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AbstractFieber, eine rektal oder am Trommelfell gemessene Körpertemperatur über 37,0°C, gehört zu den häufigsten Krankheitssymptomen bei Kindern. Es muss abgeklärt werden, ob eine Infektion, vielleicht sogar eine Sepsis, die Ursache ist oder ein Malignom, eine Autoimmunerkrankung oder ein periodisches Fiebersyndrom. Die häufigste Ursache sind virale Infektionen, die symptomatisch behandelt werden. Antibiotika bedürfen einer klaren Indikation. Wenn sich bei fortbestehendem Fieber trotz zielgerichteter Untersuchungen nach 7 Tagen keine Diagnose stellen lässt, spricht man von Fieber ungeklärter Ursache (FUO), einer diagnostischen Herausforderung. DefinitionFieber ist eines der wichtigsten und häufigsten Symptome, die zur Vorstellung eines Kindes beim Arzt führen. Fieber ist meist definiert als eine Erhöhung der rektal gemessenen Körpertemperatur auf über 38,0°C. Fieber ist keine Diagnose, sondern ein Symptom, das der weiteren Abklärung bedarf. Vom Fieber abgegrenzt werden muss eine physiologische Temperaturerhöhung, die bei Kleinkindern nach altersgemäßer körperlicher Aktivität, besonders am Nachmittag und abends auftreten und 38,0°C überschreiten kann. Wenn eine solche Messung auftritt, sollte die Temperatur nach einer ½ h körperlicher Ruhe erneut gemessen werden. Andere Ursachen einer physiologischen Temperaturerhöhung können eine eiweißreiche Mahlzeit und bei postpubertären Mädchen die Ovulation sein. Die oral gemessene Temperatur ist 0,3–0,6°C niedriger als die rektal gemessene. Bei korrekter Technik liefert das Ohrthermometer am Trommelfell ähnliche Ergebnisse wie die rektale Messung. DiagnoseBei akut beginnendem, hohem Fieber eines zuvor gesunden Kindes kommt es zunächst darauf an, durch Untersuchung aller Organsysteme eine evtl. therapiebedürftige fokale bakterielle Infektion oder sogar eine Sepsis auszuschließen. AnamneseAbgefragt werden Umgebungsinfekte, Fernreisen, Impfstatus (z. B. Pneumokokken), Zeitpunkt des Beginns des Fiebers, Höhe und Art der Messung des Fiebers, begleitenden Symptomen wie Hautausschlag, Schnupfen, Husten, Erbrechen oder Durchfall und Schmerzangaben. Bei Rückkehr aus einem Endemiegebiet müssen sofort ein dicker Tropfen und ein Blutausstrich zum Ausschluss einer Malaria angefertigt werden (Abschn. 16.13). Körperliche UntersuchungDie physikalische Untersuchung beginnt mit der Inspektion der Haut (Exanthem, Petechien), der Suche nach Schonhaltungen und der Einschätzung der Vigilanz. Weitere Maßnahmen sind:
Weitere DiagnostikFalls sich keine klare Ursache des Fiebers findet, sind klinisch-chemische und evtl. apparative Untersuchungen notwendig.
Leukozytose (>15.000/µl), Erhöhung der Stabkernigen (>5% oder >500/µl) und hohes CRP (>5 mg/dl) sprechen für eine bakterielle Ursache. Eine Leukopenie (<5.000/µl) kann viral bedingt, Folge einer iatrogenen Immunsuppression sein, aber auch auf eine schwere Sepsis hinweisen. CaveUnauffällige Laborwerte schließen eine beginnende Sepsis nicht aus.
Der besondere FallAnamnese und Befund. Bei einem 3 Jahre alten Jungen trat Fieber auf, das zunächst als viral bedingt gedeutet wurde. Etwa 8 h später entwickelten sich rötlich-bläuliche bis schwärzliche Hautflecken, die sich rasch ausbreiteten und konfluierten (Abb. 13.1). In der Blutkultur fand sich Neisseria meningitidis Typ B. Open in a separate window Open in a separate window Therapie und Verlauf. Unter der Diagnose einer Meningokokkensepsis wurde eine antibiotische Therapie begonnen, verbunden mit maschineller Beatmung und massiver Volumengabe bei Schock und disseminierter intravasaler Gerinnung. Das Kind überlebte, zeigte jedoch Hautnekrosen an den Unterschenkeln, die plastisch gedeckt werden mussten. Bewertung. Die Sepsis ist initial oft schwer zu erkennen, häufig wird die Diagnose erst nach rapider Verschlechterung des Allgemeinzustandes klar. Besondere HinweiseDurstfieberBei Säuglingen kann ein sog. Durstfieber bei höhergradiger Dehydratation (>5% des Körpergewichts) auftreten, das oft alleine schon durch die notwendige, meist parenterale Flüssigkeitszufuhr sinkt. Eingeschränkte AbwehrkapazitätEin abwartendes Verhalten bei neu auftretendem Fieber ist unter besonderen Situationen nicht erlaubt. Dies betrifft:
Da diese Kinder häufig nicht in der Lage sind, bakterielle Infekte zu lokalisieren, kommt es bei ihnen häufiger zu Bakteriämie und Sepsis, was jedoch klinisch nicht sofort auffällt. Bei diesen Kindern ist in der Regel bei Auftreten hohen und ungeklärten Fiebers eine stationäre Einweisung erforderlich. Bei Kindern mit Neutropenie (<1500/µl) tritt häufig akut Fieber auf. Wegen der verminderten Fähigkeit, Eiter zu bilden, sind Symptome wie Schwellung und Sekretion oft abgemildert. Infektionen können sich innerhalb von Stunden rasch ausbreiten und gehen frühzeitig in eine Sepsis über. Deshalb gelten die unten genannten Regeln nicht für diese Patienten. Vielmehr muss man in Abhängigkeit vom Ausmaß der Gefahr evtl. sofort nach Abnahme von Blut für die Blutkultur und für Laborwerte eine antibakterielle Behandlung beginnen. CaveDie von einer Neutrozytopenie ausgehende Gefahr ist umso größer, je niedriger die Granulozyten im peripheren Blut sind (<500/µl) und je länger die Neutropenie dauert (>1 Woche). Eine ähnliche Situation liegt bei Früh- und Neugeborenen sowie Säuglingen bis zum 3. Lebensmonat vor, bei denen man in Abhängigkeit vom Reifealter ebenfalls nur eine geringe lokale Symptomatik erwarten kann und mit einer frühzeitig auftretenden Sepsis rechnen muss. Eine sofortige Abklärung des Fiebers ist auch erforderlich bei Kindern mit Herzfehlern, hämolytischer Anämie, Hämosiderose, kurz zurückliegender Operation oder wenn der Patient Träger von Fremdmaterial, z. B. eines ventrikuloperitonealen Shunts ist. DifferenzialdiagnoseMeist liegt dem neu aufgetretenen Fieber eine infektiöse Ursache zugrunde. Selten gibt es auch nichtinfektiöse Ursachen, bei denen zunächst das Fieber im Vordergrund steht, ohne dass weitere Befunde auf die eigentliche Ursache hinweisen (Tab. 13.1). Diese Erkrankungen können akut auftreten. Eine rasche Stellung der Diagnose ist wichtig bei Vergiftungen und akutem rheumatischen Fieber. Oft werden aber diese Erkrankungen differenzialdiagnostisch erst interessant, wenn das Fieber einige Tage bestanden hat. Entzündliche Erkrankungen Kawasaki-Erkrankung Chronisch-entzündliche Darmerkrankung Still-Syndrom Akutes rheumatisches Fieber a Purpura Schönlein-Henoch a Systemischer Lupus erythematodes Sarkoidose Neoplastische ErkrankungenNeuroblastom Akute lymphatische Leukämie Lymphom Ewing-Sarkom VergiftungenAtropin a Anticholinergika a Salizylate a Kokain a Metabolische ErkrankungenDurstfieber a Entgleister Diabetes mellitus a Thyreotoxikose a Maligne Hyperthermie a Open in a separate window a Ursachen sollten bereits am 1. Krankheitstag erwogen werden VorgehenWenn man sich unsicher ist, ob eine meist harmlose virale Infektion vorliegt oder ein evtl. schwerwiegendes Krankheitsbild, muss man den Patienten je nach Alter einige Stunden später erneut untersuchen. Laborwerte sind in dieser Situation meist wenig hilfreich, da die sog. Entzündungsparameter dem klinischen Befund mit Fieberbeginn hinterherhinken können. Wenn sich, was am häufigsten der Fall ist, ein vermutlich viraler Infekt der oberen Luftwege findet, sind keine weiteren diagnostischen Maßnahmen notwendig, die Therapie ist symptomatisch. Allerdings sollte das Kind bei Verschlechterung sofort erneut vorgestellt und ein weiterer Untersuchungstermin vereinbart werden. TherapieFiebersenkungDie Therapie des Fiebers kann symptomatisch sein. Dabei sollte man beachten, dass Fieber ein Mechanismus in der Abwehr viraler Infektionen ist. Auf der anderen Seite führen sehr hohe Temperaturen bis zur Hyperpyrexie (rektale Temperatur >41°C) zur starken Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens oder des Kreislaufs und schwächen über eine metabolische Entkoppelung das Kind. Deshalb sollte bei Temperaturen ab 39,5°C eine symptomatische Fiebersenkung durchgeführt werden. Bei Kindern mit der Neigung zu Fieberkrämpfen wird manchmal auch schon bei Temperaturen über 38°C eine Fiebersenkung durchgeführt, obwohl dies keine effektive Prophylaxe gegen das Auftreten von Fieberkrämpfen darstellt. AntipyretikaParacetamol ist ein gutes und bewährtes Antipyretikum, das auch schmerzlindernde Eigenschaften aufweist. Es steht als Tablette, Saft oder Suppositorium sowie zur i.v. Gabe zur Verfügung, die Dosierung beträgt 10–15 mg/kgKG bis zu 4-mal pro Tag. CaveDiese Dosierungsempfehlung bei Paracetamol sollte keinesfalls überschritten werden, da Paracetamol eine geringe therapeutische Breite hat und die Paracetamolintoxikation eine wichtige Ursache des akuten Leberversagens im Kindesalter darstellt. Das Antidot ist Acetylcystein. Bei ambulanter Therapie, unzuverlässigen Eltern, suizidalen Tendenzen oder unsicherer Aufbewahrung des Medikamentes sollte Paracetamol nur zurückhaltend verschrieben werden. Ibuprofen ist Antipyretikum der Wahl und wirkt zudem analgetisch und antiinflammatorisch. Es steht als Tablette, Zäpfchen oder als Saft bei einer Dosierung von 7,5–10 mg/kgKG bis zu 4-mal am Tag zur Verfügung. Metamizol steht als Tablette, Tropfen oder als i.v.-Injektionslösung zur Verfügung. Es gilt als Reservemedikament, wenn andere Maßnahmen nicht zur Fiebersenkung ausreichend waren. Wenn die i.v.-Injektion nicht langsam vorgenommen wird, können Schockzustände auftreten. Physikalische MaßnahmenNeben der pharmakologischen Fiebersenkung ist auch eine physikalische Fiebersenkung möglich. Während der Patient bei Schüttelfrost im Fieberanstieg warm eingepackt werden sollte, muss bei einer Kontinua oder Fieberabfall ein Wärmestau vermieden werden: der Patient benutzt nur ein Laken als Decke oder kann sogar aufgedeckt werden. Dabei kann man den Wünschen des wachen und orientierten Kindes folgen. Außerdem können Wadenwickel zur raschen Temperatursenkung beitragen (allerdings nicht bei Zentralisierung!). Bei Fieber besteht ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf, der besonders bei Säuglingen evtl. nur parenteral gedeckt werden kann. Weitere mögliche MaßnahmenAntibiotika sind kein Fiebertherapeutikum. Wenn sich aber keine fokale Ursache des Fiebers findet und der Zustand des Patienten sich dramatisch verschlechtert, darf man nach Anlage von Blut-, Liquor- und Urinkulturen eine empirische Antibiotikatherapie beginnen. Dies kann auch beim Fieber ungeklärter Ursache der Fall sein. Wenn dies nach mehreren Tagen zu keiner Besserung führt, kann nach Ausschluss einer malignen Systemerkrankung auch eine systemische Therapie mit Glukokortikoiden erwogen werden. Chronisches rezidivierendes FieberFieber unklarer Ursache, FUOWenn das Fieber 7 Tage oder länger besteht, ohne dass eine Ursache gefunden worden ist, spricht man von Fieber unklarer Ursache („fever of unknown origin“, FUO), das eine umfangreiche weitere Abklärung erfordert, die im Allgemeinen unter stationären Bedingungen vorgenommen werden sollte. Oft liegt dem Fieber nicht eine seltene Ursache zugrunde, sondern eine relativ häufige Ursache, die sich bei dem zu behandelnden Kind nur in ungewöhnlicher Gestalt zeigt. In Tab. 13.2 sind Erkrankungen aufgeführt, die rasch diagnostiziert oder ausgeschlossen werden müssen, weil sie behandelbar sind und andernfalls zu bleibenden Schäden führen können. Die erweiterte Diagnostik ergibt dann meist doch eine Infektion (Tab. 13.3), eine Autoimmunerkrankung oder eine maligne Erkrankung. DiagnoseGefahr bei Nichterkennen dieser DiagnoseSeptische ErkrankungDefinitive fokale Schäden, Schock, TodEndokarditisKlappenzerstörungMeningitisTaubheit, Krampfleiden, Hydrozephalus, TodOsteomyelitisOsteolyseArthritisKnorpelzerstörung, ArthrosePyelonephritisSepsis, Hypertonie, Verlust von NierenfunktionPeritonitisIleus, Schock, Tod, BridenMastoiditisMeningitis, SinusvenenthromboseTyphusIntestinale Blutung/Perforation, Endokarditis, Meningitis, Schock, TodTuberkuloseMiliartuberkulose, Hydrozephalus, TodKawasaki-ErkrankungKoronararterienaneurysmen, Herzinfarkt, TodSystemischer Lupus erythematodesAkutes Nierenversagen, zerebrale Krise, TodLeukämieSchlechtere PrognoseLymphomAussaatNeuroblastomSchlechtere Prognose Open in a separate window Infektionen (Beispiele)DiagnostikViren- Epstein-Barr-Virus, Zytomegalie-VirusSerologie- Hepatitis-Viren, humanes Immundefizienzvirus (HIV)Virennachweis durch Polymerasekettenreaktion bei HCV und HIVBakterien- Leptospiren, Brucellen, YersinienAnzucht, Serologie- Borrelia recurrentisReiseanamnese, Ausstrich während Fieber- Salmonella typhiBlutkultur, Serologie- Bartonella (Katzenkratzkrankheit)Serologie- TularämieTierkontakt, Serologie- Mycobacterium tuberculosisTuberkulin-Hauttest, Interferon-γ-Freisetzungs-Test, Anzucht, Färbung,- Chlamydien (Psittakose), Rickettsien (Q-Fieber, Coxiella)Serologie- MykoplasmenSerologie, KälteagglutinineEndokarditiserreger (besonders subakut)Echokardiographie, AnzuchtAdnexitis-, Pyelonephritis-, Mastoiditis-, Sinusitis-, CholangitiserregerBildgebung (MRT, Röntgen, Ultraschall)OsteomyelitiserregerMRT, PunktionAbszesse: Gehirn, Kiefer/Zähne, peritonsillar, subdiaphragmal, intrahepatisch, perinephritisch, retroperitoneal, perityphlitischBildgebung Open in a separate window Vorgehen bei chronischem/rezidivierendem FieberWenn Fieber länger als einige Tage besteht, werden meist behandelnder Arzt und/oder Eltern besorgt und fragen sich nach der Ursache. Das fortbestehende Fieber kann folgende Ursachen haben:
Bei rezidivierendem Fieber ohne Hinweise für entsprechende Erreger müssen auch periodische Fiebererkrankungen in Erwägung gezogen werden (Kap. 12). Warum hat mein Kind Fieber aber sonst keine Symptome?Wenn Kinder im Alter von 3 Monaten bis 3 Jahren mit Fieber keine Symptome haben, die auf eine spezifische Erkrankung hinweisen, aber trotzdem eine Temperatur von 39 °C oder mehr haben, müssen sie vom Arzt untersucht werden. Das Zahnen ruft kein hohes Fieber hervor.
Kann man Fieber ohne Symptome haben?Häufig sind die begleitenden Krankheitszeichen aber so eindeutig, dass die Ursache schnell gefunden ist – etwa eine Ansteckung mit einem Bakterium oder Virus. In manchen Fällen sind die Begleitsymptome von Fieber allerdings so unauffällig oder uncharakteristisch, dass sie keine schnelle Diagnose erlauben.
Wie lange Fieber ohne Symptome?Ältere Kinder und Erwachsene sollte ein Arzt bei Fieber ab 39 °C oder bei Fieber, das länger als zwei Tage anhält oder wiederholt auftritt, untersuchen und behandeln.
Was tun wenn Kind nur Fieber hat?ab 39,0° Hohes Fieber. Besondere Zuwendung und Aufmerksamkeit für das Kind.. Bettruhe.. Etwa alle halbe Stunde das Kind trinken lassen (Muttermilch, Wasser, Tee).. Leicht verdauliche Speisen anbieten.. Temperatur regelmäßig kontrollieren.. Wäsche häufig wechseln.. Kind nicht zu warm einpacken.. |