Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?

Seine erfolgreich verfilmten Thriller-Romane "Der weiße Hai" und "Die Tiefe" nachten Peter Benchley weltbekannt. Sein Leben lang setzte sich der Journalist und Schriftsteller für den Schutz der großen weißen Haie ein. Benchley starb gestern Abend im Alter von 65 Jahren.

13.02.2006, 11.44 Uhr

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New York - Auf der Höhe seines Erfolgs durfte Peter Benchley sogar einmal selbst vor die Kamera treten. In Steven Spielbergs Verfilmung von "Der weiße Hai" spielt der Schriftsteller einen neugierigen TV-Reporter. Fast wie im richtigen Leben, denn bevor Benchley sich als Romanschriftsteller betätigte, berichtete er für "Newsweek" und "Washington Post"; in den späten sechziger Jahren verfasste der gebürtige New Yorker Reden für den damaligen US-Präsidenten Lyndon B. Johnson.

Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?
Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?

Autor Benchley: Ein Leben für den großen Weißen

Foto: REUTERS

Doch es war ein rasanter Roman namens "Jaws", der Benchley weltweit bekannt machte: Die Geschichte eines aus der Großstadt zugezogenen Sheriffs, der sich in dem beschaulichen Ferienort Amity Beach mit einem mörderischen weißen Hai auseinandersetzen muss, war 1974 ein Bestseller, Steven Spielbergs immens erfolgreiche Verfilmung mit Roy Scheider in der Hauptrolle sorgte ein Jahr später für einen zusätzlichen Schub. Bis heute wurden mehr als 20 Millionen Exemplare des Romans "Der weiße Hai" verkauft.

Benchleys Faszination für Haie rührte aus seiner Kindheit, als er die Ferien mit seinen Eltern auf der Insel Nantucket im US-Bundesstaat Massachussetts verbrachte. 1964 las er einen Artikel über einen Fischer, der vor der Küste Long Islands einen 4550 Pfund schweren weißen Hai erlegt hatte. Benchley dachte sich: "Was würde passieren, wenn einer von denen vorbeikommt und nicht wieder geht?", sagte er in einem Interview auf seiner Website. 

Obwohl der "great white" am Ende des Buches in einem furiosen Finale bestialisch zu Tode kommt, setzte sich Benchley in den Folgejahren unermüdlich für den Schutz der bedrohten Haie ein, entwickelte Dutzende Projekte zum Umweltschutz und wirkte an zahlreichen Dokumentationen über Weltmeere und Natur mit. In einem Interview bezeichnete er Haie als "wunderbare Tiere, die es seit mehreren hundert Millionen Jahren gibt. Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass eine einzige Generation der Menschheit ohne Grund 400 Millionen Jahre Evolution auslöscht".

Seine lebenslange Beschäftigung mit dem Meer und seinen Kreaturen, über die der Harvard-Absolvent auch als Journalist schrieb, führte zu einer Reihe weiterer Romane, die ebenfalls verfilmt wurden, darunter das Taucher-Drama "Die Tiefe", ebenfalls ein Bestseller, den Peter Yates 1977 mit Nick Nolte und Jacqueline Bisset in einen erfolgreichen Kinothriller verwandelte. Zu Benchleys weiteren Büchern zählen "The Island", "White Shark", "Rummies" sowie "Beast" über einen gigantischen Tintenfisch.

Peter Benchley ist gestern Abend im Alter von 65 Jahren in seinem Haus in Princeton im US-Bundesstaat Staat New Jersey gestorben. Sein Schwiegersohn Chris Turner sagte der Nachrichtenagentur AFP, Benchley sei Komplikationen im Zusammenhang mit einer Lungenfibrose erlegen.

Mit „Jaws“, dem Titel des Romans, waren vor 40 Jahren in erster Linie die menschlichen Kiefer gemeint, mit deren Hilfe alles zermalmt und gefressen wird.

Gierig, obwohl man doch eh schon satt ist.

Es ging um Korruption, ums Mafiöse in dem symbolischen Touristenbadeort Amity an der friedlichen Küste von Long Island. Der Bürgermeister handelte so nebenbei mit Immobilien.

Und dann tauchte noch ein Fisch auf. Großer Fisch. Sehr starke Kiefer. Ein Hai. Weißer Hai. Er biss und biss und verfolgte sogar ein Schiff. Ein Schmarrn, aber auch im Buch effektiv.

Freude bei Fidel

Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?

"Jaws" author Peter Benchley looks at sharks and other aquatic creatures at Underwater World on the resort island of Sentosa in this file photo from Singapore July 20, 2001. Benchley is currently in a new role as spokesman for the University of Miami's Center for Sustanable Fisheries, and has lent his voice to research aimed at preserving the delicate balance among all the seas' creatures. FOR FEATURE LIFE BENCHLEY REUTERS/Simon Thong

© Bild: Reuters/Simon Thong

Der Amerikaner Peter Benchley, der vorher Reden für US-Präsident Lyndon B. Johnson geschrieben hatte, bereute seinen Roman bis zu seinem Tod 2006.

Davon abgesehen, dass ihn „Der Weiße Hai“ reich gemacht hat: 20 Millionen Exemplare wurden ab 1974 verkauft. Fidel Castro sprach damals in ein Mikrofon, das Buch sei eine glänzende Metapher für das korrupte kapitalistische System.

In Erinnerung aber blieb nur, was Regisseur Steven Spielberg ein Jahr später mit Roy Scheider und Richard Dreyfuss ins Kino brachte.

Produzent Richard Zanuck hatte gleich zu Beginn der Dreharbeiten zu Benchley gesagt: „Dieser Film wird von A bis Z eine Abenteuergeschichte sein, mit geradlinigem Verlauf, und deshalb möchten wir, dass Sie den ganzen romantischen Kram, das Mafia-Zeugs und alles, was lediglich ablenkt, herausnehmen.“

Und Peter Benchley ließ es nicht nur geschehen, sondern arbeitete sogar am Drehbuch mit. Zwar erlaubte er sich seitenlange Briefe mit Kritikpunkten, doch rechnete er völlig zu Recht damit, man werde daraus ein Papierflugzeug basteln.

Damit war der Weiße Hai zum Dämon geworden, zum Symbol der feindlichen Natur – der Film löste nicht nur Angst beim Baden aus, sondern Hass: Menschen machten im Meer gezielt Jagd.

Peter Benchley: „Ich hätte den Hai als Opfer darstellen sollen!“

Hat er aber nicht.

Der Roman ist seit Jahren vergriffen. Vanessa Wieser – Verlegerin des kleinen, feinen Wiener Milena Verlags – hat ihn jetzt neu übersetzt. Lockerer, frecher als in der alten deutschen Fassung.

Vanessa Wieser: „Damals waren Schimpfwörter zensuriert worden. ,Marihuana‘ wurde durch ,Glücksspiel‘ ersetzt, und deutschsprachige Leser durften offenbar nicht dem Wort ,sonofabitch‘ ausgesetzt werden ...“ (Sie bekamen einen „Hundesohn“ serviert statt eines „Hurensohns“.)

Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?

cover

© Bild: Cover

Was die Neuausgabe auszeichnet, ist gewissermaßen das Bonusmaterial. Benchley war Hai-Liebhaber seit seiner Jugend, und als ihm klar war, was er angerichtet hatte, war er nur noch Forscher, Aufklärer, Vermittler.

Ab den 1980er-Jahren wusste man bzw. Benchley viel mehr über den Carcharodon carcharias, dessen Bestände im Nordatlantik Schätzungen zufolge – auch wegen des „Hollywood-Effekts“ – um bis zu 89 Prozent zurückgingen.

Er suchte fortan förmlich Kontakt mit dem Weißen Hai – und entschuldigte sich:

„Ich könnte mein Buch heute unmöglich so schreiben ... Damals war allgemein akzeptiert, dass Weiße Haie Menschenfresser sind. Heute wissen wir, dass fast jeder Angriff auf einen Menschen versehentlich geschieht.“

Manche sehen halt den Robben ziemlich ähnlich.

KURIER-Wertung:

Filmfotos aus "Der weiße Hai I & II"

Er glaubte an die vielen Anekdoten

Verlegerin (und Übersetzerin) Vanessa Wieser hat dafür gesorgt, dass im „Weißen Hai“ auch Benchleys spätere Reportagen für National Geographic abgedruckt sind; In einem Text richtete er sich an die Leser:

„Als ich das Buch schrieb, gab es die Umweltbewegung, wie wir sie heute kennen, nicht. Gewiss, er formierte sich eine stetig wachsende Gemeinde von Walschützern. Klar, die Menschen waren sich bewusst, dass Luft- und Wasserverschmutzung ein Problem darstellte. Doch für die allgemeine Bevölkerung blieben die Ozeane , was sie immer gewesen waren – eine ewig währende Wassermasse, unverwundbar und imstande, alles, was die Menschheit in sie reinwarf, zu verdauen. Und was Haie anbetraf ... nun, lediglich eine Handvoll Leute auf der Welt wussten etwas über Haie Ich war stolz darauf, mehr über Haie zu wissen als der Durchschnittsbürger, gleichwohl erlag ich der anekdotischen Evidenz und akzeptierte sie als Fakt – und Anekdoten gab es ohne Ende. Griffen Haie Boote an? Natürlich. Gingen sie auf Menschen los? Aber klar.“

Wer würde den Weissen Hai nicht mehr schreiben?

Vanessa Wieser übersetzte Benchley für den Milena Verlag.

© Bild: Privat

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Wer würde den weißen Hai nicht mehr schreiben?

In den Jahren nach der Veröffentlichung fühlte sich Benchley schuldig am schlechten Ruf der Haie und engagierte sich stark in der Meeresschutzbewegung. In einem Artikel für das Magazin National Geographic aus dem Jahre 2000 sagte Benchley, er würde den Roman heute nicht mehr schreiben.

Wie stirbt Chief Brody?

Es ist noch nicht allzu lange her, seit Ellen Brodys (Lorraine Gary) Mann, der Polizeichef und unerbittliche Haijäger Martin Brody, an einem Herzinfarkt gestorben ist.

Wer schreibt der Weisse Hai?

Peter Benchley hatte 1974 seinen größten Erfolg mit Der weiße Hai (Jaws), das ein weltweiter Bestseller wurde und sich über 20 Millionen Mal verkaufte. Er verarbeitete in diesem Buch Vorfälle, die sich 1916 während der Haiangriffe an der Küste von New Jersey ereignet hatten.

Ist der weiße Hai eine wahre Geschichte?

Im Sommer 1916 belästigt ein menschenfressender Hai eine amerikanische Küstengemeinde. Horrorfilm, sehr frei dieselbe wahre Begebenheit bemühend, die auch "Der Weiße Hai" inspirierte.