­Maltit, Erythrit,
Xylit, Lactit …
ca. 240 0,3-1 sehr niedrig nicht kariogen Zuckeralkohole, zum Teil aus Früchten und
Gemüse
Gelten als gesundheitlich unbedenklich, wirken in größeren Mengen aber abführend (ab 10–20 g), zahnschonend, zum Teil sehr teuer. Bekannt unter Markennamen wie Xucker, Sukrin, Sweet Nature, Bircolin
Süssstoffe
… wie Acesulfam K,
Aspartam, Cyclamat, Neohesperidin, ­Saccharin, Stevia …
0-4 40–2500 null oder sehr niedrig nicht kariogen synthetische oder natürliche Ersatzstoffe für Zucker Unklare Studienlage bezogen auf Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Durchfall und Heißhunger. Die festgelegten Zufuhrgrenzwerte werden in der Praxis kaum überschritten

* Hauptquelle: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ** im Vergleich zu Zucker

Zucker undercover

Check die Zutatenliste: Hinter diesen Namen steckt Zucker!

  • Dextrose
  • Gerstenmalz/Gerstenmalzextrakt
  • gezuckerte Kondensmilch
  • Glukose-Fruktose-Sirup
  • Glukosesirup
  • Invertzuckersirup
  • Isoglukose
  • karamellisierter Zucker
  • Laktose
  • Magermilchpulver
  • Maissirup
  • Maltodextrin
  • Maltose/Malzextrakt
  • Mannit
  • Melasse
  • Milchzucker
  • Molkenerzeugnisse
  • natürliche Fruchtsüße
  • Raffinose
  • Saccharose
  • Süßmolkenpulver
  • Traubensüße
  • Vollmilchpulver

Wie viel Süßes konsumierst du an einem Tag?

Wie viel Zucker am Tag ist unbedenklich?

Lust auf Süsses? Ab in den Garten!

Interview mit der zuckerfreien Bloggerin Katharina Kraatz

Seit fast vier Jahren verzichtest du vollständig auf Zucker. Warum?
Ich war der totale Zuckerjunkie und wollte mir beweisen, dass ich auch ohne Süßkram klarkomme.
Wie ging es dir denn ohne?
Ich fühlte mich schon nach ­wenigen Tagen fitter, konzentrierter und wacher. Und das Beste: Nach zwei Wochen war ich meine heftigen Hautprobleme los, mit denen ich seit Jahren zu kämpfen hatte!
Wie erklärst du dir diese Wirkung?
Wenn man Zucker verbannen will, muss man bewusster einkaufen. ­Viele Fertigprodukte fallen dann weg. Man isst automatisch mehr frische, unverarbeitete Lebensmittel – und damit unterm Strich gesünder.
Hast du abgenommen?
Ja, circa sieben Kilo im Lauf des ersten halben Jahres. Dieses Wohlfühlgewicht halte ich seither ohne Anstrengung.
Was machst du, wenn du Lust auf etwas Süßes bekommst?
Ich lenke mich ab, gehe in den ­Garten oder die Wohnung putzen.
Hast du einen Tipp für Nachahmer?
Einfach ausprobieren und die Veränderungen an dir und deinem Körper beobachten. Die sind nämlich deine beste Belohnung!

Wie viel Gramm Zucker pro Tag ist schädlich?

Von unabhängigen Gesundheitsorganisationen wird empfohlen nicht mehr als 30 g Zucker pro Tag zu konsumieren. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) rät, nicht mehr als 6 Teelöffel pro Tag, also ca. 25 g Zucker, aufzunehmen.

Sind 150 g Zucker zu viel?

Drei Fachgesellschaften haben sich nun auf diese Menge geeinigt: maximal 50 Gramm täglich sind genug, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft.

Sind 100 g Zucker viel?

Die empfohlene Tagesmenge entspricht etwa 100 g Gummibärchen oder 90 g Vollmilchschokolade. Zucker ist jedoch nicht nur in Süßigkeiten enthalten, das süße Genussmittel verbirgt sich unter anderem auch in Fertigprodukten, Säften, Soßen oder Softdrinks.

Sind 40 g Zucker viel?

Für einen durchschnittlichen Erwachsenen (mit einer Kalorienzufuhr von 2000 kcal am Tag) entspricht dies einer Zuckerzufuhr von nicht mehr als 50 g Zucker pro Tag. Das sind ca. 10 Teelöffel oder knapp 17 Würfelzucker. Bei Frauen mit einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 1800 kcal sind es in etwa 45 g.