Wer ist am hitzigen frieselfieber gestorben

Wolfgang Amadeus Mozart starb am 5. Dezember 1791. In den Wochen vor seinem Tod litt er an einem "hitzigen Frieselfieber". (Heutige Mediziner bezeichnen diese Krankheit als "rheumatisches Entzündungsfieber" und heilen sie mit Antibiotika.) Diese Infektion war die Ursache für den Tod des Komponisten - so liest man es zumindest in allen Mozart-Biographien mit wissenschaftlichem Anspruch.

Wie bei so vielen Fragen hat die Wissenschaft auch in dieser wahrscheinlich recht, und doch nicht das letzte Wort. Denn immer wieder werden alternative Deutungen des Geschehens ins Spiel gebracht, die von der unbewiesenen, aber erregenden Behauptung ausgehen, Mozart sei ermordet worden.

Lange traute man dieses Verbrechen einem Kollegen zu: Antonio Salieri. Dieser Wiener Hofkapellmeister, der 1825 starb, hat in seinen späten, dementen Jahren selbst behauptet, Mozart vergiftet zu haben. Daraus entstand ein Mythos, der seit Alexander Puschkins Drama "Mozart und Salieri" (1832) mehrmals durchgespielt wurde: Ein mediokrer Musikhandwerker erträgt die Genialität seines unkonventionellen Konkurrenten nicht und tötet ihn.

Diese Geschichte ist nun vom Wiener Germanisten Franz Forster widerlegt worden. Dessen Buch "Mozart und Salieri" (Berenkamp Verlag, Wattens) unternimmt eine doppelte Ehrenrettung: Zum einen spricht der Autor Salieri vom unbegründeten Mordvorwurf frei (ein Gleiches tut übrigens zurzeit die Ausstellung "Salieri. Die Fakten" im Wiener Mozarthaus). Forster wertet jedoch auch den Tonkünstler auf. Ihn ärgert, dass Salieri wenig bekannt ist, während Mozart als der Größte da steht. Forster dreht diese Rangordnung zur Abwechslung einmal um und erklärt, Salieri sei besser als Mozart.

An der Mord-Geschichte hält Franz Forster allerdings fest. Er äußert den Verdacht, Michael Puchberg, Mozarts Finanzier, habe den Komponisten vergiftet, möglicherweise sogar unter tätiger Mithilfe von Mozarts Ehefrau Konstanze. Es wird außerdem gemutmaßt, dass das Mordopfer längst nicht so verarmt gewesen sei, wie die Legende behauptet, sondern dass der Mörder sein Vermögen an sich gerissen hätte (das wäre also ein Mordmotiv ).

Forster zitiert auch Dokumente, die der Vermutung Nahrung geben, Mozart liege nicht auf dem St. Marxer Friedhof begraben, wo ihn alle seine Verehrer bis heute (be-)suchen, sondern auf dem Matzleinsdorfer Friedhof. Die Tatsache, dass sich für diese Hypothese kein unwiderleglicher Beweis erbringen lässt, bestätigt in Forsters Augen nur deren Richtigkeit. Denn selbstverständlich mussten die Täter jedes Interesse daran haben, belastende Fakten verschwinden zu lassen. Dies konnte ihnen auch gelingen, weil sie "bis in die höchsten Gesellschaftsschichten hinaufreichend" Helfer und Mitwisser hatten.

Gedankengänge dieser Art nennt man "Verschwörungstheorien". Sie haben den Nachteil, nicht beweisbar zu sein, und den Vorteil, die Fantasie nachhaltiger zu beschäftigen als jede trockene wissenschaftliche Erklärung.

Diese Liste ordnet historischen Bezeichnungen für Krankheiten aktuelle Bezeichnungen zu.

Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich eine medizinhistorische Diagnose in kaum einem Fall mit Sicherheit einer modernen Krankheit zuordnen lässt, selbst wenn die Symptome ähnlich erscheinen. Ein prominentes Beispiel ist der Patient Ludwig van Beethoven, dessen „Schwindsucht“ je nach neuerer Quelle durch Typhus, Leberzirrhose, Sarkoidose oder Bleivergiftung verursacht gewesen sein soll. In jedem Fall muss mit der direkten Übersetzung historischer Krankheitsbezeichnungen vorsichtig umgegangen werden.

Historischer Name Heutige Krankheiten, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit den Symptomen zugeordnet werden können
Abzehrung siehe Auszehrung
Albschoss Rheuma, Hexenschuss
Antoniusfeuer
Antoni Rache
Mutterkornvergiftung, auch Milzbrand, Pest
Apostem(a) griechisch-lateinisch für Abszeß[1] oder Geschwür[2]
Aussatz generalisierte Ekzeme, Tinea, Lepra, Schuppenflechte, Krätze
Auszehrung Krankheitsbilder mit Kräfteverfall und starkem Untergewicht, z. B. Krebs, Tuberkulose; siehe auch #Schwindsucht
Bangigkeit Krampfanfälle, Epilepsie
Bauchwassersucht Aszites
Blattern Pocken
Blutsturz Bluterbrechen, Blutdurchfall; häufig als Todesursache genannt
Blutlauf Ruhr, Cholera und ähnliche schwere Durchfallerkrankungen
Brand Gangrän, periphere arterielle Verschlusskrankheit
Bräune Diphtherie
bresthaft körperlich oder geistig behindert, altersschwach, gebrechlich
Consumptio siehe Auszehrung
Darre „Austrocknen der Säfte“ nach der Humoralpathologie; siehe auch Auszehrung
Dusel Pest, Typhus, Grippe, auch Schwindelgefühl
Englische Krankheit Rachitis
Epidemischer Katarrh
epidemisches Katarrhalfieber[3]
Grippe; vgl. auch #Russischer Katarrh
epidemischer Schnupfen[3] Grippe
Fallsucht
fallende Sucht[4]
Epilepsie
Fluss[5] Rheuma, Menstruation;
vgl. auch #Schlagfluss, #Steckfluss
Fraisen Epilepsie, Krampfanfälle
Friesel, Frieselfieber[6] Miliaria[7], im weiteren Sinne jede Art von Fieber mit Ausschlag
Französische Krankheit
(auch Spanische, Gallische K., German disease)
Syphilis
Gallische Krankheit siehe #Französische Krankheit
Gallsucht Gelbsucht
German disease
(engl. für „Deutsche Krankheit“)
Syphilis; vgl. #Französische Krankheit
Geschwulst Tumor, Kropf, Hühneraugen, Überbein, Warzen
Glasfriesel Windpocken („Wasserpocken“)
Gliederschwund Krebs
Gliedschwamm Gelenkschmerzen
Grüner Star Glaukom
Halsbräune Diphtherie; vgl. #Bräune
Hitzige Krankheit Typhus
Influenza alle Infektionen; später Grippe
Kachexie siehe Auszehrung
Krebs Geschwür, Tumor, jede um sich fressende Krankheit, also auch eine vernachlässigte Wunde oder Nekrose
Krupp[8] Diphtherie
Lungenlähmung allgemeine Bezeichnung für eine Todesursache durch Atemstillstand nach Lungenversagen
Marasmus siehe Auszehrung
Maselsucht Lepra (Aussatz)[9] oder Syphilis[10]
Melancholie Depressionen
Milzsucht Hypochondrie
Mondsucht Somnambulismus
Nervenfieber Typhus oder Dysenterie
Parentialfieber Typhus
Phthisis siehe Auszehrung
Rotlauf Erysipel, Gürtelrose, Neurodermitis, Akne und andere Hautausschläge
Ruhr Dysenterie
Russische Krankheit[11] Grippe; später auch Typhus[12]
Russischer Katarrh[3] Grippe; vgl. auch #Russische Krankheit
Satthals Struma
Scharbock Skorbut
Schlagfluss Schlaganfall
Schleimfieber Typhus
Schnupfenfieber[3][11] Grippe
Schüttellähmung Parkinson-Krankheit
Schwarzer Tod Pestepidemie
Schwindsucht Tuberkulose, Krebs
Seitenkrankheit Pleuritis, Gelbsucht
Spanische Krankheit siehe #Französische Krankheit; auch Spanische Grippe
Star[13] verschiedene Augenkrankheiten; siehe auch grüner Star, grauer Star, schwarzer Star
Steck- oder Stickfluß Asthma, Lungenödem
Sucht allg.: Krankheit; vgl. beispielsweise #Fallsucht, #Gallsucht, #Maselsucht, #Milzsucht, #Mondsucht, #Schwindsucht, #Wassersucht, #Weiße Sucht
Tabes siehe Auszehrung
Tanzwut
Veitstanz
mit Muskelzuckungen einhergehende Nervenkrankheiten, z. B. Chorea Huntington, Chorea minor, Epilepsie, Mutterkornvergiftung
Wasserscheu Tollwut
Wassersucht Hydrops, Ödem, Anasarka
Wechselfieber Malaria
Weiße Sucht Syphilis
Wolf siehe #Krebs;
auch Intertrigo, Feigwarzen, Wundrötung, Narbenflechte
Wurm um sich fressendes (Haut-)Geschwür (bei Pferden auch Lymphangitis bei Rotz)[14]; auch allgemein Krankheit[15]
Wurmfieber Darmentzündungen (Enteritis)
Ziegenpeter Mumps
Zips Grippe
Zipperlein Fußgicht

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. Piloty & Loehle, München 1899 Internet Archive (Reprografischer Nachdruck: Olms, Hildesheim/ New York 1970 und 1979, ISBN 1-174-35859-9).
  • Jörg Riecke: Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen. Band 2: Wörterbuch. De Gruyter, Berlin und New York 2004, ISBN 3-11-017828-1.
  • Wolfgang Schindler, Jürgen Untermann (Hrsg.): Grippe, Kamm und Eulenspiegel. Festschrift für Elmar Seebold zum 65. Geburtstag. De Gruyter, Berlin und New York 1999.
  • Liste im GenWiki
  • Liste historischer Krankheitsbezeichnungen auf danzig.de
  • Liste historischer Krankheitsbezeichnungen auf plbg.de
  • Wolfgang Bielski: Alte Krankheitsbezeichnungen
  • Tom Lessner: Alte Krankheitsbezeichnungen
  • Daniel Stieger: Alte Krankheitsbezeichnungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag in Herders Konversationslexikon, 1854 (online).
  2. Angela Sendlinger: Deutsch Fremdwörter. Compact Verlag GmbH, 1. Mai 2008, ISBN 978-3-8174-7728-9, S. 72 (Abgerufen am 11. Oktober 2012).
  3. ↑ a b c d Grippe. In: Meyers. 6. Auflage. Band 8, S. 346–347.
  4. fallend. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 3: E–Forsche – (III). S. Hirzel, Leipzig 1862 (woerterbuchnetz.de).
  5. Flusz. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 3: E–Forsche – (III). S. Hirzel, Leipzig 1862 (woerterbuchnetz.de).
  6. Michael Brendler: Mozart starb an Frieselfieber. Aber was ist das? In: NZZ am Sonntag, 23. Juni 2017.
  7. Friesel. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 6. Altenburg 1858, S. 744–745 (zeno.org).
  8. Krupp. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 11, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1907, S. 750.
  9. Maselsucht. In: Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Zweyte, vermehrte und verbesserte Ausgabe, Leipzig 1793–1801 (woerterbuchnetz.de).
  10. Liste historischer Krankheitsbezeichnungen (Memento des Originals vom 23. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf danzig.de.
  11. ↑ a b Grippe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 9: Greander–Gymnastik – (IV, 1. Abteilung, Teil 6). S. Hirzel, Leipzig 1935 (woerterbuchnetz.de).
  12. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Bd. 129, Berlin 1821, S. 62.
  13. Star. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 18, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1909, S. 855–856.
  14. Hans-Peter Hils: Meister Albrants Roßarznei. Über eine unbekannte Abschrift von Meister Albrants Roßarznei aus dem 16. Jahrhundert. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 3, 1985, S. 77–99, hier: S. 88 („So daz ros den wurm hat zwischen der haut in dem vleisch“) und 91 f.
  15. Der Wurm wurde als Krankheitserreger oder „Krankheitsdämon“ gedacht. Wurm. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 30: Wilb–Ysop – (XIV, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1960 (woerterbuchnetz.de). Jörg Riecke: Die Frühgeschichte der mittelalterlichen medizinischen Fachsprache im Deutschen. Band 1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin und New York 2004, ISBN 3-11-017828-1, S. 530.

Was ist ein hitziges Frieselfieber?

Die beiden verlassenen Krankheitsbezeichnungen „rheumatisches Entzündungsfieber“, „hitziges Frieselfieber“ werden häufig genannt: Die erste ist in umstrittenen Dokumenten (zum Beispiel Totenschauprotokoll, Sterberegister) zu finden und meint eine akute Polyarthritis, deren Komplikationen und/oder Behandlungsfolgen zum ...

Wie starb WA Mozart?

5. Dezember 1791Wolfgang Amadeus Mozart / Sterbedatumnull

War Wolfgang Amadeus Mozart taub?

Mozart war ein Wunderkind. Bereits mit drei Jahren fing er an, Klavier zu spielen, mit vier Geige, mit fünfeinhalb gab er sein erstes öffentliches Konzert. Sein Gehör war absolut. Schon als Vierjähriger konnte er hören, wenn eine Geige um einen Viertelton verstimmt war.

Wo ist WA Mozart gestorben?

Mozart-Sterbehaus - Mozart death house, Wien, ÖsterreichWolfgang Amadeus Mozart / Sterbeortnull