Mit den Händen singen - das ist keine Methode, um die Stimme zu schonen, sondern Ausdrucksform einer uns wenig vertrauten Kultur. Willkommen in der Welt der Gehörlosen. Wer glaubt, dass er hier auf musikalischen Genuss verzichten muss, irrt. Musik hören: Aber wozu überhaupt ein Chor, wenn ihn die Gehörlosen nicht hören können? Musik fühlen: Auch Hörende werden schon bemerkt haben, dass Musik auch fühlbar und sogar sichtbar sein kann. Wer schon einmal Orgelpfeifen während des Spiels berührt hat, kann dies bestätigen. Musik sehen: Kann aber auch ein in Gebärdensprache übersetztes Lied als Musik gelten? Das «sign singing» oder auch «song singing» hat vor allem in der amerikanischen Gehörlosenkultur Bedeutung erlangt. Dabei wird, ähnlich wie beim Tanzen, Musik durch Bewegung sichtbar gemacht - womit ein weiterer Weg genannt ist, Musik wahrzunehmen; einen, den wir als «Normalhörende» auch nutzen. Durch die Verbindung von Gebärdensprache, Ausdruck von Emotionen, Bewegung und Musik ist eine besondere Empfindung von Musik möglich, die durch das Gemeinschaftserlebnis mit den Mitsängern bzw. Mitgebärdern noch verstärkt wird. Es können nicht nur die Texte übersetzt, sondern auch die Melodieführung und der Rhythmus nachempfunden werden. Soweit haben wir es mit unserem kleinen Gebärdenchor allerdings nicht gebracht. Es bedarf intensiverer Übung, über die Bewegungsrichtung auch Melodik zu vermitteln. Musik übersetzen: Welche Schwierigkeiten entstehen, wenn man im Gebärdenchor singt? Da ist zunächst die Liedwahl: Wörter oder Textzeilen, die in einigen Liedern vorkommen, gibt es in der Gebärdensprache nicht, zum Beispiel die Zeile «Psalter und Harfe wacht auf» in dem Lied «Lobe den Herren». Es kam deswegen schon von vorn herein nicht in Frage. Das Lied «Nun danket alle Gott» haben wir trotz ähnlicher Schwierigkeiten dennoch gewählt. Es endet im Gesangbuch mit «und noch jetzt und getan»: Wir haben kurzerhand «und viel mehr Guts getan» daraus gemacht. Was? Wie? Warum? Wozu? |