Wer frei von sünde ist alternative

Hugo Stamm am Samstag den 16. August 2014

Wer frei von sünde ist alternative

Nein, lustig ist das nicht: Die Taufe hilft zwar gegen die Erbsünde, doch damit ist der Kampf noch lange nicht vorbei. (Foto: Reuters)

Die Vorstellung von der Sünde ist für viele Menschen eine Moralkeule. Vor allem für Gläubige. Bildlich genommen wirft sie einen grossen Schatten auf die Seele, denn sie hat religiöse Wurzeln. Ursprung ist der Sündenfall in der Genesis. Die Ursünde, die zur Vertreibung aus dem Paradies führte, bezeichnet die Entfremdung oder willkürliche Abkehr von Gott.

Was eine Sünde ist, bestimmt nach christlicher Lehre Gott. Zum Beispiel in den zehn Geboten. Der Prophet Jesaja formulierte es so: «Eure Schuld steht wie eine Mauer zwischen euch und eurem Gott» (Jesaja 59,1-2). Mit der Sünde verraten wir laut christlichem Glauben Gott. Bei Fehlverhalten verletzen wir also nicht nur Menschen, sondern versündigen uns gegen den Allmächtigen.

Christliche Sekten und viele Freikirchen benützen die Sünde als Disziplinierungsinstrument. Ihre Prediger drohen den Gläubigen mit der Versuchung durch den Satan, der uns zur Sünde und zum Abfall von Gott verführt. Dabei benutzen sie gern auch apokalyptische Metaphern. Der Sünder wird in der bevorstehenden Endzeit das Heil nicht erreichen und von Gott verdammt. Auch konservative katholische Geistliche sehen in der Sünde einen zentralen Begriff der christlichen Lehre und verwenden ihn oft in der Seelsorge.

Sünde bedeutet, bewusst und willentlich zu «sündigen», also unethisch und verwerflich zu handeln. Wir schädigen dabei angeblich gezielt Mitmenschen, um aus egoistischen Motiven einen Vorteil zu erlangen.

Problematisch wirkt, dass Sünde eng mit Schuld verzahnt ist. Schuldgefühle führen oft zu Angst und zu einer psychischen Blockade und erschweren es dem «Sünder», sein Verhalten zu korrigieren.

Ausserdem geht die christliche Lehre davon aus, dass wir über einen freien Willen verfügen und uns autonom entscheiden können, wie wir uns verhalten wollen. Die Psychologie lehrt uns aber, dass der Glaube an den freien Willen ein Mythos ist. Unser Handeln wird von vielen äusseren Umständen bestimmt: Lebensumstände, soziale Situationen, wirtschaftliche Gegebenheiten, Bildung, Erziehung, Gemütszustände usw. Gläubige, die vom Schicksal – oder von Gott? – begünstigt worden sind, haben es meist leichter, gottgefällig zu leben.

Opfer von struktureller Gewalt hingegen tun sich zwangsläufig schwerer, alle religiösen Gebote und Dogmen wortgetreu umzusetzen. Um es an einem Extrembeispiel zu zeigen: Soldaten im Krieg machen sich unweigerlich schuldig. Denn laut christlicher Lehre begeht ein Mensch nur schon dann eine Todsünde, wenn er in Gedanken tötet.

Da die Welt heute komplexer ist als zu Zeiten von Adam und Eva oder den Evangelisten, sollten wir den Begriff der Sünde in der Mottenkiste versenken.

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Kennen Sie den alternativen Intelligenztest, wenn Sie wissen wollen, wie klug sie sind?

Ich habe ihn in der Bibel gefunden. Dazu brauchen Sie nur mit einem Aufnahmegerät einen Tag lang alles aufzunehmen, was sie sagen. Manchmal wird es nicht einfach sein, sich das anzuhören, aber am Ende weiß man, ob man klug ist im Sinne des weisen Salomo. Der hat nämlich gesagt: „Wo viel Worte sind, da geht’s ohne Sünde nicht ab; wer aber seine Lippen im Zaum hält, ist klug.“

Ja, was reden wir nicht so alles den lieben langen Tag. Selten hinterfragen wir unsere Worte. Wir halten sie alle für angemessen, der Situation entsprechend. Ob das aber diejenigen, die unsere Worte mitbekommen oder abbekommen auch so sehen, ist eine andere Frage.

Welche Sünden ergeben sich leicht beim unbedachten Reden?

Erstens: die Ichbezogenheit. Ein ichbezogenes Reden ist nicht wirklich am Gesprächspartner interessiert, sondern will nur von sich reden. Es gibt keinen wirklich gewinnbringenden Austausch. Kennen Sie das auch? Sie erzählen jemandem von Ihren Rückenproblemen und als Antwort berichtet der Gesprächspartner von seinen gesundheitlichen Schwierigkeiten ohne auf Ihre Situation einzugehen. Das ist ichbezogene Kommunikation.

Zweitens: das Streben nach Überlegenheit. Man versucht zu zeigen, dass man mehr weiß, etwas besser kann oder besser ist als das Gegenüber. Dabei entsteht kein Miteinander im Gespräch, eher ist es ein Gegeneinander.

Drittens: das lustvolle Ausbreiten von Versagen dritter Personen. Dabei werden andere verleitet in das Lästern miteinzustimmen. Auf diese Weise wird oft schleichend das Klima in einer Gemeinschaft vergiftet.

In allen Fällen sind die Folgen fatal. Das reicht von Entmutigung und Verletzung über Herabsetzung bis zur Verurteilung anderer.

Die aufgezeichneten eigenen Worte eines Tages sich anzuhören, würden manchen erschrecken lassen. Zumal, wenn man bedenkt, dass Jesus angekündigt hat: Die Menschen müssen am Tag des Gerichts Rechenschaft geben von jedem unnützen Wort, das sie reden.

Es sei denn, sie sind klug wie David. Der sagt in Psalm 39: „Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge; ich will meinem Mund einen Zaum anlegen.“

Ein Pferd ohne Zaum zu reiten bedeutet, es unkontrolliert irgendwohin laufen zu lassen. So ergeht es uns leicht mit unseren Worten. Darum sind die Zügel so wichtig. Worin können die Zügel für unsere Worte bestehen? Der griechische Philosoph Sokrates sprach von den drei Sieben, durch die unsere Worte gefiltert werden sollten. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Ist das überhaupt wahr, was ich sage oder vielleicht nur ein Gerücht? Das zweite Sieb ist die Güte. Trägt das, was ich sage, zum Guten bei? Das dritte Sieb ist die Notwendigkeit. Ist es notwendig gesagt zu werden, was mir auf der Zunge liegt?

Wenn diese drei Siebe zum Einsatz kommen, erfüllen wir den Wunsch von Paulus aus dem Epheserbrief: „Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören.“

Dann haben wir nicht nur den Intelligenztest bestanden und uns als klug erwiesen, sondern es würde auch das andere Wort Salomos für uns gelten: Ein Wort, geredet zu rechter Zeit, ist wie goldene Äpfel auf silbernen Schalen.

Wer frei von Sünden ist?

Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie aber fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und wieder bückte er sich nieder und schrieb auf die Erde.

Was hat Jesus über die Pharisäer gesagt?

Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, der doppelt so schlimm ist wie ihr selbst.

Was ist Sünde Beispiele?

Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit sind durch Kultur und Zivilisation meist nur erstaunlich schwach überformte und mühsam gezügelte Gefühle. "Sünde" ist deshalb, aller Säkularisierung zum Trotz, auch heute ein Konzept, das jedem Menschen begreiflich bleibt, selbst wenn er es für sich ablehnt.

Was ist eine Sünde in der Bibel?

Sünde ist der von Menschen verursachte Grund für die geistliche Trennung von Gott, welche von Gott nicht gewollt ist (Jes 59,1). Diese Trennung von Gott wird auch als „Wandeln in der Finsternis“ bezeichnet (Apg 26,17f). Sünde bewirkt den Tod.