Welche Rechte haben Arbeitnehmer bezüglich des Arbeitszeugnis?

Gerade wer sich um einen attraktiven Arbeitsplatz bemüht, wird um eines nicht umhinkommen – um ein gutes Arbeitszeugnis. Arbeitgebern vermitteln die Informationen in Arbeitszeugnissen von Bewerben Auswahlkriterien für die Stellenbesetzung. Gerade bei begehrten Arbeitsplätzen ermöglicht es ein geeignetes Arbeitszeugnis, jedenfalls in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen. Das Arbeitszeugnis dient damit dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers.

Wann aber entsteht der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses und welche Spielregeln sind bei der Zeugniserteilung zu beachten? Diese Fragen sollen nachstehend beleuchtet werden:

1. Grundlage des Zeugnisanspruchs

Ein Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist in § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) statuiert. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hat. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Insoweit wird von einem „einfachen Zeugnis“ gesprochen. Davon abzugrenzen ist das sogenannte „qualifizierte Zeugnis“, welches darüber hinaus Angaben zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers enthält.

Der Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses entsteht nach der gesetzlichen Konzeption bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Allerdings ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer nicht erst dann einen Zeugnisanspruch geltend machen kann, wenn ein Arbeitsverhältnis, z. B. durch Kündigung, tatsächlich beendet worden ist. Vielmehr kann er ein Zeugnis schon bei Ausspruch einer etwaigen Kündigung verlangen, weil er das Zeugnis regelmäßig für etwaige andere Bewerbungen benötigt.

Im Falle der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist es für den Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses unbeachtlich, ob die Kündigung vom Arbeitnehmer hingenommen wird oder ob eine Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage erfolgt.

Es ist weiter anerkannt, dass der Arbeitgeber auch im Rahmen der ihm gegenüber dem Arbeitnehmer zukommenden Fürsorgepflicht gehalten sein kann, dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis bei begründeten Anlässen zu erteilen.

2. Einfaches/qualifiziertes Arbeitszeugnis

Das einfache Arbeitszeugnis zeichnet sich dadurch aus, dass es lediglich Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält. Das qualifizierte Arbeitszeugnis beinhaltet darüber hinaus Angaben zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitgeber ist nicht ohne weiteres verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer ausdrücklich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangt! Dies kann sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form geschehen.

Die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses stellt den Regelfall dar. Nur dieses weist typischerweise die Angaben aus, die von Arbeitgebern im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens gefordert werden. Es daher jedem Arbeitnehmer zu raten, stets darauf hinzuwirken, dass ein solches qualifiziertes Arbeitszeugnis mit Ausführungen zu Leistung und Verhalten erteilt wird.

3. End- und Zwischenzeugnis

Als Endzeugnis wird das Zeugnis bezeichnet, welches aus Anlass bzw. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt wird. Das Zeugnis schließt gleichsam das Arbeitsverhältnis ab.

Das Zwischenzeugnis wird während des weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses erteilt. Die Erteilung eines Zwischenzeugnisses kann nur dann verlangt werden, wenn ein berechtigtes Interesse daran besteht. Ein solches kann sich darin finden, dass ein Wechsel in der Person des Vorgesetzten stattfindet. Anerkannte Interessen sind ferner die Absicht des Arbeitnehmers, sich anderweitig zu bewerben, eine anstehende Versetzung oder das bevorstehende längere Ruhen des Arbeitsverhältnisses (z. B. aufgrund Wehrdienst, Elternzeit etc.).

4. Inhalt des Arbeitszeugnisses

Das Arbeitszeugnis muss zunächst gewährleisten, dass ein zutreffendes Bild vom Inhalt des Arbeitsverhältnisses gezeichnet wird. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass die wesentlichen, das Arbeitsverhältnis prägenden Tätigkeiten und Anforderungen an den Arbeitnehmer dargestellt werden. Der Arbeitgeber entscheidet darüber, in welcher Weise er dies gewährleistet. Einen Anspruch auf einen konkreten Zeugniswortlaut hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht!

Darüber hinaus ist das Arbeitszeugnis dem Grundsatz des Wohlwollens ebenso verpflichtet wie demjenigen der Wahrheit. In der Praxis ergeben sich hieraus zum Teil erhebliche Schwierigkeiten.

Die Rechtsprechung hat herausgearbeitet, dass das Arbeitszeugnis klar gefasst werden muss. Die Verwendung einer „Zeugnisgeheimsprache“ ist untersagt.

Es ist aber deutlich darauf hinzuweisen, dass sich in der arbeitsrechtlichen Praxis Gebräuchlichkeiten für die Abfassung von Arbeitszeugnissen herausgebildet haben. Üblicherweise werden Zeugnisse auf der Grundlage einer fünfstufigen Notenskala (mangelhaft bis sehr gut) erstellt. Die Beschreibung sehr guter Leistungen erfolgt typischerweise mit dem Wortlaut „stets zur vollsten Zufriedenheit“. Gute Leistungen werden mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ beschrieben. „Zur vollen Zufriedenheit“ deutet auf allenfalls befriedigende Leistungen hin.

Selbstverständlich steht es dem Arbeitgeber frei, andere und ebenso geeignete Formulierungen zu wählen.

Es empfiehlt sich im Einzelfall, den Inhalt eines Arbeitszeugnisses sorgfältig zu prüfen. Zum Teil erwecken die in einem Arbeitszeugnis verwendeten Formulierungen durchaus den vordergründigen Eindruck, als seien gute Leistungen und entsprechende Verhaltensweise gewürdigten worden, tatsächliche ergibt sich nach dem allgemeinen Zeugnis-Kodex aber das Gegenteil. Beispiele hierfür sind z. B. die Formulierungen „er bemühte sich stets um Pünktlichkeit“ (Hinweis auf ständiges Zuspätkommen) und „er zeichnete sich vornehmlich durch praktische Intelligenz aus“ (Andeutung minderen Verstandes).

5. Handlungsmöglichkeiten bei unzureichenden Zeugnissen

Ergibt sich, dass ein Arbeitszeugnis (offen oder versteckt) erhebliche Mängel ausweist, ist zu fragen, auf welche Weise eine Korrektur bzw. Berichtigung des Zeugnisses herbeigeführt werden kann.

Helfen außergerichtliche Bemühungen nicht weiter, ist der Weg zum Arbeitsgericht zu bestreiten. In Zeugnisfragen kann Klage erhoben werden.

Von maßgeblicher Bedeutung für den Erfolg einer Klage ist die Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

In der Rechtsprechung ist in der Vergangenheit die Auffassung vertreten worden, dass der Arbeitgeber bei einem Streit um ein unterdurchschnittliches Zeugnis darlegen und beweisen müsse, dass der Arbeitnehmer tatsächlich unterdurchschnittlich gearbeitet und ein solches Verhalten gezeigt hat. Gehe es dem Arbeitnehmer hingegen um die Erteilung eines überdurchschnittlichen Zeugnisses, müsse er die Voraussetzungen dafür darlegen und beweisen können. Als überdurchschnittlich wurden Beurteilungen angesehen, die dem Prädikat „gut“ oder gar „sehr gut“ entsprechen.

In neuerer Rechtsprechung hat sich hier eine Verschiebung ergeben. So hat das Arbeitsgericht Berlin geurteilt, dass der Arbeitnehmer im Regelfall eine Benotung mit dem Prädikat „gut“ verlangen könne. Wolle der Arbeitgeber nur „befriedigende“ Leistungen attestieren, müsse er beweisen, dass dies tatsächlich gerechtfertigt ist. Das Arbeitsgericht wies auf statistische Erhebungen hin, wonach mittlerweile in mehr als 86 % der erteilten Arbeitszeugnisse „gute“ oder bessere Leistungen bescheinigt würden. Dem Arbeitnehmer könne damit nicht länger der Nachweis dafür auferlegt werden, er sei in die Gruppe der schwächsten 13 % aller Beschäftigten zu Unrecht eingereiht worden (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 26.10.2012, Az. 28 Ca 18230/11).

6. Praxishinweis

Das Arbeitszeugnis hat regelmäßig außerordentlich große Bedeutung für den Arbeitnehmer. Darin finden sich maßgebliche Weichenstellungen für das berufliche Fortkommen.

Daher ist außerordentlich große Sorgfalt bei der Erstellung und Überprüfung eines Arbeitszeugnisses an den Tag zu legen. Sollten sich Hinweise für unzulängliche Beurteilungen und Wertungen ergeben, ist kurzfristig auf eine Berichtigung des Zeugnisses hinzuwirken. Im Rahmen eines etwaigen Klageverfahrens muss der Arbeitnehmer den gewünschten Zeugnistext formulieren. Dies kann schnell zum „Eigentor“ werden.

Wir sind in der Beurteilung und im Verfassen sowie der Korrektur von Arbeitszeugnissen äußerst erfahren. Sollten Sie in diesem Bereich Unterstützung benötigen, wenden Sie sich an uns.

Welche Regelungen gibt es bezüglich des einfachen und qualifizierten Zeugnisses?

Jeder Arbeitnehmer hat gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 Gewerbeordnung (GewO) einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis – entweder auf ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis.

Habe ich ein Recht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis?

In Deutschland hat jeder Arbeitnehmer vom Gesetz her einen Anspruch auf ein (qualifiziertes) Zeugnis. Niedergeschrieben ist dieser in der Gewerbeordnung: (1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.

Wie lange darf sich der Arbeitgeber mit dem Arbeitszeugnis Zeit lassen?

Eine typische vertragliche Frist für die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses liegt bei vier Wochen nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb. Über tarifliche Fristen liefert der Betriebsrat oder ein Blick in den Tarfivertrag Auskunft. Die gesetzliche Frist läuft ein Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb ab.

Was darf in einem Arbeitszeugnis nicht erwähnt werden?

Auch persönliche Informationen wie die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, der Gesundheitszustand, besondere Erkrankungen und Behinderungen dürfen nicht im Arbeitszeugnis erwähnt werden. Wettbewerbsverbote, die Teilnahme an Streiks oder sogar Aussperrungen haben ebenfalls nichts im Zeugnis verloren.