Wie verändert sich der Unterhalt wenn Kind in Ausbildung

Sehr geehrter Mandant,  

Fragestellung:  

1. Unterhalt für minderjähriges, in der Ausbildung befindliches Kind  
2. Kindesunterhalt  

Vorab ist Ihr bereinigtes Nettoeinkommen festzustellen. Aus 3360,00 brutto ergibt sich ein Nettogehalt von ca. 1962,00. Hiervon sind 5% berufsbedingte Aufwendungen, also 98,10 abzuziehen, so dass sich ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1863,90 ergibt. Damit befinden Sie sich in der Gehaltsstufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (1501,00 ? 1900,00).   

Zu 1.:  
Ihre 16jährige Tochter befindet sich in der Altersstufe 3 der Düsseldorfer Tabelle (12 bis 17 Jahre). Danach beträgt ihr Unterhaltsanspruch 396,00. Hiervon ist das hälftige Kindergeld in Höhe von 82,00 abzuziehen, da das volle Kindergeld an die Kindesmutter ausgezahlt wird. Es ergibt sich mithin ein Unterhaltsanspruch von 314,00.  

Das minderjährige unverheiratete Kind muss sich jegliche Einkünfte, auch aus Vermögen, anrechnen lassen; jedoch bleibt der Vermögensstamm verschont. Dies ergibt sich aus § 1602 Abs. 2 BGB. Erbringt ein Elternteil die Betreuungsleistung entspricht es der Gleichwertigkeit von Betreuungsleistung und Barunterhaltsverpflichtung, dass eigene Einkünfte des Kindes den Barunterhalt mit der Hälfte der Einkünfte mindern. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Bar- und Naturalunterhalt gilt im Regelfall für jede Altersstufe minderjähriger, unverheirateter Kinder bis zum Eintritt der Volljährigkeit, vgl. Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth Unterhaltsprozess 5. Auflage 2009 Kap. 3 Rn. 95.  

Bei einem Bruttogehalt von 700,00 beträgt das Nettogehalt Ihrer Tochter ca. 557,00. Hiervon werden nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte 90,00 Ausbildungspauschale abgezogen, so dass sich ein bereinigtes Auszubildendengehalt von 467,00 ergibt. Hiervon ist der hälftige Betrag, also 233,50 auf Ihre Unterhaltspflicht von 314,00 (s. o. ) anzurechnen.   

Sie haben daher an Ihre 16jährige Tochter einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 80,50 zu zahlen.  

Zu 2.:  
Ihre 13jährige Tochter befindet sich ebenfalls in der Altersstufe 3 der Düsseldorfer Tabelle, so dass ihr Unterhaltsbedarf ebenfalls 396,00 beträgt. Auch hier ist das hälftige Kindergeld in Höhe von 82,00 anzurechnen, so dass sich ein von Ihnen zu zahlender Unterhalt in Höhe von 314,00 ergibt.  

Sofern sich das Ausbildungsgehalt Ihrer Tochter im nächsten Ausbildungsjahr erhöht, sollten Sie erneut eine Berechnung durchführen. Möglicherweise entfällt dann ihr Unterhaltsanspruch gegenüber Ihrer in der Ausbildung befindlichen Tochter.

Anrechnung Ausbildungsverg�tung beim Kindesunterhalt

Eltern schulden ihrem Kind eine der Begabung, Neigung und dem Leistungswillen des Kindes angemessene Berufsausbildung, die die Perspektive einer späteren eigenständigen Finanzierung des Lebensunterhalts bietet (§ 1610 Abs. 2 BGB). So sind die Eltern dazu verpflichtet, die gesamten Lebenshaltungskosten während der Ausbildung und die damit verbundenen ausbildungsbedingten Aufwendungen zu tragen. Von für die Praxis von Relevanz ist die Frage, in welcher Höhe und ab wann die Ausbildungsvergütung auf den Unterhalt des Kindes anzurechnen ist. Der vorliegende Beitrag geht dieser Frage näher nach.

Ausbildungsgehalt ist bei Bedarf des Kindes zu ber�cksichtigen

Ausbildungsvergütung, die unabhängig vom Lebensalter mit der Lehrzeitdauer steigt, ist wie Arbeitseinkommen zu behandeln. Dies gilt auch für Anwärterbezüge im öffentlichen Dienst, die zwar teilweise vom Lebensalter abhängen, aber zur Deckung des gesamten Lebensbedarfs bestimmt sind. Das Kind muss sich grundsätzlich sein Ausbildungsgehalt, abzüglich berufsbedingter Aufwendungen, auf seinen Bedarf anrechnen lassen. Das Lehrgehalt bzw. die Ausbildungsvergütung reduzieren den Unterhaltsanspruch des in der Ausbildung befindlichen Kindes.

Etwas anderes gilt für die Nebentätigkeit eines Studenten, der grundsätzlich nicht verpflichtet ist, neben seinem Studium einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das Einkommen aus einer Beschäftigung in den Semesterferien oder in vorlesungsfreier Zeit kann daher nicht vollständig angerechnet werden. Je nach der Höhe der Einkünfte muss sich der Stunden allenfalls einen Teilbetrag auf den Unterhalt anrechnen lassen. Denn insoweit handelt es sich um Einkünfte aus überobligationsmäßiger Tätigkeit.

Mehrbedarf reduziert das Ausbildungsgehalt des Kindes

Ausbildungsbedingte Mehraufwendungen sind vorweg abzuziehen vom Ausbildungsgehalt in Abzug zu bringen. Der BGH stuft den Abzug einer pauschalen berufsbedingten Pauschale für ausbildungsbedingte Aufwendungen als unbedenklich ein. Nach der aktuellen Düsseldorfer Tabelle ist die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 90,00 EUR zu kürzen. Umstritten ist, ob zusätzlich neben der Pauschale für berufsbedingten Mehrbedarf zusätzlich die Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte oder der Berufsschule geltend gemacht werden können. Nach Auffassung des OLG Köln (FamRZ 2013, 1406) können die tatsächlichen Fahrtkosten neben der Pauschale in Ansatz gebracht werden.

Denn bei der Pauschale von 90,00 Euro handelt es sich nicht um eine berufsbedingte Pauschale. Eine Verrechnung mit Fahrtkosten findet daher nicht statt. Weiter führt das OLG Köln in dieser Entscheidung dar, dass trotz hoher Fahrtkosten für die Nutzung eines Kraftfahrzeugs für die Entfernung zwischen Wohnort und Berufsschule sowie Wohnort und Ausbildungsstätte das Kind nicht ohne Weiteres auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden. Dies soll zumindest dann unzulässig sein, wenn die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln mit einer erheblich längeren Fahrtzeit verbunden wäre und das mehrfache Umsteigen die Gefahr von Verspätungen birgt. Ein regelmäßiges Erscheinen am Ausbildungsort hat Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der Eltern.

Beim Vollj�hrigen Anrechnung des kompletten Ausbildungsgehaltes

Die um die Pauschale bzw. um die Fahrtkosten gekürzte Ausbildungsvergütung ist auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes in voller Höhe bedarfsdeckend anzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, der mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (BGH FamRZ 2006, 99). Denn mit der Volljährigkeit schuldet der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, keinen Betreuungsunterhalt mehr. Werden gleichwohl Betreuungsleistungen erbracht, sind das freiwillige Leistungen, die unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleiben müssen. Anders sieht die Situation bei minderjährigen Kindern aus, die im Haushalt eines Elternteils leben und von ihm betreut werden. In diesem Fall ist die Hälfte des bereinigten Ausbildungsgehaltes vom Barunterhalt des anderen Elternteils in Abzug bringen.

Wann passt sich Kindesunterhalt nach Ausbildungsaufnahme an?

In der Praxis kommt oftmals die Frage auf, ab welchem Zeitpunkt sich der Unterhaltsanspruch des Kindes wegen Aufnahme der Ausbildung reduziert. So wird häufig diskutiert, ob sich der Unterhaltsanspruch schon ab dem Monat des Ausbildungsbeginns reduziert oder erst im Folgemonat nach Auszahlung des ersten Ausbildungsgehaltes. Nach ständiger Rechtsprechung ist auf den Zeitpunkt des Erhalts des ersten Ausbildungsgehaltes, also die tatsächliche Zahlung, abzustellen. Auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrages oder dem Beginn der Arbeitsaufnahme kommt es nicht an. Die Zahlung der ersten Ausbildungsvergütung – nicht aber bereits der Abschluss des Ausbildungsvertrages oder die Arbeitsaufnahme – begründet für den Monat der Auszahlung eine nach der Errichtung des bestehenden Kindesunterhaltstitels liegende zulässige Einwendung (OLG Hamm FamRZ 2013, 1812).

Fragen zur Anrechnung des Ausbildungsgehaltes mit Anwalt Siegen kl�ren

Ihr Kind befindet sich in Ausbildung und Sie haben Fragen zur Anrechnung des Ausbildungsgehaltes? Dann helfen wir Ihnen gekonnt weiter und berechnen den von Ihnen zu zahlenden Unterhalt neu. Lassen Sie keine Zeit verstreichen. Denn Unterhalt kann immer nur für die Zukunft zurückgefordert werden. Auch besteht keine Möglichkeit, zu viel gezahlten Kindesunterhalt bei Überzahlung erfolgreich zurückzufordern. Bei uns bekommen Sie schnell und unbürokratisch einen Besprechungstermin. Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, dann rufen Sie uns unter 0271 – 56055 an und vereinbaren einen Beratungstermin mit unseren auf das Unterhaltsrecht spezialisierten Anwälten.

Wie wird die Ausbildungsvergütung auf den Unterhalt angerechnet?

Anrechnung der Ausbildungsvergütung Die Ausbildungsvergütung ist auf den Unterhalt anzurechnen. Von 800 EUR dürfen Sie 100 EUR Pauschale abziehen, so dass 700 EUR maßgebend sind. Mit 700 EUR ist das Kind nicht mehr unterhaltsbedürftig sind. Anders wäre es, wenn die Ausbildungsvergütung 500 EUR betrüge.

Wann darf der Vater den Unterhalt kürzen?

Unterhalt kann gekürzt werden, wenn z. B. die Unterhaltsleistung für den Pflichtigen unzumutbar ist, nach einer kurzen Ehedauer oder einer neuen Lebenspartnerschaft des Unterhaltsberechtigten.

Wann entfällt Unterhalt Kind?

Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes entfällt, wenn das Kind entweder genügend eigene Einkünfte hat (siehe: eigene Einkünfte des Kindes ) oder wenn der Unterhalt zahlende Elternteil nicht (mehr) leistungsfähig ist.

Wie lange muss man als Vater Unterhalt zahlen?

Eltern müssen ihren volljährigen Kindern Unterhalt zahlen – bis zum Abschluss einer ersten beruflichen Ausbildung. Verdient Dein volljähriges Kind neben der Schule oder dem Studium regelmäßig dazu, musst Du weniger zahlen. Als eigenes Einkommen Deines Kindes zählen auch Stipendien, Bafög und Kindergeld.