Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Hamm. Ein 21-Jähriger klagte auf seinen Pflichtteil als Enkel des Erblassers. Doch der hatte seinen Sohn und Vater des Klägers aus dem Testament gestrichen und den Pflichtteil entzogen. Das Oberlandesgericht entschied nun darüber, ob dem Enkel trotzdem ein Pflichtteil zusteht.

Pflichtteil als Enkel – 927.000 Euro an Vermögenswerten

Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Das OLG Hamm bestätigte ein Urteil des Landesgerichts Hagen: Kläger steht Pflichtteil als Enkel zu

Am 05. Februar 2018 veröffentlichte das Oberlandesgericht Hamm ein Urteil, in dem es entschied, dass einem Kläger der Pflichtteil als Enkel zusteht, obwohl der Vater testamentarisch enterbt wurde. Das OLG bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichtes Hagen.

In dem verhandelten Fall ging es um rund 1,854 Millionen Euro an Vermögenswerten. Bereits 1989 hatte der Erblasser seine beiden Söhne aus dem Testament gestrichen. Grund dafür waren unter anderem die Rauschgiftsucht der Söhne und die gegen den Großvater verübte Körperverletzung.

Wann können die eigenen Kinder enterbt werden?

Grundsätzlich ist es in Deutschland sehr schwierig, die eigenen Kinder komplett vom Erbe auszuschließen. Wird das Kind per Testament enterbt, ist die gesetzliche Erbfolge aufgehoben. Doch ein Pflichtteil steht dem Sohn in den meisten Fällen trotzdem zu. Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbes und muss dabei in Geld ausgezahlt werden.

Nur in seltenen Fällen kann den Kindern auch der Pflichtteil entzogen werden. Etwa, wenn sich die Kinder eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht haben. Wenn die Kinder sich anderweitig strafbar gemacht haben, ist ein Ausschluss vom Pflichtteil ebenfalls möglich. Der Erblasser muss dann jedoch detailliert schildern, inwiefern es für ihn unzumutbar ist, dass das Kind etwas von seinem Erbe bekommt.

Großvater hatte nur die Söhne enterbt

Der einzige Enkel des Verstorbenen machte seinen Pflichtteilsanspruch  von 927.000 Euro geltend. Die beiden direkten Nachfahren des Erblassers hatten keinen Anspruch auf den Pflichtteil. Der erste Sohn war bereits 1990 kinderlos verstorben, der zweite Sohn und Vater des Klägers, hat sein Recht auf einen Pflichtteil durch die Körperverletzung gegenüber dem Erblasser verwirkt. Doch das betrifft den Enkel nicht.  Das Gericht bestätigte das Anliegen des Klägers. Er sei im Gegensatz zu seinem Vater nicht enterbt. Im Testament hat der Erblasser angeordnet, seinen beiden Söhnen den Pflichtteil zu entziehen, nicht aber deren Nachkommen. Dem Kläger steht somit der Pflichtteil als Enkel des Verstorbenen zu.

Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Wenn ein Sohn sein Pflichtteilsrecht verwirkt, gilt das nicht auch für den Enkel

Nach dem Ableben des Erblasser 2011 teilten die von ihm testamentarisch eingesetzten Erben, die Lebensgefährtin und der Bruder, das Vermögen unter sich auf. Das Gericht verurteilte sie nun, dem Kläger die 927.000 Euro zu bezahlen.

Der Bruder ist gegen dieses Urteil erfolglos in Berufung gegangen. Er hatte unter anderem darauf verwiesen, dass das Erbe nur noch zum Teil vorhanden sei. Das Urteil ist rechtskräftig.

Anspruch auf Pflichtteil kann zu großer Last für die Erben werden

Wer die eigenen Kinder im Testament enterbt und andere Erben einsetzt, sollte auch die Folgen bedenken. Da die Kinder oder andere nahe Verwandte den Anspruch auf den Pflichtteil fast immer haben und dieser in Geld ausgezahlt werden muss, kann das zum Problem für die eingesetzten Erben werden. Beispiel: wird eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro vererbt, muss der Erbe diese eventuell veräußern, um den Pflichtteilsberechtigten die zustehenden 250.000 Euro auch zahlen zu können.

Grundsätzlich hat das Gesetz der gewillkürten Erbfolge den Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge eingeräumt. Das bedeutet, dass Erblasser die Erbfolge genau so regeln können, wie sie möchten. Dabei wird aber häufig vergessen, dass den gesetzlichen Erben (z. B. Kinder oder Enkel) unter Umständen ein Teil des Nachlasses zusteht, auch wenn sie nicht im Testament berücksichtigt wurden. Dieser sogenannte Pflichtteil kann im Erbfall eingefordert werden.

Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Doch wann genau haben Kinder oder Enkel Anspruch auf den Pflichtteil? Wie verhält sich das Ganze beim Berliner Testament? Kann der Pflichtteil trotz Anspruch entzogen werden? Und wie berechnet man die Höhe des Pflichtteils? Diese und weitere Fragen klären wir für Sie im folgenden Beitrag.

Allgemein: Der Pflichtteil für Kinder & Enkel

Für den Fall, dass der Erblasser Kinder oder Enkel enterbt hat, steht ihnen unter gewissen Umständen der Pflichtteil zu. Dies ist in Deutschland von Gesetzeswegen her vorgesehen. Der Hintergrund ist, dass Erblasser auch nach ihrem Tod noch Fürsorgepflichten für nahe Angehörige haben.

Hierzu zählen gemäß § 2303 BGB:

  • alle Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel & Urenkel)
  • Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner
  • Eltern des Erblassers

Grundsätzlich gilt, dass der Pflichtteilsanspruch umso wahrscheinlicher ist, desto näher der Grad der Verwandtschaft ist. Es haben also nicht alle aufgeführten Personen in jedem Fall Anspruch auf den Pflichtteil. Es herrscht eine gewisse Rangfolge. So werden die Eltern des Erblassers zum Beispiel nur berücksichtigt, wenn der Erblasser weder Kinder noch einen Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner hat.

Der Pflichtteil für Kinder

Da die Kinder eines Erblassers in der besagten Rangfolge an erster Stelle stehen, sind sie grundsätzlich immer pflichtteilsberechtigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob ehelich, unehelich, legitimiert oder adoptiert – das Bürgerliche Gesetzbuch gesteht ihnen die Mindestbeteiligung am Nachlass zu. Nicht pflichtteilsberechtigt sind dagegen Stief- und Ziehkinder. Bei „legitimierten“ Kindern handelt es sich um Kinder, deren Eltern erst nach der Geburt geheiratet haben. Sie gelten nachträglich als ehelich geboren. Im Erbrecht wird im Rahmen der Pflichtteilsberechtigung also nicht zwischen ehelichen und unehelichen Kindern unterschieden. Alle Abkömmlinge des Erblassers sind unabhängig von ihrer biologischen Abstammung gleichgestellt. Dies gilt jedoch erst seit dem Jahr 2010. Vorher hatten uneheliche Kinder keinen gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil. Wenn sie im Testament oder Erbvertrag also nicht bedacht worden sind, wurden sie auch nicht am Nachlass beteiligt. Da uneheliche Kinder aber längst keine Ausnahme mehr darstellen, wurde die Gesetzgebung angepasst und überarbeitet. In der früheren Gesetzgebung ist auch begründet, dass es eine Ausnahme gibt, bei der uneheliche Kinder keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Dies ist der Fall, wenn der Erblasser vor dem 28.05.2009 verstorben ist und das Kind vor dem 01.07.1949 geboren wurde. Das uneheliche Kind unterliegt dann der alten Rechtsprechung und geht demnach leer aus. Der Grund ist, dass vor 1949 geborene, uneheliche Kinder erst nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Mai 2009 die gleichen Rechte wie eheliche Kinder erhielten. Da dieses Urteil aber nicht rückwirkend in Kraft tritt, gilt dieses Recht nur für Erbfälle nach dem 28.05.2009.

Der Pflichtteil für Enkel

Im Gegensatz zu den Kindern des Erblassers sind dessen Enkel nur unter bestimmten Umständen pflichtteilsberechtigt. Um den Pflichtteil zu bekommen, müssen sie zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen müssen Enkel pflichtteilsberechtigt sein. Das sind sie, da sie im § 2303 BGB genannt werden. Die zweite Voraussetzung ist ein gültiger Pflichtteilsanspruch. Denn dieser kann unter Umständen trotz der Berechtigung nicht gegeben sein. Entscheidend ist hier die Rangfolge. In dieser stehen die Kinder eines Erblassers vor seinen Enkeln. Hat der Erblasser also Kinder, haben nur diese das Recht auf den Pflichtteil. Enkel und Eltern gehen in diesem Fall leer aus. Der Pflichtteil für Enkel ist in der Praxis daher eher ein Ausnahmefall.

Wie kann man Kindern und Enkeln den Pflichtteil entziehen?

Da Kinder grundsätzlich immer pflichtteilsberechtigt sind und in der Regel einen berechtigten Pflichtteilsanspruch haben, ist ein Pflichtteilsentzug hier nur schwer durchzusetzen. Dasselbe gilt auch für Enkel, deren Pflichtteilsanspruch berechtigt ist. Für die Entziehung des Pflichtteils müssen schon triftige Gründe vorliegen, die im § 2333 BGB aufgelistet sind.

Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Demnach kann der Erblasser einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn dieser:

  1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben trachtet
  2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht
  3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt
  4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

Kann ein künftiger Erblasser einen dieser Gründe plausibel und detailliert in seinem Testament begründen, so kann pflichtteilsberechtigten Kindern oder Enkeln der Anspruch auf Mindestbeteiligung am Erbe entzogen und der Pflichtteil so umgangen werden. Wann und wie ein Pflichtteil trotz Enterbung im Testament eingefordert werden kann, erfahren Sie in unserem Ratgeberbeitrag Pflichtteil trotz Testament.

Die Höhe des Pflichtteils berechnen (normales & Berliner Testament)

Pflichtteil enkel wenn vater verstorben

Bei normalen Testamenten beträgt der Pflichtteil grundsätzlich ½ des gesetzlichen Erbteils. Bei anderen Testamenten wie dem Berliner Testament muss anders gerechnet werden. Wie, erfahren Sie in folgendem Video:

Wer erbt wieviel Wenn der Vater stirbt?

Jede Linie erbt zu gleichen Teilen. Leben noch beide Eltern des Verstorbenen, erben sie zu gleichen Teilen jeweils die Hälfte des Nachlasses. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils dessen Nachkommen – in diesem Fall also die Geschwister des Erblassers und deren Kinder.

Wann Erben die Enkelkinder?

Ein Urenkel kann auch immer dann erben, wenn er in einem Testament bedacht wurde oder durch die gesetzliche Erbfolge zum gesetzlichen Erben wird. Für den Fall jedoch, dass ein Erblasser noch Kinder oder Enkelkinder hinterlassen hat, können die Urenkel nach der gesetzlichen Erbfolge keine gesetzlichen Erben werden.

Was Erben Enkel Wenn Sohn verstorben?

Wenn das Kind des Verstorbenen noch lebt, sind die Enkel von der Erbschaft ausgeschlossen. Ist ein Erbe aber bereits verstorben, erben dessen Nachkommen. Somit wären nach dem gesetzlichen Erbrecht folglich die Enkelkinder erbberechtigt.

Was Erben die Kinder wenn der Vater verstorben ist?

Gesetzliche Erben der ersten Ordnung, also Kinder, Enkel, Urenkel, erben folgendermaßen: Der Nachlass geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Ist eines der Kinder bereits vor dem Erblasser verstorben, geht dessen Erbteil wiederum zu gleichen Teilen auf dessen Kinder (also Enkel des Erblassers) über.