Wer streamt der gleiche himmel

"Der gleiche Himmel" zeigt in mehreren, teilweise zusammenhängenden Erzählsträngen vom Leben mehrerer Menschen in Ost- und Westberlin im Jahre 1974, im Kalten Krieg.
Hauptperson ist der 25jährige Leutnant Lars Weber (Tom Schilling),der mit neuer Identität und Legende als "Romeo-Agent" nach Westberlin geschleust wird, seine Ziel-"Julia" ist die 41jährigen Lauren Faber (Sofia Helin), alleinerziehende Mutter eines 17jährigen Sohnes und als Zvilangestellte Datenanalystin für die britische Luftwaffe, vom US-amerikanischen-britischen Stützpunkt Teufelsberg wird der Funkverkehr in Ost und West überwacht.
Während Weber als Matthias Cramer, Architekt auf Jobsuche in Westberlin, sich mit Unterstützung (und Überwachung) durch den Führungsoffizier Ralf Müller (Ben Becker) an die vereinsamte Lauren mit ihren schwierigen 17jährigen Sohn heranmacht, arbeitet sein Vater Gregor Weber (Jörg Schüttauf) im Osten der Stadt als IM, wirbt IM an und betätigt sich auch als Blockwart, der darauf achtet, wohin die Antennen auf den Hausdächern gerichtet.

Ein zweiter Erzählstrang ist Familie Conrad (Godehard Giese) und Gita (Anja Kling in ungewohnt fieser Rolle glänzend) Weber, deren Tochter Juliane (Muriel Wimmer) ein ausgezeichnetes Abi gebaut hat, währen Nesthäkchen Klara (Stephanie Amarell), bisher im Schatten der großen Schwester stehend, Talent beim Schwimmen zeigt und mit Unterstützung der Mutter, die sich Privilegien für die ganze Familie erhofft, einen Platz im Olympia-Kader erschwimmen soll, kräftig mit Steroiden gedopt durch den Trainer Wulf Dunst (Max Hopp) und Überwachung durch die Sportfunktionärin Erika Haas(Steffi Kleinert). Die virilisierenden Wirkungen von Oral Turinabol beunruhigen Klaras Schwester und auch den Vater, die Mutter geht mit der jungen Tochter aber nicht zum Arzt, sondern zum Trainer, der sie beruhigt, die Veränderungen würden alle so hart trainierenden Schwimmerinnen bekommen, und sie seien reversibel. Gita will es gerne glauben, und die Familie wird auf eine harte Zerreißprobe gestellt.

Ein weiterer Personenkreis ist der schwule Lehrer Axel Lang (Hannes Wegener), der seiner Klasse mit einem Flieger aus Balsa-Holz anschaulich die Wirkungsmechanismen der Thermik erklärt, was ihm den Vorwurf der Anleitung zur Fluchthilfe einbringt, sein schwuler Bekannter Tobias Preus (Daniel Zillmann), ein etwas naiver fettleibiger Mann, der sich einer Gruppe von Tunnelbauern unter einer Bäckerei anschließt und schließlich die unmenschlichen Bedingungen der Stasi-Haft erleben muss, Szenen, die Anja Kling als politische Gefangene im bemerkenswerten Film "Es ist nicht vorbei" auch schon erdulden musste.

Schließlich in Westberlin noch die Familie Dagmar (Claudia Michelsen) und Howard Cutter (Steven Brand), Dagmars zweitem Ehemann, der als Offizier auf dem Teufelsberg in leitender Funktion arbeitet, Stiefvater von Sabine (Friederike Becht), die ebenfalls als Analytikerin dort arbeitet und eine lockere Freundschaft zu Lauren Faber hat.

Lars Weber verführt Lauren nach allen Regeln der ihm beigebrachten Kunst, lässt sich auch durch Rückschläge nicht ermutigen, schafft es sogar Lauren einzureden, sie sei die Verführerin, aber mit dem schönen Plan ist es schlagartig vorbei, als Lauren der Schlag trifft. Lars packt schon seine Sachen , um nach Ostberlin zurückzukehren, da wird er auf Sabine Cutter angesetzt, und dies hat eine ganz besondere Brisanz, nicht nur dadurch, dass er sich in Sabine richtig verliebt.

Manch Rezensent kritisiert, der Film sei sehr vorhersehbar, einige wollen im Nachhinein schon von Vornerein über die besondere Brisanz der Beziehung zwischen Sabine und Lars gewußt haben, sehr viele kritisieren, dar Film ende viel zu abrupt ohne jegliche Auflösung, als hätte die Drehbuchschreiberin Paula Milne kurz vor Terminschluß ein Ende erzwingen müssen.

Für mich haben die Filmemacher um Regisseur Oliver Hirschbiegel, dem wir schon die guten Filme "Elser- er hätte die Welt verändert", "Der Untergang" und "Das Experiment" verdanken, einen sehenswerten und großartig besetzten Film geschaffen, der das fiktive Schicksal von Menschen, Familien in der geteilten Hauptstadt im Jahre 1974 zeigt. Gedreht wurde in Prag, viele Detais wie die Autos erscheinen authentisch, wir sehen Fernsehausstrahlunge von der Fußball-WM mit dem berühmten Sparwasser-Tor, wodurch der spätere Weltmeister BRD von der DDR in der Vorrunde besiegt wurde, der Watergate-Skandal um Richard Nixon ist ebenfalls ein Thema.

Einige Monate im Jahr 1974 in Berlin diesseits und jenseits der Mauer, der Film durfte m.E. gar kein Ende haben. Was haben die Kritiker denn vermisst? Wird Klara allein oder in einer Staffel Olympiasiegerin und mit Ende der Karriere die körperlichen Veränderungen wieder los? Was wird aus der besonderen Beziehung zwischen Lars und Sabine? Gibt es ein glückliches Ende für den schwulen Lehrer und seinen britischen Geliebten?. Hier jetzt irgenwelche Lösungen zu bringen, hätte für mich den Film eher in Richtung einer Seifenoper gerückt.
Ich habe nichts vermisst und kann den hervorragend inszenierten, gespielten und mit toller Filmmusik unterlegten Dreiteiler nur empfehlen.

Doc Halliday