Was bedeuten die kleinen schwarzen punkte im brand zwieback

The Project Gutenberg EBook of Robinson in Australien, by Amalia Schoppe

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Title: Robinson in Australien
       Ein Lehr- und Lesebuch f�r gute Kinder

Author: Amalia Schoppe

Release Date: March 21, 2015 [EBook #48541]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ROBINSON IN AUSTRALIEN ***




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Ein Lehr- und Lesebuch
f�r gute Kinder.

von
Amalia Schoppe,
geborne Weise.

Heidelberg.
Verlagshandlung von Joseph Engelmann.
1843.

An meine jungen Leser und Leserinnen.

Hoffentlich, meine Geliebten, erzeuge ich Euch einen Gefallen mit diesem neuen Robinson; einmal, weil mir fortw�hrend von vielen lieben Kindern die Versicherung gegeben wird, da� sie meine Jugendschriften gerne lesen; dann aber auch, weil der Titel viel Lockendes f�r Euch haben wird, indem gewi� Euer junges Herz bei dem Namen Robinson h�her schl�gt. Ihr werdet also dieses neue Buch Eurer Freundin mit gespannter Erwartung in die H�nde nehmen und Euch hoffentlich nicht in derselben get�uscht sehen.

Mein Zweck war, als ich diesen neuen Robinson verfa�te, und in ihm die Schicksale eines zwar armen, aber sinnigen und wackern Knaben mittheilte, Euch zugleich mit einem Welttheile bekannt zu machen, von dem selbst viele gebildete Erwachsene noch wenig wissen: Ihr sollt Australien, den zuletzt entdeckten, nur noch mangelhaft erforschten Welttheil, in seinem Clima, seinem Boden und Pflanzen- und Thierreiche n�her kennen lernen; und somit bitte ich Euch, mein Buch nicht blo� zur fl�chtigen Unterhaltung, gleichsam um die Zeit, unser Kostbarstes zu t�dten, in die Hand zu nehmen, sondern zugleich auch Belehrung, Bereicherung Eures Wissens, daraus zu sch�pfen. Da� der Robinson Euch nebenbei auf eine angenehme Weise unterhalten soll, glaube ich Euch versprechen zu d�rfen.

Zu dem doppelten Zwecke: zu bilden, zu belehren und Euch frohe Stunden zu bereiten, schrieb ich bisher alle meine B�cher, und da Euch die fr�hern immer willkommen waren, hoffe ich, wird es auch dieses sein.

Ich gr��e Euch s�mmtlich mit dem Gru�e inniger Liebe. Nicht mehr in dem gro�en, pr�chtigen Hamburg, nicht zwischen den Tr�mmerhaufen dieser mir ewig theuren Stadt, sondern in Jena, dem freundlichen Orte zwischen den Bergen, die das reizende Saalthal rings wie ein Rahmen umfassen, schrieb ich den Robinson f�r Euch.

Der Geber alles Guten sei mit Euch Allen, meine geliebten Kinder.

Jena, im October 1842.

Eure treugesinnte

Amalia.


Der neue Robinson.

Erstes Kapitel.

Viele von Euch, meine geliebten Kinder, werden schon einmal von der gro�en Handelsstadt Hamburg geh�rt haben. Sie liegt an einem herrlichen Flusse, der Elbe, die hier schon eine Meile breit und ihrem Einflusse in die nur zw�lf Meilen von Hamburg entfernte Nordsee nahe ist.

In dieser gro�en Welt- und Handelsstadt giebt es viele pr�chtige Pal�ste, dagegen aber auch eine Menge enger Gassen und kleiner H�user; ja, ein Theil der Bev�lkerung wohnt sogar unter der Erde in sogenannten Kellern, tr�ben, feuchten Wohnungen, in die das goldene Tageslicht nur sp�rlich f�llt, we�halb auch die Bewohner derselben in der Regel bleich und kr�nklich aussehen. Denn eben die Sonne, welche den duftigen Kelch der Rose f�rbt, f�rbt auch die Wangen der Menschen.

In einem dieser Keller wohnte eine arme Wittwe mit ihrem einzigen Kinde, einem Sohne von etwa zw�lf bis dreizehn Jahren. Sie hatte, seit dem Tode ihres Mannes, der ein Schiffscapit�n gewesen war, einen kleinen Handel angefangen, um sich und ihren William – so hie� der Knabe – nothd�rftig zu ern�hren. Allein das Gesch�ft ging seit einiger Zeit schlecht, da sich in einem benachbarten Hause eine �hnliche Handlung, wie die der Wittwe Robinson, etablirt hatte und diese ihr die Nahrung schm�lerte. So sah die arme Frau sorgenvollen Tagen und schlaflosen N�chten entgegen, besonders da es bereits gegen den Winter ging, wo der Mensch zu seinem Unterhalte mehr bedarf, als im Sommer.

Die H�lfe Anderer anzusprechen, davor w�rde sich Frau Robinson gesch�mt und weit lieber den bittersten Hunger, als das dem�thigende Gef�hl ertragen haben, von der Gnade anderer Menschen abh�ngig zu sein. Denn sie hatte einst bessere Tage gesehen und geh�rte durch ihre Geburt einer Nation an, die sich in der Regel durch einen edlen Stolz auszeichnet: Der englischen n�mlich.

Ihr Vater war, wie ihr verstorbener Mann, ein Schiffscapitain gewesen und zwar ein so erfahrener, geschickter, da� ein bedeutendes Handlungshaus, das Rhederei trieb, ihn von England berief und ihm sein bestes Schiff, die Fortuna, zur F�hrung anvertraute. Damit segelte dann der Capitain Elliot – so hie� Frau Robinsons Vater – durch alle Meere und f�hrte von allen Welttheilen die kostbarsten Waaren in den Hafen von Hamburg. Er galt nicht nur f�r einen streng rechtlichen Mann, sondern er war es in der That: denn statt sich selbst zu bereichern, wie so Manche es in seiner Lage gethan haben w�rden, dachte er nur an den Vortheil seiner Rheder, das will sagen, der Kaufleute, deren Schiff er f�hrte, und so kam es, da�, als er starb, er seiner einzigen, bereits mit einem ihm befreundeten Schiffscapitain verheiratheten Tochter kaum mehr hinterlie�, als einen unbefleckten Namen und den Ruf eines durchaus redlichen und geschickten Mannes.

Mit diesem Erbtheile war aber sowohl seine Tochter Anna, als auch deren Mann, der wackere Schiffscapitain Robinson, v�llig zufrieden; mit Recht sagten Beide, da� ein guter Leumund das erste und k�stlichste aller G�ter sei.

Der Ruf von strenger Redlichkeit, den sich Capitain Elliot erworben hatte, kam auch seinem Schwiegersohne Robinson zu Gute; denn kaum hatte Elliot, in Folge einer langwierigen Krankheit, seine Augen geschlossen, so trugen die Rheder der Fortuna seinem Schwiegersohn die F�hrung des herrlichen Schiffes an. Mit Recht schlo� man, da� der ein Biedermann sein m�sse, dem Capitain Elliot seinen besten Schatz, die einzige geliebte Tochter, zum Eigenthume gegeben hatte.

So stand also Capitain Robinson nach dem Tode seines Schwiegervaters als Befehlshaber und F�hrer auf dem Verdeck der Fortuna und zwar unter noch g�nstigeren Aussichten, als der wackere Elliot: die Rheder hatten ihm einen Antheil an dem Gewinne zugesagt und wenn die Gesch�fte nur einigerma�en gingen, so konnte der junge Capitain in einigen Jahren ein wohlhabender Mann sein.

Da� er das werden w�rde, dazu hatte es den besten Anschein. Er brachte zu einer sehr gelegenen Zeit eine Ladung Gew�rze von den molukkischen Inseln bei Asien und der Gewinn war f�r die Rheder so bedeutend, da� eine Summe von 10,000 Mark, etwa 4000 Thaler preu�isch f�r den th�tigen und umsichtigen Robinson abfiel. Dieses Verm�gen vermehrte sich noch im Laufe einiger Jahre und man durfte glauben, da� unser Capitain binnen Kurzem ein reicher Mann sein w�rde.

Wenn ihm diese Aussicht eine erfreuliche war, so war dies mehr um seine liebe Frau und sein einziges S�hnchen William, als weil er den Reichthum an und f�r sich sch�tzte. Diesen beiden Geliebten eine angenehme, sorgenlose Existenz verschaffen zu k�nnen, der Gedanke war es, der seine Seele mit Freude erf�llte und ihn ohne Murren den gr��esten Gefahren trotzen lie�.

So hatte Robinson schon f�nf bis sechs Reisen mit der Fortuna gemacht und auf jeder derselben bedeutende Vortheile f�r die Rheder und sich selbst erzielt, als der Vorsteher des Hauses, ein eben so braver als geschickter und vorsichtiger Kaufmann, starb. Zwei S�hne, die zum Kaufmannsstande erzogen worden waren, erbten sein Verm�gen und seine weltber�hmte Handlung. Allein des Vaters Geist ruhte nicht auf ihnen: sie wollten noch reicher werden, als sie ohnehin schon waren, lie�en sich auf gro�e Speculationen ein und, da diese mi�gl�ckten, sahen sie sich nach Verlauf einiger Jahre um all ihr Erbgut gebracht. Ihnen blieb fast nichts mehr �brig, als die Fortuna, das seither vom Capitain Robinson gef�hrte Schiff.

Aber auch dieses Besitzthum war im Grunde nur noch ein eingebildetes; denn die Fortuna war durch die Reihe von Jahren, die sie See gehalten hatte, so morsch und schadhaft geworden, da� Capitain Robinson erkl�rte: es hie�e das Leben seiner Matrosen und sein eigenes auf's Spiel setzen, wenn er noch eine Reise damit machte, und aus diesem Grunde verweigerte er es geradehin.

Man kann sich vorstellen, wie ungelegen eine solche Erkl�rung den beiden jungen Rhedern kam, besonders in diesem Augenblick, wo sie fast ihre letzte Hoffnung auf die Fortuna gesetzt hatten. Sie lie�en auch nicht mit Bitten und Vorstellungen nach, bis sie Robinson dahin vermocht hatten, noch eine Reise mit der Fortuna zu machen, nachdem diese nothd�rftig ausgebessert worden war.

Es war ein sehr tr�ber Abend, als der Capitain Abschied von seiner lieben Anna und seinem S�hnchen William nahm, um sich an den Bord der Fortuna zu begeben. Zum ersten Male in seinem Leben empfand er eine Anwandlung von Furcht; zum ersten Male, seitdem er in das Mannesalter getreten, dr�ngte sich ihm eine Thr�ne zwischen die Wimpern, als er seine Frau und sein Kind umarmte, indem er Abschied von ihnen nahm. Auch sie konnten sich diesmal nicht von ihm losrei�en; auch sie hingen laut schluchzend an seinem Halse und bedeckten ihn mit ihren Thr�nen und K�ssen: allen dreien war, als g�lte es einen Abschied auf immer.

Aber es mu�te doch geschieden sein und fr�h am andern Morgen, mit Anbruch des Tages, segelte die Fortuna die Elbe hinab. Ein frischer Ostwind schwellte ihre wei�en Segel und da sich die Ebbe mit dem g�nstigen Winde vereinte, erreichte die Fortuna schon nach wenigen Stunden die Nordsee bei Cuxhafen. An diesem Orte nahm Capitain Robinson, wie es gebr�uchlich ist, Lootsen an Bord, die ihn durch die gef�hrlichen Stellen bis in die offene See f�hren mu�ten, wo er selbst sein Schiff zu lenken verstand.

Da es unter meinen lieben jungen Lesern und Leserinnen gewi� viele gibt, die nicht wissen, was Lootsen f�r Leute sind, will ich es ihnen erkl�ren. Man benennt M�nner mit diesem Namen, die eine so vollkommene Kenntni� des Fahrwassers haben, da� sie die Tiefen, Klippen und Sandb�nke auf das Genaueste kennen. Solcher Hindernisse f�r die Schifffahrt gibt es nun am meisten an der M�ndung der Fl�sse, we�halb man an solchen Orten gew�hnlich Lootsen annimmt, um keinen Schaden zu leiden. Ist man aber �ber die gef�hrlichen Stellen hinaus, so besteigen die Lootsen ihr an das gro�e Seeschiff angeh�ngtes kleineres Fahrzeug und kehren in den Hafen zur�ck.

Das thaten auch die Lootsen der Fortuna. Beim Scheiden h�ndigte Capitain Robinson denselben noch einen Brief an seine liebe Frau mit dem Befehl ein, ihn in Cuxhafen auf die Post zu geben, und er kam der Madame Robinson auch richtig zu H�nden. Ach! er sollte das letzte Lebenszeichen sein, das die arme Frau von ihrem geliebten Manne erhielt!

Zwar war die Fortuna noch in dem Hafen von Vera Cruz eingelaufen und hatte daselbst eine Ladung an Bord genommen, mit der Robinson nach Hamburg zur�ckkehren wollte; allein seit dem Augenblick, wo man die Fortuna von diesem Hafen aus dem Gesichte verlor, wurde nichts weiter von ihr gesehen noch geh�rt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war also das Schiff gesunken, indem es, alt und morsch wie es war, zu viel Wasser gesch�pft hatte.

So vergingen sechs Monate, ohne da� Frau Robinson etwas von ihrem lieben Manne, die Rheder etwas von der Fortuna h�rten und jetzt fing man an, sich erst leisen, dann immer heftigeren Besorgnissen hinzugeben. Endlich waren neun Monate, dann ein rundes Jahr verstrichen und die Fortuna war noch immer nicht in den Hafen eingelaufen. Da konnte die arme Frau nicht l�nger an ihrem Ungl�ck zweifeln: ihr geliebter Mann war auf der See geblieben und sie sollte ihn nie wieder sehen!

Ihr Schmerz war grenzenlos und sie brachte Tag und Nacht fast nur mit Weinen zu. Ihr einziger Trost war der kleine William, der ganz das Ebenbild seines guten Vaters und ein sch�ner, freundlicher Knabe war. Wenn er die Mutter weinen sah, umschlang er ihren Hals mit seinen beiden Aermchen und bat: �Gute Mutter, weine doch nicht! Ich will auch ganz artig sein und Dir und dem lieben Vater keinen Kummer machen!� Wenn er aber das sagte, dann weinte die Mutter noch heftiger und er endlich mit ihr.

In einem alten Sprichwort hei�t es: �Ein Ungl�ck kommt selten allein.� Dieser Spruch schien sich auch an Frau Robinson bew�hren zu wollen. Ein Jahr war kaum seit dem Verschwinden ihres Gatten dahingeflossen, so erkl�rten die jungen Kaufleute, denen die Fortuna zugeh�rt hatte, da� sie ihren Gl�ubigern nicht gerecht werden, das hei�t, ihre Schulden nicht bezahlen k�nnten. Eine solche Erkl�rung hei�t man bancerott machen. Das Wort stammt aus dem Italienischen von Banca rotta – zerbrochenen Bank – her, indem es in Genua Gebrauch war, den Kaufleuten, die nicht bezahlen konnten, zum Schimpfe die Zahlbank zu zerschlagen oder zu zerbrechen.

Einen solchen Bancerott machten nun die jungen Kaufleute und da der Kapitain Robinson ihnen all sein erworbenes Geld anvertraut hatte, ging es mit verloren. Frau Robinson erhielt von dem Vielen, das man ihr schuldete, nur eine sehr geringe Summe ausbezahlt und von dieser war schon nach einem Jahre kein Heller mehr �brig, da die Arme durch den erlittenen gro�en Kummer in eine schwere Krankheit verfallen war, die ihre letzten H�lfsmittel aufzehrte.

Endlich durch die H�lfe der Aerzte von dieser Krankheit wieder genesen, sah sich die arme Frau aller H�lfsmittel f�r ihre eigene und ihres Kindes Existenz beraubt. Sie mu�te also darauf denken, durch Arbeit ihren Unterhalt zu verdienen und so suchte sie eine ihren Kr�ften und F�higkeiten angemessene Besch�ftigung. Man kam ihren W�nschen freundlich entgegen und gab ihr feine W�sche zum N�hen. Sie verrichtete diese Arbeit eine Zeitlang mit gro�em Flei�e und der ihr eigenth�mlichen P�nktlichkeit; allein zu ihrem nicht geringen Erschrecken entdeckte sie, da� ihre Augen nicht mehr recht dienen wollten und sie sie theils durch das viele Weinen, theils durch die feine die Sehkraft allzusehr anstrengende Arbeit g�nzlich verdorben hatte. Sie befragte jetzt einen Arzt und dieser erkl�rte ihr, da�, wenn sie nicht g�nzlich erblinden wolle, sie die feine Arbeit ganz aufgeben und eine andere Lebensweise ergreifen m�sse.

�Wovon soll ich aber?� rief die arme Frau bei dieser Erkl�rung im h�chsten Grade erschrocken aus, �mich und mein armes Kind in Zukunft ern�hren? Sie werden wissen, lieber Herr Doktor,� f�gte sie mit einem schweren Seufzer hinzu, �da� ich meinen geliebten Mann und zu gleicher Zeit auch das von ihm erworbene Verm�gen verloren habe, folglich durch Arbeiten Brod f�r mein Kind und mich erwerben mu�.�

�Wohl wei� ich das, liebe Madame Robinson,� erwiederte ihr der Arzt, der ein vortrefflicher Mann und ein wahrer Menschenfreund war; �aber ich mu� trotz dem bei meinem Ausspruche beharren und Sie dringend ermahnen, f�r die Folge ihres Lebens allen feinen, die Augen anstrengenden Arbeiten zu entsagen.�

�So w�rde mir nichts weiter �brig bleiben, als mein Kind an die Hand zu nehmen und von Haus zu Haus betteln zu gehen,� sagte sie, indem ein Strom von Thr�nen ihr �ber die bleichen Wangen scho�, �und das Herr Doktor, verm�chte ich nicht. Lieber sterben, als betteln!�

�Kommen Sie morgen um dieselbe Stunde wieder zu mir,� sagte der Arzt nach einem kurzen Nachdenken. �Ich will die Sache mit meiner Frau �berlegen; sie ist wohlmeinend und verst�ndig; ich hoffe, sie wird uns irgend einen Ausweg zeigen k�nnen, und was an mir liegt, so k�nnen Sie auf mich rechnen; so weit es meine Kr�fte erlauben, will ich Ihnen beistehen. Ich bin leider noch ein junger Arzt und besitze kein eigenes Verm�gen; auch ist meine Praxis noch klein, sonst w�rde ich gewi� mehr thun, als ich jetzt werde thun k�nnen. Sorgen Sie inde� weder f�r die Bezahlung meiner �rztlichen Bem�hungen, noch f�r die Medicin und wenden Sie die Ihnen von mir verschriebenen Medicamente sorgf�ltig an.�

Er reichte ihr bei diesen Worten zum Abschiede die Hand und die arme, grambeladene Frau kehrte in ihre bescheidene Wohnung zur�ck. Am andern Morgen war sie wieder bei ihrem zur H�lfe willigen Freunde. Dieser schien sie schon erwartet zu haben und f�hrte sie zu seiner Frau, die sie zu sich auf den Sopha lud und sie auf das Liebevollste und Zuvorkommendste empfing. Gute und gef�hlvolle Menschen sind stets am h�flichsten gegen Ungl�ckliche; niedere Seelen dagegen kriechen vor Reichthum, Ansehen und Macht. Wenn ich Personen hart und unh�flich mit Leidenden, in ihrem Verm�gen Heruntergekommenen umgehen sehe, dann habe ich gleich keine gute Meinung weder von ihrem Herzen, noch von ihrem Verstande.

�Meine liebe Madame Robinson,� sagte die treffliche Frau, indem sie ihr die Hand reichte, mit jener herzgewinnenden Freundlichkeit, die Leidenden so wohl thut, �mein guter Mann hat mir von Ihnen und Ihrem unverschuldeten Leiden erz�hlt, indem er mich zugleich aufforderte, Ihnen nach Kr�ften mit Rath und That zu H�lfe zu kommen. Nach l�ngerem Nachsinnen ist mir ein Ausweg eingefallen. Da dr�ben,� – sie wies auf ein gegen�berliegendes H�uschen – �wohnte eine Frau, die sich lange Zeit hindurch anst�ndig durch den Verkauf von S�dfr�chten und allerlei Eingemachtem ern�hrte. Es war freilich bei dem kleinen Handel nicht viel �brig; allein er sch�tzte die Frau gegen Mangel und Sorge. Seit wenigen Tagen ist sie gestorben und das H�uschen steht zur Miethe. Wenn Sie wollen, miethen wir es f�r Sie – der sehr geizige Hauswirth w�rde es wohl schwerlich ohne eine gen�gende B�rgschaft an Sie vermiethen – und strecken Ihnen ein S�mmchen zum Ankaufe der n�thigen Artikel vor. Auf diese Weise, so scheint es mir, w�rden Sie das Nothwendige erwerben k�nnen, ohne Ihre armen Augen noch ferner anzustrengen. Was sagen Sie zu diesem Vorschlage?�

Die gute Frau Robinson glaubte die Stimme eines Engels zu h�ren, als sie diese Worte vernahm. Es fehlte nicht viel, so w�re sie der trefflichen Frau zu F��en gefallen, um ihr zu danken, wie es ihr Herz ihr gebot; sie hatte kaum Worte, nur Thr�nen.

�Nicht wahr,� fragte ihre Wohlth�terin ger�hrt, �nicht wahr, Sie gehen auf meinen Vorschlag ein und mein Mann macht noch heute die Sache mit dem Hauswirthe richtig, damit uns kein Anderer zuvorkomme?�

�O, wenn Sie die G�te haben wollten!� stammelte Frau Robinson, indem sie die H�nde der Trefflichen ergriff. Sie wollte mehr sagen, vermochte es aber vor R�hrung nicht.

�Die Sache ist so gut wie abgemacht,� entgegnete ihr diese, �und jetzt, ich bitte Sie, beruhigen Sie sich, regen Sie sich nicht zu sehr auf,� f�gte sie liebevoll hinzu; �mein Mann behauptet, da� Sie solche Gem�thsbewegungen nicht gut ertragen k�nnen, und namentlich Ihren Augen dadurch schaden w�rden.�

Frau Robinson ging jetzt und schon nach acht Tagen bezog sie mit ihrem lieben William die neue Wohnung und trat ihr neues Gesch�ft an.

Zweites Kapitel.

Drei Jahre hindurch verlebte Frau Robinson, wenn auch nicht in Gl�ck und Freude – denn noch immer konnte sie sich nicht �ber den Verlust ihres Mannes tr�sten – doch in Friede und ohne allzuschwere Sorge in dem ihr von dem wackern Arzte gemietheten Hause. Das Gesch�ft war leicht und nicht eben unangenehm und William, der jetzt zw�lf Jahre alt geworden war, ging ihr in seinen Musestunden so wacker dabei zur Hand, als w�re er noch einmal so alt gewesen. Er war ein �beraus sinniger und verst�ndiger Knabe, der auf Alles Acht gab und schnell diesen und jenen ihm gezeigten Handgriff begriff. In der Schule, die er fast unausgesetzt besuchte – so wollte es seine verst�ndige Mutter – liebten ihn die Lehrer und seine Mitsch�ler, weil er gegen erstere stets ehrerbietig, gegen die letzteren h�lfreich und freundlich war. Man konnte ihn freilich nicht eben einen gro�en Kopf nennen, und ein Licht der Gelehrsamkeit w�rde wohl schwerlich, selbst bei dem besten Unterrichte, aus ihm geworden sein; allein er war flei�ig, sinnig und ein h�chst verst�ndiger Knabe, der zu mechanischen Arbeiten eine gro�e Neigung hatte; auch wollte er, wie er sagte, entweder ein Tischler oder Drechsler werden und die Mutter hatte nichts dagegen, da� er ein Handwerk ergriffe.

Die edle Familie, welche sich der Frau Robinson in der Zeit ihrer Noth so menschenfreundlich angenommen, hatte inde� seit l�nger denn einem Jahre Hamburg verlassen, indem der junge Arzt einem ehrenvollen Rufe nach Ru�land folgte, wo er bei der Armee als Stabsarzt angestellt wurde. Er hatte n�mlich das Gl�ck gehabt, einem reisenden, sehr reichen und vornehmen Russen, einem Prinzen, durch seine gro�e Geschicklichkeit und Sorgfalt das Leben zu retten. Als dieser heimgekehrt war, empfahl er dem Kaiser seinen Erretter so dringend, da� man den geschickten Mann unter den gl�nzendsten Bedingungen nach Ru�land berief, wo er in der Folge eben so reich als angesehen wurde.

Durch diesen Zufall hatte Frau Robinson ihre gro�m�thigen Besch�tzer verloren, und so gl�cklich es f�r diese war, so ungl�cklich war er f�r die arme Frau. Kurz nach der Abreise der Beiden fiel es einem Speculanten ein, die kleinen H�user, wovon Frau Robinson das eine bewohnte, zu kaufen, sie bis auf den Grund niederrei�en und an deren Stelle gro�e, prachtvolle H�user erbauen zu lassen, und da er dem Besitzer der kleinen Wohnungen eine ansehnliche Summe bot, war man des Handels bald einig. Frau Robinson mu�te also ihre bisherige Wohnung, in der es ihr so wohl ergangen war, verlassen und sich nach einer andern umsehen. Da sie in der Gegend als eine redliche und zuverl�ssige Frau bekannt war und f�rchten mu�te, ihre Kundschaft zu verlieren, wenn sie in einen andern Theil der sehr gro�en Stadt z�ge, sah sie sich in der N�he ihrer bisherigen Wohnung nach einer andern um. Allein die H�user waren zum Theil so gro� und die Miethe so theuer, da� ihr endlich nichts weiter �brig blieb, als einen eben frei werdenden Keller zu miethen.

Dies war ein enger, trauriger und d�sterer Aufenthalt; nur auf wenige Augenblicke fiel ein Sonnenstrahl in das kleine, dumpfe St�bchen und die noch kleinere Schlafst�tte entbehrte sogar g�nzlich des lieben Tageslichts. Inde� mu�te man sich doch noch gl�cklich sch�tzen, diese Wohnung um einen m��igen Preis erstanden zu haben und Williams Umsicht und Liebe wu�te sie zu versch�nern.

An Sparsamkeit von Jugend auf gew�hnt, hatte er alle seine Schulhefte aufgehoben und beklebte mit dem dadurch gewonnenen Papier die nur mit Kalk beworfenen W�nde. Als er damit fertig und alles geh�rig getrocknet war, verschaffte er sich Farbe und einen Malerpinsel und strich die Papierw�nde so eben und gut mit einer hellen Farbe an, da� das Ganze wirklich ein recht freundliches Ansehen gewann. Dann zog er auch vor dem kleinen Fenster des St�bchens eine Menge Blumen, die er sich zu verschaffen gewu�t hatte. Da er bei Allen beliebt war, gab ihm bald dieser, bald jener seiner Mitsch�ler ein h�bsches Pfl�nzchen oder auch nur einen Absenker und er verstand es so zu hegen und zu pflegen, da� es in kurzer Zeit freudig emporwuchs und Stengel, Bl�then und Blumen trieb. So oft er eine Stunde Zeit hatte, besch�ftigte er sich mit seinen Blumen, trug sie ins Freie hinaus, bego� und putzte sie und hatte seine herzinnige Freude daran, wenn die Blicke seiner lieben Mutter mit Wohlgefallen darauf ruhten.

An diesem Orte verlebte man so noch ein Jahr und es schien, als ob das Schicksal m�de geworden sei, die arme Frau Robinson zu verfolgen. Die alten Kunden blieben ihr getreu und der kleine Handel ging ganz so gut, wie vorher. Da, als man sich dessen nicht versah, miethete einer der ersten Fruchth�ndler der Stadt, ein Mann, der bereits durch diesen Handel reich geworden war, eins der neu erbauten H�user und etablirte sich in demselben, indem er einen Geh�lfen hineinsetzte. Alle nur erdenklichen Fr�chte und die Leckereien aller Zonen und Welttheile wurden hinter Spiegelfenstern zur Schau ausgestellt; in krystallenen Gef��en schwammen Forellen und Goldfische; hier gl�hten Orangen, Citronen und Apfelsinen; dort dufteten Ananasse, Melonen und Granat�pfel; von den k�stlichsten Trauben waren Guirlanden gebildet, K�se standen da in Ananasform; Kastanien, Rosienen, Mandeln u. s. w. bildeten den Hintergrund; kurz, Alles was nur Auge und Gaumen reizen konnte, war da und in der gr��esten F�lle.

Wie armselig nahm sich dagegen der Keller der Frau Robinson aus! Auch sah Keiner mehr auf denselben nieder, sondern die Blicke aller Vor�bergehenden wendeten sich auf das gro�artige Etablissement in dem sch�nen Hause; Alles str�mte dahin, w�hrend der Keller fast g�nzlich ver�dete.

Dies war ein furchtbarer Schlag f�r die Vielgepr�fte und h�tte sie nicht Gott im Herzen gehabt, nicht ihm vertraut, so w�rde sie diesem neuen Ungl�cke vielleicht erlegen sein. Sie aber wandte Herz und Auge zum Himmel empor und sagte: �Herr, in Deine H�nde lege ich mein Geschick: Du wirst wissen, wozu mir diese neue Pr�fung n�tz ist und Dein Kind nicht allzusehr pr�fen. Dein heiliger Wille geschehe im Himmel, wie auf Erden. Amen!�

Trotz dieses frommen, unersch�tterlichen Vertrauens zu ihrem himmlischen Vater trat ihr aber doch eine Thr�ne in das Auge, wenn sie an die Zukunft ihres lieben Williams dachte. Denn die Zeit war nahe, wo er zu einem Meister in die Lehre gethan werden mu�te und dazu war vor allen Dingen Geld erforderlich. Woher aber dieses nehmen, da der Erwerb so schmal geworden, da� man an manchen Tagen sich kaum an trockenem Brode satt essen konnte? Wenn man den Keller h�tte verlassen und in einem andern Theile der Stadt eine andere Wohnung miethen k�nnen, so w�re vielleicht noch alles gut gegangen; allein das konnte man nicht, da man, in der Furcht, vielleicht von dem Hauswirthe in der Miethe aufgetrieben zu werden, den Keller auf Contract, das hei�t, auf mehrere Jahre gemiethet hatte. Man mu�te also bleiben, wo man war und seinem v�lligen Ruin entgegensehen.

So standen die Sachen, als der Fruchth�ndler, welcher das gro�e Haus gemiethet hatte, zur nicht geringen Verwunderung der Frau Robinson an einem Morgen zu ihr eintrat und sie fragte; ob sie geneigt sei, seinem Gesch�fte vorzustehen? wof�r er ihr eine billige Verg�tung geben, auch die Miethe f�r den Keller auf sich nehmen wolle.

Zu dieser Anfrage wurde er durch den Umstand veranla�t, da� er entdeckt hatte, wie der von ihm eingesetzte Geh�lfe ihn um bedeutende Summen betrogen. Er mu�te ihn also aus dem Dienste jagen und sich nach einer redlichen, auch mit dem Gesch�fte vertrauten Person umsehen. Man schlug ihm dazu Frau Robinson vor, deren Charakter man ihm sehr r�hmte, und da sie �berdie� diese Art von Handel kannte, stand er nicht an, auf sie zu reflectiren.

Ein solcher Vorschlag war nicht zu verachten; allein der hinkende Bote kam nach: Herr Berger – so hie� der gro�e Fruchth�ndler – forderte von Frau Robinson, da� sie sich schon jetzt von ihrem Sohne trennen und ihn in die Lehre geben solle, obgleich er noch nicht das geh�rige Alter und die erforderlichen K�rperkr�fte erlangt hatte. �Denn,� sagte er, �so ein B�rschchen kann leicht in Verf�hrung gerathen und k�nnte es mir eben so mit ihm ergehen, wie mit meinem fr�heren Geh�lfen, der mein Geld verthat und mich in gro�en Verlust brachte.�

Vergebens betheuerte ihm Frau Robinson, da� er dergleichen von ihrem William nicht zu bef�rchten habe: er blieb bei seiner Meinung und seinen Ansichten und verlie� sie mit den Worten:

�Ueberlegen Sie meinen Vorschlag: ich lasse Ihnen bis Morgen Mittag Zeit. Gehen Sie dann nicht auf denselben ein, so mu� ich mich nach einer andern H�lfe umsehen.�

�Mutter,� nahm William das Wort, �liebe Mutter, Du solltest den Vorschlag des Herrn Berger nur annehmen, und Dir keine unn�thige Sorge um mich machen.�

�Was redest Du mein Kind?� versetzte die Mutter, �bist Du doch mein Ein und mein Alles, und lebe ich nur noch f�r Dich!�

�O, ich wei�, welche gro�e Liebe Du mir schenkst,� versetzte William ger�hrt; �aber ich d�chte, da� ich doch vielleicht schon einen Meister f�nde, der mich zu sich n�hme, obschon ich noch nicht das geh�rige Alter habe. Ich w�rde in diesem Falle ein Jahr l�nger Lehrbursche sein m�ssen und das wollte ich gerne, wenn ich Dich nur einer so schweren Sorge �berhoben s�he. Erlaubst Du mir,� f�gte er schmeichelnd hinzu, �erlaubst Du, liebes M�tterchen, mir, zu dem Meister Brandt zu gehen, und ihn zu fragen, ob er mich schon jetzt zu sich nehmen und mich in seinem Handwerke unterrichten wolle? Ich denke, da� er es thun werde, da er gut und freundlich ist und mir versprochen hat, da� er mein Lehrherr werden wolle.�

Die Mutter machte noch einige Einwendungen gegen diesen Vorschlag, dann aber willigte sie, den dringenden Bitten Williams nachgebend, endlich doch ein und der gute Knabe sprang die Gasse hinunter, um sich zum Tischlermeister Brandt zu begeben, der nicht weit von ihnen wohnte.

Er fand den Meister, einen freundlichen und geschickten Mann, in seiner Werkstatt besch�ftigt. Als er unsern William eintreten sah, lie� er die flei�ige und kunstfertige Hand, die den Hobel f�hrte, einen Augenblick ruhen, um sie ihm zur Bewillkommung entgegen zu strecken.

�Nun,� sagte er, �da bist Du wieder, um zuzusehen? Es gef�llt mir an Dir, da� Du schon jetzt eine so gro�e Neigung f�r Dein k�nftiges Gesch�ft hast und in Deinen Mu�estunden meiner Arbeit zusiehst. Aus Dir wird, so hoffe ich zu Gott, einmal ein t�chtiger Mann in unserm Fache werden und ich freue mich schon auf die Zeit, wo Du zu mir ins Haus und in die Lehre treten wirst.�

�Lieber Meister,� antwortete ihm William etwas sch�chtern, wie man es allemal zu sein pflegt, wenn man eine Bitte vorzutragen hat, von deren Gew�hrung viel f�r uns abh�ngt. �Lieber Meister Brandt, sollte es nicht m�glich sein, da� Ihr mich schon jetzt gleich, wo m�glich schon Morgen, zu Euch in die Lehre n�hmet?�

�Wenn das von mir abhinge,� versetzte der wackere Mann freundlich, �so n�hme ich Dich lieber heute als morgen um so mehr, da ich so eben einen Lehrburschen habe fortschicken m�ssen, der tr�ge, unlustig zur Arbeit, verlogen und mit so vielen andern Fehlern behaftet war, da� ich ihn nicht bei mir behalten konnte, schon meiner Kinder wegen, die er mir vielleicht mit verdorben haben w�rde. Ich mu� mich daher nach einem andern Lehrburschen umsehen und�.....

�Der werde ich sein? nicht wahr?� unterbrach ihn William mit freudig bewegter Stimme.

�Der w�rdest Du unfehlbar sein,� versetzte der Meister, �wenn Du zwei Jahre �lter und schon confirmirt w�rest.�

�O, confirmirt k�nnte ich ja sp�ter werden,� sagte William, �und was mein Alter anbetrifft, so k�nnte es Euch, lieber Meister, wohl gleichg�ltig sein, wenn ich nur die erforderlichen Kr�fte und F�higkeiten bes��e; ich gelobe Euch aber, da� ich durch Flei� und Aufmerksamkeit ersetzen will, was mir noch an Jahren abgeht.�

�We�halb w�nschest Du denn aber, sofort bei mir einzutreten?� forschte der Meister; �Du hast Dich doch nicht etwa gar mit Deiner braven Mutter erz�rnt und w�nschest de�halb, sie auf der Stelle zu verlassen?�

�Gott bewahre!� rief William, dem bei dieser Aeu�erung des Meisters das Blut in die Wangen stieg, und nun erz�hlte er dem guten Manne mit seiner gewohnten Offenheit, wie die Sachen standen und was es eigentlich war, das ihn zu dem Wunsche bewog, die geliebte Mutter schon jetzt zu verlassen.

Brandt h�rte ihm mit theilnehmender Aufmerksamkeit zu, dann, als er geendet hatte, reichte er ihm die Hand und sagte mit ger�hrter Stimme:

�Wie gl�cklich w�rde ich sein, wenn ich Deinen Wunsch gew�hren k�nnte; das kann ich aber leider nicht. Wir Handwerker haben unsere eigenen Gesetze und die verbieten es uns, einen Knaben, der noch nicht das f�nfzehnte Jahr erreicht hat und noch nicht confirmirt ist, in die Lehre zu nehmen. So leid es mir also auch thut, so mu� ich Dir Deine Bitte abschlagen.�

Das war nun f�r unsern William ein trostloser Bescheid. Er war mit der gr��esten Hoffnung hergekommen, da er der G�te Brandt's fest vertraute, und hoffnungslos sollte er jetzt von ihm scheiden. Der Gedanke, was jetzt aus seiner guten Mutter werden solle, pre�te ihm bittere Thr�nen aus, deren Strom Meister Brandt vergebens zu hemmen bem�ht war.

In dem Augenblick, wo diese am heftigsten flossen, �ffnete sich die Th�r der Werkstatt und ein Mann von mittleren Jahren, von untersetzter, kr�ftiger Gestalt, mit einem von der Sonne gebr�unten Gesichte, trat zu den Beiden ein. Seine Kleidung war sehr fein und ganz neu, hing ihm aber ziemlich weit auf dem Leibe; er hatte einen wei�lichen Kastorhut auf dem Kopfe; um den Hals war ein buntes, seidenes Tuch gekn�pft, dessen Zipfel weit auf die Brust herabfielen; er trug sehr weite Hosen von blauem Tuche, eine lange, goldene Uhrkette mit einem halben Dutzend goldener Uhrschl�ssel und Pettschaften daran und aus der Tasche seines Rockes guckte ein hochrothes, seidenes Schnupftuch hervor. Unser William erkannte auf den ersten Blick einen Schiffskapitain in diesem Manne und im Andenken an seinen lieben, verschollenen Vater schlug sein Herz m�chtig beim Anblick desselben.

Da er sich, als die Th�re sich �ffnete, nach dem Eintretenden umgesehen hatte, blickte dieser ihm in das von Thr�nen �berstr�mte Gesicht und mit seem�nnischer Freundlichkeit auf ihn zugehend, sagte er:

�Was ist denn dem J�ngelchen, da� es so weint?�

William err�thete �ber und �ber bei dieser Frage des fremden Mannes und Kapitain Hansen – dies war sein Name – der es bemerkte, fuhr fort:

�Du brauchst Dich vor mir Deiner Thr�nen nicht zu sch�men, Kleiner; freilich wenn Du ein gro�er Kerl w�rest und flenntest dann, so w�rd' ich 'ne schlechte Idee von Dir bekommen. Sag' mir lieber, was Dir ist, vielleicht kann ich Dir helfen.�

�Das arme Kind ist �bel daran,� nahm jetzt Meister Brandt das Wort, und nun erz�hlte er dem Kapitain, wie die Sachen standen. Dieser h�rte ihm mit gespannter Aufmerksamkeit und sichtbarer Theilnahme zu; dann, als er geendet hatte, nahm er das Wort und sagte:

�Dem armen Jungen und seiner Mutter w�rde leicht zu helfen sein, wenn beide keine Abneigung gegen das Seeleben h�tten.�

�Die habe ich gewi� nicht,� antwortete ihm William, �waren doch mein Vater und Gro�vater eben so gut Schiffscapitaine, als, wie ich glaube, der Herr es sind.�

�So? Dein Vater und Gro�vater waren Seeleute?� fragte Kapitain Hansen �berrascht. �Wie hie�en sie, mein J�ngelchen?�

�Mein Gro�vater hie� Elliot und mein Vater Arthur Robinson,� versetzte William, schon etwas dreister.

�Das sind Namen, die zur See guten Klang halten,� nahm Hansen wieder das Wort. �Ich h�rte oft von ihnen reden, sowohl in Europa, als in andern Welttheilen, und es freut mich, da� ich die Bekanntschaft des Sohnes und Enkels so braver Leute gemacht habe,� f�gte er liebevoll hinzu. �Hoffentlich bist Du, mein Kind, nicht aus der Art geschlagen und wenn dem so sein sollte, w�rde es eine gro�e Freude f�r mich sein, erst aus Dir eine t�chtige Theerjacke,[1] dann aber einen Capitain zu machen, wie es Deine Vorfahren waren. H�ttest Du wohl Lust, mit mir auf die See zu gehen?�

[1]: In der seem�nnischen Sprache nennt man so die Matrosen.

William err�thete bei diesem Vorschlag �ber und �ber. Es war ihm bis jetzt noch gar nicht eingefallen, da� ein solcher Ausweg ihm �brig bliebe, um seine gute Mutter von der Sorge um ihn zu befreien und so �berraschte er ihn um so mehr. Hansen, der sein Err�then falsch deuten, sagte:

�Wenn Du Dich aber f�rchtest, so bleib' lieber zu Hause: ein Seemann mu� vor allen Dingen Muth in der Brust haben und sich vor Nichts f�rchten.�

�O, ich f�rchte mich vor dem Wasser gewi� nicht,� war die Antwort Williams, �und wenn meine gute Mutter nur wollte, wie ich will, so w�re der Handel bald geschlossen.�

�So befrage Deine Mutter,� versetzte der Capitain, �und bringe mir Morgen, zwischen acht und neun Uhr, Deine Antwort. Hier ist meine Adresse,� f�gte er hinzu, indem er ein Blatt Papier aus seiner Brieftasche ri� und seinen Namen und seine Wohnung darauf bemerkte. �Du mu�t Dich aber schnell entschlie�en,� fuhr er fort; �mein Schiff liegt segelfertig und ich warte nur noch auf g�nstigen Wind, um den Hafen zu verlassen. Bringst Du mir Morgen fr�h bis neun Uhr keine Antwort, so suche ich mir einen andern Jungen, denn ich mu� einen haben; Du aber w�rdest mir der liebste sein, da Du von so wackern Seeleuten abstammst.�

Der Capitain wandte sich jetzt an Meister Brandt, mit dem er von Gesch�ften zu sprechen hatte, und unser William, dem durch den Vorschlag Hansens eine neue Welt aufgegangen war, eilte mit schnellen Schritten nach seiner Wohnung zur�ck, um ihn der Mutter mitzutheilen.

Drittes Kapitel.

Als die Mutter ihn so eilig und mit vor Freude gl�henden Wangen bei sich anlangen sah, glaubte sie schon, da� Meister Brandt auf den Wunsch Williams eingegangen sei und ihm versprochen habe, ihn schon jetzt zu sich in das Haus zu nehmen. Diese gl�ckliche T�uschung w�hrte aber nur wenige Augenblicke, indem William ihr die abschl�gige Antwort des Tischlers, zugleich aber den Vorschlag Hansens, ihn mit auf die See nehmen zu wollen, mittheilte. Die gute Frau wurde todtenbleich vor Schrecken, als William sie dringend bat, ihm ihre Erlaubni� zur Mitreise nicht versagen zu wollen und nach einem kurzen Nachdenken erkl�rte sie mit Bestimmtheit, da� sie lieber Alles erdulden, als ihr Liebstes dem unsichern Elemente anvertrauen wolle.

�Ich habe,� sagte sie unter Thr�nen, �kein anderes Gut auf Erden, als Dich und der Gedanke, mich von Dir trennen zu sollen, w�rde v�llig unertr�glich f�r mich sein. M�ge daher kommen was da will: ich lasse Dich nicht und will lieber Hunger und Kummer mit Dir ertragen, als getrennt von Dir im Wohlleben schwelgen.�

Vergebens bot William seine ganze kindliche Beredsamkeit auf, sie zu einem andern Entschlusse zu bringen: sie beharrte bei dem einmal gefa�ten und befahl ihm, sofort zu dem Capitain Hansen zu gehen, um diesem zu sagen, da� er nicht auf ihn rechnen und sich sobald als m�glich einen andern Kaj�tenw�chter suchen m�ge.

Mit schwerem Herzen und zum ersten Male mit innerm Widerstreben gehorchte William ihr. Nicht mit schnellen Schritten sondern langsam und niedergedr�ckt, wanderte er den Vorsetzen zu, wo sich die Wohnung des Capitains befand. Er traf diesen nicht zu Hause an, wohl aber seine Frau, die ihm sagte, da� ihr Mann so eben an Bord gegangen sei, weil der Wind sich gedreht habe.

�Da es m�glich ist,� f�gte die Frau Capitainin hinzu, �da� mein Mann noch heute absegelt, lasse ich mich sogleich an das Schiff fahren, um Abschied von ihm zu nehmen, und wenn Du willst, kannst Du mit mir gehen, um selbst Deine Bestellung an ihn auszurichten.�

William, der noch nie, so weit seine Erinnerung reichte, auf einem gro�en Schiffe gewesen war, nahm diesen Vorschlag mit Freuden an und ehe noch eine halbe Stunde vergangen war, befanden Beide sich am Bord der Hoffnung, wie das gro�e, pr�chtige vom Kapitain Hansen befehligte Kauffarteischiff hie�.

Als der Capitain ihn mit seiner Frau an Bord kommen sah, l�chelte er ihm freundlich zu und sagte:

�Nun, ich sehe, Du bist von �chtem Schrot und Korn und zauderst nicht, Dein Gl�ck auf dem sch�nen Elemente zu versuchen. Es ist mir sehr lieb, da� Du da bist; der Wind ist so g�nstig als m�glich und in einer Stunde geht es vorw�rts. Es w�rde mich, da ich fest auf Dich gerechnet, in gro�e Verlegenheit gesetzt haben, wenn Du nicht gekommen w�rest.�

�Ach, lieber Herr Capitain,� versetzte William mit unsicherer, fast von Thr�nen erstickter Stimme, �ich bin nicht hier, um mit Ihnen in See zu gehen, sondern um Ihnen zu sagen, da� meine Mutter mir mit Bestimmtheit die Erlaubni� verweigert hat, ein Seemann zu werden.�

�Ei, da mu�t Du, sofern Du wirklich Neigung zum Seeleben hast, es ihr �ber den Kopf nehmen,� antwortete ihm Hansen. �Die M�tter sind gar zaghafte, �ngstliche Gesch�pfe,� f�gte er hinzu. �Mit der meinigen ging es mir nicht besser; die h�tte weit lieber einen Federfuchser aus mir gemacht, als einen Seemann; ich aber schlug ihr ein Schnippchen und ehe sie es sich versah, schwamm ich auf dem Meere. Als ich einmal fort war, mu�te sie sich schon tr�sten und beruhigen, und das wird auch die Deinige thun, wenn die Sache einmal nicht mehr zu �ndern ist. Nicht wahr, Du bleibst bei mir?� schlo� er seine Rede, indem er William die Hand reichte.

�Ach, d�rfte ich das doch, ohne eine S�nde zu begehen,� sagte der arme Knabe, dem die hellen Thr�nen �ber die Wangen flossen, �aber der liebe Gott w�rde es mir, denke ich, nie vergeben, wenn ich meine gute, liebevolle Mutter durch solchen Ungehorsam betr�bte; es k�nnte �berdie� ihr Tod sein, wenn sie nicht w��te, wo ich geblieben w�re.�

�Daf�r d�rfte leicht Rath geschafft werden,� versetzte der Capitain. �Meine Frau kehrt an's Land zur�ck und die k�nnte Deiner Mutter schon Bescheid sagen. Wo wohnt sie?�

William nannte ihm die Gasse und die Hausnummer, bestand aber trotz dem darauf, da� er mit der Frau Capitainin an's Land zur�ckkehren wolle.

�Du kannst Dir das noch ein Weilchen �berlegen,� sagte Hansen nach einem kurzen Nachdenken: �das Schiff segelt noch nicht ab und Du wirst noch immer vor Dunkelwerden an's Land kommen k�nnen. Komm mit in die Kaj�te und verzehre ein Waizenbrod mit mir; dabei kannst Du �berlegen, was Du zu thun hast.�

William, der wirklich mit sich selbst k�mpfte, folgte dieser Einladung und Capitain Hansen bewirthete seinen jungen Gast auf das Beste. Er bot ihm auch ein Gl�schen Cognac an, das William, der nie dergleichen gekostet hatte, aber verschm�hte. Hansen lie� darauf eine Flasche s��en Weins, Mallaga, bringen und drang William ein Gl�schen davon auf; es mundete ihm, da der Wein sehr s�� und angenehm war. Er kannte die Gefahr eines so feurigen Getr�nkes nicht und trank in aller Unschuld, schon halb von dem ersten Glase berauscht, ein zweites, vielleicht gar ein drittes; denn schon wu�te der arme Knabe nicht mehr, was er that, und bevor noch ein Viertelst�ndchen vergangen war, lag er in einem so tiefen Schlafe auf dem Sopha in der Kaj�te des Capitains, da� die Welt h�tte untergehen k�nnen, ohne da� er es bemerkt haben w�rde.

�Du willst ihn also mit Gewalt und wider seinen Willen mitnehmen?� fragte die Frau des Capitains, einen mitleidigen Blick auf den armen Schlafenden wendend, ihren Mann.

�Gewi� will ich das,� versetzte Hansen mit einem h��lichen Lachen; �kam er mir doch eben recht und ist mir v�llig unentbehrlich. Du wei�t, welche M�he ich mir gegeben habe, einen Schiffsjungen zu erhalten, nachdem der fr�here, aus Amerika mitgebrachte, mir hier entlaufen ist, und jetzt sollte ich die gute Gelegenheit unbenutzt lassen, mir das durchaus nothwendige Subjekt zu verschaffen?�

�Was wird aber die Mutter des armen Knaben sagen? wie wird sie sich �ngstigen und gr�men!� wandte die gute Frau ein. �Ich glaube, da� ich vor Angst st�rbe, wenn mir das begegnete,� f�gte sie hinzu; �Du solltest ihn wecken und mit mir an's Land gehen lassen!�

�Da� ich ein Narr w�re!� rief Hansen unwillig. �Wollte man auf Weibergeschw�tz h�ren und auf Weiberthr�nen sehen, so w�rde man zu Nichts in der Welt kommen. La� mich mit Deinen Vorstellungen in Ruhe und kehre Du in Gottesnamen allein an das Land zur�ck. In einer Stunde sind wir aus dem Hafen und, wenn der Wind so bleibt wie er jetzt ist, schon �ber Nacht in See. In dieser Jahreszeit hat man keine Stunde zu verlieren; der Dezember ist nahe und wenn ich mich nicht spute, friert mir die Hoffnung gar noch hier ein.�

Die Frau, welche ihren Mann genau kannte und recht gut wu�te, da� man durch Vorstellungen nichts �ber seinen starren, b�sen Sinn gewann, wandte ihr Auge seufzend von dem armen Schl�fer ab und schickte sich an, das Schiff ohne ihn zu verlassen, was sie that, nachdem sie einen kurzen Abschied von ihrem Manne genommen hatte.

Die Sache war die, da� Capitain Hansen in dem Rufe eines b�sen Mannes und argen Tyrannen stand, we�halb es ihm allemal schwer fiel, sein Schiff zu bemannen, am allerschwersten aber, einen Kaj�tenw�chter zu finden, weil diese armen Ungl�cklichen, in seiner unmittelbaren N�he lebend, es schlimmer als die wirklichen Matrosen hatten, die, da sie bereits M�nner waren, ihm bei vorkommenden Gelegenheiten die Stirn boten.

Sobald er den armen William bei dem Tischlermeister erblickte, fuhr der Gedanke ihm durch den Kopf: das k�nnte wohl ein Schiffsjunge f�r dich sein, und er nahm die Miene gro�er Freundlichkeit gegen den armen Get�uschten an, um ihn desto sicherer ins Netz zu locken. Es war auch nicht an dem, da� er von dem Vater und Gro�vater William's etwas geh�rt hatte; da es ihm aber auf eine L�ge mehr oder minder nicht ankam, brachte er auch die vor, da� ihm der Name und Ruf derselben bekannt sei.

Trotz dem w�re ihm sein Vorhaben mi�lungen und er h�tte ohne Kaj�tenw�chter absegeln m�ssen, wenn der Zufall den armen William nicht an Bord und in die Gewalt des b�sen Mannes gef�hrt h�tte; so wie der Knabe aber das Verdeck betreten hatte, gelobte Hansen es sich, da� er nicht wieder von Bord solle, und wir haben gesehen, durch welches abscheuliche Mittel er seinen b�sen Willen durchzusetzen wu�te.

W�hrend nun William im tiefsten Schlafe in der Kaj�te des Capitains lag und die Hoffnung alle ihre Segel entfaltete, um den Hafen noch vor Anbruch der Nacht zu verlassen, stand Frau Robinson eine unbeschreibliche Angst um ihr armes Kind aus. Es d�mmerte bereits und noch immer war William nicht wieder da. Der Weg bis zu den Vorsetzen, wo, wie sie wu�te, Capitain Hansen seine Wohnung hatte, war zwar weit; aber trotz dem h�tte der Knabe, wenn ihm kein Unfall zugesto�en, doch schon l�ngst zur�ck sein m�ssen. Endlich wurde es v�llig dunkel und das Ger�usch in den Gassen nahm bereits ab; mit jeder dahinschwindenden Minute vermehrte sich die Angst der armen Frau und diese nahm endlich so sehr �berhand, da� sie ihren Keller zuschlo� und sich auf den Weg nach den Vorsetzen machte, wo sie sich nach der Wohnung des Capitains Hansen erkundigen wollte.

Obgleich sie so schnell ging, als es ihre Kr�fte nur irgend erlaubten, war es ihr doch, als ob sie nicht von der Stelle k�me. Endlich hatte sie die Vorsetzen erreicht und nach langem Fragen auch die gesuchte Wohnung gefunden. Bevor sie diese betrat, mu�te sie erst einige Augenblicke an der Th�re stehen bleiben, um Athem und Muth zu sch�pfen; denn was sollte wohl aus ihr werden, wenn man ihr auch hier keine Nachricht �ber ihren William ertheilen k�nnte?

Nach einigen Minuten der Erholung dr�ckte sie den Th�rklopfer nieder und trat in das Haus. Es war v�llig dunkel auf der Flur und es herrschte eine Stille in der Wohnung, als w�re sie g�nzlich unbewohnt. Erst als sie mehrere Male und mit immer lauterer Stimme �guten Abend!� gerufen hatte, �ffnete sich im Hintergrunde der Flur eine Th�r und eine noch ziemlich junge Frau trat, mit einem Lichte in der Hand, aus derselben ihr entgegen.

�Bin ich hier recht?� fragte Frau Robinson mit vor Angst und Beklemmung bebender Stimme; �ich suche den Herrn Schiffskapitain Hansen?�

�Wenn Sie den zu sprechen w�nschen,� antwortete ihr die Frau, �so kommen Sie leider zu sp�t: mein Mann ist bereits seit einigen Stunden abgesegelt.�

�So habe ich die Ehre, seine Frau zu sprechen,� fragte die arme Mutter.

�Ihnen zu dienen,� war die Antwort; �aber treten Sie g�tigst zu mir ein,� f�gte die Capitainsfrau hinzu, indem sie die Stubenth�r �ffnete.

�Verzeihen Sie meine Zudringlichkeit, liebe Madame,� nahm Frau Robinson wieder das Wort; �einer armen Mutter, die schier vor Angst vergeht, werden Sie gewi� einige Nachsicht schenken. Ich suche meinen Sohn, den ich mit einem Auftrage an Ihren Mann schickte, und der, ganz wider seine Gewohnheit, nicht wieder nach Hause zur�ckgekehrt ist. Mein Name ist Robinson; vielleicht h�rten sie ihn von Ihrem Manne nennen, der so g�tig sein wollte, meinen William mit sich zu nehmen, was ich aber nicht zugeben konnte.�

�Ach! Sie sind die Mutter des jungen Menschen?� antwortete ihr die Capitainin nicht ohne Verlegenheit. �Es freut mich,� fuhr sie nach einigem Z�gern fort, denn ihr fiel die L�ge eben so schwer, als sie ihrem Manne leicht fiel, �es freut mich, Ihnen sagen zu k�nnen, da� er sich in seiner neuen Lage ganz wohl befindet und wahrscheinlich vollkommen gl�cklich f�hlt, da er seinen Beruf mit gro�er Liebe ergriffen hat.�

�Von welchem Berufe reden Sie, Madame?� fragte Frau Robinson erbleichend; �sollte mein William, der bisher der z�rtlichste, gehorsamste und beste Sohn war, wider meinen ausdr�cklichen Willen gehandelt und sich bei Ihrem Manne als Kaj�tenw�chter verdungen haben?�

�Ich wei� nichts davon, ob es mit oder gegen Ihren Willen geschah,� versetzte die Gefragte sichtbar verlegen; �nur so viel kann ich Ihnen sagen, da� ihr Sohn mit meinem Manne gegangen ist und jetzt wahrscheinlich schon mehrere Meilen von hier auf der Elbe schwimmt.�

Wie ein Donnerschlag traf diese Nachricht die arme Mutter: sie gab in diesem Augenblick ihr geliebtes Kind, ihr einziges Gut auf Erden, nicht nur leiblich, sondern auch moralisch verloren; denn was durfte sie noch von einem Sohne erwarten, der so lieblos gegen sie gehandelt, sie so get�uscht hatte?

Ihr wurde dunkel vor den Augen; die Knie wankten unter ihr und sie w�re, von einer Ohnmacht befangen, zu Boden gesunken, wenn die Frau Hansen ihren Zustand nicht bemerkt h�tte und ihr zur H�lfe gekommen w�re. Sie eilte auf die Schwankende zu, unterst�tzte sie mit ihren Armen und f�hrte sie zum Sopha, wo sie dem Anscheine nach ohne Leben niedersank.

Die Frau Hansen war im ersten Augenblick so erschrocken, da� sie nicht wu�te, was sie thun, was beginnen solle. Dann lief sie zur Klingel und zog diese mit Heftigkeit an, um ihre Magd herbei zu rufen, die sie, so wie sie eingetreten war, zum n�chsten Arzt schickte. So wie dieser den Zustand der Frau Robinson untersucht hatte, erkl�rte er, da� die Krankheit nicht viel zu bedeuten habe und gab ihr einige starke Sachen zu riechen, um sie aus ihrer Ohnmacht zu erwecken. Unter diesen Bem�hungen kam die Leidende bald wieder zu sich und ihr Gef�hl machte sich in einem Strome von Thr�nen Luft.

Frau Hansen weihte ihr die innigste Theilnahme, und hatte sie vorher schon in ihrem Herzen die Handlungsweise ihres Mannes getadelt, so that sie es jetzt, wo sie die arme Mutter einer so gro�en Betr�bni� hingegeben sah, doppelt; aber sie hatte trotz dem nicht den tugendhaften Muth, ihr die Wahrheit zu sagen, obgleich sie ihren Kummer dadurch um die H�lfte h�tte vermindern k�nnen; denn immer und immer wieder rief Frau Robinson mit schmerzlich bewegter Stimme:

�Das konnte mir ein Kind thun, welches ich mit so vieler Liebe gro� gemacht habe? Auf solche Weise konnte mein William mich hintergehen, er, den ich f�r die Redlichkeit und Aufrichtigkeit selbst hielt?�

Weniger betr�bte sie die Trennung von dem geliebten Sohne, als der Flecken, der scheinbar durch dieselbe auf sein Gem�th und seinen Charakter fiel: und durch ein einziges Wort h�tte Frau Hansen sie hier�ber beruhigen k�nnen. Mu�te sie aber nicht die sch�ndliche Handlungsweise ihres Gatten zugleich mit enth�llen? Dieser Gedanke verschlo� ihr die Lippe und sie lie� die Mutter mit der ganzen Last ihres Kummers von hinnen gehen. Dies war ein gro�es, unverzeihliches Unrecht von der sonst so guten und gef�hlvollen Frau.

Viertes Kapitel.

Inde� schwamm die Hoffnung, von einem frischen Ostwinde getrieben, majest�tisch mit gebl�hten Segeln die Elbe hinunter und nahm bei Cuxhafen die Lootsen ein. William schlief, von dem starken und ihm v�llig ungewohnten Wein benebelt, als wolle er nie mehr erwachen: hatte er doch schon sonst einen festen gesunden Schlaf, wie er der lieben Jugend eigenth�mlich ist, und mu�te am Morgen stets von der guten Mutter mehrere Male geweckt werden, um die Schulstunden nicht zu vers�umen. Das Ger�usch auf dem Verdecke st�rte ihn nicht, da er es in seiner Vaterstadt gewohnt geworden war, bei einem solchen zu schlafen.

Hoch stand bereits, trotz der weit vorger�ckten Jahreszeit, die liebe Sonne am �stlichen Himmel, als er endlich erwachte. Er setzte sich �ber Erde, rieb sich die Augen, f�hlte nach seinem Kopfe, der ihn sehr schmerzte, wie es nach einem gehabten Rausche der Fall zu sein pflegt, und sah mit verwirrten Augen umher. Alle ihn umgebenden Gegenst�nde waren ihm v�llig unbekannt und schon wollte er sich wieder zum Schlafe niederlegen, weil er zu tr�umen glaubte, als er den Capitain zu sich eintreten sah.

�Nun, J�ngelchen,� sagte dieser lachend, �das nenne ich geschlafen!�

�Wo bin ich denn?� fragte William, indem er sich die Augen rieb.

�Wo Du bist?� fragte der Capitain gleichfalls. �Wei�t Du denn nicht mehr, da� Du Dich an Bord der Hoffnung und schon mitten im Meere befindest?�

Bei diesen Worten sprang der arme Knabe vollends auf und sein eben noch vom Schlafe ger�thetes Gesicht wurde todtenbleich.

�So habe ich die Zeit verschlafen und das Schiff ist mit mir fortgesegelt?� rief er mit dem Tone des h�chsten Entsetzens aus. �Gro�er Gott! was soll jetzt aus mir armen Knaben, was aus meiner ungl�cklichen Mutter werden? und wird sie sich nicht gar zu Tode um mich gr�men? Setzt mich, Herr Capitain, ich flehe Euch darum um Gotteswillen an, setzt mich sobald als m�glich an's Land! Wenn es auch noch so weit ist, will ich gerne zu Fu�e nach Hamburg zur�cklaufen; gute Menschen werden mir schon den Weg dahin zeigen; denn es w�re doch gar zu traurig, wenn meine gute Mutter aus Kummer um mich und meinen vermeinten Ungehorsam st�rbe, oder sich ihre lieben, ohnehin so kranken Augen blind weinte.�

�N�rrchen,� versetzte der Capitain, dessen b�ses Herz sich an der Angst des armen Knaben erg�tzte, �N�rrchen, vom Festlande wird nicht eher die Rede sein, bis wir die Insel Java, bei Asien, erreicht haben: denn dahin steuern wir, und Du mu�t Dich schon auf dem Wasser zufrieden geben. Was aber Deine Mutter anbetrifft, so wird sie sich schon bei meiner Frau nach Dir erkundigen und von der h�ren, wie die Sachen stehen; Du aber denke von nun an nur darauf, Deine Pflichten am Bord geh�rig zu erf�llen, und mir keine Gelegenheit zur Unzufriedenheit zu geben, denn sonst w�rde es Dir nicht gut ergehen.�

Vergebens bat und beschwor William noch ferner den b�sen Mann, ihn ans Land setzen zu lassen, da er nicht wu�te, da� dies unter den gegenw�rtigen Umst�nden v�llig unm�glich sei; und w�re es auch m�glich gewesen, so w�rde Capitain Hansen doch nie darein gewilligt haben, seine Beute wieder fahren zu lassen. Dem armen William blieb also nichts weiter �brig, als sich in sein Schicksal zu ergeben, was er nach vielen vergossenen hei�en Thr�nen that.

Seiner Mutter wurde aber doch am folgenden Tage, als sie ihr Ungl�ck den theilnehmenden Nachbarn klagte, ein gro�er Trost. Auf dem Wege zu dem Capitain war William n�mlich einem seiner Schulgef�hrten, der gleichfalls in der Nachbarschaft wohnte, begegnet, und diesem hatte er erz�hlt, da� er zu dem Capitain Hansen gehe, um ihm im Namen seiner Mutter zu sagen, da� diese nicht in seine Entfernung willige, und bei dieser Gelegenheit hatte er gegen den Schulfreund ge�u�ert: �Er w�rde um keinen Preis wider den Willen seiner Mutter mit dem Capitain gehen, denn das w�rde eine gro�e S�nde sein.�

Diese Mittheilung beruhigte die gute Frau Robinson in Etwas und sie dachte sich ungef�hr den Zusammenhang der Sache. Eine gro�e Last war ihr vom Herzen genommen, als sie sich sagen mu�te, da� ihr William an den ihr bereiteten Schmerzen gewi� unschuldig sei; ihn schuldig, ungehorsam und lieblos zu wissen, das war es, was sie so sehr zu Boden gedr�ckt hatte. Ihre Thr�nen flossen also sanfter, und wie immer legte sie voll Vertrauen ihr eigenes und das Geschick ihres theuren Kindes in die H�nde ihres himmlischen Vaters.

Der Wind blieb inde� g�nstig; er hatte sich gedreht, als man die Elbe verlie� und wehte jetzt so, da� man gar bald die hohe See und schon nach einigen Tagen den Kanal erreichte. Man nennt die Meerenge zwischen Frankreich und England so, wie diejenigen unter Euch Geliebten schon wissen werden, die sich bereits etwas mit der eben so angenehmen als n�tzlichen Wissenschaft der Erdbeschreibung oder Geographie vertraut gemacht haben. Die Passage durch den Kanal, den die Franzosen La Manche nennen, wird von den Seeleuten f�r eine gef�hrliche gehalten, der vielen Klippen und Felsenriffe wegen, die an beiden K�sten, sowohl an der franz�sischen als an der englischen angetroffen werden. Inde� mu�te man es dem Capitain Hansen zum Ruhme nachsagen, da� er, wenn auch kein guter, gef�hlvoller Mensch, doch ein t�chtiger Seemann war, und da Wind und Wetter g�nstig blieben, hatte man bald den gef�hrlichen Kanal hinter sich und steuerte in den gro�en atlantischen Ocean hinein, der seine ungeheuren Wasserfl�chen zwischen den beiden Welttheilen Europa und Amerika ausbreitet. Den gro�en Weltmeeren, deren man in der Geographie f�nfe z�hlt, gibt man aber den Namen Ocean.

Ich bitte diejenigen unter Euch, die durch diesen �neuen Robinson� nicht blos unterhalten, sondern zugleich auch belehrt sein wollen, und deren werden hoffentlich recht viele sein, eine Weltcharte oder ein Planiglobium zur Hand zu nehmen und unserm jungen Reisenden auf derselben zu folgen. Es ist eine sch�ne F�higkeit, stets das N�tzliche mit dem Angenehmen zu verbinden, und ich ermahne Euch, sie zeitig zu �ben. Ihr werdet dadurch nach und nach eine Menge Kenntnisse erlangen, die Euch sonst vielleicht fremd blieben. Jetzt aber zur�ck zu unserm Robinson, der seinen, in England h�ufig vorkommenden Namen nicht vergebens f�hrte, da das Schicksal ihn dazu ausersehen hatte, �hnliche Begebenheiten zu erleben, wie der, den Vater Campe, zum Erg�tzen so vieler Kinder, in seinem vielgelesenen Buche geschildert hat.

Unser William Robinson war also auf dem hohen Meere und fing bereits an, sich mit seinem Schicksale auszus�hnen, da er einsehen gelernt hatte, da� es ein unab�nderliches sei. Zwar war Capitain Hansen ein strenger, ja sogar b�ser und ungerechter Gebieter, der seine schlimme Laune stets an seiner Umgebung auslie�; allein William hatte es doch besser bei ihm, als die fr�hern Schiffsjungen, weil er sanft, geduldig und stets aufmerksam gegen seinen Herrn, stets freundlich und dienstfertig gegen seine Mitmannschaft war. Hatte der Capitain einmal seine b�se Laune – und diese trat allemal ein, wenn Wind und Wetter der Fahrt nicht g�nstig waren, we�halb die Matrosen ihn unter sich immer nur die Wetterfahne nannten – so ging William ihm klug aus dem Wege und verdoppelte seine Aufmerksamkeit gegen ihn. Er trat dann so leise auf, da� man ihn kaum h�ren konnte, und sah immer nach den Augen des See-Tyrannen, um jeden leisen Wunsch desselben zu errathen, bevor er noch n�thig hatte, ihn auszusprechen. Sein von Natur gutes Ged�chtni� und die gro�e Geschicklichkeit, welche er sich bei allen Handhabungen durch fr�hzeitige Uebung erworben hatte, kamen ihm jetzt sehr zu statten. Er f�hrte p�nktlich die ihm ertheilten Befehle aus, lie� weder Teller, Tassen noch Gl�ser fallen, wie andere plumpe Schiffsjungen es h�ufig gethan hatten, und hielt die Kaj�te des Capitains so rein und ordentlich, da� auch nicht ein St�ubchen darin zu entdecken war. Er dachte, so lange sein Dienst dauerte, nicht an andere Dinge, sondern nur an seine Pflichten und Obliegenheiten. Abends aber, wenn er sein hartes Lager aufsuchen und die erm�deten Glieder darauf ausstrecken durfte, dann gedachte er der jetzt so fernen Heimath, der geliebten Mutter und ihrer Z�rtlichkeit f�r ihn, und manche Thr�ne flo� aus seinen Augen und benetzte sein hartes Kopfkissen von Seegras.

Es konnte nicht fehlen, da� ein Charakter, wie der unsers William, nicht eine gewisse Gewalt auf das rohe, unfreundliche Gem�th des Capitains aus�ben mu�te. Ohne da� dieser selbst einmal eine Ahnung davon hatte, liebte er den stillen, freundlichen und behenden Knaben, und weil er ihn liebte, ging er besser mit ihm um, als mit irgend einem Andern der Mannschaft; Alle aber g�nnten William diesen Vorzug von Herzen, weil er gegen Jeden gut und gef�llig war, auch nie die Vorliebe des Capitains dazu mi�brauchte, die �brigen Matrosen bei ihm zu verklagen oder ihm von diesen begangene kleinere oder gr��ere Versehen mitzutheilen.

Die Neigung, welche Capitain Hansen nach und nach f�r William fa�te, gab sich nicht blos dadurch kund, da� er ihm von Zeit zu Zeit von den bessern Spei�en, die auf seine Tafel kamen, etwas mittheilte, sondern auch dadurch, da� er in vielen andern Dingen f�r ihn sorgte. So war unser neuer Robinson durch seine Kleidung nicht wenig in Verlegenheit gesetzt. War er doch wie er ging und stand nur mit den Kleidern, die er anhatte, zur See gegangen und hatte nicht einmal ein zweites Hemd zum Wechseln mitnehmen k�nnen. Man kann sich vorstellen, wie schrecklich eine solche Entbehrung f�r den an strenge Reinlichkeit gew�hnten William sein mu�te, und seine Noth wurde noch gr��er, als er sein schmutziges Hemd nicht mehr unter der Jacke verbergen konnte, an der bald alle Knopfl�cher ausgerissen waren, weil er sie t�glich und bei der schwersten Arbeit auf dem Leibe hatte. Er sah auch bald einem schmutzigen, zerlumpten Bettler so �hnlich, wie ein Ei dem andern; nur Gesicht und H�nde konnte er rein halten und das that er.

Endlich bemerkte der Capitain seinen �blen Zustand und sagte:

�Du siehst ja aber verteufelt zerlumpt aus! Hast Du denn nichts Anderes anzuziehen?�

�Ach nein!� versetzte der arme Knabe, und dabei schossen ihm die hellen Thr�nen �ber die Wangen.

Der Capitain, welcher nicht leiden konnte, da� Jemand weinte, wollte schon auffahren, als er sich pl�tzlich besann und sagte:

�Daran habe ich wahrhaftig nicht gedacht! Du bist ja ohne alle weitere Kleidung, als die, welche Du am Leibe hattest, an Bord gekommen. Nun,� f�gte er freundlicher hinzu, �dem soll abgeholfen werden und zwar gleich. F�r's Erste will ich Dir eins von meinen Hemden geben, damit Du wechseln und das waschen und ausbessern kannst, was Du bis jetzt getragen, und Franz, der, wie ich geh�rt habe, einem Schneider aus der Lehre gelaufen ist, um ein Seemann zu werden, – woran er nach meinem Bed�nken sehr gut that – Franz soll Dir sogleich von meinem abgesetzten Zeuge einen andern Anzug machen, damit Du nicht l�nger wie eine Vogelscheuche unter uns umher gehst.�

Gesagt, gethan! Capitain Hansen war gewohnt, das, was er wollte, schnell ins Werk gerichtet zu sehen, und so vergingen nicht zwei Tage, als William schon seinen neuen, netten Anzug hatte. In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nicht so �ber eine neue Kleidung gefreut, als �ber diese; er kam sich so ver�ndert darin vor, da� er sich einige Augenblicke mit Wohlgefallen in dem sonst sorgf�ltig mit den Blicken vermiedenen Spiegel betrachtete. Vor allen Dingen aber erfreute ihn das reine Hemd und er konnte es nicht genug bef�hlen und betrachten. So lernen wir erst durch die Erfahrung den hohen Werth mancher G�ter kennen, die wir, eben weil sie uns bisher nicht gefehlt haben, weil wir glaubten, sie d�rften uns nicht fehlen, nicht geh�rig zu sch�tzen wu�ten und sie ohne Dank gegen Gott und Menschen hinnahmen. Auch unser William, so gut und dankbar er im Ganzen war, hatte nie daran gedacht, seiner guten Mutter daf�r zu danken, da� sie stets f�r seine Kleidung und W�sche eine so gro�e Sorgfalt gehabt hatte; jetzt aber dankte er ihr aus voller Seele daf�r und Thr�nen der R�hrung traten ihm dabei in die Augen.

F�nftes Kapitel.

Um von Europa nach Asien zu kommen, mu� man den ganzen atlantischen Ocean durchschiffen und dann von diesem, indem man um das �u�erste s�dliche Vorgebirge Afrikas, das sogenannte Cap, biegt, in den gro�en indischen Ocean �bergehen. Am Cap oder, wie es auch genannt wird, dem Vorgebirge der guten Hoffnung, mu�te man anlegen, um Wasser und Lebensmittel einzunehmen, weil die Vorr�the, die man von Hamburg mitgenommen, nicht weiter reichen wollten.

Wie wohl that es unserm jungen Seemanne, als er, nachdem er so lange nur das bewegliche Element des Wassers unter sich gehabt hatte, endlich den festen Boden wieder betrat! Wie lange hatte er kein gr�nes Blatt gesehen, keinen Vogelgesang geh�rt, in kein anderes Menschen-Antlitz geschaut, als in das der Matrosen und des Capitains, die die Reise mit ihm gemacht! Wie ein junges F�llen, das nach langen Wintertagen aus dem Stalle hervorgeholt, zuerst die gr�ne Weide wieder betritt, sprang er am Ufer umher und jauchzte laut auf vor Freude, als er den ersten, gr�nen Baum wieder erblickte. Ueberdies bot dieser ihm einen ganz neuen, �berraschenden Anblick dar, denn es war eine Palme, die er zwar bereits in Abbildungen, aber noch nie in der Natur gesehen hatte. Er lief in vollen Spr�ngen auf den herrlichen Baum zu und umfa�te den knotigen Stamm desselben mit seinen beiden Armen, wie er sonst in der Freude seines Herzens oft bei seiner lieben Mutter gethan hatte. Dabei liefen ihm die hellen Thr�nen �ber die Wangen; sie flossen diesmal aber nicht dem Schmerze, sondern dem Entz�cken.

Nachdem sich dieses einigerma�en gelegt hatte, sah er sich weiter um und gewahrte in einiger Entfernung eine Gruppe von B�umen, deren Kronen ziemlich rund, wie die der in seiner Vaterstadt gesehenen Kugel-Akazien, waren. Er eilte darauf zu und wurde schon aus der Ferne durch den lieblichen, fast bet�ubenden Duft der schneewei�en Bl�ten auf die Vermuthung gebracht, da� er Orangenb�ume vor sich habe. Als er n�her kam, sah er an den goldgelben Fr�chten, womit diese B�ume bedeckt waren, da� er sich in seiner Meinung nicht geirrt habe. Nicht nur die Zweige waren mit Bl�ten und reifen und halbreifen duftigen Fr�chten bedeckt, sondern sie lagen auch in Massen abgefallen am Boden, wie bei uns Aepfel und Birnen, wenn der Sturm die Fruchtb�ume im Herbste gesch�ttelt hat. Viele davon waren noch frisch und gut, andere aber schon verfault, weil sich Keiner darum zu bek�mmern schien, sie aufzulesen. Unser William hatte zwar gro�en Appetit, seinen brennenden Durst durch diese eben so duftigen als saftigen Fr�chte zu l�schen; da ihm aber seine Mutter die gr��este Ehrfurcht vor dem Eigenthume Anderer eingefl��t hatte, wagte er es doch nicht, sich zu b�cken und einige von den herrlichen, am Boden liegenden Orangen aufzuheben, bis andere Matrosen von dem Schiffe sich zu ihm gesellten und, indem sie sich die Taschen und M�tzen mit Orangen f�llten, ihm sagten: da� es hier Jedem erlaubt sei, so viele Fr�chte zu nehmen, als ihm beliebe, indem sie wild w�chsen und Allen gleichsam zugeh�rten. Sie konnten das wissen, da sie schon mehrere Male das Vorgebirge der guten Hoffnung besucht hatten und hier eben so gut Bescheid wu�ten, wie in ihrer Heimath. Er lie� sich das nicht zwei Mal sagen und erquickte sich jetzt auch an den duftigen Fr�chten.

�Komm nur weiter mit uns,� sagte jetzt Jakob, ein bereits ziemlich alter Matrose, dessen stark gebr�untes Gesicht verrieth, da� er schon lange zur See gefahren; �komm nur, wir wollen Dir etwas noch Besseres zeigen, als diese s��en Orangen. In dieser Gegend w�chst eine Rebe, deren Fr�chte nicht Ihresgleichen in der ganzen �brigen Welt hat. Der davon gewonnene Wein wird, nach dem Weinberge, von dem man ihn erzielt, Constanzia genannt und so theuer in Europa verkauft wie kein anderer Wein; die Trauben aber sind das K�stlichste, was der Mensch nur genie�en kann.�

�Geh�rt denn auch dieser Weinberg Niemanden an und darf man auch von ihm Trauben pfl�cken, ohne Jemanden nahe zu treten?� fragte William, als man bei demselben angelangt war.

�Das nun wohl nicht,� versetzte Jakob, durch diese unerwartete Frage des Knaben etwas in Verlegenheit gesetzt; �vielmehr w�rde der Besitzer, ein Holl�nder, es sehr �bel vermerken, wenn er uns dabei ertappte, da� wir von seinen Trauben n�hmen, aus denen er einen so gro�en Gewinn zu ziehen versteht; wer aber w�rde sich wohl daran kehren, wo es etwas so Gutes zu erhaschen gibt?� f�gte er hinzu.

�Ich werde mich wohl daran kehren,� versetzte William; �fern sei es von mir, mir das Geringste mit Unrecht anzueignen. So hat meine brave Mutter es mir gelehrt und dabei will ich, so lange ich lebe, bleiben.�

�Thue das, mein Sohn!� lie� sich jetzt pl�tzlich eine Stimme vernehmen, die, Allen ganz unerwartet, hinter einer dichten Hecke hervorkam, und zu gleicher Zeit erhob sich ein menschliches Antlitz hinter derselben. Die Andern, welche sich schuldig f�hlten – sie hatten ja stehlen wollen – ergriffen erschrocken die Flucht; unser William, dessen Gewissen v�llig rein war, blieb aber stehen und sah den alten Mann, der ihr Gespr�ch belauscht hatte, furchtlos an.

�Ich habe Alles geh�rt, mein Sohn,� sagte der Besitzer des Weinbergs – denn er war es selbst – �und freue mich, die Bekanntschaft eines so braven jungen Menschen gemacht zu haben. Bleibe bei Deinen guten Grunds�tzen und es wird Dir stets wohl ergehen. Warte aber einen Augenblick: ich will Dich f�r Deine Redlichkeit belohnen, indem ich Dir die sonst fest verschlossen gehaltene Pforte meines Weinbergs �ffne und Dich in denselben f�hre, damit Du Dich nach Herzenslust an meinen guten Trauben s�ttigest; denn f�r einen so braven, redlichen Burschen habe ich immer noch einige davon �brig. Den andern aber w�rde es schlecht bekommen sein, wenn sie, �ber den Zaun steigend, auf anderm Wege in meinen Weinberg gedrungen w�ren. Ich mu� auf solche ungeladene G�ste gefa�t sein, da Jeder, der hier landet, von meinen weitber�hmten Trauben naschen will, und w�rde wohl schwerlich eine einzige davon in die Kelter bringen, wenn ich nicht die geh�rige Vorsicht angewendet h�tte. Zu dem Ende lie� ich mir Fu�angeln aus Europa her�berkommen und legte sie dicht an der Hecke rund um den Weinberg. Von Zeit zu Zeit habe ich Warnungstafeln aufgestellt, auf denen in allen lebenden Sprachen zu lesen ist, welches Unheil die h��lichen N�scher in meinem Weinberge erwartet; denn ungewarnt sollten selbst diese nicht in ihr Ungl�ck gehen.�

Als er diese Worte geendet hatte, �ffnete er mit einem schweren Schl�ssel, den er bei sich trug, die gro�e und hohe eiserne Pforte und lud unsern William zum Eintritt, zugleich aber auch zum Genusse seiner herrlichen Trauben ein, wobei er ihm seine Lebensschicksale erz�hlte, die seltsam genug waren. Als ein armer Knabe war er aus Holland, seinem Geburtslande, auf einem gro�en Handelsschiffe nach dem Cap gekommen und Krankheits halber daselbst zur�ckgeblieben. Ein Deutscher nahm sich des Verlassenen an, we�halb er auch die deutsche Sprache vollkommen gut sprach und verstand. Durch Flei� und Redlichkeit erwarb er sich im Laufe der Jahre einiges Verm�gen, kaufte darauf den Weinberg, dessen Werth man damals noch nicht kannte, f�r eine geringe Summe an, kultivirte die �ppig wachsenden Reben desselben, grub und d�ngte den sehr steinigten, trockenen Boden geh�rig und sah sich nach einigen Jahren in dem Besitze eines Weinbergs, um den jeder ihn beneidete und der ihn nach und nach durch seinen Ertrag zum reichen Manne machte.

Dieses Alles erz�hlte der freundliche Greis unserm William, w�hrend dieser sich, auf seine Einladung, an Trauben s�ttigte, von deren K�stlichkeit und W�rze man in Europa keinen Begriff haben kann. Als William nicht mehr zu essen vermochte, f�llte er ihm M�tze, Taschen und sein Sacktuch auch noch mit Trauben an, ermahnte ihn dringend, auch ferner stets auf Gottes Wegen zu gehen, und entlie� ihn endlich mit seinem Segen.

Dieses Abentheuer war das angenehmste, das unser junger Freund noch in seinem, freilich kurzen, Leben erlebt hatte und selbst noch als Greis erinnerte er sich desselben mit gro�er Freude, indem er zugleich behauptete, ihm habe nie wieder etwas so geschmeckt, wie diese ihm mit so gro�er Liebe und Freundlichkeit geschenkten Trauben.

Als er endlich zu seinen, ihn in einiger Entfernung erwartenden Genossen zur�ckkehrte, erz�hlte er ihnen, was ihm begegnet war und vertheilte die ihm mitgegebenen Trauben an sie.

�Wetter!� rief der alte Jakob, als William ihm von den von dem Holl�nder gelegten Fu�angeln erz�hlte. �Da h�tten wir sch�n ankommen und uns vielleicht f�r unsere ganze Lebenszeit ungl�cklich machen k�nnen; denn mit den Dingern ist nicht zu spassen und wer zuf�llig darauf tritt, wird leicht zum Kr�ppel, weil sie tief in den Fu� eindringen und oft unheilbare Wunden zur�cklassen.�

Man hatte wirklich Gott f�r die Abwendung einer so gro�en Gefahr zu danken; unser William ging f�r die Mittheilung seiner auf rechtlichem Wege erworbenen Trauben auch nicht leer an Dank aus und Alle waren h�chlichst zufrieden.

Es war bereits ziemlich sp�t, als man von diesem, mit Erlaubni� des Capitains unternommenen Ausfluge zur�ckkehrte und Capitain Hansen donnerte und fluchte schon �ber das allzulange Ausbleiben. Er bes�nftigte sich indessen, als er William, den er schon gar nicht mehr entbehren konnte, mit zur�ckkehren sah. Er hatte sich n�mlich selbst Vorw�rfe dar�ber gemacht, da� er diesem erlaubt hatte, mit den Andern ans Land zu gehen, da er f�rchten mu�te, da� der auf so hinterlistige Weise Angeworbene ihm entfliehen und Schutz bei der Beh�rde gegen ihn suchen w�rde; er war daher herzlich froh, als er ihn wiederkommen sah. An dergleichen dachte aber Williams redliche, arglose Seele nicht einmal; auch hatte er sich jetzt bereits an das Seeleben gew�hnt, um so mehr, da Capitain Hansen ihn wider seine sonstige Gewohnheit ziemlich gut behandelte.

F�r einen jungen, strebsamen Menschen, der sich gern in der Welt umsieht und auf Alles merkt, mu� eine Reise in so entfernte Gegenden auch immer einen gro�en Reiz haben. Jeden Tag, ja jede Stunde, gab es da etwas Neues und die Quelle der Belehrung versiegte keinen Augenblick. Bald war es ein Delphin, der neben dem Schiffe herschwamm, bald ein fliegender Fisch, der sich in seinem silbernen Schuppenkleide aus der gr�nen Tiefe emporschnellte; bald ein gr�ulicher Hayfisch, der seinen gestachelten Rachen weit �ffnete, um seine Beute zu erhaschen, der seine Aufmerksamkeit und Wi�begierde auf sich zog. Bald sah man in gro�er Entfernung graue, gezackte Nebelw�lkchen am Horizonte aufsteigen und die erfahrenen Seeleute erkl�rten ihm, da� es die Berge der entfernten K�ste w�ren, die er erblickte, bald lie� sich ein Wandervogel, erm�det von der weiten Reise �ber das unendliche Meer, auf die Spitze des Mastes nieder, um auszuruhen und wurde mit lautem Jubel von der Mannschaft begr��t; bald warf man, bei Windstille, Netze und Angelhacken aus, um die Bewohner der k�hlen Tiefe zum leckern Mahle zu fangen; bald schwammen die Tr�mmer gescheiterter Schiffe an ihnen vor�ber und gaben reichlichen Stoff zu Erz�hlungen von Schiffbr�chen und andern Unf�llen zur See; bald endlich theilte der alte Jakob, der ein lebendiges Magazin von Sagen und M�hrchen war, der aufmerksamen ihm zuh�renden Mannschaft die allersch�nsten Sagen mit; kurz, es fehlte weder an Unterhaltung, noch an Abwechslung an Bord, und so gefiel sich endlich unser William gar sehr in seinen neuen Verh�ltnissen; ja, h�tte der Gedanke an den gro�en Kummer, den seine gute Mutter erdulden w�rde, seine Heiterkeit nicht oft getr�bt, so w�rde er sich vielleicht vollkommen gl�cklich gef�hlt haben.

Sechstes Kapitel.

Nach dem ersten gl�cklich abgelaufenen Versuche, den der Capitain mit unserm William gemacht hatte, stand er nicht an, diesem ebensowohl als der �brigen Mannschaft die Erlaubni� zu ertheilen, die sogenannte Capstadt zu besuchen. Hier bekam unser junger Freund viel Merkw�rdiges zu sehen, unter andern sah er dort auch die Hottentotten, wie die Holl�nder diese, an der S�dspitze Afrika's lebende Nation nennen, die sich selbst Quanquis nennt. Die gelbbraune Farbe derselben, ihr der Wolle �hnliches, schwarzes Haar, ihre gro�en M�uler und eingedr�ckten Nasen, mehr aber noch ihre h�chst seltsame Sprache, die mehr einem Schnalzen, denn einer menschlichen Sprache glich, waren f�r unsern Neuling so auffallende Dinge, da� er sich nicht satt daran sehen konnte und oft vor Verwunderung au�er sich war. Von ihrem Schmutze, der selbst den der Gr�nl�nder noch �bersteigt, von ihren h�chst seltsamen Sitten und Gebr�uchen, wu�te man ihm viel zu erz�hlen und er h�rte dem Erz�hler mit der gespanntesten Aufmerksamkeit zu. Dieses Volk ist �brigens gutm�thig und friedlich, mit Ausnahme eines Stammes, den man die Buschm�nner nennt, weil sie in einer waldigen Gegend wohnen. Diese sind t�ckisch, r�uberisch und oft sogar grausam; sie machen auf die europ�ischen Ansiedler oder Colonisten f�rmlich Jagd, wie wir auf wilde Thiere, und wehe dem, der in ihre H�nde f�llt!

Sie treiben durchaus keinen Ackerbau, sondern leben fast nur von der Jagd und dem Raube; sie berauben aber nicht blos die Europ�er, die sie mit Recht als ihre Feinde ansehen, sondern die ihnen verwandten St�mme der Hottentotten und Kaffern, wie eine andere, gleichfalls in der N�he der S�dspitze von Afrika wohnende Nation hei�t. Wie die Thiere, denken die Buschm�nner nicht an den folgenden Tag, sorgen auch niemals f�r die Vermehrung ihres Viehstandes. So wie sie ein St�ck Vieh geraubt und in Sicherheit gebracht haben, schlachten sie es und verzehren es, gr��tentheils roh, auf der Stelle; sie haben so wenig Eckel, da� sie selbst die Eingeweide zur Nahrung nicht einmal verschm�hen. Haben sie sich recht satt gegessen, so legen sie sich hin und schlafen, bis der Hunger sie wieder weckt und zu neuen Raubz�gen anspornt. K�nnen sie nichts erhaschen und qu�lt der Hunger sie allzusehr, so schnallen sie sich mit breiten Lederstreifen den Magen und Unterleib ein und sollen dann sehr lange hungern k�nnen.

Sie sind �beraus wild, grausam und rachs�chtig und vergiften die Spitzen ihrer Pfeile mit dem Safte von nur ihnen bekannten giftigen Pflanzen, so da� jede Wunde, die sie damit beibringen, sogleich t�dtlich wird.

Dieser Buschm�nner werden aber immer weniger, da die Colonisten gen�thigt sind, Milit�r gegen sie auszusenden und gegen sie eine Art von Vertilgungskrieg zu f�hren. Wie schrecklich! da� Mensch gegen Mensch auf diese Weise verf�hrt.

Von allen diesen, f�r unsern William fast unglaublichen Dingen h�rte er in der Capstadt erz�hlen und konnte nicht satt werden, sich davon erz�hlen zu lassen. Ja, er trug sogar kein geringes, wenn gleich mit Furcht gemischtes Verlangen, einmal einen Buschmann von Angesicht zu Angesicht zu sehen, was ihm freilich wohl sehr �bel bekommen seyn w�rde.

Endlich hatte Capitain Hansen die n�thigen Vorr�the eingenommen und wartete nur noch auf einen g�nstigen Wind, um wieder unter Segel und seinem Bestimmungsorte, der, wie schon gesagt, die den Holl�ndern geh�rige Insel Java war, entgegen zu gehen.

Dieser mit so gro�er Sehnsucht erwartete g�nstige Wind stellte sich endlich ein und die Hoffnung verlie� mit gebl�hten Segeln den Hafen. Bald schwamm das Schiff jetzt im gro�en indischen Weltmeere und steuerte den sogenannten Sunda-Inseln, wovon Java eine ist, zu; die drei andern zu dieser gro�en Inselgruppe geh�rigen Inseln hei�en Borneo, Sumatra und Celebes; au�er diesen vier gro�en Sunda-Inseln gibt es noch eine Menge kleinerer, mit deren Aufz�hlung ich Euch aber nicht bel�stigen will.

Die Fruchtbarkeit dieser Inseln ist au�erordentlich gro� und der Handel derselben betr�chtlich. Die edelsten und von den Europ�ern am meisten gesuchten Produkte wachsen dort und werden durch die Handelsschiffe nach allen bewohnten Theilen der Erde ausgef�hrt. Aus Java, besonders aus der Hauptstadt Batavia, erh�lt man Reis, Kaffee, Tabak, etwas Indigo, Baumwolle und Gew�rze. Hier, wo so viele treffliche und n�tzliche Produkte wachsen, findet man aber auch den so vielbesprochenen Giftbaum, den Bohan-Uzas, von dem ich Euch, da Ihr wohl schon oft davon geh�rt haben werdet, etwas N�heres mittheilen will. Er w�chst in waldigen, nicht zu hoch gelegenen Gegenden auf den Sunda- und Philippinischen Inseln, die in der N�he der erstern liegen, besonders aber auf Java. Er wird an hundert Fu� oder f�nfzig Ellen hoch und hat einen geraden Stamm, mit knochenartigen Ausw�chsen. Die Bl�ten sind gelb mit gr�ner Bl�tendecke; die Bl�tter oval-l�nglich mit feinen H�rchen besetzt. Man hat diesem, allerdings �beraus giftigen Baum doch weit mehr B�ses nachgesagt, als er verdient, wie z. B. da� dar�ber hinfliegende V�gel, von den Ausd�nstungen des Uzas ber�hrt, sogleich todt aus der Luft zur Erde niederfielen und Menschen und andere S�ugethiere, die sich in seine N�he wagten, dasselbe Schicksal erlitten; ja, man nannte ein Thal auf Java, wo ein solcher Bohan-Uzas stand, sogar das Thal des Todes, weil von den giftigen Ausd�nstungen desselben sogleich alles Leben ersterben sollte. Dieses alles geh�rt nicht der Wahrheit, sondern allein der Fabel an. Der Baum ist allerdings sehr giftig; aber die Wilden gewinnen das Gift f�r ihre t�dtlichen Pfeile allein dadurch, da� sie den Stamm des Bohan-Uzas mit einem Messer oder scharfen Steine ritzen, woraus ein milchiger Saft aus der Rinde hervorquillt, der schnell zu einem Gummi-Harze gerinnt. Diesen Saft vermischen die noch wilden Javanensen mit andern giftigen Substanzen und tauchen ihre Pfeilspitzen hinein, worauf jede damit gemachte Wunde auf der Stelle t�dtlich wird. Der giftreiche Uzas hat �brigens ein sehr sch�nes Ansehen und ist ein kr�ftiger Baum mit einer wohlgewachsenen, herrlichen Krone. Er tr�gt eine steinigte Frucht. So viel von dem Uzas.

Auf Java, und �berhaupt auf den Sunda-Inseln, besonders auf Borneo, findet man auch das dem Menschen so �hnliche Thier, den Urang-Utang, den die Ureinwohner f�r einen wirklichen Menschen halten, der aus Tr�gheit weder sprechen noch arbeiten wolle; man nennt den Urang-Utang auch den Waldmenschen. Er geht, wie Euch schon bekannt sein wird, aufrecht und hat oft einen Knittel als Spazierstock oder als Waffe in einer seiner Vorderh�nde; denn da� die Affen vier H�nde haben, werdet Ihr schon wissen. Wenn er angegriffen wird, vertheidigt er sich wacker und soll ein gef�hrlicher Feind sein, wenn man ihm allein begegnet.

Unser William w�rde, wenn er nach Java gekommen w�re, dieses Alles und noch viel Merkw�rdiges gesehen haben; allein das Schicksal wollte es anders und er sah diese Insel nur aus weiter Ferne, ohne sie je zu erreichen, wie ich Euch nachstehend in dieser wahrhaften Geschichte erz�hlen werde.

Wind und Wetter blieben zu Anfang der Fahrt vom Cap der guten Hoffnung ins indische Weltmeer hinein durchaus g�nstig, und wie ein gro�er Vogel mit seinen weitausgebreiteten Schwingen die blaue Luft durchschneidet, so durchschnitt die mit sch�nen wei�en Segeln bespannte Hoffnung den Ocean. Stolz und herrlich mu�te sich das Schiff ausnehmen, indem es so sicher durch die bewegte Wasserfl�che hinglitt. Wie lustig flatterten nicht die hochrothen Wimpel, die sch�ne Flagge mit dem k�niglichen Wappen im Winde! Wie gl�nzte und schimmerte Alles am Bord, wo eine wahrhaft musterhafte Reinlichkeit und Ordnung herrschte; denn das mu�te man dem Capitain Hansen, trotz seiner sonstigen �blen Eigenschaften, lassen, er war ein ganzer Seemann und hielt in allen Dingen auf die strengste Ordnung; nicht ein einziges Endchen Tau durfte am unrechten Orte umherliegen und die erste Putzdame konnte nicht eifers�chtiger �ber ihren Staat wachen, als unser Capitain �ber die Sauberkeit seiner sch�nen Hoffnung.

Endlich an einem Morgen, als es eben Tag zu werden begann, rief der Matrose, der oben im Mastkorbe sa�, mit lauter und freudiger Stimme �Land!� aufs Verdeck hinunter. Der Capitain kam auf diesen Ruf schnell aus der Kaj�te hervor und befahl William, der ihm gefolgt war, das pr�chtige, weitsehende Fernrohr zu bringen, damit er untersuchen k�nne, ob der sich im Nord-Ost am fernen Rande des Horizontes zeigende, graue Nebelstreif wirklich Land, und, wie er vermuthen durfte, die K�ste von Java sei. Er richtete lange das Fernrohr, das er auf Williams Schulter gelegt hatte, auf den grauen Streif; denn die Entfernung war noch so gro�, da� man nur mit M�he unterscheiden konnte, ob man wirklich Land oder nur eine Wolkenschicht vor sich habe. So wie aber die Sonne etwas h�her gestiegen war, unterschied er mit dem Fernrohr deutlich die hohen Bergspitzen Java's und sagte jetzt freudig: �Es ist wirklich Land und bald werden wir am Ziele sein.�

Dieser Ausspruch erfreute die Herzen Aller, die ihn h�rten. Wenn man so lange auf der See geschwommen und nichts als Himmel �ber, als Wasser unter sich gehabt hat, dann sehnt man sich endlich doch wohl nach einem festen, gr�nen Boden unter seinen F��en, und wenn man so lange nichts als gep�ckeltes Fleisch und trockene H�lsenfr�chte, wenn es hoch k�mmt, eine Mehlspeise oder Fische gegessen hat, nach frischem Fleische und gr�nem, saftigem Gem��e.

Es herrschte also �ber diesen Ausspruch des Capitains gro�e Freude am Bord: wu�te man doch, da� man sich auf ihn verlassen konnte, besonders, da es nicht das erste Mal war, da� er diese Reise machte. Eine so gl�ckliche, ungetr�bte Fahrt, wie diese, hatte man noch nicht gemacht; so behauptete selbst der �lteste Matrose am Bord, der alte Jakob, der von seinem f�nfzehnten, bis zu seinem f�nfzigsten Jahre fast immer auf der See gewesen war.

Inde� sollte die gro�e Freude der Mannschaft und des Capitains bald getr�bt werden. Die bisher so ruhige, gleichsam spiegelglatte See fing an, sich zu kr�useln; es tauchten immer gr��ere Wellen, als ob das Meer unten koche, aus der Tiefe empor; zwar versp�rte man auf dem Schiffe noch keinen Wind, vielmehr schwieg dieser g�nzlich, als wolle eine Windstille eintreten; allein das Meer braus'te hohl und gab ein Get�se von sich, wie wenn in weiter Ferne der Donner rollt.

Die Mannschaft kannte so etwas und Alles wurde still, als sich diese Boten eines herannahenden Sturmes kund thaten. Je gr��er die vorhergehende Stille gewesen war, je mehr hatte man von jenem zu f�rchten. Ein anderes, Allen wohlbekanntes �bles Zeichen waren die �ber das Schiff hinfliegenden gro�en Wanderv�gel, die ein kl�gliches Geschrei in der Luft erhoben und statt sich zum Ausruhen auf die Masten und Segelstangen nieder zu lassen, im schnellsten Fluge vor�berschossen. Das thaten sie, um wo m�glich noch vor dem ausbrechenden Orkane das Festland zu erreichen.

Die See f�rbte sich immer dunkler; die Wellen wurden mit jeder Stunde gr��er und begr�nzten sich mit schneewei�en R�ndern von Schaum. Der Capitain verlie� das Verdeck nicht und schaute sich mit ernster Miene und ohne ein Wort zu sagen nach allen Seiten um, ob er nicht noch andere Zeichen des nahenden Sturmes entdecke. Endlich erblickte er, gerade in der Richtung, von welcher der Wind herkam, ein kleines dunkles W�lkchen am Himmel, und sich an den Steuermann wendend, sagte er:

�Jetzt kommt es! Aufgepa�t!�

Er ertheilte dann der Mannschaft die n�thigen Befehle, um auf das Kommende bereit zu sein, lie� einen Theil der Segel einziehen und befahl die gr��este Vor- und Umsicht.

�Das Wetter wird wahrscheinlich sehr schlimm werden und wir haben uns zu fr�h �ber die gl�ckliche Fahrt gefreut,� sagte er mit bedenklicher Miene. �Von Gl�ck werden wir zu sagen haben, wenn wir mit leidlichem Schaden davon kommen. Habt ihr das dunkle W�lkchen da unten,� – er zeigte gen Westen mit der Hand – �wohl gesehen?� wandte er sich an den neben ihm stehenden Untersteuermann; �das bedeutet nichts Gutes und wird schnell genug, Tod und Verderben in seinem Schoo�e tragend, heraufkommen. Dazu wird es bereits Abend; es darf Keiner diese Nacht zu Bett gehen, denn wenn uns das Unwetter im Schlafe �berraschte, k�nnte das Unheil gro� werden. Daher aufgepa�t! sage ich nochmals und keiner verlasse seinen Posten!�

William, der neben dem Capitain stand und jedes seiner Worte vernahm, hatte denn doch ganz seltsame Empfindungen in seiner Brust, als er von Sturm und Unwetter reden h�rte und, wie es sehr wahrscheinlich war, sie selbst mitbestehen sollte. Er hatte bereits oft von Schiffbr�chen und andern Unf�llen zur See geh�rt oder gelesen; das aber erf�llte ihn nur mit einem gewisserma�en angenehmen Grausen und stachelte blos seine Neugierde auf den Ausgang der Sache; jetzt aber, wo er selbst daran und eine mitspielende Person in dem gro�en Drama sein sollte, war ihm ganz anders zu Muthe und trotz der dr�ckenden Schw�le des Abends rieselte ihm von Zeit zu Zeit ein kalter Schauder durch die Glieder.

Inde� begriff er doch noch nicht, wie das bezeichnete kleine dunkle W�lkchen am fernsten Rande des westlichen Horizontes so verderblich f�r Schiff und Mannschaft werden k�nne; war es doch noch so fern und kaum wenig gr��er, als da� er es mit seinen beiden ausgebreiteten H�nden h�tte bedecken k�nnen. Er wagte es mit einiger Sch�chternheit, seine bescheidenen Zweifel nicht gegen den Capitain selbst, wohl aber gegen den ihm befreundeten Obersteuermann zu �u�ern; dieser aber belehrte ihn eines Bessern, indem er zu ihm sagte:

�Die Wolke da dr�ben scheint nur klein, ist es aber nicht. Nur die au�erordentlich gro�e Entfernung und der gro�e unerme�liche Raum, in dem sie schwimmt, l��t sie unsern Blicken so unbedeutend erscheinen. Du wirst schon selbst bemerkt haben, lieber William, wie sehr die Entfernung zur scheinbaren Verkleinerung der Gegenst�nde beitr�gt. Wenn man z. B. auf einem Berge, auf einem hohen Thurme oder auch nur auf dem Dache eines Hauses steht, erscheinen die unten wandelnden Menschen und Thiere uns in fast zwerghafter Gestalt. Eben so ist es mit den Gegenst�nden, die wir am Horizont erblicken. Nimm nur einmal die Sonne oder den Mond, deren Scheibe man fast mit der Hand bedecken kann, und doch ist die erstere 113 Mal gro�er als unsere Erde, obgleich diese eine Masse von 2659 Millionen 310190 kubischen Meilen hat; eine kubische Meile ist aber eine, die eine Meile lang, breit und hoch ist. Bedenke, wie gro� also die um 113 Mal so gro�e Sonne sein mu� und doch macht die au�erordentliche Entfernung, da� sie uns nicht gr��er erscheint, wie der innere Theil eines m��igen Tellers. Hiernach wirst Du schlie�en k�nnen, da� auch jene, jetzt so klein scheinende Wolke sehr gro� sei und uns, wenn sie sich �ber uns ausbreiten sollte, Gefahr und Verderben bringen k�nnte. Alles wird f�r uns davon abh�ngen, ob der Wind in seiner jetzigen Richtung bleibt, oder davon abspringt; ist das letztere der Fall, so d�rfte die Gefahr minder gro� werden.�

William, der dem unterrichteten Manne mit der gespanntesten Aufmerksamkeit zugeh�rt hatte, dankte f�r die ihm ertheilte Belehrung und richtete jetzt auch seine Blicke fast unausgesetzt auf die kleine dunkle Wolke.

Siebentes Kapitel.

Der Wind stand inde� noch immer aus Westen und die Wolke, von ihm getrieben, kam immer n�her und n�her; so wie sie aber heraneilte, wurde sie gr��er. Noch hohler als fr�her schon ging die See; die Wellen schlugen gegen die Seitenw�nde des Schiffs, als wollten sie sie zerschellen; der Schaum spritzte, so wie der Kiel die Wogen durchschnitt, so hoch empor, da� er auf's Verdeck niederfiel. Jetzt lie�en sich auch bereits einzelne, noch in ziemlich gro�en Pausen kommende Windst��e versp�ren; die freien Zwischenr�ume wurden immer k�rzer, die St��e selbst anhaltender. Endlich war der vollst�ndigste Orcan da. Der Himmel hatte sich schwarz bezogen; es donnerte aus den Wolken; Blitze zuckten, die ganze Natur schien in Aufruhr zu sein. Die Wellen gingen so hoch, da� sie �ber das Verdeck st�rzten und von demselben Manches mit sich in die Tiefe hinabrissen. Dazu kam die Nacht, die das Grausenhafte der Scene noch vermehrte.

Der Capitain war dem Anscheine nach ruhig, aber sehr bleich; ein Beben seiner Stimme, so oft er einen Befehl ertheilte, verrieth, da� er seine innere Furcht nur bemeisterte, vielleicht, um die Mannschaft nicht zu erschrecken: war diese doch ohnehin, trotz ihres Muthes, schon erschrocken genug, indem sich kaum einer erinnerte, je einen solchen Orkan erlebt zu haben.

Die �ltesten und verwegensten Matrosen, M�nner, denen sonst immer, nach der schlechten Gewohnheit der Soldaten und Seeleute, Fl�che auf den Lippen schwebten, lie�en alle Augenblicke ein: �Gott steh' uns bei!� oder: �Gott sei uns armen Menschen gn�dig!� h�ren. Man vernahm weder mehr ein fr�hliches Singen noch Pfeifen am Bord; Alles verrichtete seine Arbeit still; nur die Stimme des Capitains wurde von Zeit zu Zeit, Befehle ertheilend, geh�rt; oft �bertobte der Sturm sie.

Die Gewalt desselben nahm mit jedem Augenblick zu, und obgleich die meisten Segel eingerefft waren, wurde das Schiff doch pfeilschnell vorw�rts getrieben. Der Steuermann vermochte das Steuer nicht mehr zu regieren, sondern mu�te das Schiff dem Winde und den Wellen fast g�nzlich �berlassen. Menschenmacht und Menschenh�lfe vermochte nichts mehr: man mu�te sich in Gottes Hand geben und glaubte dem Ende seiner Tage nahe zu sein.

Um das Unheil zu vermehren, brach endlich auch noch das Steuer entzwei, indem eine Sto�welle dagegen schlug; jetzt gab es keine Lenkung des Schiffes mehr, und Luft und Wasser hatten freies Spiel.

Selbst dem Capitain entsank der Muth; bis dahin hatte er einen wirklich bewunderungsw�rdigen gezeigt. Sein Ansehen hatte etwas Furchtbares; sein Gesicht war todtenbleich, und sein krauses Haar str�ubte sich auf dem Haupte empor; in seinen Mienen lagen Furcht und Entsetzen; allein kein Wort, das Furcht verrathen h�tte, entfuhr seinen Lippen. Nur als er an William vor�berging, der in der Kaj�te auf seinen Knieen lag und, wie seine fromme Mutter es ihm im Gl�ck und Ungl�ck gelehrt hatte, zu Gott um Rettung emporflehte, sagte Capitain Hansen wie vor sich hin:

�Armer Junge! Dein Leben habe ich auf dem Gewissen! Ich beging ein schweres Unrecht, das ich vor Gott zu verantworten haben werde, indem ich Dich Deiner Heimath und einer minder gefahrvollen Besch�ftigung entri�.�

Obgleich nun die Gefahr mit jedem Augenblick h�her stieg und Alle sich ihres Lebens begaben, war doch durch das Gebet eine gr��ere Ruhe �ber das Herz des armen William gekommen. Wie oft hatte er seine gute Mutter in Augenblicken der Noth die Worte sagen h�ren:

�Nicht wie ich, sondern wie mein Vater im Himmel will?� und dieser sich jetzt erinnernd, sagte er sie auch, wodurch eine wahrhaft himmlische Ruhe �ber sein Herz kam. Zwar erf�llte ihn der Gedanke mit Betr�bni�, schon so jung, so fern von der theuren Mutter und der geliebten Heimath sterben zu sollen, in die grausenvolle Tiefe des Meeres hinabsinken zu m�ssen; allein Schrecken oder wohl gar Entsetzen fl��te er ihm nicht ein: wu�te er doch, da� es nach diesem Leben noch ein anderes, wie die heilige Schrift verhie�, besseres geben w�rde; wie h�tte er sich also wohl vor dem Tode f�rchten sollen? Da� er aber zu leben w�nschte, wie nat�rlich war das nicht?

So besch�mte dieser Knabe in seiner durch wahrhafte Fr�mmigkeit und Gottergebenheit hervorgegangenen Ruhe die �ltern M�nner. Trotz derselben lie� er aber doch die H�nde nicht in den Schoos sinken, sondern verrichtete mit Kraft und Besonnenheit die ihm aufgetragenen Gesch�fte.

Die grauenvolle Nacht ging endlich vor�ber und der Himmel kl�rte sich etwas auf. Von Zeit zu Zeit fiel ein Sonnenstrahl durch den dunklen Wolkenschleier, womit er �berzogen war; aber der Sturm legte sich nicht und trieb das Schiff wie ein Spielwerk vor sich her. Wo man war, wu�te man nicht, da eine Sturzwelle den Kompa� �ber Bord gerissen hatte, folglich der Capitain seine Beobachtungen nicht anstellen konnte; gelenkt konnte das Schiff auch nicht mehr werden, weil das Steuer zerbrochen war. Man sah kein Land mehr, nichts als das Wasser unter, den Himmel �ber sich.

Dies war, obwohl an sich schrecklich genug, doch gewisserma�en ein Trost f�r die armen Schiffbr�chigen, indem die gr��este Gefahr ihnen von der N�he des Landes kommen mu�te. In dieser N�he ist n�mlich das Meer gew�hnlich mit verborgenen oder offenbaren Klippen und Felsenriffen bes�t, an denen steuerlose Schiffe unfehlbar scheitern m�ssen, wenn der Wind sie gegen dieselben treibt. Daher war es f�r unsere Seefahrer tr�stlich, da� sie nirgends Land zu ersp�hen vermochten. Legte sich der Orcan nur bald, so durfte man sogar noch auf Rettung hoffen: das Schadhafte konnte ausgebessert, die zerrissenen Segel konnten geflickt werden und man, wenn gleich nur nothd�rftig und mit gro�er Anstrengung, doch noch einen rettenden Hafen erreichen.

So betete jetzt Alles am Bord, ganz im Gegensatze zu fr�her: �Nur kein Land! Nur kein Land!� Der Sturm konnte, mu�te sich ja endlich doch legen; wenn aber das Schiff auf Klippen stie�, dann war keine Rettung mehr m�glich.

Allein auch die letzte Hoffnung sollte zu Tr�mmern gehen. Nachdem das Schiff noch einige Stunden, vom Sturme gepeitscht, gegen Osten getrieben worden war, erblickte man ganz deutlich, und bereits mit blo�em Auge, den bewu�ten grauen Streif am Himmel, der auf Land deutete, und der Wind trieb das Schiff in gerader Richtung darauf zu.

Jetzt verstummte Alles vor Schrecken; der Capitain selbst bewahrte seine �u�ere Fassung nicht mehr und sagte der erschrockenen Mannschaft geradezu heraus, da� sie ihre Seele Gott befehlen m�chten.

Immer deutlicher trat die K�ste hervor – ob es eine Insel oder ein Festland sei, vermochte man nicht zu entscheiden, da man nicht wu�te, wo man sich befand – und um den Schrecken noch zu vermehren, sah man, da� sie bergig war. Wenn sich aber Berge am Lande befanden, so durfte man schlie�en, da� sie bis ins Meer hinein sich erstrecken w�rden. Die Erfahrung lehrt n�mlich, da� jedes Gebirge drei Abstufungen hat: das h�chste oder Hauptgebirge; das Mittel- und endlich das Vorgebirge, welches letztere gew�hnlich sich in Klippen und Felsenriffen im Meere endigt. Letztere hatte man also jetzt auch an der K�ste zu erwarten, auf die das steuerlose Schiff zugetrieben wurde.

Der Capitain ertheilte jetzt keine Befehle mehr; denn wie h�tte man sie ausf�hren sollen? Die Mannschaft arbeitete nicht mehr; denn wozu konnte die Arbeit noch n�tzen? Eine tiefe, lautlose Stille herrschte am Bord; nur von Zeit zu Zeit stieg der Schiffszimmermann mit einer Laterne in den Raum hinab, um nachzusehen, ob auch kein Leck entstanden sei und das Schiff Wasser sch�pfe. In dieser Hinsicht brachte er immer tr�stliche Nachrichten mit herauf: der Boden des Schiffes war noch fest und kein Leck zu entdecken.

Da, als eben der Zimmermann wieder die Leiter hinan stieg, um sich aufs Verdeck zu begeben, erhielt die Hoffnung, Allen unerwartet, einen furchtbaren Sto�, so da� ihre eichenen Rippen erkrachten und Diejenigen, welche standen, in Gefahr waren umzufallen.

�Nun ist das Ungl�ck da!� rief der Capitain aufspringend. �Es kann nicht fehlen, der Sto� mu� einen Leck gegeben haben. Schnell hinab, Zimmermann!� herrschte er diesen an, �schnell hinab und nachgesehen, was es da unten gibt.�

Er hatte kaum diese Worte ausgesprochen, so erfolgte ein zweiter, noch weit heftigerer Sto�; dann stand das eben noch pfeilschnell dahinschie�ende Schiff pl�tzlich still, woraus man schlo�, da� es sich zwischen zweien im Meere verborgenen Felsenriffen festgeklemmt habe.

Achtes Kapitel.

Die Bl�sse des Todes hatte alle Gesichter �berzogen, so wie das Schiff pl�tzlich still stand; es war, als w�re das eben noch so lebendige zur Leiche geworden. Die tiefste Stille herrschte an Bord; dann brachen einige in laute Klagen aus, die der Capitain dadurch zu beschwichtigen suchte, da� er zu ihnen sagte:

�Was hilft das Wimmern und Klagen? Es steht nun einmal im Buche des Schicksals geschrieben, da� wir in der salzigen Fluth unsern Untergang finden sollen, und dabei ist es denn doch einigerma�en ein Trost, da� wir auf �cht seem�nnische Weise umkommen. Der Tod wird hier wahrscheinlich nur ein Augenblick sein; w�ren wir am Lande gestorben, so h�tte es vielleicht l�nger gedauert, bis wir damit durch gewesen w�ren.�

Dieser Trost wollte aber bei Keinem Eingang finden; mehrere der Matrosen waren noch jung und liebten das Leben und selbst die �lteren unter ihnen mochten nicht an den Tod denken.

In der Seele unsers Williams gingen seltsame Dinge vor, als er den Capitain also reden h�rte und die hellen Thr�nen schossen ihm aus den Augen, indem er an die theure Mutter und ihren Schmerz, an die Heimath und seine Gespielen dachte, die er nun wahrscheinlich nicht wieder sehen sollte. Dieser Schmerz war so nat�rlich und er hatte sich seiner nicht zu sch�men, um so weniger, da er noch ein Knabe und kein gereifter Mann war.

Der tiefen Betr�bni� und dem thatenlosen Schrecken der Mannschaft folgte bald ein anderer Zustand und die Hoffnung, da� dennoch vielleicht Rettung m�glich sei, blitzte in vielen Herzen, gleich einem Stern in dunkler Nacht, auf. Die Th�tigkeit erwachte wieder: man sah sich nach Rettungsmitteln um; das gro�e Boot war noch da; man konnte sich, wenn das Schiff wirklich sinken oder in Tr�mmer gehen sollte, zum Theil auf diesem, zum Theil durch Befestigen an den Schiffstr�mmern vielleicht noch retten.

Der in den Raum hinabgestiegene Schiffszimmermann kam wieder herauf; seine Miene verk�ndete nichts Gutes; die Blicke Aller richteten sich �ngstlich und erwartungsvoll auf ihn.

�Es sind schon sechs Fu� Wasser im Raume,� sagte er mit fast tonloser Stimme, �und es w�chst mit jeder Minute; ein gro�es Leck mu� da sein: wo aber? vermag ich nicht zu entdecken, da das Wasser schon so hoch gestiegen ist.�

�An die Pumpen! An die Pumpen!� erscholl es jetzt aus dem Munde der Matrosen und Alle st�rzten, ohne erst den Befehl des Capitains abzuwarten, in den Raum hinab, um die Arbeit zu beginnen.

�Arme Jungens!� sagte der Schiffszimmermann mit einem schmerzlichen L�cheln um den bleichen Mund, �arme Jungens, es wird Euch nichts helfen: das Leck ist zu gro� und Eure Kr�fte werden nicht ausreichen, das Wasser im Raume zu bew�ltigen.�

�Ist das Eure feste Ueberzeugung, Meister?� fragte ihn der Capitain, der aus einem dumpfen Dahinbr�ten pl�tzlich zu erwachen schien.

�Ja,� versetzte der Gefragte, �und wenn ihrer zweimal so viele w�ren, so w�rden sie nicht Herr des Wassers werden.�

�So sollen sie die Zeit nicht mit unn�tzer Arbeit verlieren,� sagte der Capitain und lie� einen Ruf erschallen, auf den Alle wieder auf's Verdeck kamen.

�Meister Steffen sagt,� nahm der Capitain das Wort, als die Matrosen ihn umstanden, �da� es mit dem Pumpen nichts sei und wir eine wahrscheinlich sehr kostbare Zeit nur damit verlieren w�rden. Wir d�rfen seinem Worte vertrauen, da er ein geschickter, vielerfahrner Mann ist und sich schon oft den Wind um die Nase hat wehen lassen. Denken wir also auf eine andere Rettung. La�t das Boot ins Meer hinab; vielleicht legt sich der Sturm in Kurzem und wir k�nnen mit dem Boote See halten. Die K�ste kann nicht fern sein! Gott k�nnte sich unser erbarmen und uns an dieselbe f�hren. Wendet also Eure Kr�fte darauf, das Boot ins Meer hinabzulassen und sobald sich der Sturm nur in Etwas legen sollte, wollen wir es besteigen.�

Gehorsam diesem Befehle machten sich die Matrosen an die Arbeit und schon nach Verlauf weniger Minuten schauckelte sich das Boot auf den bewegten Wellen. Nur kurz dauerte aber die Freude: eine ungeheure Sturzwelle kam und ri� in ihrem Anprall das Boot mit sich fort; ihre Kraft war so gro� gewesen, da� sie das starke Tau zerrissen hatte, als w�re das Fahrzeug an einem Zwirnsfaden befestigt gewesen.

Ein Schrei des Entsetzens entfuhr bei diesem Anblick dem Munde Aller; der Capitain aber sagte, wie vor sich hin, mit dumpfem Tone:

�Nun ist's aus! Gott erbarme sich unser!�

In dem Augenblicke fing das eben noch ganz fest liegende Schiff an, eine schwankende Bewegung zu machen, ein Krachen, wie vom Einsturz eines gro�en Geb�udes, lie� sich vernehmen und zugleich stieg das Wasser von unten herauf aufs Verdeck. Das Schiff war geborsten und bestand nur noch aus Tr�mmern.

Jeder wu�te jetzt, was es galt und griff nach einer rettenden Planke. Der gro�e Mast, der bereits geknickt gewesen war, begrub in seinem Umsturze zwei Matrosen, die in der Richtung standen, in der er fiel. Ob sie dadurch get�dtet wurden, oder erst in den Wellen ihr Ende fanden, ist nicht zu bestimmen, denn Jeder dachte in dem Augenblick nur an sich und an die eigene Rettung.

Unser William, noch ein Neuling auf dem Meere, wu�te nicht, was er thun, was er beginnen sollte. Er stand neben dem Capitain, rang die H�nde und schickte Gebete f�r seine Rettung zum Himmel empor. Zuf�llig fiel der Blick des Capitains auf den armen Knaben und, trotz der eigenen Noth und Gefahr, jammerte sein Schicksal ihn; es war sein Gewissen, das ihm Theilnahme und Mitleid f�r ihn einfl��te.

�Komm,� sagte er zu unserm William, indem er ihm die Hand reichte; �komm, wir wollen zusammen unser Heil versuchen, und sollten wir untergehen, so vergib mir Deinen Tod, an dem ich schuld bin.�

Er zog ihn mit sich fort, zum gro�en Maste hin, der bereits auf dem Verdeck im Wasser schwamm, denn so hoch war dieses bereits gestiegen, ergriff ein starkes Tau und befestigte mit diesem den halbtodten Knaben an den Mast. Darauf suchte er ein zweites Tau, umschlang sich damit und befestigte es gleichfalls daran. Kaum war dies geschehen, so schwamm der Mast von den Schiffstr�mmern ins Meer hinab und die Wogen schossen dar�ber hin.

Was weiter mit ihm vorging, vermochte unser William nicht zu sagen: die Sinne hatten ihn verlassen und er hing wie schon todt an dem Maste, der, der Richtung des Windes folgend, an eine unbekannte K�ste trieb, wo er, von einer ungeheuren Welle hoch aufs Land hinaufgeworfen, am Ufer liegen blieb.

Der Ton einer Stimme erweckte William aus seiner Bet�ubung; er erkannte die des Capitains, aber sie war so schwach, da� er sie kaum zu unterscheiden vermochte.

�Lebst Du noch?� fragte diese Stimme.

William ri� die Augen auf und sah sich um.

�Was gibts? und wo sind wir?� fragte er verwundert.

�Am Lande,� versetzte der Capitain, �und vielleicht gerettet,� f�gte er hinzu, �wenn Du n�mlich noch so viele Kraft hast, Dein Messer nehmen und erst Dich, dann mich losschneiden zu k�nnen, damit wir uns vor der n�chsten Sturzwelle h�her auf das Ufer hinauf retten. Bleiben wir aber hier, so f�hrt sie uns wohl wieder ins Meer hinab und dann Ade, Leben!�

William hatte jetzt seine volle Besinnung wieder und da seine Arme frei waren, zog er das gro�e, an einem Bande um seinen Hals h�ngende Messer aus seinem Busen hervor, �ffnete es m�hsam mit seinen vom Wasser ganz erstarrten H�nden, schnitt die ihn an den Mast befestigenden Stricke entzwei und machte den Versuch, sich zu erheben. Allein er war wie ein Betrunkener und taumelte gleich wieder zur Erde nieder.

�Mach schnell oder wir sind verloren!� rief der Capitain mit schon ersterbender Stimme. �Ich kann mich nicht r�hren,� f�gte er hinzu, �und habe wahrscheinlich etwas an meinem Leibe zerbrochen, auch str�mt mir das helle Blut �ber das Gesicht.�

William raffte jetzt den letzten Rest seiner Kr�fte zusammen und taumelte zu seinem Leidensgenossen hin. Der Anblick desselben war ein entsetzlicher. Das Blut rieselte, wie aus einer Quelle, aus einer gro�en Kopfwunde hervor und hatte sowohl sein Gesicht, als seine Kleidung �berstr�mt. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr bei dem Anblick den Lippen des Knaben; aber trotz dem verlie� ihn seine Geistesgegenwart nicht. Er ging zu dem Kapit�n, zerschnitt die Bande womit er an dem Maste befestigt war, und zog ihn, da er erkl�rte, nicht gehen zu k�nnen, h�her auf den Strand hinauf, um ihn vor den Sturzwellen in Sicherheit zu bringen. Es war die h�chste Zeit damit gewesen, denn keine halbe Minute verging, so ri� eine m�chtige Welle den rettenden Mast wieder in das Meer hinab und w�rde folglich auch unsere Beiden mit sich fortgerissen haben, wenn sie sich nicht zuvor weiter entfernt h�tten.

Schrecklich war es anzuh�ren, wie der Capitain �chzte und st�hnte, als William ihn fortzog; der Ungl�ckliche hatte den Schenkel zerbrochen und war �berdies mit Wunden bedeckt, worunter die gro�e Kopfwunde die gef�hrlichste war. Er hatte diese schrecklichen Verwundungen dadurch erlitten, da� das Ende des Mastes, an das er sich befestigt hatte durch die Gewalt der Wellen gegen ein Korallenriff getrieben wurde, und der Sto� war so heftig gewesen, da� er ihm das Bein zerbrach; �berdie� hatten die spitzig hervorragenden Zacken des Riffs ihm mehrere Wunden beigebracht, die alle stark bluteten.

Der Anblick dieses ungl�cklichen Mannes pre�te William hei�e Thr�nen aus und lie� ihn sein eigenes Ungl�ck vergessen. Wie es uns in Augenblicken gro�er Gefahr zu ergehen pflegt, erging es auch unserm William: Gott hatte ihm gr��ere geistige Kr�fte, denn je zuvor verliehen und diese machten es m�glich, da� er mit Besonnenheit handeln und �berlegen konnte, was er zu thun habe, um die Leiden und Schmerzen seines Genossen zu lindern.

Dieser redete schon nicht mehr und lag mit festgeschlossenen Augen da; der letzte Rest seiner Kr�fte hatte ihn verlassen und er schien bereits eine Beute des Todes zu sein.

Trotz dem gab William den Versuch seiner Rettung nicht auf. Er entkleidete sich und zog sein Hemd aus, um durch Zerrei�en desselben die n�thige Leinwand zum Verbinden der gro�en Kopfwunde zu erhalten. Er machte aus diesem Hemde, das nat�rlich vom Seewasser ganz durchdrungen war, ein starkes Polster und eine Binde, legte das erstere auf die Wunde und befestigte es mit der letztern um den Kopf. Kaum aber ber�hrte das mit salzigem Wasser getr�nkte Polster die Wunde, so schrie der arme Verwundete vor Schmerz laut auf und fuhr mit der Hand nach dem Haupte, um es wieder abzurei�en.

Trotz dem, da� der Schrei und die heftige Bewegung des Leidenden ihn erschreckten, freute er sich doch �ber dieses neue Lebenszeichen, denn er hatte den Capitain schon todt oder doch im Sterben begriffen geglaubt.

�Was machst Du? und we�halb thust Du mir weh?� rief der Capitain, ihn mit zornigen Blicken anstarrend.

�Lieber Herr Capitain,� antwortete ihm der zitternde Knabe, �ich wollte Ihre schwere Wunde verbinden und bin vielleicht nicht vorsichtig genug gewesen. Ach wie leid thut es mir, Ihnen wider meinen Willen wehe gethan zu haben,� f�gte er, vor Angst und Wehmuth schluchzend, hinzu.

�La� es gut sein,� sagte der Capitain mit bereits ersterbender Stimme, �la� es gut sein und mache mir keine Schmerzen mehr. Mit mir ist es aus, und ich bin ein Mann des Todes,� f�gte er mit einem schweren Seufzer hinzu, der fast wie Aechzen klang.

�Das wolle Gott verh�ten!� versetzte William; �sind wir doch am Ufer und gerettet!�

�Ja, Du bist, dem Himmel sei gedankt! wahrscheinlich gerettet,� erwiederte ihm der Capitain; �aber ich werde nicht mit dem Leben davon kommen; rieselt es mir doch schon wie Todesschauer durch Mark und Bein und umflort sich mein Blick, so da� ich Deine Gesichtsz�ge kaum mehr unterscheiden kann. Das ist, wie ich glaube, der Tod,� f�gte er mit ersterbender Stimme hinzu.

William, der selbst glaubte, da� es bald mit dem armen Manne aus sein w�rde, konnte ihm vor Weinen nicht antworten. Sein Schmerz war so gro�, als aufrichtig, und er dachte in diesem Augenblick nicht mehr daran, wie dieser Mann gegen ihn gehandelt, und da� er ihm sein trauriges Schicksal zu verdanken hatte.

Nach einigen Minuten, w�hrend welcher William weinend neben ihm kniete, �ffnete der Capitain wieder die Lippen und schien sprechen zu wollen; allein seine Kraft war dahin, und nur wie ein leiser Hauch ert�nte das Wort: �Wasser!� von seinem blassen Munde. William, der sich zu ihm niedergebeugt hatte, vernahm es und erhob sich, um das Verlangte zu holen. Jetzt aber fiel pl�tzlich der Gedanke seiner H�lflosigkeit und seiner ganzen schrecklichen Lage auf sein Herz. Gro�er Gott! woher Wasser nehmen? und wenn er auch wirklich welches f�nde, in welchem Gef��e es sch�pfen und zu dem vor Durst Verschmachtenden bringen?

Er stand wie erstarrt da und wu�te sich weder zu rathen noch zu helfen.

�Wasser! Wasser! Ich verbrenne!� rief jetzt der Sterbende mit der letzten Anstrengung seiner Kr�fte, und William st�rzte, ohne zu wissen, was er that, von ihm fort, tiefer in das Land hinein.

Bald betrat er einen gr�nen, mit starkem, in gro�en einzelnen B�scheln stehenden Grase bedeckten Boden und schaute umher. Hie und da erhob sich ein Baum aus dem Erdreiche, dessen seltsam geformtes, unserm Farrenkraute �hnliches Laub ihm aufgefallen sein w�rde, wenn seine Gedanken nicht g�nzlich darauf gerichtet gewesen w�ren, Wasser zu finden. Dieses aber zeigte sich seinen Blicken nicht, so �ngstlich sie auch darnach umhersp�hten. Fast eine Viertelstunde war er gelaufen und seine nur noch so schwachen, vom hei�en Sonnenbrande noch mehr aufgezehrten Kr�fte drohten bereits zu erliegen, als er den Boden unter sich weich werden f�hlte. Er b�ckte sich und fa�te mit der Hand darnach, und, o Freude! er war feucht! Wo sich aber ein feuchter Boden zeigte, da mu�te auch Wasser in der N�he sein.

Dieser Gedanke st�rkte und ermuthigte ihn und er schritt vorw�rts. Es dauerte auch nicht lange, so vernahm sein sorgsam lauschendes Ohr ein leises Rieseln; er stand still, um zu horchen und vernahm dieses erfreuliche Ger�usch jetzt ganz deutlich in der n�chsten N�he. Ein in dichteren B�scheln stehendes Gras, dessen Farbe �berdies frischer, als die des �brigen Grases war, fiel ihm auf; er b�ckte sich darnach nieder, bog es auseinander und, o Entz�cken! ein schmaler Silberstreif des allerhellsten Wassers zeigte sich zwischen dem saftigeren Grase.

�Worin es aber sch�pfen, um es dem armen Verschmachtenden zu bringen?� werdet Ihr, meine Geliebten, jetzt gewi� fragen.

Unser William, den ich Euch als einen klugen und sinnreichen Knaben geschildert habe, wu�te das bereits: er hatte seine Tasche zum Wassergef��e ausersehen.

�Seine Tasche?� werdet Ihr wieder rufen; �seine Tasche? Du willst uns wohl zum Besten haben, liebe Amalie? Wissen wir denn nicht, da� Leinwand eben so gut wie ein Sieb ist und die Fl�ssigkeit hindurch laufen l��t? Da w�rde also der arme Verwundete keinen Tropfen erhalten und vollends verschmachten m�ssen, um so mehr, da der William fast eine halbe Stunde zu laufen hatte, bevor er wieder zu ihm gelangte.�

Ganz recht, meine lieben Kinder; aber unser William brachte trotz dem das Wasser in seiner Tasche zu dem armen Sterbenden und erquickte ihn damit. Diese Tasche war aber nicht von Leinewand, sondern, wie es bei den Matrosen Sitte ist, von Leder, das, wie Ihr wissen werdet, so leicht das Wasser nicht hindurch l��t. Der gescheidte Knabe hatte sich dieses Umstandes erinnert, und auf dem Wege bereits diese lederne Tasche aus seiner Hose geschnitten, um sie, sobald er Wasser f�nde, als Schlauch zu gebrauchen. Auf diesen Gedanken war er gekommen, weil er sich erinnerte, in einer Reisebeschreibung gelesen zu haben, da� die Spanier ihren Wein zum Theil in Schl�uchen von Ziegenleder aufbewahren. Hieraus k�nnt ihr ersehen, wie f�rderlich es ist, wenn man beim Lesen guter B�cher auf Alles merkt und das Gelesene seinem Ged�chtnisse einzupr�gen sucht.

William hatte jetzt also nicht nur helles, k�hles, k�stliches Wasser, sondern auch, Dank seiner Aufmerksamkeit und Besonnenheit, ein Gef��, um es zu sch�pfen und fortzutragen. Er sch�pfte es aber nicht ohne weiteres in seinen ledernen Schlauch oder vielmehr Beutel, sondern reinigte die Tasche erst geh�rig von dem salzigen Seewasser, von dem sie fast durchdrungen war; dann l�schte er erst selbst seinen brennenden Durst und als er fand, da� das Wasser in seinem Beutel v�llig geschmacklos war, sch�pfte er ihn wieder voll und kehrte zum Strande zur�ck, wo der arme Verwundete nach einem k�hlenden Trunke schmachtete. Die Menschenliebe, dieses wahrhaft g�ttliche Gef�hl, verlieh ihm eine ungew�hnliche Kraft, und schneller als er selbst gedacht hatte, langte er bei dem Sterbenden an.

Dieser lag mit todtenbleichem Antlitze und festgeschlossenen Augen da; William glaubte, da� er bereits verschieden sei und wollte sich eben weinend neben ihn niedersetzen, als ein Seufzer den Lippen des Sterbenden entfuhr und wieder glaubte William das Flehen um Wasser zu h�ren.

�Hier ist Wasser, Gott sei gedankt!� rief er laut und mit freudig bewegter Stimme.

Der Sterbende vermochte ihm nicht zu antworten; aber er �ffnete, zum Zeichen, da� er ihn verstanden habe, die Lippen, als begehre er zu trinken. William fl��te ihm mit der gr��esten Vorsicht einige Tropfen Wasser ein. Diese brachten eine so gro�e Wirkung auf den Capitain hervor, da� er schon nach wenigen Minuten die Augen aufschlug und seinen jungen Wohlth�ter mit dankbaren Blicken ansah.

William, welcher bemerkte, da� der Leidende sehr schlecht und unbequem mit dem Kopfe lag, was ihm noch mehr Schmerzen verursachen mu�te, sann auf Mittel, ihm eine bequemere Lage zu geben, ohne seinen armen zerschlagenen K�rper zu bewegen. Bald hatte sein erfinderischer Geist das N�thige erfunden: er erinnerte sich des hohen Grases, womit der Boden in einiger Entfernung vom Strande bedeckt war, eilte fort und schnitt mit seinem Taschenmesser so viel davon ab, als er mit beiden Armen zu fassen vermochte. Dies gab ein weiches, k�hles und k�stliches Kopfkissen ab, indem er es behutsam unter das Haupt des Verwundeten schob.

Dieser schien jetzt, nachdem er sich geh�rig an dem k�stlichen, krystallhellen Wasser gelabt, v�llig wieder zur Besinnung gekommen zu sein. Reden konnte er zwar noch nicht; allein er schaute seinen jungen Wohlth�ter mit liebevollen Blicken an und dr�ckte ihm von Zeit zu Zeit die Hand, zum Zeichen seiner Dankbarkeit; William bemerkte, da� ihm dabei die hellen Thr�nen �ber die Wangen liefen.

Obgleich selbst entkr�ftet und fast todtm�de, dachte der gute Junge doch nicht an sich und seine eigenen Leiden und Entbehrungen, sondern allein an den armen Mann, der tausendmal gr��ere Schmerzen zu erdulden hatte. Er dachte auch nicht daran, da� eben dieser sein Feind die Ursache seines gegenw�rtigen Mi�geschicks war, sondern allein daran, wie er ihm helfen, auf welche Weise er seine Leiden lindern k�nne.

Nur einige wenige Minuten ruhte er aus, nachdem er ihm das weichere Lager f�r sein Haupt bereitet hatte, dann erhob er sich wieder, um einen Schutz gegen die sengenden Sonnenstrahlen f�r seinen lieben Kranken zu suchen. Auf diesem Wege fielen ihm die B�ume mit dem farrenkrautartigen Laube auf. Er eilte auf sie zu und schnitt eine Menge von den �ber eine Elle langen und halb so breiten Bl�ttern ab, die er auf einen Haufen legte, bis er eine geh�rige Menge von St�cken geschnitten haben w�rde, von denen er eine Art von H�tte aufbauen und diese mit dem breiten Laube des Farrenkraut-Baumes bedecken wollte. Denn Ihr m��t wissen, geliebte Kinder, da� die Pflanze, welche bei uns an feuchten und schattigen Stellen niedrig am Boden w�chst und kaum eine H�he von einem Fu�e erreicht, in Australien zum stattlichen, �beraus sch�nen Baume gedeiht. Solche Farrenkraut-B�ume hatte nun unser William vor sich; da er aber von der Pflanzenkunde wenig oder gar nichts wu�te, konnte er diese herrliche Pflanze nicht benennen; nur so viel sagte er sich, da� sie zu dem beabsichtigten Zwecke ganz vortrefflich passe.

Vermittelst seines starken und zum Gl�cke sehr scharfen Messers – es war ein Geschenk von dem armen alten Jakob, der wohl jetzt tief im Meeresgrunde lag und den ewigen Schlaf schlief – schnitt er eine Menge Stecken ab und trug sie zum Strande, wo er sie ziemlich tief in den sandigen Boden einsteckte und �ber dem K�rper des Verwundeten eine Art von Ger�st davon aufbaute. Er hatte zwar weder Hammer, Bohrer noch N�gel, um die St�cke aneinander zu befestigen; allein er wu�te sich trotz dem zu helfen. Er hatte n�mlich bemerkt, da� die Frucht tragenden Halme des Grases, wovon er f�r seinen lieben Kranken ein Lager f�r das Haupt gemacht hatte, sehr stark und z�h waren, und so bediente er sich derselben statt der Stricke, um die St�be aneinander zu binden. Dabei kam ihm wieder die Aufmerksamkeit zu statten, die er von jeher allen ihm begegnenden Dingen und Sachen schenkte. Seine Mutter war fr�her mehrere Male um die Erndtezeit mit ihm ins Feld gegangen und da hatte er bemerkt, da� die Garbenbinderinnen eine Handvoll Stroh zusammendrehten, um damit die Garben zu binden. Ebenso verfuhr er mit den ziemlich langen und sehr z�hen Grashalmen, die auf solche Weise behandelt, die ihm fehlenden Stricke vollkommen ersetzten.

Als sein Ger�st aufgebaut war, holte er das Farrenkraut und bedeckte seinen Bau mit den breiten Bl�ttern desselben. Es nahm sich fast so aus, wie die Lauberh�tten der Israeliten und gew�hrte nicht nur dem Leidenden Schutz gegen die brennenden Sonnenstrahlen, sondern auch, als die Sonne untergegangen war, gegen die eintretende K�hle der Nacht.

Unter diesen liebevollen Bem�hungen des guten Knaben war es Abend geworden. Die Sonne hatte bereits ihre Laufbahn vollendet und war am westlichen Rande des Horizonts ins Meer hinabgesunken. Der Verwundete lag in einer Art von Halbschlummer, aus dem er aber von Zeit zu Zeit erwachte, um Wasser zu fordern. Da� er dem Schmachtenden dieses immer geben k�nne, auch daf�r hatte unser William auf eine sinnreiche Weise gesorgt, indem er an seiner Ledertasche einen Stiel befestigte; er hatte n�mlich oben am Rande zwei L�cher hineingebohrt, durch die er einen ziemlich langen Stecken schob, und indem er das untere Ende des Steckens schr�g in die Erde steckte, erhielt sich sein Wassergef�� schwebend, so da� kein Tropfen verloren ging.

Auf diese Weise hatte unser Freund nun freilich f�r das n�chste Bed�rfni� seines lieben Verwundeten gesorgt; allein wer sorgte f�r das seinige? Es meldete sich n�mlich bald ein b�ser Gast bei ihm: der Hunger, und er hatte nichts, um ihn zu befriedigen. An einer reichlich besetzten Tafel ist der Hunger ein h�chst willkommener Genosse, der alle Speisen w�rzt; allein in der Ein�de, wo es an allen Mitteln fehlt, ihn zu befriedigen, da macht er sich nicht wenig unangenehm.

Dies empfand unser William jetzt, und er fa�te oft an seinen armen Magen, der anfing, gewaltig zu knurren.

�Ach!� seufzte er, den Blick auf das sch�ne Gras werfend, welches in reichster F�lle rund umher stand, �wie gl�cklich, wer doch hier ein Pferd w�re!�

Es war inde� schon zu sp�t, noch auf die Entdeckung eines menschlichen Nahrungsmittels auszugehen und so legte er sich mit dem frommen Spruche: �der liebe Vater im Himmel wird schon helfen!� auf den Sand neben seinen Kranken nieder und schlief bald ein.

Seite 71.

Was bedeuten die kleinen schwarzen punkte im brand zwieback

Neuntes Kapitel.

Nicht lange konnte unser junger Freund schlafen, indem ein immer st�rker werdendes Aechzen des neben ihm ruhenden Capitains ihn weckte. Er fuhr empor, rieb sich die Augen und sah sich nach allen Seiten um. Die erst anbrechende Morgend�mmerung lie� ihn die ihn umgebenden Gegenst�nde kaum noch erkennen und ein angenehmer Traum hatte �berdies seine Gedanken verwirrt. Ihm tr�umte n�mlich, da� er wieder in der geliebten Heimath, im Arme seiner theuren Mutter sei, die ihn unter Freudenthr�nen willkommen hie�, und ihm das Versprechen abnahm, da� er sie nicht wieder verlassen wolle. Auch er hatte im Traume Thr�nen der Freude und R�hrung vergossen, und seine Augen waren beim Erwachen noch feucht davon.

Das immer lauter und schmerzlicher werdende Aechzen des armen Leidenden neben ihm entri� ihn bald seinen angenehmen Vorstellungen und machte ihn darauf aufmerksam, wo er sich befinde. Er sprang schnell auf und trat zu der �ber dem K�rper des Capitains gemachten Laubh�tte, au�erhalb deren er geschlafen hatte, weil nur Raum f�r eine Person darin war. Er machte sich die bittersten Vorw�rfe, da� er hatte schlafen k�nnen, w�hrend ein menschliches Wesen so entsetzlich neben ihm litt, und doch war es, besonders bei seinem Alter, so nat�rlich, da� er nach den gehabten gro�en Anstrengungen in Schlaf verfiel.

�Wie ist Ihnen, Herr Capitain?� fragte er mit vor Mitleid bebender Stimme, �und kann ich Ihnen mit irgend Etwas zu H�lfe kommen?� Er verga� in dem Augenblick seine g�nzliche H�lfslosigkeit und da� er dem Leidenden nichts zu bieten habe, als h�chstens einen Trunk Wasser aus der entdeckten Quelle.

Er erhielt l�ngere Zeit keine Antwort auf seine Frage; dann sagte der Capitain mit kaum vernehmbarer Stimme:

�La� mich in Ruhe sterben! – Es ist der Tod, mit dem ich k�mpfe – und er ist bitter – bitter, wenn man nicht so gelebt hat, wie man gesollt h�tte. O meine arme Frau! – mein liebes Kind! – und auch Du, armer Junge!� Er konnte nicht weiter reden; ein lautes Schluchzen unterbrach seine Worte, und auch William, dem sich das Herz in der Brust krampfhaft zusammenzog, vermochte kein Wort hervorzubringen.

�Ja! Ja!� fuhr der Capitain nach einer ziemlich langen Pause fort; �ja, nun k�mmt's! Ich wollte in meinem w�sten Leben immer nicht daran glauben, da� eine Stunde kommen w�rde, wo ich mit Abscheu auf mich selbst, mit Zittern in die Zukunft blicken w�rde, und nun ist sie doch da! und nun greift die Furcht vor dem unbestechbaren Richter da oben, vor den Strafen, die mich Jenseits erwarten, nach meinem Herzen und ich zittere wie ein armer S�nder, den man zum Hochgerichte f�hrt. – Ich verspottete fr�her das Alles – ich glaubte weder an Gott, noch an Tugend! ich sprach der letztern Hohn und fr�hnte unbedachtsam meinen wilden Trieben; ich spottete �ber die, die es anders, besser machten, und nun ist die H�lle in meinem Herzen, und nun, wo ich nichts mehr gut machen, mich nicht mehr bessern, reinigen kann, nun mu� ich verzweifeln!� Er verzerrte bei den letztern Worten so grausam die Mienen seines Gesichts, da� William, der in Thr�nen zerflie�end neben ihm kniete, entsetzt aufsprang und gern weit, weit weg geflohen w�re.

Der Sterbende wurde jetzt still und William trat ihm sch�chtern wieder n�her. Mit and�chtig gefalteten H�nden stand er neben dem Verzweifelnden und schickte hei�e Gebete f�r sein Seelenheil zum Himmel empor.

Nach einer ziemlich langen Pause rief der Capitain, indem er die Augen weit aufri� und William damit anstarrte.

�Wo bist Du? Ich sehe Dich ja nicht mehr? Hast auch Du mich verlassen, und willst mir in meiner Sterbestunde nicht beistehen?�

�Ich bin hier, Herr Capitain,� antwortete ihm William schluchzend; �ich habe Sie nicht verlassen und werde nicht von Ihnen weichen. O k�nnte ich doch mit meinem armen Leben das Ihrige retten!� f�gte er mit dem Tone der Wahrheit hinzu.

�Guter Knabe!� erwiederte ihm der Sterbende mit einer Stimme, die vor R�hrung brach; �guter Knabe, ich habe so viele Liebe und Treue nicht von Dir verdient. Ich handelte auch gegen Dich schlecht – ich war hart, war grausam gegen Dich; das kleinste Versehen brachte mich in Zorn und zog Dir Strafe zu – O!�

�Nein!� rief William, indem er mit seiner hei�en Hand nach der bereits erkaltenden des Capitains griff, �nein, Herr Capitain, Sie sind so hart nicht gegen mich gewesen, wie Sie selbst sich jetzt anklagen! Erinnern Sie sich noch, wie Sie mir eins von Ihren Hemden gaben, als Sie entdeckten, da� ich nur das einzige habe, was ich auf dem Leibe hatte? O, das war eine gro�e Wohlthat, die Sie mir erwiesen, und so lange ich lebe, werde ich derselben dankbar gedenken.�

�Das ist ein kleiner Trost,� versetzte der Sterbende; �ich war also doch nicht allzu hart auch gegen Dich? Ich hinterlasse doch ein Herz, das nicht in Ha� gegen mich schl�gt, sondern mir vielmehr dankbare Gef�hle weiht? O, wie s�� mu� es sein, sich in der Sterbestunde sagen zu k�nnen: ich that so viel Gutes, als ich vermochte; ich entpre�te keinem Auge Schmerzens-, vielen aber Freudenthr�nen; ich freute mich mit den Gl�cklichen, weinte mit den Kummervollen; ich handelte nach dem Gebot des Evangeliums und war ein guter Christ und Mensch! – K�nnte ich nur noch einmal von vorne anfangen, wie ganz anders sollte es werden, welch ein gottgef�lliges Leben wollte ich f�hren!� f�gte er nach einer langen Pause hinzu. �Aber nun ist es aus – das Ziel, von dem es keine Umkehr mehr gibt, ist erreicht – ich mu� vor meinen Richter da oben treten und die Handlungen meines Lebens verantworten! O!� – –

Seine Stimme brach und Thr�nen schossen ihm aus den Augen hervor, in denen die Sehkraft bereits erloschen war. Ein Mitleid, wie William es in seinem Leben noch nicht empfunden hatte, ergriff sein Herz; er erfa�te die bereits g�nzlich erstarrte Hand des Sterbenden und sagte schluchzend:

�Bedenken Sie, lieber Herr Capitain, da� unsere heilige Religion unsern Gott nicht blos einen gerechten, sondern auch gn�digen Gott nennt und sagt, da� der bereuende S�nder Gnade vor seinen Augen finden werde. Vertrauen Sie diesen tr�stenden Worten und sterben Sie in Frieden.�

�Dank! Dank! Dir f�r diesen tr�stlichen Zuspruch,� versetzte der Sterbende; �und nun reiche mir Deine Hand, die ich noch f�hlen werde, wenn schon mein Auge Dich nicht mehr sehen kann, weil der herannahende Tod seine Sehkraft gel�hmt hat; reiche mir Deine Hand und gib mir auch noch den Trost mit auf die gro�e Reise, da� Du mir vergeben hast, was ich an Dir frevelte; dies wird mir den sonst so schweren Tod doch in Etwas erleichtern.�

�Sterben Sie meinetwegen in Frieden,� versetzte William, indem er seine Hand innig dr�ckte, �und m�ge Gott Ihnen nicht mehr z�rnen, als ich es thue.�

�Du bist ein guter Knabe;� war die ger�hrte Antwort des Sterbenden; �bleibe wie Du bist, werde immer besser und gedenke so lange Du lebst der Sterbestunde und der Verzweiflung eines s�ndhaften Menschen. Wenn Du kannst, so sage mir ein Gebet oder ein frommes Lied her, unter dem meine Seele hin�berschlummere in das bessere Jenseits.�

William besann sich einige Augenblicke auf ein passendes Gebet oder ein tr�stendes Lied; endlich fiel ihm das herrliche Gedicht von einem gro�en deutschen Dichter, Klopstock, ein, welches so anf�ngt:

�Auferstehn, ja auferstehn

�Wirst Du

�Mein Staub nach kurzer Ruh!

�Unsterblich Leben

�Wird der Dich schuf

�Dir geben:

�Gelobt sei Gott!�

und da er es g�nzlich auswendig wu�te, sagte er es mit ger�hrter Stimme her. Die eben noch so schmerzlich verzerrten Z�ge des Sterbenden nahmen nach und nach einen mildern, freundlichern Ausdruck an; die bisher starr vor sich hinsehenden, bereits gebrochenen Augen schlossen sich und die Lippen bewegten sich leise, indem sie das herrliche Gedicht nachsprachen.

Es war ein gro�er, feierlicher Augenblick. Die Sonne ging blutroth am fernsten �stlichen Rande des Horizontes auf und bestreute die Meereswellen mit Gold und Purpur. Die feierlichste Stille herrschte rings umher und nichts wurde geh�rt, als das Rauschen der Wellen, die, nachdem sich der Sturm gelegt, wie spielend an das Ufer kamen und sich an den Steinen und Muscheln des Strandes brachen.

Endlich war William mit dem Hersagen seines Gedichts und der arme Capitain mit dem Leben fertig: er hatte ausgelitten und es blieb jetzt nichts mehr von dem vor Kurzem noch so thatkr�ftigen Manne �brig, als eine leblose H�lle. Wohl ihm, wenn der Ruf der Tugend und Fr�mmigkeit, wenn gute, edle Thaten ihn �berlebt h�tten! Wie fr�hlich und getrost h�tte er dann eingehen k�nnen in das Reich Gottes, wie zuversichtlich vor den Thron des unbestechlichen Richters treten!

William wu�te nicht, da� er todt sei und hielt den Todesschlaf f�r einen gew�hnlichen Schlummer. Zwar fiel ihm die gro�e Ver�nderung auf, die mit den Gesichtsz�gen des Sterbenden seit einigen Minuten vorgegangen war; allein er, der noch niemals einen Todten gesehen hatte, wu�te nicht, was dieses zu bedeuten habe, und da er den vermeintlich Schlafenden nicht st�ren wollte, sich auch das Bed�rfni� des Hungers wieder m�chtig bei ihm meldete, stand er leise vom Boden auf und entfernte sich von der Leiche, um, wo m�glich, irgend einen Gegenstand zu suchen, durch den er sich s�ttigen k�nnte.

Er schlug den ihm bereits bekannten Weg zur Quelle wieder ein und kam endlich zu einer Gruppe von B�umen, die ihm schon aus der Ferne bekannt vorgekommen waren; als er ihnen n�her kam, sah er, da� er sich in seiner Voraussetzung nicht geirrt habe: es waren Akazien, die er erblickte.

�Akazien?� h�re ich Euch, meine Geliebten, rufen. �So war das Schiff durch den Sturm wohl wieder nach Europa verschlagen worden? Denn in unsern G�rten stehen Akazien und erf�llen im Fr�hlinge die Luft mit dem Dufte ihrer herrlichen schneewei�en Bl�ten.�

�Allerdings,� antworte ich Euch auf Eure Frage, �haben wir die Akazie in unsern G�rten; allein sie sind nicht heimisch bei uns, sondern aus andern Welttheilen, namentlich aus Australien, dem f�nften Welttheile zu uns her�bergebracht. Wir haben auf diese Weise uns eine Menge von B�umen und sch�nen Zierpflanzen angeeignet, unter andern auch die segensreichen Fruchtb�ume, die gr��tentheils aus Asien herstammen. Die Akazie verpflanzte man nun zwar nicht ihrer labenden Fr�chte wegen auf unsern Boden, sondern weil sie ein �beraus sch�nes Ansehen, einen hohen, schlanken Wuchs, eine sch�n gebildete Krone und ein �beraus anmuthig geformtes, hellgr�nes, gefiedertes Laub, vor allen Dingen aber k�stlich duftende Bl�ten hat. Sie ist eine Zierde unserer G�rten und �ffentlichen Pl�tze, obgleich sie bei uns die Sch�nheit und Pracht nicht erreicht, die sie in ihrem heimathlichen Lande zur Schau tr�gt.�

William war nicht wenig erfreut, auf so gute Bekannte in einer so entfernten Gegend zu sto�en und sah die pr�chtigen B�ume mit wahrem Entz�cken an, obschon er glaubte, da� sie ihm keine Nahrung darbieten w�rden. Darin aber hatte er sich geirrt, denn als er die vor ihm stehenden B�ume genauer betrachtete, sah er, da� fast aus jedem Zweige ein krystallhelles Gummi hervorgeschwitzt war, das vollkommen dem arabischen glich, und da er sich erinnerte, geh�rt zu haben, da� ein solches Gummi sehr vielen Nahrungsstoff enthalte, bog er einige Zweige zu sich herab und sammelte eine Handvoll Gummi, das ohne allen Geschmack war und ihm sehr leicht auf der Zunge verging. Zwar konnte er sich an diesem Nahrungsmittel nicht vollkommen s�ttigen; allein schon nach wenigen Minuten lie�en die Schmerzen in seinem v�llig ausgehungerten Magen nach und ein Gef�hl von Wohlbehagen trat an die Stelle desselben, das noch vermehrt wurde, als er vermittelst seines mitgenommenen Beutels einen frischen Trunk aus der sch�nen Quelle gesch�pft hatte.

Jetzt, wo sein dringendstes Bed�rfni� wenigstens einigerma�en gestillt war, dachte er wieder an seinen lieben Kranken und in der Hoffnung, da� auch ihm vielleicht beim Erwachen mit einem Nahrungsmittel gedient sein d�rfte, sammelte er noch eine gute Handvoll von dem Gummi, f�llte seine Ledertasche mit Wasser an und wanderte dem Strande wieder zu.

Zehntes Kapitel.

Der Capitain lag noch, als er bei demselben anlangte, ganz in der Stellung, in der er ihn verlassen hatte. Sein Gesicht war aber wachsbleich geworden und seine leichtgekr�mmten, �ber der Brust liegenden Finger hatten dieselbe Farbe angenommen. Einen h�chst widerw�rtigen Eindruck machte es auf ihn, da� eine Menge gefl�gelter Insekten seinen armen Freund umflogen und sich mit Gier auf die verwundeten Stellen seines Kopfs und Gesichts niederlie�en, von denen sie das Blut zu saugen schienen. Er verjagte sie mit einem breiten und langen Blatte des Farrenkraut-Baumes, das er vom Dache der H�tte abgenommen hatte; allein sie lie�en sich nicht vertreiben und kamen immer und immer wieder. Der Capitain aber lie� alles mit sich geschehen, und r�hrte kein Glied, zuckte nicht einmal mit den Augenwimpern.

�Ach!� sagte jetzt William, nachdem er ihn lange mit Aufmerksamkeit betrachtet hatte, mit schmerzlich bewegter Stimme: �ich glaube, er ist todt!�

Um sich zu �berzeugen, ob er es sei, knieete er neben ihm nieder und fa�te nach seiner Hand; sie war eiskalt und steif; die Arme und Finger hatten ihre Beweglichkeit verloren; die Brust hob sich nicht mehr wie beim Athmen; die Augen waren fest geschlossen und der Mund stand etwas offen.

�Ja, er hat ausgelitten, er ist todt!� rief jetzt William, dem ein Strom von Thr�nen �ber die Wangen scho�; �er ist wirklich todt und ich bin jetzt ganz allein auf der gro�en, weiten Erde!�

Der Gedanke hatte etwas so Entsetzliches f�r ihn, da� seine Thr�nen hei�er str�mten und er in laute Klagen ausbrach. Niemand trocknete diese Thr�nen von seinen Wangen; keine menschliche Stimme redete Worte des Trostes zu ihm: er war allein, verlassen von aller Welt; Keiner theilte seinen Schmerz, Keiner w�rde sich seiner Freude freuen.

Zum ersten Male im Leben begriff er, welche Wohlthat Gott uns Menschen schon allein dadurch erzeigt hat, da� er uns in der Gesellschaft Anderer aufwachsen l��t; da� er uns Eltern, Geschwister, Genossen gab. Er hatte daran nie zuvor gedacht und, wenn gleich Gott f�r sehr viel Gutes, doch daf�r niemals aus der F�lle der Seele gedankt.

Der Anblick der Leiche erf�llte ihn endlich mit einem Gef�hle von Grauen, �ber das er nicht Herr zu werden vermochte. Aber wohin mit ihm? wie ihn, da er kein anderes Ger�th, als sein Taschenmesser besa�, ein Grab bereiten? Sie unbestattet am Strande liegen, sie die Beute habs�chtiger Insekten werden zu lassen, dagegen str�ubte sich sein Gef�hl. Er konnte freilich von dannen, tiefer in das Land hineingehen und f�r die Folgezeit diesen traurigen Ort vermeiden; allein das w�rde ihn nicht beruhigt haben; er mu�te, um sich zufrieden geben zu k�nnen, die Leiche dem heiligen Schoo�e der Erde anvertrauen, damit sie, wie es in der Schrift hei�t, wieder zur Erde w�rde.

Bald hatte sein erfinderischer Geist ein H�lfsmittel ersonnen. Es bedurfte jetzt, da sein armer Genosse todt war, keiner H�tte zu seinem Schutze mehr; er ri� also einen der st�rkern St�be, die das Laubdach st�tzten, aus dem Boden und bediente sich seiner statt einer Schaufel. Die Arbeit war, besonders bei dem hei�en Sonnenbrande – denn es war in Australien Sommer, w�hrend in Europa noch Schnee und Eis zu sehen war – sehr m�hsam und ging nur langsam von statten, da der Stecken eine Schaufel oder ein Grabscheit nur sehr unvollkommen ersetzte, allein seine Ausdauer �berwand alle Schwierigkeiten und der �beraus lockere, so nahe am Meere sandige Boden unterst�tzte ihn bei der Arbeit, so da� gegen Abend ein Loch bereitet war, in das er den K�rper des Verstorbenen zu senken vermochte. Er bedeckte diesen dann nothd�rftig mit der ausgeworfenen Erde und zum Ueberflusse auch noch mit den St�ben und Bl�ttern, die seither zur H�tte gedient hatten.

Als das Grab fertig und diese heilige Pflicht von ihm erf�llt war, machte er, zur Bezeichnung der St�tte, wo die irdischen Uebereste des Capitains ruhten, aus zwei kreuzweis zusammengebundenen St�ben ein Kreuz und pflanzte es neben dem Grabe in den Boden.

Seine Kr�fte waren v�llig ersch�pft, als er mit dieser m�hsamen Arbeit endlich fertig war. Zwar hatte er sich dadurch zu st�rken und den Hunger vom Leibe zu halten gesucht, da� er von Zeit zu Zeit ein St�ck von dem mitgenommenen Gummi in den Mund nahm und dazu einen Schluck Wasser trank; allein dieses leichte Nahrungsmittel reichte f�r die L�nge nicht aus, besonders bei so schwerer Arbeit nicht, und sein Magen zeigte ein dringendes Verlangen nach einer nahrhafteren, festeren Spei�e. Woher sie aber nehmen? wo sie aufsuchen? Das wu�te er sich nicht zu sagen und w�nschte sich jetzt den ledernen Riemen der Kaffern, von dem er am Vorgebirge der guten Hoffnung erz�hlen geh�rt hatte, um sich den bellenden Magen damit zusammen zu schn�ren. Er verzweifelte zwar nicht daran, da� er noch so gl�cklich sein w�rde, eine consistentere Nahrung, und wenn es auch nur eine e�bare Wurzel w�re, zu finden; allein seine g�nzlich ersch�pften Kr�fte und die wenige Zeit, die ihm noch bis zum v�lligen Anbruche der Nacht �brig blieb, reichten nicht dazu aus, sie zu suchen: hatte er doch kaum noch so viele Kraft, den Ort, wo die Leiche ruhte, zu verlassen und den Platz unter den Akazien zu erreichen, wo er die Nacht zuzubringen beschlossen hatte.

Der Boden war hier hart, da, wie schon gesagt, das ziemlich hohe Gras nicht wie bei uns dicht neben einander, sondern in einzelnen B�scheln stand; auch bedeckten weiche Moose den Boden nicht, wie in Europa an schattigen Orten; denn bis jetzt hat man, so viel mir bekannt, noch keine Moose in Australien entdeckt; aber trotz dem verfiel unser Freund bald in einen tiefen Schlaf; denn dem M�den ist leicht gebettet und h�tte der Hunger und die auf sein Gesicht fallenden Sonnenstrahlen ihn nicht fr�h geweckt, so w�rde er wohl bis zum hellen Mittage auf seinem harten Lager geschlafen haben.

Sein erstes Gesch�ft nach dem Erwachen war, Gott f�r den ihm in der Nacht gew�hrten Schutz und guten Schlaf zu danken. So hatte seine Mutter es ihn gelehrt, und obgleich er jetzt durch mehrere tausend Meilen von ihr getrennt war, so behielt er diesen frommen Gebrauch doch bei. Nachdem er gebetet hatte, ging er zur Quelle, erfrischte sich durch einen Trunk daraus und wusch sich dann Gesicht und H�nde in der krystallhellen Fluth. Ihm war so wohl und leicht dadurch geworden, da� er aller schweren Sorgen sich entschlug und seinem Vater im Himmel g�nzlich vertraute.

Der Morgen war so sch�n, wie man sich ihn nur denken kann. Die Sonne stand an einem hohen, tiefblauen, v�llig wolkenlosen Himmel; die Erde war mit k�stlichem Gr�n und einer Menge noch nie zuvor gesehener Blumen bedeckt; die durch die Nachtluft erfrischten B�ume hauchten einen winzigen Duft aus und bunte V�gel sch�ttelten ihr Gefieder in den Zweigen derselben, indem sie zugleich ihr Morgenlied zum Lobe des Sch�pfers aller Dinge erschallen lie�en.

William hatte, da ihn nichts an den Platz unter den Akazien fesselte, seine Wanderung wieder angetreten und ging, in der Hoffnung, irgend etwas E�bares zu finden, tiefer ins Land hinein; konnte es ihm doch gleichviel sein, wohin er wanderte.

Auf dieser Wanderung fiel es ihm nicht wenig auf, da� er die St�mme mehrerer ihm unbekannten B�ume v�llig von ihrer Rinde entbl��t erblickte. Diese lag, wie von der Hand eines Baumsch�nders abgesch�lt, unter den B�umen. Noch auffallender aber war es ihm, da� trotz dem die Krone der B�ume so frisch und gr�n war, als w�re dem Stamme nichts geschehen. Er wu�te, da� bei uns B�ume absterben, deren Stamm man frevelhafter Weise abgesch�lt hat, und staunte so nicht wenig, hier das Gegentheil zu finden. Unser Freund wu�te damals noch nicht – in der Folge erfuhr er es durch angestellte Beobachtungen – da� in Australien die meisten B�ume gegen den dortigen Fr�hling, der um die Zeit unseres Herbstes f�llt, die Rinde von selbst abstreifen, sich also gleichsam wie unsere Krebse und Schlangen h�uten, und da� unter der alten, abgestorbenen Rinde schon eine neue, zarte, dem Auge kaum bemerkbare sitzt.

Indem seine Blicke nun �berall sorgf�ltig umher sp�hten, um wo m�glich ein Nahrungsmittel zu entdecken, fiel ihm ein anderer Baum auf, dessen Wuchs dem unserer Kirsche glich und der bei ganz �hnlichen Bl�ttern auch eine �hnliche, hochrothe Frucht trug, nur mit dem Unterschiede, da� der Kern, oder wie wir die holzige H�lle des Kerns nennen, der Stein, statt im Innern der Frucht, an der Seite nach au�en sa�. Dies fiel ihm so auf, da� er lange in Betrachtung dieser wunderbaren Erscheinung stehen blieb. Endlich wagte er es, auf die Gefahr hin, vielleicht eine giftige Frucht zu genie�en, denn das war leicht m�glich, da er sie nicht kannte, eine Handvoll davon zu pfl�cken und sie zu verzehren. Sie hatte allerdings im Geschmacke einige Aehnlichkeit mit unserer Kirsche, allein sie war herber und nicht eben angenehm: trotz dem erfrischte sie ihn und da er, nachdem er einige Zeit unter dem Baume ausgeruht hatte, keine �ble Wirkung davon versp�rte, wagte er es, sich v�llig satt an diesen Kirschen zu essen. Der Baum war allerdings die australische Kirsche.

Als er, etwas gest�rkt durch die festere Nahrung, seine Wanderung weiter fortsetzte, nahm er wahr, da� die St�mme vieler B�ume, namentlich �ltere, v�llig hohl waren. Man findet zwar auch in andern Welttheilen hohle B�ume, aber deren lange nicht so viele, als er hier fand. Diese Erscheinung r�hrte, wie er sp�terhin wahrnahm, von zwei Arten in Australien h�ufig vorkommenden Ameisen, den wei�en und den schwarzen, her. Die wei�en werfen sich zuerst auf einen solchen Baum, den sie sich zum Sitze ausersehen haben, und bohren ihn von unten bis oben voll L�cher, so da� er fast zum Siebe wird. Haben Sie ihre Brut gemacht, so folgen ihnen die schwarzen nach, die die von ihnen gemachten L�cher wieder so genau mit Erde ausf�llen, da� kein einziges leer bleibt. Aber die so durchbohrten Theile des Stammes sterben mit der Zeit ab und dies macht, da� man in Australien so viele hohle B�ume findet. Noch auffallender d�rfte es f�r Euch, meine Theuren, sein, da� Reisende uns die Mittheilung machten, da� eine Menge B�ume in Australien ein unverbrennliches Holz liefern. Dies soll daher r�hren, da� das Holz sehr viele Alauntheile enth�lt, die dem Verbrennungsprozesse bekanntlich hinderlich sind. Man benutzt diese unverbrennlichen B�ume daher gern zum Zimmerholze, indem sie dem Brande eben so gut widerstehen, als H�user es thun w�rden, die ganz von Stein aufgef�hrt w�ren.

Auch Mannab�ume – der Botaniker nennt sie in der Kunstsprache Eucalyptus mannifera, welchen Namen Ihr Euch merken m�gt – fand unser William auf seiner Wanderung; er kannte aber weder ihren Namen, noch wu�te er, da� man dieses, in Flocken an den B�umen h�ngende Harz in unsern Apotheken als Arzneimittel gebraucht. Ein Gl�ck war es f�r ihn, da� er die�mal nichts davon geno�, denn es ist ein t�chtiges Abf�hrungsmittel, wie er sp�terhin gewahr werden sollte, als er sich in einer Anwandlung von Naschhaftigkeit zum Genusse dieses s��lichen Saftes verleiten lie�.

Zu seinem nicht geringen Erstaunen fand unser William hier, wo Alles so ganz anders, als in Europa war, eine gute alte Bekannte, die Nessel n�mlich. Als er sie erblickte, glaubte er, doch vielleicht eine andere, nur der �u�ern Form nach �hnliche Pflanze vor sich zu haben, auch war sie hier viel gr��er und �ppiger; als er sich aber b�ckte, um sie leise anzur�hren, entdeckte er, da� sie ganz dieselbe Eigenschaft besitze, wie die europ�ische: er verbrannte sich n�mlich recht derb die Hand, an der gleich eine Menge von Pusteln aufliefen, die heftig juckten. H�tte er die Nessel nur recht derbe angegriffen, so w�rde das nicht geschehen sein, denn dann w�rden die feinen H�rchen, womit Blatt und Stengel dieser Pflanze �bers�t sind und die durch ihr Eindringen in die Haut eben die Pusteln und das l�stige Jucken hervorbringen, von seinen Fingern niedergedr�ckt worden und h�tten ihm nicht schaden k�nnen. Den Versuch k�nnt Ihr jederzeit in unsern G�rten und Feldern machen.

Da das Jucken von der unvorsichtig ber�hrten Nessel fast unertr�glich war und William sich erinnerte, da� man es durch Eintauchen in kaltes Wasser lindern k�nne, sah er sich nach seiner lieben Quelle um: wo aber war die jetzt? Vergebens durchsuchte er die Stellen, wo das Gras etwas dichter, als an den �brigen stand; vergebens durchstreifte er, trotz seiner M�digkeit, noch eine gro�e Strecke: die Quelle war wie verschwunden und er entdeckte auch keine andere, wenigstens f�r den Augenblick nicht.

Das war denn sehr traurig f�r unsern armen jungen Freund. Wenn er das l�stige Jucken auch geduldig ertragen h�tte, so stellte sich doch ein so brennender Durst bei ihm ein, da� er ihn mit den Kirschen, deren er noch einige fand, nicht zu l�schen vermochte, um so weniger, da hier diese Frucht weder so angenehm schmeckend, noch saftig war, wie in Europa.

Zu dieser gro�en Plage gesellte sich bald eine zweite: eine so gro�e Erm�dung, da� seine Beine ihn nicht weiter zu tragen vermochten. Dabei brannten seine F��e wie Feuer, da sie stets auf einem fast gl�hend hei�en Boden fortgewandelt waren. Zwar war dieser, wie schon gesagt, mit Gras bedeckt; allein es stand in einzelnen B�scheln ziemlich weit auseinander und lie� gro�e freie Zwischenr�ume, auf die William treten mu�te, wenn er nicht alle Augenblicke �ber die sehr hohen Grasbulte stolpern wollte. Die Ursache, we�halb das Gras in Australien, trotz der so au�erordentlichen Fruchtbarkeit des Bodens, nur in einzelnen B�scheln steht, ist die, da� es hier nur sehr wenige Arten von Futterkr�utern gibt, w�hrend ein Naturforscher, Sainclair, auf einen Quadratfu� Wiesenland in England zwei und zwanzig Arten davon entdeckte. Diese gro�e Verschiedenheit der Gr�ser bewirkt, da� der Rasen in unserm Welttheile so dicht und sch�n ist; denn jedes dieser Kr�uter zieht andere Nahrungsstoffe aus der Erde an sich, folglich k�nnen sie sehr gut neben einander bestehen, ohne sich in Hinsicht der Nahrung zu beeintr�chtigen. Ich will Euch, meine Geliebten, dies durch ein Beispiel zu erl�utern suchen. Gesetzt, man sperrte zwei oder drei verschiedenartige V�gel in einem K�fige ein und g�be ihnen verschiedenartiges Futter in hinl�nglicher Menge, so w�rden sie recht gut neben einander bestehen und sich lange ern�hren k�nnen, wenn der eine Vogel diese, der andere jene K�rner zu seiner Nahrung erw�hlte; w�rden aber alle nur die eine Sorte von K�rnern fressen wollen, so w�rde der Vorrath bald aufgezehrt sein und Mangel f�r alle entstehen. Aus eben dem Grunde gedeiht der nur mit sehr wenigen Grasarten bedeckte australische Rasen nicht so gut wie der unsrige.

Nachdem William noch �ber eine Stunde gelaufen war, um seine geliebte Quelle oder auch eine andere wieder zu finden, wollten seine Kr�fte zum fernem Umherlaufen nicht mehr ausreichen und er sank in t�dtlicher Ermattung unter einem gro�en Baume nieder, der ihm wenigstens einigen Schatten gew�hrte. Die Plage, welche der brennende Durst ihm verursachte, war so gro�, da� er sich zuerst von seinem bisherigen Muthe verlassen f�hlte und sich hinsetzte und bitterlich zu weinen anfing. Was sollte auch in der That aus ihm werden, wenn er kein Wasser mehr f�nde, um seinen brennenden Durst zu l�schen.

Da aber nichts so leicht m�de macht, als das Weinen, und er �berdies durch das lange Umherstreifen in der brennenden Sonnenhitze v�llig ermattet war, fiel er bald in einen tiefen Schlaf und verga�, wenigstens auf einige Zeit, seine Leiden.

O, welche Wohlthaten der Natur oder vielmehr der Gottheit sind Wasser und Schlaf, und wie Wenige danken doch ihrem himmlischen Vater f�r beide gro�en Gaben! Nur der Verschmachtende, der pl�tzlich eine frisch sprudelnde Quelle, der Kranke, welcher nach langem, den letzten Rest seiner Kr�fte verzehrendem Wachen endlich einen erquickenden Schlaf findet, nur sie werden vielleicht die Pflicht des Dankes gegen den Sch�pfer aller Dinge erf�llen.

Elftes Kapitel.

William w�rde, trotz des ihn qu�lenden Durstes, vielleicht noch l�nger geschlafen haben, wenn die Ber�hrung eines eiskalten Gegenstandes, der �ber seine am Boden ruhende Hand hinkroch, ihn nicht geweckt h�tte. Diese Ber�hrung weckte ihn auf und er zog die Hand, welche sie erlitten hatte, eilig an sich. In demselben Augenblick scho� eine wohl 12 bis 14 Fu� lange Schlange mit der gr��esten Schnelligkeit und wie erschreckt durch seine rasche Bewegung durch die hohen Grasb�schel fort. Sein Schrecken bei diesem Anblicke war, wie Ihr Euch vorstellen k�nnt, nicht gering, denn er wu�te, da� es viele giftige Schlangen gibt und f�rchtete sich so mit Recht vor der N�he dieser Thiere. Seine Furcht war die�mal vergeblich gewesen, wie er sp�terhin erfahren sollte. Die Schlange, welche �ber seine Hand gekrochen war, war die Diamant-Schlange, die einzige nicht giftige dieser Gegend, we�halb sie auch von den Eingeborenen als ein Leckerbissen verzehrt wird. Ihr m�chtet wohl nicht darauf zu Gaste gehen? – Ich auch nicht.

Die Furcht, eine Beute dieses h��lichen Reptils zu werden, trieb William nicht nur vom Boden empor, sondern sogar zur eiligen Flucht: konnten doch noch mehrere dieser Thiere an dem Orte sein. Da der Schlaf ihn gest�rkt hatte, eilte er rasch von dannen; nach welcher Richtung? das wu�te er selbst nicht; auch konnte es ihm ja so ziemlich gleichg�ltig sein, da er nun aufs Geradewohl fortlaufen mu�te, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Ihm war nur darum zu thun, so weit als m�glich aus dem Bereiche der h��lichen Schlangen zu kommen, vor denen er, ihrer giftigen Eigenschaften wegen, eine gro�e Furcht hatte. Diese war in der That so gro�, da� er fast seines Durstes dar�ber verga� und erst wieder daran erinnert wurde, als pl�tzlich ein Rauschen, wie von herabfallendem Wasser, an sein Ohr drang.

Er stand still, um zu lauschen; dann rief er pl�tzlich mit dem Tone des h�chsten Entz�ckens aus:

�Ja! das ist Wasser!�

Vor ihm lag ein m��iger H�gel und obgleich, in der Ebene geboren, des Bergsteigens nicht gewohnt, klomm er ihn so schnell hinan, als w�re er ein Kind der Alpen. Auf der Spitze des H�gels angelangt, zeigte sich seinen Blicken ein entz�ckendes Schauspiel. Zwischen einer Reihe m��iger H�gel lag ein sch�nes, mit dem lieblichsten Gr�n bekleidetes, den herrlichsten, nie zuvor gesehenen Blumen bes�'tes Thal, durch das sich ein silberheller Bach murmelnd hinwand. Dieser st�rzte sich von der Spitze des H�gels, auf dem er stand, in das sch�ne Thal hinab und bildete, indem er von Zeit zu Zeit �ber hervorspringende Felsst�cke hinrauschte, die anmuthigsten Wasserf�lle, von denen ein schneewei�er Schaum emporspritzte; unten am Fu�e des H�gels aber angelangt, wurde das Wasser hell wie Bergkrystall, so da� sich der tiefblaue Himmel darin abspiegelte.

Ein Freudenruf, nur von Gott und der schweigenden Natur geh�rt, entfuhr bei diesem entz�ckenden Anblick den Lippen unsers jungen Freundes. Er glaubte das Paradies vor sich zu haben, denn etwas so Reizendes, wie dieses Thal, hatte er in seinem Leben noch nicht gesehen. Wie ein Vogel flog er den H�gel hinunter, zu dem sch�nen Bache hin, legte sich an denselben nieder und sch�pfte seine erquickliche Fluth mit der Hand; er lie� sich in seiner Freude und seinem gro�en Durste nicht erst die Zeit, sein ledernes Trinkgef�� hervorzuziehen, um Wasser darin zu sch�pfen, sondern bediente sich lieber des jedem Menschen angebornen Sch�pfgef��es, der hohlen Hand, um zu trinken. Als er seinen Durst gel�scht und somit das erste dringendste Bed�rfni� befriedigt hatte, dachte er schon an Luxus, denn so machen es die Menschen in allen Verh�ltnissen des Lebens. Schnell warf er seine Kleider ab und stand mit einem Sprung mitten im Bache. Welche Erquickung, als die k�hle Fluth seine hei�en Glieder ber�hrte; aber zugleich auch welche Unvorsichtigkeit, so erhitzt ins Wasser zu springen. Die Folgen davon sollte er nur zu bald empfinden.

Zuerst hatte er nichts als Wohlbehagen und Erquickung davon; allein der hinkende Bote kam nach. Als er sich geh�rig erfrischt und l�ngere Zeit im Wasser gepl�tschert hatte, verlie� er den Bach endlich wieder und f�hlte sich so leicht und frisch, als w�re er neugeboren. Eines Handtuchs, um sich abzutrocknen, bedurfte er unter diesem Himmelsstriche nicht: die liebe Sonne verrichtete dieses Gesch�ft in wenigen Minuten, so da� er seine Kleider gleich wieder anziehen konnte. Vielleicht w�re selbst jetzt noch Alles gut gegangen, wenn er sich auf die heftige und pl�tzliche Abk�hlung im Wasser gleich wieder in starke Bewegung, wo m�glich in Schwei� gesetzt h�tte. Daran dachte aber unser Unbesonnener nicht, sondern er legte sich, etwas erm�det durch das genommene Bad, neben dem Stamme eines sehr gro�en und sch�nen Gummi-Baumes nieder, dessen breite und bl�tterreiche Krone ihm einen vollkommenen Schutz gegen die Strahlen der Sonne gew�hrten.

Er schlief nicht, denn er war nur etwas erm�det und f�hlte das Bed�rfni� des Schlafes nicht, sondern er ruhte nur und schaute mit aufmerksamem Auge um sich, schon aus Furcht vor den Schlangen, mit denen er keine Gemeinschaft pflegen mochte. Zu seiner nicht geringen Verwunderung sah er zwischen dem Grase Fr�sche umherh�pfen, die eine sch�ne, dunkelgr�ne Farbe, hellgelbe Streifen �ber den R�cken und viele schwarzen Punkte hatten. Da Niemand sie in dieser Wildni� st�rte und verfolgte, thaten sie nicht im geringsten sch�chtern, sondern krochen zutraulich heran oder h�pften dicht neben ihm im Grase.

Noch eine andere alte Bekannte, die Eidechse, traf er hier an; sie schl�pfte aus einem kleinen Loche in der Erde hervor und sah ihn mit ihren klugen, gl�nzenden Augen so verst�ndig an, als wolle sie eine Conversation mit ihm ankn�pfen. Wie zudringlich und wenig scheu diese Thiere, sowie auch die Fr�sche waren, sollte er in der Folge in Erfahrung bringen, da sie sich in Menge in seiner Wohnung einfanden und so bekannt mit ihm thaten, als w�ren sie eingeladene liebe G�ste. Sie schliefen oft bei ihm auf seinem Graslager, thaten ihm aber nie etwas, so da� er ganz vertraut mit ihnen wurde und sie nicht selten mit gefangenen Fliegen und andern gefl�gelten Insekten f�tterte, die, wie er aus der Naturgeschichte wu�te, ihre Lieblingsspeise waren. Er sah sie auch auf die B�ume klettern; allein zu ihrem Verderben; denn hier lauerten einige Raubv�gel ihnen auf und verzehrten sie, ohne viele Complimente zu machen.

Nachdem William allerlei Beobachtungen und Betrachtungen angestellt hatte, erhob er sich wieder, um weiter zu wandern; denn kaum war das eine Bed�rfni� befriedigt, so meldete sich schon ein anderes, der Hunger.

Indem er so durch das reizende Thal hinstreifte, kam er zu einer Stelle, wo das hohe Gras sichtbar niedergebrannt war, und als er etwas weiter ging, zeigte sich ein Haufen Asche, um den einige Knochen umherlagen, seinen nicht wenig �berraschten Blicken; sogar einige halbverbrannte Holzst�cke lagen umher. Hier hatten also Menschen gehaus't; – welche Entdeckung!

Vor Erstaunen wurzelte sein Fu� am Boden. Er b�ckte sich, um die Asche zu bef�hlen und �berzeugte sich auch durch das Gef�hl, da� sein Auge ihn nicht get�uscht habe. Hier waren demnach – wie h�tte er noch l�nger daran zweifeln k�nnen? – Menschen gewesen und hatten sich aller Wahrscheinlichkeit nach Speise bereitet; denn wozu sonst Feuer anz�nden? Es waren vielleicht gar welche ganz in der N�he, etwa hinter den H�geln, die das Thal einschlossen? Welcher Art aber waren sie? und hatte er das Begegnen nicht viel mehr zu f�rchten, als zu w�nschen? Hatte er doch von Menschenfressern unter den Wilden geh�rt? Er wu�te nicht, ob er sich �ber eine solche N�he freuen oder betr�ben sollte.

Eine andere Entdeckung, die er machte, erf�llte ihn inde� mit der reinsten Freude. Er sah an einer Stelle eine Pflanze aus dem Boden hervorgewachsen, deren Kraut einige Aehnlichkeit mit dem unserer Kartoffel hatte, nur da� der Stamm h�her und dicker und die Bl�tter etwas anders geformt waren. Um sich zu �berzeugen, ob er sich nicht in seiner Voraussetzung geirrt habe, grub er mit seinem Taschenmesser ein Loch in die Erde und w�hlte bald eine l�ngliche, ziemlich gro�e Knolle daraus hervor. Der Zufall hatte ihn die wilde Patate, die unsern Kartoffeln sehr �hnlich ist, entdecken lassen. Wie gl�cklich w�rde ihn dieser Fund gemacht haben, wenn er zugleich Feuer gehabt h�tte, um sie zu braten; das aber fehlte ihm, und wie sich welches verschaffen?

Die Noth indessen ist die Mutter der Erfindungen. William hatte noch nicht lange nachgesonnen, so glaubte er es schon zu haben. Er dachte an sein ziemlich gro�es, starkes, vom besten Stahl gemachtes Taschenmesser, dessen R�cken gar f�glich die Stelle eines Feuerstahls vertreten konnte. Es kam also nur noch darauf an, einen Feuerstein und etwas Zunder zu finden, denn um Holz durfte er nicht verlegen sein und nur zu der Brandst�tte zur�ckkehren, um es zu finden; auch f�r Zunder trug er keine Sorge: ein Eckchen von seinem d�nnen baumwollenen Taschentuche konnte gar f�glich die Stelle desselben vertreten.

Der Stein aber machte ihm Sorge und so emsig er auch suchte, so konnte er doch keinen entdecken, der dem Kieselsteine nur entfernt �hnlich gewesen w�re. Endlich, als er bereits die Hoffnung aufgeben wollte, das Gew�nschte zu finden, fiel ihm ein, da� er beim Baden in dem Bache auf Steinchen getreten war und sich an einem derselben den Fu� leicht geritzt hatte: das konnte m�glicherweise ein Kieselstein gewesen sein, und er glaubte dies um so eher, als er von Europa her wu�te, da� die B�che gern ein Bett von Kieseln habe.

Er eilte also mit schnellen Schritten zu seinem geliebten Bache zur�ck, zog Schuhe und Str�mpfe aus und watete mit blo�en F��en mitten in denselben hinein. Es dauerte auch nicht lange, so f�hlte er seine Fu�sohlen wieder von einem etwas scharfen Gegenstande ber�hrt; er b�ckte sich, langte auf den Grund des Baches nieder und brachte mit der Hand eine Menge Steine herauf, worunter sich ein pr�chtiger Kieselstein befand, der fast die Form eines Flintensteines hatte und also zu dem beabsichtigten Zwecke vollkommen dienen konnte.

Wer war froher als er! Er trocknete den Stein, ging damit zu der Brandstelle, sammelte die angebrannten Holzst�ckchen zusammen, raufte einige H�nde voll g�nzlich vertrockneten Grases aus, sammelte ein H�ufchen von der abgefallenen Baumrinde, die so trocken wie Stroh war, und ri�, als er dieses Alles vorbereitet hatte, ein St�ck von seinem Taschentuche ab, das die Stelle des Zunders vertreten sollte.

Er hatte die Sache sich aber leichter gedacht, als sie in der That war: sein Zunder taugte nichts und wenn auch wirklich ein F�nkchen auf das baumwollene Zeug fiel und z�ndete, so verlosch es doch sogleich wieder. Eine halbe Stunde und l�nger m�hte er sich mit dem Feuerschlagen ab und wollte schon den Gedanken aufgeben, sich Feuer zu verschaffen, als ihm einfiel, das St�ckchen Zeug zwischen zwei Steinen gleichsam zu einer Art von Pulver zu zerreiben, was nach seiner Meinung besser z�nden w�rde, als das L�ppchen von dem Tuche. Auch diese Arbeit war nicht ohne M�he und kostete viele Zeit; endlich siegte er aber doch durch Beharrlichkeit �ber alle Hindernisse und siehe da! der Sieg war sein. Kaum waren ein Paar F�nkchen in den Zunder gefallen, so glimmte das Ganze; er legte schnell erst von dem trockenen Grase darauf und blies es zur Flamme an, dann legte er von der Rinde dazu und endlich die gefundenen angebrannten Holzst�ckchen, die bald in einer lustigen Flamme emporloderten.

Als er damit zu Stande war, holte er eine gute Hand voll von seinen herrlichen Pataten, wusch sie an der Quelle rein und legte sie an das Feuer, wo sie schnell brieten; ein gr�ner, sehr biegsamer Baumzweig, den er wie eine Zange zusammenbog, mu�te die Stelle der Feuerzange beim Umwenden der Pataten vertreten; mit der Hand konnte er diese nicht anfassen, da sie bereits gl�hend hei� vom Feuer waren.

Sein Appetit war durch den Anblick der kartoffelartigen Frucht so gestachelt worden, da� er ihn kaum mehr zu z�geln vermochte und wahrscheinlich – er selbst hat nichts davon gesagt – einige davon halbroh verzehrte, welche Gier ihm unter diesen Umst�nden schon nachzusehen sein durfte, so schlecht eine solche sonst auch f�r uns Menschen l��t, indem sie uns den Thieren �hnlich macht.

Nie hat wohl dem �rgsten Prasser, dem gr��esten Leckermaul eine Mahlzeit, mochte sie auch noch so ausgesucht, noch so trefflich bereitet sein, so geschmeckt, wie dieses Gericht Pataten unserm ausgehungerten William mundete. Er hatte weder Butter noch Fett, ja nicht einmal Salz dazu; aber an solche Leckereien dachte der gute Junge gar nicht; �berdies hatten die Pataten einen etwas s��lichen, mehr dem Obste �hnlichen Geschmack, als unsere gew�hnlichen Kartoffeln.

Wie schmeckte, nach eingenommenem Mahle, auch ein frischer Trunk aus dem Bache, und wie lustig sangen buntgefiederte V�gel in den Zweigen des Gummi-Baumes, unter dem er sich zur Ruhe niederlegte; wie dufteten Blumen und Kr�uter, die ihm zum Lager dienten; O, er w�re vollkommen gl�cklich gewesen, und h�tte kaum noch einen Wunsch �brig gehabt, wenn er seine geliebte Mutter bei sich haben und ihr den Reichthum und die Herrlichkeit dieser Wildni� h�tte zeigen k�nnen.

Sein erster Gedanke, nachdem er sich unter dem Gummi-Baume zur Ruhe niedergelegt hatte, war ein Gebet an Gott, ein hei�es, inniges Dankgebet; sein letzter, bevor er einschlief, der an seine Mutter und die theure Heimath.

Eine empfindliche K�lte erweckte ihn gegen Morgen. Es hatte, wie es in diesen Gegenden der Fall zu sein pflegt, stark gethaut und Gesicht, Haare und Kleidung waren ganz na� davon. Schauder, wie von Fieberfrost, durchstr�mten sein Gebein; er zitterte vor K�lte und innerem Unbehagen, obgleich es eben nicht kalt, sondern die Luft nur etwas frischer, als gew�hnlich war. Er wollte, trotz dem da� der Tag nur erst zu grauen begann, aufstehen und sich durch Bewegung etwas zu erw�rmen suchen; allein es verursachte ihm gro�e Beschwerde, sich vom Boden zu erheben. Seine Glieder wurden steif und so wie er Hand, Fu� oder Nacken bewegte, hatte er den empfindlichsten Schmerz auszustehen.

Trotz dem erhob er sich; allein er w�re bald wieder umgefallen, so schwindelte ihm der Kopf, der obendrein sehr wehe that; auch wurde ihm das Schlucken schwer. Dies waren die traurigen Folgen des kalten Badens nach einer gro�en Erhitzung. Wenn es nun schon ein gro�es Ungemach ist, krank zu sein, wenn uns alle erdenkliche H�lfe geleistet, jegliche m�gliche Erleichterung verschafft wird, ein wie viel gr��eres mu�te es nicht f�r unsern William sein, dem Keiner zu H�lfe kommen, den Keiner hegen und pflegen konnte. Trotz dem raffte er sich auf und taumelte eine Strecke fort. Alle Gegenst�nde drehten sich im Kreise um ihn her; das Sehen fiel ihm schwer; sein Athem war kurz und beengt und H�nde und F��e versagten ihm den Dienst; er f�hlte sich so krank, wie er noch nie im Leben sich gef�hlt hatte, selbst damals nicht, als die Masern bei ihm zum Ausbruche kamen, und er glaubte, da� sein letztes St�ndchen gekommen sei, als er in t�dtlicher Ermattung und unter den heftigsten Gliederschmerzen in der N�he des Baches zur Erde sank.

Erst jetzt dachte er �ber die vermuthliche Ursache einer so pl�tzlichen Erkrankung nach, und hatte sie bald ausgefunden. Wie oft hatte seine sorgsame Mutter ihn nicht vor pl�tzlicher Erk�ltung nach gro�er Erhitzung gewarnt, und ihm die so leicht sch�dlichen Folgen einer solchen Erk�ltung vorgestellt; wie oft hatte sie ihm nicht das Glas vom Munde genommen, wenn er nach einem raschen Gange trinken wollte! Und jetzt hatte er an alle diese wohlgemeinten Warnungen nicht gedacht, sondern war, fast triefend von Schwei�, in das kalte Wasser des Baches gegangen. Mit wie vielen Leiden und Schmerzen mu�te der Arme diese Unvorsichtigkeit und ein Gef�hl augenblicklichen Wohlbehagens nicht bezahlen!

Bald wechselte der Frost, der seine Glieder gesch�ttelt hatte, mit einer brennenden Hitze ab. Sein Gesicht, seine H�nde, seine Fu�sohlen gl�hten: dabei schmerzte ihn jedes Glied seines K�rpers; seine Zunge klebte vor Durst am Gaumen fest; seine Augen waren roth und brannten wie Feuer. Er hatte das gr��este Verlangen, aus dem nahen Bache seinen gl�henden Durst zu l�schen; allein er vermochte nicht aufzustehen, nicht die wenigen Schritte bis zu demselben zu machen.

Seine Lage war in der That die schrecklichste und pre�te ihm Wehklagen und Jammern aus. Bedenkt, Kinder, was es sagen will, von aller Welt verlassen, ohne Erquickung, ohne eine Handreichung, ja, ohne liebevollen Zuspruch, so in einer W�ste krank da zu liegen, und schenkt unserm armen Freunde Euer aufrichtiges Bedauern, verargt es ihm auch nicht, da� er wimmerte und weinte. Thut ihr das doch wohl auch einmal in schweren Krankheiten, trotz dem da� Alles liebevoll um Euch bem�ht ist und die Kunst Alles aufbietet, Euch Linderung zu verschaffen; ja, klagt und wimmert Ihr vielleicht nicht blos – denn das w�rde Euch im Ueberma�e der Schmerzen schon nachzusehen sein – sondern werdet sogar ungeduldig und gegen Eure Umgebung undankbar und ungerecht! Das Letztere aber ist eine S�nde; jeder Kranke sollte dankbarer sein, als der Gesunde, weil ersterer noch weit mehr Liebe und Sorgfalt bedarf und findet als letzterer.

Unser William konnte aber weder dankbar noch undankbar sein: es nahm sich Keiner seiner an; keine Hand schob ihm ein weiches Kopfkissen unter sein armes, heftig schmerzendes Haupt; keine trocknete ihm die hellen Schwei�perlen von der gl�henden Stirn; keine reichte ihm den k�hlen Trunk, nach dem er schmachtete; er war allein, verlassen von aller Welt und selbst unf�hig, irgend Etwas f�r sich zu thun. Der arme, arme William!

Zw�lftes Kapitel.

Trotz der gro�en Schmerzen, die es ihm verursachte, mu�te der Kranke doch aufstehen, um seinen Durst zu l�schen, der endlich zu einer unertr�glichen Qual f�r ihn wurde, um so mehr, da er die Rolle des Tantalus zu spielen gezwungen war und ganz in der N�he des k�stlichsten Wassers, das er rieseln und rauschen h�rte, vor Durst verschmachten sollte. Er erhob sich also; allein seine Beine versagten ihm den Dienst und er sank mehrere Male um; endlich erreichte er aber doch den Bach und trank nun mit vollen Z�gen. Er konnte sich nicht wieder von dem herrlichen erquicklichen Wasser trennen und eingedenk der M�hseligkeiten und Schmerzen, die es ihm gemacht hatte, bis zu demselben zu gelangen, legte er sich ganz in der N�he des Baches nieder.

Ein Gl�ck war es f�r ihn, da� er keinen Hunger versp�rte, wie man dies bei Kranken in der Regel bemerkt, denn wie h�tte er, der kaum seine H�nde zu r�hren und keine zehn Schritte ohne die entsetzlichsten Schmerzen zu gehen vermochte, sich Nahrungsmittel suchen sollen?

Dieser schreckliche Zustand dauerte volle drei Tage und der arme William glaubte sich dem Tode nahe. Er w�rde in seiner v�llig h�lflosen Lage, verlassen von aller Kreatur, v�llig haben verzweifeln m�ssen, wenn er nicht von seiner Mutter zur Fr�mmigkeit angehalten worden w�re und ein unbegrenztes Vertrauen zu seinem himmlischen Vater gehabt h�tte. Dieses Vertrauen und ein inbr�nstiges Gebet zu Gott erhielten seinen Muth aufrecht und wurden vielleicht seine Lebensretter; denn wie sehr w�rde es seinen Zustand verschlimmert haben, wenn er, statt sein Leben und Schicksal in die H�nde seines himmlischen Vaters zu legen, sich einer wilden Verzweiflung �berlassen h�tte.

Seine gr��te Plage war die Schlaflosigkeit, die theils durch seine gro�en Schmerzen, theils dadurch herbeigef�hrt wurde, da� er sich gar keine Bewegung machen konnte. Da war es denn eine gute Sache f�r ihn, da� er sich zeitig daran gew�hnt hatte, auf Alles Achtung zu geben, was um ihn her vorging, denn sonst w�rde er die t�dtlichste Langeweile gehabt haben. Am Tage schenkte er den ihn umstehenden Gr�sern und Blumen, den sch�ngef�rbten Schmetterlingen und Libellen, die ihn umflatterten, den K�fern und W�rmchen, die sich auf den Spitzen der Grashalme wiegten, oder am Boden hinkrochen, seine Aufmerksamkeit und jeder Gegenstand gab ihm hinl�nglichen Stoff, Betrachtungen anstellen zu k�nnen, da Alles hier ganz anders als in Europa war. In der Nacht besch�ftigte er sich damit, die Gestirne zu beobachten und mit seinen Blicken ihren Lauf zu verfolgen, sich die Stellung zu bemerken, in der die einzelnen Gestirne gegeneinander standen. Zuweilen gew�hrte das Flattern oder der Ruf eines Nachtvogels ihm eine angenehme Unterhaltung; selbst das Quacken der Fr�sche, die am Rande des Baches ihr eint�niges Nachtlied anstimmten, war f�r sein Ohr jetzt kein unangenehmer Ton, so wenig er fr�her auch dieser Musik der Sumpf-Nachtigallen Geschmack hatte abgewinnen k�nnen: belebte es doch die sonst so schweigsame Natur!

Nachdem unser William drei volle Tage und N�chte so gelegen, ohne irgend Etwas zu sich zu nehmen, als das Wasser, das er aus seinem lieben Bache sch�pfte, fing er endlich an, eine leise Anwandlung von Hunger zu versp�ren; dies war das erste Zeichen der wiederkehrenden Genesung und er dankte Gott daf�r, obgleich er nicht wu�te, wie er den erwachenden Appetit stillen solle; war er doch noch zu schwach, um mit seinem Messer sich Pataten aus der Erde graben zu k�nnen, und woher h�tte er vollends die Kraft nehmen sollen, Feuer anzumachen, um sie zu braten? Er mu�te sich also einer neuen Geduldsprobe und Hungerkur unterwerfen, bis er sich wieder etwas st�rker f�hlen w�rde. Dieser Mangel an Nahrung – so unglaublich diese Behauptung Euch auch klingen mag – bef�rderte seine Genesung bedeutend. Ein kranker K�rper bedarf in der Regel gar keiner Nahrung, ja sie schadet ihm in den meisten F�llen, und verm�chten alle Kranke es �ber sich, die strengste Di�t zu halten, so w�rden sie noch einmal so schnell genesen. Zu einer solchen Enthaltsamkeit sah sich aber unser William durch seine Lage gezwungen und erst am f�nften Tage, als sein Appetit recht gro� geworden war, zwang ihn dieser, den Versuch zum Aufstehen zu machen, und jetzt ging es.

Zwar schwankte er noch wie ein vom Winde hin und her bewegtes Rohr; zwar drehten sich scheinbar alle Gegenst�nde um ihn her im Kreise, wie es bei gro�er Schw�che der Fall zu sein pflegt; zwar mu�te er sich nach zehn bis zwanzig zur�ckgelegten Schritten erst niedersetzen, um auszuruhen; allein es ging doch immer besser und besser und in der Zeit von einer Stunde hatte er eine gute Strecke zur�ckgelegt, indem er immer dem Laufe des Baches folgte.

Ein zwar niedriges, aber dem Anscheine nach dichtes Geb�sch zeigte sich in einiger Entfernung. In der Hoffnung, dort vielleicht irgend etwas E�bares zu finden, strengte er den letzten Rest seiner Kr�fte an, um es zu erreichen. Wie belohnte sich aber diese Anstrengung nicht f�r unsern armen Hungernden! Als er sich dem Gestr�uche bis auf einige wenige Schritte gen�hert hatte, sah er fast jeden Zweig desselben mit schwellenden, dunkelrothen Beeren bedeckt, die traubenweise daran hingen und auf den ersten Blick von ihm f�r Himbeeren erkannt wurden. Seine Schw�che g�nzlich vergessend, st�rzte er auf diese labenden, duftigen Fr�chte zu und a� eine gute Menge davon. Es war ein Gl�ck f�r ihn, da� er keine festere Nahrung gefunden hatte, weil er sich mit einer solchen den v�llig ausgehungerten Magen gewi� g�nzlich verdorben haben w�rde. Jetzt aber f�hlte er sich nach dem Genusse der k�hlenden und duftigen Frucht au�erordentlich erquickt und so behaglich, wie seit l�ngerer Zeit nicht; ja, er konnte sogar ohne allzugro�e Beschwerde zu seiner geliebten Quelle zur�ck kehren, denn von dieser trennte er sich nur ungern.

Es ging von nun an immer besser; ja er konnte sogar seinen Appetit wieder an den n�hrenden Pataten stillen, die, n�chst dem Wasser, die gr��este Wohlthat f�r ihn waren.

So wie er nun seine ersten Bed�rfnisse befriedigt sah, dachte er bereits auf andere. Obgleich der Himmelsstrich, unter dem er sich befand, einer der w�rmsten, mildesten der Erde war, so empfand er doch oft, des stark fallenden Thaues wegen, Nachts ein heftiges Fr�steln, besonders gegen Morgen, wo die Nachtk�hle immer am empfindlichsten ist. Er sah sich also, so wie seine Kr�fte es nur erlaubten, nach einem sch�tzenden Obdache um, das aber nicht allzuweit von seinem geliebten Bache entfernt sein durfte.

Er hatte mehrfach gelesen und geh�rt, da� manche Berge H�hlen enthielten und seine Gedanken waren auf eine solche gerichtet. Er umkrei�te also die n�chsten H�gel und war bald so gl�cklich, eine ger�umige H�hle zu entdecken. Der Boden derselben war zwar mit Staub und Schmutz, die Seitenw�nde mit Spinnenweben bedeckt; auch zeigten viele Thierspuren, sowohl von V�geln als vierf��igen Thieren, da� die H�hle diesen seither zum Aufenthalte gedient hatte; allein der Unrath konnte leicht beseitigt werden, und dann bot sie ihm einen willkommenen, sch�tzenden Aufenthalt.

Ein Besen war sehr leicht gemacht, indem er eine Handvoll von den ziemlich starken Bl�ttern des Farrenkraut-Baumes vermittelst des z�hen und langen Grases zusammenband und in diesen B�ndel einen starken Stock steckte, um ihn geh�rig handhaben zu k�nnen. Er war so �msig bei der Arbeit und verga� seine gegenw�rtige verlassene Lage so g�nzlich, da� er sich mehrere Male auf das Verdeck des Schiffes versetzt glaubte, wo er Arbeiten der Art zu verrichten gehabt hatte und bald mit Diesem, bald mit Jenem der Mannschaft eine Unterhaltung anzukn�pfen im Begriff war. Aber ach! keine Stimme antwortete ihm, kein Auge blickte wohlwollend auf ihn: er war verlassen von aller Welt, gleichsam abgetrennt von aller menschlichen Gesellschaft, und mit einem tiefen Seufzer setzte er bei diesen niederschlagenden Gedanken sein Reinigungsgesch�ft fort.

Bald jedoch kehrte, zugleich mit dem unbegrenztesten Vertrauen zu seinem himmlischen Vater, seine ihm angeborene Heiterkeit zur�ck und mit lauter Stimme sang er demselben ein Dank- und Loblied. Wie angenehm wurde er bei dieser Gelegenheit nicht �berrascht, als eine andere Stimme der seinigen gleichsam zu antworten schien. Er stand halb erschrocken, halb erfreut, still und schaute sich nach allen Seiten um; nun aber schwieg die Stimme und lie� sich erst wieder vernehmen, als er sein Lied fortsetzte. Jetzt begriff er, was es war: er hatte das nahe Echo durch seine eigene Stimme geweckt und seine eigenen Laute waren es, die, von einer etwa 60 Schritt von ihm entfernten Felsenwand zur�ckgeworfen, ihm antworteten. Er l�chelte, als er diese Entdeckung machte, und diese Laute in der Ein�de, dieser Ton einer menschlichen Stimme, wenn gleich nur seiner eigenen, machten ihm so viele Freude, da� er mehrere Male den geliebten Namen seiner Mutter, so wie der fr�hern Bekannten, rief, um ihn von dem Echo wiedergegeben zu h�ren. Da� er keinen menschlichen Laut in dieser ganzen Zeit vernommen, dies hatte ihn besonders in seiner jetzigen Einsamkeit betr�bt und so enthob die Entdeckung des Echos ihn eines beklemmenden Gef�hls, indem es diese Ein�de gleichsam belebte.

Endlich war unser William mit seinem Reinigungs-Gesch�fte fertig und jetzt konnte er auf ein weiches, bequemes Lager f�r die Nacht denken. Auf die Entdeckung eines zu diesem Zwecke besonders sich eignenden Mooses glaubte er verzichten zu m�ssen, da er auf seiner Wanderung keine Pflanze der Art erblickt hatte; allein das hohe Gras und mehr noch die Bl�tter des Farrenkraut-Baumes versprachen ihm eine erw�nschte Aush�lfe. Zwar machte es ihm keine kleine M�he, mit seinem Taschenmesser so viel Gras abzuschneiden, als er zu einem Lager bedurfte; zwar vergo� er Str�me von Schwei� bei dieser in der brennendsten Sonnenhitze verrichteten Arbeit; aber er lie� doch nicht davon ab: war er doch auf dem Schiffe an eine oft eben so erm�dende Th�tigkeit gew�hnt worden. Auch st�rkte ihn der Gedanke, wie s�� es sich im k�hlen Schatten der H�hle, auf dem weichen, duftigen Lager ruhen w�rde, bei seiner m�hevollen Arbeit, und wie schmeckten ihm seine Pataten, wie der Trunk aus k�hler Quelle nach derselben.

Er war jedoch so erm�det, da� er, als er sich mit Anbruch der Nacht zur Ruhe niederlegte, keines Schlummerliedes bedurfte, um einzuschlafen. Wie lange er geschlafen haben mochte, als er sich, noch mitten in der Nacht, und in der gr��esten Dunkelheit, durch einen rauhen Gegenstand geweckt f�hlte, der �ber sein Gesicht hinstrich, vermochte er nicht zu bestimmen. Er fuhr erschrocken in die H�he und wu�te sich im ersten Augenblick nicht zu besinnen, wo er sich bef�nde, noch weniger aber sich zu sagen, was es gewesen war, das ihn so unerwartet geweckt hatte. Er rieb sich die Augen, als wenn er auch in der ihn umgebenden rabenschwarzen Finsterni� so besser sehen k�nne, und schaute sich nach allen Seiten mit lautpochendem Herzen um.

Lange sah er nichts; endlich aber erblickte er in einiger Entfernung vor sich zwei gl�nzende Punkte, die, da sie oft ihre Stelle ver�nderten, von einem lebenden Gesch�pfe herkommen mu�ten. Dieser Anblick erf�llte ihn mit solcher Angst, da� ihm der Schwei� aus allen Poren seines K�rpers hervorbrach und er regungslos nach dem Winkel schaute, wo er die beiden feurigen Punkte erblickte. Bald vernahm er auch ein erst leises, dann immer st�rker werdendes Schnurren, wie von einer gro�en Katze. An eine solche dachte er in seiner Angst nicht, sondern an L�wen und Tiger, die, wie er aus der Naturgeschichte wu�te, gleichfalls zum Katzengeschlechte geh�rten und, wie er meinte, recht gut Bewohner dieses Landes sein k�nnten. Sein Wissen reichte nicht so weit, wie ohne Zweifel das eurige, meine geliebten Kinder! Ihr w�rdet Euch in Australien nicht vor L�wen und Tigern gef�rchtet haben, weil Euch gewi� bekannt ist, da� dieser Welttheil keine Thiere der Art besitzt.

Unser William wagte nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, die Aufmerksamkeit seines vermeintlichen Feindes und Verschlingers durch das leiseste Ger�usch auf sich zu ziehen. Starr waren seine Augen auf die beiden beweglichen leuchtenden Punkte gerichtet und mit immer mehr steigendem Entsetzen erf�llte ihn das Schnurren, das aus demselben Winkel hervorkam. Jeden Augenblick glaubte er die Beute des vermeintlichen Ungeheuers zu werden und seine Angst war so gro�, da� er nicht einmal Gott um die Erhaltung seines Lebens zu bitten vermochte.

Unter welchen Empfindungen er den Rest der Nacht verbrachte, verm�cht Ihr Euch nicht vorzustellen. Kein Schlaf kam mehr in seine Augen und um die eben so n�thige als ersehnte Ruhe war es geschehen; ja, er wagte nicht einmal, sich wieder niederzulegen, aus Furcht, da� er durch irgend ein Ger�usch die Aufmerksamkeit seines Feindes auf sich ziehen m�chte.

Endlich brach der so hei� ersehnte Tag an und zu seiner eigenen Verwunderung lebte er noch. Er sah durch die Oeffnung der H�hle einen schwachen Lichtschimmer dringen, und nicht lange dauerte es, so fiel selbst ein Sonnenstrahl auf den Vordergrund des Einganges. Dieser Anblick, den er nicht mehr zu erleben gehofft hatte, stillte sein Bangen in Etwas und er wagte es jetzt, sich zu erheben, um wo m�glich die H�hle zu verlassen und auf irgend einem Baume eine Zuflucht gegen seinen vermeintlichen Feind zu suchen.

So wie er sich aber erhob – o Schrecken! erhob sich dieser auch; allein er sprang nicht auf ihn zu, um ihm seine kralligen Tatzen in den Leib zu schlagen, sondern schl�pfte, schnell und geschmeidig wie ein Aal, zur H�hle hinaus.

�Wer war denn aber dieser b�se n�chtliche St�renfried?� h�re ich Euch neugierig fragen.

�Eine Katze.�

�Eine Katze? Du spa�est mit uns! Wie sollte die dorthin gekommen sein?�

Und doch war es eine Katze, geliebte Kinder; zwar keine gez�hmte, wie die, welche wir der M�use und Ratten wegen in unsere Wohnungen aufgenommen haben, sondern eine wilde Katze, �hnlich der, die man auch noch in einigen W�ldern Europas antrifft. Sie sind in Australien aber kleiner, als bei uns, braun und schwarz gestreift, lang, d�nn und lang geschw�nzt; ihre Krallen sind sehr lang und scharf und ihre Schnauze gleicht der eines Ferkels. Sie fallen �brigens nie Menschen und gr��ere Thiere an, sondern begn�gen sich mit V�geln, die sie in ihren Nestern auf den B�umen im Schlafe �berraschen.

Als unser William dieses winzige Thierchen erblickte, das wahrscheinlich eine noch weit gr��ere Furcht vor ihm, als er vor dem vermeintlichen L�wen oder Tiger gehabt hatte, und zugleich seiner ausgestandenen Angst gedachte, mu�te er unwillk�hrlich l�cheln; dies war wohl das erste L�cheln, das seit seinem Schiffbruche ihm auf den Lippen schwebte.

Bald zog ihn ein leises Wimmern im Innern der H�hle wieder in diese zur�ck; er lauschte und vernahm fest deutlich T�ne, die nur von jungen K�tzchen herkommen konnten. In dieser Voraussetzung hatte er sich nicht geirrt; schon nach kurzem Suchen entdeckte er in einer Felsenspalte ein Nest mit 7 bis 8 jungen K�tzchen, die wahrscheinlich ein solches Klaggeschrei erhoben, weil ihre Mutter und Ern�hrerin sie verlassen hatte. Der Anblick dieser artigen Thierchen erfreute Williams Herz: er kroch auf dem Bauche in die Felsenspalte und holte sich eins davon heraus, um es zu streicheln; aber es erhob ein noch lauteres Klaggeschrei, was vermuthlich die drau�en �ngstlich harrende Mutter vernahm. Mit einem Satze war diese in der H�hle, mit einem zweiten auf Williams Schulter und ehe er es sich versah, hatte sie mit ihrem Maule das schreiende K�tzchen erfa�t und sprang damit zum Neste, wo sie es zu den andern Thierchen legte; bald sogen alle begierig an ihr, sie aber sah sehr zornig aus, und sowie sich William nur der Felsenspalte n�herte, erhob sie sich, str�ubte das Haar empor, machte einen Katzenbuckel und schlug mit dem Schwanze um sich. Trotz ihrer Furcht vor dem ihr v�llig unbekannten Gesch�pfe, trotz der gro�en Ueberlegenheit an Gr��e und k�rperlichen Kr�ften, die dasselbe vor ihr hatte, bereitete sie sich doch aus m�tterlicher Liebe auf einen Kampf mit unserm William vor und w�rde wahrscheinlich lieber ihr Leben, als eins ihrer K�tzchen in seinen H�nden gelassen haben. William ehrte ihre Gef�hle und erkannte ihre Rechte an. Er beschlo�, die arme, so r�hrend z�rtliche Mutter nicht ferner zu beunruhigen, sie aber wo m�glich durch Wohlthaten f�r sich zu gewinnen. Er lie� sie daher in Ruhe; als er aber sein Mittagsessen verzehrte, warf er ihr einige von seinen gebratenen Pataten in die Felsenspalte und suchte zu beobachten, welche Wirkung diese Gabe auf seine Nachbarin hervorbringen w�rde. Ohne Zweifel hatte unser Freund auf einige Erkenntlichkeit gerechnet; allein er sah sich in dieser Erwartung get�uscht. Zwar beroch die Katze die Pataten, dann aber lie� sie sie unanger�hrt liegen und kehrte zu ihren Jungen zur�ck. Dies setzte ihn einigerma�en in Erstaunen: er wu�te nicht, da� diese zu den Raubthieren geh�renden Gesch�pfe im wilden Zustande nur animalische Nahrung zu sich nehmen und Vegetabilien oder Pflanzenkost g�nzlich verschm�hen.

Die Katze wollte also von ihm nichts wissen; trotz dem aber war ihm ihre Gesellschaft sehr angenehm, seit er sich nicht mehr vor ihr f�rchtete, und als die Nacht heran kam, legte er sich v�llig unbesorgt vor seiner Nachbarschaft zur Ruhe nieder; ja, er schlief auf seinem Lager von Gras und Bl�ttern vollkommen so gut, wie in einem weichen Bette: ges�nder, naturgem��er aber gewi�.

Dreizehntes Kapitel.

Das Allernothwendigste hatte unser William jetzt: Wasser, um seinen Durst zu l�schen, die Pataten, welche seinen Hunger stillten und endlich gar ein sch�tzendes Obdach mit einem guten Lager; selbst an Leckereien fehlte es ihm nicht, da die sch�nsten Himbeeren, obschon an so niedrigen Str�uchen wie bei uns die Heidelbeeren, in so gro�er F�lle vorhanden waren, da� er sich vom Morgen bis zum Abende daran h�tte satt essen k�nnen. Trotz dem aber fehlte ihm nicht nur Etwas, sondern sogar sehr Viel; besonders trug er ein gro�es Verlangen nach einer animalischen oder thierischen Kost, an die er von fr�hester Jugend auf gew�hnt worden war. Wie sich aber eine solche verschaffen? Er hatte weder eine Flinte noch Bogen und Pfeile, ja nicht einmal eine Schlinge vermochte er zu machen, weil er sich nicht darauf verstand, um irgend ein Thier darin zu fangen. Zwar h�tte er Nachts, wo die wilde Katze oft auf l�ngere Zeit auf Beute ausging, leicht eines der K�tzchen nehmen und es t�dten k�nnen, dagegen aber str�ubte sich sein Gef�hl, auch vielleicht ein ihm selbst kaum bewu�ter Eckel gegen eine so ungewohnte Kost, und so blieben die wilden K�tzchen ungef�hrdet von ihrem menschlichen Nachbar.

Da das Verlangen nach einer ver�nderten Nahrung immer st�rker wurde, beschlo� er, den Weg zum Strande zu suchen. Er hegte die Hoffnung, dort vielleicht eine Schildkr�te oder doch Muscheln zu finden, die er dann am Feuer braten und zur Speise bereiten wollte. Da ihm sehr daran gelegen sein mu�te, den R�ckweg zu seiner H�hle nicht zu verfehlen, ging er erst immer hart am Bache hin, dann aber, als dieser sich nach und nach zwischen dem immer h�her und dichter werdenden Grase verlor, schnitt er mit seinem Messer ziemlich gro�e Kerben an die zu Seiten seines Weges stehenden B�ume, wodurch er sich den R�ckweg offen erhielt.

Lange wanderte er fort, ohne das Meer zu entdecken; endlich h�rte er es, zu seiner nicht geringen Freude, hinter einem Felsen brausen und rauschen. Schnell erklomm er den Felsen und hatte jetzt das unerme�liche Meer vor sich, das an der Stelle, wo er sich befand, einen ziemlich tief in das Land hineingehenden Meerbusen bildete. Erstaunt und entz�ckt schaute er auf das gro�artige Schauspiel, das sich seinen Blicken darbot. Durch die lange Fahrt auf dem Ocean war er so vertraut mit dem Meere und dieses ihm so lieb geworden, da� ihm beim Anblick desselben die hellen Freudenthr�nen �ber die Wangen schossen. Hatte er doch auch besondere Ursache, es zu lieben, da ihm allein Rettung durch ein etwa an der Insel landendes Schiff kommen konnte. Nachdem er sich l�ngere Zeit an Betrachtungen vergn�gt hatte, stieg er den Felsen hinab, um am Strande nach e�baren Muscheln – er tr�umte sogar von Austern, die man ihm in Hamburg als gro�e Leckerbissen ger�hmt hatte – zu suchen. Er fand zwar eine Menge der allersch�nsten, buntesten Muscheln, die er unter andern Umst�nden gewi� begierig aufgelesen haben w�rde, jetzt aber unbeachtet liegen lie�, weil sie leer und von ihren fr�hern Bewohnern s�mmtlich verlassen waren.

Statt des vergebens Gesuchten that er aber einen Fund, dessen Wichtigkeit ihm bald einleuchten sollte. Eine ziemliche Strecke vom Wasser entfernt, aber doch an der Grenze des Strandes, sah er einen Stein liegen – wenigstens hielt er eine Zeitlang den ihm auffallenden Gegenstand daf�r – dessen regelm��ige Form seine Aufmerksamkeit erregte. Er n�herte sich demselben mit eiligen Schritten und wie ward ihm, als er, statt des erwarteten Steins, eine braunroth angemalte Kiste fand! Er erkannte sie auf den ersten Blick f�r die des Schiffs-Zimmermanns der �Hoffnung�, auch war der Name dieses Mannes, wenn auch die mit wei�er Oelfarbe darauf gemalten Buchstaben zum Theil abgerieben waren, noch ganz deutlich darauf zu lesen; �ber diesem Namen war das ihm so wohlbekannte Hamburger Wappen, die drei Th�rme, mit dem sie haltenden L�wen daneben, in bunten Farben abgebildet.

Die hellen Thr�nen schossen ihm �ber die Wangen bei dieser unerwarteten Erinnerung an die geliebte Vaterstadt, an das Schiff, auf dem er den weiten Ocean durchschwommen, an die Mannschaft desselben, die jetzt tief im Meeresgrunde lag oder wohl schon die Beute gefr��iger Hayfische geworden war. Mit unaussprechlicher R�hrung mu�te er in diesem Augenblicke jedes g�tigen, freundlichen Worts gedenken, das der Eine oder Andere dieser M�nner w�hrend seines langen und steten Beisammenseins mit ihnen zu ihm gesprochen hatten, der fr�hlichen Ges�nge, die sie in ihren wenigen Musestunden erschallen lie�en, der M�hrchen und Sagen, deren sie eine so gro�e Menge wu�ten, und mit anmuthiger Einfachheit zu erz�hlen verstanden; der kleinen Neckereien, die sie sich im harmlosen Scherze gegen einander erlaubten; der Belehrungen, die er von den Aelteren und Ernsteren empfing, wenn er diese oder jene Sache noch nicht anzugreifen verstand. Und das Alles war nun todt und hin; die fr�hlichen Laute der bekannten Stimmen waren f�r immer erstorben; die bald heitern, bald ernsten Blicke erloschen, die Kraft dieser Muskeln gel�hmt – todt! todt war so viel Leben und Regsamkeit!

Wer w�rde in diesem Augenblick wohl unger�hrt geblieben sein? wer h�tte in demselben wohl an die, unter den gegenw�rtigen Umst�nden unerme�lichen Sch�tze denken k�nnen, die eben diese Kiste, welche unserm William hei�e Thr�nen entlockte, in ihrem Innern barg? Er dachte gewi� im ersten Augenblick nicht daran, sondern kniete neben derselben nieder, k��te sie unter Thr�nen und nannte mit leiser, von Schluchzen unterbrochener Stimme den Namen des ehemaligen Besitzers. Dieser war, obschon �u�erlich ein ernster, fast rauher Mann, doch im Grunde ein vortrefflicher, wohlmeinender Mensch gewesen, der besonders unserm jungen Freunde sehr gewogen war und ihm manchen Liebesdienst erwiesen hatte.

William war so in Schmerz und Erinnerung versunken, da� er nicht bemerkte, da� es bereits Abend geworden war, und zu dunkeln begann. Als er sich endlich aufraffte und an die R�ckkehr nach seiner H�hle dachte, war es bereits zu sp�t dazu und er mu�te sich entschlie�en, die Nacht am Strande zuzubringen, da er, wenn er den R�ckweg angetreten, sich leicht h�tte verirren k�nnen, weil er die an den B�umen gemachten Einschnitte nicht mehr erkennen konnte. Er bereitete sich daher ein Lager am Strande, indem er sich gewisserma�en in den warmen Sand einw�hlte, und lehnte das m�de Haupt gegen die geliebte Kiste.

Erst sp�t, als bereits der Vollmond hoch am Himmel stand, schlief er ein und tr�umte von der geliebten Heimath, von der theuren, �ber Alles theuren Mutter, von seinen Gespielen und Schulgenossen. O, er war noch einmal vollkommen gl�cklich; aber ach! der erste im Osten sich zeigende Strahl der Sonne verscheuchte dieses holde Gl�ck, indem er ihn weckte. Er rieb sich die Augen, seufzte tief auf, indem er um sich blickte, und erhob sich schwankend von seinem beweglichen Lager.

Der Gedanke, wie n�tzlich ihm der Inhalt der Kiste werden k�nne, konnte nicht lange ausbleiben; zugleich aber erhoben sich in seiner Seele Bedenklichkeiten �ber sein Recht, sich die darin enthaltenen Sachen aneignen zu d�rfen, und lange k�mpfte er mit sich selbst dar�ber. Endlich sagte er sich, da� einmal der fr�here Besitzer dieser Kiste aller Wahrscheinlichkeit nach todt, dann aber f�r ihn keine M�glichkeit vorhanden sei, selbst wenn er lebte, sie ihm wieder zuzustellen. Ferner war die Noth, in der er sich befand, so gro� und er aller sonstigen H�lfe so g�nzlich beraubt, da� er meinte, Gott werde es ihm schon vergeben, da� er sich des Inhalts der Kiste bem�chtige und zu seinem Besten verwende.

Eine andere Frage, nachdem er diese beseitigt hatte, war nun die, wie er die Kiste �ffnen solle? Der Zimmermann hatte sie aller Wahrscheinlichkeit nach selbst und, da er ein t�chtiger Mann in seinem Gesch�fte war, gewi� sehr fest gebaut. Zwar h�tte er trotz dem den Deckel leicht mit einem gro�en und kantigen Steine zerschlagen k�nnen; allein zu diesem Auswege, der ihm noch �brig blieb, wenn kein anderer sich erdenken lie�, konnte er immer noch greifen und der Gedanke, die Kiste ganz zu erhalten, war ihm so angenehm, da� er lieber erst alles Andere versuchen, als sie zertr�mmern wollte. Er hatte bemerkt, da� die Schlosser mit einem an der Spitze etwas krumm gebogenen Instrumente von Eisen leicht zugesprungene Schl�sser aufmachten, und da er als ein kluger und aufmerksamer Knabe sich alle dabei angewandten Handgriffe gemerkt hatte, kam es nur darauf an, da� er einen geh�rig starken Nagel f�nde, der dann vermittelst eines statt des Hammers dienenden Steins leicht die geh�rige Form erhalten k�nnte. Er ging also, um einen Nagel zu suchen, noch etwas weiter den Strand hinauf.

Dieser Weg wurde ihm reichlich belohnt, indem er noch eine Menge Schiffstr�mmer, sogar den ganzen Spiegel des gescheiterten Schiffs, und einige Tonnen mit Zwieback am Ufer fand. Seine Freude bei diesem unerwarteten Anblick war nicht gering und er machte sich sogleich ans Werk, die Tr�mmer weiter auf den Strand hinauf zu ziehen, damit nicht etwa eine h�her gehende See sie wieder ins Meer zur�ckf�hrte. Wie vielen Schwei� vergo� er bei dieser, seine Kr�fte fast �bersteigenden Arbeit; aber obgleich ihn Hunger und Durst nicht wenig bei derselben qu�lten, versagte er sich doch die Befriedigung dieser dringenden Bed�rfnisse, um seinen Schatz erst in Sicherheit zu bringen. Jedes St�ckchen Brett, mochte es auch schon halb zertr�mmert sein, war ein Schatz f�r ihn, dem es an allem fehlte. Nur den Spiegel des Schiffs vermochte er, seiner Schwere wegen, nicht von der Stelle zu bringen, und ihn zu zertr�mmern, dazu fehlte es ihm an den geh�rigen Ger�thschaften. Was h�tte er nicht jetzt darum gegeben, einen Genossen zu haben, der ihm h�lfreiche Hand bei der sauren Arbeit leistete!

Als er das, was ihm m�glich gewesen war zu retten, h�her auf den Strand und somit in Sicherheit gebracht hatte, dachte er zun�chst daran, seinen Hunger und Durst zu stillen und freute sich in seinem Herzen nicht wenig, den ersteren mit dem in den Tonnen enthaltenen Zwiebacke stillen zu k�nnen. Er zerschlug daher eine derselben und die Zwiebacke kamen zu Tage; aber ach! sie hatten sich, aufgeweicht durch das Seewasser, in einen Brei verwandelt und dieser schmeckte so salzig und bitter, da� er nicht einen Mund voll davon herunter zu w�rgen vermochte.

Die Hoffnung, die er auf diesen Fund gesetzt hatte, war also eine vergebliche gewesen, und er mu�te sich nach einem andern Nahrungsmittel umsehen. In der N�he war dieses nicht zu finden, was ihn sehr betr�bte, da er mit dem Aufsuchen so viele Zeit verlieren mu�te; denn auch mit der Hoffnung, Muscheln am Strande zu finden, war es nichts gewesen. Erst nach langem, fruchtlosen Umherirren fand er einen Baum, der gro�e Aehnlichkeit mit unserm Birnbaume und eine Frucht wie dieser hatte.

�Ha! Birnen!� rief er bei diesem willkommenen Anblicke mit freudig bewegter Stimme aus, und schon nach wenigen Augenblicken hatte er zehn bis zw�lf St�ck mit einem Stecken, den er sich geschnitten, heruntergeschlagen. Jetzt sollte es ans Schmausen gehen; aber o weh! wie bitter sah sich unser William abermals in seiner Hoffnung get�uscht! Die ihn so lieblich anl�chelnden Birnen waren nichts weiter, als die Saamenkapseln eines dem Birnbaum �hnlichen Baumes und die Schale war so hart, da� sie seinen t�chtigen Z�hnen Trotz bot. Er lie� sie also liegen und setzte, etwas entmuthigt, seine Wanderung fort. Die gleichfalls nicht eben einladenden, aber doch genie�baren Kirschen mu�ten endlich aushelfen und waren de�halb willkommen, weil sie den Hunger und Durst zugleich stillten. Er a� eine t�chtige Portion davon, legte sich dann unter den Schatten eines prachtvollen, seine Aeste weit ausstreckenden Gummi-Baumes nieder und verfiel in einen sanften Schlaf.

Zwar hatte er sich beim Einschlafen vorgenommen, nur ein St�ndchen zu ruhen und dann an den Strand zu gehen, um seine Kiste zu �ffnen; allein aus dem sich geg�nnten St�ndchen wurden drei bis vier Stunden und als er endlich wieder erwachte, sank die Sonne bereits in das Meer hinab, so da� er eilen mu�te, wenn er den Strand noch vor Dunkelwerden wieder erreichen wollte. In der Eile mochte unser Freund aber nicht auf den rechten Weg gemerkt haben, denn das Meer wollte sich noch immer seinen Blicken nicht zeigen und doch dunkelte es bereits. Endlich mu�te er f�r diesen Abend die Hoffnung g�nzlich aufgeben, seine Sch�tze noch zu erreichen und es blieb ihm weiter nichts �brig, als Schutz und n�chtliche Ruhe unter freiem Himmel oder einem stark belaubten Baume zu suchen. Fr�h, mit Anbruch des Tages, weckten ihn aber die empfindliche Morgenk�hle und der �beraus stark gefallene Thau, der bereits seine wenigen Kleidungsst�cke g�nzlich durchn��t hatte. Da er jetzt schon die Gefahr einer solchen Durchn�ssung kannte, sprang er schnell auf und machte sich eilig auf den Weg, um sein Blut wieder in Bewegung zu setzen. Er war noch keine halbe Stunde gegangen, so vernahm er aus der Ferne das Brausen und Rauschen der Wellen, die seinem Ohre wie die lieblichste Musik erklangen, und nicht lange, so stand er wieder an dem hei�ersehnten Meeresstrande, zwar in einiger Entfernung von den geborgenen Sch�tzen, aber doch so nahe, da� er sie bereits mit seinen scharfen Blicken erreichen konnte.

Als er ihnen n�her kam, fiel es ihm nicht wenig auf, da� er sich etwas Lebendiges zwischen den Schiffstr�mmern bewegen und hin und hergehen sah. Sein erster Gedanke war, da� es vermuthlich ein Raubthier sei; denn vor diesen f�rchtete er sich immer noch, da er nicht wu�te, da� Australien keine fleischfressenden Thiere besitzt, die dem Menschen gef�hrlich werden. Als er aber, sch�chtern und mit gro�er Vorsicht n�her ging, bemerkte er, zu seiner nicht geringen Ueberraschung, da� sein vermeintlicher Feind auf zwei Beinen und aufrecht ging.

�Gewi� ein Affe, vielleicht gar ein Urang-Utang!� sagte er bei sich. Er irrte aber in dieser Voraussetzung, denn auch Thiere dieser Gattung sind in Australien nicht zu Hause.

Sein Erstaunen erreichte aber den h�chsten Grad, als er am Strande, unfern der von ihm geborgenen Sachen, ein Canot, oder indianisches Boot, erblickte. Es hatte die Gestalt eines gro�en Troges und war aus einem ausgeh�hlten Baumstamme gemacht. Aus Vorsicht hatte der Besitzer desselben es auf den Strand gezogen, was sich seiner Leichtigkeit und Kleinheit wegen leicht bewerkstelligen lie�.

William, der sich jetzt vor einem vielleicht Menschen fressenden Wilden, wie zuvor vor L�wen und Tigern, f�rchtete, ging nur langsam und mit gro�er Vorsicht auf den Wilden zu, der seinerseits so �msig mit dem Aufschlagen der Kiste besch�ftigt war, da� er die Ankunft unsers Freundes nicht eher bemerkte, als bis dieser ihm ganz nahe stand.

Ein Schrei des Entsetzens entfuhr dem armen Wilden, der ein Knabe von dreizehn bis vierzehn Jahren zu sein schien, krauses Haar und eine ziemlich dunkle Hautfarbe, aber im Uebrigen einen sehr wohlgebildeten K�rper hatte, so bald er eines Menschen ansichtig wurde, wie er noch nie zuvor einen gesehen. Er glaubte ohne Zweifel den wei�en Geist, eine Gottheit, die von diesen Wilden angebetet und sehr gef�rchtet wird, vor sich zu haben und st�rzte zur Erde nieder, das Gesicht gegen den Boden dr�ckend und die H�nde weit von sich streckend. Dabei stie� er so erb�rmliche, seltsam klingende T�ne aus, da� William sich kaum eines L�chelns erwehren konnte, so wenig ihm auch sonst darnach zu Muthe war. Der Augenblick, wo er einen Menschen wiederfand, war ja ein gro�er, �beraus wichtiger f�r ihn.

Da William sah, da� er Furcht einfl��te, schwand nat�rlich die seinige und das Mitleid mit dem armen, zitternden Wilden nahm die Stelle derselben ein. Er b�ckte sich zu dem armen Kolbi – dies war sein Name, wie er sp�terhin erfuhr – nieder und ber�hrte seinen nackten K�rper sanft mit der Hand, indem er ihm gute Worte gab und ihm Muth einzusprechen suchte. Aber Kolbi verstand ihn nicht und die sanfte Ber�hrung von Seiten des vermeinten Geistes vermehrte derma�en sein Entsetzen, da� sein armer K�rper wie ein Espenlaub zitterte.

William, der nicht wu�te, was er anfangen sollte, um den armen Knaben zu beruhigen, kniete neben ihm nieder, streichelte seinen Kopf und sprach in so sanften T�nen zu ihm, da� es dem armen Zitternden, obgleich er seine Worte nicht verstehen konnte, doch begreiflich wurde, da� er nichts B�ses von ihm zu bef�rchten habe. Er erhob also das Haupt etwas vom Boden und sah unsern William von der Seite an; so wie er ihm aber in das Gesicht sah, schauderte er sichtbar zusammen und schlo� die Augen wieder, ganz wie der Strau� es machen soll, der seinen Kopf in den Busch steckt und meint, sein Verfolger sehe ihn nicht, weil er diesen nicht mehr sieht.

Endlich gelang es unserm jungen Freunde doch, dem Wilden einiges Vertrauen einzufl��en; Kolbi erhob sich wenn gleich noch leise zitternd, und reichte dem wei�en Manne sogar die Hand, als dieser ihm die seinige bot. Beide gingen jetzt wieder zu der Kiste, die William so sehr am Herzen lag. Kolbi hatte ihm die M�he erspart, das Schlo� vermittelst eines krumm gebogenen Nagels zu �ffnen, indem er in seinem Unverstande den Deckel mit einem Stein zertr�mmert hatte, so da� der Inhalt bereits zu Tage lag. Diesen bildeten, au�er W�sche und Kleidungsst�cken, etwas Geld, das f�r William jetzt ohne allen Werth war, da er nichts daf�r kaufen konnte, eine Menge sehr guter Handwerksger�the, als S�gen, Hobel, Bohrer, Hammer, ein Beil, Meissel u. dgl. m., einige Seecharten, ein Gebet- und Gesangbuch und endlich eine silberne Uhr, die zwar still stand, weil sie nicht aufgezogen war, aber durchaus nicht gelitten hatte, wie �berhaupt die Sachen in der Kiste nicht. Denn der brave Zimmermann hatte seine Lade so t�chtig gearbeitet und sogar das Schl�sselloch mit einem so gut schlie�enden Schieber versehen, da� auch nicht ein Tropfen Seewasser in das Beh�ltni� gedrungen war.

Der Anblick der Uhr machte William eine au�erordentliche Freude, und da der Schl�ssel an einer schweren silbernen Kette daran hing, zog er sie gleich auf; sie ging! Kolbi sah Alles, was er that, mit neugierigem Erstaunen an; als ihm William aber die Uhr vor das Ohr hielt, damit er sie picken h�re, erschrack er nochmals so, da� er fast wieder zur Erde gefallen w�re, und die Uhr angebetet h�tte, wie fr�her unsern Freund; ja, das lebhafteste Entsetzen spiegelte sich in seinen Blicken ab, als er William den vermeinten Gott in seine Tasche stecken sah.

Unser Schiffbr�chiger war durch das Auffinden der Kiste und der Tr�mmer des Schiffs, weit mehr aber noch durch das Begegnen Kolbis auf einmal zu einem Reichthum gelangt, den er nicht mehr zu hoffen gewagt hatte. Es gelang ihm auch, dem jungen Wilden ein so gro�es Vertrauen einzufl��en, da� dieser ihm, als er gegen Abend zu seiner geliebten H�hle zur�ckkehrte, willig dahin folgte. Kolbi war ihm von sehr gro�em Nutzen, indem er einen Theil dessen, was William gleich in Sicherheit bringen wollte, auf seine starken Schultern nahm, so da�, da Beide trugen, der werthvolle Inhalt der Kiste gleich in die H�hle geschafft wurde. Nicht wenig erstaunte Kolbi, als er William, so wie sie in derselben angelangt waren, vermittelst eines gleichfalls gefundenen Feuerstahls, Schwamms und Steines Feuer anmachen, und die Pataten daran legen sah. Als diese geh�rig gebraten waren, theilte William sein einfaches Mahl mit seinem schwarzen Freunde, der vermuthlich lange keine so gute Kost genossen hatte, denn er lie� es sich vortrefflich schmecken und auch keine einzige Patate blieb �brig. Auch William hatte den besten Appetit von der Welt; in zwei Tagen waren es nur Kirschen gewesen, mit denen er ihn hatte stillen k�nnen, und so war ihm die derbere Nahrung jetzt sehr erw�nscht.

Als Beide sich geh�rig ges�ttigt und ihren Durst durch einen frischen Trunk aus der Quelle gestillt hatten, legten sie sich auf dem weichen Lager, eintr�chtig wie Br�der, neben einander nieder und schliefen bald ein; unser William jedoch erst, nachdem er die Pflicht des Dankes gegen seinen so gn�digen und g�tigen Vater im Himmel erf�llt hatte, und o! f�r wie viel Gutes hatte er ihm nicht mit ger�hrter Seele am Abende dieses Tags zu danken!

Seite 131.

Was bedeuten die kleinen schwarzen punkte im brand zwieback

Vierzehntes Kapitel.

Als er am andern Morgen erwachte, hatte er M�he sich zu �berzeugen, da� die Erlebnisse der beiden vorhergehenden Tage nicht ein blo�er Traum gewesen sey, und erst als er Kolbi am Eingange der H�hle erblickte – dieser war etwas fr�her erwacht und aufgestanden als er – begriff er sein Gl�ck. Auch er erhob sich, ging zu seinem jungen Freunde, gab diesem freundlich die Hand und kniete dann am Eingange der H�hle nieder, um Gott sein Morgen- und Dankgebet darzubringen. Kolbi, der glaubte, da� er Alles nachmachen m�sse, was der �gute wei�e Geist� – so nannte er unsern William noch – that, kniete neben ihm nieder und faltete eben so and�chtig seine H�nde, als h�tte er gewu�t, warum es sich handelte; davon hatte der Arme aber keinen Begriff.

William f�hrte darauf Kolbi zu der Stelle, wo die Pataten wuchsen, damit er ihm beh�lflich sey, einige davon aus der Erde zu nehmen, weil sie ihr Fr�hst�ck damit halten wollten. Wie es schien, verstand sich der junge Wilde besser darauf, als er selbst; er brach einen Stecken vom n�chsten Baume, und w�hlte die Erde so schnell und geschickt damit auf, da� er eine Menge dieser e�baren Knollen ans Tageslicht f�rderte. Als William ihn so gut unterrichtet sah, machte er Feuer an, um sie zu braten; Kolbi verstand auch jetzt, was er wollte, und trug die gewonnenen Fr�chte eilig herbei; jetzt aber mu�te William seiner gro�en Gesch�ftigkeit Einhalt thun, denn der Wilde, der weder von Eckel noch Reinlichkeit viel wu�te, wollte die Pataten mit aller daranh�ngender Erde an das Feuer legen und sie w�rden ihm auch so ganz vortrefflich gemundet haben. Aber nicht so William, dieser ri� sie wieder vom Feuer, legte sie Kolbi in die Arme, nahm den Rest und eilte damit dem Bache zu, wohin ihm der Wilde nicht ohne einige Verwunderung folgte. Hier angelangt, wusch er erst die Frucht rein und bedeutete dann Kolbi durch Zeichen, da� er sie jetzt ans Feuer legen und braten lassen d�rfe, was dieser auch that, ohne begreifen zu k�nnen, wozu die eben gesehene Procedur gut seyn konnte.

Nach eingenommenem Fr�hst�cke f�hrte William erst seinen Freund zu der Stelle, wo die Himbeeren in so gro�er F�lle wuchsen; auch diese kannte Kolbi und lie� sich nicht lange n�thigen, zuzugreifen. Als man sich ges�ttigt hatte, f�llen sie ein mitgenommenes Beutelchen, das man unter den geretteten Sachen gefunden hatte, mit diesen duftigen Fr�chten an und auch die Ledertasche wurde mit Wasser angef�llt, worauf Beide wieder den Weg zum Strande antraten, um auch die zur�ckgebliebenen Bretter, N�gel, Balken u. s. w. zu bergen.

William, der jetzt schon kl�ger geworden war, hatte einige Endchen starken Bindgarns mitgenommen und befestigte vermittelst desselben einige Bretter so aneinander, da� sie eine Art von Schleife bildeten, worauf man bequem andere Bretter fortbringen konnte, indem man die Schleife hinter sich herzog. Nicht wenig mu�te sich unser junger Freund �ber die Klugheit und Gelehrigkeit des Wilden wundern. So wie William etwas that, richtete er aufmerksam seine Blicke auf jede seiner Bewegungen, und es dauerte nicht lange, so hatte er seine Absicht begriffen, in die er dann eben so klug als geschickt und behende einging.

Welch ein Trost, welch eine Freude war der Besitz Kolbis f�r William! Zwar konnte er nicht anders, als durch Zeichen zu ihm reden; zwar verstand Keiner die Sprache des Andern; aber trotz dem unterhielten sie sich doch schon durch Blicke und Zeichen, die Kolbi schnell begriff, denn er war ein sehr gescheidter junger Mensch. Welch Entz�cken war es f�r unsern Freund, als er wieder in ein Menschenauge blicken und Liebe und Dankbarkeit daran lesen konnte! Auch that Kolbi gar nicht mehr scheu gegen ihn, sondern bezeigte sich jetzt vollkommen zutraulich, und wenn er gleich William, seiner wei�en Hautfarbe wegen, noch f�r ein �berirdisches Wesen hielt, so f�rchtete er sich doch nicht mehr vor ihm, wie er zu Anfang ihrer Bekanntschaft gethan hatte. Ihr m��t n�mlich wissen, liebe Kinder, da� die Schwarzen sich den b�sen Geist wei� malen, w�hrend wir den Teufel schwarz. Der Anblick eines Europ�ers, des ersten, den er in seinem Leben sah, war also wohl dazu geeignet, unserm armen Australier eine ungemessene Furcht einzufl��en. Fast drei Tage bedurfte man, um die geborgenen Schiffstr�mmer zu der H�hle zu schaffen; denn auch den Spiegel des Schiffs hatte man fortbringen k�nnen, da man ihn vermittelst des gefundenen Beiles kleiner gemacht hatte. Am dritten Tage, als man den letzten Weg zum Strande – wenigstens f�r diesmal – machte, warf Kolbi pl�tzlich die Last, womit er seine Schultern beladen hatte, zu Boden, und ehe William es sich versah, hatte er den Stamm eines sehr hohen Baumes, fast bis zum Gipfel desselben, erklettert. William wu�te nicht, was diese Erscheinung zu bedeuten habe, und stand erwartungsvoll unter dem Baume, um abzuwarten, was sein Gef�hrte da oben schaffen w�rde. Er sah, da� dieser mit der Hand in eine H�hlung des Baumes langte und sie bald wieder hervorzog; er hielt dabei, wie triumphirend, etwas in die H�he; was es war, konnte aber William nicht unterscheiden, bis Kolbi wieder unten bei ihm anlangte.

K�nnt Ihr vielleicht errathen, was der Wilde dort oben in dem Baume gesucht und gefunden hatte? Strengt einmal Euere Denkkraft an; solltet Ihr mein R�thsel aber nicht l�sen, so will ich Euch den Schl�ssel dazu in die Hand geben. Es gibt in Australien, eben so gut wie bei uns, Bienen.... – �O! nun wissen wir Dein Geheimni� schon!� rufen jetzt gewi� Viele von Euch: �Der Kolbi brachte eine Honigscheibe herunter; nicht wahr?�

Ja, eine Honigscheibe hielt er wirklich in der Hand, und zwar eine mit dem hellsten, sch�nsten Honig, den man sich nur denken kann. Gewohnt, mit seinen �beraus scharfen Augen �berall umherzusp�hen, hatte er einige wilde Bienen entdeckt, welche die Spitze des Baumes umschw�rmten und daraus geschlossen, da� er dort oben ein Nest finden w�rde. Da� er sich in dieser Voraussetzung nicht geirrt hatte, zeigte die Honigscheibe in seiner Hand. Mit der ihm eigenth�mlichen r�hrenden Gutm�thigkeit bot er den leckern Fund seinem Freunde dar, bevor er selbst noch das Geringste davon gekostet hatte; William nahm das Geschenk zwar an, allein er wollte es mit ihm theilen, was Kolbi jedoch nicht litt, denn er sollte den Honig einmal allein behalten. William, der so vielen Honig nicht auf einmal genie�en konnte, kostete etwas davon und beschlo� den Rest f�r eine andere Zeit aufzuheben. Er legte ihn daher, so wie man in der H�hle angelangt war, auf einen Felsenvorsprung, denn Gef��e hatte man ja nicht, um ihn anders aufzuheben.

Mitten in der Nacht wurden beide Schl�fer, trotz ihres festen Schlafs, durch ein h�chst l�stiges Kriechen und Krabbeln, das sie auf allen entbl��ten Theilen ihres K�rpers – der arme Kolbi �ber seinen ganzen nackten Leib – empfunden, mehreremale aufgeweckt; sie waren aber so schlaftrunken, da� sie sogleich wieder einschliefen und erst gegen Morgen v�llig munter wurden. Wie erschracken aber Beide, als sie sich anblickten! Jeder war �ber den ganzen Leib mit Ameisen bedeckt, die ihnen zwar nichts thaten, sondern nur �ber die beiden Schl�fer weg, zu dem Honig krochen, dessen Geruch die ganze Ameisen-Nachbarschaft in die H�hle gelockt hatte; denn S��igkeiten sind f�r diese Thierchen ein wahrhafter Leckerbissen, und sie gehen ihnen emsig nach.

Sobald Kolbi sah, was es gab, sprang er auf, entkleidete sich von der Binde, die er um seine Lenden gewunden hatte, und eilte, die Binde schwankend und sch�ttelnd, um sie von den l�stigen G�sten zu befreien, dem Bache zu, indem er sich t�chtig badete und abwusch, um das l�stige Brennen und Jucken los zu werden. William begriff, da� die von seinem Gef�hrten ergriffene Ma�regel eine sehr ersprie�liche sey, und folgte seinem Beispiele, was ihn sehr erfrischte.

Ein schlimmer Umstand trat aber jetzt ein: die H�hle war f�r sie, wenn auch vielleicht nicht f�r immer, doch f�r l�ngere Zeit, verloren und man mu�te sich beeilen, die darin geborgenen Sachen herauszunehmen. So lange die Ameisen nach dem Geruch des Honigs witterten, drangen sie in gro�en Z�gen in die H�hle und es war nicht darauf zu rechnen, da� dieser Geruch sich sobald wieder verlieren w�rde, selbst wenn man den Honig herausn�hme. Das war dann freilich eine betr�bte Sache; sie entmuthigte inde� unsere Beiden nicht; hatte man doch jetzt Holz und Bretter genug, um sich eine H�tte bauen zu k�nnen, und noch an demselben Tage wurde der Anfang damit gemacht. William wollte aber eine solche nicht blo� f�r eine kurze Zeit, sondern gleich geh�rig herstellen, und so mu�te man es sich gefallen lassen, einige N�chte unter freiem Himmel zuzubringen. Man legte die H�tte auf einem kleinen Vorsprunge des H�gels, von wo aus man eine sehr reizende Aussicht auf das umliegende Thal hatte, an, und machte sie so ger�umig, da� man nicht nur selbst Platz darin fand, sondern auch alle Ger�thschaften bewahren und gegen die Einfl�sse von Luft und Wetter sch�tzen konnte.

Kolbi zeigte sich auch bei diesem Gesch�fte �beraus th�tig und gelehrig. Man sah es ihm an, da� die� nicht die erste H�tte war, die er erbaute; nur mit den europ�ischen Ger�thschaften wu�te er nicht umzugehen, und sah besonders William mit gro�em Erstaunen zu, als dieser vermittelst einer S�ge, die von den Handwerkern der Fuchsschwanz genannt wird, ein Brett durchschnitt, das f�r den beabsichtigten Zweck zu lang war.

Beim Einrammen der das Dach der H�tte tragen sollenden Pf�hle bewies sich Kolbi so geschickt, da� er William weit hinter sich lie�. Dieser war n�mlich sehr um eine Schaufel oder eine Grabscheit verlegen, und wu�te nicht, wie er ohne diese, ihm unentbehrlich scheinenden Instrumente ein geh�rig tiefes Loch in die Erde graben sollte. Das verstand Kolbi aber vortrefflich: er suchte sich unter den vielen umherliegenden Steinen einen Stein aus, der fast die Form einer Schaufel hatte, legte sich neben der Stelle, wohin der Pfahl kommen sollte, auf den Bauch nieder und schaufelte jetzt mit beiden H�nden die Erde so schnell weg, da� schon nach wenigen Minuten ein ziemlich tiefes Loch da war. Auch beim Befestigen der Pf�hle zeigte er sich eben so geschickt. Erst schaufelte er alle ausgeworfene Erde davon, dann klopfte er den Boden fest und endlich trieb er in diesen noch Steine und Holzsplitter ein, was wesentlich dazu beitrug, die St�be recht fest zu machen.

Da William sah, da� er seinem Freunde diese Arbeit ruhig �berlassen k�nne, machte er sich an andere, die er besser verstand. Die Schiffstr�mmer enthielten eine gro�e Menge N�gel von fast allen Gr��en; sie mu�ten aber erst herausgezogen und auf einem Steine gerade geklopft werden, bevor man sie nochmals gebrauchen konnte. Das war eine sehr schwierige Arbeit; allein William war es bereits gewohnt, mit vielen Hindernissen zu k�mpfen, und so �berwand er endlich auch diese. Die Menge von N�geln, die er auf diese Weise gewann, war ein ordentlicher Schatz f�r ihn, auch verachtete er, die Wichtigkeit desselben einsehend, nicht das kleinste Stiftchen.

Bald standen die Pf�hle und an die Bedachung konnte gedacht werden. William machte diese so gut und zierlich und das Ganze hatte �berhaupt ein so gef�lliges Ansehen, da� er selbst seine Freude daran hatte und Kolbi, der gewohnt war, sie auf andere Weise kund zu thun, die possierlichsten Freudenspr�nge machte. Sogar an eine Hausth�re konnte man denken, da es an einigen H�ngen nicht fehlte, und es zeigte sich bald, wie gut man gethan hatte, die H�tte damit zu versehen. Das Wetter blieb nicht immer gut, sondern es kam eine sehr schlimme Zeit, von der ich Euch, meine Geliebten, sp�terhin erz�hlen werde.

Als die H�tte einigerma�en im Stande war, dachte William bereits auf einige Mobilien, als auf Tische und B�nke, die bisher noch gefehlt hatten. Die Arbeit ging zwar langsam von statten, aber er wurde dabei von Kolbi gut unterst�tzt, indem dieser schnell manchen Handgriff fa�te und mit gro�er Beharrlichkeit bei der Arbeit aushielt. Ein gro�es Vergn�gen war es dabei f�r William, Kolbi in seiner Muttersprache zu unterrichten. Er zeigte auf die verschiedenen Gegenst�nde und nannte blo� das Hauptwort, als: Sonne, Mond, Baum, Blume u. s. w., und zu seinem nicht geringen Erstaunen lernte Kolbi gleich nach dem ersten Namen die verschiedenen Namen der Gegenst�nde auswendig und wandte sie das n�chstemal richtig an. Man hat �berhaupt die Bemerkung gemacht, da� das Ged�chtni� wilder Menschen sehr scharf ist und diese nicht nur schnell lernen, sondern das Gelernte auch gut behalten. Dies war ganz besonders bei Kolbi der Fall, den die Natur �berhaupt mit ganz vortrefflichen Gaben ausgestattet hatte. In Hinsicht der Schnelligkeit, Biegsamkeit und Behendigkeit konnte kein Europ�er sich mit ihm vergleichen; auch waren Gesicht, Geruch und Geh�r von einer wirklich erstaunungsw�rdigen Sch�rfe.

F�nfzehntes Kapitel.

Unsre Colonisten hatten jetzt zwar das Nothwendigste: ein sch�tzendes Obdach, die nothd�rftige Nahrung und Geselligkeit; aber trotz dem blieb f�r Beide noch mancher Wunsch unbefriedigt und dahin geh�rte vorz�glich der nach einer abwechselnden Speise, an die besonders William sich in seinem fr�hern Leben gew�hnt hatte. Die Pataten und Fr�chte, womit sich Beide seither ges�ttigt hatten, f�llten ihnen zwar den Magen, aber sie wurden trotz dem nicht v�llig satt davon, und selbst nachdem sie ihren Hunger gestillt hatten, blieb eine empfindliche Leere in demselben zur�ck.

Sobald William sich seinem Freunde verst�ndlich machen konnte, theilte er ihm seinen Wunsch nach einer n�hrendern Speise mit. Es machte ihm freilich viele M�he, Kolbi sein Verlangen mitzutheilen, und dies mu�te mehr durch Zeichen, als durch Worte geschehen; endlich aber begriff der gute Wilde ihn und nickte, wie bejahend, mit dem Haupte. Bald darauf forderte er von William das Messer, mit dem er bereits sehr geschickt umzugehen wu�te, und entfernte sich damit in das nahe Geb�sch. William wu�te nicht, was er im Sinne hatte, lie� ihn aber gew�hren und erwartete geduldig seine R�ckkehr.

Er blieb ziemlich lange weg, dann kehrte er, in seiner Hand mehre Baumzweige tragend, mit freudigem Gesichte zur�ck und wies seinem Freunde triumphirend das Mitgebrachte. William begriff erst nicht, was Kolbi mit den geschnittenen Stecken wollte und sah ihm mit einiger Neugierde zu, als er sich auf den Boden niedersetzte und an seinen Stecken zu schnitzen anfing. Bald aber wurde ihm die Absicht seines Freundes klar: Dieser schnitzte aus dem mitgebrachten Holze einen �beraus zierlichen Bogen und als dieser fertig war, auch eine Handvoll Pfeile, erstere von einem biegsamen, letztere von sehr hartem, festen Holze. Die Arbeit konnte aber nicht vollendet werden, denn dem Bogen fehlte noch die Sehne, den Pfeilen die scharfe Spitze von Metall und die Federn; William war nicht wenig neugierig, wie Kolbi es anfangen w�rde, diesem Mangel abzuhelfen.

Schon in der n�chsten Nacht sollte diese Neugierde befriedigt werden. Er sah Kolbi, so wie es v�llig dunkel geworden war, fortwandern; wohin, konnte er nicht in Erfahrung bringen, da der Wilde sich ihm nicht verst�ndlich machen konnte. Er blieb so lange weg, da� William sich sehr um ihn �ngstigte und schon im Begriffe war, ihm nachzugehen und ihn aufzusuchen, als er ihn mit raschen Schritten herbeieilen h�rte. Was er gethan, und was er von seiner n�chtlichen Wanderung mitgebracht hatte, konnte er nicht in Erfahrung bringen, da, als Kolbi zur�ckkehrte, der bis dahin leuchtende Mond untergegangen war und eine vollkommene Dunkelheit in der H�tte und selbst drau�en herrschte; Licht hatten aber unsre Beiden nicht, um sich die Nacht zu erhellen.

So wie Kolbi wieder angelangt war, warf er sich auf sein Lager nieder, seinem Freunde eine gute Nacht zurufend, denn diese Worte und die Bedeutung derselben hatte er bereits von William gelernt, der sie ihm jeden Abend zurief, so wie er sich zum Schlafen niederlegte. Fr�h am andern Morgen, als erst William, dann Kolbi erwacht war, ging letzterer aus der H�tte in's Freie hinaus und kehrte gleich darauf mit zwei todten V�geln in der Hand, die dem Ansehen nach unsern Tauben glichen, nur weit gr��er und von einem sch�nen schillernden Gefieder waren, zu seinem Genossen zur�ck. Mit triumphirenden Blicken zeigte er seinen Fang, bedeutete William, da� er auf seinen Streifereien am vorhergehenden Tage ein Nest dieser Thiere hoch in der Spitze eines sehr hohen Baumes entdeckt, und beide Eltern, die Mutter darin, den Vater daneben, �berrascht und get�dtet habe. Er hatte sich die Stelle, wo der Baum mit dem Neste stand, und diesen selbst so genau gemerkt, da� er ihn auch w�hrend der Nacht wieder zu finden vermochte, wobei ihm freilich der Mondschein etwas zu H�lfe kam.

Man kann sich vorstellen, wie erfreut William �ber den Anblick dieser V�gel war, die ihm einen leckern Braten verhie�en. Er z�ndete sogleich ein gutes Feuer an, steckte zu beiden Seiten derselben zwei St�be in die Erde, die oben durch ihre Zweige eine Gabel bildeten, und schnitzte von starkem Holze einen Spie�, an den er die Tauben stecken und ihn dann auf die beiden Gabeln legen wollte, zwischen denen sich das Feuer befand. Kolbi lie� ihn gew�hren und machte sich seinerseits an die Arbeit. Mit einer wirklich bewunderungsw�rdigen Geschicklichkeit und Schnelligkeit rupfte er die Tauben, wobei er Sorge trug, da� kein Federchen verloren ging, denn diese waren von der gr��ten Wichtigkeit f�r den von ihm beabsichtigten Zweck. Als er mit dieser Arbeit fertig war, schnitt er den V�geln den Bauch auf und nahm behutsam aus beiden die Eingeweide heraus, mit welchen er zum nahen Bache ging, um sie von allem Unrathe zu reinigen; die Tauben selbst aber warf er William zu, der sich anschickte, sie an seinem improvisirten Spie�e zu braten.

Was Kolbi mit den Federn wollte, hatte William bereits begriffen; aber was er mit den Eingeweiden anzufangen gedachte, blieb ihm so lange ein R�thsel, bis dieser mit den gereinigten Ged�rmen vom Bache zur�ckkehrte, und indem er mehrere davon sehr fest zusammendrehte, eine Bogensehne davon machte. William bewunderte die Geschicklichkeit und Aemsigkeit seines Freundes nicht wenig, und brach in einen Jubelruf aus, als Kolbi ihm triumphirend den fertigen Bogen und die vermittelst der Taubenfedern bereits befiederten Pfeile zeigte, an welchem letztern nichts mehr fehlte, als die t�dtende Spitze. Er zweifelte jetzt aber keinen Augenblick mehr daran, da� Kolbi auch dazu Rath schaffen w�rde, und dieses Vertrauen durfte er, nach den Proben, die er von seiner Geschicklichkeit und Einsicht abgelegt, wohl zu ihm haben.

Die beiden Tauben waren inde� gebraten, und wenn sie gleich nicht so lecker waren, wie die, welche eure gute Mutter, unterst�tzt von einer geschickten K�chin, zuweilen auf den Tisch bringt, wenn sie auch nicht in einem Meere von Butter schwammen; ja, wenn ihnen sogar das Salz zur W�rze fehlte, so glaubte doch William, in seinem ganzen Leben kein so leckeres Mahl gehalten zu haben, als dieses. Auch Kolbi lie� sich seine Taube wohl schmecken, wobei er mit der gr��ten Sorgfalt die Kn�chelchen sammelte und auf die Seite legte. Was er damit beginnen, zu welchem Zwecke er sie benutzen wollte, begriff William wieder nicht, bis er seinen Freund die vorher schon geschnitzten und befiederten Pfeile hervornehmen und ihn sie mit kleinen scharfen Spitzen versehen sah, die er von den Kn�chelchen vermittelst des Messers geschnitzt hatte.

Jetzt war ihm Alles klar, und seine Freude nicht gering, als er sich nun sogar auch im Besitze einer Waffe sah, die ihm noch viele solche Leckerbissen versprach, wie er eben genossen hatte.

In Hinsicht der Handhabung des Bogens sah er sich aber weit von Kolbi �bertroffen, dessen Augen und H�nde so sicher waren, da� er fast nie sein Ziel verfehlte, w�hrend William, zum nicht geringen Erg�tzen des wilden J�gers, unter zehnmal kaum einmal traf. �Uebung macht den Meister,� hei�t es im Sprichwort; so ging es auch mit William bald besser, und er wurde lange nicht mehr so oft von dem �ber seine gr��ere Geschicklichkeit triumphirenden Kolbi ausgelacht.

Jetzt hatte man in der That keine Noth mehr zu leiden. Die Gegend wimmelte von V�geln aller Art; da gab es nicht nur wilde Tauben und H�hner in Menge, sondern auch G�nse und Enten, worunter die sogenannte Holz-Ente, welche ihre Jungen im Walde ausbr�tet, als besonders schmackhaft erfunden wurde. Auf dem Bache erblickte man den schwarzen Schwan; denn in Australien, das fast in allen Dingen g�nzlich verschieden von den andern Welttheilen ist, haben die bei uns schneewei�en Schw�ne ein schwarzes Gefieder.

Unter den V�geln fiel unserm William besonders der Emu – so nannte Kolbi dieses Thier – oder der australische Kasuar, auf. Wenn die Kasuare aufrecht stehen und ihre langen H�lse in die H�he strecken, erreichen sie fast die Gr��e eines Mannes. Sie sehen in der That wunderbar aus, und William konnte sich sogar einiger Furcht vor diesen riesigen Thieren nicht erwehren, wenn er ihnen auf seinen Streifereien begegnete. Der Emu hat einen langen Hals und sehr lange Beine, einen plump gebauten K�rper und, obgleich er zum Vogelgeschlechte geh�rt, weder Federn noch Fl�gel. Die Stelle der Federn vertritt eine Art von Haaren, die aber sehr d�nn auf den K�rper ges�et und gleichsam ein Mittelding zwischen Haaren und Federn sind; statt der Fl�gel hat er zwei kurze Lappen an der Seite. Eine Stimme hat man noch nicht an dem Emu bemerkt. Das Fliegen ist diesen Thieren unm�glich, dagegen aber laufen sie, wenn sie verfolgt werden, sehr schnell.

Die Eingeborenen machen mit Hunden Jagd auf sie. Man kann nur die Keulen zur Speise benutzen, diese aber schmecken ganz wie unser Rindfleisch. Auch die Eier sind ein Leckerbissen. Man findet sechs bis sieben in einem Neste, und sie sind so gro�, da� man die Schaalen zu Gef��en ben�tzen kann. William war nicht wenig erfreut, als Kolbi auf einen ihrer Streifereien ein Emunest entdeckte; jubelnd trug man es heim, geno� mit gro�em Behagen den Inhalt, und hatte noch obendrein mehre ganz artige Gef��e, an denen es ihnen seither sehr gefehlt hatte.

Die wilden Truth�hne – zwei Arten entdeckte man bis jetzt davon, die dunkeln und die blaufarbigen – waren ein gro�er Leckerbissen f�r unsre Colonisten. Ihr Fleisch war zart und saftig, und hatte den allerbesten Geschmack, da es fetter als das der �brigen wilden V�gel war. Sie bewohnen die buschigen Stellen der Insel und sind nicht leicht zu erlegen, da sie sehr furchtsamer und vorsichtiger Natur sind. Au�er diesen V�geln fand man noch Schnepfen, die gro�e Taube, die von Kolbi Wanga-Wanga genannt wurde; zwei Arten brauner Tauben, und die sch�ne Federbusch- und gr�ne Taube. Ein sehr sch�nes Thier ist auch der Bergfasan, welcher nicht nur vortrefflich schmeckt, sondern auch ein Spottvogel ist, der die Stimmen anderer V�gel nachzumachen versteht. Auch Kr�hen und Elstern, gute Bekannte unsers Williams von der Heimath her, zeigten sich in gro�er Menge; allein unsere Sch�tzen machten keine Jagd darauf, da ihr Fleisch nicht genie�bar ist. Auf den Gipfeln der Berge hauste der K�nig der V�gel, der Adler, der hier einen wei�en Kopf hat; auch an andern Raubthieren, namentlich an Falken, fehlte es nicht. Sie sind die Feinde der andern V�gel und sehr von ihnen gef�rchtet.

Auf einem Spaziergange, den William und Kolbi an einem sch�nen Abende machten, erblickte ersterer einen schneewei�en, sch�n befiederten Vogel, den er auf den ersten Blick f�r einen Kakatu erkannte; er hatte n�mlich einen solchen fr�her in einer Menagerie gesehen, und war nicht wenig erfreut, ihn hier im Naturzustande zu erblicken. Sp�terhin entdeckte er vier Arten von Kakatus: zwei schwarze, ohne Federb�sche, mit gelbgefleckten Fl�geln und eben so gestreiften Schw�nzen; dann den wei�en mit gelben und endlich den schieferfarbigen mit rothem Federbusch. Besonderes Vergn�gen gew�hrten unserm William, f�r den diese ganze Thierwelt v�llig neu war, die vielen Papageien, die er erblickte. Man findet sie in Australien fast von allen Farben und Gr��en und pr�chtiger gefiedert, als sonst irgendwo. Er sah diese Thiere, die man in Europa so theuer bezahlt, in ganzen Schw�rmen umherfliegen und fast jedes Geb�sch davon belebt. Da war der sch�ne K�nigspapagei mit seinem herrlichen gr�nen Gefieder, dem gl�nzendrothen Kopf und Nacken – auch ihr werdet ihn schon gesehen haben; – den kleinen Rosehillpapagey mit rothem Kopf und gelber Brust; den Bergpapagei, der blau ist und in allen Farben des Regenbogens schillert. Williams Auge konnte nicht m�de werden, diese sch�nen Thiere zu betrachten und da sie, niemals bisher von den Menschen verfolgt, durchaus nicht scheu thaten, konnte er ihnen ganz nahe kommen und sie mit Mu�e besehen. Kolbi, der gute Kolbi bemerkte kaum, welche Freude sein Genosse an diesen V�geln hatte, so war er auch schon darauf bedacht, einige davon f�r seinen Freund zu fangen. Er legte ihnen sehr geschickt Schlingen, und da er ihre Lieblingsnahrung kannte, lockte er sie vermittelst derselben in diese. William hatte bald eine vollst�ndige Sammlung dieser sch�nen Gesch�pfe, und man sah sich gen�thigt, einen Winkel der H�tte mit Brettern abzukleiden, um einen gro�en K�fig f�r die lieben G�ste herzustellen. In m��igen Stunden vertrieb William sich die Zeit damit, diese V�gel zu z�hmen und ihnen, da er ihre gro�e Gelehrigkeit kannte, Worte aussprechen zu lehren. Hierin zeichnete sich vor allen andern der gro�e K�nigspapagei aus, der sehr bald, zu Williams nicht geringem Erg�tzen, ganz deutlich seinen und Kolbis Namen aussprach und nach und nach auch noch andere Worte, als: Mutter, Vater, guten Morgen erlernte; William wollte ihm auch den Namen seiner geliebten Vaterstadt Hamburg lehren; allein dies war eine zu schwierige Aufgabe f�r seine kleine Kehle, und das Wort kam nur sehr unvollkommen heraus.

So hatten unsre Beiden in ihrer Einsamkeit und Abgeschiedenheit auch ihre kleinen Gen�sse und Freuden, die noch durch das Einfangen eines jungen australischen Hundes, den man Dingo nennt, vermehrt wurden. Diese Hunde sind von den unsrigen sehr verschieden. Sie haben entweder dunkles oder r�thliches Haar, das sehr zottig ist, lange, buschige Schw�nze, spitzige Ohren, sehr dicke K�pfe und etwas spitzige Schnautzen. Sie laufen mit wahrhaft erstaunenswerther Schnelligkeit und bei�en t�chtig um sich, wenn sie sich zu vertheidigen gezwungen sind. Sie bellen nicht wie unsre Hunde, sto�en aber oft ein erb�rmliches Geheul aus, das besonders bei Nachtzeiten h�chst widerlich klingt. Sie sind Raubthiere und werden von andern Thieren sehr gef�rchtet, die sie verm�ge ihrer gro�en Schnelligkeit leicht erreichen. Sie t�dten sie nicht, rei�en ihnen aber mit ihren scharfen Z�hnen ein St�ck Fleisch aus und an dieser Wunde sterben dann die armen Gebissenen eines qualvolleren Todes, als wenn sie auf der Stelle von ihnen get�dtet worden w�ren.

Kolbi, der eben kein Kostver�chter war, hatte schon mehre Male Dingos erlegt und sich einen f�r seinen Gaumen h�chst schmackhaften Braten davon gemacht; William mochte dabei aber nicht sein Gast sein, weil das Fleisch einen �beraus widerlichen Geruch hatte. Die Aehnlichkeit dieser Thiere mit den ihm von der Heimath her so lieb gewordenen Hunden, bewog ihn aber zu dem Wunsche, einen jungen Dingo zu besitzen, um ihn z�hmen und abrichten zu k�nnen. Kaum war Kolbi dieser Wunsch bekannt geworden, so dachte er auch schon darauf, ihn zu befriedigen. Die Sache war aber nicht eben leicht in's Werk zu richten, indem der Dingo, der sehr scheu ist, sein Nest �beraus gut zu verstecken wei�; auch war es, selbst wenn man bewaffnet war, nicht ungef�hrlich, sich dem Lager zu n�hern, wenn die Alten gegenw�rtig waren, da diese ihre Jungen w�thend vertheidigten.

Inde� verzagte unser Kolbi trotzdem nicht, und als er erst einmal so gl�cklich gewesen war, das Nest eines Dingo's zu entdecken, lauerte er so lange auf, bis er die bereits dem S�ugen entwachsenen Jungen allein �berraschte. Er ergriff eines davon und trug es eilig zur H�tte, sich nicht daran kehrend, da� es sich str�ubte und mit den kleinen spitzigen Z�hnen t�chtig um sich bi�.

Nicht wenig erfreut war William, sowohl �ber diesen neuen Beweis von der Zuneigung seines Kolbi, als �ber den Besitz des artigen Thieres; denn obschon im erwachsenen Zustande mehr h��lich als h�bsch, sind die jungen Dingos doch ganz allerliebst; auch wollte William das Thier weniger zum Zeitvertreibe haben, als es zum W�chter erziehen.

Der kleine Dingo machte unsern Beiden zu Anfang das Leben sehr schwer. Er bi� um sich, so wie man sich seinem Beh�lter nur nahte, heulte die ganzen N�chte hindurch und verschm�hte zuerst sogar jegliche Nahrung, so da� unsre Freunde, die f�rchten mu�ten, ihn elendiglich umkommen zu sehen, aus Mitleid schon im Begriffe waren, ihm seine Freiheit wieder zu geben. Da �nderte das kleine Ungeth�m, vermuthlich, weil der Hunger ihm allzu sehr zusetzte, pl�tzlich seine Natur: er geno� nicht nur etwas von dem ihm hingeworfenen Fleische, sondern nahm es schon nach wenigen Tagen begierig aus der Hand Williams oder Kolbis; ja, es waren nun erst einige Wochen verstrichen, so wollte er keine andere Nahrung nehmen, als die einer der beiden Freunde ihm reichte; selbst das Wasser, welches man ihm in einer der von den Kasuar-Eiern gewonnenen Schaalen reichte, mu�te ihm hingehalten werden, wenn er es trinken sollte, und statt die ihm hingehaltene Hand, wie fr�her, zu bei�en, leckte er sie dankbar. Jetzt, da er sich so vern�nftig und zuthunlich bezeigte, glaubte man ihm die Freiheit schenken zu d�rfen. Man �ffnete seinen kleinen Kerker und er kroch aus demselben hervor. Er mi�brauchte die ihm gew�hrte Freiheit auch nicht, sondern trennte sich nicht mehr von seinen Gebietern, die freilich seine volle Zuneigung auch durch ihr liebreiches Betragen verdienten. Es war entschieden beider Liebling und mancher Leckerbissen fiel ihm zu. Wenn sie ihr einfaches Mahl hielten, gesellte er sich allemal zu ihnen und war offenbar �in ihrem Bunde der Dritte.� Mit klugen Augen sah er bald den Einen, bald den Andern an, ob nicht etwa ein Bissen f�r ihn abfiele, und erhielt er ihn, so leckte er dankbar die Hand des Gebers. William, der ihn nie neckte und zerrte, wie Kolbi zuweilen in seinem kindischen Muthwillen that, schien ganz besonders seine Gunst zu besitzen, denn jede Nacht schlief er ganz dicht neben jenem. Man hatte auf Williams Wunsch dem Dingo den Namen Waldmann gegeben, nach einem artigen Tackelchen, das in der Heimath der Liebling unsers Freundes gewesen war, und das Thier h�rte bald sehr verst�ndig auf diesen Namen. Ueberaus schwer war es aber gefallen, den Hund an gekochte oder vielmehr gebratene Speisen, noch schwerer aber, ihn an den Genu� der Pataten zu gew�hnen. Seiner Natur nach fra� er nichts als rohes Fleisch und durchaus keine Pflanzenkost; endlich gew�hnte er sich aber doch daran, die Knochen des gebratenen Fleisches zu nagen, und als man ihn einige Zeit hatte hungern lassen, fra� er sogar mit Begierde die ihm dargereichten Pataten. So fehlte es unsern beiden Einsiedlern keineswegs an kleinen Gen�ssen und Freuden, ja sogar nicht an Unterhaltung, indem Kolbi nach und nach Williams Sprache verstehen und selbst nothd�rftig sprechen lernte. Zwar klang das, was er sagte, oft �beraus possierlich und mit den F�rw�rtern wu�te er namentlich noch immer nicht zurecht zu kommen, auch verwechselte er die Artikel; allein eben dieses Kauderw�lsch erg�tzte William und �berdies verstanden sie einander ganz vollkommen, zumal da letzterer bereits eine Menge W�rter von der Papuas-Sprache – der Volksstamm, zu dem Kolbi geh�rte, nennt sich die Papuas – verstand, so da�, wenn Kolbi eine Sache auf deutsch nicht zu nennen wu�te, er sie nur in seiner Muttersprache zu nennen brauchte, um sich seinem Freunde verst�ndlich zu machen. William w�rde sich gesch�mt haben, sich von Kolbi in der Gelehrigkeit �bertreffen zu lassen, und so legte er sich auf die Papuas-Sprache, wie Kolbi auf die deutsche.

Wenn es dunkel wurde und sie folglich keine Arbeit mehr verrichten konnten, vertrieben sie sich die Zeit wechselseitig mit Erz�hlungen von ihrer Vergangenheit und den Sitten und Gebr�uchen der Nation, zu der sie geh�rten. William war der Erste, welcher seinem Freunde die von ihm erlebten Schicksale mittheilte, und Kolbi folgte seinem Beispiele.

Er erz�hlte ihm, da� er auf seinem winzigen, aus einem ausgeh�hlten Baumstamme gemachten Canot von der K�ste eines gro�en, gro�en Landes her�bergekommen sei, weil die Feinde seines Stammes, in deren Gefangenschaft er im Kriege gerathen war, ihn hatten braten und verzehren wollen.

– �Verzehren?!� rief William entsetzt bei diesen Worten aus; �verzehren? das w�re ja abscheulich gewesen!�

– �O, Menschenfleisch soll sehr gut schmecken,� versetzte Kolbi ruhig, �und w�re ich nur noch ein Jahr �lter gewesen, so w�rde auch ich es gewi� gekostet haben; denn bei meinem Stamme erhalten es nur die tapfern Krieger, die schon einen Feind erlegt oder gefangen genommen haben. W�re ich nun gr��er und st�rker geworden, so h�tte ich auch schon einen Feind t�dten oder mit meinen H�nden gefangen nehmen wollen, und dann w�rde man es mir nicht verwehrt haben, sein Fleisch zu braten und zu verzehren.�

– �Ich danke Gott daf�r, Kolbi, da� du eine solche S�nde nicht begingest,� sagte William, der bei dem Gedanken schauderte, da� sein so herzlich geliebter Kolbi ein Menschenfresser h�tte werden k�nnen.

– �Ich wei� nicht, was eine S�nde f�r ein Ding ist,� versetzte Kolbi; �aber so viel wei� ich, da� es mir sehr leid thut, da� es hier keine Feinde gibt, die man erlegen und deren Fleisch man essen kann; denn es soll besser schmecken, als das der K�ngeruh, selbst wenn diese noch jung und zart sind. So sagte mir wenigstens mein Vater, der oft Menschenfleisch genossen hat, nun aber keins mehr i�t, weil er todt und wahrscheinlich von den Feinden aufgegessen ist. Ich selbst sah ihn in der Schlacht fallen, als ich ihm die Waffen in derselben nachtrug, und da die Feinde den Sieg erhielten, weil der gute Geist, den wir Koyan nennen, sich von uns abgewendet hatte, werden sie ihn wohl gefunden und mit sich geschleppt haben.�

– �Wie geriethest aber du in Gefangenschaft? und wie gelang es dir, dich aus derselben zu befreien und hieher in dem Canot zu retten?� fragte William, der, von Neugierde getrieben, es f�r ein Andermal versparte, seinen Freund davon zu unterrichten, was eine S�nde sei.

– �Das will ich dir sagen,� versetzte Kolbi. �Als mein Vater von der Lanze eines Feindes getroffen worden war und blutend zu Boden sank, wurde ich so betr�bt, da� ich neben ihm niederfiel und vor �bergro�er Betr�bni� nicht daran dachte, mich zu retten. Zwar rief er mit der letzten Anstrengung seiner Kr�fte zu: �Flieh, mein Sohn! Rette dich! sonst werden die Feinde, wenn sie den Sieg erhalten, auch dich schlachten und verzehren!� allein ich war viel zu betr�bt, um diesem Befehle Folge leisten zu k�nnen; auch mochte ich meinen Vater nicht verlassen, so lange noch Leben in ihm war. Als aber sein Athem stockte; als er die Augen schlo�, um sie nicht mehr aufzuthun, da war es zu sp�t, mich zu retten. Die Feinde hatten unsern Stamm in die Flucht geschlagen; ich wurde neben der Leiche meines Vaters ergriffen; man band mir die H�nde auf den R�cken fest und schleppte mich fort an den Strand des Meeres, wo man ein Siegesfest feiern und die Erschlagenen, mich wahrscheinlich auch, nachdem man mich geschlachtet, verzehren wollte. Ich war sehr traurig, denn ich mochte mich nicht braten und verzehren lassen......�

– �Das verdenke ich dir nicht,� unterbrach William den Erz�hler; �ich h�tte das auch nicht gem�gt. Aber erz�hle weiter; ich bin sehr begierig darauf, wie du dich rettetest.�

– �Als die Feinde mich mit sich an's Ufer geschleppt hatten,� fuhr Kolbi fort, �banden sie mich an einen Baum fest, der unfern des Platzes stand, wo sie ihr Siegesfest feiern wollten und wo sie bereits ein gro�es Feuer angez�ndet hatten, an dem die Get�dteten und ich gebraten werden sollten. Ich weinte bitterlich und erwartete jeden Augenblick den Tod. Sie bereiteten inde� den Kawa, indem sie eine Wurzel kauten und den dadurch erhaltenen Brei mit Wasser vermischten, wie es bei uns Sitte ist; wer aber viel von diesem Getr�nke trinkt, der wird wie toll und wei� nicht mehr, was er thut; er macht die n�rrischten Spr�nge und ist so ausgelassen lustig, da� es eine Freude ist, ihn zuzusehen. Die Feinde tranken nun vielen Kawa und als ich sie in dem dir eben beschriebenen Zustande sah, glaubte ich, da� es Zeit sei, an meine Rettung zu denken. Ich versuchte, eine meiner H�nde aus der Schlinge zu ziehen, mit der beide an den Baum befestigt waren, und nach einiger Anstrengung gelang es mir. Denn, als Alles das bereits hoch empor lodernde Feuer umtanzte und Keiner mehr Acht auf mich gab, warf ich mich auf den Boden nieder und kroch auf dem Bauche, wie eine Schlange, durch das hohe Gras hin, bis ich in einen Wald gelangte. Hier erhob ich mich und eilte so schnell von dannen, da� es den Feinden nicht m�glich gewesen sein w�rde, mich noch wieder einzuholen. Lange irrte ich in dem mir v�llig unbekannten Walde umher, n�hrte mich von Beeren und Wurzeln und schlief des Nachts auf B�umen, zwischen deren Zweigen ich mich festklemmte, um im Schlafe nicht herunter zu fallen. Endlich gelangte ich wieder an das Meer und da ich, zu meiner Freude, am Strande ein Canot fand, schob ich es in das Wasser, setzte mich hinein und ruderte fort. Wohin? das wu�te ich selbst nicht, auch war es mir gleich viel, wenn ich nur nicht wieder in die Gewalt derer fiele, die mich braten und verzehren wollten. Ich hatte geh�rt, da� gegen Aufgang des gro�en Gestirns, das du Sonne nennst, nicht allzufern von der K�ste, ein Eiland l�ge, und dahin steuerte ich in der Hoffnung es zu finden. Das Gl�ck verlie� mich nicht, und nachdem ich fast einen halben und einen ganzen Tag auf dem Meere umhergeschifft war, erblickte mein Auge in der Abendd�mmerung die K�ste der Insel, die ich bald gl�cklich erreichte. Ich zog mein Canot auf den Strand und legte mich darein, um zu schlafen; denn es war dunkel geworden und ich so m�de, da� ich kaum an meinen gro�en Hunger dachte. Am andern Morgen, als ich die an den Strand getriebenen Tr�mmer des gro�en Hauses auf dem Meere, das du Schiff nennst, betrachtete, und die gleichfalls entdeckte Kiste �ffnete, fandest du mich. Alles Andere aber wei�t du auch, da� ich dich zu Anfang f�r den b�sen Geist Potayan hielt, der den armen schwarzen Leuten gro�en Schaden zuf�gt, und mich sehr vor dir f�rchtete.� Hier schlo� Kolbi seine Erz�hlung, die ich Euch nicht in seiner unvollst�ndigen, kauderw�lschen Sprache, sondern in der mitgetheilt habe, die Euer Ohr gewohnt ist.

Sechszehntes Kapitel.

Dadurch, da� unsre Freunde jetzt hinl�nglich mit Jagdger�th versehen waren – denn Kolbi hatte f�r William auch einen trefflichen Bogen gemacht und Pfeile schnitzte er stets in Menge – konnten sie bereits darauf denken, auch den vierf��igen Thieren der Insel den Krieg zu erkl�ren. Es gab deren nicht viele auf derselben, wie Australien �berhaupt nicht eben reich an vierf��igen Thieren ist; daf�r aber waren sie desto seltsamer, und unser William, dem sie bisher v�llig unbekannt geblieben waren, konnte oft vor Erstaunen kein Wort hervorbringen, wenn er ihnen auf seinen Streifereien begegnete.

Da war zuerst das K�ngeruh, wovon es wohl f�nf bis sechs verschiedene Arten gab, und das gr��te einheimische Thier Australiens ist, und, obschon es oft an 200 Pfund wiegt, zum M�usegeschlecht geh�rt.

– �Zum M�usegeschlecht sollte ein so gro�es Thier geh�ren?� fragt wohl der Eine oder Andere voll Verwunderung.

– Zu keinem andern, ist meine Antwort, und wenn Ihr eine Naturgeschichte zur Hand nehmt, die mit Abbildungen versehen ist, werdet Ihr finden, da� dieses gro�e und seltsam gebildete Thier in seinem Bau, bis auf die langen Hinter- und sehr kurzen Vorderf��e, eine gro�e Aehnlichkeit mit unsern M�usen hat. Es gibt graue, r�thliche und schwarzbraune K�ngeruhs, und fast von allen Gr��en, bis zur K�ngeruhratte hinab, die gern in hohlen B�umen wohnt.

Kaum kann ein Anblick seltsamer sein, als der dieser Thiere. Der K�rper derselben ist, wie schon gesagt, wie der einer gro�en Maus gestaltet, sie haben aber wohl dreimal so lange Hinter- als Vorderf��e und gehen fast best�ndig auf den ersteren, folglich in aufrechter Stellung.

Der sehr kurzen Vorderf��e bedienen sie sich fast nur, um ihre Nahrung zu erfassen, die in Gras und Kr�utern besteht. Ihres �beraus langen, starken und dicken Schwanzes bedienen sie sich zum St�tzpunkte, er vertritt also gleichsam die Stelle eines dritten Beins. Ihr Gang ist eine Art von best�ndigem H�pfen, wobei sie sehr schnell von der Stelle kommen. Sie haben nur ein Junges zur Zeit, das sie, bis es geh�rig ausgewachsen, in einem unter ihrem Leibe befindlichen Beutel tragen, weshalb man sie auch zu den Beutelthieren z�hlt. Sie sind durchaus harmlos und, wo man nicht h�ufig Jagd auf sie macht, auch wenig scheu. Wenn sie verfolgt werden, machen sie ungeheure Spr�nge und setzen oft sogar �ber breite B�che und Hecken weg, wobei ihnen ihr starker Schwanz gleichsam als Springstock dient. Man jagt sie, da ihr Fleisch sehr schmackhaft und beliebt ist, mit Hunden, die sie in die Beine bei�en, umwerfen und durch Bisse in die Kehle t�dten.

Ein anderes seltsames Thier, dem unsere Freunde zuweilen in den W�ldern begegneten, war der Koala oder australische B�r. Er hat die Gr��e eines erwachsenen Pudels und ist hellgrau von Farbe. Ihm fehlt der Schwanz g�nzlich. Die Ohren stehen unten sehr weit und breit, oben spitzig hoch �ber dem Kopf empor und geben ihm ein seltsames Ansehen. Als Kolbi einst ein solches Thier erblickte, und dieses, um sich durch die Flucht vor ihm zu retten, einen sehr hohen Gummibaum erklomm, was sie, trotz ihres etwas plumpen K�rpers mit gro�er Gewandtheit thun, war auch er nicht tr�ge und ehe zwei Minuten verstrichen waren, hatte er es im h�chsten Gipfel des Baumes erreicht, nahm es in seine Arme, dr�ckte ihm die Kehle zu und warf es, da er es todt glaubte, hinunter; denn der Koala gilt bei den Wilden f�r einen gro�en Leckerbissen, und man war eben um einen guten Braten verlegen. Dieses Thier vermittelst Pfeilsch�sse zu erlegen, w�re nicht gut m�glich gewesen, da es ein sehr dickes, zottiges Fell hat.

Kolbi war nicht wenig froh, da� die Expedition ihm so gut gelungen war; er hatte aber die Rechnung ohne den Wirth gemacht: der Koala war nicht v�llig in seinen Armen erstickt und so gl�cklich gefallen, da� er, nachdem er einige Augenblicke wie bet�ubt unter dem Baume gelegen, sich pl�tzlich aufrichtete und davon lief. Dies rettete ihn jedoch nicht, denn kaum hatte er sich auf die Beine gemacht, so war Waldmann, der Dingo, sein nat�rlicher Feind, schon hinter ihm, erreichte ihn bald und erw�rgte ihn. Auch die Koalas oder Beutel-B�ren geh�ren zu den Thieren, die ihre Jungen in einem Beutel unter ihrem Leibe tragen. Sie sind v�llig harmlos wie die K�ngeruh's[2] und n�hren sich nur von Pflanzenkost, am liebsten von den jungen Sprossen der Gummi-B�ume. Wenn nun gleich unser William bisher schon �ber die vielen ungewohnten Erscheinungen in der Thierwelt erstaunt gewesen war, so sollte er es durch ein in seiner Art einziges Thier noch mehr werden.

[2]: Der gro�e Naturforscher Oken schreibt den Namen dieses Thieres in seiner Naturgeschichte K�nge-Ruh.

Als er mit seinem Kolbi an einem Abende an dem herrlichen Bache entlang spaziren ging, sah er in der kristallhellen Fluth ein Thier sich bewegen, von dem er nicht zu sagen wu�te, ob es ein Fisch, ein Vogel oder ein S�ugethier sei. Es war ungef�hr 1� Fu� lang, hatte einen mit kurzen braunen Haaren bewachsenen K�rper, der in einer Art von Fischschwanz endete, hinten zwei l�ngere, vorn zwei sehr kurze F��e, deren Klauen mit Schwimmh�uten versehen waren, und, was das Wunderbare der Erscheinung vermehrte, ein Maul, das vollkommen einem breiten Eulenschnabel glich, was ihm ein vogelartiges Ansehen gab.

Diese Erscheinung war so auffallend, da� William beim unerwarteten Anblick dieses seltsamen Thieres einen Ruf der Verwunderung erschallen lie�, auf den Kolbi zu ihm trat, um zu sehen, was es g�be. William zeigte mit der Hand nach der Gegend, wo das Thier sich im Wasser bewegte und sah seinen Freund fragend an, als wolle er von ihm Aufschlu� �ber diese seltsamste aller Erscheinungen verlangen. Kolbi zeigte aber kein Erstaunen in seinen Mienen, denn f�r ihn war das Thier kein Fremdling und mit gleichg�ltigem Tone sprach er das Wort Mouflengong aus, mit welchem Namen die Eingeborenen es benennen. Es war aber das sogenannte Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus), �ber das von den Naturforschern schon so viel geschrieben worden ist. Nach langem Streiten, ob das Thier ein Fisch, ein Vogel oder ein S�ugethier sei, ist ausgemacht worden, da� es zu den S�ugethieren geh�rt, denn es bringt lebendige Junge zur Welt und s�ugt sie.

Gern h�tte William dieses seltsame Gesch�pf noch l�nger beobachtet, allein Kolbi warf aus Muthwillen mit einem Steine darnach, und alsobald tauchte es unter, kam auch nicht wieder zum Vorschein, was William sehr leid that, denn er konnte sich nicht satt daran sehen.

Das Schnabelthier wird nur in den Fl�ssen und Seen Australiens gefunden, wo es sich von Insecten und deren Eiern n�hrt, die es unter den Wurzeln der Wasserpflanzen sucht. Ein Naturforscher, Herr Bennett, ein Engl�nder, reiste eigends in der Absicht nach Australien, die Natur dieses seltsamen Gesch�pfes zu erforschen, und ihm verdanken wir gr��tentheils, was wir dar�ber wissen.

Au�er den Euch bereits genannten und zum Theil beschriebenen Thieren, sah unser William auch noch die sogenannten fliegenden F�chse, harmlose Thiere, die aber ein gar h��liches Ansehen und Aehnlichkeit mit unsern Flederm�usen haben, fliegende Eichh�rnchen, Opossums, Bandikuts, die viermal so gro� wie unsere Ratten und den Wilden eine angenehme Speise sind. Auch an Stachelschweinen fehlte es nicht; sie hatten Aehnlichkeit mit den europ�ischen.

Kolbi, dem diese Thierwelt schon bekannt war, konnte nicht begreifen, wie William so gro�es Vergn�gen daran finden konnte, diese f�r ihn so v�llig neuen Gegenst�nde genau in Augenschein zu nehmen, und mehre Male meinte er, es m�sse wohl in dem Vaterlande seines Freundes weder Thiere noch Pflanzen geben, da William so oft sein Erstaunen �ber dieses oder Jenes an den Tag legte. Dieser belehrte ihn zwar eines andern, indem er ihm sagte, da� man zwar in Europa auch Thiere und Pflanzen, aber ganz anderer Art habe.

– �Nun,� versetzte Kolbi, �so begreife ich nicht, weshalb du dich bei den unsrigen so lange aufh�ltst: Thier ist Thier, und Pflanze, Pflanze!�

Da� es ein gro�es Vergn�gen f�r einen denkenden Menschen sei, sich zu belehren, davon hatte unser Wilder keinen Begriff. F�r ihn hatten nur solche Dinge Bedeutsamkeit, von denen er mehr oder minder Nutzen ziehen konnte. In dieser Zeit machte Kolbi, der die Augen �berall hatte, die Entdeckung, da� ein Thier, welches er Wombat nannte, in der N�he ihrer H�tte sein m�sse, und er pries seinem Freunde dasselbe als eine sehr leckere Speise. Er hatte n�mlich eine H�hle dieses Thiers entdeckt; denn es gr�bt sich solche in die Erde, um w�hrend des Tages darin zu schlafen. Der Wombat oder das Beutel-Murmelthier, ist bis jetzt nur in Australien gefunden worden, und geh�rt zu den Pflanzen fressenden Thieren. Es ist fast so gro�, wie eine englische Dogge, grau von Farbe und sehr plump gebaut; in seinen Bewegungen ist es �u�erst langsam. Man brachte zwei dieser Thiere nach Paris, um ihre Lebensweise zu erforschen, und sie waren bald so zahm, wie unsre Hunde; allein sie zeigten weder den Verstand noch die Gelehrigkeit derselben, sondern waren dumm und so tr�ge, da� man sie selbst durch Schl�ge nicht zum schnellerem Fortlaufen zu bewegen vermochte. Sie geh�ren zu den Beutelthieren, d. h. zu den Thieren, die ihre Jungen in einem an ihrem Leibe befindlichen Beutel bei sich tragen, bis diese selbstst�ndig sind und sich selbst ern�hren k�nnen.

Die Wilden stellen ihnen besonders ihres Fetts wegen nach, und eben deshalb war unser Kolbi auch so begierig, eins zu fangen und zum leckern Mahle zu bereiten. Lange entzog es sich seinen Bem�hungen und der Dingo, der tief in seine H�hle einkroch und es mit dem Maule aus derselben hervorzog, mu�te endlich das Beste dabei thun. Kolbi t�dtete es jetzt, zog ihm das Fell ab und zertheilte es in kleinere St�cke. Das Fleisch des Wombats war in der That ein Leckerbissen und so fett, da� beim Braten sehr viel Fett in's Feuer trof. Was h�tte unser William nicht darum gegeben, dieses auffangen und statt des Oels oder Talgs gebrauchen zu k�nnen; es fehlte ihm aber an einer Bratpfanne, um es aufzufangen. Er h�tte dieses Fett aus dem Grunde so gern aufgehoben, weil es die bereits sehr langen Abende, die man v�llig m��ig wegen Mangel an Licht zubringen mu�te, ihm verk�rzt haben w�rde; denn der M��iggang war f�r unsern Freund eine entsetzliche Plage.

Am Tage gab es freilich Besch�ftigung f�r Beide genug. Man hatte immer noch mit der H�tte zu thun, in der man diese oder jene Bequemlichkeit anbrachte, und deren Ritzen man sorgf�ltig mit Gras verstopfte, weil Kolbi ge�u�ert hatte, es werde nun bald eine sehr schlimme Zeit kommen, in der �viel, viel Wasser� – so dr�ckte er sich aus, vom Himmel herabfallen w�rde. Da� er darunter den Regen verstand, werdet Ihr, meine Geliebten, wohl schon begriffen haben.

Ferner hatte man angefangen, einen Garten auf dem Abhange des H�gels, worauf die H�tte lag, anzulegen und ihn, zum Schutze gegen die wilden Thiere mit einer steinernen Mauer zu umgeben. An Steinen dazu fehlte es nicht, nur machte es einige M�he, sie den H�gel hinanzuschleppen. Als die Umz�umung fertig war, machte William von einem St�cke Eichenholz ein Grabscheit, die die gew�nschten Dienste beim Umgraben des Bodens leistete; auch einen Rechen oder eine Hacke machte er, um das gegrabene Land zu ebnen, das dann in ordentliche Beete eingetheilt wurde. Auf diese Weise gewann das Pl�tzchen ganz das Ansehen eines Gartens. Als der Boden bereitet war, dachte man auch daran, ihn zu bepflanzen. Zuerst setzte man neben der Mauer und rund um dieselbe, Himbeerstr�uche, die, da man sie flei�ig bego�, bald fr�hlich fortwuchsen. Aber wie m�hselig war dieses Begie�en, da man kein anderes Gef�� dazu hatte, als die Ledertasche oder die Eierschalen, die William von den Eiern des Emus oder australischen Kasuars gewonnen hatte. Wie viele Male mu�te man den Berg hinab und wieder hinaufsteigen, um die vielen Pflanzen zu begie�en! Dabei bewies aber Kolbi eine wirklich au�erordentliche Ausdauer, die die Williams bei Weitem �bertraf.

Auf die bereiteten Beete pflanzte man dann Pataten, diese f�r unsre Einsiedler so wichtige Frucht. William verfuhr ganz so damit, wie man in Europa mit den Kartoffeln verf�hrt und sein Flei� wurde reichlich belohnt.

Ein besonderes Interesse gew�hrten ihm aber einige Apfelsinen-K�rne, die er in einer der Taschen der Kleidungsst�cke gefunden hatte, welche ehemals seinem guten Freunde, dem Zimmermann, angeh�rt hatten. Zu welchem Zwecke dieser sie aufgehoben – vielleicht, um sie bei seiner R�ckkehr nach Europa selbst zu pflanzen? – wu�te er sich nicht zu sagen; genug, er fand zehn bis zw�lf St�ck davon, die sorgf�ltig in Papier gewickelt waren, und zugleich mit ihnen einige platte K�rner, die er auf den ersten Blick f�r Gurkenk�rner erkannte, die aber, wie sich sp�terhin auswies, K�rner von Melonen waren.

Dieser Fund versetzte unsern William in eine Art von Freudentaumel und es h�tte nicht viel gefehlt, da� er die lieben K�rner gek��t. Er bereitete f�r sie eine besondere gute Stelle, reinigte sie von allen Steinchen und legte die K�rner, etwa zwei bis drei Fu� von einander entfernt, einen halben Zoll tief in die Erde, was er mit einer Art von heiliger Empfindung that. Damit nicht etwa die Papageyen, deren Gen�schigkeit ihm bereits bekannt war, �ber die Steffens-Stelle – so hatte er sie im Andenken an den guten Zimmermann benannt – k�men, die gelegten K�rner hervorw�hlten und aufpickten, bedeckte er sie mit den Bl�ttern des Farrenkrautbaumes, die ihnen hinl�nglichen Schutz gew�hrten. Er hatte die Vorsicht gehabt, die vermeinten Gurkenkerne von den Orangenk�rnen zu trennen, und dies bekam ihm sehr gut, wie die Folge zeigte. Die sich bald �ber alle Erwartung ausbreitenden, die Gr��e unserer K�rbispflanzen erreichenden Melonenpflanzen w�rden die zarten Orangenst�mmchen bald �berwuchert und g�nzlich unterdr�ckt haben.

Da die Erde �beraus trocken war, bego� er sie jeden Abend; allein trotz dem lagen die K�rner viel zu lange f�r seine Ungeduld in der Erde, ohne sich zu zeigen. Endlich aber zuckte das erste gr�ne Bl�ttchen, das noch die zersprengte H�lse gleich einem M�tzchen auf dem Kopfe hatte, aus dem Boden hervor, und der Jubel der Freunde war kein kleiner. Es waren die Melonen, die sich zuerst hervor gemacht hatten; bald aber zeigten die Orangen gleichfalls ihre zarten Spitzen und wuchsen von nun an fr�hlich fort.

Wenn Einer von Euch Lieben auch einmal vom Schicksale zum Robinson bestimmt sein und gerade auf dieses Eiland kommen sollte, so werdet Ihr Euch an den herrlichen Fr�chten dieser St�mmchen laben und unsers Williams dabei gedenken k�nnen, der selbst sie nicht genie�en sollte. Auch die Melonen d�rften sich selbst fortgepflanzt haben und nicht weniger willkommen sein, als die saftigen und duftigen Orangen.

Siebenzehntes Kapitel.

In der kleinen Colonie trugen sich inde� zwei Vorf�lle zu, bei welchem William, bei dem erstern mit einem kleinen, bei den letzern aber mit einem gro�en Schrecken davon kam.

William, der einstmals allein auf der Insel umherstreifte, weil Kolbi eben besch�ftigt war, neue Pfeile zu spitzen, lie� sich durch eine ihm sonst nicht eigenth�mliche Naschhaftigkeit verleiten, etwas von dem wei�r�thlichen Stoffe zu kosten, der in leichten Flocken an dem Grase unter den B�umen hing, die von den Naturforschern Eucalyptus manniferra genannt werden. Diese B�ume schwitzen einen solchen Saft in gro�er Menge aus und streuen ihn auf den unterliegenden Rasen, oder er bleibt auch in leichten Flocken an den zarten Zweigen h�ngen.

Diese Flocken hatten einen sehr angenehmen, s��lichen Geschmack, und das war es, was unsern Freund verf�hrte, ziemlich viel davon zu genie�en. Aber o Himmel! wie schlecht bekam ihm seine Naschhaftigkeit, fast so schlecht wie �Fritz dem N�scher,� in dem Euch gewi� bekannten Gedichte, die seinige.

Kaum hatte er das Manna – denn dieses war es, was er genossen hatte – zehn Minuten im Leibe, so wurde ihm entsetzlich �bel und dabei stellte sich ein Bauchgrimmen ein, wie er es nie zuvor gehabt hatte. Seine Kr�fte drohten ihn g�nzlich zu verlassen und nur mit der �u�ersten Anstrengung vermochte er sich nach Hause zu schleppen, wo er wie ein halbtodter Mensch niedersank und in ein solches Aechzen und St�hnen ausbrach, da� Kolbi erschrocken seine Arbeit niederwarf und ihn fragte: ob er denn todt bleiben wolle?

– �Ach!� st�hnte William �ich glaube, da� ich irgend ein Gift genossen habe und sterben mu�. Armer Kolbi, was soll denn aus dir werden?�

– �Wenn du stirbst, dann sterbe ich auch,� versetzte der gute Junge; �ich mag nicht mehr ohne William leben; William ist so gut gegen Kolbi!� Die hellen Thr�nen traten ihm bei diesen Worten in die Augen und weinend setzte er sich zu seinem, sich wie ein Wurm windenden und kr�mmenden Freunde nieder; wie er ihm helfen, wodurch seinen Zustand erleichtern solle? das wu�te er nicht.

– �Kolbi,� nahm William nach einer Pause wieder das Wort, �Kolbi, ich glaube nicht, da� ich davon kommen werde, denn die Schmerzen in meinen Eingeweiden sind zu gro�, als da� ich sie lange aushalten k�nnte. Wenn ich aber sterben sollte, dann versprich mir zwei Dinge: erstlich, nicht mit mir sterben, sondern nach Gottes Willen auch ohne mich fortleben zu wollen, und dann, mich ordentlich zu begraben, in dem G�rtchen vielleicht, das wir angelegt haben, und dessen Fr�chte ich wohl schwerlich noch genie�en werde.� – �Ich will wohl ein gro�es Loch in die Erde graben und dich hineinlegen, wenn du dich nicht mehr r�hren und nicht mehr die Augen aufschlagen kannst,� versetzte Kolbi; �allein wenn du darin liegst, dann grabe ich gleich ein zweites Loch f�r mich, denn ich will nicht ohne dich leben.�

William wollte ihm aber das Str�fliche eines solchen Vorsatzes auseinandersetzen, als das Manna die Wirkung auf ihn hervorbrachte, wegen welcher es in unsern Apotheken aufbewahrt wird: es ist n�mlich ein sehr starkes Abf�hrungsmittel, und da William eine gute Portion davon zu sich genommen hatte, war die Wirkung dem angemessen. Hilf Himmel! wie oft mu�te der arme Junge nicht ein entlegenes Pl�tzchen aufsuchen, um seinem Freunde nicht beschwerlich zu fallen! Wie ermattet, wie elend f�hlte er sich nicht, wie oft w�nschte er nicht, durch den Tod von seinen Leiden befreit zu werden!

Die ganze Nacht ging es so fort, und erst mit Anbruch des n�chsten Morgens legten sich die Schmerzen und die �brigen l�stigen Wirkungen des Mannas, so da� er ein wenig einschlafen konnte. Der gute Kolbi sa� weinend neben ihm und lauschte auf seine Athemz�ge, ob sie auch schon stockten; denn er glaubte nicht anders, als da� sein geliebter William ��ber das gro�e Wasser hinfliegen� w�rde, denn die Wilden Australiens stellen sich so den Tod vor.

Einige Stunden ruhigen Schlafs wirkten aber wie ein Wunder: William f�hlte sich beim Erwachen wie neugeboren und ganz ohne Schmerzen. Zwar war er noch so matt, als h�tte er eine lange Krankheit �berstanden, und sah so bleich aus wie einer, der schon lange im Grabe gelegen; aber trotz dem war sein Zustand jetzt doch so, da� er wieder neue Lebenshoffnungen zu sch�pfen begann; ja, es regte sich sogar wieder einiger Hunger bei ihm, was, nach der erlittenen gro�en Ausleerung, eben kein Wunder war.

Als Kolbi sein Verlangen nach Nahrung vernahm, war er sehr vergn�gt, denn mit Recht dachte er, da� sein Freund sich jetzt in der Genesung befinden m��te. Er hatte noch ein St�ck von einer gebratenen Taube und gab es William, der es mit gutem Appetit verzehrte. Einige Himbeeren, die Kolbi ihm zu seiner Erquickung pfl�ckte, bekamen ihm ganz vortrefflich, indem sie seinen brennenden Durst zugleich l�schten. Schon nach zwei Tagen befand William sich vollkommen wieder wohl; so oft er aber einen Mannabaum erblickte, mu�te er an sein Abentheuer denken.

Der zweite Vorfall w�re bald weit schlimmer abgelaufen.

Ihr werdet euch erinnern, da� William unter den Sachen des Zimmermanns auch eine silberne Uhr gefunden hatte und sie sehr werth hielt. Er zog sie regelm��ig jeden Morgen auf und stellte sie jede Woche einmal um Mittag, wenn die Sonne gerade �ber seinem Scheitel stand, so da� sie doch ungef�hr die richtige Tageszeit anzeigte. Kolbi sah immer sehr aufmerksam zu, wenn er die Uhr aufzog, denn jetzt f�rchtete er sich nicht mehr vor dem �lebendigen Dinge,� wie er sie nannte, nachdem ihm William die Zusammensetzung der Uhr, das Ineinandergreifen der R�der u. s. w. gezeigt und ihm die Sache nothd�rftig erkl�rt hatte. Zwar war trotzdem noch immer eine geheime Scheu in dem Wilden vor dem �lebendigen Dinge,� und er sah es oft furchtsam von der Seite an; allein er erschrack nicht mehr davor, wie fr�her, wenn er es zuf�llig ber�hrte.

An einem Morgen, wo William �ber eine andere Besch�ftigung vergessen hatte, die Uhr aufzuziehen, kam eine ganz besondere K�hnheit �ber den armen Kolbi. Nach einigem Z�gern nahm er die Uhr, legte sie ans Ohr und steckte den Schl�ssel in das Loch, so wie er sie nicht mehr gehen h�rte, um sie aufzuziehen. Dies hatte er oft von William gesehen und glaubte es auch zu k�nnen. Er drehte und drehte; die Uhr fing an zu zucken und seine Freude war gro�; konnte er ja nun doch auch das Ding lebendig machen! Er kam sich zugleich wie ein Held und wie ein gro�er K�nstler vor.

Er drehte also, da die Sache so gut ging, erst langsam, dann immer geschwinder fort, bis es auf einmal im Innern der Uhr knack! s�gte und es furchtbar zu schwirren anfing. Ein wahrhaftes Entsetzen ergriff ihn, und er lie� sie in diesem Augenblick auf den Boden fallen. Da sie auf den harten Stein fiel, zerbrach das Glas und sprang in Splittern weit umher.

Einige Augenblicke stand Kolbi wie vom Schlage ger�hrt. Er glaubte nun doch an Zauberei, und da� irgend ein Geist in der Uhr verborgen sei, der seinen Zorn gegen ihn durch das Schwirren habe kund geben wollen. Wenn ihm dieser Gedanke an sich nun schon eine panische Furcht einfl��te, so wurde sie noch durch die Vorstellung von dem Zorne vermehrt, den William wie er meinte, dar�ber an den Tag legen w�rde, da� er die Uhr zerbrochen hatte, so da� der arme Wilde keine andere Rettung, als durch eine eilige Flucht sah.

Er schlich sich aus der H�tte, kroch hinter der steinernen Befriedigung des Gartens auf seinem Bauche fort, um von dem im Garten besch�ftigten William nicht gesehen zu werden, und fort war er!

Als William mit seiner Arbeit fertig war und in das Haus zur�ckkehrte, wunderte er sich zwar, Kolbi nicht dort zu finden; allein er hatte doch keine Ahnung davon, wie die Sachen standen, sondern glaubte vielmehr, da� sein Freund vielleicht auf die Jagd oder sonst wohin gegangen sei, um ihm eine angenehme Ueberraschung zu bereiten, wie er oft zu thun gewohnt war. Als aber der Abend herankam und Kolbi noch immer nicht zur�ckgekehrt war, ja, als es endlich sogar Nacht wurde und Mond und Sterne hell am Himmel standen, da ergriff ihn eine unendliche Angst um den so innig geliebten Genossen und diese trieb ihn aus der H�tte fort, um ihn zu suchen. So lange war Kolbi noch nie weggeblieben: es mu�te ihm also irgend ein Unfall begegnet sein!

Er durchstreifte die ganze Umgegend; er rief ohne Aufh�ren den Namen seines Freundes; keine andere Stimme aber antwortete ihm, als seine eigene, die durch das nahe Echo zur�ckgeworfen wurde.

Jetzt bem�chtigte sich eine wahrhafte Verzweiflung seiner. Er kehrte in die H�tte zur�ck und sank laut weinend auf sein Lager. Kein Schlaf kam in seine Augen.

Fr�h, mit dem ersten Strahl des Tages, erhob er sich wieder, um seine Nachforschungen fortzusetzen. Er durchstreifte nicht nur die Umgegend und den nahen Wald von Gummib�umen, sondern wagte sich sogar in Gegenden, die noch nicht von ihnen besucht worden waren, so da� er endlich an das jenseitige Meeresufer gelangte. Obgleich die Sonne ihre sengendsten Strahlen vom Himmel herniedersendete; obgleich er den ganzen Tag nichts genossen hatte, als dann und wann einen Trunk aus der Quelle, so f�hlte er in seiner gro�en Angst doch weder Hunger und Durst, sondern rannte nur immer vorw�rts, stets den Namen Kolbi's rufend, bis die Stimme ihm den Dienst versagte und er nicht mehr rufen konnte.

So brach der zweite Abend an und da William zu weit von der H�tte entfernt war, um noch dahin zur�ckkehren zu k�nnen, warf er sich laut weinend unter einem Baume nieder, um, wo m�glich, einigen Schlaf zu finden.

Stellt Euch, meine jungen Freunde, die trostlose Lage unseres Williams vor, und Ihr werdet nicht nur seinen Schmerz begreifen, sondern gewi� das innigste Mitleid mit ihm haben. Wenn es schon eine bittere Sache ist, inmitten der menschlichen Gesellschaft einen geliebten Freund zu verlieren, um wie viel h�rter mu�te es nicht sein, den einzigen Genossen einb��en zu sollen? Und Kolbi war, obschon nur ein Wilder, der beste z�rtlichste Freund. Seine Liebe und Hingebung f�r William kannte keine Grenzen; er war immer nur darauf bedacht, ihm eine Freude zu machen, ihm die Arbeiten zu erleichtern und die gr��eren Beschwerden abzunehmen. Er besa� das reinste, beste Herz von der Welt und �bte, ohne einmal zu wissen, was Tugend sei, die sch�nsten, erhabensten Tugenden. Er war unf�hig zur L�ge und Verstellung, stets wahr, treu, uneigenn�tzig und aufopfernd; an sich selbst dachte er immer zuletzt, desto mehr aber an seinen William, den er gleichsam wie ein h�heres Wesen verehrte, weil er f�hlte, wie sehr dieser ihm an Verstand, Einsicht und Wissen �berlegen sei. Dabei besa� er eine unverw�stlich gute Laune und war immer zu Scherzen und Sp�ssen aufgelegt. Er sang den ganzen Tag bei der Arbeit, h�pfte und sprang wie ein Reh, machte Purzelb�ume und die n�rrischsten Capriolen, so da� er William zugleich auf die angenehmste Weise unterhielt.

Er konnte aber auch wieder ernsthaft sein und sich zusammennehmen, und zwar besonders beim Lernen. William, der Mitleid mit seiner gro�en Unwissenheit hatte, war n�mlich auf den Gedanken gekommen, seinen Kolbi in manchen Dingen zu unterrichten und ihm richtigere Ideen davon beizubringen. Zu den Gegenst�nden, worin er ihn unterrichtete, geh�rte auch das Lesen. Er hatte ja in der Kiste des Zimmermanns zwei B�cher gefunden, und diese konnten ihm sehr gut dazu dienen, seinem Kolbi eine Wissenschaft beizubringen, die mit Recht als die Mutter aller �brigen Wissenschaften angesehen wird. Er zeigte ihm also in dem mit ziemlich gro�en Lettern gedruckten Gesangbuche erst die Lettern des gro�en, dann auch die des kleinen A-B-Cs, und lehrte ihn zugleich die Aussprache. Um Kolbi nicht zu erm�den, oder ihm, der das Lernen nicht gewohnt war, gar einen Eckel dagegen einzufl��en, zeigte er ihm jeden Tag nur einen Buchstaben, so da� er in vier und zwanzig Tagen erst das Alphabet kennen lernte. Das aber konnte Kolbi bald so gut, da� er gar nicht mehr fehlte, und jetzt konnte William schon zum Buchstabiren �bergehen. Der eben nicht sehr geschmeidigen Zunge fielen aber manche Laute sehr schwer und es war possirlich anzuh�ren, wie er sich damit abkasteite; besondere M�he machte es ihm, Worte auszusprechen, in denen mehre stumme Buchstaben hinter einander vorkamen, und die Silben geh�rig trennen zu lernen. Inde� �berwand sein Eifer und sein Flei� endlich doch alle Hindernisse. An und f�r sich machte ihm das Lesenlernen gar kein Vergn�gen, weil er noch nicht begriff, wozu es gut sein solle; aber er sah, da� er William durch seinen Flei� Freude machte, und so unterwarf er sich ihm zu Liebe dieser Anstrengung.

Ich denke, Kinder, da� Ihr den guten Kolbi auch schon lieb gewonnen habt; wie viel mehr mu�te William, der t�glich und st�ndlich mit ihm zusammenlebte, ihn nicht lieben! Und jetzt sollte er diesen theuren Freund, seinen einzigen Genossen, vielleicht f�r immer verlieren! Der Gedanke dr�ckte ihn so zu Boden, da� selbst das hei�e, innige Gebet, welches er zu Gott vor dem Einschlafen emporschickte, ihn nicht zu ermuthigen vermochte.

Endlich aber schlief er doch vor �bergro�er Erm�dung ein, und war im Traume gl�cklicher, als er beim Wachen gewesen war: er erblickte seinen geliebten Kolbi, der in der H�tte am Boden sa� und Pfeile schnitzte. Dieser Traum erweckte ihn: er erhob sich und schaute verwirrt um sich. Es war noch sehr fr�h und der Thau lag noch auf den Gr�sern und Pflanzen. Wie ward ihm, als er auf diesen die Spuren von Menschentritten wahrnahm! Die Insel war also noch von andern menschlichen Gesch�pfen bewohnt? Oder sollte Kolbi?..... Der Gedanke machte, da� er aufsprang und nach allen Seiten um sich blickte. Er verfolgte dann die Fu�spuren im Grase, und gelangte, ihnen immer folgend, zu einer Art von Vorgebirge, das in das Meer hinaus lief und fast bis an den Strand hinabging. Er erklomm einen der H�gel desselben und sah nun – wer beschriebe wohl sein Entz�cken? – Kolbi, seinen geliebten Kolbi auf einer Felsenklippe sitzen und in das vor ihm liegende blaue Meer hinausschauen. Es konnte kein Anderer als Kolbi sein: er erkannte ihn an der Kleidung, die er ihm endlich, nach langer Weigerung, aufgedrungen hatte; denn der Wilde fand sie zu Anfang – vielleicht auch jetzt noch – eben so unbequem als �berfl�ssig und lie� sich schwer dazu bereden, eine leichte Hose von Leinwand und eine Jacke von demselben Stoffe anzuziehen.

– �Kolbi! Kolbi!� rief William mit lauter, freudig bewegter Stimme und streckte zugleich die Arme gegen ihn aus. Kolbi vernahm sogleich die Laute der ihm so theuern, wohlbekannten Stimme; allein er antwortete nicht wie sonst freudig auf den Zuruf, sondern erhob sich, sah sich nach William um, und ergriff eiligst die Flucht.

– �Was ist das?� fragte sich William, der ihm erschrocken nachstarrte. �Sollte ich ihn vielleicht beleidigt oder gekr�nkt haben, ohne es zu wissen? War er doch so freundlich und liebevoll gegen mich, als ich ihn das letzte Mal sah?�

W�hrend William diese Betrachtungen anstellte, war er jedoch dem geliebten Fl�chtlinge nachgeeilt, und sei es nun, da� er diesmal schneller als Kolbi war; sei es, da� dieser bereits bittere Reue �ber seine unbedachtsame Flucht empfand, und sich willig einholen lie�; genug, er wurde von dem ihn Verfolgenden am Saume des Waldes gl�cklich eingeholt.

– �Was ist dir, Kolbi? und weshalb fliehst du vor mir?� fragte ihn William, so wie er ihn erreicht und zum Stehen gebracht hatte.

Statt ihm auf diese Frage zu antworten, warf sich der arme Junge vor ihm auf die Knie nieder, umfa�te seine F��e, als wolle er Verzeihung von ihm erstehen, und vergo� einen Strom von Thr�nen.

– �Sprich, Kolbi, mein theurer Kolbi, was ist dir?� fragte William, indem er sich zu ihm niederbog und ihn, wiewohl vergebens, aufzuheben suchte, um ihn in seine Arme zu schlie�en und an sein Herz zu dr�cken.

Kolbi hatte aber noch immer keine andere Antwort, als Thr�nen.

– �Ach!� sagte jetzt William mit traurigem Tone; �jetzt begreife ich Dich! Du wolltest mich heimlich verlassen, Kolbi; Du sehntest dich nach deinen Landsleuten, nach deinen fr�hern Gespielen und wolltest versuchen, zu ihnen �ber das Meer zur�ck zu schwimmen? Unsre Einsamkeit war dir l�stig geworden und du hattest nicht den Muth, von mir Abschied zu nehmen? Sprich, Kolbi, ist es nicht so?�

– �O nein! nein!� schluchzte Kolbi; �William ist mir der Liebste auf der Welt, lieber als die ganze Welt! Kolbi m��te sterben, wenn er William nicht mehr h�tte!�

– �Nun, was war es denn, was Dich zur Flucht antrieb?� fragte William, dessen Verwunderung mit jedem Augenblicke wuchs.

– �Kolbi ist nicht werth, da� William ihn lieb hat,� sagte der arme Junge, indem ein neuer Strom von Thr�nen ihm �ber die schwarzen Wangen flo�; �Kolbi hat William betr�bt, hat das Ding entzwei gemacht; Kolbi ist ein ganz schlechter Mensch geworden und will todt bleiben!�

– �Du hast die Uhr zerbrochen?� fragte William, der wu�te, was er unter dem �Dinge� verstand, aufathmend.

– �Ja, die Uhr,� versetzte der arme Wilde, �und der Geist in dem Dinge wurde sehr b�se – o, sehr b�se! – und er zischte mich an, wie die gro�e gelbe Schlange, wenn man sie mit einem Stecken schl�gt. Kolbi war so erschrocken dar�ber, da� er das Ding fallen lie� und es zerbrach; o, Kolbi war sehr b�se!�

– �Gott sei gedankt, da� es nichts weiter ist!� rief William erfreut aus. �Zwar war mir die Uhr sehr werth, indem sie mich an ihren fr�hern Besitzer erinnerte, der ein gar braver Mann war; allein tausend solcher Uhren, und noch weit mehr g�be ich freudig um dich hin, mein Kolbi! Tr�ste und beruhige dich daher: ich bin gar nicht b�se, nicht einmal betr�bt; habe ich doch dich wieder, meinen guten, guten Kolbi!� Er breitete ihm bei diesen Worten die Arme entgegen, in die Kolbi laut schluchzend sank. Der Friede war jetzt wieder zwischen den Freunden geschlossen und Arm in Arm traten unsere Beiden den R�ckweg zur H�tte an.

Auf dem Wege erz�hlte Kolbi, da� William ihm oft ganz nahe gewesen sei und er seinen Ruf deutlich vernommen, dann aber aus Furcht vor ihm die h�chsten B�ume erklommen habe, auf denen William ihn nicht gesucht. Dies war auch der Fall an dem Abende gewesen, wo William, vom langen Umherstreifen g�nzlich ermattet, sich unter dem Eucalyptus zum Schlafen niedergelegt. Sobald Kolbi, der sich keine hundert Schritte von ihm befand, ihn eingeschlafen sah, hatte er sich vorsichtig n�her geschlichen und sich, besch�tzt von der Dunkelheit, neben ihm niedergelegt. Mit Anbruch des Tages hatte er ihn aber verlassen, um seine Flucht fortzusetzen; �denn,� f�gte er mit traurigem Tone hinzu, �ich wollte dir nicht wieder vor Augen treten und in der Einsamkeit vor Hunger und Kummer umkommen.�

Achtzehntes Kapitel.

Unter solchen Gespr�chen waren sie endlich wieder bei der H�tte angelangt, die sie in ihrem vorigem Stande fanden; nur der arme Dingo und die V�gel hatten gro�e Noth gelitten, da ihnen Speise und Trank w�hrend der Abwesenheit der Freunde ausgegangen waren, und sie sich beides nicht hatten verschaffen k�nnen, weil William sie w�hrend der Nacht einzusperren gewohnt war und vergessen hatte, sie bei seinem Weggehen aus ihrem Kerker zu befreien.

– �Gieb Futter! Gieb Futter!� rief der gro�e K�nigspapagei unaufh�rlich: denn diese Worte hatte William ihn gelehrt und so oft er Futter haben wollte, rief er sie; der Dingo aber heulte erb�rmlich, so da� die Freunde nichts Eiligeres zu thun hatten, als die armen Gefangenen zu befreien und ihnen Speise und Trank zu reichen. Der Dingo lief sogleich an den Bach, um seinen gewi� sehr peinigenden Durst zu l�schen, und Kolbi folgte ihm mit dem Lederbeutel dahin, um Wasser f�r die V�gel zu sch�pfen, die inde� von William mit den f�r sie eingesammelten K�rnern und Fr�chten gespeiset wurden. Auch f�r Waldmann waren noch einige Knochen da, �ber die er sich begierig hermachte, und so war der gro�en Noth der armen Thiere abgeholfen.

Schon auf dem Wege zur H�tte hatte Kolbi sich oft nach dem Himmel umgesehen. Jetzt, als man die Thiere versorgt hatte, that er es nochmals und sagte dann zu William:

– �B�se Zeit! B�se Zeit!�

Dieser wu�te nicht, was die Worte zu bedeuten haben sollten und sah neugierig bald Kolbi, bald den Himmel an. Letzterer hatte sich mit noch leichten W�lkchen bedeckt, die sich aber bald zusammenzogen und wie ungeheure Berge am fernsten Rande des Horizontes aufth�rmten.

Kolbi, der aus Erfahrung wu�te, da� diese Erscheinung den nahen Ausbruch von Sturm, Regen und Gewitter bedeute, lief zu der Stelle, wo die ihnen so nothwendigen Pataten in Menge wuchsen, grub so viele davon aus, als ihm m�glich war, und lud William, der ihm erstaunt zusah, mit den Worten:

– �B�se Zeit kommt! Pataten sammeln! Nicht z�gern, Pataten in die H�tte zu bringen!� zur Theilnahme an seinem Gesch�fte ein.

William begriff jetzt, was er mit seinem: �B�se Zeit! B�se Zeit!� sagen wollte, und war ihm eifrig bei seiner Besch�ftigung beh�lflich. Sie mu�ten sich in der That sputen: immer dichter zogen sich die Wolken zusammen, immer dunkler wurde der Himmel und schon h�rte man das ferne Rollen des Donners; dabei hatte sich ein Wind erhoben, der in einzelnen St��en zwar nur noch, doch die Luft heftig ersch�tterte. Obgleich man �ber eine halbe Stunde vom Meere entfernt war, h�rte man es doch �rohren,� wie die Seeleute das hohle Brausen des Meeres, welches gro�en St�rmen und Gewittern voranzugehen pflegt, zu nennen pflegen. Kolbi, der immer in der freien Natur und in der N�he des Meeres gelebt hatte, war ein scharfer und unfehlbarer Beobachter in allen Dingen der Art geworden und seine Prophezeihungen trafen immer richtig ein.

Die Richtigkeit seiner Voraussage sollte sich auch diesmal bew�hren: immer st�rker und hohler brau�te das Meer; immer heftiger und anhaltender wurden die Windst��e; immer schw�rzer �berzog sich der Himmel: immer st�rker wurde das Rollen des Donners, das bald zu einem furchtbaren Krachen und Prasseln wurde, dem zackige Blitze jedesmal vorangingen, und nicht lange, so fielen gro�e, schwere Regentropfen vom Himmel nieder. Es war ein Gl�ck f�r unsre Freunde, da� Kolbi die Naturerscheinungen so genau kannte; denn sehr schlimm w�rde es f�r sie gewesen sein, wenn sie sich nicht geh�rig mit Vorr�then versehen h�tten. W�hrend des Unwetters Pataten aus der Erde zu graben, sie in die H�tte zu bringen, das w�re v�llig unm�glich gewesen. Der Regen ergo� sich nicht etwa wie bei uns, sondern best�ndig, wie ein heftiger Platzregen, der alle Niederungen schon nach wenigen Stunden in S�mpfe und Pf�tzen verwandelt hatte. Der sonst so sanft und ruhig dahinflie�ende Bach war bald zu einem rei�enden Strome geworden und �berschwemmte, aus seinen Ufern getreten, die umliegenden Gegenden. Er erhielt immer neue Nahrung von den kleineren Bergquellen, die sich in ihn ergossen und die ganze Niederung, das ganze fr�her so lachende Thal wurde in einen einzigen gro�en See verwandelt.

Dabei rollte der Donner fortw�hrend in den L�ften; zackige Blitze durchzuckten die dunklen Wolkenmassen und fuhren bald in diesen, bald in jenen Baum, dessen Spitzen sie abbrachen oder den sie g�nzlich niederst�rzten, so da� er krachend zu Boden fiel.

Die Gewitter halten in diesen Gegenden nicht, wie bei uns nur einige Stunden, sondern fast immer mehrere Tage an, auch sind sie weit furchtbarer. Die ganze Natur scheint bei ihnen in Aufruhr zu sein und Alles tritt aus seiner gewohnten Ordnung.

Da es das erste Gewitter der Art war, welches William erlebte, erschreckte es ihn zu Anfang nicht wenig; bald aber gew�hnte er sich auch daran, und jetzt gew�hrte ihm das wirklich gro�artige Schauspiel sogar Genu�.

Die H�tte legte bei diesem Unwetter ihr Probest�ck ab und lobte ihre Baumeister. Obschon nur von Brettern aufgebaut und mit Brettern gedeckt, trotzte sie doch den sich vom Himmel herabst�rzenden Fluthen und lie� auch nicht einen Tropfen Wasser durch, so da� sie Menschen und Thieren den vollkommensten Schutz gew�hrte. Die letztern bezeigten sich furchtsamer als Kolbi, der auch nicht die geringste Aengstlichkeit verrieth. Er verrichtete alle ihm obliegende Gesch�fte so ruhig, als w�re kein Aufruhr in der Natur gewesen; dagegen heulte der Dingo fast unaufh�rlich und die Papageien schrieen ganz erb�rmlich, indem sie zugleich mit den Fl�geln schlugen, als wollten sie den Regen, von dem sie doch nicht getroffen wurden, absch�tteln.

William, der jetzt wieder ganz ruhig und gefa�t geworden war, dachte daran, diese schlimme Zeit zu einer Arbeit zu ben�tzen, die eigentlich schon l�ngst h�tte beschafft werden m�ssen, aber immer aufgehoben worden war, weil es drau�en nothwendigere Dinge zu thun gab. Der Mangel an Gef��en, worin man etwas aufbewahren, namentlich, worin man einen Vorrath von Wasser sammeln konnte, war unsern beiden Einsiedlern schon lange empfindlich gewesen, und jetzt, wo man doch nichts anderes beginnen konnte, sollte endlich demselben abgeholfen werden.

Man besa� noch einige Holzbl�cke, die vermuthlich die Tr�mmer von dem gro�en Maste des gestrandeten Schiffs, auf dem William gereist war, oder eines andern Schiffes waren. Man hatte sie an einem Tage, wo man das Meer besuchte – und dies geschah fast t�glich, da man �msig nach einem rettenden Schiffe umhersp�hte – am Strande gefunden und sie, ihrer N�tzlichkeit wegen, in die H�tte gebracht. Dies war freilich, bei ihrer Gr��e und Schwere, eine m�hselige Arbeit gewesen, bei der unsre Beiden manchen Schwei�tropfen vergie�en mu�ten; aber sie scheuten solche Anstrengungen nicht, und so war ihnen das saure Werk gelungen. William forderte Kolbi auf, ihm beh�lflich zu sein; man legte die Holzst�cke auf eine Art von Stellage und schnitt dann mit der S�ge St�cke von 1 Fu� oder 1� Fu� L�nge davon. Da sie von einem Maste abstammten, hatten sie von selbst eine runde Form; man hatte also nur n�thig, sie sorgf�ltig auszuh�hlen, was man vermittelst eines Meissels mit nicht allzugro�er M�he that. Freilich war auch diese Arbeit keine leichte und ein Drechsler w�rde in wenigen Minuten vielleicht zu Stande gebracht haben, wozu sie bei dem angestrengtesten Flei�e einen ganzen Tag bedurften; aber dies schreckte sie nicht, und drei bis vier h�bsche Gef��e wurden fertig, wovon eines sogleich zum Trinktrog f�r die Thiere bestimmt wurde.

Au�erdem verfertigte Kolbi, der sich darauf verstand, noch einige allerliebste K�rbe von einem sehr starken Grase, das auf den Inseln Australiens gefunden und von den Europ�ern neuseel�ndischer Flachs genannt wird. Die Fasern dieses Grases sind so stark und biegsam, da� man angefangen hat, Anker- und andere Schiffstaue davon zu machen, die an Haltbarkeit bei weitem die von Hanf gemachten �bertreffen sollen.

Von diesem trefflichen Grase hatte Kolbi schon vor einiger Zeit eine gute Portion neben der H�tte aufgeh�uft, weil man schon lange mit der Idee umgegangen war, K�rbe und K�rbchen davon zu flechten.

W�hrend nun William den Drechsler spielte, machte sich Kolbi an die K�rbe, und er gab seinem Freunde Gelegenheit, seine Geschicklichkeit zu bewundern. Mit unglaublicher Schnelle machte er das artigste K�rbchen von der Welt fertig, und es fehlte ihm sogar nicht einmal an Zierlichkeit und angenehmer Form. Er verstand runde und l�ngliche zu machen und versah jedes K�rbchen mit so festen Henkeln, da� man ihm etwas anvertrauen konnte, ohne f�rchten zu m�ssen, da� der Inhalt auf die Erde fiele.

So verstrich denn auch diese Zeit, die sonst so tr�b und unangenehm f�r sie gewesen sein w�rde, auf eine wirklich angenehme Weise, indem sie w�hrend derselben sich unausgesetzt einer lohnenden, n�tzlichen Th�tigkeit beflei�igten. Ja, das Unwetter h�tte noch weit l�nger dauern k�nnen, ohne ihnen l�stig zu fallen, um so mehr, da ihr Vorrath an Pataten noch immer ausreichte, Dank sei es der F�rsorge Kolbi's.

Endlich schien die bisher sich so emp�rt gezeigt habende Natur in ihr fr�heres Geleis zur�cktreten zu wollen, nachdem das Unwetter etwa acht Tage angehalten hatte. Eine ordentliche Regenzeit, die f�nf bis sechs Wochen zu dauern pflegt, wie man sie in andern tropischen L�ndern[3] zu finden gewohnt ist, giebt es in Australien nicht. Die Stelle derselben vertreten ziemlich starke und l�nger als bei uns anhaltende Gewitter und Regeng�sse, die aber die Natur au�erordentlich erfrischen und den Pflanzenwuchs bef�rdern.

[3]: Tropische L�nder nennt man solche, die zwischen den Wendekreisen liegen.

Das Gewitter hatte schon l�ngere Zeit aufgeh�rt; der Sturm legte sich nach und nach, auch der Regen fiel nicht mehr in Str�men, sondern bereits in kleineren Tropfen. Am Abende des achten Tages regnete es noch etwas, als man aber am Morgen des neunten erwachte, lachte die Sonne hell vom heitersten Himmel herab.

Unsere Freunde konnten jetzt wenigstens aus der H�tte in's Freie hinaustreten, wenn sich gleich noch nicht in das g�nzlich �berschwemmte Thal wagen. Ihr erster Gang war in den Garten, um nach ihren lieben Pflanzen und Pfl�nzchen zu sehen.

H�tten sie den Garten unten im Thale angelegt, so w�rde es vermuthlich �bel um die jungen Orangen- und Melonenpflanzen ausgesehen haben; aber zum Gl�ck lag er an einem Abhange des H�gels, auf dem die H�tte stand, und so hatten ihre kleinen Anlagen nicht den mindesten Schaden gelitten. Im Gegentheil, es war bewunderungsw�rdig, wie sie gewachsen waren, seit man sie zuletzt gesehen. Die Orangen hatten schon allerliebste Bl�ttchen und die Melonen fingen bereits an, sich auf dem Boden auszubreiten.

Williams Freude bei diesem Anblick k�nnt Ihr Euch vorstellen, meine geliebten Kinder. Der Eine oder Andere von Euch besitzt gewi� auch ein G�rtchen oder doch ein Beet, worauf er s�en, pflanzen und wirthschaften kann und wird in diesem Falle mitempfinden k�nnen, was unser William empfand, als er Alles so weit gediehen erblickte. Mir ist es wenigstens als Kind oft so ergangen, da� ich Abends vor Ungeduld kaum einschlafen konnte, wenn irgend eine sch�ne Blume auf meinem Beete sich zu entfalten, ihren farbigen Kelch dem Lichte zu �ffnen im Begriff war; und fr�h, wenn kaum der junge Morgen sich im Osten zeigte, wenn noch die gl�nzenden Thauperlen an den Spitzen der Gr�ser hingen, war ich schon wieder im Garten und stand entz�ckt vor meiner lieben, lieben Blume. Dieser Freude an der Natur und dem, was sie hervorbringt, habe ich vielleicht meiner Gewohnheit, fr�h aufzustehen, zu verdanken, f�r die ich Gott nicht genug danken kann. Die Natur ist am Morgen am sch�nsten, der Mensch selbst am frischesten und am besten zur Th�tigkeit aufgelegt. Dies habe ich erkannt und mich daher bei der guten Gewohnheit erhalten. Die meisten von den vielen B�chern, die Euch und andern gute Kinder schon erfreut haben, sind in solchen Stunden geschrieben worden, in denen der gern sp�t aufstehende Gro�st�dter sich noch im warmen Bette dreht. Macht es so wie ich, und Ihr werdet, meine Geliebten, viele Zeit, ein gutes Wohlbefinden, Kraft und Munterkeit dadurch gewinnen.

William konnte sich nicht satt sehen an seinen Pfl�nzchen und auch Kolbi stimmte in seine Freude ein, obgleich er noch keinen Begriff davon hatte, welche k�stliche Fr�chte sowohl die Melonen, als die Orangen zu tragen bestimmt waren. Die Fr�chte der erstern sollte er jedoch bald kennen lernen; denn die Pflanzen wuchsen, da� man h�tte glauben sollen, sie wachsen zu sehen.

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Was bedeuten die kleinen schwarzen punkte im brand zwieback

Neunzehntes Kapitel.

Man kann sich keinen Begriff davon machen, wie angenehm die Luft, wie erfrischt Alles nach diesem anhaltenden Regen und nach der Entladung der Luft durch das Gewitter von allen in ihr angeh�uften Unreinigkeiten war. Alle Pflanzen gl�nzten, dufteten und standen kr�ftiger. Es dauerte auch nicht gar lange, so hatte der Boden das �berfl�ssige Wasser eingesogen und unsre Beiden konnten sich wieder in das Thal hinabwagen, wo der sch�ne Bach seine gew�hnlichen Ufer wieder gefunden hatte.

Unsre Einsiedler konnten jetzt auch wieder ihren gewohnten Besch�ftigungen nachgehen und sich durch die Jagd einen leckern Braten verschaffen; ja, wie der Mensch ungen�gsam von Natur ist, William bezeigte sogar ein Gel�ste nach Fischen, so da� er darauf dachte, von dem z�hen neuseel�ndischen Flachse ein Netz zu machen, in dem er am Meere die harmlosen Bewohner der k�hlen Fluth zu fangen gedachte. Er hatte aber die Rechnung ohne den Wirth gemacht: hart am Strande waren keine Fische und an einem Kahne fehlte es ihnen, weil William nicht die Vorsicht gebraucht hatte, das Canot, auf dem Kolbi hergekommen, geh�rig zu befestigen: die n�chste etwas hochgehende See hatte es also mit sich fortgerissen.

Indessen verzweifelten unsre Freunde keineswegs daran, auch noch ein Canot herzustellen; sie trauten sich, im Besitze ihrer Ger�thschaften, schon immer mehr und mehr zu, besonders da sie mit jedem Tage geschickter in der Handhabung derselben wurden. Ein Baumstamm konnte vermittelst der S�ge und der Axt in wenigen Tagen gef�llt werden und das Aush�hlen desselben durch darin angez�ndetes Feuer verstand Kolbi sehr gut. Es wurde also beschlossen, schon in den n�chsten Tagen zum Werke zu schreiten und es kam nur noch darauf an, einen passenden Baum zu finden.

Dieser Plan, der gewi� von ihnen ausgef�hrt worden w�re, sollte aber durch ein schreckliches Ereigni�, das sich mit ihnen zutrug, zu Wasser werden.

An einem Morgen, als sie aus dem Schlafe erwachten und sich eben anschicken wollten, ihr Fr�hst�ck zu bereiten, kam der Dingo, welcher bereits die H�tte verlassen hatte, mit einem kl�glichen Geheul angerennt und zu ihrem nicht geringen Entsetzen sahen sie, da� in seinem Fell ein Pfeil hing. Das arme Thier sch�ttelte sich, um die ihn auf den Tod verwundende Waffe los zu werden, aber es war vergeblich! der Pfeil stack fest, und winselnd kroch er, seine Gebieter mit dem der Wunde entquillendem Blute bespritzend, zu ihnen heran. Kolbi war sogleich bereit, den Pfeil aus der Wunde zu ziehen, um seine Qual zu enden; allein der arme Waldmann war auf den Tod getroffen, und schon nach wenigen Augenblicken verendete er zu den F��en unserer erschrockenen Colonisten.

Dies war, da man das gute Thier sehr lieb gewonnen hatte, freilich schon an und f�r sich ein trauriges Ereigni� und sie konnten sich nicht enthalten, ihrem treuen und zuthunlichen Genossen eine Thr�ne nachzuweinen; allein die Sache hatte eine noch weit schlimmere Seite; es mu�te eine Menschenhand, die eines Wilden gewesen sein, die den Pfeil auf den Dingo abgeschossen hatte; denn Europ�er w�rden das Thier mit andern Waffen erlegt haben.

Dieser Gedanke dr�ngte sich Beiden zugleich auf, und die gr��te Furcht bem�chtigte sich ihrer. Was sollte aus ihnen werden, wenn Wilde an der Insel gelandet w�ren und sie vielleicht durchstreiften? Ihr Schicksal war nicht zweifelhaft, wenn sie diesen in die H�nde fielen: man w�rde sie ergreifen, t�dten und verzehren.

Nachdem sich ihr Schmerz �ber den Tod des treuen Thieres etwas gelegt hatte, waren sie auf ihre eigene Sicherheit bedacht, und Kolbi, der behender als William war, schlug vor, da� er den h�chsten Baum des n�chsten H�gels erklimmen wolle, um von diesem hohen Standpunkte aus die Insel zu �berschauen, w�hrend William am Fu�e desselben auf seine Berichte wartete. Gesagt, gethan! Schnell wie ein Eichh�rnchen erklomm Kolbi den hohen Eukalyptus, aber weit schneller noch, als er hinaufgeklettert war, kam er, ohne ein Wort gesprochen zu haben, wieder herab, ergriff Williams Hand und rief ihm mit dem Tone des Entsetzens zu:

– �Fort! Fort! sie kommen!�

William folgte ihm wie bet�ubt; doch verlor er selbst in diesem furchtbaren Augenblicke seine Besinnung und Besonnenheit nicht. Er bat Kolbi, ihm zur H�tte zu folgen und hier angelangt, bepackte er ihn und sich selbst mit ihren besten, unentbehrlichsten Ger�thschaften, wozu auch die von Kolbi verfertigten Waffen geh�rten, und dann erst ergriffen Beide die Flucht.

�Wohin aber?� fragte man sich. Die Insel war, wie sie jetzt wu�ten, nur von geringem Umfange und bot nirgends einen sichern Versteck dar, sie h�tten einen solchen dann in den h�chsten Gipfeln der B�ume des nahen Waldes suchen m�ssen. Zwar dachte man an die Ameisenh�hle, wie man die H�hle neben der H�tte nach dem Besuche der l�stigen Thierchen nannte; allein man verwarf diesen Gedanken sogleich wieder, da sie zu nahe bei der H�tte lag. Es stand mit Recht zu vermuthen, da� die Wilden, so wie sie die H�tte entdeckten, auf Menschen schlie�en w�rden, die sie erbaut und bewohnt h�tten, und in diesem Falle w�rde man sie in der nahe gelegenen H�hle zuerst suchen. Schon auf dem Wege in den Wald kam William noch ein guter Gedanke und er theilte ihn Kolbi mit: man wollte die H�tte durch Niederrei�en zerst�ren, um den Wilden Glauben zu machen, da� sie bereits seit l�ngerer Zeit von ihren Bewohnern verlassen worden sei. Man kehrte also, so dringend auch die Gefahr bereits war, nochmals zur H�tte zur�ck, bediente sich der Axt, die das Dach tragende Pf�hle umzuhauen, und sah schon nach einer kurzen Frist in Tr�mmer zusammensinken, was man mit so gro�er M�he und Anstrengung aufgebaut hatte.

Jetzt erst dachte man an eilige Flucht. Es war aber auch die h�chste Zeit, denn kaum hatte man den sch�tzenden Wald erreicht und sich hinter dichtem Geb�sch verborgen, so sah man die Wilden in dicken Schaaren �ber den H�gel herabkommen, an dessen Abhange die kleine Besitzung lag. Unsere Beiden waren noch so nahe, da� sie deutlich Alles unterscheiden und sogar den Ruf einzelner Stimmen vernehmen konnten.

Bald dr�ngte sich Alles auf einer Stelle zusammen und bildete einen dichten Menschenkn�uel: ohne Zweifel hatte man die Tr�mmer der H�tte entdeckt und war verwundert, in dieser Ein�de die Reste einer menschlichen Wohnung zu finden. Bald sah man auch einzelne Wilde die Spitze des H�gels erklimmen und sich sorgf�ltig nach allen Seiten umsehen, als suche man Etwas; allein zum Gl�cke waren unsre Beiden gut versteckt durch das dichte Geb�sch, und die Sp�her kehrten zu den Uebrigen zur�ck, ohne Etwas entdeckt zu haben.

Man durfte aber nicht in dieser N�he weilen, weil es den Wilden jeden Augenblick einfallen konnte, in das Geb�sch zu dringen und es zu durchsuchen. Unsre Fl�chtlinge setzten daher, so eilig sie konnten, ihren Weg weiter fort und drangen immer tiefer in das Geh�lz ein. Aber bald waren sie auch hier nicht mehr sicher, denn schon vernahm ihr Ohr am Eingange des Waldes verwirrte Stimmen, und so w�lzte sich der Schwarm, aller Wahrscheinlichkeit nach, hieher. Ihre Angst erreichte den h�chsten Gipfel und sie wu�ten nicht, wohin ihre Zuflucht nehmen; da sahen sie in einer geringen Entfernung einen Koala oder australischen B�ren aus einem dichten Gewinde von Rankengew�chsen hervorkriechen, und daraus schlie�end, da� er dort seine H�hle haben werde, eilten sie auf die Stelle zu. Sie sahen sich in dieser Erwartung nicht get�uscht, und fanden unter dem Gestr�uche einen in die Erde hinabgehenden Eingang, der zwar nicht breiter war, als da� sie auf dem Bauche kriechend, in die H�hle des B�ren gelangen konnten, ihnen aber f�r den Fall der Noth doch einige Sicherheit gew�hrte.

Schnell machten sie sich daran, mit der Axt und ihren H�nden, die die Stelle einer Schaufel vertreten mu�ten, den Eingang zu erweitern, wobei sie sich wohl h�teten, die aufgeworfene Erde umherzustreuen, denn das w�rde den Wilden ihren Zufluchtsort verrathen haben; sie warfen sie vielmehr zwischen die Ranken und vertilgten mit gro�er Sorgfalt jede Spur ihrer m�hsamen Arbeit.

Diese wurde �ber alle Erwartung belohnt; denn kaum hatten sie die Oeffnung einige Fu� tief erweitert, so dehnte sich die H�hle aus und wurde endlich so breit und ger�umig, da� sie, wenn auch nicht aufrecht darin stehen, doch darin sitzen konnten.

Ein Knurren und Brummen ganz in ihrer N�he verrieth ihnen, da� die H�hle noch au�er ihnen von einem andern Gesch�pfe bewohnt sei, wahrscheinlich von einem weiblichen Koala, das hier seine Jungen s�ugte. Eine solche N�he konnte ihnen, obgleich sie sich nicht vor dem harmlosen Thiere f�rchteten, nicht angenehm sein, schon des �blen Geruchs wegen, den diese Gesch�pfe verbreiteten, und so mu�ten sie sich entschlie�en, den eigentlichen Besitzer der H�hle aus derselben zu vertreiben, was ihnen nach einigen derben P�ffen, die sie dem armen Thiere versetzten, gelang. Knurrend und brummend nahm es, seine Jungen mit sich f�hrend, seinen Abschied und unsre Beiden sahen sich im ruhigen Besitze des usurpirten Zufluchtsorts. Diese Besitznahme war im Grunde eine Ungerechtigkeit; aber die dringende Gefahr konnte ihnen zur Entschuldigung gereichen.

Hier sa�en nun unsre Beiden in der tiefsten Finsterni� im Schoo�e der Erde; ihnen fehlte Alles und doch hatten sie Gott zu preisen, da� er ihnen einen solchen Zufluchtsort gezeigt hatte, der ihnen wenigstens die Hoffnung lie�, ihr Leben zu bewahren. Hand in Hand sa�en William und Kolbi da und waren so niedergedr�ckt, da� sie kein Wort zu reden wagten.

Nicht lange sollte ihre Ruhe dauern. Kaum waren sie eine halbe Stunde in der H�hle gewesen, so drang ein Ton verwirrter Stimmen, das dem Summen eines Bienenschwarmes glich, zu ihren Ohren und sie schlossen daraus, da� die Wilden sich ihrem Zufluchtsorte gen�hert h�tten. In dieser Voraussetzung irrten sie sich nicht: die Wilden hatten wirklich den k�hleren Wald zu ihrem Aufenthaltsorte ausersehen und waren zu der Insel gekommen, um hier ein gro�es Fest zu feiern.

Ihr bisheriger H�uptling war n�mlich im Kriege gefallen, und sie wollten einen neuen erw�hlen, bei welcher Gelegenheit stets gro�e Festlichkeiten von ihnen veranstaltet werden. Zu solchen geh�rten vor allen Dingen Schmausereien – macht man es doch bei solchen Gelegenheiten im civilisirten Europa nicht besser! – und da ihnen bekannt sein mochte, da� die Insel sehr viel Wildpret hege, waren sie her�bergeschifft, um hier ihre Gastm�hler zu halten.

Lautes Rufen, Geschrei, Gesang sogar, lie�en sich bald ganz in der N�he vernehmen, und Kolbi, der k�hner als sein Freund, auf dem Bauche bis zum Eingange der H�hle vorgekrochen war, sah, vom Gestr�pp und den Rankengew�chsen verdeckt, da� man viel trockenes Holz herbeischleppte, um ein gro�es Feuer anzuz�nden. Alles war �berhaupt besch�ftigt. Einige Wilde trugen Erde und Laub zusammen, woraus sie einen H�gel machten, vermuthlich zum Sitze f�r den neu zu erw�hlenden H�uptling; andere sch�rften ihre Waffen und die Weiber und Kinder trugen Laub und Blumen herbei, aus denen sie Kr�nze winden wollten.

Unter einem hohen Baume und mit dem R�cken gegen den Stamm desselben gelehnt, sa� aber ein Greis, den Kolbi auf den ersten Blick f�r den Zauberer erkannte, denn so nennen die Wilden ihre Priester. Er war zwar, wie die �brigen Wilden, bis auf ein Schurzfell, welches er um den Leib gebunden hatte, v�llig nackt; allein um seinen Hals hatte er ein Gewinde von todten Schlangen, das ihm ein abschreckendes Ansehen gab, und in der Hand trug er ein gro�es steinernes Messer.

Dieses Messers bedienen sich die Priester, um den jungen M�dchen die beiden ersten Gelenke des kleinen Fingers an der linken Hand abzuhauen; denn wie die Europ�erinnen ihre Ohren durchbohren lassen, um Ringe hineinzuh�ngen, was gleichfalls eine sehr l�cherliche Mode ist, so verst�mmeln die Wilden ihre Hand und glauben sich dadurch recht sch�n zu machen.

Dem Zauberer oder Priester n�herte sich Alles mit der gr��ten Ehrfurcht, und Keiner w�rde es gewagt haben, ihm den R�cken zuzukehren.

W�hrend die M�nner sich zur Jagd anschickten, sammelten die Weiber die Wurzeln von einer Art von Farrenkraut, die ihnen zur Speise dienen. Sie zerklopften sie mit Steinen und r�steten sie am Feuer; diese nicht eben wohlschmeckende Speise nannten sie Uga-Due. Noch Andere sammelten von einem Gummibaum ein gr�nes Gummi, das sie Kudi nannten. Es vertritt, da es einen scharfen Geschmack hat, die Stelle des Branntweins bei ihnen und sie kauen es best�ndig. Auch Pataten, von den Wilden Kumara genannt, sammelten sie in Menge zu dem vorhabenden Gastmahle ein. Zu diesen Vegetabilien lieferten die M�nner bald Fleischspeisen. Sie schossen mit ihren Pfeilen eine Menge Kukupas (wilde Tauben), einen Dingo, einige Stachelschweine, fliegende F�chse und endlich gar ein K�ngeruh, wor�ber sich ein gro�es Freudengeschrei erhob, als die gl�cklichen J�ger damit angeschleppt kamen.

Als William sah, da� sein Freund Kolbi in seinem sichern Verstecke unbemerkt blieb, trieb ihn die Neugierde, auf seinem Bauche auch aus der H�hle hervorzukriechen, um den Treiben der Wilden zuzusehen.

Er sah, da� dieser Menschenschlag fast ganz so schwarz, wie sein Kolbi war; nur hatte dieser letztere eine etwas angenehmere Gesichtsbildung und sah vor allen Dingen freundlicher aus. Sie hatten einen kleinen, aber sehr regelm��igen Wuchs, ein etwas breites Gesicht, das bei den M�nnern sehr b�rtig war; eine stumpfe Nase, durch deren Scheidewand sie kleine Knochen- oder Rohrst�cke gezogen hatten, was sie sehr verunstaltete; dicke Lippen, sehr wei�e Z�hne, schwarze, tiefliegende Augen und sehr buschige Augenbraunen. Auf dem Kopfe trugen sie ein kleines Netz von Opossum-Haaren, das ihnen fast die Augen verdeckte, so da� sie es zur�ckschlagen mu�ten, wenn sie etwas genauer sehen wollten. Die meisten hatten eine feuerfarbene Binde, woran ein kleines Schurzfell hing, um den Leib geschlungen und ihre Haut war so gl�nzend, wie polirtes Ebenholz. Wie Kolbi seinem Freunde schon fr�her erz�hlt hatte, reiben sie sich den K�rper mit Fisch�hl ein, wichsen sich also gleichsam, wie wir unsere Schuhe und Stiefel. Lange konnte William nicht begreifen, womit sie sich den Kopf geschm�ckt hatten, der einige Aehnlichkeit mit dem eines Stachelschweins durch einen h�chst seltsamen Aufputz hatte, bis Kolbi ihm erkl�rte, da� seine Landsleute sich das Haar mit einer Art von Gummi zusammenklebten und es dann mit Fischgr�ten und Vogelknochen besteckten. Viele von den Wilden waren vom Kopfe bis auf die F��e t�towirt, d. h. mit wei�er und rother Farbe bemalt; Kolbi erkl�rte ihm, da� sie sich mit der rothen bemalten, wenn es in den Kampf gehen sollte, mit der wei�en aber, wenn zum Tanze. Sehr h��lich machten sie die breiten wei�en Ringe, die sie sich unter den Augen von einer wei�en, unserer Kreide �hnlichen Erde gemacht hatten. Allen M�nnern fehlte ein Vorderzahn, den man ihnen unter gro�en Ceremonien ausrei�t, so wie sie in das J�nglingsalter treten. Ihr Haar ist �brigens nicht kurz, kraus und wollig, wie das der Neger, sondern vielmehr glatt, lang und sehr schwarz; es k�nnte eine Zierde an ihnen sein, wenn sie es nicht � la Stachelschwein frisirten.

Alle ohne Ausnahme waren bewaffnet, selbst die Knaben trugen eine Art von Wurfspie�; Andere hatten eine Keule, die sie Waddis nannten oder Stangen (Womerra), Schilde, Lanzen, Bogen und Pfeile, steinerne Aexte u. s. w. Diese Waffen sind reich mit ausgeschnitzten Figuren verziert, die oft nicht ohne Anmuth sind. Sie f�hren immer Feuer mit sich, weil sie es, des vielen unverbrennbaren Holzes wegen, schwer anmachen.

Ihre musikalischen Instrumente, worauf sie aber wirkliche T�ne hervorbrachten, bestanden in einer Art von Rohrfl�te oder vielmehr Pfeife, die sie aber nicht mit dem Munde, sondern mit den Nasl�chern spielten, was sich seltsam genug annahm. Andere Musikanten hatten plumpe Leyern mit drei Saiten und noch andere Muscheln, die man See-Trompeten nennt und worauf sie T�ne hervorbrachten, als sei das j�ngste Gericht gekommen. Vom Tacte, von einer Melodie scheinen sie keinen Begriff zu haben; Jeder blies, was ihm einfiel, und dies gab die k�stlichste Katzenmusik von der Welt. Dies Alles w�rde unserm William, f�r den es v�llig neu war, sehr belustigt haben, wenn er nicht f�r sein Leben h�tte f�rchten m�ssen. Die bisher heitre Sonne verwandelte sich aber bald in eine sehr tragische. Ein Knabe, der vielleicht dreizehn bis vierzehn Jahre alt sein mochte, kam jubelnd mit einem Opossum angeschleppt, das er erlegt hatte. Dies ist ein Thier von der Gr��e eines Fuchses, hat aber in seinem Wesen viel vom Eichh�rnchen; auch n�hrt es sich nur von Pflanzenkost. Wenn es schl�ft, rollt es sich wie eine Kugel zusammen; wenn es wacht oder fri�t, setzt es sich auf die Hinterf��e, legt den Schwanz auf den R�cken und h�lt seine Speise mit den Vorderf��en, wie ein Affe. Es hat auf dem R�cken lange braune Haare, die nach dem Bauche zu in's Gelbliche fallen. Wird es verfolgt, so st��t es ein rauhes Geschrei aus. Die Augen sind gro� und klug, die Schnauze ist sehr spitz. Will es auf den B�umen von einem Zweige zum andern springen, so wickelt es seinen langen Rollschwanz um einen Ast und springt dann mit dem �brigen Theile seines K�rpers. Das Opossum geh�rt zu den Beutelthieren, wovon es so verschiedene Arten in Australien giebt.

Kaum hatten die Wilden den armen Knaben mit seiner Beute erblickt, so sprangen alle, welche bisher am Boden gelagert gewesen waren, mit dem Geschrei:

�Tapu! Tapu!�

auf, schwangen ihre Waffen und umringten den zitternden Knaben, der erschrocken seine Beute hatte fallen lassen und vor Schrecken am ganzen Leibe zitterte. Der Zauberer oder Priester, welcher bisher unbeweglich, einer Statue gleich, unter seinem Baume gesessen hatte, erhob sich jetzt auch; seine Augen funkelten vor Zorn und drohend schwang er sein gro�es steinernes Messer �ber seinem Haupte. Alles machte dem Zornigen ehrerbietig Platz, so da� er sich ungehindert dem armen Knaben n�hern konnte, der vor Angst auf seine Knie niedergesunken war und seine Arme kreuzweis �ber die Brust gelegt hatte. Als der Priester bei ihm angelangt war, murmelte er einige unverst�ndliche Worte, die wie das ferne Rollen eines Donners klangen, und senkte dann sein gro�es Messer tief in die Brust des armen Schlachtopfers, das sogleich umsank und aus dessen Leibe ein dicker Strom von Blut hervorquoll.

Entsetzen ergriff William bei diesem Anblick, w�hrend Kolbi so ruhig zusah, als w�re gar nichts geschehen, und nahe war ersterer daran, einen lauten Schrei auszusto�en; er hielt ihn aber zum Gl�ck zur�ck, denn er w�rde sie den Wilden verrathen haben und dann w�re ihr Loos gewi� kein besseres gewesen, als das des armen Knaben.

Dieser w�lzte sich noch einige Augenblicke in seinem eigenen Blute am Boden, dann wurde er pl�tzlich still. Das arme Opfer des Aberglaubens hatte ausgelitten: es war todt.

Mit der Freude und dem Feste der Wilden war es jetzt augenscheinlich aus. Man nahm die Waffen auf; man warf Blumen und Kr�nze zur Erde; die l�rmende Musik verstummte und der Zug entfernte sich mit langsamen Schritten und auf die Brust gesenktem Haupte, von dem Priester gef�hrt. Dieser hielt sein blutiges Messer hoch empor und rief von Zeit zu Zeit mit schauerlichem Tone: �Tapu! Tapu!�

– �Jetzt sind wir sicher,� sagte Kolbi, sich vom Boden erhebend; �sie schiffen sich sofort wieder ein, und kehren nie nach diesem Eilande zur�ck, da der Tapu durch den Knaben gebrochen worden ist.�

– �Was aber ist der Tapu?� fragte William, der vor Entsetzen stumm geworden war und erst jetzt seine Sprache wiederfand. – �Was der Tapu ist?� wiederholte Kolbi und sah ihn verwundert �ber seine Unwissenheit an. �Der Tapu ist der Tapu,� f�gte er hinzu; �wei� William denn das nicht?�

�Nein,� versetzte dieser; �wie sollte ich wissen, was ein Tapu ist? Nur soviel habe ich eben erfahren, da� es etwas Schreckliches ist, da er dem armen Knaben das Leben gekostet hat.�

Unser Kolbi war nicht gelehrt genug, um William die Sache geh�rig erkl�ren zu k�nnen, auch verstand er sie in der That selbst kaum und wu�te nur soviel, da�, wer den Tapu gebrochen, sein Leben verwirkt hat. Da Ihr, meine Theuren, gewi� aber eben so neugierig seid, wie unser William war, will ich Euch die Erkl�rung nicht vorenthalten.

Tapu oder auch Tabu – das erstere Wort ist das richtigere – bedeutet so viel als ein Verbot, dieses oder jenes Thier, diese oder jene Pflanze, einen Stein, ein Haus, ein Feld, kurz irgend eine Sache ber�hren, das Thier, worauf der Tapu gelegt, t�dten, die andern Gegenst�nde ber�hren zu d�rfen. Es ist dies eine sich selbst auferlegte freiwillige Entbehrung, etwa wie unsere katholischen Glaubensbr�der sich an gewi�en Tagen des Fleischgenusses enthalten. Das Wort des Priesters oder des Oberhaupts, ein Traum, den der Eine oder Andere gehabt hat, l��t den Tapu auf eine Sache legen; das Wort bedeutet also dem Sinne nach so viel als Verbot.

Dieses Verbot darf, bis es wieder aufgehoben ist, von keinem Mitgliede des Stammes gebrochen werden, und bricht es Einer, so ist er dem Tode verfallen. Der arme Knabe hatte wahrscheinlich vergessen oder �berh�rt, da� der Priester den Tabu �ber das Opossum ausgesprochen, und als er jetzt mit einem erlegten Thiere dieser Art ankam, war er dem Tode verfallen. Der Ort aber, wo der Tapu gebrochen worden ist, wird von den Wilden als ein entweihter, als ein Ort des Unheils angesehen, daher augenblicklich verlassen, um nie wieder betreten zu werden. Das geschah auch jetzt, und bevor noch eine Stunde verflossen war, befand sich kein Mensch, au�er unsern beiden Freunden, mehr auf der Insel.

Wie gern w�re Kolbi, der noch immer an seinen abergl�ubischen Vorstellungen hing, seinen Br�dern gefolgt; da er aber in ihnen die Feinde seines Stammes erkannt hatte, wagte er es nicht, sondern wollte lieber auf der Insel seinem Schicksale entgensehen.

Zwanzigstes Kapitel.

Der Anblick, den das Haus und dessen Umgebung gew�hrte, war der niederschlagendste von der Welt. Die Wilden hatten die H�tte nicht nur eingerissen, sondern auch einen Theil der Bretter verbrannt. Von den Ger�then, die mit so gro�em Flei�e und unter so anhaltender Anstrengung von ihnen verfertigt worden waren, fand man nur einige wenige unter den Tr�mmern vor, und auch diese waren zum Theil zerst�rt. Das Beh�ltni�, worin man die Thiere aufbewahrt hatte, war erbrochen und diese selbst fort: ob die Wilden sie get�dtet, ob ihnen die Freiheit gegeben hatten? wer vermochte das zu bestimmen?

Unsre Freunde waren so betr�bt �ber den Anblick, der sich ihnen darbot, da� sie ganz verstummt waren und sich mit Augen ansahen, in denen Thr�nen perlten.

Ein schwerer Gang stand unserm William, der sich mehr als Kolbi f�r die Gartenanlage interessirte, noch bevor: er wagte es kaum, die Gartenmauer zu ersteigen; denn was konnte er erwarten, als auch in diesem die Gr�uel der Verw�stung zu erblicken?

Endlich raffte er sich auf und erstieg die Mauer; als er oben auf derselben stand, verkl�rte ein L�cheln, das erste nach l�ngerer Zeit, sein Antlitz und mit lauter, freudig bewegter Stimme rief er: �Kolbi! Kolbi!�

Dieser kam auf den Ruf seines Freundes eiligst herbeigerannt und fragte, was es g�be?

�Freude! Freude!� rief ihm William entgegen. �Unser Garten ist unversehrt und die Melonen stehen in vollster Bl�te.� –

Kolbi, der nicht wu�te, welch' eine k�stliche Frucht die Melone sei, bezeigte weniger Freude, als William erwartet hatte, und sagte sogar verdrie�lich:

�Da sie uns alles Andere zerst�rt haben, h�tten sie den Garten auch noch zerst�ren k�nnen!�

– �So denke und spreche ich nicht,� versetzte William etwas ge�rgert durch die Gleichg�ltigkeit seines Freundes; �ich danke vielmehr Gott, da� er uns diese Freude noch lie�.� –

– �Ich w�rde deinem Gott auch gedankt haben, obgleich ich ihn noch nicht recht kenne und mich fast so sehr vor ihm f�rchte, wie vor dem b�sen Geiste Potayan, wenn er uns die H�tte und alles Andere auch bewahrt h�tte: da nun aber die H�tte in Tr�mmer liegt und unsere Gef��e zerschlagen sind, h�tte er die Blumen immerhin auch mit zerst�ren lassen k�nnen; denn Blumen, und viel sch�nere als diese, bl�hen ja �berall.�

– �Wenn du erst einmal die Fr�chte dieser Blumen gekostet haben wirst,� versetzte William, �dann wirst du anders sprechen; ich aber danke meinem Gott, der ein freundlicher Gott ist, f�r die kleine Gabe, wie f�r die gro�e.�

Er verlie� mit diesen Worten Kolbi, um nach seinen Orangenb�umchen zu sehen, die ihm fast eben so sehr am Herzen lagen, als die Melonen, obgleich er wu�te, da� er noch viele Jahre w�rde warten m�ssen, bevor er von ihnen Fr�chte zu ernten erwarten durfte. Zu seiner nicht geringen Freude waren auch sie, wie alles Andere, unversehrt; ja sie hatten w�hrend der Regenzeit artige Bl�ttchen getrieben und sahen ganz frisch und kr�ftig aus.

Als er Alles geh�rig besehen hatte und eben wieder zu Kolbi zur�ckkehren wollte, der traurig neben den Tr�mmern der H�tte sa�, h�rte er die Worte rufen:

– �Gieb Futter! Gieb Futter!�

– �Ach! da bist auch du noch?!� rief er freudig bewegt aus und ging auf die Gegend zu, von welcher der Ton gekommen war. Lange konnte er das artige Thierchen nicht finden; es hatte sich unter der Gartenmauer verkrochen, verrieth sich aber bald durch seinen wiederholten Ruf: �Gieb Futter! Gieb Futter!�

Endlich entdeckte William seinen Schlupfwinkel, und als er die Hand hineinsteckte, h�pfte das artige Thier – Ihr werdet schon errathen haben, da� es der K�nigspapagei war – ihm auf dieselbe, und sah ihn mit klugen Blicken an, als er es in die H�he hob.

William trug ihn sogleich zu dem trauernden Kolbi, dessen Gesicht beim Anblick seines Lieblings vor Freude verkl�rt wurde. Der Verlust des Papageis war ihm fast eben so nahe gegangen, als der der H�tte und alles Andern, und so hatte er durch das Wiederfinden desselben auch seine Freude in der Tr�bsal. Er nahm ihn von Williams Hand auf die seinige und streichelte ihn mit der andern, was das Thierchen sich willig gefallen lie�.

– �H�re,� sagte dann Kolbi, �nun mag ich deinen guten Geist, den du Gott nennst, schon besser leiden; da� er uns den lieben Vogel wieder gab, war wirklich recht gut von ihm.�

– �Du wirst den lieben Gott schon noch n�her kennen und ihn dann eben so lieben lernen, wie ich ihn liebe,� war Williams Antwort.

– �Wenn er aber so gut ist, wie du sagst,� versetzte Kolbi, �weshalb lie� er denn die Feinde an das Eiland kommen und unsern Dingo t�dten, unsre H�tte zerst�ren, unsre Gef��e zertr�mmern? Du sagst mir immer, da� er eine so gro�e Macht habe und Alles k�nne, was er wolle; so h�tte er ja auch die Feinde abhalten k�nnen, uns so gro�en Schaden zuzuf�gen und uns in solche Angst zu versetzen?�

�Ich wei� noch nicht,� versetzte William ernst, �wozu es gut und f�r uns heilsam war, da� wir dieses Unheil erfahren mu�ten; allein ich hege das feste Vertrauen zu der Gnade, Weisheit und Freundlichkeit meines Gottes, da� er es auch in dieser Pr�fung gut mit uns meinte, und da� sie zu unserm wahren Heile dienen werde.�

Kolbi konnte dies noch nicht recht verstehen, sondern sch�ttelte bedenklich das Haupt und meinte: Gottes G�te offenbare sich nur in dem seinen Gesch�pfen verliehenen Gl�cke. Er sollte aber, zu seinem Heile, eines Bessern belehrt und davon �berzeugt werden, da� Gott seine Menschen eben am meisten liebt, wenn er ihnen Tr�bsal sendet. William legte inde� nicht lange die H�nde in den Schoo�, sondern machte sich sogleich davon, die Tr�mmer der H�tte zu untersuchen, um zu sehen, ob die Wiederherstellung derselben wohl m�glich sein w�rde. Diese Untersuchung gew�hrte aber ein ziemlich trostloses Resultat: weit �ber die H�lfte der Bretter war verbrannt und der noch �brig gebliebene Theil in einem solchen Zustande, da� an den Wiederaufbau nicht gedacht werden konnte; ja, der Rest der Bretter reichte nicht einmal hin, das Dach einer von gro�en Steinen ausgef�hrten H�tte zu decken. Das war dann freilich eine ziemlich trostlose Aussicht, um so mehr, da die H�hle noch immer von den Ameisen bewohnt wurde, die sich f�r immer h�uslich darin niedergelassen zu haben schienen. Inde� mu�te doch ernstlich auf ein sicheres Obdach gedacht werden, da, wenn wieder ein Unwetter eintreten sollte, sie ohne ein solches nicht h�tten sein k�nnen.

Die Sache hatte inde� gro�e Schwierigkeiten, denn einestheils hatte man bereits die in der N�he aufzutreibenden gr��ern Steine zur Umz�unung des Gartens benutzt, und die Gartenmauer wieder einzurei�en, dazu konnte William sich nicht verstehen, da er sich des vielen vergossenen Schwei�es erinnerte, unter dem sie die n�thigen Steine herbeigeschafft und aufgeth�rmt hatten; anderntheils wurden zum Bau der H�tte eine so gro�e Menge von Steinen erfordert, da� man Monate lang daran h�tte schleppen m�ssen, und doch war das Bed�rfni� eines sch�tzenden Obdachs so dringend. Die Mauern, welche die H�tte bilden sollten, mu�ten von einer doppelten Lage von Steinen aufgef�hrt werden, damit sich die eine Lage gegen die andere st�tze; denn man hatte ja keinen M�rtel, um die Steine geh�rig miteinander zu verbinden und aneinander zu befestigen.

�Es sieht sehr schlimm um uns aus,� sagte William zu Kolbi, der sich wie ein Kind noch immer mit dem wiedergefundenen Papagei besch�ftigte und f�r nichts Anderes Sinn zu haben schien, �es sieht sehr schlimm um uns aus, und wir werden, f�rchte ich, noch manche Nacht unter freiem Himmel zubringen m�ssen, bevor wir wieder eine neue H�tte haben werden.�

�Da� wir unter freiem Himmel schlafen, ist nicht n�thig,� versetzte Kolbi mit gleichg�ltigem Tone; �f�r mich w�re das �brigens kein allzugro�es Ungl�ck, da ich daran gew�hnt bin,� f�gte er hinzu, �und Regen und Unwetter wird es sobald wohl nicht wieder geben: hat doch der b�se Geist alles Wasser ausgegossen und mu� erst neues wieder sammeln, um es �ber uns auszusch�tten.�

�Ich aber f�rchte mich davor, unter freiem Himmel �bernachten zu m�ssen,� nahm William wieder das Wort, �wei� ich doch, wie nachtheilig das auf meine Gesundheit wirkt.�

�Nun, so arbeiten wir nur am Tage hier,� versetzte Kolbi, �und kriechen Nachts in die H�hle des Koala, die nicht allzuweit von hier ist. Das Thier wird sie uns schon noch l�ngere Zeit abtreten m�ssen und sollte es sich zudringlich zeigen, so haben wir ja noch unsere Axt, um es todt schlagen zu k�nnen.�

William, der an diesen Ausweg nicht gedacht hatte, war sehr erfreut �ber Kolbis Vorschlag und nahm ihn mit Freuden an. Dann wurde sogleich zum Werk geschritten: man r�umte die Tr�mmer weg, legte alles brauchbare Holz auf die Seite, reinigte den Boden und schleppte Steine herbei, welches letztere freilich eine unendlich m�hsame Arbeit war, da man die Steine zum Theil sehr weit suchen mu�te. Inde� verlor man trotz dem den Muth nicht und auch die Kr�fte reichten aus, da man sie durch eine geh�rige Nahrung und einen gesunden Schlaf wieder st�rkte.

Auch f�r eine gr��ere Bequemlichkeit in der H�hle des armen Koala wurde gesorgt, indem man sie so erweiterte, da� Beide bequem Platz nebeneinander fanden, und man den Boden mit ausgerauftem Grase bedeckte, das ein weiches, duftiges Lager bildete.

Man arbeitete unausgesetzt den ganzen Tag �ber, mit Ausnahme der Zeit, deren man zur Zubereitung und zum Genusse der Speisen bedurfte, und schon nach etwa vierzehn Tagen hatte die Steinmauer, die man in einem regelrechten Viereck auff�hrte, die halbe H�he ihres Leibes erreicht. Mit herzinniger Freude sahen unsere Freunde ihr m�hsames Werk mit jedem Tage mehr wachsen, und so sauer ihnen auch manchmal der Transport der schweren Steine wurde, die noch obendrein bergauf geschleppt werden mu�ten, so h�rte man doch keine Klage von ihnen, und unter fr�hlichen Gespr�chen und Ges�ngen schritt das Werk vorw�rts.

Die Melonen waren indessen auch nicht faul, und gaben sich M�he zu wachsen, wie mir einstmals ein kleiner Knabe naiv von den �ber Nacht aufgebrochenen Blumen sagte. Die Ranken breiteten sich bereits �ber eine gro�e Fl�che des Bodens aus und die Bl�tter hatten eine in Europa nicht vorkommende Gr��e erreicht; unter ihnen aber reifte still die herrliche, saftreiche und duftige Frucht, die hier, unter dem hei�en Himmelsstriche, die Gr��e eines m��igen K�rbis erreicht. Es war der Samen der sch�nen Netzmelone gewesen, den William gefunden und der Erde anvertraut hatte. Jeden Tag bildete sich das wei�liche Netz deutlicher auf der gr�ngelben Fl�che der Frucht aus, und endlich lie� sich eine davon bereits etwas weicher anf�hlen, so da� William meinte, man k�nne schon zum Genusse derselben schreiten.

Es w�rde mir schwer werden, Euch zu beschreiben, mit welchen Empfindungen unser Freund sein Messer hervorzog, um die Frucht abzuschneiden; ich m�chte sie eine heilige nennen, denn seine Seele war mit Dank gegen Gott, den Geber alles Guten, erf�llt; Kolbi aber stand ziemlich gleichg�ltig dabei und sah zu, wie William die Melone abschnitt und aufhob; ihn erg�tzte noch nichts daran, als die Gr��e der Frucht und ihr ungewohntes Ansehen; Gott f�r die Gabe zu danken, kam ihm aber nicht in den Sinn.

William trug inde� die Melone unter einen gro�en Gummi-Baum, holte ein St�ckchen Brett herbei, legte es auf den Boden und die Melone darauf, um sie auf diesem improvisirten Teller zu zerschneiden. So wie das Messer hineindrang, fuhr ein hochgelber Saft aus der Wunde hervor, die er der Frucht beigebracht hatte, so da� ihm das Wasser schon im Munde zusammenlief; dann schnitt er ein Paar t�chtige Schnitte ab und gab erst Kolbi eine, dann nahm er selbst eine andere und bi� hinein. O, wie s�� schmeckte die Frucht, wie duftig, wie labend war sie, wie angenehm k�hlend!

Kolbi sagte nichts, aber nicht, weil ihm die Melone nicht schmeckte, sondern weil sie ihm so gut schmeckte, wie noch nie etwas in seinem Leben; das Entz�cken beraubte ihn der Sprache und er kaute mit beiden Backen.

�Nun,� sagte William, der ihm mit Vergn�gen zusah, �nun, wie schmeckt Dir die Melone? und war es nicht ein Gl�ck, da� die Feinde die lieben Pfl�nzchen verschonten? Gelt, Du hast jetzt auch Deine Freude daran, Kolbi?�

�Ein gro�es Gl�ck war es, da� sie die Pflanzen nicht auch zerst�rten, wie alles Andere,� versetzte Kolbi, indem er sich die vom Safte der Frucht betr�ufelten Finger ableckte – denn ein manierlicher Esser war der arme Wilde noch keineswegs; – �ein gro�es Gl�ck, William! Du aber bist sehr geschickt, da� Du solche gute Melonen machen kannst! ich k�nnte das nicht!�

�Ich habe sie nicht gemacht,� war Williams Antwort; �sie ist eine Gabe unseres lieben Vaters im Himmel, des guten Gottes.�

�O, Du willst mir etwas vorl�gen,� sagte Kolbi schlau l�chelnd; �aber Kolbi ist nicht so dumm, Kolbi hat gesehen, wie Du die Melonen gemacht hast, und er glaubt Dir nicht, da� Dein Gott sie gemacht habe.�

�Ich konnte nichts weiter thun, als da� ich die gefundenen Kerne in die Erde steckte,� versetzte William; �aber diese Kerne waren ein Werk, ein Geschenk Gottes, und er gab Sonnenschein und Regen und das liebe Erdreich dazu, in denen sie wuchsen und gediehen; ich konnte weder die Erde, noch Sonnenschein und Regen machen, das konnte nur Gott.�

Kolbi antwortete seinem Freunde nicht, denn er war noch nicht im Stande, ihn zu verstehen; er starrte aber lange vor sich hin, als wenn er recht ernstlich �ber die Sache nachd�chte, dann sagte er:

�H�re William, wenn es wahr ist, da� dein Gott die Melonen gemacht hat – und ich glaube es Dir, weil Du Kolbi noch niemals belogen hast – so will ich ihn auch lieb haben, lieber als den guten Geist Koyan, den wir anrufen, wenn wir in Noth sind oder etwas haben wollen; denn Koyan kann so gute Melonen nicht machen. Wenn meine Br�der diese Melonen schmeckten, und ich ihnen sagte: die hat der Gott der wei�en Leute gemacht, so w�rden sie ihn auch lieben, wie ich ihn jetzt liebe.�

�Thue das,� versetzte William ger�hrt, �und danke ihm zugleich f�r die herrliche Gabe.�

�Kann er denn meinen Dank h�ren?� fragte Kolbi verwundert und sah sich fast �ngstlich nach allen Seiten um, als f�rchte er, Gott, zu erblicken.

�Wohl kann er das,� versetzte William.

�Er ist ja aber nicht da und ich sehe ihn nirgends?�

�Er ist unsichtbar, aber �berall,� war die Antwort.

Das verstand Kolbi wieder nicht, selbst da nicht, als William ihn darauf aufmerksam machte, da� man in seinem Lande doch auch an einen guten und b�sen Geist glaube, obgleich ihn keiner gesehen.

�O, die hat man wohl gesehen!� versetzte Kolbi.

�Sahst Du sie denn je?� fragte William.

�Nein, ich nicht, auch keiner meiner Br�der; aber die Zauberer sahen sie und sprachen mit ihnen,� versetzte Kolbi.

�Das glaube ich nicht,� erwiederte William; �Eure Zauberer sind L�gner, wenn sie das sagen; den guten Geist, wie Ihr den nennt, den wir Gott nennen, sieht Niemand, h�rt Niemand: er ist unsichtbar, wie ich Dir schon gesagt habe.�

�Wie aber wei� man denn, da� er da ist?� fragte Kolbi.

�Man erkennt sein Dasein an seinen Werken.�

Das war wieder zu hoch f�r unsern armen, unwissenden Wilden; William aber wollte ihm die Sache gern deutlich machen und fuhr fort:

�Gesetzt, Du und ich, Kolbi, trennten uns auf einige Zeit; Du gingest dahin, ich dorthin und wir s�hen einander auch gar nicht mehr, so w�rdest Du doch, wenn Du nach einiger Zeit hierher zur�ckkehrtest und die H�tte g�nzlich vollendet f�ndest, bei Dir sagen: �die hat William fertig gemacht;� so w�rdest Du sagen, wenn Du mich auch gar nicht mehr s�hest.�

�Ja, das w�rde ich; denn wer sonst sollte sie gemacht haben?� war Kolbis Antwort.

– �Sieh,� fuhr William fort, �eben so hat sich der liebe Gott in fr�herer Zeit den Menschen offenbaret, damit sie an sein Dasein glauben und ihn anbeten sollten; jetzt, wo sie das thun, redet er nicht mehr zu ihnen, sondern offenbart sich ihnen nur noch durch seine Werke. Er ist es, der die Welt geschaffen hat und erh�lt; der die Sonne, den Mond, die Sterne, das Meer, die Erde machte, der sie mit Menschen und Thieren bev�lkerte, der Regen und Sonnenschein, Sturm und Gewitter giebt, der die Keime in der Erde sich entwickeln, die Pflanzen wachsen und gedeihen, die Frucht reifen l��t, damit sich seine Gesch�pfe davon n�hren, daran erfreuen. Er kann, was er will, denn er ist allm�chtig; er will immer nur das Beste seiner Gesch�pfe, denn er ist allg�tig, er lenkt Alles zum Besten, denn er ist allweise, das hei�t, er besitzt mehr Verstand und Einsicht, als alle seine �brigen Gesch�pfe zusammen; er sieht und h�rt Alles, denn er ist allgegenw�rtig.�

– �H�re William,� versetzte Kolbi nach einer ziemlich langen Pause, w�hrend welcher er ernstlich nachgedacht zu haben schien, �h�re, ich will deinen Gott, von dem du so viel Gutes sagst, auch lieb haben, noch lieber, als den guten Geist, von dem die Zauberer erz�hlen.�

�Thue das, mein Kolbi,� antwortete ihm William, indem er ihm die Hand reichte, �und wenn du willst, lehre ich dich beten zu unserm guten Gott im Himmel; das Gebet, der Dank seiner Menschen sind ihm angenehm.�

– �Ach!� versetzte der arme Kolbi mit einem tiefen Seufzer, �wie werde ich das lernen k�nnen? bin ich doch dumm!�

– �Du bist keineswegs dumm, sondern nur unwissend,� antwortete ihm William; �dumm ist nur Der, der nichts lernen kann, unwissend aber, welcher wohl lernen k�nnte, bisher aber noch nichts gelernt hat.�

– �Es w�re ein gro�es Gl�ck, wenn ich nicht dumm w�re und noch beten – sagtest du nicht so? – lernen k�nnte,� erwiederte Kolbi.

Unter diesen und �hnlichen Gespr�chen verbrachten die Freunde ein sehr angenehmes St�ndchen. Sie lie�en sich dabei die Melone vortrefflich schmecken, von der William, ein guter Haush�lter, die Kerne sorgf�ltig sammelte, um sie demn�chst der lieben Erde wieder anzuvertrauen, damit sie neue Fr�chte tr�ge. Er trocknete sie, indem er sie auf ein gro�es Blatt legte, an der Sonne und steckte dann hie und da einen Kern in die Erde. Als sie emporkeimten, sah Kolbi nicht mehr mit Gleichg�ltigkeit auf die jungen Pfl�nzchen, sondern freute sich ihrer, wie fr�her William.

Die �berfl�ssigen Kerne – Ihr werdet wissen, welch' eine Menge eine einzige Melone hat, und unsre Colonisten hatten davon mehr als hundert – blieben auch nicht unbenutzt. Der sch�ne zahme Papagei naschte nicht nur sehr gern von der duftigen Frucht, sondern fast lieber noch von den Kernen, die s��lich und sehr wohlschmeckend sind. Man gewann also ein sehr gutes und reichliches Futter f�r das liebe Thierchen und hatte nicht mehr n�thig, es m�hsam zu suchen, was man fr�her gezwungen gewesen war zu thun.

Der Bau der H�tte r�ckte inde� vorw�rts und da man jetzt Zeit hatte, an Alles zu denken, wurde im Hintergrunde derselben sogar ein Feuerherd angelegt, den man zwar nicht immer, wohl aber w�hrend eines heftigen Regens benutzen wollte. Man hatte n�mlich w�hrend der Regentage gro�e M�he gehabt, die H�tte vor dem Verbrennen zu besch�tzen, da man gezwungen gewesen war, das Feuer in derselben anzumachen, weil der drau�en fallende heftige Regen es ausgel�scht haben w�rde. Dazu gesellte sich noch ein h�chst heftiger Rauch, dem man keinen Abzug geben konnte, weil man die Th�re nicht immer �ffnen durfte. Diesen gro�en Unbequemlichkeiten sollte jetzt durch den Bau eines Heerdes und Schlotfanges abgeholfen werden. Die Sache war nicht eben leicht, aber William probirte so lange, bis sie gieng, und an Ausdauer �bertrafen ihn Wenige. Zwar mu�te er, um den Schlotfang bilden zu k�nnen, einige von seinen Brettern hergeben; allein die Sache war zu wichtig und so durfte er nicht anstehen, sie in's Werk zu richten. In allem Andern vertraute er Gott und hoffte mit Zuversicht auf seinen Beistand.

Endlich war die H�tte so weit, da� nur noch das Dach fehlte, aber um dieses stand es �bel: die �brig gebliebenen Bretter reichten kaum zur H�lfte aus und an eine Th�r war vollends nicht zu denken. Doch war letztere durchaus nothwendig, schon der giftigen Schlangen wegen, die ihnen unfehlbar n�chtliche Besuche abstatten w�rden, wenn sie die H�tte nicht wohl verwahrten; hatten sie doch schon in der Erdh�hle des Koala M�he genug, sich dieser feindlichen G�ste zu erwehren.

Die Sachen standen also ziemlich trostlos; man verlor jedoch den Muth nicht und beschlo�, die ganze Insel, immer am Meeresstrande hingehend, zu umkreisen, in der Hoffnung, vielleicht noch einige Planken von dem gestrandeten Schiffe zu entdecken, auf dem William hergekommen, oder auch von einem andern, das von demselben ungl�cklichen Schicksale betroffen worden war.

Zu dieser Reise, obgleich die Insel nicht gro� war, bedurfte es doch einiger Vorbereitungen, weil man nicht sicher sein konnte, �berall Lebensmittel zu finden. Man mu�te daher einige Vorr�the mit sich nehmen und ersah zu diesem ein paar Melonen, so wie eine Portion Pataten aus, die man in einem linnenen Quersacke mit sich nahm. Nachdem man Alles wohl bedacht und beschafft hatte, trat man in Gottes Namen die Wanderung an.

Einundzwanzigstes Kapitel.

Fr�hlich und wohlgemuth, theils unter heitern, theils unter belehrenden Gespr�chen, wanderten unsere Freunde fort. William, der das herzlichste Verlangen trug, seinen geliebten Kolbi mit dem erhabenen Wesen n�her bekannt zu machen, auf das er sein vollstes, innigstes Vertrauen setzte, zu dem er sich in Freud' und Leid immer zuerst wandte, redete seinem Begleiter auf diesem Wege viel von Gott, und zu seiner Freude fand er jetzt schon ein offeneres Ohr f�r die Wahrheiten der Religion bei demselben, als er fr�her gefunden haben w�rde. Nach und nach entsagte Kolbi seinen abergl�ubischen Vorstellungen und wandte sein Herz dem einigen wahren Gott zu. William, dem das eine unaussprechliche Freude machte, vers�umte keine sich ihm darbietende Gelegenheit, ihn auf die Wunder der Natur und zugleich auf die erhabenen Eigenschaften Gottes aufmerksam zu machen, und da er zwar nicht gelehrt, aber eindringlich und aus innerster Ueberzeugung sprach, fanden seine Worte Eingang bei seinem Freunde.

Den eigentlichen Zweck ihrer Wanderung schienen unsre Beiden inde� verfehlen zu sollen. Wie sorgsam sie auch sp�hten, so erblickten sie doch am Meeresstrande nicht das Geringste, das ihnen zu ihrem Zwecke h�tte dienen k�nnen. Es lagen zwar viele sch�ne bunte Muscheln und Steine genug am Ufer, allein auch nicht das kleinste St�ckchen Holz, das ihnen zu ihrem Bau h�tte dienen k�nnen.

Dies war ihnen nat�rlich sehr unangenehm; allein es entmuthigte William keineswegs, sondern er sann sogleich auf Abh�lfe, die ja auch noch immer m�glich war, da sie ihre Ger�thschaften vor der Zerst�rungswuth der Wilden gerettet hatten.

Am zweiten Morgen ihrer fruchtlosen Wanderung war es Kolbi, der zuerst erwachte und dem nahen Meere zueilte, um sich in der k�hlen Fluth zu baden, wie es seine Gewohnheit in der Heimath gewesen war. Er hatte kaum seine wenige Bekleidung abgeworfen und schickte sich eben an, sich ins Wasser zu st�rzen, als sein �ber das Meer hinstreifender scharfer Blick ein kleines dunkles P�nktchen am �u�ersten Rande des Horizontes entdeckte. Er starrte es einige Augenblicke an und bemerkte, da� es beweglich war. Jetzt weckte er William, um ihn auf die Erscheinung aufmerksam zu machen; denn er wu�te mit Gewi�heit, da� das schwarze P�nktchen am vorhergehenden Abende nicht an der Stelle gewesen war, und so erregte es mit Recht seine Aufmerksamkeit.

William, der durch Kolbi in einem lieblichen Traume gest�rt worden war, der ihn nach der geliebten Heimath, in das Haus seiner Mutter versetzte, war fast ein wenig unwillig, da� Kolbi ihn erweckt hatte, er rieb sich die noch schlaftrunkenen Augen und fragte, was es denn g�be?

�Einen schwarzen Punkt gibt es da dr�ben, der gestern Abend vor unserm Einschlafen noch nicht da war,� antwortete ihm Kolbi; �komm nur und sieh selbst.�

Jetzt sprang William auf; denn er wu�te noch von seiner Seereise her, was solche schwarze Punkte am �u�ersten Rande des Horizontes zu bedeuten hatten, und sein Herz schlug fast h�rbar in der Brust.

�Wo siehst Du denn den Punkt?� fragte er, seine ganze Sehkraft, wiewohl vergeblich, anstrengend; denn sein Auge war, obschon sehr gut, doch nicht so scharf sehend, als das seines Freundes.

�Da! da!� war Kolbis Antwort, indem er mit der Hand nach der Gegend hinzeigte. �Siehst Du es denn nicht?�

�Ich sehe nichts, gar nichts!� antwortete ihm William; �Du hast Dich wohl get�uscht, Kolbi?�

�Gewi� nicht! Ich sehe es deutlich, ganz deutlich, und es bewegt sich!�

�O mein Gott!� rief William bei diesen Worten, und er wurde bla� vor Freude; �o mein Gott, wenn es ein Schiff w�re!�

�Es ist nur ein Punkt, sage ich Dir, und kein Schiff,� versetzte Kolbi, �wenn es ein Canot w�re, m��te es ja gr��er sein.�

�Aus gro�er Ferne gesehen, erscheinen die Dinge viel kleiner,� antwortete ihm William, der noch immer nach der ihm bezeichneten Gegend hinstarrte, aber leider nichts sehen konnte.

�Siehst Du denn den Punkt noch immer?� fragte er Kolbi nach einer ziemlich langen Pause, die zwischen den Freunden entstanden war.

�So deutlich, wie ich Dich sehe,� war die Antwort, �und der Punkt ist jetzt schon gr��er, als er in dem Augenblicke war, wo ich ihn zuerst sah.�

Wie pochte das Herz in Williams Brust bei diesen Worten! Wie str�mten seine Gef�hle �ber! Konnte er noch daran zweifeln, da� das, was sein sch�rfer sehender Freund sah, ein Schiff, vielleicht gar ein von Europa kommendes Schiff sei? So war vielleicht Rettung, Erl�sung nahe! So sollten Leiden und Entbehrungen vielleicht ihr Ende bald finden! Thr�nen traten ihm, besonders bei dem Gedanken, seine �ber Alles theure Mutter, die geliebte Heimath wiedersehen zu sollen, in die Augen, und rollten in Str�men �ber seine Wangen. Kolbi, der ihn weinen sah, fragte theilnehmend:

�Du weinst? Hat Kolbi Dich betr�bt, William? Was hat Kolbi Dir B�ses gethan?�

�O nichts, nichts, Du guter, lieber Kolbi,� rief William, indem er den Freund umarmte; �Du hast mir im Gegentheil durch Deine Entdeckung eine unendlich gro�e Freude gemacht. Das, was Du mit Deinem ge�bteren Auge bereits siehst und was ich noch nicht sehen kann, ist aller Wahrscheinlichkeit nach eines von den gro�en schwimmenden Geb�uden, von denen ich Dir so viel erz�hlt habe, und die wir Schiffe nennen. Auf einem solchen Schiffe bin ich hierhergekommen, wie Du schon wei�t, und wenn es Gottes Wille w�re, mich zu erretten, so k�nnte das, was Du siehst, hier in der N�he Anker werfen, die Mannschaft k�nnte ans Land kommen und mich mit sich nehmen, nach Europa, in die geliebte Heimath zur�ck.� –

�Und dann bliebe Kolbi hier allein zur�ck und st�rbe aus Kummer �ber William?� fragte der Wilde traurig.

�Nicht doch! Wie k�nnte ich Dich wohl verlassen, Dich, meinen einzigen, meinen liebsten Freund auf der Welt?� war Williams Antwort. �Nein, Kolbi,� f�gte er unter Thr�nen hinzu; �nein, ohne Dich ginge ich nicht! Aber meine wei�en Br�der w�rden uns Beide mitnehmen; ich w�rde Dich in meine Vaterstadt Hamburg, in das Haus meiner Mutter f�hren, w�rde ihr sagen: da ist mein Freund, mein Bruder Kolbi; nimm ihn an zu Deinem Sohne und liebe ihn, wie Du mich liebst; und sie w�rde Dich eben so lieben, Kolbi, denn sie ist gut und liebevoll!�

Das Alles sprach er unter immer heftiger str�menden Thr�nen und Kolbi, der ihn nicht weinen sehen konnte, ohne mitzuweinen, weinte auch diesmal mit.

Eine Stunde und dr�ber verging inde� noch, bevor auch William den beweglichen schwarzen Punkt am Horizont unterscheiden konnte; so wie er ihn aber gesehen hatte, sank er auf seine Kniee nieder und sandte ein hei�es Dankgebet zu seinem himmlischen Vater empor; denn sein Herz zweifelte schon nicht mehr an der Rettung.

Der Morgen und selbst der noch �brige Rest des Tages verging den Freunden in einer Art von b�nglicher Erwartung. William besonders war in tiefster Seele bewegt; Kolbi dagegen, seit er das Versprechen von seinem Freunde hatte, da� er ihn nicht allein auf der Insel zur�cklassen wolle, weit ruhiger; letzterer konnte sogar von den mitgenommenen Speisen genie�en, w�hrend William keinen Bissen �ber seine Lippen zu bringen vermochte, wie man gew�hnlich in einer so gro�en innern Bewegtheit nicht an Speise und Trank zu denken vermag.

Die Freunde hatten sich auf einer kleinen Erh�hung in der N�he des Strandes niedergesetzt und schauten mit unverwandten Blicken auf das Meer hinaus. Der zu Anfang so kleine Punkt trat mit jeder Stunde deutlicher hervor und als es zu d�mmern begann, konnte man bereits die Umrisse des Schiffs genau unterscheiden.

Was h�tte William nicht darum gegeben, wenn die Natur diesmal zu seinen Gunsten ihre gewohnte Ordnung umgekehrt und es nicht h�tte Nacht werden lassen? Aber ach! sie ging ihren gewohnten Gang fort und mit jedem Augenblick wurde es dunkler, bis endlich vollkommene Nacht auf den Gegenst�nden ruhte, und das Auge nichts mehr unterschied, als �ber sich den Himmel und die Sterne.

William konnte trotz dem, da� er nichts mehr zu sehen vermochte, kein Auge zuthun; Kolbi aber schlief, wie gew�hnlich und erwachte erst, als sein Freund ihn mit lautem, fr�hlichem Zuruf erweckte. Die liebe Sonne war zwar noch nicht aufgegangen; aber schon zeigten sich ihre rosigen Boten, sch�ne, purpurrothe W�lkchen am �stlichen Himmel und die Helligkeit verdr�ngte siegreich die Nacht, die bisher mit ihren Schleiern Meer und Erde bedeckt hatte.

Man sah jetzt ganz deutlich, etwa in der Entfernung einer deutschen Meile, das Schiff liegen; doch war es der Insel nicht n�her gekommen; vermuthlich hatte es sich aus Vorsicht w�hrend der Nacht vor Anker gelegt, um nicht zwischen die Klippen und Felsenriffe zu gerathen, womit das Meer in der N�he der Insel bes�t sein konnte. Kaum war es inde� v�llig Tag geworden, so entfaltete es seine schneewei�en Segel wieder und schwamm zwar langsam, aber majest�tisch heran.

William verwandte kein Auge mehr davon und folgte mit seinen Blicken jeder Bewegung des Schiffes. Es schien ihm inde� nothwendig, der Mannschaft desselben ein Signal zu geben, da� man Menschen, auf Rettung hoffende Menschen, auf der Insel finden w�rde, und so bat er Kolbi, mit dem Beile, das man mit auf die Wanderung genommen hatte, im n�chsten Geh�lze einige lange Aeste zu f�llen und sie her zu bringen. Kolbi willfahrte ihm, ohne begreifen zu k�nnen, was er mit dem Begehrten wolle.

Als er mit seinen Aesten wieder bei William angelangt war, band dieser sie zusammen, so da� sie eine ziemlich lange Stange bildeten, und befestigte an der Spitze derselben sein wei�es Hemd, das er inzwischen ausgezogen hatte. Beide steckten dann die improvisirte Fahne so tief in den Sand des Strandes ein, das sie fest und aufrecht stand. William wu�te, da� man auf den Schiffen die Gewohnheit hat, sich flei�ig mit dem Fernrohr nach allen Seiten umzuschauen, und gab sich so der Hoffnung hin, da� man auch sein Signal bald entdecken werde.

Dies geschah in der That; er bemerkte, da� eine gro�e Bewegung auf dem Schiffe entstand und hoffte, obgleich er noch nichts genau zu unterscheiden vermochte, da� man ein Boot aussetzen und einige Mannschaft zur Insel senden w�rde.

Es dauerte auch nicht gar lange, so rief Kolbi:

�Ein Canot! Ein Canot!�

Bei diesem Rufe sank William betend auf seine Kniee nieder und sendete ein hei�es Dankgebet zu seinem himmlischen Vater empor: durfte er doch nun nicht mehr daran zweifeln, da� die Rettung nahe sei!

Seite 224.

Was bedeuten die kleinen schwarzen punkte im brand zwieback

Zweiundwanzigstes Kapitel.

Nach Verlauf von etwa anderthalb Stunden war das Boot der Insel bis auf einige Flintensch�sse nahe gekommen. William und Kolbi standen hart am Strande und streckten den Rettern flehend die H�nde entgegen. Man winkte ihnen mit M�tzen und Taschent�chern, man schien sie anzurufen; allein die Brandung des Meeres �bert�nte den Ruf der menschlichen Stimme.

�Kolbi,� sagte jetzt William, �wir Beide k�nnen schwimmen; komm, la� uns in das Meer st�rzen und zu unsern Rettern hin�berschwimmen, die vielleicht durch die Furcht zur�ckgehalten werden, ihr leichtes Fahrzeug durch im Meere verborgene Klippen gef�hrdet zu wissen; ich glaube aber, da� man an dieser Stelle, trotz der heftigen Brandung, ohne Gefahr landen kann, und das wollen wir ihnen sagen.�

Kolbi war mit dem Vorschlage seines Freundes zufrieden; im Nu waren die Kleider abgeworfen und Beide sprangen beherzt in das Meer. Als das die Leute in der Barke sahen, setzten sie die Ruder, die bisher geruht hatten, wieder in Bewegung, und man steuerte getrosten Muthes auf die beiden k�hnen Schwimmer zu, die man bald erreichte.

So wie William und Kolbi in der N�he des Bootes angelangt waren, rief man ihnen in deutscher Sprache – o welch ein himmlischer Klang war die f�r das Ohr unsers Williams! – zu: sie m�chten nur getrost an Bord kommen, und schon nach wenigen Minuten standen unsere Freunde mitten unter der Mannschaft.

Man begr��te einander, man befragte sie nach ihrem Namen, nach ihren Schicksalen, ihrem Vaterlande; man war nicht wenig erstaunt, auch einen Eingeborenen des Landes – denn daf�r erkannte man Kolbi auf den ersten Blick – ziemlich fertig Deutsch reden zu h�ren, und h�rte mit sichtbarer Theilnahme Williams Erz�hlung zu.

Diese Theilnahme bewies ihm vor allen Andern ein hoch und schlank gewachsener Mann von mittleren Jahren, aus dessen angenehmen, gewinnenden und freundlichen Gesichtsz�gen zugleich Milde, Freundlichkeit und Geist hervorstrahlten. Er trug ziemlich langes, lockiges Haar, das fast bis auf die Schultern hinabfiel, und sprach fertig Deutsch, obwohl mit einem etwas fremdartigen Accent.

Alle, die im Boote waren, bezeigten gegen diesen Mann eine ganz besondere Ehrfurcht und Zuneigung, denn so wie er sprach, schwiegen sogleich alle Andere.

W�hrend die Matrosen sich besonders mit Kolbi besch�ftigten, der ihre Aufmerksamkeit fast mehr noch als William in Anspruch nahm, mu�te Letzterer sich zu dem freundlichen Manne setzen, um ihm ausf�hrlicher seine Erlebnisse mitzutheilen. Als William ihm sagte, da� er, obschon von englischen Eltern abstammend, doch ein Hamburger von Geburt sei, verkl�rte ein angenehmes L�cheln das Gesicht des liebensw�rdigen Mannes und er sagte:

�Hamburg kenne ich sehr gut und habe mich zu verschiedenen Zeiten daselbst aufgehalten.�

Das war denn eine gro�e Freude f�r William, besonders als der Fremde seine geliebte Vaterstadt lobte und sagte, da� sie eine der angenehmsten und bedeutendsten St�dte der Welt sei und er sie sehr lieb gewonnen habe.

Das von einem vorsichtigen und geschickten Steuermann gelenkte Boot landete endlich an der Insel und Alle stiegen aus; zuerst unsere beiden Freunde, die jetzt wieder dem Anstande huldigen und sich bekleiden wollten; denn auch Kolbi mochte nicht gern mehr ganz blos gehen und hatte sich schon g�nzlich an seine Kleidung gew�hnt.

Sobald man gelandet war, erging die Bitte an unsere beiden Colonisten, der Mannschaft eine gute Quelle zu zeigen, damit man die mitgebrachten F�sser damit anf�lle, denn der Wassermangel, welcher an dem gro�en Schiffe f�hlbar geworden war, hatte den Kapitain desselben vermocht, seinen Curs nach der Insel zu richten, in der Hoffnung, daselbst diesem empfindlichen Mangel abhelfen zu k�nnen.

Da� man sich in dieser Hoffnung nicht get�uscht hatte, wi�t Ihr, meine Lieben. William und Kolbi f�hrten die Mannschaft auf dem k�rzesten Wege zu ihrem herrlichen Bache in der N�he der halbfertigen H�tte, und Alle erlabten sich an dem k�stlichen Getr�nke, das sie so lange schon in solcher Frische vermi�t hatten; niemals hatte ihnen der feurigste Wein so gut geschmeckt, wie jetzt der frische Trunk aus der Quelle.

William und sein Kolbi konnten aber auch noch auf andere Weise der Pflicht der Gastfreundschaft genug thun. Einige der k�stlichen Melonen wurden aus dem Garten geholt und an die Mannschaft des Boots vertheilt; man machte ein gro�es Feuer an und legte eine Menge Pataten an die hoch emporlodernde Flamme; w�hrend diese brieten, pfl�ckte man die aus Gras und St�ben geflochtenen K�rbe, voll der saftigsten Himbeeren, die nicht minder willkommen als die Melonen waren, und Kolbi, der schon gar nicht mehr fremd gegen die wei�en M�nner that, versprach, da� er, wenn man ihm nur einige Zeit lassen wolle, einen guten Braten zum Gastmahle liefern w�rde.

Dieses Anerbieten war nicht zu verachten, da die Mannschaft so lange kein frisches Fleisch genossen und sich seit Monaten allein mit gesalzenem beholfen hatte, und so sprang Kolbi auf, griff nach Bogen und Pfeilen und st�rmte fort.

W�hrend er auf die Jagd ging, wurde beschlossen, die mitgebrachten Wasserf�sser zu f�llen und an Bord zu schaffen, damit sich die auf dem gro�en Schiffe befindliche Mannschaft daran erquicke, der Kapitain aber auch zugleich Nachricht �ber den Stand der Angelegenheiten erhalte. William, der selbst in seiner fast �bergro�en Freude seine Besonnenheit nicht verloren hatte, schlug vor, aus einigen Brettern, die das Dach der H�tte bildeten, eine Art von Schleife zu machen und vermittelst derselben die jetzt gef�llten, mithin schweren Wasserf�sser leichter ans Ufer zu f�hren. Dieser Vorschlag wurde mit Freuden angenommen, und bevor noch eine Stunde vergangen war, hatte man mit vereinten Kr�ften die Schleife in Stand gesetzt und zog sie, mit den F�ssern und einigen Melonen beladen, unter lautem Jubel an den Strand.

Ein Theil der Mannschaft, unter diesen der freundliche Mann, den William gleich beim ersten Anblick schon so lieb gewonnen hatte, blieb auf der Insel zur�ck, um die Ankunft der Uebrigen daselbst zu erwarten, denn man zweifelte nicht daran, da� Alle nach der Reihe kommen w�rden, um sich auf der Insel zu erfrischen.

Der liebe Mann, welcher William so sehr gefiel, war aber kein Anderer, als der ber�hmte Dichter und Botaniker Adalbert von Chamisso, der auf der russischen Brigg �Rurik�, gef�hrt von dem Capitain Otto von Kotzebue, die Reise um die Welt mitmachte und jetzt mit den Andern auf diese australische Insel gekommen war. Sollte der Eine oder Andere von Euch die nachgelassenen Werke dieses eben so liebensw�rdigen als edlen und interessanten Mannes noch nicht kennen, so bittet Eure Eltern, da� sie Euch damit bekannt machen, namentlich mit der �Reise um die Welt,� die er geschrieben hat und mit seinen Gedichten, die zu den sch�nsten geh�ren, welche wir besitzen, obgleich ihr Verfasser von Geburt ein Franzose war.

Adalbert von Chamisso ist jetzt todt, aber sein Andenken lebt in seinen Freunden und Freundinnen, zu welchen letztern auch ich mich z�hlen darf, fort, und seine Werke werden ewig leben.

Sobald der Marquis – denn das war Chamisso von Geburt – sich einigerma�en erfrischt hatte, bat er William, sein F�hrer auf der Insel zu sein, deren Pflanzenwelt f�r den Botaniker oder Pflanzenkundigen ein gro�es Interesse haben mu�te. William war gern dazu bereit, und unsere Beiden traten ihre Wanderung an. Alle Augenblicke blieb Chamisso stehen, um bald dieses, bald jenes Pfl�nzchen zu beschauen und zu pfl�cken, und Alles, was seine Aufmerksamkeit erregte, wurde sorgf�ltig in eine blecherne Kapsel gelegt, die er an einem ledernen Riemen �ber der Schulter h�ngen hatte.

Der Spaziergang, den beide machten, brachte sie einander noch n�her. William empfand gegen diesen liebensw�rdigen und gelehrten Mann zugleich die innigste Zuneigung und Ehrfurcht, und der offene William gefiel auch ihm ganz besonders. Erst nach mehreren Stunden kehrte man zur H�tte zur�ck, wo man eben besch�ftigt war, die Jagdbeute Kolbis zum Braten vorzubereiten. Diese bestand in mehreren wilden Tauben und einem jungen K�ngeruh, das er zu erlegen gl�cklich genug gewesen war. Man rupfte und sengte die Tauben und zog dem K�ngeruh das sch�ne, sammtweiche Fell ab; man zers�gte und zerhieb die Bretter, die einen Theil des Daches der H�tte gebildet hatten und machte ein m�chtiges Feuer an, um die Speisen daran zu braten. Allen lief das Wasser im Munde zusammen, wenn sie an den sie erwartenden leckern Genu� dachten; aber allgemein war auch die Klage: �H�tten wir doch nur daran gedacht, Salz und Sch�sseln mit vom Schiffe bringen zu lassen!� Denn Fleisch ohne Salz zu essen, verstanden sie noch nicht, wie unser William, der sich Jahre lang ohne dieses nothwendigste aller Gew�rze hatte behelfen m�ssen.

Gro� war daher ihre Freude, als die vom Schiffe Zur�ckkehrenden, mit ihrem Kapitain an der Spitze, sorgsamer als sie gewesen waren und sowohl an Salz, als an Gef��e zum Kochen und Braten gedacht hatten. Ein fr�hliches Hurrah! begr��te sie, als sie das mitgebrachte von der Schleife packten und es neben dem Feuer aufstellten. Jetzt erst konnte ein leckerer Braten gemacht, konnten die Pataten in einem gro�en Kessel, den man �ber dem Feuer aufhing, in Salz und Wasser geh�rig gekocht werden.

Der Reichthum, den die Insel an Wildbret und Gefl�gel darbot, bestimmte den Kapitain der Brigg �Rurik,� sich f�r ein l�ngeres Verweilen auf derselben zu erkl�ren, da die Mannschaft des Schiffes sowohl durch den in der letzten Zeit eingetretenen Wassermangel, als durch den best�ndigen Genu� des gesalzenen Fleisches etwas gelitten hatte. Es waren mehrere Krankheitsf�lle an Bord vorgekommen, und der Schiffsarzt hatte einen Wechsel der Nahrungsmittel f�r die Mannschaft gew�nscht.

Auch Adalbert von Chamisso war mit dem l�ngern Verweilen auf der Insel sehr zufrieden, da er eine Menge ihm bis dahin unbekannter Pflanzen darauf fand, die er sorgf�ltig trocknete und in sein Herbarium (oder seine Kr�utersammlung) legte. Er war vom fr�hesten Morgen bis sp�t in die Nacht auf den Beinen; oft begleitete ihn der Schiffsarzt, der sich auch sehr f�r die Pflanzenkunde interessirte, �fterer aber noch unser William, f�r den er eine besondere Neigung gefa�t zu haben schien, und der ihm von seinem Aufenthalte auf der Insel so viel zu erz�hlen wu�te.

Allen erging es auf derselben sehr wohl, zumal da man in dem herrlichen Bache eine Art von Brunnenkresse gefunden hatte, die f�r die am Scorbut leidenden Kranken eine wahre Wohlthat war, indem sie sie von dieser l�stigen Krankheit schnell wieder herstellte. Allein die bisher so wenig von William und Kolbi bel�stigte Thierwelt hatte es seit der Landung der russischen Mannschaft sehr schlimm. Man stellte Allem, was nur irgend genie�bar war, beharrlich nach: die wilden Tauben waren nicht mehr in den h�chsten Gipfeln der B�ume sicher; der Koango nicht mehr in seiner H�hle; die sonst so wenig scheuen K�ngeruh's wurden von allen Seiten umstellt und mit Pulver und Blei get�dtet. Alle Augenblicke erschallte der Knall einer Flinte, denn auch die an Bord befindlichen Naturforscher stellten den kleineren Thieren nach, um sie ausstopfen und ihren Sammlungen hinzuf�gen zu k�nnen! kurz, der Krieg zwischen Menschen und Thieren war ausgebrochen, die letzteren aber sehr im Nachtheile, da sie kein Vertheidigungsmittel hatten und v�llig wehrlos niedergeschossen wurden.

H�chst seltsam war die Wirkung anzusehen, die der erste Flintenschu�, den Kolbi in seinem Leben vernahm, auf den armen Wilden machte. Zwar hatte er die von der Schiffsmannschaft mitgebrachten Flinten gesehen und sie sogar, neugierig wie er von Natur war, in die Hand genommen und sie von allen Seiten betrachtet; er war auch gegenw�rtig gewesen, als man sie mit Pulver und Blei lud und hatte jede Bewegung der sie Ladenden mit angestrengter Aufmerksamkeit verfolgt; allein was nun aus dem �Dinge� – Ding nannte er Alles, was er noch nicht kannte – werden solle, das wu�te er nicht. Zuf�llig war es der Arzt, mit dem er auf seine Einladung ausgegangen war, welcher den ersten Schu� that, den er in seinem Leben h�rte. Dieser hatte hoch in dem Wipfel eines Eucalyptus einen sehr sch�nen Papagey erblickt und w�nschte ihn f�r seine Sammlung zu haben. Kolbi sah, wie er �das Ding� von der Schulter nahm, h�rte das kleine Ger�usch, welches durch das Aufspannen des Hahns verursacht wurde, sah, wie der Arzt anlegte und zielte und erwartete zwar mit Neugierde, aber auch mit Ruhe, was nun kommen w�rde. Da – o wie ward ihm! – da knallte es pl�tzlich dicht neben ihm los, und zugleich mit dem gutgetroffenen Papagey st�rzte der Arme zur Erde.

Der Arzt war �ber die doppelte Wirkung, die sein Schu� gehabt hatte, sehr erschrocken; er warf das Gewehr weg und kniete neben Kolbi nieder, der mit festgeschlossenen Augen dalag und mit H�nden und F��en zappelte, als w�re er selbst von dem t�dtlichen Blei getroffen worden.

Vergebens redete der Arzt ihm zu, ohne alle Furcht zu sein, indem ihm weder Schaden zugef�gt worden sei noch werden solle; er antwortete ihm nicht, sondern zappelte mit seinen Extremit�ten fort und �chzte mit noch immer geschlossenen Augen wie ein Sterbender.

Erst nach langem Zureden gelang es dem selbst durch den Vorfall erschrockenen Arzte, ihn einigerma�en zu beruhigen und ihn dahin zu bringen, da� er sich vom Boden erhob; dazu konnte er ihn aber nicht bewegen, da� er ihn noch ferner auf seiner Streiferei begleitete; Kolbi ergriff die Flucht, so wie er auf seinen Beinen stand, und lief zu William, um diesem unter Thr�nen sein Ungl�ck zu klagen und ihn zu bitten, mit ihm die Flucht zu ergreifen; denn, sagte er, er wolle keinen Verkehr mehr mit den �Donner-Leuten� haben.

Es wurde selbst William sehr schwer, ihn nur einigerma�en zu beruhigen, und ihn von der Flucht abzuhalten; dazu aber konnte er ihn nicht wieder bringen, nochmals ein Gewehr in die Hand zu nehmen; denn darin s��e der b�se Geist, behauptete er.

Endlich, nachdem man sich beinahe acht Tage auf der Insel aufgehalten und ihr, auf den Wunsch Chamisso's, den Namen Rosmarien-Insel gegeben hatte, – so nannte er sie nach einer theuren Freundin, welche Rosa-Maria hie� und ihm auch bereits in die Ewigkeit gefolgt ist – schickte man sich an, sie zu verlassen und auf's neue mit dem �Rurik� die hohe See zu suchen.

William und Kolbi, die man nat�rlich mitnahm, packten von ihren wenigen Sachen ein, was sie nur konnten, denn jetzt, wo sie f�r immer von ihrer lieben Insel scheiden sollten, hatte Alles, was sie dort besa�en, einen doppelten Werth f�r sie. Besonders trug William Sorge daf�r, in die Kiste des Schiffszimmermanns Alles zu legen, was noch von den darin enthaltenen Sachen vorhanden war. Er hatte die Absicht, wo m�glich das Fehlende in Hamburg zu ersetzen und das Ganze dann den Erben seines verstorbenen Freundes zuzustellen; da� diese in seiner Vaterstadt lebten, wu�te er und hoffte so, sie auffinden und ihnen ihr rechtm��iges Erbthum zustellen zu k�nnen. Wie werth und theuer mu�te nicht f�r diese Leute jedes St�ck sein, das der arme Steffen einst besessen hatte.

Kaum werdet Ihr es glauben k�nnen, und doch war dem so: William vermochte sich nicht ohne hei�en Schmerz von seiner geliebten Insel zu trennen, obschon ihn das Wiedersehen der �ber alles geliebten Mutter, der theuren Heimath bevorstand. Hatte er doch auf der Insel manchen guten Tag, manche herzerhebende Stunde im Umgange mit seinem geliebten Kolbi verlebt; hatte er doch auf ihr Nahrung und Obdach gefunden und seine k�rperlichen und geistigen Kr�fte �ben und erkennen gelernt; der Gedanke an dieses Alles erf�llte ihn zugleich mit Wehmuth und Dankbarkeit.

Am letzten Abende, als die Insel fr�h am andern Morgen verlassen werden sollte, ergriff er die Hand seines Kolbi, um allein mit diesem noch einen langen Spaziergang zu machen. Es war bereits k�hl geworden und sie konnten also rasch fortwandern. Himmel und Erde waren gleich sch�n: die untergehende Sonne spiegelte sich im Meere ab; die Luft f�hrte ihnen balsamische D�fte zu; die Gipfel der hohen Eucalypten waren noch mit dem Golde der scheidenden Sonne bestreut; die V�gel sangen ihr Abendlied in den Wipfeln; der Bach murmelte so traut; die hohen Gr�ser bewegten sich leise im sanften Abendwinde und es war eine Stille und Feier in der Natur, die ihre Herzen unaussprechlich r�hrte.

Lange standen beide Hand in Hand auf der Spitze des H�gels, an dessen Abhange ihr H�uschen lag, das jetzt nur noch eine unf�rmliche Steinmasse mehr war, und schauten auf dasselbe mit von Thr�nen feuchten Blicken hinab. Dann gingen sie in den Garten, und zugleich mit Wehmuth und Liebe betrachteten sie die Pflanzen, die so fr�hlich darin wuchsen und von nun an ihre Pflege entbehren w�rden. Auch Kolbi war sehr still und augenscheinlich bewegt; was er in diesem Augenblick empfand, vermochte er nicht auszudr�cken; aber auch in seinem dunklen Auge gl�nzte eine Thr�ne.

Williams Gef�hle wallten endlich in einem Dankgebete �ber; er sank auf seine Kniee nieder und dankte Gott aus der F�lle seines Herzens f�r alles Gute, was er von seiner Gnade empfangen hatte. Dann reichte er Kolbi die Hand, und Beide setzten schweigend ihre Wanderung fort, von der sie erst mit Anbruch der Nacht zur�ckkehrten.

Dreiundzwanzigstes Kapitel.

Fr�h am andern Morgen ging es an Bord des �Ruriks,� an den man bereits am vorhergehenden Tage alle gesammelten Lebensmittel geschafft hatte.

William und Kolbi waren die letztern in dem Zuge, der sich unter fr�hlichem Geplauder, unter Scherzen und Lachen dem Strande n�herte. Da, als man bereits eine gute Strecke von der H�tte entfernt war, h�rten unsere beiden Freunde pl�tzlich das ihnen so wohlbekannte: �Gieb Futter, Gieb Futter!�

�O, mein Gott!� rief William, den Arm Kolbis loslassend und einige Schritte zur�ckgehend, �bald h�tten wir unsern guten Freund hier vergessen! Wie w�rde mich das betr�bt haben!�

Es dauerte keine Minute, so sa� der sch�ne Lori ihm auf der Schulter; denn da er ihn nie neckte, wie Kolbi aus Muthwillen zuweilen that, hatte der Papagei eine ganz besondere Vorliebe f�r ihn gefa�t.

�Komm,� sagte William, das gl�nzende Gefieder des sch�nen Thieres sanft streichelnd, �komm, Lori, Du sollst mit mir und, wenn Gott mir meine geliebte Mutter erhalten hat, ihr zur Freude, mir aber zur Erinnerung an dieses rettende Eiland dienen; denn nie werde ich deine Stimme vernehmen, ohne an Alles erinnert zu werden, was ich hier erlebte.�

Der Vogel sah ihn mit seinen klugen Augen so verst�ndig an, als verst�nde er seine Worte, und auf dem Wege zum Strande h�rte er nicht auf, zu plaudern und zu pfeifen, denn auch das Letztere hatte er von seinen Erziehern gelernt.

Der Wind war g�nstig; das Schiff lichtete, sowie alle am Bord waren, die Anker; die Segel schwellten und der majest�tische �Rurik� setzte sich in Bewegung. Es dauerte nicht lange, so hatte man die geliebte Insel aus dem Gesichte verloren.

Immer frisch ging es vorw�rts, denn der �Rurik� war auf der Heimreise begriffen. Der Wind blieb lange g�nstig; man lief in der Nacht vom 30. auf den 31. M�rz in die Tafelbai, beim Vorgebirge der guten Hoffnung, ein und verweilte daselbst acht Tage, was unserm William Gelegenheit gab, den Besitzer des Constantia-Weinbergs, seinen guten Holl�nder, wieder aufzusuchen, und ihm zugleich seinen auf der Reise und durch den erlittenen Schiffbruch erworbenen Freund Kolbi vorzustellen.

Dieser treffliche Mann war so erfreut �ber das Wiedersehen Williams und h�rte seiner interessanten Erz�hlung mit so gro�em Interesse zu, da� sich unser Freund ganz wie zu Hause bei ihm f�hlte. Als es endlich an's Scheiden ging, umarmte der gute Holl�nder William fast unter Thr�nen der R�hrung und dr�ckte ihm ein P�ckchen mit den Worten in die Hand:

– �Nimm das zum Geschenke von mir und m�ge es dir Segen bringen, mein Sohn! Wenn es dir in deiner Vaterstadt wohl ergeht, dann gedenke auch zuweilen meiner!�

Er wandte sich jetzt mit nassem Auge von den beiden Freunden ab und ging; auch William, minder sein Kolbi, war tief ger�hrt.

Die fernere Reise war, bis auf einige wenige st�rmische Tage, sehr vom Gl�ck beg�nstigt und ich w��te Euch, meine Geliebten, nicht eben viel Neues davon zu erz�hlen. Nur des Umstandes mu� ich noch erw�hnen, da� der �Rurik� bei der Insel St. Helena vor Anker ging und man also Gelegenheit hatte, den gr��esten Mann des Jahrhunderts und einer der gr��esten aller Zeiten, auf dieser durch ihn so ber�hmt und bekannt gewordenen Insel zu sehen. Ich brauche Euch wohl kaum noch den Namen Napoleon Bonaparte zu nennen; denn Ihr werdet wissen, da� dieser als Gefangener auf der Insel St. Helena schmachtete und daselbst auch sein thatenreiches Leben endete. Freilich sah unser William den gro�en Mann nur fl�chtig auf einem Spazierritte, den er in Begleitung der ihn bewachenden Officiere machte; aber die Erinnerung an diese Begegnung blieb ihm f�r den Rest seines Lebens eine h�chst angenehme.

Endlich lief der �Rurik�, nach einer eben so schnellen als gl�cklichen Fahrt, am 16. Juni des Jahres 1818 in den Hafen von Portsmuth in England ein, und schon am 18. gingen William und Kolbi in Begleitung ihres Freundes und Besch�tzers, Adalbert von Chamisso, an das Land. Hier trennte dieser sich von Beiden, nachdem er gro�m�thig die Ueberfahrt f�r sie auf einem eben nach Hamburg unter Segel gehenden Paquetboote bezahlt hatte. Der Abschied war sehr schmerzlich; denn sowohl William als Kolbi hatten ihren Besch�tzer von Herzen lieb gewonnen. Er versprach ihnen aber, falls er nach Hamburg kommen sollte, sie aufzusuchen, und hat auch hierin Wort gehalten.

Wie schlug William das Herz, als er nach einer eben so schnellen als gl�cklichen Fahrt und nach einer Abwesenheit von fast vier Jahren, die Th�rme seiner Vaterstadt und endlich den mit Schiffen angef�llten Hafen derselben wieder erblickte!

Tausend Fragen dr�ngten sich ihm auf, worunter die: ob er seine geliebte Mutter auch noch wieder finden w�rde? ob der Gram um ihn sie nicht vielleicht gar get�dtet habe? sein Herz zu �ngstlichen Schl�gen bewegte.

Endlich konnte er aus der leichten Barke an's Land springen; Kolbi folgte ihm. Dieser, dem Alles neu war, wollte jeden Augenblick stehen bleiben und bald �ber Dieses, bald �ber Jenes Auskunft von ihm haben; allein er war nicht im Stande, ihm die gew�nschten Erkl�rungen zu geben, sondern eilte rastlos vorw�rts, bis er bei der niedern Wohnung anlangte, in der er seine Mutter verlassen hatte.

Eine ihm v�llig fremde Frau stand vor der Kellertreppe, und fast athemlos vor banger Furcht fragte er nach seiner Mutter. Die Frau, welche erst vor Kurzem eingezogen war, wu�te ihm keine Auskunft zu geben, und schon wollte sich Verzweiflung seiner Seele bem�chtigen – denn er glaubte die gute Mutter todt – als sich die Th�r des dem Keller gegen�berliegenden Hauses �ffnete und ein ihm gleich auf den ersten Blick wohlbekanntes Gesicht aus derselben neugierig auf Kolbi schaute; dieser erregte durch sein ungew�hnliches Aeu�ere nat�rlich die Aufmerksamkeit aller ihnen Begegnenden.

– �Fritz! Fritz!� rief William mit lauter Stimme und st�rzte auf seinen Jugendgespielen und Schulgenossen zu.

Dieser erkannte ihn nicht sogleich. William war seit ihrer Trennung um vier Jahre �lter geworden und von der s�dlichen Sonne so gebr�unt, da� er weit eher einem Mulatten, als einem Europ�er �hnlich sah.

– �Erkennst du mich denn nicht mehr, Fritz?� fragte ihn William mit traurigem Tone; �erkennst du deinen Freund William Robinson nicht mehr?� f�gte er hinzu.

– �Mein Gott! Du!� rief dieser jetzt, indem er ihm in die Arme st�rzte. �Du lebst, William? Wie wird sich deine Mutter freuen, die dich als todt beweinte!�

– �So lebt sie doch noch?� rief William, und ein Strom von Freudenthr�nen scho� ihm �ber die Wangen. �O Gott, mein guter gn�diger Gott, wie danke ich Dir!� sagte er, die H�nde zum Himmel emporstreckend. Viel h�tte nicht gefehlt, so w�re er auf der offenen Gasse auf seine Kniee niedergesunken, um seinem himmlischen Vater f�r die ihm erzeigte gro�e Gnade zu danken.

– �O, f�hre mich zu meiner Mutter!� rief er dann, die beiden H�nde seines Jugendfreundes erfassend, �f�hre mich auf der Stelle zu ihr: mein Herz droht vor Sehnsucht nach der Geliebten zu zerspringen!�

– �Gemach, mein Freund,� antwortete ihm der besonnene Freund; �Du darfst so unerwartet nicht zu ihr eintreten: Die Ueberraschung k�nnte sie vielleicht gar t�dten. Tritt erst in unser Haus und warte, bis ich zur�ckkomme. Sie wohnt da dr�ben, in dem gro�en Fruchtlager; ich gehe zu ihr, um sie vorsichtig auf die Freude vorzubereiten, die ihrer harrt; denn sonst k�nnte leicht aus dem Gl�ck ein Ungl�ck entstehen.�

William fand das, was Fritz sagte, vern�nftig und trat mit seinem Kolbi in das Haus, w�hrend Fritz zu der Frau Robinson hin�bersprang, um sie vorzubereiten. Er machte seine Sache sehr geschickt. Erst sagte er ihr, da� man glaube, das sch�ne Schiff, die �Hoffnung�, sei doch nicht untergegangen, wie man so lange gew�hnt; dann ging er weiter und immer weiter und endlich trat er mit der vollen, gl�cklichen Wahrheit hervor. Trotz der gebrauchten Vorsicht war die z�rtliche Mutter doch fast einer Ohnmacht nahe, als er ihr die Versicherung gab, da� ihr William lebe und nur wenige Schritte von ihr entfernt, in seinem Hause sei. Als sie sich einigerma�en von ihrem freudigen Schrecken erholt hatte, lie� sie sich nicht l�nger halten; sie st�rzte fort, dem Hause von Fritzens Eltern zu und lag, halb todt vor Uebermaa� an Freude, in den Armen des so lange als todt beweinten Sohnes.

Welche Feder w�re wohl im Stande, dieses Wiedersehen zu schildern? Die meine ist zu schwach dazu und ich mu� es Euch, meine Geliebten, �berlassen, Euch selbst alle die nun folgenden r�hrenden Scenen auszumalen.

Als der erste Sturm der Empfindung sich in Etwas gelegt hatte, ergriff William die Hand seines Kolbi und f�hrte ihn mit den Worten zu seiner Mutter:

– �Umarme auch ihn und nenne ihn deinen zweiten Sohn, denn er ist mein liebster Freund, mein Bruder und nach dir mir der liebste auf der Welt.�

– �Ja, er soll auch mein Sohn sein,� versetzte die Mutter und umarmte bei diesen Worten den tiefger�hrten Kolbi, der die Mutter seines Williams auch schon lieb gewonnen hatte.

Dann ging's an's Erz�hlen und Ihr k�nnt Euch vorstellen, wie interessant der Frau Robinson jedes Wort war, das ihr geliebter Sohn zu ihr redete. Fast bis um Mitternacht dauerten die Mittheilungen Williams, und selbst da konnte man noch nicht einschlafen.

Etwa zehn Jahre nach diesen gl�cklichen Vorf�llen sprach man sehr viel in der Stadt von dem reichen Kaufmann Herrn William Robinson, von dem man behauptete, da� ihm alle seine Speculationen �ber Erwartung gl�ckten. Als Compagnon war ein Eingeborener Australiens, der die heilige Taufe erhalten und den Namen Williams in derselben angenommen hatte, in die Handlung aufgenommen worden und er zeichnete sich durch Geschicklichkeit und Flei� eben so sehr aus, als durch sein liebreiches Wesen und seine Wohlth�tigkeit.

Die Sache hing so zusammen:

Als William einige Tage nach seiner R�ckkehr seine Sachen vom Bord des Paquetboots geholt hatte – auch den Lori verga� er nicht – fiel ihm das P�ckchen in die H�nde, das der gute Holl�nder am Vorgebirge der guten Hoffnung ihm beim Abschiede in die Hand gedr�ckt hatte, und das bis dahin uner�ffnet geblieben war. Jetzt �ffnete er es und fand, zu seiner nicht geringen Ueberraschung, eine Rolle blanker Louis'dors, f�nfzig an der Zahl, darin. Zitternd vor Freude brachte er der Mutter seinen Schatz und erz�hlte ihr zugleich, wie er dazu gekommen.

– �Das Geld,� sagte die fromme und verst�ndige Mutter, �mu�t Du im Handel anlegen: es wird dir Segen bringen, da du es durch deine Rechtschaffenheit erwarbst. Meine Lage in diesem Hause ist zwar nicht gl�nzend, aber Herr Berger behandelt mich anst�ndig und hat Vertrauen zu mir; so kann ich es schon noch eine Weile bei ihm aushalten; segnet aber Gott deine Gesch�fte, dann ziehe ich zu dir.�

Und Gott segnete das Gesch�ft des guten, redlichen Williams. Schon nach einem Jahre hatte sich sein kleines Kapital verdoppelt, und, wie schon angedeutet worden, nach etwa zehn Jahren war er ein reicher, reicher Mann, hatte ein gro�es Haus, eine liebensw�rdige tugendhafte Frau und ein H�uflein hoffnungsvoller Kinder.

Die Mutter und sein Kolbi, der inde� von geschickten Lehrern unterrichtet worden war, wohnten bei ihm und letzterer war sogar sein Compagnon geworden.

Oft, wenn die Freunde in traulichen Gespr�chen ihrer Vergangenheit und wunderbaren Lebensschicksale gedachten, sagte William:

– �Erinnerst du dich noch, Kolbi� so nannte er ihn noch immer, wenn sie allein waren – �was ich dir bei Gelegenheit der Zerst�rung unserer H�tte durch die Feinde deines Stammes sagte: da� Gott es oft dann am besten mit uns meint, wenn er uns Tr�bsal sendet?�

– �Wohl erinnere ich mich deiner Worte,� versetzte Kolbi, �und habe derselben sehr oft gedenken m�ssen. H�tten die Feinde unsere H�tte nicht zerst�rt, so w�rden wir vielleicht nicht an den Strand gegangen sein, um Bretter zu suchen: der �Rurik� w�re wahrscheinlich an der Insel vor�bergesegelt, ohne sie zu besuchen, und wir s��en jetzt wohl noch auf derselben. Gelobt sei Gott, der gn�dige, allweise Gott, der seine Menschen segnet, indem er sie zu pr�fen scheint.�


In der Verlagshandlung von J. Engelmann in Heidelberg sind auch folgende

Unterhaltungs- und Jugendschriften etc.

erschienen, und in allen Buchhandlungen zu den beigesetzten Preisen zu haben.

Beck, Dr. (Schuldirektor in Neuwied), Geschichten, Sagen und Naturgem�lde des Rheins, aus dem Munde deutscher, besonders rheinischer Dichter. Ein Erinnerungsbuch f�r Fremde und Einheimische sowie auch f�r Ged�chtni�- und Vortrags�bungen in und au�er der Schule. Mit der Ansicht von Rheinstein. 12. Brosch. 2 fl. od. 1 Thlr. 8 gr.

Der Herausgeber dieser eben so vollst�ndigen als zweckm��igen Sammlung hat sich nicht blos auf die Geschichte beschr�nkt, sondern auch, woran das Rheinland so reich ist, seine Sagen ber�cksichtigt, und endlich dem weitgepriesenen Rheinwein zu Ehren, eine Reihe Rheinweinlieder beigef�gt.

Engelmann, Dr. J. B., Gebete und Erweckungen zum Gebet. Ein Andachtsbuch f�r Familien. Mit einem Kupfer. In allegorischem Umschlage. geb. 1 fl. 24 kr. od. 22 gr.

Dieser herrliche Kranz ist aus den sch�nsten Blumen, welche die Muse der Religion und des Gef�hls spendet, gewunden – aus den erw�hltesten, die ihre geweihte S�nger: Klopstock, Cramer, Gellert, Caroline, Rudolphi, Herder, Novalis, Jacobi, Krummacher, Seume, Haller, Kosegarten, Pfeffel, Julie, Veillodter, B�rger, H�lty, Matthisson und mehrere, auf den Altar des Heiligen, Guten und Wahren niederlegen. – In den Betrachtungen �ber Gott, Jesus, Tod und Unsterblichkeit, in den Trostges�ngen bei den Gr�bern unserer Lieben, in den Morgen- und Abendliedern, und andern vermischten Inhalts, wird das fromme Gem�th Erhebung zur Andacht, Beruhigung im Leiden und Kraft zum heitern Fortschreiten auf der Pr�fungsbahn dieses Lebens finden – und so wird dieses Buch jedem Familienkreise und jedem Einzelnen, der ein solches zu haben w�nscht, ein willkommener Begleiter sein.

Geib, Karl, die Volkssagen der Rheinlande. In Romanzen und Balladen. Mit 22 Kupfern. 8. 1. Band 1828. In sch�nem Einbande 3 fl. oder 2 Thlr.

Deren 2. Band. In Romanzen, Balladen und poetischen Erz�hlungen. Mit 21 Kupfern 1836. Geschmackvoller Einband in Catton-Taffent. 3 fl. od. 2 Thlr.

Jeder Band wird besonders gegeben. Beide B�nde zusammen genommen kosten 5 fl. 24 kr. oder 3 Thlr. 12 gr.

Die in diesen beiden B�nden enthaltenen Sagen in poetischem Gewande sind bereits, dem gr��ern Theile nach, in dem Taschenbuch Cornelia 1824 und folgende Jahrg�nge abgedruckt.

Aufgefordert durch den allgemeinen Beifall, den diese Dichtungen erhielten, und durch die W�nsche vieler Freunde und Bewunderer des Rheins, haben wir uns entschlossen, eine besondere, elegant ausgestattete Sammlung derselben herauszugeben, die sich auch darum zu Geschenken der Freundschaft und Liebe ganz besonders eignet. Au�er den zu den Sagen geh�rigen sch�nen Kupfern und Stahlstichen, enth�lt der 1. Band noch ein neues, vortreffliches Titelkupfer.

Haug, Fr., Fabeln f�r Jung und Alt. In sechs B�chern. 16. br. 1. fl. 12 kr. od. 18 gr.

Die Fabel ist in neueren Zeiten wenig, oder vielmehr gar nicht cultivirt worden. Fr. Haug versuchte sich vor einigen Jahren in diesem Fache. Er fand Beifall, und sendete nun, ermuthigt, jenen dreihundert Fabeln zweihundert weitere nach. Sie sind nicht der Jugend allein, auch dem Alter geweiht, und gro�entheils ber�hmten Dichtern anderer Nationen frei nachgebildet.

Helwig, Amalie v., geb. v. Imhoff. Die Sage vom Wolfsbrunnen, M�hrchen. 2. Aufl. Mit 1 Kupf. 8. Brosch 1 fl. oder 16 gr. Ausgabe mit 5 Kupfern, elegant geb. in Futteral, 2 fl. od 1 Thlr. 8 gr.

Reinhardt, Lina. Festgabe in zehn neuen dramatischen Spielen f�r die deutsche Jugend. 12. 2 fl. 24 kr. oder 1 Thlr. 15 gr.

Die Kinderschauspiele der vortrefflichen Lina Reinhardt haben in dem Kreise, f�r den sie zun�chst bestimmt sind, so wie bei Erwachsenen so viel Beifall gefunden – zwei Ausgaben mu�ten in kurzer Zeit veranstaltet werden – da� ich mich gern entschlo�, eine neue Sammlung der Art aus der beliebten und belobten Feder dieser Schriftstellerin zu bringen. Heiterkeit, Frischheit und Neuheit zeichnen diese kleinen Dramen vor allen andern der Art vortheilhaft aus. Zum besondern Verdienste gereicht es der Verfasserin, da� sie bei allen diesen St�cken immer eine streng moralische Tendenz vor Augen hatte, so da� sie nicht nur erheitern und erfreuen, sondern zugleich auch bilden und belehren.

– – Neues Kindertheater, der heranwachsenden Jugend bestimmt. 2 fl. 24 kr. oder 1 Thlr. 14 gr.

Auch diese Sammlung schlie�t sich w�rdig an die fr�heren derselben Verfasserin an. Nicht die Absicht, aus Kindern B�hnenk�nstler oder nach Lob begierige Declamatoren zu bilden, hat die Herausgabe dieses �neuen Kindertheaters� veranla�t, sondern die von den ausgezeichnetsten P�dagogen anerkannte Erw�gung, da� die dramatische Darstellung vorz�glich geeignet ist, Eindruck auf das jugendliche Gem�th zu machen, und recht angewendet, in der Form des Spiels dem Saamen des Guten einen gedeihlichen Boden bereiten kann.

– – Noth und Rettung am Lebensmorgen. Sechs Erz�hlungen f�r die reifende Jugend. 1 fl. 36 kr. od. 1 Thlr. 2 gr.

Die streng religi�s-moralische Tendenz aller Schriften der Verfasserin zeichnet auch diese Erz�hlungen f�r die reifere Jugend aus. Gl�ckliche Wahl der behandelten Gegenst�nde, anziehende Darstellung und eine bl�hende Sprache haben dem B�chlein schon viele Freunde verschafft, und mit dem gr��ten Rechte ist es allen V�tern und M�ttern zu empfehlen, die ihren Kindern eine anziehende und doch gediegene, wahrhaft Geist und Herz bildende Lect�re verschaffen wollen.

Schoppe, A., geb. Weise. Elegantes Geschenk zur Fest-, Namens- und Geburtstagsfeier. Zugleich ein Geschenk- und Erinnerungsb�chlein f�r Reisende am Rhein-, Main-, Mosel- und Nekarstrande. Enthaltend 60 Stahl- und Kupferstiche zu den sch�nsten Volkssagen. 26 Portr�ts ber�hmter und interessanter Personen und 26 Genre-Bilder, im Ganzen 112 Stahl- und Kupferstiche, mit den dazu geh�renden Sagen und Beschreibungen. 5 fl. 24 kr. oder 3 Thlr. 12 gr.

Schoppe, A., Christliche Erz�hlungen f�r die gebildete Jugend beiderlei Geschlechts. 12. 2 fl. od. 1 Thlr. 8 gr.

In einer Zeit, wo so viele darauf hinarbeiten, sowohl die christliche Lehre, als Gesinnung zu untergraben, durften diese Erz�hlungen aus der Feder einer Amalie Schoppe geb. Weise, gewi� vielen h�chst willkommen sein. Wie hoch sie den wahren Christensinn h�lt, wenn er sich nicht blos in Worten, sondern in Werken zeigt, thun diese trefflichen Erz�hlungen dar, deren jede ein Spruch der Bergpredigt zum Grunde gelegt und als Motto vorangestellt ist. Ueber den Beruf der Verfasserin zu Schriften der Art noch etwas sagen zu wollen, w�re h�chst �berfl�ssig, da 140 B�nde von ihr, mit gleicher Gunst vom Publikum aufgenommen, wohl zur Gen�ge f�r ihr Talent sprechen. Familien, die es wahrhaft gut mit ihren Kindern meinen, empfehlen wir mit vollster Ueberzeugung diese ausgezeichnet christlich-moralischen Erz�hlungen.

– – Erste Nahrung f�r Geist und Herz. Elementar-, Lehr- und Lesebuch zur Unterhaltung und zum stufenwei�en Unterricht der Kinder vom sechsten Jahre an. Frei nach dem Englischen der Early Lessons, von M. Edgeworth f�r die deutsche Jugend bearbeitet. 4. Bdch. 8. Gebunden. 4 fl. 48 kr. od. 3 Thlr. 4 gr.

Diese vortrefflichen in ihrer Art einzigen Werke, welche im Original zehn Auflagen erlebten, sind hier zuerst dem deutschen Publikum in einer freien Bearbeitung aus der Feder einer allgemein bekannten und mit Recht beliebten Jugendschriftstellerin dargeboten. Was man davon zu fordern berechtigt ist, sprechen die Titel vollst�ndig aus; der Verleger aber glaubt in diesen Werken einem lang- und tiefgef�hlten Bed�rfnisse abgeholfen zu haben, indem er der deutschen Jugend Leseb�cher bietet, wie sie sie bisher in solcher Gediegenheit noch nicht besa�. Tiefer, aber immer milder Ernst bei der Erziehung wechselt mit der geistreichsten und angenehmsten Unterhaltung ab. Unabl�ssig wird auf Geist und Gem�th, sowie auf zweckm��ige Belehrung hingewirkt, und besonders auch erhalten sinnige und sorgf�ltige Eltern und Erzieher hier Winke, sowohl beim Unterricht, als bei der Menschenbildung, die sie gewi� mit Dank und Achtung aufnehmen werden. Die hier gegebenen B�nde bilden einen wahren und vollst�ndigen Haus- und Familien-Schatz, der auch in unserm Vaterlande diejenige ehrenvolle Anerkennung finden wird, die diese Werke bei unsern �berseeischen Nachbarn in so reichlichem Maa�e fand, wo man sie fast in jeder gebildeten, f�r das Wohl ihrer Kinder wahrhaft besorgten Familie antrifft.

Damenbibliothek. Aus dem Gebiete der Unterhaltung und des Wissens. Einheimischen und fremden Quellen entnommen. Den Gebildeten des sch�nen Geschlechts gewidmet. Herausgegeben von Hofrath A. Schreiber. 16 B�ndchen. 8. brosch. 9 fl. 36 kr. od. 6 Thlr. 8 gr.

Die Aufnahme, welche die Damenbibliothek gefunden, war aufmunternd f�r den Herausgeber und Verleger, und unbefangene Leser haben anerkannt, da� die Tendenz dieser Bibliothek nie aus den Augen gelassen worden, und viele der darin enthaltenen Aufs�tze einen nicht blos vor�bergehenden Werth haben. Der in mancher Hinsicht merkw�rdige Chinesische Roman: Die beiden Muhmen, wurden unverst�mmelt und in einer gediegenen Uebersetzung gegeben; die geistreichen Bemerkungen der Frau von Minutoli �ber Egypten, die Notizen �ber das franz�sische Ritterthum, das Gem�lde des franz�sischen Hofes im achtzehnten Jahrhundert, die Geschichte des Marquis von Posa, die mit allgemeinem Beifall aufgenommenen Novellen des Herausgebers, die Erz�hlungen von Caroline Stille, Amalie Schoppe, die Beitr�ge von Alednog, Geib, Haug, Ingemann, Saldagno etc. etc. w�rden jeder �hnlichen Sammlung Ehre machen, und man darf �berhaupt von den meisten Aufs�tzen der Damen-Bibliothek r�hmen, da� sie auch bei wiederholter Lekt�re noch ein frisches lebhaftes Interesse gew�hren. Dazu kommt die elegante �u�ere Ausstattung, und der geringe Preis, der in der That genau erwogen und verglichen, ebenso billig ist, als der der berufenen Zweigroschen-Ausgaben, nur da� hier f�r 36 kr. auf einmal geboten wird, was dort in kleinen Gaben erscheint.

Schreiber, A., Sagen aus den Gegenden des Rheins und des Schwarzwaldes. Zweite sehr vermehrte Auflage. Brosch. 2 fl. od. 1 Thlr. 8 gr. – Derselben 2tr. Bd. 2 fl. od. 1 Thlr. 8 gr.

Diese anziehenden Sagen sind in der einfachen schmucklosen Sprache erz�hlt – der einzig wahren f�r solche geschichtlichen Traditionen – deren der Herr Verfasser wie des h�hern Styls so m�chtig ist. Ein zweites B�ndchen – l�ngst erwartet und gew�nscht, aber versp�tet durch andere literarischen Arbeiten des Herrn Verfassers – ist im Manuscript vollendet und wird demn�chst erscheinen.

Die franz�sische Ausgabe mit 32 Kupfern, gezeichnet und gestochen von den besten Meistern. 2te Auflage. Geb. in Futteral 4 fl. 48 kr. od. 3 Thlr. 4 gr.

Der zweite Band allein, sch�n geb., mit 17 Kupfern 3 fl. oder 2 Thlr.

Die englische Ausgabe mit 33 Kupfern 4 fl. 48 kr. oder 3 Thlr. 4 gr.

Dieselbe ohne Kupfer 1 fl. 40 kr. od. 1 Thlr. 4 gr.

Stille, Caroline, Moralische Erz�hlungen f�r die gebildete Jugend. Nach Mi� Edgeworth frei bearbeitet. 12. Aufl. Velinpapier brosch. 1 fl. od. 16 gr.

Die zu London in zwei Theilen erschienenen Tales by Maria Edgeworth, mit so ausgezeichnetem Beifall aufgenommen, da� sie bereits die 10. Auflage erlebt haben, sind hier von der geachteten Schriftstellerin Caroline Stille, f�r die deutsche, vorzugsweise die weibliche Lesewelt bearbeitet.

Durch das Anziehende der treu aufgefa�ten und geistvoll wiedergegebenen Darstellungen aus dem Leben, verdient das Werk die Anerkennung, deren es sich in seinem Vaterlande zu erfreuen hat, in eben so hohem Grade, als durch die reinsittlichen Andeutungen, welche sich durch das Ganze verflechten.

Thieme, M. Kleiner deutscher Ehrentempel, oder das Leben ber�hmter Deutschen neuerer Zeit. Zur Unterhaltung, Nacheiferung und Erweckung der Vaterlandsliebe f�r Jung und Alt. Mit einem Titelkupfer. 8. brosch. 1 fl. 30 kr. od. 1 Thlr.

Cornelia. Taschenbuch f�r deutsche Frauen, begr�ndet von A. Schreiber, f�r das Jahr 1843, fortgesetzt von Amalie Schoppe, geb. Weise. Mit 7 Stahlstichen. 28ter Jahrgang. Zweite Folge 2ter Jahrgang.


Hinweise zur Transkription

Das Originalbuch ist in Frakturschrift gedruckt. Textanteile, die in Antiqua-Schrift gedruckt wurden, sind jeweils markiert.

Illustrationen wurden jeweils an Kapitelenden geschoben. Ob die vierte, hier schwarz-wei�e Illustration im Originalbuch coloriert ist, konnte nicht gekl�rt werden.

Der Text des Originalbuches wurde grunds�tzlich beibehalten, einschlie�lich uneinheitlicher Schreibweisen wie beispielsweise "�msig" – "emsig", "H�lflosigkeit" – "H�lfslosigkeit", "Leinewand" – "Leinwand", "Orcan" – "Orkan", "Schiffscapitain" – "Schiffscapit�n" – "Schiffskapitain", "Speise" – "Spei�e",

mit folgenden Ausnahmen:

Anf�hrungszeichen wurden korrigiert;

Seite 26:
"wir" ge�ndert in "mir"
(Nicht wahr, Du bleibst bei mir?)

Seite 38:
"Kaj�tte" ge�ndert in "Kaj�te"
(und hielt die Kaj�te des Capitains so rein und ordentlich)

Seite 42:
"Baume" ge�ndert in "B�ume"
(den goldgelben Fr�chten, womit diese B�ume bedeckt waren)

Seite 44:
"ergeben" ge�ndert in "ergehen"
(und es wird Dir stets wohl ergehen)

Seite 59:
"Keil" ge�ndert in "Kiel"
(der Schaum spritzte, so wie der Kiel die Wogen durchschnitt)

Seite 60:
"hattte" ge�ndert in "hatte"
(wie seine fromme Mutter es ihm im Gl�ck und Ungl�ck gelehrt hatte)

Seite 62:
"Felsenriffe" ge�ndert in "Felsenriffen"
(mit verborgenen oder offenbaren Klippen und Felsenriffen bes�t)

Seite 103:
"hrem" ge�ndert in "ihrem"
(allein zu ihrem Verderben)

Seite 104:
"." eingef�gt
(die Bl�tter etwas anders geformt waren. Um sich zu �berzeugen)

Seite 104:
"milde" ge�ndert in "wilde"
(die wilde Patate, die unsern Kartoffeln sehr �hnlich ist)

Seite 121:
"ihm" ge�ndert in "ihr"
(seit er sich nicht mehr vor ihr f�rchtete)

Seite 132:
"," eingef�gt
(und schlo� die Augen wieder, ganz wie der Strau� es machen soll)

Seite 137:
"Frucht" ge�ndert in "Furcht"
(unserm armen Australier eine ungemessene Furcht einzufl��en)

Seite 137:
"?" ge�ndert in "."
(so will ich Euch den Schl�ssel dazu in die Hand geben.)

Seite 138:
"B�ume" ge�ndert in "Bienen"
(wilde Bienen entdeckt, welche die Spitze des Baumes umschw�rmten)

Seite 144:
"bemerkt" ge�ndert in "gemerkt"
(und diesen selbst so genau gemerkt)

Seite 148:
"Keilen" ge�ndert in "Keulen"
(Man kann nur die Keulen zur Speise benutzen)

Seite 156:
"schleppten" ge�ndert in "schleppte"
(und schleppte mich fort an den Strand des Meeres)

Seite 175/176:
"Let-ern" ge�ndert in "Lettern"
(gedruckten Gesangbuche erst die Lettern des gro�en)

Seite 190:
"Baustamm" ge�ndert in "Baumstamm"
(Ein Baumstamm konnte vermittelst der S�ge und der Axt)

Seite 192:
"belegenen" ge�ndert in "gelegenen"
(in der nahe gelegenen H�hle zuerst suchen)

Seite 200:
";" ge�ndert in ","
(welche bisher am Boden gelagert gewesen waren, mit dem Geschrei)

Seite 202:
"mu�te" ge�ndert in "wu�te"
(verstand er sie in der That selbst kaum und wu�te nur soviel)

Seite 238:
"schellen" ge�ndert in "schnellen"
(nach einer eben so schnellen als gl�cklichen Fahrt)

Seite 246:
"Sammlnng" ge�ndert in "Sammlung"
(eine neue Sammlung der Art)

Seite 247:
"Bed�rfuisse" ge�ndert in "Bed�rfnisse"
(einem lang- und tiefgef�hlten Bed�rfnisse abgeholfen zu haben)

Seite 248:
"," eingef�gt
(Ingemann, Saldagno etc. etc. w�rden jeder �hnlichen Sammlung)


End of Project Gutenberg's Robinson in Australien, by Amalia Schoppe

*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ROBINSON IN AUSTRALIEN ***

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and the Foundation information page at www.gutenberg.org


Section 3.  Information about the Project Gutenberg Literary Archive
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The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
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