Wer ist ein muslim

Fünf mal am Tag beten? Freitags in die Moschee und an Weihnachten keine Geschenke? Wie lebt es sich als Moslem in Deutschland? Wir haben Kinder, die an Allah glauben, danach gefragt

Einmal im Jahr sind Alpai und Hakim die Helden in ihrer Klasse. Denn während die anderen die Schulbank drücken müssen, haben die beiden 13-Jährigen frei. Danach bringen sie immer einen Berg Süßigkeiten mit. Warum? Das Zuckerfest. Damit feiern die Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan.

Alpai und Hakim sind Muslime, so nennen sich die Anhänger des Islam. Das Wort Islam ist arabisch und bedeutet Hingabe, Annahme, oder Unterwerfung. Das Wort "Muslim" bedeutet: "Der sich Gott zuwendet". Genau wie alle anderen Muslime glauben auch Alpai und Hakim an Allah. Deshalb leben sie auch nach den Regeln des Koran, dem heiligen Buch der Muslime, - meistens zumindest.

Pausenbrot fällt flach

Die Regeln des Koran sind nämlich ganz schön streng und es fällt deshalb nicht immer leicht, sie einzuhalten. Ein Beispiel? Während des Fastenmonats dürfen die Muslime von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht essen und trinken. Sogar das Pausenbrot fällt dann flach.

Alpai und Hakim sind deshalb heilfroh, dass sie noch Kinder sind und deshalb nicht so streng fasten müssen wie die Erwachsenen. "Und die Süßigkeiten bekommen wir trotzdem", freut sich Alpai. Eigentlich findet er es toll, Moslem zu sein, bloß manchmal sei es "ganz schön scheiße."

Kumpel Hakim nickt. "Ich bin auch schon blöd angemacht worden", erzählt er. Nach dem 11. September sei es besonders schlimm gewesen. "Plötzlich haben alle geglaubt, dass alle Moslems Terroristen sind", beklagt sich Alpai und sagt: "Das liegt daran, dass die meisten keine Ahnung vom Islam haben. Sie wissen nicht, dass der Koran Terrorismus eigentlich verbietet, und die Terroristen die Religion bloß als Vorwand für ihre Verbrechen missbrauchen."

Ein Referat über den Islam

Vor ein paar Wochen haben die beiden deshalb ein Referat über den Islam gehalten. Eine Schulstunde lang haben sie ihren Mitschülern die wichtigsten Dinge über ihre Religion erzählt. "Danach konnten die anderen Fragen stellen", sagt Hakim und schüttelt entsetzt den Kopf. "Schon krass, was die für Sachen wissen wollten."

Ein Mädchen, Vanessa, wollte aber auch wissen, was es tun muss, um Muslima zu werden. "Sie war ganz erstaunt, als wir ihr gesagt haben, wie einfach das ist", erzählt Alpai. Vanessa müsste nämlich nur die Schahada, das islamische Glaubensbekenntnis, aufsagen: "Ich bekenne, dass es keinen Gott außer Allah gibt, und Muhammad sein Prophet ist." Das war's! Dann wäre aus der Christin Vanessa eine Muslima geworden. Die Moslems glauben sowieso daran, dass jeder Mensch als Moslem auf die Welt kommt. Wer sich danach zu einer anderen Religion bekennt, habe nur den falschen Weg eingeschlagen.

Übrigens sollte laut Koran das Glaubensbekenntnis auch der letzte Satz sein, den ein Moslem in seinem Leben sagt.

Die Schahada ist die Botschaft, die Allah seinem Propheten Muhammad vor etwa 1400 Jahren anvertraut hat. Und weil das im neunten Monat des Ramadan passiert ist, fasten die Moslems jedes Jahr zu dieser Zeit. Der Ramadan dient außerdem dazu, sich besonders ausführlich mit dem heiligen Buch, dem Koran, zu beschäftigen.

Komplizierte Regeln

Natürlich enthält der Koran noch sehr viele andere Regeln. Die meisten davon sind für Nicht-Muslime nicht ganz leicht zu verstehen. Das geben auch Alpai und Hakim zu. Bei ihrem Referat haben sie sich deshalb bemüht, alles so einfach wie möglich zu erklären.

Sie haben ihren Mitschülern erzählt, dass im Koran auch viele Menschen aus der Bibel vorkommen, zum Beispiel Jesus. Für die Muslime ist er allerdings nicht der Sohn Gottes, sondern nur ein ganz normaler Prophet und damit nicht so wichtig wie Muhammad, der letzte Prophet.

Das ist noch lange nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen Christen und Moslems, so wie die Christen haben auch die Moslems ihre Gebote - allerdings nicht zehn, sondern nur fünf. Diese Gebote nennt man die Grundpfeiler des Islam.

Der erste Grundpfeiler ist das Glaubensbekenntnis, weil ein Mensch dadurch ja endgültig zum Moslem wird. Wer sich einmal zum Islam bekannt hat, von dem wird auch erwartet, dass er fünf Mal am Tag betet: bei Sonnenaufgang, zur Mittagszeit, am späten Nachmittag, bei Sonnenuntergang und nach Sonnenuntergang. Doch damit noch nicht genug. Für gläubige Moslems sind auch das Fasten im Ramadan und die Pilgerreise nach Mekka Pflicht. Außerdem müssen sie den armen Menschen auf der Welt Almosen geben.

In islamischen Ländern ruft der Muezzin die Moslems vom Minarett, dem Turm der Moschee, zum Gebet. Besonders wichtig ist das Freitagsgebet. Denn der Freitag ist für die Muslime der Höhepunkt der Woche - so wie für die Christen der Sonntag. Deshalb hält am Freitag der Imam, der Vorbeter, höchst persönlich eine Predigt in der Moschee, der Kirche der Moslems.

Natürlich können in einem nichtislamischen Land, wie zum Beispiel Deutschland, nicht alle Moslems plötzlich alles stehen und liegen lassen, nur weil es Zeit für das Freitagsgebet ist. Manche Muslime meinen, dass man das Freitagsgebet dann auch am Sonntag nachholen kann.

Auch Alpais Papa Rachid macht das so. Er arbeitet als Zahnarzt in München und zählt sich zu den "modernen Moslems". Obwohl er ganz fest an Allah und den Koran glaubt, meint er, dass man nicht alles wörtlich nehmen darf, was im heiligen Buch geschrieben steht. Schließlich sei der Koran vor mehr als einem halben Jahrtausend geschrieben worden und seither habe sich das Leben der Menschen gewandelt. Deshalb seien einige Sachen ganz einfach im übertragenen Sinne gemeint.

Kein Kopftuch

Auch Alpais Mutter Aisha sieht das so. Deshalb trägt sie kein Kopftuch und würde es auch niemals erlauben, dass ihr Mann mehrere Frauen heiratet. Der Koran würde ihm vier Ehefrauen erlauben. Eine ziemliche Frechheit für heutige Verhältnisse. "Allerdings", sagt Alpais Mutter, "darf man nicht vergessen, dass es vor Muhammad gar keine Begrenzung für die Anzahl der Ehefrauen gab. Vier Frauen waren da schon eine echte Einschränkung, und damit eine Verbesserung für die Frauen." Damals, aber nicht heute!

Als Alpai und Hakim das Referat gehalten haben, kamen sie auch auf den "heiligen Kampf", den Djihad, zu sprechen. Sie erklärten ihren Schulkameraden, dass das Wort Djihad eigentlich nicht Krieg, sondern Kampf bedeutet. Gemeint ist damit vor allem das "Bemühen und die Anstrengung für die Sache Gottes".

Damit meinen die meisten Muslime aber nicht den Kampf gegen Andersgläubige, sondern den inneren Kampf gegen die eigenen Schwächen und schlechten Eigenschaften. Nur einige Wenige verstehen darunter einen "Heiligen Krieg", der mit Waffen geführt wird.

Ganz am Ende der Schulstunde, als die Glocke schon geklingelt hat, kamen die beiden muslimischen Jungen dann doch noch mal auf ihr Lieblingsthema zu sprechen: das Zuckerfest. Sie schwärmten von den vielen, vielen Süßigkeiten, die sie bekommen hatten und erzählten von der großen Party, die sie zwei Tage lang mit ihrer Familie gefeiert haben.

Plötzlich meldete sich ein Mädchen zu Wort: "Und an Weihnachten? Wie ist das da im Islam? Bekommt ihr da etwa auch Geschenke?" Alpai und Hakim guckten sich an und strahlten: "Klar, schließlich sind wir ja hier geboren." Gar nicht so schlecht, ein Moslem in Deutschland zu sein, oder?

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