Welche blume hat die bedeutung die gebende

Durch eine Publikation von Marcel Kückelhaus mit dem Titel „Narrative aus linguistischer Perspektive“ bin ich auf folgendes Zitat aufmerksam geworden: „Sagen lassen sich die Menschen nichts, aber erzählen lassen sie sich alles“. Es stammt von Bernard von Brentano (zitiert nach Richard Faber 2002), der 1964 verstarb, doch es ist in Zeiten einer globalen Pandemie hochaktuell, weil es auch auf Narrative der Wissenschaft verweist.

Zerstückeltes Wissen

In der sogenannten Wissensgesellschaft wird die Ressource Wissen als zentraler Faktor für individuelle Entscheidungsfähigkeit und gesellschaftlichen Fortschritt proklamiert. Die Parzellierung von Wissen ist in unserer Gesellschaft zugleich eine Voraussetzung und Folge der spezialisierten Arbeitsteilung und Komplexität der Welt. Die Untersuchung sprachlich gebundener Wissensvermittlung zwischen Fach- und Laienschaft ist politisch und gesellschaftlich hoch relevant, da Bürgerpartizipation in der Wissensgesellschaft untrennbar mit kommunikativen Kompetenzen verbunden ist. All diese Aspekte erhalten im Lichte der Kommunikation über und um Covid-19 eine neue Bedeutung. Denn wir berühren damit in Zeiten einer globalen Pandemie den Transfer von der fachspezifischen Narration („Bericht-Erzählung“ im Fachjargon) zum vermittelnden Narrativ (Verdichtung oder Kondensat von Narrationen, siehe auch Albrecht Koschorke 2021).

Sprache als Scharnier zwischen Forschung und Gesellschaft

Interessant ist, wie aus medizinischen Fachkontexten stammende Ausdrucksweisen in Vermittlungs- und Transferkontexten eine neue Bedeutung erfahren, also re-semantisiert werden. Ob Inzidenz oder Übersterblichkeit – Fachleute und Laien scheinen mitunter über verschiedene Dinge zu sprechen. Alltagssprachliche Behelfsbezeichnungen wie Impfdurchbruch sind zunächst sehr vage, das Gemeinte nicht allen klar: Ist durch eine unerwartete Steigerung der Impfrate ein Durchbruch in Bezug auf den Gemeinschaftsschutz gelungen oder hat sich das Virus trotz Impfung einen Infektionsweg gebahnt? Im Laufe der Zeit werden unterbestimmte Wörter im sprachlichen Alltag formatiert.

Disambiguierung/Vereindeutigung durch Dialog

Zu dechiffrieren sind wissenschaftsimmanente Vorannahmen, charakteristische Argumentationsmuster und gesellschaftliche Geltungsansprüche von Aussagen. Hilfreich ist dabei eine bi-direktionale Wechselwirkung wissenschaftlicher und nicht-wissenschaftlicher Narrative (= Kondensate von Narrationen) – deswegen ist die Gedankenfigur der strukturellen Dialogizität so einschlägig: Fachwissenschaftliche Erkenntnisse fließen in den öffentlichen Dialog ein, und umgekehrt formuliert die Gesellschaft ihre Erwartungen an die Fachwissenschaften und nimmt damit Einfluss auf die Ausrichtung und Priorisierung von Forschungsvorhaben.

Das Orientierungskonzept der strukturellen Dialogizität illustriert insofern einen Paradigmenwechsel, als lange Zeit Wissensvermittlung als ein monologischer Akt gesehen wurde – der sich in ironischer Weise idiomatisiert hat in dem phrasenhaften Redeeinstieg Pass mal auf und hör gut zu. Die Zeiten des reinen Zuhörens und des Sich-sagen-Lassens sind schon lange vorbei.

Als Gegenbild der Einbahnstraßen-Vermittlung kann also das Paradigma der strukturellen Dialogizität dienen, das – aus der Antike kommend – in der politischen Rhetorik auf eine lange Tradition verweisen kann; es wird unter anderem von Jürgen Habermas und Josef Kopperschmidt prominent vertreten. Sie beharren auf der „Symmetrie von Berechtigungen und Verpflichtungen“ im Diskurs. Dieser Denkansatz kann auch ein Orientierungspunkt für die Experten-Laien-Kommunikation sein, wenn öffentliche Aushandlung dem Geiste nach auf Partizipation (‚Teilhabe‘) angelegt ist.

Wissen ist nicht, Wissen wird gemacht

Auch die Herstellung von fachlichem Wissen ist bekanntermaßen umstritten. Wettkämpfe oder semantische Kämpfe (Felder 2006) um Geltungsansprüche sind also nicht zu vermeiden, sondern zu kultivieren. Auf die fachexterne Kommunikation übertragen nimmt dieser Denkansatz Experten wie Laien gleichermaßen in die Pflicht und kann ein Kompass bei der Modellierung eines Vermittlungsdialogs (Experten-Laien-Kommunikation) sein. Dabei kommt den Experten und Vermittlern besondere Verantwortung zu – denn: Wer definiert, regiert (vgl. dazu Theresa Schnedermann „Die Macht des Definierens“.

Der gesellschaftliche Diskurs macht sich dadurch abhängig – und zwar von den ‚Definierern‘. Denn aus linguistischer Sicht zeigt sich, wie Sprache ‚vor‘ der Konstituierung der Sachverhalte die fachspezifischen Wissensrahmen (mit)strukturiert, wie also Wissen durch Sprache entsteht. Gesellschaftspolitisch ist diese Diagnose solange kein Problem, wie es Gegenentwürfe gibt – kurz ‚Gegendefinierer‘. Perspektivenvielfalt und Multiperspektivität sind Stabilitätsgaranten für demokratische Gesellschaften, wenn sie keinem beliebigen Relativismus anheimfallen und sich dem Wahrhaftigkeitsprinzip verpflichtet fühlen.

Multiperspektivität und die Durchsetzung von Wahrheitsansprüchen schließen sich nicht aus, sondern ersteres ist die Voraussetzung für letzteres – wenn man von Folgendem ausgeht: Eine Behauptung mit einem standpunktunabhängigen Wahrheitsanspruch ist nicht zu halten, darf aber im Gegenzug nicht zu einem extensiven Relativismus führen, bei dem jede gefühlte Aussage ohne Plausibilitätskriterien gleichermaßen im öffentlichen Diskurs auf volle Wertschätzung hoffen darf. Assertorische (behauptende) Aussagen mit objektiviertem Wahrheits- und Gültigkeitsanspruch sind von höchster Relevanz und müssen ihre Plausibilitäten offenlegen. Solche „Aussageformen sind das Schmiermittel demokratischer Diskurse im Paradigma der strukturellen Dialogizität“ (Felder 2018: Wahrheit und Wissen zwischen Wirklichkeit und Konstruktion).

Fazit: Objektivierung von Wissen versus totalem Relativismus

Daraus folgt: Die perspektivierte Wissenskonstitution gesellschaftlicher Diskursakteure ist im Vermittlungsprozess so weit wie möglich sichtbar zu machen – (Wett-)Kämpfe um Gültigkeitsansprüche von fachlichen Darstellungen sind also nicht zu vermeiden, sondern für Laien luzide zu kultivieren.

Wissen ist grundsätzlich nicht nur abhängig vom Erkenntnisgegenstand, sondern durch das erkennende Subjekt geformt – und zwar zeichengebunden sowie perspektiven- und interessengeleitet: Wissen zeigt sich im öffentlichen Diskurs stets im Spannungsfeld von Daten (uninterpretierte Menge an unstrittigen Informationen) und Fakten (Propositionen, über deren Wahrheitsgehalt gestritten werden kann). Ein Transparent-Machen von Wissenstransfer-Mechanismen bzw. Transformationen im Vermittlungsprozess ist daher essentieller Bestandteiler partizipativer Bürgergesellschaften und demokratischer Legitimation staatlich finanzierter Forschung.

 

Anmerkung: Dieser Beitrag beruht in Auszügen auf meinen Ausführungen als Fellow, die in dem Jahresbericht 2020/2021 des Heidelberger Marsilius-Kollegs (Institute for Advanced Study) erschienen sind.

  • Veröffentlicht in: Allgemein
  • Schlagwörter: Narrativ, strukturelle Dialogizität

Welche blume hat die bedeutung die gebende
Welche blume hat die bedeutung die gebende

Veröffentlicht von Ekkehard Felder

https://www.gs.uni-heidelberg.de/sprache02/felder/index.html

Ekkehard Felder ist Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg. Er initiierte 2005 die Gründung des internationalen und interdisziplinären Forschungsnetzwerks Sprache und Wissen. Diese Forschungsgruppe untersucht diskurs- und gesellschaftskritisch die sprachliche Zugriffsweise auf Fachinhalte in zwölf gesellschaftlichen Handlungsfeldern – sog. Wissensdomänen (z.B. Recht, Wirtschaft, Medizin, Politik, Naturwissenschaft und Technik). Da Fachinhalte durch die Wahl der Worte geprägt werden und widerstreitende Positionen eine andere Wortwahl präferieren, ist ein Streit um die Sache auch ein Streit um Worte bzw. ein semantischer Kampf um die richtige Sichtweise. Deshalb heißt sein Blog bei SciLogs „Semantische Wettkämpfe – Wie die Sprache, so die Denkungsart“. Seine Forschungen beschäftigen sich mit der Fachkommunikation, der sozio-pragmatischen Diskursanalyse und der Untersuchung von Sprache als Indikator für Identität, Mentalität und Authentizität. 2010 gründete er mit den Kollegen Ludwig M. Eichinger und Jörg Riecke das Europäische Zentrum für Sprachwissenschaften (EZS). Als Fellow des Institute for Advanced Studies in Heidelberg (2008) und STIAS in Stellenbosch / Südafrika (2009) widmete er sich dem diskursiven Wettkampf um erkenntnisleitende Konzepte („agonale Zentren“). Felder ist Autor von fünf Monografien und (Mit-)Herausgeber diverser Sammelbände. Besonders bekannt ist die von ihm herausgegebene Reihe „Sprache und Wissen“ (SuW) bei de Gruyter und die dort mit Andreas Gardt herausgegebenen „Handbücher Sprachwissen“ (HSW).

Welche Blume bedeutet was?

10 beliebte Blumen – und wofür sie stehen.
Rose: Liebe und Leidenschaft. Foto: Mauritius Images. ... .
Gerbera: Freundschaft. Foto: Mauritius Images. ... .
Sonnenblume: Freude. Foto: Katharina Gossow. ... .
Tulpe: Zuneigung. ... .
Lilie: Unschuld. ... .
Vergissmeinnicht: Treue. ... .
Narzisse: Lebendigkeit, aber auch Eitelkeit. ... .
Veilchen: Bescheidenheit..

Welche Blume steht für Kraft und Stärke?

Die Amaryllis gilt als Einzelkämpfer unter den Blumen und symbolisiert Stärke. Eine starke Botschaft für einen starken Menschen!

Was ist die Blume der Hoffnung?

A. Die Anemone steht für Erwartung, Hoffnung, Aufrichtigkeit, aber auch für Vergänglichkeit, Verlassenheit und Enttäuschung.

Welche Blume steht für neues Leben?

Die Chrysantheme in der Blumensprache Gelbe Chrysanthemen stehen für Glück und ein langes Leben. Wer einen Beweis für seine Treue sucht, sollte blaue Chrysanthemen wählen.