Was bedeuten zahlen vor einer schleuse

Markieren, Reinigen, Maler- und Ausbesserungsarbeiten – seit drei Wochen geht das so in und unterhalb der Schleuse Eckersmühlen. Sandra Wünsche ist beim Wasserstraßen und Schifffahrtsamt Donau – MDK (Main-Donau-Kanal) zuständig für die Wartungsarbeiten vor Ort. Die Leiterin der Behörde in der Außenstelle Hilpoltstein hat jede Minute für die eigenen Mitarbeiter und für die Baufirmen durchgetaktet. Das Ziel der Bauwerksprüfung sei die Dauerhaftigkeit und die Standfestigkeit der Bauwerke sicherzustellen. Dafür bleiben nur 21 Tage Zeit. Klingt viel, so Wünsche, sei deswegen auch nur im Zweischichtbetrieb zu schaffen. Die ersten fangen in der Schleuse Eckersmühlen um 06.30 Uhr morgens an, die letzten legen ihr Werkzeug um kurz vor 22.00 Uhr aus der Hand.

Erster Schritt: Schleuse Putzen

Ab dem Zeitpunkt der Trockenlegung der Schleuse Eckersmühlen heißt es: Sauber machen! Jeder Zentimeter des 200 Meter langen, 30 Meter tiefen und 12 Meter breiten Beckens muss gereinigt werden. Und das gilt auch für die – wie überdimensionierte Kiemen eines Fischs aussehenden, in die Tiefe unterhalb des Beckens führenden – Wasserzuläufe und die vielen Kammern. Also überall dort, wo eine Betonoberfläche von Schlamm und Wasserbewohnern bedeckt sein könnte.

Arbeitsplatz Schleuse: Nix für feine Näschen

In dem trocken gelegten Riesen-Becken riecht es nach einer Mischung aus verdorbenem Fisch und Brackwasser. Der Gestank kommt vom Schlamm und von Wasserbewohnern. Die Schiffe bringen das alles von der Donau und vom Main mit. Wenn sie dann in die Schleuse Eckersmühlen einfahren, setzt sich der Schlamm. Und die mitgereisten Muscheln steigen quasi aus und gründen hier neue Kolonien. Beides kann zum Problem werden. Die Sedimente können in den Kammern für Verstopfungen sorgen, die Heerscharen von Muscheln dem Beton schaden. Alle sechs Jahre muss mit Wasser und großen Schabern die gesamte Schleuse davon befreit werden. Derzeit sei es ja noch erträglich bei den kühleren Temperaturen, erklärt Sandra Wünsche – die Intensität des Gestanks aber nähme mit steigenden Temperaturen unglaublich schnell zu. 200 Tonnen Schlamm, Muschel- und Fischreste sind diesmal zusammengekommen, und warten nun in einem langen Kahn auf den Abtransport.

Millimetergenaues Augenmaß

Jede gereinigte Oberfläche wir genau inspiziert – Zentimeter für Zentimeter, vielmehr Millimetergenau muss das Augenmaß der Bauwerksprüfer sein. Johannes Wittmann ist einer von ihnen. Er sucht nach Abplatzungen im Beton. Den verursachen die Schiffe. "Manche von denen kommen ja mit Kawumms hier rein", beschreibt Sandra Wünsche den Alltag in der Schleuse. Überall an den Betonwänden der Schleuse stehen Zahlen und Striche in grellen Farben. Das ist nicht das Werk eines Graffiti-Künstlers sondern Hinweise auf kleinere und größere Macken und Risse. Bauwerksprüfer Wittmann wird von zwei Kollegen auf einer schiebbaren Arbeitsbühne Richtung Unterwasser gefahren.

Akribie ist gefragt

Mit einer blauen Spraydose zeichnet er schwer sichtbare Linien nach und dokumentiert sie. Einer ist etwa einen halben Meter lang und haarfein breit. Der sei neu dazu gekommen, zu dem der beim letzten Mal schon da war, erklärt Wittmann. Obwohl alles genau dokumentiert wird, wie in einer Art Schadenstagebuch für die Schleuse Eckermühlen, ist Akribie gefragt. Genau hinschauen müsse man, so Wittmann weiter. Ab einer Rissbreite von 0,1 Millimeter zückt er die Spraydose und markiert die Stelle.

Arbeiten im Verborgenen

In den dunklen Schächten tief unterhalb des Beckens und im Maschinenraum, wo die Motoren für die Schleusentore stehen wird ebenfalls gearbeitet. Sozusagen in der Lunge der Schleuse angekommen, macht Wünsche ein breiterer Riss im 40 Jahre alten Beton Sorgen – hier tritt schon Wasser aus. Unbehandelt kann das zu einem Sicherheitsproblem werden und langfristig Folgen für das ganze Bauwerk haben. Die Handwerker füllen wie mit einer Art Pistole den Riss mit geeigneten Harzen aus. So soll eine Erweiterung oder Vergrößerung des Schadens vermieden werden, erklärt Sandra Wünsche. Mit der Harzfüllung wird der Riss wieder und kann den unterschiedlichen Witterungsbedingungen die nächsten sechs Jahre Stand halten.

Die einen im Trockenen – die anderen im Wasser

Vor der Schleuse ist das Nadelöhr für die Schiffe. Immer wieder donnern die großen Kähne an die Wand. Jetzt, da die Schleuse für Wartungsarbeiten dicht und die Schifffahrt eingestellt ist, heißt es: Einsatz für die Taucher des Wasserstraßen- und Schiffahrtsamts. Matthias Göller, Leiter des Tauchtrupps, hat den Plan für den Bereich vor der Schleuse in der Hand. Von Ufer zu Ufer und in die Nebenbecken muss der Taucher unter Wasser mit einem Dampfstrahler die Wände reinigen, Macken ausmachen und diese über eine Gegensprechanlage an die Kollegen nach oben durchgeben. Die Bilanz des heutigen Tages berichtet Göller an die Leiterin der Außenstelle Hilpoltstein: die Nebenbeckenwände seien in Ordnung aber im Bereich direkt vor der Schleuse seien deutliche mehr Risse in der Betonwand. Begeistert ist Wünsche davon nicht. Sie muss sich nun um die Maler kümmern, die damit beschäftigt sind, den Korrosionsschutz auf Stahlträger im Untergrund aufzutragen. Weil es aus dem Becken immer wieder nach unten in den Schacht, in dem der Handwerker streichen will, tropft, muss schnell eine Lösung her.

Alle müssen Kompromisse machen

Mindestens zwei Jahre im Voraus werden die Schifffahrtsverbände über anstehende Wartungsarbeiten informiert, erklärt Sandra Wünsche. 21 Tage seien ein relativ langer Zeitraum für die Kapitäne, die ihre Schiffe auf dem Main-Donau-Kanal nicht schleusen lassen können. Für die umfangreichen Arbeiten sei dieses Zeitfenster gerade ausreichend bemessen. "Uns wäre es bei wärmeren Temperaturen lieber, die Wartung durchzuführen", so die Bauingenieurin weiter, "aber ab Ostern startet schon die Personenschifffahrt, und die können wir nicht blockieren". So müssten sich alle Beteiligten auf Kompromisse einlassen.

Aussichtsplattform ab Ostern wieder geöffnet

Am Donnerstagabend, wenn das Wasser- und Schifffahrtsamt die Wartung der Schleuse erfolgreich abgenommen hat, wird die Schleuse wieder geflutet. Zuerst werde die Klappe des Unterwassers gesenkt, erklärt Wünsche. Wenn sich das Wasser in den Kammern beruhigt hat, werde die Schleuse des Oberwassers geöffnet. Dann können die Schiffe die Wasserstraße wieder passieren. Ab dem Osterwochenende wird dann auch wieder die Aussichtsplattform, die während der Schleusenwartung geschlossen werden musste, wiedereröffnet.

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Wie bezahlt man eine Schleuse?

Jedes Schiff hat eine Abgabe zu entrichten, sobald es eine Schleuse passiert. Diese Abgabe wird als Schleusengeld bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine schon früh entstandene Abgabe, die sich bis heute erhalten hat. Entrichtet wird diese Abgabe ausschließlich in Bargeld.

Wie funktioniert eine Schleuse einfach erklärt?

Nachdem ein Schiff in die Schleusenkammer eingefahren ist, fließt das Wasser von dort ab ins Unterwasser – wie man den niedriger gelegenen Flussteil nennt. Sobald das Schiff dann auf den Wasserstand des Unterwassers abgesenkt wurde, wird das Schleusentor geöffnet und das Schiff kann seine Fahrt fortsetzen.

Wie funktioniert eine Staustufe?

Eine Staustufe ist eine Anlage zum Aufstauen eines Flusses, um den Wasserstand flussaufwärts und flussabwärts zu regeln. Meistens liegen in einem staugeregelten Flussabschnitt mehrere Staustufen hintereinander.

Wie ist eine Schleuse aufgebaut?

Wenn das Wasser in der Schleuse genauso hoch steht wie auf der oberen Seite der Wasserstraße, öffnet man das obere Tor. Das Schiff kann weiterfahren. Bei der umgekehrten Fahrt fährt das Schiff von oben her in die Schleusenkammer. Das Tor wird geschlossen und Wasser wird abgelassen.