Wie soll man sie durch Überredung leiten?

Faust.

Eine Trag�die.

von

Goethe.

T�bingen.

in der J. G. Cotta�schen Buchhandlung.

1808.

[2] WS: Bibliotheksstempel und Signatur

[3]

Zueignung.

[4]

[5]

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten!
Die fr�h sich einst dem tr�ben Blick gezeigt.
Versuch� ich wohl euch diesmal fest zu halten?
F�hl� ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
 

5

Ihr dr�ngt euch zu! nun gut, so m�gt ihr walten,

Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen f�hlt sich jugendlich ersch�ttert
Vom Zauberhauch der euren Zug umwittert.

Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,

10

Und manche liebe Schatten steigen auf;

Gleich einer alten, halbverklungnen Sage,
Kommt erste Lieb� und Freundschaft mit herauf;
Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,
 

15

Und nennt die Guten, die, um sch�ne Stunden

Vom Gl�ck get�uscht, vor mir hinweggeschwunden.

[6]

Sie h�ren nicht die folgenden Ges�nge,
Die Seelen, denen ich die ersten sang,
Zerstoben ist das freundliche Gedr�nge,
 

20

Verklungen ach! der erste Wiederklang.

Mein Lied[1] ert�nt der unbekannten Menge,
Ihr Beyfall selbst macht meinem Herzen bang,
Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.

25

Und mich ergreift ein l�ngst entw�hntes Sehnen

Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
Es schwebet nun, in unbestimmten T�nen,
Mein lispelnd Lied, der Aeolsharfe gleich,
Ein Schauer fa�t mich, Thr�ne folgt den Thr�nen,
 

30

Das strenge Herz es f�hlt sich mild und weich;

Was ich besitze seh� ich wie im weiten,
Und was verschwand wird mir zu Wirklichkeiten.

[7]

Vorspiel auf dem Theater.

[8]

[9]

DirectorTheaterdichterlustige Person.

Director.
Ihr beyden die ihr mir so oft,
In Noth und Tr�bsal, beygestanden,
 

35

Sagt was ihr wohl, in deutschen Landen,

Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich w�nschte sehr der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben l��t.
Die Pfosten sind, die Breter aufgeschlagen,
 

40

Und jedermann erwartet sich ein Fest.

Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,
Gelassen da und m�chten gern erstaunen.
Ich wei� wie man den Geist des Volks vers�hnt;
Doch so verlegen bin ich nie gewesen;
 

45

Zwar sind sie an das Beste nicht gew�hnt,

Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir�s? da� alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gef�llig sey.
Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,
 

50

Wenn sich der Strom nach unsrer Bude dr�ngt,

Und mit gewaltig wiederholten Wehen,
Sich durch die enge Gnadenpforte zw�ngt;
Bey hellem Tage, schon vor Vieren,
Mit St��en sich bis an die Kasse ficht
 

55

Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerth�ren,

Um ein Billet sich fast die H�lse bricht.
Die� Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.

Dichter.
O sprich mir nicht von jener bunten Menge,

60

Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.

Verh�lle mir das wogende Gedr�nge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, f�hre mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude bl�ht;
 

65

Wo Lieb� und Freundschaft unsres Herzens Segen

Mit G�tterhand erschaffen und erpflegen.

Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,
Was sich die Lippe sch�chtern vorgelallt,
Mi�rathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
 

70

Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.

Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen
Erscheint es in vollendeter Gestalt.
Was gl�nzt ist f�r den Augenblick geboren,
Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.

Lustige Person.

75

Wenn ich nur nichts von Nachwelt h�ren sollte.

Gesetzt da� ich von Nachwelt reden wollte,
Wer machte denn der Mitwelt Spa�?
Den will sie doch und soll ihn haben.
Die Gegenwart von einem braven Knaben
 

80

Ist, d�cht� ich, immer auch schon was.

Wer sich behaglich mitzutheilen wei�,
Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
Er w�nscht sich einen gro�en Kreis,
Um ihn gewisser zu ersch�ttern.
 

85

Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft,

La�t Phantasie, mit allen ihren Ch�ren,

Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit h�ren.

Director.
Besonders aber la�t genug geschehn!

90

Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.

Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
So da� die Menge staunend gaffen kann,
Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,
Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.
 

95

Die Masse k�nnt ihr nur durch Masse zwingen,

Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
Gebt ihr ein St�ck, so gebt es gleich in St�cken!
 

100

Solch ein Ragout es mu� euch gl�cken;

Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
Was hilft�s wenn ihr ein Ganzes dargebracht,
Das Publikum wird es euch doch zerpfl�cken.

Dichter.
Ihr f�hlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey!

105

Wie wenig das den �chten K�nstler zieme!

Der saubern Herren Pfuscherey
Ist, merk� ich, schon bey euch Maxime.

Director.
Ein solcher Vorwurf l��t mich ungekr�nkt;
Ein Mann, der recht zu wirken denkt,

110

Mu� auf das beste Werkzeug halten.

Bedenkt, ihr habet weiches Holz zu spalten,
Und seht nur hin f�r wen ihr schreibt!
Wenn diesen Langeweile treibt,
Kommt jener satt vom �bertischten Mahle,
 

115

Und, was das allerschlimmste bleibt,

Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
Und Neugier nur befl�gelt jeden Schritt;
Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
 

120

Und spielen ohne Gage mit.

Was tr�umet ihr auf eurer Dichter-H�he?
Was macht ein volles Haus euch froh?
Beseht die G�nner in der N�he!
Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
 

125

Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,

Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.

Was plagt ihr armen Thoren viel,
Zu solchem Zweck, die holden Musen?
Ich sag� euch, gebt nur mehr, und immer, immer mehr,
 

130

So k�nnt ihr euch vom Ziele nie verirren,

Sucht nur die Menschen zu verwirren,
Sie zu befriedigen ist schwer � �
Was f�llt euch an? Entz�ckung oder Schmerzen?

Dichter.
Geh hin und such dir einen andern Knecht!

135

Der Dichter sollte wohl das h�chste Recht,

Das Menschenrecht, das ihm Natur verg�nnt,
Um deinetwillen freventlich verscherzen!
Wodurch bewegt er alle Herzen?
Wodurch besiegt er jedes Element?
 

140

Ist es der Einklang nicht? der aus dem Busen dringt,

Und in sein Herz die Welt zur�cke schlingt.
Wenn die Natur des Fadens ew�ge L�nge,
Gleichg�ltig drehend, auf die Spindel zwingt,
Wenn aller Wesen unharmon�sche Menge
 

145

Verdrie�lich durch einander klingt;

Wer theilt die flie�end immer gleiche Reihe
Belebend ab, da� sie sich rythmisch regt?

Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe?
Wo es in herrlichen Accorden schl�gt,
 

150

Wer l��t den Sturm zu Leidenschaften w�then?

Das Abendroth im ernsten Sinne gl�hn?
Wer sch�ttet alle sch�nen Fr�hlingsbl�ten
Auf der Geliebten Pfade hin?
Wer flicht die unbedeutend gr�nen Bl�tter
 

155

Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?

Wer sichert den Olymp? vereinet G�tter?
Des Menschen Kraft im Dichter offenbart.

Lustige Person.
So braucht sie denn die sch�nen Kr�fte
Und treibt die dicht�rischen Gesch�fte,

160

Wie man ein Liebesabenteuer treibt.

Zuf�llig naht man sich, man f�hlt, man bleibt
Und nach und nach wird man verflochten;
Es w�chst das Gl�ck, dann wird es angefochten,
Man ist entz�ckt, nun kommt der Schmerz heran,
 

165

Und eh man sich�s versieht ist�s eben ein Roman.

La�t uns auch so ein Schauspiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt�s, nicht vielen ist�s bekannt,

Und wo ihr�s packt, da ist�s interessant.
 

170

In bunten Bildern wenig Klarheit,

Viel Irrthum und ein F�nkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend sch�nste Bl�te
 

175

Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,

Dann sauget jedes z�rtliche Gem�the
Aus eurem Werk sich melanchol�sche Nahrung;
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen tr�gt.
 

180

Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,

Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen,
Ein Werdender wird immer dankbar seyn.

Dichter.
So gieb mir auch die Zeiten wieder,

185

Da ich noch selbst im Werden war,

Da sich ein Quell gedr�ngter Lieder
Ununterbrochen neu gebar,
Da Nebel mir die Welt verh�llten,
Die Knospe Wunder noch versprach,

190

Da ich die tausend Blumen brach,

Die alle Th�ler reichlich f�llten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gieb ungeb�ndigt jene Triebe,
 

195

Das tiefe schmerzenvolle Gl�ck,

Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zur�ck!

Lustige Person.
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde dr�ngen,

200

Wenn mit Gewalt an deinen Hals

Sich allerliebste M�dchen h�ngen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
 

205

Die N�chte schmausend man vertrinket.

Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem selbgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
 

210

Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,

Und wir verehren euch darum nicht minder.
Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
Es findet uns nur noch als wahre Kinder.

Director.
Der Worte sind genug gewechselt,

215

La�t mich auch endlich Thaten sehn;

Inde� ihr Complimente drechselt,
Kann etwas n�tzliches geschehn.
Was hilft es viel von Stimmung reden?
Dem Zaudernden erscheint sie nie.
 

220

Gebt ihr euch einmal f�r Poeten,

So kommandirt die Poesie.
Euch ist bekannt was wir bed�rfen,
Wir wollen stark Getr�nke schl�rfen;
Nun braut mir unverz�glich dran!
 

225

Was heute nicht geschieht, ist Morgen nicht gethan,

Und keinen Tag soll man verpassen,
Das M�gliche soll der Entschlu�
Beherzt sogleich beym Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
 

230

Und wirket weiter, weil er mu�.

[19]

      Ihr wi�t, auf unsern deutschen B�hnen
Probirt ein jeder was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospecte nicht und nicht Maschinen.
 

235

Gebraucht das groߒ und kleine Himmelslicht,

Die Sterne d�rfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenw�nden,
An Thier und V�geln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Breterhaus
 

240

Den ganzen Kreis der Sch�pfung aus,

Und wandelt, mit bed�chtger Schnelle,
Vom Himmel, durch die Welt, zur H�lle.

[20]

[21]

Prolog im Himmel.

[22]

[23]

Der Herrdie himmlischen Heerscharen, nachher Mephistopheles.

Die drey Erzengel treten vor.

Raphael.
Die Sonne t�nt, nach alter Weise,
In Brudersph�ren Wettgesang,
 

245

Und ihre vorgeschriebne Reise

Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick giebt den Engeln St�rke,
Wenn keiner sie ergr�nden mag.
Die unbegreiflich hohen Werke
 

250

Sind herrlich wie am ersten Tag.


Gabriel.
Und schnell und unbegreiflich schnelle

Dreht sich umher der Erde Pracht;
Es wechselt Paradieses-Helle
Mit tiefer schauervoller Nacht;
 

255

Es sch�umt das Meer in breiten Fl�ssen

Am tiefen Grund der Felsen auf,
Und Fels und Meer wird fortgerissen
In ewig schnellem Sph�renlauf.

Michael.
Und St�rme brausen um die Wette

260

Vom Meer aufs Land vom Land aufs Meer,

Und bilden w�thend eine Kette
Der tiefsten Wirkung rings umher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
Dem Pfade vor des Donnerschlags.
 

265

Doch deine Boten, Herr, verehren

Das sanfte Wandeln deines Tags.

Zu Drey.
Der Anblick giebt den Engeln St�rke
Da keiner dich ergr�nden mag,
Und alle deine hohen Werke

270

Sind herrlich wie am ersten Tag.

[25]

Mephistopheles.
Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
Und fragst wie alles sich bey uns befinde,
Und du mich sonst gew�hnlich gerne sahst;
So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
 

275

Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,

Und wenn mich auch der ganze Kreis verh�hnt;
Mein Pathos br�chte dich gewi� zum lachen,
H�ttst du dir nicht das Lachen abgew�hnt.
Von Sonn� und Welten wei� ich nichts zu sagen,
 

280

Ich sehe nur wie sich die Menschen plagen.

Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
Ein wenig besser w�rd� er leben,
H�ttst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
 

285

Er nennts Vernunft und braucht�s allein

Nur thierischer als jedes Thier zu seyn.
Er scheint mir, mit Verlaub von Ew. Gnaden,
Wie eine der langbeinigen Cicaden,
Die immer fliegt und fliegend springt
 

290

Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;

Und l�g� er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begr�bt er seine Nase.

Der Herr.
Hast du mir weiter nichts zu sagen?
Kommst du nur immer anzuklagen?

295

Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?

Mephistopheles.
Nein Herr! ich find� es dort, wie immer, herzlich schlecht.
Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,
Ich mag sogar die Armen selbst nicht plagen.

Der Herr.
Kennst du den Faust?

Mephistopheles.
 Den Doctor?

Der Herr.
 Meinen Knecht!

Mephistopheles.

300

F�rwahr! er dient euch auf besondre Weise.

Nicht irdisch ist des Thoren Trank noch Speise.
Ihn treibt die G�hrung in die Ferne,
Er ist sich seiner Tollheit halb bewu�t;
Vom Himmel fordert er die sch�nsten Sterne,

305

Und von der Erde jede h�chste Lust,

Und alle N�h� und alle Ferne
Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust.

Der Herr.
Wenn er mir jetzt auch nur verworren dient;
So werd� ich ihn bald in die Klarheit f�hren.

310

Wei� doch der G�rtner, wenn das B�umchen gr�nt,

Da� Bl�t� und Frucht die k�nft�gen Jahre zieren.

Mephistopheles.
Was wettet ihr? den sollt ihr noch verlieren!
Wenn ihr mir die Erlaubni� gebt
Ihn meine Stra�e sacht zu f�hren.

Der Herr.

315

So lang� er auf der Erde lebt,

So lange sey dir�s nicht verboten.
Es irrt der Mensch so lang er strebt.

Mephistopheles.
Da dank� ich euch; denn mit den Todten
Hab� ich mich niemals gern befangen.

320

Am[2] meisten lieb� ich mir die vollen frischen Wangen.

F�r einen Leichnam bin ich nicht zu Haus;
Mir geht es wie der Katze mit der Maus.

[28]

Der Herr.
Nun gut, es sey dir �berlassen!
Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,
 

325

Und f�hr� ihn, kannst du ihn erfassen,

Auf deinem Wege mit herab,
Und steh� besch�mt, wenn du bekennen mu�t:
Ein guter Mensch, in seinem dunkeln Drange,
Ist sich des rechten Weges wohl bewu�t.

Mephistopheles.

330

Schon gut! nur dauert es nicht lange.

Mir ist f�r meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange,
Erlaubt ihr mir Triumph aus voller Brust.
Staub soll er fressen, und mit Lust,
 

335

Wie meine Muhme, die ber�hmte Schlange.


Der Herr.
Du darfst auch da nur frey erscheinen;
Ich habe deines gleichen nie geha�t.
Von allen Geistern die verneinen
Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.
 

340

Des Menschen Th�tigkeit kann allzu leicht erschlaffen,

Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;

Drum geb� ich gern ihm den Gesellen zu,
Der reizt und wirkt, und mu�, als Teufel, schaffen.
Doch ihr, die �chten G�tters�hne,
 

345

Erfreut euch der lebendig reichen Sch�ne!

Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
Umfaߒ euch mit der Liebe holden Schranken,
Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
Befestiget mit dauernden Gedanken.

Der Himmel schlie�t, die Erzengel vertheilen sich,

Mephistopheles allein.
 

350

Von Zeit zu Zeit seh� ich den Alten gern,

Und h�te mich mit ihm zu brechen.
Es ist gar h�bsch von einem gro�en Herrn
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

[30]

[31]

Der Trag�die

Erster Theil.

[32]

[33]

Nacht.

In einem hochgew�lbten, engen, gothischen Zimmer Faust unruhig auf seinem Sessel am Pulte.

Faust.
Habe nun, ach! Philosophie,
 

355

Juristerey und Medicin,

Und leider auch Theologie!
Durchaus studirt, mit hei�em Bem�hn.
Da steh� ich nun, ich armer Thor!
Und bin so klug als wie zuvor;
 

360

Hei�e Magister, hei�e Doctor gar,

Und ziehe schon an die zehen Jahr,
Herauf, herab und quer und krumm,
Meine Sch�ler an der Nase herum �

Und sehe, da� wir nichts wissen k�nnen!
 

365

Das will mir schier das Herz verbrennen.

Zwar bin ich gescheidter als alle die Laffen,
Doctoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Scrupel noch Zweifel,
F�rchte mich weder vor H�lle noch Teufel �
 

370

Daf�r ist mir auch alle Freud� entrissen,

Bilde mir nicht ein was rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich k�nnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab� ich weder Gut noch Geld,
 

375

Noch Ehr� und Herrlichkeit der Welt.

Es m�chte kein Hund so l�nger leben!
Drum hab� ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimni� w�rde kund;
 

380

Da� ich nicht mehr mit sauerm Schwei�,

Zu sagen brauche, was ich nicht wei�;
Da� ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenh�lt,
Schau� alle Wirkenskraft und Samen,
 

385

Und thu� nicht mehr in Worten kramen.

[35]

      O s�hst du, voller Mondenschein,
Zum letztenmal auf meine Pein,
Den ich so manche Mitternacht
An diesem Pult herangewacht:
 

390

Dann �ber B�chern und Papier,

Tr�bsel�ger Freund, erschienst du mir!
Ach! k�nnt� ich doch auf Berges-H�h�n,
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergesh�le mit Geistern schweben,
 

395

Auf Wiesen in deinem D�mmer weben,

Von allem Wissensqualm entladen,
In deinem Thau gesund mich baden!

      Weh! steck� ich in dem Kerker noch?
Verfluchtes, dumpfes Mauerloch!

400

Wo selbst das liebe Himmelslicht

Tr�b� durch gemahlte Scheiben bricht.
Beschr�nkt mit diesem B�cherhauf,
Den W�rme nagen, Staub bedeckt,
Den, bis an�s hohe Gew�lb� hinauf,
 

405

Ein angeraucht Papier umsteckt;

Mit Gl�sern, B�chsen rings umstellt,

Mit Instrumenten vollgepfropft,
Urv�ter Hausrath drein gestopft �
Das ist deine Welt! das hei�t eine Welt!

410

     

Und fragst du noch, warum dein Herz

Sich bang� in deinem Busen klemmt?
Warum ein unerkl�rter Schmerz
Dir alle Lebensregung hemmt?
Statt der lebendigen Natur,
 

415

Da Gott die Menschen schuf hinein,

Umgiebt in Rauch und Moder nur
Dich Thiergeripp� und Todtenbein.

      Flieh! auf! hinaus ins weite Land!
Und die� geheimni�volle Buch,

420

Von Nostradamus eigner Hand,

Ist dir es nicht Geleit genug?
Erkennest dann der Sterne Lauf,
Und wenn Natur dich unterweist,
Dann geht die Seelenkraft dir auf,
 

425

Wie spricht ein Geist zum andern Geist.

Umsonst, da� trocknes Sinnen hier

Die heil�gen Zeichen dir erkl�rt,
Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir,
Antwortet mir, wenn ihr mich h�rt!

Er schl�gt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus.

430

Ha! welche Wonne flie�t in diesem Blick

Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich f�hle junges, heil�ges Lebensgl�ck
Neugl�hend mir durch Nerv� und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb?
 

435

Die mir das innre Toben stillen,

Das arme Herz mit Freude f�llen,
Und mit geheimni�vollem Trieb,
Die Kr�fte der Natur rings um mich her enth�llen.
Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!
 

440

Ich schau� in diesen reinen Z�gen

Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.
Jetzt erst erkenn� ich was der Weise spricht:
�Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;
Dein Sinn ist zu, dein Herz ist todt!
 

445

Auf bade, Sch�ler, unverdrossen,

Die ird�sche Brust im Morgenroth!�

Er beschaut das Zeichen.

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!
Wie Himmelskr�fte auf und nieder steigen
 

450

Und sich die goldnen Eimer reichen!

Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all� das All durchklingen!

      Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!

455

Wo faߒ ich dich, unendliche Natur?

Euch Br�ste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,
An denen Himmel und Erde h�ngt,
Dahin die welke Brust sich dr�ngt �
Ihr quellt, ihr tr�nkt, und schmacht� ich so vergebens?

Er schl�gt unwillig das Buch um, und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.

460

Wie anders wirkt die� Zeichen auf mich ein!

Du, Geist der Erde, bist mir n�her;
Schon f�hl� ich meine Kr�fte h�her,
Schon gl�h� ich wie von neuem Wein,
Ich f�hle Muth, mich in die Welt zu wagen,
 

465

Der Erde Weh, der Erde Gl�ck zu tragen,

Mit St�rmen mich herumzuschlagen,

Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen,
Es w�lkt sich �ber mir �
Der Mond verbirgt sein Licht �
 

470

Die Lampe schwindet!

Es dampft! � Es zucken rothe Strahlen
Mir um das Haupt � Es weht
Ein Schauer vom Gew�lb� herab
Und fa�t mich an!
 

475

Ich f�hl�s, du schwebst um mich, erflehter Geist.

Enth�lle dich!
Ha! wie�s in meinem Herzen rei�t!
Zu neuen Gef�hlen
All� meine Sinnen sich erw�hlen!
 

480

Ich f�hle ganz mein Herz dir hingegeben!

Du mu�t! du mu�t! und kostet� es mein Leben!

Er fa�t das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimni�voll aus. Es zuckt eine r�thliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.

Geist.
Wer ruft mir?

Faust abgewendet.
 Schreckliches Gesicht!

[40]

Geist.
Du hast mich m�chtig angezogen,
An meiner Sph�re lang� gesogen,
 

485

Und nun �

Faust.
 Weh! ich ertrag� dich nicht!

Geist.
Du flehst erathmend mich zu schauen,
Meine Stimme zu h�ren, mein Antlitz zu sehn,
Mich neigt dein m�chtig Seelenflehn,
Da bin ich! � Welch erb�rmlich Grauen

490

Fa�t Uebermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?

Wo ist die Brust? die eine Welt in sich erschuf,
Und trug und hegte; die mit Freudebeben
Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben.
Wo bist du, Faust? de� Stimme mir erklang,
 

495

Der sich an mich mit allen Kr�ften drang?

Bist Du es? der, von meinem Hauch umwittert,
In allen Lebenstiefen zittert,
Ein furchtsam weggekr�mmter Wurm!

Faust.
Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?

500

Ich bin�s, bin Faust, bin deines gleichen!

[41]

Geist.

In Lebensfluthen, im Thatensturm
Wall� ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
 

505

Ein ewiges Meer,

Ein wechselnd Weben,
Ein gl�hend Leben,
So schaff� ich am sausenden Webstuhl der Zeit,
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

Faust.

510

Der du die weite Welt umschweifst,

Gesch�ftiger Geist, wie nah f�hl� ich mich dir!

Geist.
Du gleichst dem Geist, den du begreifst,

Nicht mir!

Verschwindet.

Faust zusammenst�rzend.
Nicht dir!
 

515

Wem denn?

Ich Ebenbild der Gottheit!
Und nicht einmal dir!

[42] Es klopft.

O Tod! ich kenn�s � das ist mein Famulus �
Es wird mein sch�nstes Gl�ck zu nichte!
 

520

Da� diese F�lle der Gesichte

Der trockne Schleicher st�ren mu�!

Wagner im Schlafrocke und der Nachtm�tze, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.

 

Wagner.
Verzeiht! ich h�r� euch declamiren;
Ihr las�t gewi� ein griechisch Trauerspiel?
In dieser Kunst m�cht� ich �was profitiren,
 

525

Denn heut zu Tage wirkt das viel.

Ich hab� es �fters r�hmen h�ren,
Ein Kom�diant k�nnt� einen Pfarrer lehren.

Faust.
Ja, wenn der Pfarrer ein Kom�diant ist;
Wie das denn wohl zu Zeiten kommen mag.

Wagner.

530

Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,

Und sieht die Welt kaum einen Feyertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,
Wie soll man sie durch Ueberredung leiten?

[43]

Faust.
Wenn ihr�s nicht f�hlt, ihr werdet�s nicht erjagen,
 

535

Wenn es nicht aus der Seele dringt,

Und mit urkr�ftigem Behagen
Die Herzen aller H�rer zwingt.
Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen,
Braut ein Ragout von andrer Schmaus,
 

540

Und blas�t die k�mmerlichen Flammen

Aus eurem Aschenh�ufchen �raus!
Bewund�rung von Kindern und Affen,
Wenn euch darnach der Gaumen steht;
Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
 

545

Wenn es euch nicht von Herzen geht.

Wagner.
Allein der Vortrag macht des Redners Gl�ck;
Ich f�hl� es wohl, noch bin ich weit zur�ck.

Faust.
Such� Er den redlichen Gewinn!
Sey er kein schellenlauter Thor!

550

Es tr�gt Verstand und rechter Sinn

Mit wenig Kunst sich selber vor;
Und wenn�s euch Ernst ist was zu sagen,

Ist�s n�thig Worten nachzujagen?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
 

555

In denen ihr der Menschheit Schnitzel kr�uselt,

Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die d�rren Bl�tter s�uselt!

Wagner.
Ach Gott! die Kunst ist lang;
Und kurz ist unser Leben.

560

Mir wird, bey meinem kritischen Bestreben,

Doch oft um Kopf und Busen bang�.
Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt!
Und eh� man nur den halben Weg erreicht,
 

565

Mu� wohl ein armer Teufel sterben.

Faust.
Das Pergament, ist das der heilge Bronnen,
Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt?
Erquickung hast du nicht gewonnen,
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.

Wagner.

570

Verzeiht! es ist ein gro� Ergetzen,

Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen;

Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,

Und wie wir�s dann zuletzt so herrlich weit gebracht.

Faust.
O ja, bis an die Sterne weit!

575

Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit

Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.
Was ihr den Geist der Zeiten hei�t,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
 

580

Da ist�s dann wahrlich oft ein Jammer!

Man l�uft euch bey dem ersten Blick davon.
Ein Kehrichtfa� und eine Rumpelkammer,
Und h�chstens eine Haupt- und Staatsaction,
Mit trefflichen, pragmatischen Maximen,
 

585

Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen!

Wagner.
Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!
M�cht� jeglicher doch was davon erkennen.

Faust.
Ja was man so erkennen hei�t!
Wer darf das Kind beym rechten Namen nennen?

590

Die wenigen, die was davon erkannt,

Die th�richt g�nug ihr volles Herz nicht wahrten,

Dem P�bel ihr Gef�hl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreutzigt und verbrannt.
Ich bitt� euch, Freund, es ist tief in der Nacht,
 

595

Wir m�ssen�s die�mal unterbrechen.


Wagner.
Ich h�tte gern nur immer fortgewacht,
Um so gelehrt mit euch mich zu besprechen.
Doch Morgen, als am ersten Ostertage,
Erlaubt mir ein� und andre Frage.
 

600

Mit Eifer hab� ich mich der Studien beflissen,
Zwar wei� ich viel, doch m�cht� ich alles wissen.

ab.

Faust allein.
Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier�ger Hand nach Sch�tzen gr�bt,
 

605

Und froh ist, wenn er Regenw�rmer findet!


     Darf eine solche Menschenstimme hier,
Wo Geisterf�lle mich umgab, ert�nen?
Doch ach! f�r die�mal dank� ich dir,

Dem �rmlichsten von allen Erdens�hnen.

610

Du rissest mich von der Verzweiflung los,

Die mir die Sinne schon zerst�ren wollte.
Ach! die Erscheinung war so Riesen-gro�,
Da� ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.

     Ich, Ebenbild der Gottheit, das sich schon

615

Ganz nah ged�nkt dem Spiegel ew�ger Wahrheit,

Sein selbst geno�, in Himmelsglanz und Klarheit,
Und abgestreift den Erdensohn;
Ich, mehr als Cherub, dessen freye Kraft
Schon durch die Adern der Natur zu flie�en
 

620

Und, schaffend, G�tterleben zu genie�en

Sich ahndungsvoll verma�, wie mu� ich�s b��en!
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.

     Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen.
Hab� ich die Kraft dich anzuziehn besessen;

625

So hatt� ich dich zu halten keine Kraft.

In jenem sel�gen Augenblicke
Ich f�hlte mich so klein, so gro�,
 

Du stie�est grausam mich zur�cke,

Ins ungewisse Menschenloos.

630

Wer lehret mich? was soll ich meiden?

Soll ich gehorchen jenem Drang?
Ach! unsre Thaten selbst, so gut als unsre Leiden,
Sie hemmen unsres Lebens Gang.

     Dem herrlichsten, was auch der Geist empfangen,

635

Dr�ngt immer fremd und fremder Stoff sich an;

Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
Dann hei�t das Be�re Trug und Wahn.
Die uns das Leben gaben, herrliche Gef�hle
Erstarren in dem irdischen Gew�hle.

640

     

Wenn Phantasie sich sonst, mit k�hnem Flug,

Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
So ist ein kleiner Raum ihr nun genug,
Wenn Gl�ck auf Gl�ck im Zeitenstrudel scheitert.
Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
 

645

Dort wirket sie geheime Schmerzen,

Unruhig wiegt sie sich und st�ret Lust und Ruh;
Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,
 

Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,

Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;

650

Du bebst vor allem was nicht trifft,

Und was du nie verlierst das mu�t du stets beweinen.

     Den G�ttern gleich� ich nicht! zu tief ist es gef�hlt;
Dem Wurme gleich� ich, der den Staub durchw�hlt;
Den, wie er sich im Staube n�hrend lebt,

655

Des Wandrers Tritt vernichtet und begr�bt.


     Ist es nicht Staub? was diese hohe Wand,
Aus hundert F�chern, mir verenget;
Der Tr�del, der mit tausendfachem Tand,
In dieser Mottenwelt mich dr�nget?
 

660

Hier soll ich finden was mir fehlt?

Soll ich vielleicht in tausend B�chern lesen,
Da� �berall die Menschen sich gequ�lt,
Da� hie und da ein Gl�cklicher gewesen? �
Was grinsest du mir hohler Sch�del her?
 

665

Als da� dein Hirn, wie meines, einst verwirret,

Den leichten Tag gesucht und in der D�mmrung schwer,
Mit Lust nach Wahrheit, j�mmerlich geirret.
 

Ihr Instrumente freylich, spottet mein,

Mit Rad und K�mmen, Walz� und B�gel.

670

Ich stand am Thor, ihr solltet Schl�ssel seyn;

Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
Geheimni�voll am lichten Tag
L��t sich Natur des Schleyers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
 

675

Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.

Du alt Ger�the das ich nicht gebraucht,
Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.
Du alte Rolle, du wirst angeraucht,
So lang an diesem Pult die tr�be Lampe schmauchte.
 

680

Weit besser h�tt� ich doch mein weniges verpra�t,

Als mit dem wenigen belastet hier zu schwitzen!
Was du ererbt von deinen V�tern hast
Erwirb es, um es zu besitzen.
Was man nicht n�tzt ist eine schwere Last,
 

685

Nur was der Augenblick erschafft, das kann er n�tzen.


     Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?
Ist jenes Fl�schchen dort den Augen ein Magnet?
Warum wird mir auf einmal lieblich helle?
 

Als wenn im n�cht�gen Wald uns Mondenglanz umweht.
 

[51]

690

     

Ich gr��e dich, du einzige Phiole!

Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr� ich Menschenwitz und Kunst.
Du Inbegriff der holden Schlummers�fte,
Du Auszug aller t�dlich feinen Kr�fte,
 

695

Erweise deinem Meister deine Gunst!

Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
Des Geistes Fluthstrom ebbet nach und nach.
Ins hohe Meer werd� ich hinausgewiesen,
 

700

Die Spiegelfluth ergl�nzt zu meinen F��en,

Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

     Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
An mich heran! Ich f�hle mich bereit
Auf neuer Bahn den Aether zu durchdringen,

705

Zu neuen Sph�ren reiner Th�tigkeit.

Die� hohe Leben, diese G�tterwonne!
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?
Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen R�cken zu!
 

710

Vermesse dich die Pforten aufzurei�en,

Vor denen jeder gern vor�ber schleicht.

Hier ist es Zeit durch Thaten zu beweisen,
Da� Mannes-W�rde nicht der G�tterh�he weicht,
Vor jener dunkeln H�hle nicht zu beben,
 

715

In der sich Phantasie zu eigner Quaal verdammt,

Nach jenem Durchgang hinzustreben,
Um dessen engen Mund die ganze H�lle flammt;
Zu diesem Schritt sich heiter zu entschlie�en
Und, w�r� es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu flie�en.

720

     

Nun komm herab, krystallne reine Schaale!

Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht.
Du gl�nztest bey der V�ter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten G�ste,
 

725

Wenn einer dich dem andern zugebracht.

Der vielen Bilder k�nstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erkl�ren,
Auf Einen Zug die H�hlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugend-Nacht,
 

730

Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen,

Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht.

Mit brauner Flut erf�llt er deine H�hle.
Den ich bereitet, den ich w�hle,
 

735

Der letzte Trunk sey nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gru�, dem Morgen zugebracht!

Er setzt die Schaale an den Mund.

Glockenklang und Chorgesang.

Chor der Engel.

               Christ ist erstanden!
          Freude dem Sterblichen,
          Den die verderblichen,
 

740

          

Schleichenden, erblichen

          

M�ngel umwanden.

Faust.
Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton,
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?
Verk�ndiget ihr dumpfen Glocken schon

745

Des Osterfestes erste Feyerstunde?

Ihr Ch�re singt ihr schon den tr�stlichen Gesang?
Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
 

Gewi�heit einem neuen Bunde.

[54]

Chor der Weiber.

          Mit Spezereyen
 

750

          

Hatten wir ihn gepflegt,

          Wir seine Treuen
          Hatten ihn hingelegt;
          T�cher und Binden
          Reinlich umwanden wir,
 

755

          

Ach! und wir finden

          

Christ nicht mehr hier.

Chor der Engel.
          Christ ist erstanden!
          Selig der Liebende,
          Der die Betr�bende,

760

          

Heilsam� und �bende

          

Pr�fung bestanden.

Faust.
Was sucht ihr, m�chtig und gelind,
Ihr Himmelst�ne mich am Staube?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.

765

Die Botschaft h�r� ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
 

Zu jenen Sph�ren wag� ich nicht zu streben,

Woher die holde Nachricht t�nt;

Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gew�hnt,
 

770

Ruft er auch jetzt zur�ck mich in das Leben.

Sonst st�rzte sich der Himmels-Liebe Ku�
Auf mich herab, in ernster Sabathstille;
Da klang so ahndungsvoll des Glockentones F�lle,
Und ein Gebet war br�nstiger Genu�;
 

775

Ein unbegreiflich holdes Sehnen

Trieb mich durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend hei�en Thr�nen,
F�hlt� ich mir eine Welt entstehn.
Die� Lied verk�ndete der Jugend muntre Spiele,
 

780

Der Fr�hlingsfeyer freyes Gl�ck;

Erinnrung h�lt mich nun, mit kindlichem Gef�hle,
Vom letzten, ernsten Schritt zur�ck.
O! t�net fort, ihr s��en Himmelslieder!
Die Thr�ne quillt, die Erde hat mich wieder!

Chor der J�nger.

785

          

Hat der Begrabene

          Schon sich nach oben,
          Lebend Erhabene,
 

          

Herrlich erhoben;

          

Ist er in Werdelust

790

          

Schaffender Freude nah;

          Ach! an der Erde Brust,
          Sind wir zum Leide da.
          Lie� er die Seinen
          Schmachtend uns hier zur�ck;
 

795

          

Ach! wir beweinen

          

Meister dein Gl�ck!

Chor der Engel.
          Christ ist erstanden,
          Aus der Verwesung Schoos.
          Rei�et von Banden

800

          

Freudig euch los!

          Th�tig ihn preisenden,
          Liebe beweisenden,
          Br�derlich speisenden,
          Predigend reisenden,
 

805

          

Wonne verhei�enden

          Euch ist der Meister nah�,
 

          

Euch ist er da!

[57]

Vor dem Thor.

Spazierg�nger aller Art ziehen hinaus.

Einige Handwerksbursche.
Warum denn dort hinaus?

Andre.
Wir gehn hinaus auf�s J�gerhaus.

Die Ersten.

810

Wir aber wollen nach der M�hle wandern.

Ein Handwerksbursch.
Ich rath� euch nach dem Wasserhof zu gehn.

Zweyter.
Der Weg dahin ist gar nicht sch�n.

[58]

Die Zweyten.
Was thust denn du?

Ein Dritter.
 Ich gehe mit den andern.

Vierter.
Nach Burgdorf kommt herauf, gewi� dort findet ihr

815

Die sch�nsten M�dchen und das beste Bier,

Und H�ndel von der ersten Sorte.

F�nfter.
Du �berlustiger Gesell,
Juckt dich zum drittenmal das Fell?
Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.

Dienstm�dchen.

820

Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zur�ck.

Andre.
Wir finden ihn gewi� bey jenen Pappeln stehen.

Erste.
Das ist f�r mich kein gro�es Gl�ck;
Er wird an deiner Seite gehen,
Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.

825

Was gehn mich deine Freuden an!

[59]

Andre.
Heut ist er sicher nicht allein,
Der Krauskopf, sagt er, w�rde bey ihm seyn.

Sch�ler.
Blitz wie die wackern Dirnen schreiten!
Herr Bruder komm! wir m�ssen sie begleiten.

830

Ein starkes Bier, ein beizender Toback,

Und eine Magd im Putz das ist nun mein Geschmack.

B�rgerm�dchen.
Da sieh mir nur die sch�nen Knaben!
Es ist wahrhaftig eine Schmach,
Gesellschaft k�nnten sie die allerbeste haben,

835

Und laufen diesen M�gden nach!


Zweyter Sch�ler zum ersten.
Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwey,
Sie sind gar niedlich angezogen,
�s ist meine Nachbarin dabey;
Ich bin dem M�dchen sehr gewogen.
 

840

Sie gehen ihren stillen Schritt

Und nehmen uns doch auch am Ende mit.

Erster.
Herr Bruder nein! Ich bin nicht gern genirt.

Geschwind! da� wir das Wildpret nicht verlieren.

Die Hand, die Samstags ihren Besen f�hrt,
 

845

Wird Sontags dich am besten caressiren.


B�rger.
Nein, er gef�llt mir nicht der neue Burgemeister!
Nun, da er�s ist, wird er nur t�glich dreister.
Und f�r die Stadt was thut denn er?
Wird es nicht alle Tage schlimmer?
 

850

Gehorchen soll man mehr als immer,

Und zahlen mehr als je vorher.

Bettler singt.
Ihr guten Herrn, ihr sch�nen Frauen,
So wohlgeputzt und backenroth,
Belieb� es euch mich anzuschauen,

855

Und seht und mildert meine Noth!

La�t hier mich nicht vergebens leyern!
Nur der ist froh, der geben mag.
Ein Tag den alle Menschen feyern,
Er sey f�r mich ein Aerndetag.

Andrer B�rger.

860

Nichts bessers wei� ich mir an Sonn- und Feyertagen,
Als ein Gespr�ch von Krieg und Kriegsgeschrey,

Wenn hinten, weit, in der T�rkey,

Die V�lker auf einander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gl�schen aus
 

865

Und sieht den Flu� hinab die bunten Schiffe gleiten;

Dann kehrt man Abends froh nach Haus,
Und segnet Fried� und Friedenszeiten.

Dritter B�rger.
Herr Nachbar, ja! so la� ich�s auch geschehn,
Sie m�gen sich die K�pfe spalten,

870

Mag alles durch einander gehn;

Doch nur zu Hause bleib�s beym Alten.

Alte zu den B�rgerm�dchen.
Ey! wie geputzt! das sch�ne junge Blut!
Wer soll sich nicht in euch vergaffen? �
Nur nicht so stolz! es ist schon gut!

875

Und was ihr w�nscht das w��t� ich wohl zu schaffen.


B�rgerm�dchen.
Agathe fort! ich nehme mich in Acht
Mit solchen Hexen �ffentlich zu gehen;
Sie lie� mich zwar, in Sanct Andreas Nacht,
 

Den k�nftgen Liebsten leiblich sehen.

[62]

Die Andre.

880

Mir zeigte sie ihn im Krystall,

Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
Ich seh� mich um, ich such� ihn �berall,
Allein mir will er nicht begegnen.

Soldaten.
     Burgen mit hohen

885

     

Mauern und Zinnen,

     M�dchen mit stolzen
     H�hnenden Sinnen
     M�cht� ich gewinnen!
     K�hn ist das M�hen,
 

890

     

Herrlich der Lohn!


     Und die Trompete
     Lassen wir werben,
     Wie zu der Freude,
     So zum Verderben.
 

895

     

Das ist ein St�rmen!

     Das ist ein Leben!
     M�dchen und Burgen
 

     

M�ssen sich geben.

     

K�hn ist das M�hen,

900

     

Herrlich der Lohn!

     

Und die Soldaten
     Ziehen davon.

Faust und Wagner.

 

Faust.
Vom Eise befreyt sind Strom und B�che,
Durch des Fr�hlings holden, belebenden Blick,
 

905

Im Thale gr�net Hoffnungs-Gl�ck;

Der alte Winter, in seiner Schw�che,
Zog sich in rauhe Berge zur�ck.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnm�chtige Schauer k�rnigen Eises
 

910

In Streifen �ber die gr�nende Flur;

Aber die Sonne duldet kein Wei�es,
Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
 

915

Sie nimmt geputzte Menschen daf�r.

Kehre dich um, von diesen H�hen
 

Nach der Stadt zur�ck zu sehen.

Aus dem hohlen finstren Thor

Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
 

920

Jeder sonnt sich heute so gern.

Sie feyern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger H�user dumpfen Gem�chern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
 

925

Aus dem Druck von Giebeln und D�chern,

Aus der Stra�en quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrw�rdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge
 

930

Durch die G�rten und Felder zerschl�gt,

Wie der Flu�, in Breit� und L�nge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken �berladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
 

935

Selbst von des Berges fernen Pfaden

Blinken uns farbige Kleider an.
Ich h�re schon des Dorfs Get�mmel,
 

Hier ist des Volkes wahrer Himmel,

Zufrieden jauchzet gro� und klein:

940

Hier bin ich Mensch, hier darf ich�s seyn.


Wagner.
Mit euch, Herr Doctor, zu spazieren
Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
Doch w�rd� ich nicht allein mich her verlieren,
Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
 

945

Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben,

Ist mir ein gar verha�ter Klang;
Sie toben wie vom b�sen Geist getrieben
Und nennen�s Freude, nennen�s Gesang.

Bauern unter der Linde.

Tanz und Gesang.

Der Sch�fer putzte sich zum Tanz,
 

950

Mit bunter Jacke, Band und Kranz,

Schmuck war er angezogen.
Schon um die Linde war es voll
Und alles tanzte schon wie toll.
Juchhe! Juchhe!

955

Juchheisa! Heisa! He!

So ging der Fiedelbogen.

Er dr�ckte hastig sich heran,
Da stie� er an ein M�dchen an,
Mit seinem Ellenbogen;

960

Die frische Dirne kehrt sich um

Und sagte: nun das find� ich dumm
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Seyd nicht so ungezogen.

965

Doch hurtig in dem Kreise ging�s,

Sie tanzten rechts sie tanzten links
Und alle R�cke flogen.
Sie wurden roth, sie wurden warm
Und ruhten athmend Arm in Arm,
 

970

Juchhe! Juchhe!

Juchheisa! Heisa! He!
Und H�ft� an Ellenbogen.

Und thu mir doch nicht so vertraut!

Wie mancher hat nicht seine Braut

975

Belogen und betrogen!

Er schmeichelte sie doch bey Seit�
Und von der Linde scholl es weit:
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
 

980

Geschrei und Fiedelbogen.


Alter Bauer.
Herr Doctor, das ist sch�n von euch,
Da� ihr uns heute nicht verschm�ht,
Und unter dieses Volksgedr�ng�,
Als ein so Hochgelahrter, geht.
 

985

So nehmet auch den sch�nsten Krug,

Den wir mit frischem Trunk gef�llt,
Ich bring� ihn zu und w�nsche laut,
Da� er nicht nur den Durst euch stillt;
Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
 

990

Sey euren Tagen zugelegt.

Faust.
Ich nehme den Erquickungs-Trank,
Erwiedr� euch allen Heil und Dank.

Das Volk sammelt sich im Kreis umher.

[68]

Alter Bauer.

F�rwahr es ist sehr wohl gethan,
Da� ihr am frohen Tag erscheint;
 

995

Habt ihr es vormals doch mit uns

An b�sen Tagen gut gemeynt!
Gar mancher steht lebendig hier,
Den euer Vater noch zuletzt
Der hei�en Fieberwuth entri�,
 

1000

Als er der Seuche Ziel gesetzt.

Auch damals ihr, ein junger Mann,
Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
Gar manche Leiche trug man fort,
Ihr aber kamt gesund heraus,
 

1005

Bestandet manche harte Proben;

Dem Helfer half der Helfer droben.

Alle.
Gesundheit dem bew�hrten Mann,
Da� er noch lange helfen kann!

Faust.
Vor jenem droben steht geb�ckt,

1010

Der helfen lehrt und H�lfe schickt.

Er geht mit Wagnern weiter.

[69]

Wagner.

Welch ein Gef�hl mu�t du, o gro�er Mann!
Bey der Verehrung dieser Menge haben!
O! gl�cklich! wer von seinen Gaben
Solch einen Vortheil ziehen kann.
 

1015

Der Vater zeigt dich seinem Knaben,

Ein jeder fragt und dr�ngt und eilt,
Die Fiedel stockt, der T�nzer weilt.
Du gehst, in Reihen stehen sie,
Die M�tzen fliegen in die H�h�;
 

1020

Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,

Als k�m� das Venerabile.

Faust.
Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
Hier sa� ich oft gedankenvoll allein

1025

Und qu�lte mich mit Beten und mit Fasten.

An Hoffnung reich, im Glauben fest,
Mit Thr�nen, Seufzen, H�nderingen
Dacht� ich das Ende jener Pest
Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
 

1030

Der Menge Beyfall t�nt mir nun wie Hohn.

O k�nntest du in meinem Innern lesen,

Wie wenig Vater und Sohn
Solch eines Ruhmes werth gewesen!
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
 

1035

Der �ber die Natur und ihre heilgen Kreise,

In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
Mit grillenhafter M�he sann.
Der, in Gesellschaft von Adepten,
Sich in die schwarze K�che schlo�,
 

1040

Und, nach unendlichen Recepten,

Das Widrige zusammengo�.
Da ward ein rother Leu, ein k�hner Freyer,
Im lauen Bad, der Lilie verm�hlt
Und beyde dann, mit offnem Flammenfeuer,
 

1045

Aus einem Brautgemach ins andere gequ�lt.

Erschien darauf, mit bunten Farben,
Die junge K�nigin im Glas,
Hier war die Arzeney, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?
 

1050

So haben wir, mit h�llischen Latwergen,

In diesen Th�lern, diesen Bergen,
 

Weit schlimmer als die Pest getobt.

Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben,

Sie welkten hin, ich mu� erleben
 

1055

Da� man die frechen M�rder lobt.


Wagner.
Wie k�nnt ihr euch darum betr�ben!
Thut nicht ein braver Mann genug;
Die Kunst, die man ihm �bertrug,
Gewissenhaft und p�nctlich auszu�ben.
 

1060

Wenn du, als J�ngling, deinen Vater ehrst,

So wirst du gern von ihm empfangen;
Wenn du, als Mann, die Wissenschaft vermehrst,
So kann dein Sohn zu h�hrem Ziel gelangen.

Faust.
O! gl�cklich! wer noch hoffen kann

1065

Aus diesem Meer des Irrthums aufzutauchen.

Was man nicht wei� das eben brauchte man,
Und was man wei� kann man nicht brauchen.
Doch la� uns dieser Stunde sch�nes Gut,
Durch solchen Tr�bsinn, nicht verk�mmern!
 

1070

Betrachte wie, in Abendsonne-Glut,

Die gr�numgebnen H�tten schimmern.
 

Sie r�ckt und weicht, der Tag ist �berlebt,

Dort eilt sie hin und f�rdert neues Leben.

O! da� kein Fl�gel mich vom Boden hebt,
 

1075

Ihr nach und immer nach zu streben.

Ich s�h� im ewigen Abendstrahl
Die stille Welt zu meinen F��en,
Entz�ndet alle H�hn, beruhigt jedes Thal,
Den Silberbach in goldne Str�me flie�en.
 

1080

Nicht hemmte dann den g�ttergleichen Lauf

Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
Schon thut das Meer sich mit erw�rmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die G�ttin endlich wegzusinken;
 

1085

Allein der neue Trieb erwacht,

Ich eile fort ihr ew�ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag, und hinter mir die Nacht,
Den Himmel �ber mir und unter mir die Wellen.
Ein sch�ner Traum, indessen sie entweicht.
 

1090

Ach! zu des Geistes Fl�geln wird so leicht

Kein k�rperlicher Fl�gel sich gesellen.
Doch ist es jedem eingeboren,
Da� sein Gef�hl hinauf und vorw�rts dringt,
 

Wenn �ber uns, im blauen Raum verloren,

1095

Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;

Wenn �ber schroffen Fichtenh�hen
Der Adler ausgebreitet schwebt,
Und �ber Fl�chen, �ber Seen,
Der Kranich nach der Heimat strebt.

Wagner.

1100

Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,

Doch solchen Trieb hab� ich noch nie empfunden.
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt,
Des Vogels Fittig werd� ich nie beneiden.
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden,
 

1105

Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!

Da werden Wintern�chte hold und sch�n,
Ein selig Leben w�rmet alle Glieder,
Und ach! entrollst du gar ein w�rdig Pergamen;
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.

Faust.

1110

Du bist dir nur des einen Triebs bewu�t,

O lerne nie den andern kennen!
Zwey Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
 

Die eine h�lt, in derber Liebeslust,

1115

Sich an die Welt, mit klammernden Organen;

Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust,
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O giebt es Geister in der Luft,
Die zwischen Erd� und Himmel herrschend weben,
 

1120

So steiget nieder aus dem goldnen Duft

Und f�hrt mich weg, zu neuem buntem Leben!
Ja, w�re nur ein Zaubermantel mein!
Und tr�g� er mich in fremde L�nder,
Mir sollt� er, um die k�stlichsten Gew�nder,
 

1125

Nicht feil um einen K�nigsmantel seyn.


Wagner.
Berufe nicht die wohlbekannte Schaar,
Die, str�mend, sich im Dunstkreis �berbreitet,
Dem Menschen tausendf�ltige Gefahr,
Von allen Enden her, bereitet.
 

1130

Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn

Auf dich herbey, mit pfeilgespitzten Zungen;
Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
Und n�hren sich von deinen Lungen;
Wenn sie der Mittag aus der W�ste schickt,
 

1135

Die Glut auf Glut um deinen Scheitel h�ufen,

So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,

Um dich und Feld und Aue zu ers�ufen.
Sie h�ren gern, zum Schaden froh gewandt,
Gehorchen gern, weil sie uns gern betr�gen;
 

1140

Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,

Und lispeln englisch, wenn sie l�gen.
Doch gehen wir! ergraut ist schon die Welt,
Die Luft gek�hlt, der Nebel f�llt!
Am Abend sch�tzt man erst das Haus. �
 

1145

Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?

Was kann dich in der D�mmrung so ergreifen?

Faust.
Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen?

Wagner.
Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.

Faust.
Betracht� ihn recht! f�r was h�ltst du das Thier?

Wagner.

1150

F�r einen Pudel, der auf seine Weise

Sich auf der Spur des Herren plagt.

Faust.

Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise

Er um uns her und immer n�her jagt?

Und irr� ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
 

1155

Auf seinen Pfaden hinterdrein.

Wagner.
Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel,
Es mag bey euch wohl Augent�uschung seyn.

Faust.
Mir scheint es, da� er magisch leise Schlingen,
Zu k�nft�gem Band, um unsre F��e zieht.

Wagner.

1160

Ich seh� ihn ungewi� und furchtsam uns umspringen,

Weil er, statt seines Herrn, zwey Unbekannte sieht.

Faust.
Der Kreis wird eng, schon ist er nah!

Wagner.
Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,

1165

Er wedelt. Alles Hunde Brauch.

Faust.
Geselle dich zu uns! Komm hier!

Wagner.

Es ist ein pudeln�rrisch Thier.

Du stehest still, er wartet auf;

Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
 

1170

Verliere was, er wird es bringen,

Nach deinem Stock ins Wasser springen.

Faust.
Du hast wohl recht, ich finde nicht die Spur
Von einem Geist, und alles ist Dressur.

Wagner.
Dem Hunde, wenn er gut gezogen,

1175

Wird selbst ein weiser Mann gewogen.

Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar
 

Er, der Studenten trefflicher Scolar.

Sie gehen in das Stadt-Thor.

[78]

Studirzimmer.

Faust mit dem Pudel hereintretend.

     Verlassen hab� ich Feld und Auen,
     Die eine tiefe Nacht bedeckt,
 

1180

     

Mit ahndungsvollem heil�gem Grauen

     In uns die bessre Seele weckt.
     Entschlafen sind nun wilde Triebe,
     Mit jedem ungest�men Thun;
     Es reget sich die Menschenliebe,
 

1185

     

Die Liebe Gottes regt sich nun.


Sey ruhig Pudel! renne nicht hin und wieder!
An der Schwelle was schnoperst du hier?
Lege dich hinter den Ofen nieder,
Mein bestes Kissen geb� ich dir.

1190

Wie du drau�en auf dem bergigen Wege,

Durch Rennen und Springen, ergetzt uns hast,
So nimm nun auch von mir die Pflege,
Als ein willkommner stiller Gast.

     Ach wenn in unsrer engen Zelle

1195

     

Die Lampe freundlich wieder brennt,

     Dann wird�s in unserm Busen helle,
     Im Herzen, das sich selber kennt.
     Vernunft f�ngt wieder an zu sprechen,
     Und Hoffnung wieder an zu bl�hn,
 

1200

     

Man sehnt sich nach des Lebens B�chen,

     

Ach! nach des Lebens Quelle hin.

Knurre nicht Pudel! Zu den heiligen T�nen,
Die jetzt meine ganze Seel� umfassen,
Will der thierische Laut nicht passen.

1205

Wir sind gewohnt, da� die Menschen verh�hnen,

Was sie nicht verstehn,
Da� sie vor dem Guten und Sch�nen,
Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
 

Will es der Hund, wie sie, beknurren

[80]

1210

Aber ach! schon f�hl� ich, bey dem besten Willen,

Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
Aber warum mu� der Strom so bald versiegen,
Und wir wieder im Durste liegen?
Davon hab� ich so viel Erfahrung.
 

1215

Doch dieser Mangel l��t sich ersetzen,

Wir lernen das Ueberirdische sch�tzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends w�rd�ger und sch�ner brennt,
Als in dem neuen Testament.
 

1220

Mich dr�ngt�s den Grundtext aufzuschlagen,

Mit redlichem Gef�hl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu �bertragen,

Er schl�gt ein Volum auf und schickt sich an.

Geschrieben steht: �im Anfang war das Wort!�
 

1225

Hier stock� ich schon! Wer hilft mir weiter fort?

Ich kann das Wort so hoch unm�glich sch�tzen,
Ich mu� es anders �bersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: im Anfang war der Sinn.
 

1230

Bedenke wohl die erste Zeile,

Da� deine Feder sich nicht �bereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehn: im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
 

1235

Schon warnt mich was, da� ich dabey nicht bleibe.

Mir hilft der Geist! auf einmal seh ich Rath
Und schreibe getrost: im Anfang war die That!

Soll ich mit dir das Zimmer theilen,
Pudel, so la� das Heulen,

1240

So la� das Bellen!

Solch einen st�renden Gesellen
Mag ich nicht in der N�he leiden.
Einer von uns beyden
Mu� die Zelle meiden.
 

1245

Ungern heb ich das Gastrecht auf,

Die Th�r� ist offen, hast freyen Lauf.
Aber was mu� ich sehen!
Kann das nat�rlich geschehen?
Ist es Schatten? ist�s Wirklichkeit?
 

1250

Wie wird mein Pudel lang und breit!

Er hebt sich mit Gewalt,

Das ist nicht eines Hundes Gestalt!
Welch ein Gespenst bracht� ich ins Haus!
Schon sieht er wie ein Nilpferd aus,
 

1255

Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebi�.

O! du bist mir gewi�!
F�r solche halbe H�llenbrut
Ist Salomonis Schl�ssel gut.

Geister auf dem Gange.
     Drinnen gefangen ist einer!

1260

     

Bleibet hau�en, folg� ihm keiner!

     Wie im Eisen der Fuchs,
     Zagt ein alter H�llenluchs.
     Aber gebt Acht!
     Schwebet hin, schwebet wieder,
 

1265

     

Auf und nieder,

     Und er hat sich losgemacht.
     K�nnt ihr ihm n�tzen,
     La�t ihn nicht sitzen!
     Denn er that uns allen
 

1270

     

Schon viel zu Gefallen.

[83]

Faust.
Erst zu begegnen dem Thiere,
Brauch� ich den Spruch der Viere:
     Salamander soll gl�hen,
     Undene sich winden,
 

1275

     

Silphe verschwinden,

     

Kobold sich m�hen.

Wer sie nicht kennte
Die Elemente,
Ihre Kraft

1280

Und Eigenschaft,

W�re kein Meister
Ueber die Geister.

     Verschwind� in Flammen
     Salamander!

1285

     

Rauschend flie�e zusammen

     Undene!
     Leucht� in Meteoren-Sch�ne
     Silphe!
     Bring� h�usliche H�lfe

1290

     Incubus! incubus!
 

     

Tritt hervor und mache den Schlu�.

Keines der Viere
Steckt in dem Thiere.
Es liegt ganz ruhig und grins�t mich an,

1295

Ich hab� ihm noch nicht weh gethan.

Du sollst mich h�ren
St�rker beschw�ren.

     Bist du, Geselle
     Ein Fl�chtling der H�lle?

1300

     

So sieh dies Zeichen!

     

Dem sie sich beugen
     Die schwarzen Schaaren.

Schon schwillt es auf mit borstigen Haaren.

     Verworfnes Wesen!

1305

     

Kannst du ihn lesen?

     Den nie entsprossnen,
     Unausgesprochnen,
     Durch alle Himmel gegossnen,
     Freventlich durchstochnen.

[85]

1310

Hinter den Ofen gebannt

Schwillt es wie ein Elephant,
Den ganzen Raum f�llt es an,
Es will zum Nebel zerflie�en.
Steige nicht zur Decke hinan!
 

1315

Lege dich zu des Meisters F��en!

Du siehst da� ich nicht vergebens drohe.
Ich versenge dich mit heiliger Lohe!
Erwarte nicht
Das dreymal gl�hende Licht!
 

1320

Erwarte nicht

Die st�rkste von meinen K�nsten!

Mephistopheles

tritt, indem der Nebel f�llt, gekleidet wie ein fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.

Wozu der L�rm? was steht dem Herrn zu Diensten?

Faust.
Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Scolast? Der Casus macht mich lachen.

Mephistopheles.

1325

Ich salutire den gelehrten Herrn!

Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.

[86]

Faust.
Wie nennst du dich?

Mephistopheles.
 Die Frage scheint mir klein,
F�r einen, der das Wort so sehr verachtet,
Der, weit entfernt von allem Schein,

1330

Nur in der Wesen Tiefe trachtet.


Faust.
Bey euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
Gew�hnlich aus dem Namen lesen,
Wo es sich allzu deutlich weis�t,
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, L�gner hei�t.
 

1335

Nun gut wer bist du denn?

Mephistopheles.
 Ein Theil von jener Kraft,
Die stets das B�se will und stets das Gute schafft.

Faust.
Was ist mit diesem R�thselwort gemeynt?

Mephistopheles.
Ich bin der Geist der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles was entsteht

1340

Ist werth da� es zu Grunde geht;

Drum besser w�r�s da� nichts entst�nde.
So ist denn alles was ihr S�nde,
Zerst�rung, kurz das B�se nennt,
Mein eigentliches Element.

Faust.

1345

Du nennst dich einen Theil, und stehst doch ganz vor mir?


Mephistopheles.
Bescheidne Wahrheit sprech� ich dir.
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
Gew�hnlich f�r ein Ganzes h�lt;
Ich bin ein Theil des Theils, der Anfangs alles war,
 

1350

Ein Theil der Finsterni�, die sich das Licht gebar,

Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
Und doch gelingt�s ihm nicht, da es, so viel es strebt,
Verhaftet an den K�rpern klebt.
 

1355

Von K�rpern str�mt�s, die K�rper macht es sch�n,

Ein K�rper hemmt�s auf seinem Gange,
So, hoff� ich, dauert es nicht lange
Und mit den K�rpern wird�s zu Grunde gehn.

Faust.
Nun kenn� ich deine w�rd�gen Pflichten!

1360

Du kannst im Gro�en nichts vernichten

Und f�ngst es nun im Kleinen an.

Mephistopheles.
Und freylich ist nicht viel damit gethan.
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
Das Etwas, diese plumpe Welt,

1365

So viel als ich schon unternommen

Ich wu�te nicht ihr beyzukommen,
Mit Wellen, St�rmen, Sch�tteln, Brand,
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
Und dem verdammten Zeug, der Thier- und Menschenbrut,
 

1370

Dem ist nun gar nichts anzuhaben,

Wie viele hab� ich schon begraben!
Und immer zirkulirt ein neues, frisches Blut.
So geht es fort, man m�chte rasend werden!
Der Luft, dem Wasser, wie der Erden
 

1375

Entwinden tausend Keime sich,

Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
H�tt� ich mir nicht die Flamme vorbehalten;
Ich h�tte nichts apart�s f�r mich.

Faust.
So setzest du der ewig regen,

1380

Der heilsam schaffenden Gewalt

Die kalte Teufelsfaust entgegen,
Die sich vergebens t�ckisch ballt!
Was anders suche zu beginnen
Des Chaos wunderlicher Sohn!

Mephistopheles.

1385

Wir wollen wirklich uns besinnen,

Die n�chstenmale mehr davon!
D�rft� ich wohl diesmal mich entfernen?

Faust.
Ich sehe nicht warum du fragst.
Ich habe jetzt dich kennen lernen,

1390

Besuche nun mich wie du magst.

Hier ist das Fenster, hier die Th�re,
Ein Rauchfang ist dir auch gewi�.

Mephistopheles.
Gesteh� ich�s nur! da� ich hinausspaziere
Verbietet mir ein kleines Hinderni�,

1395

Der Drudenfu� auf eurer Schwelle �


Faust.
Das Pentagramma macht dir Pein?
Ey sage mir, du Sohn der H�lle,

Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
Wie ward ein solcher Geist betrogen?

Mephistopheles.

1400

Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen;

Der eine Winkel, der nach au�en zu,
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.

Faust.
Das hat der Zufall gut getroffen!
Und mein Gefangner w�rst denn du?

1405

Das ist von ohngef�hr gelungen!

Mephistopheles.
Der Pudel merkte nichts als er hereingesprungen,
Die Sache sieht jetzt anders aus;
Der Teufel kann nicht aus dem Haus.

Faust.
Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?

Mephistopheles.

1410

�s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:

Wo sie hereingeschl�pft, da m�ssen sie hinaus.
Das erste steht uns frey, beym zweyten sind wir Knechte.

Faust.
Die H�lle selbst hat ihre Rechte?

Das find� ich gut, da lie�e sich ein Packt,
 

1415

Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schlie�en?


Mephistopheles.
Was man verspricht, das sollst du rein genie�en,
Dir wird davon nichts abgezwackt.
Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
Und wir besprechen das zun�chst;
 

1420

Doch jetzo bitt� ich, hoch und h�chst,

F�r diesesmal mich zu entlassen.

Faust.
So bleibe doch noch einen Augenblick,
Um mir erst gute M�hr zu sagen.

Mephistopheles.
Jetzt la� mich los! ich komme bald zur�ck,

1425

Dann magst du nach Belieben fragen.

Faust.
Ich habe dir nicht nachgestellt,
Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
Den Teufel halte wer ihn h�lt!
Er wird ihn nicht so bald zum zweytenmale fangen.

Mephistopheles.

1430

Wenn dir�s beliebt, so bin ich auch bereit

Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;
Doch mit Bedingni�, dir die Zeit,
Durch meine K�nste, w�rdig zu vertreiben.

Faust.
Ich seh� es gern, das steht dir frey;

1435

Nur da� die Kunst gef�llig sey!


Mephistopheles.
Du wirst, mein Freund, f�r deine Sinnen,
In dieser Stunde mehr gewinnen,
Als in des Jahres Einerley.
Was dir die zarten Geister singen,
 

1440

Die sch�nen Bilder die sie bringen,

Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
Und dann entz�ckt sich dein Gef�hl.
 

1445

Bereitung braucht es nicht voran,

Beysammen sind wir, fanget an!

Geister.
      Schwindet ihr dunkeln
      W�lbungen droben!
      Reizender schaue,

1450

     

Freundlich, der blaue

      Aether herein!
      W�ren die dunkeln
      Wolken zerronnen!
      Sternelein funkeln,
 

1455

     

Mildere Sonnen

      Scheinen darein.
      Himmlischer S�hne
      Geistige Sch�ne,
      Schwankende Beugung
 

1460

     

Schwebet vor�ber.

      Sehnende Neigung
      Folget hin�ber;
      Und der Gew�nder
      Flatternde B�nder
 

1465

     

Decken die L�nder,

      Decken die Laube,
      Wo sich f�r�s Leben,
      Tief in Gedanken,
      Liebende geben.
 

1470

     

Laube bey Laube!

      Sprossende Ranken!

      Lastende Traube
      St�rzt in�s Beh�lter
      Dr�ngender Kelter,
 

1475

     

St�rzen in B�chen

      Sch�umende Weine,
      Rieseln durch reine,
      Edle Gesteine,
      Lassen die H�hen
 

1480

     

Hinter sich liegen,

      Breiten zu Seen
      Sich ums Gen�ge
      Gr�nender H�gel.
      Und das Gefl�gel
 

1485

     

Schl�rfet sich Wonne,

      Flieget der Sonne,
      Flieget den hellen
      Inseln entgegen,
      Die sich auf Wellen
 

1490

     

Gauklend bewegen;

      Wo wir in Ch�ren
      Jauchzende h�ren,
      Ueber den Auen

      Tanzende schauen,
 

1495

     

Die sich im Freyen

      Alle zerstreuen.
      Einige glimmen
      Ueber die H�hen,
      Andere schwimmen
 

1500

     

Ueber die Seen,

      Andere schweben;
      Alle zum Leben,
      Alle zur Ferne
      Liebender Sterne
 

1505

     

Seliger Huld.


Mephistopheles.
Er schl�ft! So recht, ihr luft�gen zarten Jungen!
Ihr habt ihn treulich eingesungen!
F�r dies Conzert bin ich in eurer Schuld.
Du bist noch nicht der Mann den Teufel fest zu halten!
 

1510

Umgaukelt ihn mit s��en Traumgestalten,

Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;
Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten
Bedarf ich eines Rattenzahns.

Nicht lange brauch� ich zu beschw�ren,
 

1515

Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich h�ren.


      Der Herr der Ratten und der M�use,
Der Fliegen, Fr�sche, Wanzen, L�use,
Befiehlt dir dich hervor zu wagen
Und diese Schwelle zu benagen,
 

1520

So wie er sie mit Oel betupft �

Da kommst du schon hervorgehupft!
Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,
Sie sitzt ganz vornen an der Kante.
Noch einen Bi�, so ist�s geschehn. �
 

1525

Nun Fauste tr�ume fort, bis wir uns wiedersehn.


Faust erwachend.
Bin ich denn abermals betrogen?
Verschwindet so der geisterreiche Drang?
Da� mir ein Traum den Teufel vorgelogen,
Und da� ein Pudel mir entsprang?

[97]

Studirzimmer.

Faust. Mephistopheles.

Faust.
 

1530

Es klopft? Herein! Wer will mich wieder plagen?

Mephistopheles.
Ich bin�s.

Faust.
 Herein!

Mephistopheles.
 Du mu�t es dreymal sagen.

Faust.
Herein denn!

Mephistopheles.
 So gef�llst du mir.

Wir werden, hoff� ich, uns vertragen;
Denn dir die Grillen zu verjagen
 

1535

Bin ich, als edler Junker, hier,

In rothem goldverbr�mtem Kleide,
Das M�ntelchen von starrer Seide,
Die Hahnenfeder auf dem Hut,
Mit einem langen, spitzen Degen,
 

1540

Und rathe nun dir, kurz und gut,

Dergleichen gleichfalls anzulegen;
Damit du, losgebunden, frey,
Erfahrest was das Leben sey.

Faust.
In jedem Kleide werd� ich wohl die Pein

1545

Des engen Erdelebens f�hlen.

Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
Zu jung, um ohne Wunsch zu seyn.
Was kann die Welt mir wohl gew�hren?
Entbehren sollst du! sollst entbehren!
 

1550

Das ist der ewige Gesang,

Der jedem an die Ohren klingt,
Den, unser ganzes Leben lang,
Uns heiser jede Stunde singt.

Nur mit Entsetzen wach� ich Morgens auf,
 

1555

Ich m�chte bittre Thr�nen weinen,

Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
Nicht Einen Wunsch erf�llen wird, nicht Einen,
Der selbst die Ahndung jeder Lust
Mit eigensinnigem Krittel mindert,
 

1560

Die Sch�pfung meiner regen Brust

Mit tausend Lebensfratzen hindert.
Auch mu� ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
Mich �ngstlich auf das Lager strecken,
Auch da wird keine Rast geschenkt,
 

1565

Mich werden wilde Tr�ume schrecken.

Der Gott, der mir im Busen wohnt,
Kann tief mein Innerstes erregen,
Der �ber allen meinen Kr�ften thront,
Er kann nach au�en nichts bewegen;
 

1570

Und so ist mir das Daseyn eine Last,

Der Tod erw�nscht, das Leben mir verha�t.

Mephistopheles.
Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.

Faust.
O seelig der! dem er im Siegesglanze

Die blut�gen Lorbeern um die Schl�fe windet,
 

1575

Den er, nach rasch durchras�tem Tanze,

In eines M�dchens Armen findet.
O w�r� ich vor des hohen Geistes Kraft
Entz�ckt, entseelt dahin gesunken!

Mephistopheles.
Und doch hat Jemand einen braunen Saft,

1580

In jener Nacht, nicht ausgetrunken.

Faust.
Das Spioniren, scheint�s, ist deine Lust.

Mephistopheles.
Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewu�t.

Faust.
Wenn aus dem schrecklichen Gew�hle
Ein s�� bekannter Ton mich zog,

1585

Den Rest von kindlichem Gef�hle

Mit Anklang froher Zeit betrog;
So fluch� ich allem was die Seele
Mit Lock- und Gaukelwerk umspannt,
Und sie in diese Trauerh�le
 

1590

Mit Blend- und Schmeichelkr�ften bannt!

Verflucht voraus die hohe Meinung,

Womit der Geist sich selbst umf�ngt!
Verflucht das Blenden der Erscheinung,
Die sich an unsre Sinne dr�ngt!
 

1595

Verflucht was uns in Tr�umen heuchelt,

Des Ruhms, der Namensdauer Trug!
Verflucht was als Besitz uns schmeichelt,
Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug!
Verflucht sey Mammon, wenn mit Sch�tzen
 

1600

Er uns zu k�hnen Thaten regt,

Wenn er zu m��igem Ergetzen
Die Polster uns zurechte legt!
Fluch sey dem Balsamsaft der Trauben!
Fluch jener h�chsten Liebeshuld!
 

1605

Fluch sey der Hoffnung! Fluch dem Glauben,

Und Fluch vor allen der Geduld!

Geisterchor unsichtbar.
     Weh! weh!
     Du hast sie zerst�rt,
     Die sch�ne Welt,

1610

     

Mit m�chtiger Faust,

     Sie st�rzt, sie zerf�llt!
     Ein Halbgott hat sie zerschlagen!

     Wir tragen
     Die Tr�mmern ins Nichts hin�ber,
 

1615

     

Und klagen

     Ueber die verlorne Sch�ne.
     M�chtiger
     Der Erdens�hne,
     Pr�chtiger
 

1620

     

Baue sie wieder,

     In deinem Busen baue sie auf!
     Neuen Lebenslauf
     Beginne,
     Mit hellem Sinne,
 

1625

     

Und neue Lieder

     

T�nen darauf!

Mephistopheles.
     Dies sind die kleinen
     Von den Meinen.
     H�re, wie zu Lust und Thaten

1630

     

Altklug sie rathen!

     In die Welt weit,
     Aus der Einsamkeit,

     

Wo Sinnen und S�fte stocken,
     Wollen sie dich locken.

1635

H�r� auf, mit deinem Gram zu spielen,

Der, wie ein Geyer, dir am Leben fri�t;
Die schlechteste Gesellschaft l��t dich f�hlen
Da� du ein Mensch mit Menschen bist.
Doch so ist�s nicht gemeynt
 

1640

Dich unter das Pack zu sto�en.

Ich bin keiner von den Gro�en;
Doch willst du, mit mir vereint,
Deine Schritte durchs Leben nehmen;
So will ich mich gern bequemen,
 

1645

Dein zu seyn, auf der Stelle.

Ich bin dein Geselle
Und, mach ich dir�s recht,
Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!

Faust.
Und was soll ich dagegen dir erf�llen?

Mephistopheles.

1650

Dazu hast du noch eine lange Frist.

[104]

Faust.
Nein nein! der Teufel ist ein Egoist
Und thut nicht leicht um Gottes Willen
Was einem andern n�tzlich ist.
Sprich die Bedingung deutlich aus;
 

1655

Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus.

Mephistopheles.
Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,
Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn;
Wenn wir uns dr�ben wieder finden,
So sollst du mir das Gleiche thun.

Faust.

1660

Das Dr�ben kann mich wenig k�mmern,

Schl�gst du erst diese Welt zu Tr�mmern,
Die andre mag darnach entstehn.
Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;
 

1665

Kann ich mich erst von ihnen scheiden,

Dann mag was will und kann geschehn.
Davon will ich nichts weiter h�ren,
Ob man auch k�nftig ha�t und liebt,

Und ob es auch in jenen Sph�ren
 

1670

Ein Oben oder Unten giebt.

Mephistopheles.
In diesem Sinne kannst du�s wagen.
Verbinde dich; du sollst, in diesen Tagen,
Mit Freuden meine K�nste sehn,
Ich gebe dir was noch kein Mensch gesehn.

Faust.

1675

Was willst du armer Teufel geben?

Ward eines Menschen Geist, in seinem hohen Streben,
Von deines Gleichen je gefa�t?
Doch hast du Speise die nicht s�ttigt, hast
Du rothes Gold, das ohne Rast,
 

1680

Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrinnt,

Ein Spiel, bey dem man nie gewinnt,
Ein M�dchen, das an meiner Brust
Mit Aeugeln schon dem Nachbar sich verbindet,
Der Ehre sch�ne G�tterlust,
 

1685

Die, wie ein Meteor, verschwindet.

Zeig mir die Frucht die fault, eh� man sie bricht,
Und B�ume die sich t�glich neu begr�nen!

[106]

Mephistopheles.
Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht,
Mit solchen Sch�tzen kann ich dienen.
 

1690

Doch, guter Freund, die Zeit kommt auch heran

Wo wir was Gut�s in Ruhe schmausen m�gen.

Faust.
Werd� ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sey es gleich um mich gethan!
Kannst du mich schmeichelnd je bel�gen,

1695

Da� ich mir selbst gefallen mag,

Kannst du mich mit Genu� betr�gen;
Das sey f�r mich der letzte Tag!
Die Wette biet� ich!

Mephistopheles.
 Top!

Faust.
 Und Schlag auf Schlag!
Werd� ich zum Augenblicke sagen:

1700

Verweile doch! du bist so sch�n!

Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zu Grunde gehn!
Dann mag die Todtenglocke schallen,

Dann bist du deines Dienstes frey,
 

1705

Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,

Es sey die Zeit f�r mich vorbey!

Mephistopheles.
Bedenk� es wohl, wir werden�s nicht vergessen.

Faust.
Dazu hast du ein volles Recht;
Ich habe mich nicht freventlich vermessen.

1710

Wie ich beharre bin ich Knecht,

Ob dein, was frag� ich, oder wessen.

Mephistopheles.
Ich werde heute gleich, beym Doctorschmaus,
Als Diener, meine Pflicht erf�llen.
Nur eins! � um Lebens oder Sterbens willen,

1715

Bitt� ich mir ein paar Zeilen aus.


Faust.
Auch was geschriebnes forderst du Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt?
Ist�s nicht genug, da� mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten?
 

1720

Ras�t nicht die Welt in allen Str�men fort,

Und mich soll ein Versprechen halten?

Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt,
Wer mag sich gern davon befreyen?
Begl�ckt, wer Treue rein im Busen tr�gt,
 

1725

Kein Opfer wird ihn je gereuen!

Allein ein Pergament, beschrieben und bepr�gt,
Ist ein Gespenst vor dem sich alle scheuen.
Das Wort erstirbt schon in der Feder,
Die Herrschaft f�hren Wachs und Leder.
 

1730

Was willst du b�ser Geist von mir?

Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Mei�el, Feder schreiben?
Ich gebe jede Wahl dir frey.

Mephistopheles.
Wie magst du deine Rednerey

1735

Nur gleich so hitzig �bertreiben?

Ist doch ein jedes Bl�ttchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tr�pfchen Blut.

Faust.
Wenn die� dir v�llig G�n�ge thut,
So mag es bey der Fratze bleiben.

Mephistopheles.

1740

Blut ist ein ganz besondrer Saft.

[109]

Faust.
Nur keine Furcht, da� ich die� B�ndni� breche!
Das Streben meiner ganzen Kraft
Ist g�rade das was ich verspreche.
Ich habe mich zu hoch gebl�ht,
 

1745

In deinen Rang geh�r� ich nur.

Der gro�e Geist hat mich verschm�ht,
Vor mir verschlie�t sich die Natur.
Des Denkens Faden ist zerrissen,
Mir ekelt lange vor allem Wissen.
 

1750

La� in den Tiefen der Sinnlichkeit

Uns gl�hende Leidenschaften stillen!
In undurchdrungnen Zauberh�llen
Sey jedes Wunder gleich bereit!
St�rzen wir uns in das Rauschen der Zeit
 

1755

In�s Rollen der Begebenheit!

Da mag denn Schmerz und Genu�,
Gelingen und Verdru�,
Mit einander wechseln wie es kann;
Nur rastlos beth�tigt sich der Mann.

Mephistopheles.

1760

Euch ist kein Ma� und Ziel gesetzt.

Beliebt�s euch �berall zu naschen,
Im Fliehen etwas zu erhaschen;
Bekomm� euch wohl was euch ergetzt.
Nur greift mir zu und seyd nicht bl�de!

Faust.

1765

Du h�rest ja, von Freud� ist nicht die Rede.

Dem Taumel weih� ich mich, dem schmerzlichsten Genu�,
Verliebtem Ha�, erquickendem Verdru�.
Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,
Soll keinen Schmerzen k�nftig sich verschlie�en,
 

1770

Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist,

Will ich in meinem innern Selbst genie�en,
Mit meinem Geist das H�chst� und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen h�ufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
 

1775

Und, wie sie selbst, am End� auch ich zerscheitern.


Mephistopheles.
O glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Da� von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
 

1780

Glaub� unser einem, dieses Ganze

Ist nur f�r einen Gott gemacht!
Er findet sich in einem ew�gen Glanze,
Uns hat er in die Finsterni� gebracht,
Und euch taugt einzig Tag und Nacht.

Faust.

1785

Allein ich will!


Mephistopheles.
 Das l��t sich h�ren!
Doch nur vor Einem ist mir bang�;
Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.
Ich d�cht�, ihr lie�et euch belehren.
Associirt euch mit einem Poeten,
 

1790

La�t den Herrn in Gedanken schweifen,

Und alle edlen Qualit�ten
Auf euren Ehren-Scheitel h�ufen,
Des L�wen Muth,
Des Hirsches Schnelligkeit,
 

1795

Des Itali�ners feurig Blut,

Des Nordens Dau�rbarkeit.
La�t ihn euch das Geheimni� finden,
Gro�muth und Arglist zu verbinden,
Und euch, mit warmen Jugendtrieben,

1800

Nach einem Plane, zu verlieben.

M�chte selbst solch einen Herren kennen,
W�rd� ihn Herrn Mikrokosmus nennen.

Faust.
Was bin ich denn? wenn es nicht m�glich ist
Der Menschheit Krone zu erringen,

1805

Nach der sich alle Sinne dringen.

Mephistopheles.
Du bist am Ende � was du bist.
Setz� dir Perr�cken auf von Millionen Locken,
Setz� deinen Fu� auf ellenhohe Socken,
Du bleibst doch immer was du bist.

Faust.

1810

Ich f�hl�s, vergebens hab� ich alle Sch�tze

Des Menschengeist�s auf mich herbeygerafft,
Und wenn ich mich am Ende niedersetze,
Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
Ich bin nicht um ein Haar breit h�her,
 

1815

Bin dem Unendlichen nicht n�her.


Mephistopheles.
Mein guter Herr, ihr seht die Sachen,
Wie man die Sachen eben sieht;

Wir m�ssen das gescheidter machen,
Eh� uns des Lebens Freude flieht.
 

1820

Was Henker! freylich H�nd� und F��e

Und Kopf und H � �[3] die sind dein;
Doch alles was ich frisch genie�e,
Ist das drum weniger mein?
Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,
 

1825

Sind ihre Kr�fte nicht die meine?

Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
Als h�tt� ich vier und zwanzig Beine.
Drum frisch! la� alles Sinnen seyn,
Und g�rad� mit in die Welt hinein!
 

1830

Ich sag� es dir: ein Kerl der speculirt,

Ist wie ein Thier, auf d�rrer Heide
Von einem b�sen Geist im Kreis herum gef�hrt,
Und rings umher liegt sch�ne gr�ne Weide.

Faust.
Wie fangen wir das an?

Mephistopheles.
 Wir gehen eben fort.

1835

Was ist das f�r ein Marterort?

Was hei�t das f�r ein Leben f�hren,

Sich und die Jungens ennuyiren?
La� du das dem Herrn Nachbar Wanst!
Was willst du dich das Stroh zu dreschen plagen?
 

1840

Das beste, was du wissen kannst,

Darfst du den Buben doch nicht sagen.
Gleich h�r� ich einen auf dem Gange!

Faust.
Mir ist�s nicht m�glich ihn zu sehn.

Mephistopheles.
Der arme Knabe wartet lange,

1845

Der darf nicht ungetr�stet gehn.

Komm, gib mir deinen Rock und M�tze;
Die Maske mu� mir k�stlich stehn.

Er kleidet sich um.

Nun �berla� es meinem Witze!
Ich brauche nur ein Viertelst�ndchen Zeit;
 

1850

Indessen mache dich zur sch�nen Fahrt bereit!

Faust ab.

Mephistopheles

in Faust�s langem Kleide.

Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerh�chste Kraft,

La� nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem L�gengeist best�rken,
 

1855

So hab� ich dich schon unbedingt �

Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungeb�ndigt immer vorw�rts dringt,
Und dessen �bereiltes Streben
Der Erde Freuden �berspringt.
 

1860

Den schlepp� ich durch das wilde Leben,

Durch flache Unbedeutenheit,
Er soll mir zappeln, starren, kleben,
Und seiner Uners�ttlichkeit
Soll Speis� und Trank vor gier�gen Lippen schweben;
 

1865

Er wird Erquickung sich umsonst erflehn,

Und h�tt� er sich auch nicht dem Teufel �bergeben,
Er m��te doch zu Grunde gehn!

Ein Sch�ler tritt auf.

Sch�ler.
Ich bin alhier erst kurze Zeit,
Und komme voll Ergebenheit,
 

1870

Einen Mann zu sprechen und zu kennen,

Den alle mir mit Ehrfucht nennen.

[116]

Mephistopheles.
Eure H�flichkeit erfreut mich sehr!
Ihr seht einen Mann wie andre mehr.
Habt ihr euch sonst schon umgethan?

Sch�ler.

1875

Ich bitt� euch, nehmt euch meiner an!

Ich komme mit allem guten Muth,
Leidlichem Geld und frischem Blut;
Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
M�chte gern� was rechts hierau�en lernen.

Mephistopheles.

1880

Da seyd ihr eben recht am Ort.


Sch�ler.
Aufrichtig, m�chte schon wieder fort:
In diesen Mauern, diesen Hallen,
Will es mir keineswegs gefallen.
Es ist ein gar beschr�nkter Raum,
 

1885

Man sieht nichts Gr�nes, keinen Baum,

Und in den S�len, auf den B�nken,
Vergeht mir H�ren, Seh�n und Denken.

Mephistopheles.
Das kommt nur auf Gewohnheit an.

So nimmt ein Kind der Mutter Brust
 

1890

Nicht gleich im Anfang willig an,

Doch bald ern�hrt es sich mit Lust.
So wird�s euch an der Weisheit Br�sten
Mit jedem Tage mehr gel�sten.

Sch�ler.
An ihrem Hals will ich mit Freuden hangen;

1895

Doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen?

Mephistopheles.
Erkl�rt euch, eh� ihr weiter geht,
Was w�hlt ihr f�r eine Facult�t?

Sch�ler.
Ich w�nschte recht gelehrt zu werden,
Und m�chte gern, was auf der Erden

1900

Und in dem Himmel ist, erfassen,

Die Wissenschaft und die Natur.

Mephistopheles.
Da seyd ihr auf der rechten Spur;
Doch m��t ihr euch nicht zerstreuen lassen.

Sch�ler.
Ich bin dabey mit Seel� und Leib;

1905

Doch freylich w�rde mir behagen

Ein wenig Freyheit und Zeitvertreib,
An sch�nen Sommerfeiertagen.

Mephistopheles.
Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen,
Doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen.

1910

Mein theurer Freund, ich rath� euch drum

Zuerst Collegium Logicum.
Da wird der Geist euch wohl dressirt,
In spanische Stiefeln eingeschn�rt,
Da� er bed�chtiger so fort an
 

1915

Hinschleiche die Gedankenbahn,

Und nicht etwa, die Kreuz� und Quer,
Irlichtelire hin und her.
Dann lehret man euch manchen Tag,
Da�, was ihr sonst auf einen Schlag
 

1920

Getrieben, wie Essen und Trinken frey,

Eins! Zwey! Drey! dazu n�thig sey.
Zwar ist�s mit der Gedanken-Fabrik
Wie mit einem Weber-Meisterst�ck,
Wo Ein Tritt tausend F�den regt,
 

1925

Die Schifflein her�ber hin�ber schie�en,

Die F�den ungesehen flie�en,

Ein Schlag tausend Verbindungen schl�gt:
Der Philosoph der tritt herein,
Und beweis�t euch, es m��t� so seyn:
 

1930

Das Erst� w�r� so, das Zweyte so,

Und drum das Dritt� und Vierte so;
Und wenn das Erst� und Zweyt� nicht w�r�,
Das Dritt� und Viert� w�r� nimmermehr.
Das preisen die Sch�ler allerorten,
 

1935

Sind aber keine Weber geworden.

Wer will was lebendig�s erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Theile in seiner Hand,
Fehlt leider! nur das geistige Band.
 

1940

Encheiresin naturae 

nennt�s die Chimie,

Spottet ihrer selbst und wei� nicht wie.

Sch�ler.
Kann euch nicht eben ganz verstehen.

Mephistopheles.
Das wird n�chstens schon besser gehen,
Wenn ihr lernt alles reduciren

1945

Und geh�rig klassificiren.
 

[120]

Sch�ler.
Mir wird von alle dem so dumm,
Als ging mir ein M�hlrad im Kopf herum.

Mephistopheles.
Nachher vor allen andern Sachen
M��t ihr euch an die Metaphysik machen!

1950

Da seht, da� ihr tiefsinnig fa�t,

Was in des Menschen Hirn nicht pa�t;
F�r, was drein geht und nicht drein geht,
Ein pr�chtig Wort zu Diensten steht.
Doch vorerst dieses halbe Jahr
 

1955

Nehmt ja der besten Ordnung wahr.

F�nf Stunden habt ihr jeden Tag;
Seyd drinnen mit dem Glockenschlag!
Habt euch vorher wohl pr�parirt,
Paragraphos wohl einstudirt,
 

1960

Damit ihr nachher besser seht,

Da� er nichts sagt, als was im Buche steht;
Doch euch des Schreibens ja beflei�t,
Als dictirt� euch der Heilig� Geist!

Sch�ler.
Das sollt ihr mir nicht zweymal sagen!

1965

Ich denke mir wie viel es n�tzt;

Denn, was man schwarz auf wei� besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen.

Mephistopheles.
Doch w�hlt mir eine Facult�t!

Sch�ler.
Zur Rechtsgelehrsamkeit kann ich mich nicht bequemen.

Mephistopheles.

1970

Ich kann es euch so sehr nicht �bel nehmen,

Ich wei� wie es um diese Lehre steht.
Es erben sich Gesetz� und Rechte
Wie eine ew�ge Krankheit fort,
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte,
 

1975

Und r�cken sacht von Ort zu Ort.

Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage;
Weh dir, da� du ein Enkel bist!
Vom Rechte, das mit uns geboren ist,
Von dem ist leider! nie die Frage.

Sch�ler.

1980

Mein Abscheu wird durch euch vermehrt.

O gl�cklich der! den ihr belehrt!
Fast m�cht� ich nun Theologie studiren.

[122]

Mephistopheles.
Ich w�nschte nicht euch irre zu f�hren.
Was diese Wissenschaft betrifft,
 

1985

Es ist so schwer den falschen Weg zu meiden,

Es liegt in ihr so viel verborgnes Gift,
Und von der Arzeney ists kaum zu unterscheiden.
Am besten ist�s auch hier, wenn ihr nur Einen h�rt,
Und auf des Meisters Worte schw�rt.
 

1990

Im Ganzen � haltet euch an Worte!

Dann geht ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewi�heit ein.

Sch�ler.
Doch ein Begriff mu� bey dem Worte seyn.

Mephistopheles.
Schon gut! Nur mu� man sich nicht allzu �ngstlich qu�len;

1995

Denn eben wo Begriffe fehlen,

Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten l��t sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte l��t sich trefflich glauben,
 

2000

Von einem Wort l��t sich kein Jota rauben.

[123]

Sch�ler.
Verzeiht, ich halt� euch auf mit vielen Fragen,
Allein ich mu� euch noch bem�h�n.
Wollt ihr mir von der Medicin
Nicht auch ein kr�ftig W�rtchen sagen?
 

2005

Drey Jahr� ist eine kurze Zeit,

Und, Gott! das Feld ist gar zu weit.
Wenn man einen Fingerzeig nur hat,
L��t sich�s schon eher weiter f�hlen.

Mephistopheles f�r sich.
Ich bin des trocknen Tons nun satt,

2010

Mu� wieder recht den Teufel spielen.

Laut.

Der Geist der Medicin ist leicht zu fassen;
Ihr durchstudirt die groߒ und kleine Welt,
Um es am Ende gehn zu lassen,
Wie�s Gott gef�llt.
 

2015

Vergebens da� ihr ringsum wissenschaftlich schweift,

Ein jeder lernt nur was er lernen kann;
Doch der den Augenblick ergreift,
Das ist der rechte Mann.
Ihr seyd noch ziemlich wohlgebaut,

2020

An K�hnheit wird�s euch auch nicht fehlen,

Und wenn ihr euch nur selbst vertraut,
Vertrauen euch die andern Seelen.
Besonders lernt die Weiber f�hren;
Es ist ihr ewig Weh und Ach
 

2025

So tausendfach

Aus Einem Puncte zu curiren,
Und wenn ihr halbweg ehrbar thut,
Dann habt ihr sie all� unter�m Hut.
Ein Titel mu� sie erst vertraulich machen,
 

2030

Da� Eure Kunst viel K�nste �bersteigt;

Zum Willkomm� tappt ihr dann nach allen Siebensachen,
Um die ein andrer viele Jahre streicht,
Versteht das P�lslein wohl zu dr�cken,
Und fasset sie, mit feurig schlauen Blicken,
 

2035

Wohl um die schlanke H�fte frey,

Zu seh�n, wie fest geschn�rt sie sey.

Sch�ler.
Das sieht schon besser aus! Man sieht doch wo und wie.

Mephistopheles.
Grau, theurer Freund, ist alle Theorie,
Und gr�n des Lebens goldner Baum.

[125]

Sch�ler.
 

2040

Ich schw�r euch zu, mir ist�s als wie ein Traum.

D�rft� ich euch wohl ein andermal beschweren,
Von eurer Weisheit auf den Grund zu h�ren?

Mephistopheles.
Was ich vermag, soll gern geschehn.

Sch�ler.
Ich kann unm�glich wieder gehn,

2045

Ich mu� euch noch mein Stammbuch �berreichen,

G�nn� Eure Gunst mir dieses Zeichen!

Mephistopheles.
Sehr wohl.

Er schreibt und giebt�s.

Sch�ler lies�t.
Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.

Macht�s ehrerbietig zu und empfiehlt sich.

Mephistopheles.
Folg� nur dem alten Spruch und meiner Muhme der Schlange,
 

2050

Dir wird gewi� einmal bey deiner Gott�hnlichkeit bange!

Faust tritt auf.

Faust.
Wohin soll es nun gehn?

[126]

Mephistopheles.
 Wohin es dir gef�llt.
Wir sehn die kleine, dann die gro�e Welt.
Mit welcher Freude, welchem Nutzen,
Wirst du den Cursum durchschmarutzen!

Faust.

2055

Allein bey meinem langen Bart

Fehlt mir die leichte Lebensart.
Es wird mir der Versuch nicht gl�cken;
Ich wu�te nie mich in die Welt zu schicken,
Vor andern f�hl� ich mich so klein;
 

2060

Ich werde stets verlegen seyn.

Mephistopheles.
Mein guter Freund, das wird sich alles geben;
Sobald du dir vertraust, sobald wei�t du zu leben.

Faust.
Wie kommen wir denn aus dem Haus?
Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?

Mephistopheles.

2065

Wir breiten nur den Mantel aus,

Der soll uns durch die L�fte tragen.
Du nimmst bey diesem k�hnen Schritt

Nur keinen gro�en B�ndel mit.
Ein Bi�chen Feuerluft, die ich bereiten werde,
 

2070

Hebt uns behend von dieser Erde.

Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
Ich gratulire dir zum neuen Lebenslauf!

[128]

Auerbachs Keller in Leipzig.

Zeche lustiger Gesellen.

Frosch.
Will keiner trinken? keiner lachen?
Ich will euch lehren Gesichter machen!
 

2075

Ihr seyd ja heut wie nasses Stroh,

Und brennt sonst immer lichterloh.

Brander.
Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbey,
Nicht eine Dummheit, keine Sauerey.

Frosch.

gie�t ihm ein Glas Wein �ber den Kopf.

Da hast du beydes!

[129]

Brander.
 Doppelt Schwein!

Frosch.

2080

Ihr wollt� es ja, man soll es seyn!

Siebel.
Zur Th�r hinaus wer sich entzweyt!
Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!
Auf! Holla! Ho!

Altmayer.
 Weh mir, ich bin verloren!
Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.

Siebel.

2085

Wenn das Gew�lbe wiederschallt,

F�hlt man erst recht des Basses Grundgewalt.

Frosch.
So recht, hinaus mit dem der etwas �bel nimmt!
A! tara lara da!

Altmayer.
A! tara lara da!

Frosch.
     Die Kehlen sind gestimmt.

Singt.

2090

     

Das liebe, heil�ge R�m�sche Reich,

     

Wie h�lt�s nur noch zusammen?

Brander.
Ein garstig Lied! Pfuy! ein politisch Lied!
Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen
Da� ihr nicht braucht f�r�s R�m�sche Reich zu sorgen!

2095

Ich halt� es wenigstens f�r reichlichen Gewinn,

Da� ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
Doch mu� auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
Wir wollen einen Papst erw�hlen.
Ihr wi�t, welch eine Qualit�t
 

2100

Den Ausschlag giebt, den Mann erh�ht.

Frosch. singt.
     Schwing� dich auf, Frau Nachtigall,
     Gr�ߒ mir mein Liebchen zehentausendmal.

Siebel.
Dem Liebchen keinen Gru�! ich will davon nichts h�ren!

Frosch.

Dem Liebchen Gru� und Ku�! du wirst mir�s nicht verwehren!

Singt.

2105

     

Riegel auf! in stiller Nacht.

     

Riegel auf! der Liebste wacht.
     Riegel zu! des Morgens fr�h.

Siebel.
Ja, singe, singe nur, und lob� und r�hme sie!
Ich will zu meiner Zeit schon lachen.

2110

Sie hat mich angef�hrt, dir wird sie�s auch so machen.

Zum Liebsten sey ein Kobold ihr bescheert!
Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg sch�kern;
Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
 

2115

Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut

Ist f�r die Dirne viel zu gut.
Ich will von keinem Gru�e wissen,
Als ihr die Fenster eingeschmissen!

Brander auf den Tisch schlagend.
Pa�t auf! pa�t auf! Gehorchet mir!

2120

Ihr Herrn gesteht, ich wei� zu leben,

Verliebte Leute sitzen hier,
Und diesen mu�, nach Standsgeb�hr,
Zur guten Nacht ich was zum Besten geben.
Gebt Acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
 

2125

Und singt den Rundreim kr�ftig mit!

[132] Er singt

     Es war eine Ratt� im Kellernest,
     Lebte nur von Fett und Butter,
     Hatte sich ein R�nzlein angem�st�t,
     Als wie der Doctor Luther.
 

2130

     

Die K�chin hatt� ihr Gift gestellt;

     

Da ward�s so eng� ihr in der Welt,
     Als h�tte sie Lieb� im Leibe.

Chorus jauchzend.
     Als h�tte sie Lieb� im Leibe.

Brander.
     Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,

2135

     

Und soff aus allen Pf�tzen,

     Zernagt�, zerkratzt� das ganze Haus,
     Wollte nichts ihr W�then n�tzen;
     Sie th�t gar manchen Aengstesprung,
     Bald hatte das arme Thier genung,
 

2140

     

Als h�tt� es Lieb� im Leibe.

Chorus.
     Als h�tt� es Lieb� im Leibe.

Brander.
     Sie kam f�r Angst am hellen Tag

     Der K�che zugelaufen,
     Fiel an den Heerd und zuckt� und lag,
 

2145

     

Und th�t erb�rmlich schnaufen.

     

Da lachte die Vergifterinn noch:
     Ha! sie pfeift auf dem letzten Loch,
     Als h�tte sie Lieb� im Leibe.

Chorus.
     Als h�tte sie Lieb� im Leibe.

Siebel.

2150

Wie sich die platten Bursche freuen!

Es ist mir eine rechte Kunst,
Den armen Ratten Gift zu streuen!

Brander.
Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?

Altmayer.
Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!

2155

Das Ungl�ck macht ihn zahm und mild;

Er sieht in der geschwollnen Ratte
Sein ganz nat�rlich Ebenbild.

Faust und Mephistopheles.

Mephistopheles.
Ich mu� dich nun vor allen Dingen

In lustige Gesellschaft bringen,
 

2160

Damit du siehst, wie leicht sich�s leben l��t.

Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
Mit wenig Witz und viel Behagen
Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
 

2165

Wenn sie nicht �ber Kopfweh klagen,

So lang� der Wirth nur weiter borgt,
Sind sie vergn�gt und unbesorgt.

Brander.
Die kommen eben von der Reise,
Man sieht�s an ihrer wunderlichen Weise;

2170

Sie sind nicht eine Stunde hier.

Frosch.
Wahrhaftig, du hast Recht! Mein Leipzig lob� ich mir!
Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.

Siebel.
F�r was siehst du die Fremden an?

Frosch.
La� mich nur gehn! bey einem vollen Glase,

2175

Zieh� ich, wie einen Kinderzahn,

Den Burschen leicht die W�rmer aus der Nase.

Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
Sie sehen stolz und unzufrieden aus.

Brander.
Marktschreyer sind�s gewi�, ich wette!

Altmayer.

2180

Vielleicht.

Frosch.
 Gib Acht, ich schraube sie!

Mephistopheles zu Faust.
Den Teufel sp�rt das V�lkchen nie,
Und wenn er sie beym Kragen h�tte.

Faust.
Seyd uns gegr��t, ihr Herrn!

Siebel.
 Viel Dank zum Gegengru�.

Leise, Mephistopheles von der Seite ansehend.

Was hinkt der Kerl auf Einem Fu�?

Mephistopheles.

2185

Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?

Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann,
Soll die Gesellschaft uns ergetzen.

[136]

Altmayer.
Ihr scheint ein sehr verw�hnter Mann.

Frosch.
Ihr seyd wohl sp�t von Rippach aufgebrochen?

2190

Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht gespeis�t?


Mephistopheles.
Heut sind wir ihn vorbey gereis�t;
Wir haben ihn das letztemal gesprochen.
Von seinen Vettern wu�t� er viel zu sagen,
Viel Gr��e hat er uns an jeden aufgetragen.

Er neigt sich gegen Frosch.

Altmayer leise.
 

2195

Da hast du�s! der versteht�s!

Siebel.
 Ein pfiffiger Patron!

Frosch.
Nun, warte nur, ich krieg� ihn schon!

Mephistopheles.
Wenn ich nicht irrte, h�rten wir
Ge�bte Stimmen Chorus singen?
Gewi�, Gesang mu� trefflich hier

2200

Von dieser W�lbung wiederklingen!

[137]

Frosch.
Seyd ihr wohl gar ein Virtuos?

Mephistopheles.
O nein! die Kraft ist schwach, allein die Lust ist gro�.

Altmayer.
Gebt uns ein Lied!

Mephistopheles.
 Wenn ihr begehrt, die Menge.

Siebel.
Nur auch ein nagelneues St�ck!

Mephistopheles.

2205

Wir kommen erst aus Spanien zur�ck,

Dem sch�nen Land des Weins und der Ges�nge.

Singt.

     

Es war einmal ein K�nig,
     Der hatt� einen gro�en Floh �

Frosch.
Horcht! Einen Floh! Habt ihr das wohl gefa�t?

2210

Ein Floh ist mir ein saub�rer Gast.


Mephistopheles singt.
     Es war einmal ein K�nig,
     Der hatt� einen gro�en Floh,

     Den liebt� er gar nicht wenig,
     Als wie seinen eignen Sohn.
 

2215

     

Da rief er seinen Schneider,

     

Der Schneider kam heran.
     Da mi� dem Junker Kleider,
     Und mi� ihm Hosen an!

Brander.
Verge�t nur nicht dem Schneider einzusch�rfen,

2220

Da� er mir auf�s genauste mi�t,

Und da�, so lieb sein Kopf ihm ist,
Die Hosen keine Falten werfen!

Mephistopheles.
     In Sammet und in Seide
     War er nun angethan,

2225

     

Hatte B�nder auf dem Kleide,

     Hatt� auch ein Kreuz daran,
     Und war sogleich Minister,
     Und hatt� einen gro�en Stern.
     Da wurden seine Geschwister
 

2230

     

Bey Hof auch gro�e Herrn.


     Und Herrn und Frau�n am Hofe,
     Die waren sehr geplagt,

     Die K�niginn und die Zofe
     Gestochen und genagt,
 

2235

     

Und durften sie nicht knicken,

     

Und weg sie jucken nicht.
     Wir knicken und ersticken
     Doch gleich wenn einer sticht.

Chorus jauchzend.
     Wir knicken und ersticken

2240

     

Doch gleich wenn einer sticht.

Frosch.
Bravo! Bravo! Das war sch�n!

Siebel.
So soll es jedem Floh ergehn!

Brander.
Spitzt die Finger und packt sie fein!

Altmayer.
Es lebe die Freyheit! Es lebe der Wein!

Mephistopheles.

2245

Ich tr�nke gern ein Glas, die Freyheit hoch zu ehren,

Wenn eure Weine nur ein Bi�chen besser w�ren.

Siebel.
Wir m�gen das nicht wieder h�ren!

[140]

Mephistopheles.
Ich f�rchte nur der Wirth beschweret sich,
Sonst g�b� ich diesen werthen G�sten
 

2250

Aus unserm Keller was zum Besten.

Siebel.
Nur immer her! ich nehm�s auf mich.

Frosch.
Schafft ihr ein gutes Glas, so wollen wir euch loben.
Nur gebt nicht gar zu kleine Proben;
Denn wenn ich judiciren soll,

2255

Verlang� ich auch das Maul recht voll.

Altmayer leise.
Sie sind vom Rheine, wie ich sp�re.

Mephistopheles.
Schafft einen Bohrer an!

Brander.
 Was soll mit dem geschehn?
Ihr habt doch nicht die F�sser vor der Th�re?

Altmayer.
Dahinten hat der Wirth ein K�rbchen Werkzeug stehn.

Mephistopheles. nimmt den Bohrer.

zu Frosch

2260

Nun sagt, was w�nschet ihr zu schmecken?

Frosch.
Wie meynt ihr das? Habt ihr so mancherley?

Mephistopheles.
Ich stell� es einem jeden frey.

Altmayer zu Frosch.
Aha! du f�ngst schon an, die Lippen abzulecken.

Frosch.
Gut! wenn ich w�hlen soll, so will ich Rheinwein haben.

2265

Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.


Mephistopheles.

indem er an dem Platz, wo Frosch sitzt, ein Loch in den Tischrand bohrt.

Verschafft ein wenig Wachs, die Pfropfen gleich zu machen!

Altmayer.
Ach das sind Taschenspielersachen.

Mephistopheles. zu Brander.
Und ihr?

Brander.
 Ich will Champagner Wein,
Und recht mussirend soll er seyn!

[142]

Mephistopheles

bohrt, einer hat indessen die Wachspfropfen gemacht und verstopft.

Brander.
 

2270

Man kann nicht stets das Fremde meiden,

Das Gute liegt uns oft so fern.
Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,
Doch ihre Weine trinkt er gern.

Siebel.

indem sich Mephistopheles seinem Platze n�hert.

Ich mu� gestehn, den sauren mag ich nicht,
 

2275

Gebt mir ein Glas vom echten s��en!

Mephistopheles bohrt.
Euch soll sogleich Tokayer flie�en.

Altmayer.
Nein, Herren, seht mir in�s Gesicht!
Ich seh� es ein, ihr habt uns nur zum Besten.

Mephistopheles.
Ey! Ey! Mit solchen edlen G�sten

2280

W�r� es ein Bi�chen viel gewagt.

Geschwind! Nur grad� heraus gesagt!
Mit welchem Weine kann ich dienen?

[143]

Altmayer.
Mit jedem! Nur nicht lang gefragt.

Nachdem die L�cher alle gebohrt und verstopft sind,

Mephistopheles. mit seltsamen Geberden.
     Trauben tr�gt der Weinstock!
 

2285

     

H�rner der Ziegenbock;

     Der Wein ist saftig, Holz die Reben,
     Der h�lzerne Tisch kann Wein auch geben.
     Ein tiefer Blick in die Natur!
     Hier ist ein Wunder, glaubet nur!
 

2290

     

Nun zieht die Pfropfen und genie�t!


Alle.

indem sie die Pfropfen ziehen, und jedem der verlangte Wein in�s Glas l�uft.

O sch�ner Brunnen, der uns flie�t!

Mephistopheles.
Nur h�tet euch, da� ihr mir nichts vergie�t!

Sie trinken wiederholt.

Alle singen.
     Uns ist ganz kannibalisch wohl,
     Als wie f�nf hundert S�uen!

[144]

Mephistopheles.
 

2295

Das Volk ist frey, seht an, wie wohl�s ihm geht!

Faust.
Ich h�tte Lust nun abzufahren.

Mephistopheles.
Gib nur erst Acht, die Bestialit�t
Wird sich gar herrlich offenbaren.

Siebel.

trinkt unvorsichtig, der Wein flie�t auf die Erde, und wird zur Flamme.

Helft! Feuer! helft! die H�lle brennt!

Mephistopheles die Flamme besprechend.

2300

Sey ruhig, freundlich Element!

zu dem Gesellen.

F�r die�mal war es nur ein Tropfen Fegefeuer.

Siebel.
Was soll das seyn? Wart! ihr bezahlt es theuer!
Es scheinet, da� ihr uns nicht kennt.

Frosch.
La� er uns das zum zweytenmale bleiben!

Altmayer.

2305

Ich d�cht�, wir hie�en ihn ganz sachte seitw�rts gehn.

[145]

Siebel.
Was Herr? Er will sich unterstehn,
Und hier sein Hokuspokus treiben?

Mephistopheles.
Still, altes Weinfa�!

Siebel.
 Besenstiel!
Du willst uns gar noch grob begegnen?

Brander.

2310

Wart nur! es sollen Schl�ge regnen.


Altmayer

zieht einen Pfropf aus dem Tisch, es springt ihm Feuer entgegen.

Ich brenne! ich brenne!

Siebel.
 Zauberey!
Sto�t zu! der Kerl ist vogelfrey!

Sie ziehen die Messer und gehn auf Mephistopheles los.

Mephistopheles mit ernsthafter Geberde.
     Falsch Gebild und Wort
     Ver�ndern Sinn und Ort!
 

2315

     

Seyd hier und dort!

Sie stehn erstaunt und sehn einander an.

[146]

Altmayer.
Wo bin ich? Welches sch�ne Land!

Frosch.
Weinberge! Seh� ich recht?

Siebel.
 Und Trauben gleich zur Hand!

Brander.
Hier unter diesem gr�nen Laube,
Seht, welch ein Stock! Seht, welche Traube!

Er fa�t Siebeln bey der Nase. Die andern thun es wechselseitig und heben die Messer.

Mephistopheles wie oben.
 

2320

Irrthum, la� los der Augen Band!

Und merkt euch, wie der Teufel spa�e.

Er verschwindet mit Faust, die Gesellen fahren aus einander.

Siebel.
Was giebt�s?

Altmayer.
 Wie?

Frosch.
 War das deine Nase?

Brander zu Siebel.
Und deine hab� ich in der Hand!

[147]

Altmayer.
Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!
 

2325

Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!

Frosch.
Nein, sagt mir nur, was ist geschehn?

Frosch.
Wo ist der Kerl? Wenn ich ihn sp�re,
Er soll mir nicht lebendig gehn!

Altmayer.
Ich hab� ihn selbst hinaus zur Kellerth�re �

2330

Auf einem Fasse reiten sehn � �

Es liegt mir bleyschwer in den F��en.

Sich nach dem Tische wendend.

Mein! Sollte wohl der Wein noch flie�en?

Siebel.
Betrug war alles, Lug und Schein.

Frosch.
Mir d�uchte doch, als tr�nk� ich Wein.

Brander.

2335

Aber wie war es mit den Trauben?


Altmayer.
Nun sag� mir eins, man soll kein Wunder glauben!

[148]

Hexenk�che.

Auf einem niedrigen Herde steht ein gro�er Kessel �ber dem Feuer. In dem Dampfe, der davon in die H�he steigt, zeigen sich verschiedene Gestalten. Eine Meerkatze sitzt bey dem Kessel und sch�umt ihn, und sorgt da� er nicht �berl�uft. Der Meerkater mit den Jungen sitzt darneben und w�rmt sich. W�nde und Decke sind mit dem seltsamsten Hexenhausrath ausgeschm�ckt.

Faust. Mephistopheles.

Faust.
Mir widersteht das tolle Zauberwesen!
Versprichst du mir, ich soll genesen,
In diesem Wust von Raserey?
 

2340

Verlang� ich Rath von einem alten Weibe?

Und schafft die Sudelk�cherey

Wohl drey�ig Jahre mir vom Leibe?
Weh mir, wenn du nichts bessers wei�t!
Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.
 

2345

Hat die Natur und hat ein edler Geist

Nicht irgend einen Balsam ausgefunden?

Mephistopheles.
Mein Freund, nun sprichst du wieder klug!
Dich zu verj�ngen, gibt�s auch ein nat�rlich Mittel;
Allein es steht in einem andern Buch,

2350

Und ist ein wunderlich Capitel.

Faust.
Ich will es wissen.

Mephistopheles.
 Gut! Ein Mittel, ohne Geld
Und Arzt und Zauberey, zu haben:
Begib dich gleich hinaus aufs Feld,
Fang� an zu hacken und zu graben,

2355

Erhalte dich und deinen Sinn

In einem ganz beschr�nkten Kreise,
Ern�hre dich mit ungemischter Speise,
Leb� mit dem Vieh als Vieh, und acht� es nicht f�r Raub,
Den Acker, den du �rndest, selbst zu d�ngen;

2360

Das ist das beste Mittel, glaub�,

Auf achtzig Jahr dich zu verj�ngen!

Faust.
Das bin ich nicht gew�hnt, ich kann mich nicht bequemen
Den Spaten in die Hand zu nehmen,
Das enge Leben steht mir gar nicht an.

Mephistopheles.

2365

So mu� denn doch die Hexe dran.

Faust.
Warum denn just das alte Weib?
Kannst du den Trank nicht selber brauen?

Mephistopheles.
Das w�r� ein sch�ner Zeitvertreib!
Ich wollt� inde� wohl tausend Br�cken bauen.

2370

Nicht Kunst und Wissenschaft allein,

Geduld will bey dem Werke seyn.
Ein stiller Geist ist Jahre lang gesch�ftig,
Die Zeit nur macht die feine G�hrung kr�ftig.
Und alles was dazu geh�rt
 

2375

Es sind gar wunderbare Sachen!

Der Teufel hat sie�s zwar gelehrt;
Allein der Teufel kann�s nicht machen.

[151] Die Thiere erblickend.

 
Sieh, welch ein zierliches Geschlecht!
Das ist die Magd! das ist der Knecht!

Zu den Thieren.

2380

Es scheint, die Frau ist nicht zu Hause?

Die Thiere.
Beym Schmause,
Aus dem Haus
Zum Schornstein hinaus!

Mephistopheles.
Wie lange pflegt sie wohl zu schw�rmen?

Die Thiere.

2385

So lange wir uns die Pfoten w�rmen.

Mephistopheles. zu Faust.
Wie findest du die zarten Thiere?

Faust.
So abgeschmackt, als ich nur jemand sah!

Mephistopheles.
Nein, ein Discours wie dieser da,
Ist g�rade der, den ich am liebsten f�hre!

Zu den Thieren.

2390

So sagt mir doch, verfluchte Puppen!

Was quirlt ihr in dem Brey herum?

Thiere.
Wir kochen breite Bettelsuppen.

Mephistopheles.
Da habt ihr ein gro� Publicum.

Der Kater

macht sich herbey und schmeichelt dem Mephistopheles.

O w�rfle nur gleich,
 

2395

Und mache mich reich,

Und la� mich gewinnen!
Gar schlecht ist�s bestellt,
Und w�r� ich bey Geld,
So w�r� ich bey Sinnen.

Mephistopheles.

2400

Wie gl�cklich w�rde sich der Affe sch�tzen,

K�nnt� er nur auch in�s Lotto setzen!

Indessen haben die jungen Meerk�tzchen mit einer gro�en Kugel gespielt und rollen sie hervor.

Der Kater.
Das ist die Welt;
Sie steigt und f�llt

 Und rollt best�ndig;
 

2405

Sie klingt wie Glas;

Wie bald bricht das!
Ist hohl inwendig,
Hier gl�nzt sie sehr,
Und hier noch mehr,
 

2410

Ich bin lebendig!

Mein lieber Sohn,
Halt dich davon!
Du mu�t sterben!
Sie ist von Thon,
 

2415

Es giebt Scherben.

Mephistopheles.
Was soll das Sieb?

Der Kater holt es herunter.
W�rst du ein Dieb,
Wollt� ich dich gleich erkennen.

Er l�uft zur K�tzinn und l��t sie durchsehen.

Sieh durch das Sieb!
 

2420

Erkennst du den Dieb,

Und darfst ihn nicht nennen?

[154]

Mephistopheles sich dem Feuer n�hernd.
Und dieser Topf?

Kater und K�tzinn.
Der alberne Tropf!
Er kennt nicht den Topf,

2425

Er kennt nicht den Kessel!

Mephistopheles.
Unh�fliches Thier!

Der Kater.
Den Wedel nimm hier,
Und setz� dich in Sessel!

Er n�thigt den Mephistopheles zu sitzen.

Faust

welcher diese Zeit �ber vor einem Spiegel gestanden, sich ihm bald gen�hert, bald sich von ihm entfernt hat.

Was seh� ich? Welch ein himmlisch Bild
 

2430

Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!

O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Fl�gel,
Und f�hre mich in ihr Gefild!
Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
Wenn ich es wage nah� zu gehn,
 

2435

Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn! �

Das sch�nste Bild von einem Weibe!
Ist�s m�glich, ist das Weib so sch�n?
Muߒ ich an diesem hingestreckten Leibe
Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
 

2440

So etwas findet sich auf Erden?


Mephistopheles.
Nat�rlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
Und selbst am Ende Bravo sagt,
Da mu� es was gescheidtes werden.
F�r die�mal sieh dich immer satt;
 

2445

Ich wei� dir so ein Sch�tzchen auszusp�ren,

Und selig wer das gute Schicksal hat,
Als Br�utigam sie heim zu f�hren!

Faust sieht immerfort in den Spiegel. Mephistopheles, sich in dem Sessel dehnend und mit dem Wedel spielend, f�hrt fort zu sprechen.

Hier sitz� ich wie der K�nig auf dem Throne,
Den Zepter halt� ich hier, es fehlt nur noch die Krone.

Die Thiere.

welche bisher allerley wunderliche Bewegungen durch einander gemacht haben, bringen dem Mephistopheles eine Krone mit gro�em Geschrey.

2450

O sey doch so gut,

Mit Schwei� und mit Blut
Die Krone zu leimen!

[156] Sie gehn ungeschickt mit der Krone um und zerbrechen sie in zwey St�cke, mit welchen sie herumspringen.

 
Nun ist es geschehn!
Wir reden und sehn,
 

2455

Wir h�ren und reimen;

Faust gegen den Spiegel.
Weh mir! ich werde schier verr�ckt.

Mephistopheles auf die Thiere deutend.
Nun f�ngt mir an fast selbst der Kopf zu schwanken.

Die Thiere.
Und wenn es uns gl�ckt,
Und wenn es sich schickt,

2460

So sind es Gedanken!

Faust wie oben.
Mein Busen f�ngt mir an zu brennen!
Entfernen wir uns nur geschwind!

Mephistopheles in obiger Stellung.
Nun, wenigstens mu� man bekennen,
Da� es aufrichtige Poeten sind.

Der Kessel, welchen die K�tzinn bisher ausser Acht gelassen, f�ngt an �berzulaufen; es entsteht eine grosse Flamme, welche zum Schornstein hinaus schl�gt. Die Hexe kommt durch die Flamme mit entsetzlichem Geschrey herunter gefahren.

[157]

Die Hexe.
 

2465

Au! Au! Au! Au!

Verdammtes Thier! verfluchte Sau!
Vers�umst den Kessel, versengst die Frau!
Verfluchtes Thier!

Faust und Mephistopheles erblickend.

Was ist das hier?
 

2470

Wer seyd ihr hier?

Was wollt ihr da?
Wer schlich sich ein?
Die Feuerpein
Euch in�s Gebein!

Sie f�hrt mit dem Schauml�ffel in den Kessel und spritzt Flammen nach Faust, Mephistopheles und den Thieren. Die Thiere winseln.

Mephistopheles

welcher den Wedel, den er in der Hand h�lt, umkehrt, und unter die Gl�ser und T�pfe schl�gt.

2475

Entzwey! entzwey!

Da liegt der Brey!
Da liegt das Glas!
Es ist nur Spa�,
Der Tact, du Aas,
 

2480

Zu deiner Melodey.

[158] Indem die Hexe voll Grimm und Entsetzen zur�cktritt.

 
Erkennst du mich? Gerippe! Scheusal du!
Erkennst du deinen Herrn und Meister?
Was h�lt mich ab, so schlag� ich zu,
Zerschmettre dich und deine Katzen-Geister!
 

2485

Hast du vor�m rothen Wamms nicht mehr Respect?

Kannst du die Hahnenfeder nicht erkennen?
Hab� ich die� Angesicht versteckt?
Soll ich mich etwa selber nennen?

Die Hexe.
O Herr, verzeiht den rohen Gru�!

2490

Sah� ich doch keinen Pferdefu�.

Wo sind denn eure beyden Raben?

Mephistopheles.
F�r die�mal kamst du so davon;
Denn freylich ist es eine Weile schon,
Da� wir uns nicht gesehen haben.

2495

Auch die Cultur, die alle Welt beleckt,

Hat auf den Teufel sich erstreckt;
Das nordische Phantom ist nun nicht mehr zu schauen,
Wo siehst du H�rner, Schweif und Klauen?
Und was den Fu� betrifft, den ich nicht missen kann,

2500

Der w�rde mir bey Leuten schaden;

Darum bedien� ich mich, wie mancher junge Mann,
Seit vielen Jahren falscher Waden.

Die Hexe tanzend.
Sinn und Verstand verlier� ich schier,
Seh� ich den Junker Satan wieder hier!

Mephistopheles.

2505

Den Nahmen, Weib, verbitt� ich mir!

Die Hexe.
Warum? Was hat er euch gethan?

Mephistopheles.
Er ist schon lang� in�s Fabelbuch geschrieben;
Allein die Menschen sind nichts besser dran,
Den B�sen sind sie los, die B�sen sind geblieben.

2510

Du nennst mich Herr Baron, so ist die Sache gut;

Ich bin ein Cavalier, wie andre Cavaliere.
Du zweifelst nicht an meinem edlen Blut;
Sieh her, das ist das Wapen, das ich f�hre!

Er macht eine unanst�ndige Geberde.

Die Hexe lacht unm��ig.
Ha! Ha! Das ist in eurer Art!
 

2515

Ihr seyd ein Schelm, wie ihr nur immer war�t!

[160]

Mephistopheles zu Faust.
Mein Freund, das lerne wohl verstehn!
Die� ist die Art mit Hexen umzugehn.

Die Hexe.
Nun sagt, ihr Herren, was ihr schafft.

Mephistopheles.
Ein gutes Glas von dem bekannten Saft!

2520

Doch mu� ich euch um�s �lt�ste bitten;

Die Jahre doppeln seine Kraft.

Die Hexe.
Gar gern! Hier hab� ich eine Flasche,
Aus der ich selbst zuweilen nasche,
Die auch nicht mehr im mind�sten stinkt;

2525

Ich will euch gern ein Gl�schen geben.

Leise.

Doch wenn es dieser Mann unvorbereitet trinkt,
So kann er, wi�t ihr wohl, nicht eine Stunde leben.

Mephistopheles.
Es ist ein guter Freund, dem es gedeihen soll;
Ich g�nn� ihm gern das beste deiner K�che.

2530

Zieh deinen Kreis, sprich deine Spr�che,

Und gieb ihm eine Tasse voll!

[161]

Die Hexe

mit seltsamen Geberden, zieht einen Kreis und stellt wunderbare Sachen hinein; indessen fangen die Gl�ser an zu klingen, die Kessel zu t�nen, und machen Musik. Zuletzt bringt sie ein gro�es Buch, stellt die Meerkatzen in den Kreis, die ihr zum Pult dienen und die Fackel halten m�ssen. Sie winkt Fausten, zu ihr zu treten.

Faust zu Mephistopheles.
Nein, sage mir, was soll das werden?
Das tolle Zeug, die rasenden Geberden,
Der abgeschmackteste Betrug,
 

2535

Sind mir bekannt, verha�t genug.


Mephistopheles.
Ey Possen! Das ist nur zum Lachen;
Sey nur nicht ein so strenger Mann!
Sie mu� als Arzt ein Hokuspokus machen,
Damit der Saft dir wohl gedeihen kann.

Er n�thigt Fausten, in den Kreis zu treten.

Die Hexe mit gro�er Emphase f�ngt an aus dem Buche zu declamiren.
 

2540

Du mu�t verstehn!

Aus Eins mach� Zehn,
Und Zwey la� gehn,
Und Drey mach� gleich,

So bist du reich.
 

2545

Verlier� die Vier!

Aus F�nf und Sechs,
So sagt die Hex�,
Mach� Sieben und Acht,
So ist�s vollbracht:
 

2550

Und Neun ist Eins,

Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmal-Eins!

Faust.
Mich d�nkt, die Alte spricht im Fieber.

Mephistopheles.
Das ist noch lange nicht vor�ber,

2555

Ich kenn� es wohl, so klingt das ganze Buch;

Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommner Widerspruch
Bleibt gleich geheimni�voll f�r Kluge wie f�r Thoren.
Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
 

2560

Es war die Art zu allen Zeiten,

Durch Drey und Eins, und Eins und Drey
Irrthum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schw�tzt und lehrt man ungest�rt;

Wer will sich mit den Narr�n befassen?
 

2565

Gew�hnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte h�rt,

Es m�sse sich dabey doch auch was denken lassen.

Die Hexe f�hrt fort.
          Die hohe Kraft
          Der Wissenschaft,
          Der ganzen Welt verborgen!

2570

          

Und wer nicht denkt,

          

Dem wird sie geschenkt,
          Er hat sie ohne Sorgen.

Faust.
Was sagt sie uns f�r Unsinn vor?
Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.

2575

Mich d�nkt, ich h�r� ein ganzes Chor

Von hundert tausend Narren sprechen.

Mephistopheles.
Genug, genug, o treffliche Sibylle!
Gib deinen Trank herbey, und f�lle
Die Schale rasch bis an den Rand hinan;

2580

Denn meinem Freund wird dieser Trunk nicht schaden:

Er ist ein Mann von vielen Graden,
Der manchen guten Schluck gethan.
 

[164]

Die Hexe.

mit vielen Ceremonien, schenkt den Trank in eine Schale; wie sie Faust an den Mund bringt, entsteht eine leichte Flamme.

Mephistopheles.
Nur frisch hinunter! Immer zu!
Es wird dir gleich das Herz erfreuen.
 

2585

Bist mit dem Teufel du und du,

Und willst dich vor der Flamme scheuen?

Die Hexe l�st den Kreis.

Faust tritt heraus.

Mephistopheles.
Nun frisch hinaus! Du darfst nicht ruhn.

Die Hexe.
M�g� euch das Schl�ckchen wohl behagen!

Mephistopheles zur Hexe.
Und kann ich dir was zu Gefallen thun;

2590

So darfst du mir�s nur auf Walpurgis sagen.

Die Hexe.
Hier ist ein Lied! wenn ihr�s zuweilen singt,
So werdet ihr besondre W�rkung sp�ren.

Mephistopheles zu Faust.
Komm nur geschwind und la� dich f�hren;

Du mu�t nothwendig transpiriren,
 

2595

Damit die Kraft durch inn- und �u�res dringt.

Den edlen M��iggang lehr� ich hernach dich sch�tzen,
Und bald empfindest du mit innigem Ergetzen,
Wie sich Cupido regt und hin und wieder springt.

Faust.
La� mich nur schnell noch in den Spiegel schauen!

2600

Das Frauenbild war gar zu sch�n!


Mephistopheles.
Nein! Nein! Du sollst das Muster aller Frauen
Nun bald leibhaftig vor dir seh�n.

Leise.

Du siehst, mit diesem Trank im Leibe,
Bald Helenen in jedem Weibe.

[166]

Stra�e.

Faust. Margarete vor�ber gehend.

Faust.
 

2605

Mein sch�nes Fr�ulein, darf ich wagen,

Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

Margarete.
Bin weder Fr�ulein, weder sch�n,
Kann ungeleitet nach Hause gehn.

Sie macht sich los und ab.

Faust.
Beym Himmel, dieses Kind ist sch�n!
 

2610

So etwas hab� ich nie gesehn.

Sie ist so sitt- und tugendreich,
Und etwas schnippisch doch zugleich.

Der Lippe Roth, der Wange Licht,
Die Tage der Welt vergess� ich�s nicht!
 

2615

Wie sie die Augen niederschl�gt,

Hat tief sich in mein Herz gepr�gt;
Wie sie kurz angebunden war,
Das ist nun zum Entz�cken gar!

Mephistopheles tritt auf.

Faust.
H�r, du mu�t mir die Dirne schaffen!

Mephistopheles.

2620

Nun, welche?

Faust.
 Sie ging just vorbey.

Mephistopheles.
Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,
Der sprach sie aller S�nden frey;
Ich schlich mich hart am Stuhl vorbey,
Es ist ein gar unschuldig Ding,

2625

Das eben f�r nichts zur Beichte ging;

Ueber die hab� ich keine Gewalt!

Faust.
Ist �ber vierzehn Jahr doch alt.

[168]

Mephistopheles.
Du sprichst ja wie Hans Liederlich,
Der begehrt jede liebe Blum� f�r sich,
 

2630

Und d�nkelt ihm, es w�r� kein� Ehr�

Und Gunst, die nicht zu pfl�cken w�r�;
Geht aber doch nicht immer an.

Faust.
Mein Herr Magister Lobesan,
La� er mich mit dem Gesetz in Frieden!

2635

Und das sag� ich ihm kurz und gut,

Wenn nicht das s��e junge Blut
Heut� Nacht in meinen Armen ruht;
So sind wir um Mitternacht geschieden.

Mephistopheles.
Bedenkt was gehn und stehen mag!

2640

Ich brauche wenigstens vierzehn Tag�

Nur die Gelegenheit auszusp�ren.

Faust.
H�tt� ich nur sieben Stunden Ruh,
Brauchte den Teufel nicht dazu,
So ein Gesch�pfchen zu verf�hren.

[169]

Mephistopheles.
 

2645

Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos;

Doch bitt� ich, la�t�s euch nicht verdrie�en:
Was hilft�s nur g�rade zu genie�en?
Die Freud� ist lange nicht so gro�,
Als wenn ihr erst herauf, herum,
 

2650

Durch allerley Brimborium,

Das P�ppchen geknetet und zugericht�t
Wie�s lehret manche welsche Geschicht�.

Faust.
Hab� Appetit auch ohne das.

Mephistopheles.
Jetzt ohne Schimpf und ohne Spa�.

2655

Ich sag� euch, mit dem sch�nen Kind

Geht�s ein- f�r allemal nicht geschwind.
Mit Sturm ist da nichts einzunehmen;
Wir m�ssen uns zur List bequemen.

Faust.
Schaff� mir etwas vom Engelsschatz!

2660

F�hr� mich an ihren Ruheplatz!

Schaff� mir ein Halstuch von ihrer Brust,
Ein Strumpfband meiner Liebeslust!

[170]

Mephistopheles.
Damit ihr seht, da� ich eurer Pein
Will f�rderlich und dienstlich seyn;
 

2665

Wollen wir keinen Augenblick verlieren,

Will euch noch heut� in ihr Zimmer f�hren.

Faust.
Und soll sie sehn? sie haben?

Mephistopheles.
 Nein!
Sie wird bey einer Nachbarinn seyn.
Indessen k�nnt ihr ganz allein

2670

An aller Hoffnung k�nft�ger Freuden

In ihrem Dunstkreis satt euch weiden.

Faust.
K�nnen wir hin?

Mephistopheles.
 Es ist noch zu fr�h.

Faust.
Sorg� du mir f�r ein Geschenk f�r sie!

ab.


Mephistopheles.
Gleich schenken? Das ist brav! Da wird er re�ssiren!

2675

Ich kenne manchen sch�nen Platz

Und manchen alt vergrabnen Schatz,
Ich mu� ein Bi�chen revidiren.

ab.

[172]

Abend.

Ein kleines reinliches Zimmer.

ihre Z�pfe flechtend und aufbindend.

Ich g�b� was drum, wenn ich nur w��t�,
Wer heut der Herr gewesen ist!
 

2680

Er sah gewi� recht wacker aus,

Und ist aus einem edlen Haus;
Das konnt� ich ihm an der Stirne lesen �
Er w�r� auch sonst nicht so keck gewesen.

ab.

Mephistopheles. Faust.

Mephistopheles.
Herein, ganz leise, nur herein!

[173]

Faust nach einigem Stillschweigen.
 

2685

Ich bitte dich, la� mich allein!


Mephistopheles herumsp�rend.
Nicht jedes M�dchen h�lt so rein.

ab.

Faust rings aufschauend.
Willkommen s��er D�mmerschein!
Der du die� Heiligthum durchwebst.
Ergreif mein Herz, du s��e Liebespein!
 

2690

Die du vom Thau der Hoffnung schmachtend lebst.

Wie athmet rings Gef�hl der Stille,
Der Ordnung, der Zufriedenheit!
In dieser Armuth welche F�lle!
In diesem Kerker welche Seligkeit!

Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette.

2695

O nimm mich auf! der du die Vorwelt schon

Bey Freud� und Schmerz in offnen Arm empfangen!
Wie oft, ach! hat an diesem V�ter-Thron
Schon eine Schaar von Kindern rings gehangen!
Vielleicht hat, dankbar f�r den heil�gen Christ,
 

2700

Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,

Dem Ahnherrn fromm die welke Hand gek��t.

Ich f�hl�, o M�dchen, deinen Geist
Der F�ll� und Ordnung um mich s�useln,
Der m�tterlich dich t�glich unterweis�t,
 

2705

Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten hei�t,

Sogar den Sand zu deinen F��en kr�useln.
O liebe Hand! so g�ttergleich!
Die H�tte wird durch dich ein Himmelreich.
Und hier!

Er hebt einen Bettvorhang auf.

 Was fa�t mich f�r ein Wonnegraus!
 

2710

Hier m�cht� ich volle Stunden s�umen.

Natur! hier bildetest in leichten Tr�umen
Den eingebornen Engel aus;
Hier lag das Kind! mit warmem Leben
Den zarten Busen angef�llt,
 

2715

Und hier mit heilig reinem Weben

Entwirkte sich das G�tterbild!

     Und du! Was hat dich hergef�hrt?
Wie innig f�hl� ich mich ger�hrt!
Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?

2720

Armsel�ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.

[175]

     

Umgiebt mich hier ein Zauberduft?
Mich drang�s so g�rade zu genie�en,
Und f�hle mich in Liebestraum zerflie�en!
Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?

2725

     

Und tr�te sie den Augenblick herein,

Wie w�rdest du f�r deinen Frevel b��en!
Der gro�e Hans, ach wie so klein!
L�g�, hingeschmolzen, ihr zu F��en.

Mephistopheles.
Geschwind! ich seh� sie unten kommen.

Faust.

2730

Fort! Fort! Ich kehre nimmermehr!


Mephistopheles.
Hier ist ein K�stchen leidlich schwer,
Ich hab�s wo anders hergenommen.
Stellt�s hier nur immer in den Schrein,
Ich schw�r� euch, ihr vergehn die Sinnen;
 

2735

Ich that euch S�chelchen hinein,

Um eine andre zu gewinnen.
Zwar Kind ist Kind und Spiel ist Spiel.

[176]

Faust.
Ich wei� nicht, soll ich?

Mephistopheles.
 Fragt ihr viel?
Meint ihr vielleicht den Schatz zu wahren?

2740

Dann rath� ich eurer L�sternheit

Die liebe sch�ne Tageszeit,
Und mir die weitre M�h� zu sparen.
Ich hoff� nicht da� ihr geitzig seyd!
Ich kratz� den Kopf, reib� an den H�nden �

Er stellt das K�stchen in den Schrein und dr�ckt das Schlo� wieder zu.

2745

Nur fort! geschwind!

Um euch das s��e junge Kind
Nach Herzens Wunsch und Will� zu wenden;
Und ihr seht drein
Als solltet ihr in den H�rsal hinein,
 

2750

Als st�nd� leibhaftig vor euch da

Physik und Metaphysika!
Nur fort! �

ab.

Margarete mit einer Lampe.
Es ist so schw�l, so dumpfig hie,

[177] Sie macht das Fenster auf.

Und ist doch eben so warm nicht drauߒ.
 

2755

Es wird mir so, ich weiߒ nicht wie �

Ich wollt�, die Mutter k�m� nach Haus.
Mir l�uft ein Schauer �ber�n Leib �
Bin doch ein th�richt furchtsam Weib!

Sie f�ngt an zu singen, indem sie sich auszieht.

               Es war ein K�nig in Thule
 

2760

          

Gar treu bis an das Grab,

          

Dem sterbend seine Buhle
          Einen goldnen Becher gab.

               Es ging ihm nichts dar�ber,
          Er leert ihn jeden Schmaus;

2765

          

Die Augen gingen ihm �ber,

          

So oft er trank daraus.

               Und als er kam zu sterben,
          Z�hlt� er seine St�dt� im Reich,
          G�nnt� alles seinem Erben,

2770

          

Den Becher nicht zugleich.

[178]

               

Er sa� beym K�nigsmahle,
          Die Ritter um ihn her,
          Auf hohem V�ter-Saale,
          Dort auf dem Schlo� am Meer.

2775

               

Dort stand der alte Zecher,

          

Trank letzte Lebensgluth,
          Und warf den heiligen Becher
          Hinunter in die Fluth.

               Er sah ihn st�rzen, trinken

2780

          

Und sinken tief ins Meer,

          Die Augen th�ten ihm sinken,
          Trank nie einen Tropfen mehr.

Sie er�ffnet den Schrein, ihre Kleider einzur�umen, und erblickt das Schmuckk�stchen.

Wie kommt das sch�ne K�stchen hier herein?
Ich schlo� doch ganz gewi� den Schrein.
 

2785

Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne seyn?

Vielleicht bracht�s jemand als ein Pfand,
Und meine Mutter lieh darauf.
Da h�ngt ein Schl�sselchen am Band,

Ich denke wohl, ich mach� es auf!
 

2790

Was ist das? Gott im Himmel! schau,

So was hab� ich mein� Tage nicht gesehn!
Ein Schmuck! Mit dem k�nnt� eine Edelfrau
Am h�chsten Feiertage gehn.
Wie sollte mir die Kette stehn?
 

2795

Wem mag die Herrlichkeit geh�ren?

Sie putzt sich damit auf und tritt vor den Spiegel.

Wenn nur die Ohrring� meine w�ren!
Man sieht doch gleich ganz anders drein.
Was hilft euch Sch�nheit, junges Blut?
Das ist wohl alles sch�n und gut,
 

2800

Allein man l��t�s auch alles seyn;

Man lobt euch halb mit Erbarmen.
Nach Golde dr�ngt,
Am Golde h�ngt
Doch alles. Ach wir Armen!

[180]

Spazirgang.

Faust in Gedanken auf und ab gehend. Zu ihm Mephistopheles.

Mephistopheles.
 

2805

Bey aller verschm�hten Liebe! Beym h�llischen Elemente!

Ich wollt�, ich w��te �was �rgers, da� ich�s fluchen k�nnte!

Faust.
Was hast? was kneipt dich denn so sehr?
So kein Gesicht sah� ich in meinem Leben!

Mephistopheles.
Ich m�cht� mich gleich dem Teufel �bergeben,

2810

Wenn ich nur selbst kein Teufel w�r�!


Faust.
Hat sich dir was im Kopf verschoben?
Dich kleidet�s, wie ein Rasender zu toben!

[181]

Mephistopheles.
Denkt nur, den Schmuck f�r Gretchen angeschafft,
Den hat ein Pfaff hinweggerafft! �
 

2815

Die Mutter kriegt das Ding zu schauen,

Gleich f�ngt�s ihr heimlich an zu grauen:
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnuffelt immer im Gebetbuch,
Und riecht�s einem jeden M�bel an,
 

2820

Ob das Ding heilig ist oder profan;

Und an dem Schmuck da sp�rt sie�s klar,
Da� dabey nicht viel Segen war.
Mein Kind, rief sie, ungerechtes Gut
Bef�ngt die Seele, zehrt auf das Blut.
 

2825

Wollen�s der Mutter Gottes weihen,

Wird uns mit Himmels-Manna erfreuen!
Margretlein zog ein schiefes Maul,
Ist halt, dacht� sie, ein geschenkter Gaul,
Und wahrlich! gottlos ist nicht der,
 

2830

Der ihn so fein gebracht hierher.

Die Mutter lie� einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spa� vernommen,
Lie� sich den Anblick wohl behagen.

Er sprach: So ist man recht gesinnt!
 

2835

Wer �berwindet der gewinnt.

Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze L�nder aufgefressen,
Und doch noch nie sich �bergessen;
Die Kirch� allein, meine lieben Frauen,
 

2840

Kann ungerechtes Gut verdauen.

Faust.
Das ist ein allgemeiner Brauch,
Ein Jud� und K�nig kann es auch.

Mephistopheles.
Strich drauf ein Spange, Kett� und Ring�,
Als w�ren�s eben Pfifferling�,

2845

Dankt� nicht weniger und nicht mehr,

Als ob�s ein Korb voll N�sse w�r�,
Versprach ihnen allen himmlischen Lohn �
Und sie waren sehr erbaut davon.

Faust.
Und Gretchen?

Mephistopheles.
 Sitzt nun unruhvoll,

2850

Wei� weder was sie will noch soll,

Denkt an�s Geschmeide Tag und Nacht,
Noch mehr an den, der�s ihr gebracht.

Faust.
Des Liebchens Kummer thut mir leid.
Schaff� du ihr gleich ein neu Geschmeid�!

2855

Am ersten war ja so nicht viel.

Mephistopheles.
O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel!

Faust.
Und mach�, und richt�s nach meinem Sinn!
H�ng� dich an ihre Nachbarinn.
Sey Teufel doch nur nicht wie Brey,

2860

Und schaff� einen neuen Schmuck herbey!


Mephistopheles.
Ja, gn�d�ger Herr, von Herzen gerne.

Faust ab.

Mephistopheles.
So ein verliebter Thor verpufft
Euch Sonne, Mond und alle Sterne
Zum Zeitvertreib dem Liebchen in die Luft.

ab.

[184]

Der Nachbarinn Haus.

Marthe allein.

 

2865

Gott verzeih�s meinem lieben Mann,

Er hat an mir nicht wohl gethan!
Geht da stracks in die Welt hinein,
Und l��t mich auf dem Stroh allein.
Th�t� ihn doch wahrlich nicht betr�ben,
 

2870

Th�t� ihn, wei� Gott, recht herzlich lieben.

Sie weint.

Vielleicht ist er gar todt! � O Pein! � �
H�tt� ich nur einen Todtenschein!

Margarete kommt.

Margarete.
Frau Marthe!

[185]

Marthe.
 Gretelchen, was soll�s?

Margarete.
Fast sinken mir die Kniee nieder!

2875

Da find� ich so ein K�stchen wieder

In meinem Schrein, von Ebenholz,
Und Sachen herrlich ganz und gar,
Weit reicher als das erste war.

Marthe.
Das mu� sie nicht der Mutter sagen;

2880

Th�t�s wieder gleich zur Beichte tragen.

Margarete.
Ach seh� sie nur! ach schau sie nur!

Marthe putzt sie auf.
O du gl�cksel�ge Creatur!

Margarete.
Darf mich, leider, nicht auf der Gassen,
Noch in der Kirche mit sehen lassen.

Marthe.

2885

Komm du nur oft zu mir her�ber,

Und leg� den Schmuck hier heimlich an;
Spazier� ein St�ndchen lang dem Spiegelglas vor�ber,

Wir haben unsre Freude dran;
Und dann gibt�s einen Anla�, gibt�s ein Fest,
 

2890

Wo man�s so nach und nach den Leuten sehen l��t.

Ein Kettchen erst, die Perle dann in�s Ohr;
Die Mutter sieht�s wohl nicht, man macht ihr auch was vor.

Margarete.
Wer konnte nur die beyden K�stchen bringen?
Es geht nicht zu mit rechten Dingen!

Es klopft.

Margarete.
 

2895

Ach Gott! mag das meine Mutter seyn?

Marthe durchs Vorh�ngel guckend.
Es ist ein fremder Herr � Herein!

Mephistopheles tritt auf.

 


Mephistopheles.
Bin so frey g�rad� herein zu treten,
Mu� bey den Frauen Verzeihn erbeten.

Tritt ehrerbietig vor Margareten zur�ck.

Wollte nach Frau Marthe Schwerdlein fragen!

Marthe.

2900

Ich bin�s, was hat der Herr zu sagen?

[187]

Mephistopheles leise zu ihr.
Ich kenne Sie jetzt, mir ist das genug;
Sie hat da gar vornehmen Besuch.
Verzeiht die Freyheit die ich genommen,
Will Nachmittage wieder kommen.

Marthe laut.

2905

Denk�, Kind, um alles in der Welt!

Der Herr dich f�r ein Fr�ulein h�lt.

Margarete.
Ich bin ein armes junges Blut;
Ach Gott! der Herr ist gar zu gut:
Schmuck und Geschmeide sind nicht mein.

Mephistopheles.

2910

Ach, es ist nicht der Schmuck allein;

Sie hat ein Wesen, einen Blick so scharf!
Wie freut mich�s, da� ich bleiben darf.

Marthe.
Was bringt Er denn? Verlange sehr �

Mephistopheles.
Ich wollt� ich h�tt� eine frohere M�hr�!

2915

Ich hoffe, Sie l��t mich�s drum nicht b��en:

Ihr Mann ist todt und l��t Sie gr��en.

[188]

Marthe.
Ist todt? das treue Herz! O weh!
Mein Mann ist todt! Ach ich vergeh�!

Margarete.
Ach! liebe Frau, verzweifelt nicht!

Mephistopheles.

2920

So h�rt die traurige Geschicht�!

Margarete.
Ich m�chte drum mein� Tag� nicht lieben,
W�rde mich Verlust zu Tode betr�ben.

Mephistopheles.
Freud� mu� Leid, Leid mu� Freude haben.

Marthe.
Erz�hlt mir seines Lebens Schlu�!

Mephistopheles.

2925

Er liegt in Padua begraben

Bey�m heiligen Antonius,
An einer wohlgeweihten St�tte
Zum ewig k�hlen Ruhebette.

Marthe.
Habt ihr sonst nichts an mich zu bringen

[189]

Mephistopheles.
 

2930

Ja, eine Bitte, gro� und schwer;

La� Sie doch ja f�r ihn dreyhundert Messen singen!
Im �brigen sind meine Taschen leer.

Marthe.
Was! nicht ein Schaust�ck? kein Geschmeid�?
Was jeder Handwerksbursch im Grund des S�ckels spart,

2935

Zum Angedenken aufbewahrt,

Und lieber hungert lieber bettelt!

Mephistopheles.
Madam, es thut mir herzlich leid;
Allein er hat sein Geld wahrhaftig nicht verzettelt.
Auch er bereute seine Fehler sehr,

2940

Ja, und bejammerte sein Ungl�ck noch viel mehr.

Margarete.
Ach! da� die Menschen so ungl�cklich sind!
Gewi� ich will f�r ihn manch Requiem noch beten.

Mephistopheles.
Ihr w�ret werth, gleich in die Eh� zu treten:
Ihr seyd ein liebensw�rdig Kind.

Margarete.

2945

Ach nein, das geht jetzt noch nicht an.

[190]

Mephistopheles.
Ist�s nicht ein Mann, sey�s derweil� ein Galan.
�s ist eine der gr��ten Himmelsgaben,
So ein lieb Ding im Arm zu haben.

Margarete.
Das ist des Landes nicht der Brauch.

Mephistopheles.

2950

Brauch oder nicht! es gibt sich auch.

Marthe.
Erz�hlt mir doch!

Mephistopheles.
 Ich stand an seinem Sterbebette,
Es war was besser als von Mist,
Von halbgefaultem Stroh; allein er starb als Christ,
Und fand, da� er weit mehr noch auf der Zeche h�tte.

2955

Wie, rief er, mu� ich mich von Grund aus hassen,

So mein Gewerb, mein Weib so zu verlassen!
Ach, die Erinnrung t�dtet mich.
Verg�b� sie mir nur noch in diesem Leben! �

Marthe weinend.
Der gute Mann! ich hab� ihm l�ngst vergeben.

[191]

Mephistopheles.
 

2960

Allein, wei� Gott! sie war mehr Schuld als ich.

Marthe.
Das l�gt er! Was! am Rand des Grab�s zu l�gen!

Mephistopheles.
Er fabelte gewi� in letzten Z�gen,
Wenn ich nur halb ein Kenner bin.
Ich hatte, sprach er, nicht zum Zeitvertreib zu gaffen,

2965

Erst Kinder, und dann Brot f�r sie zu schaffen,

Und Brot im allerweit�sten Sinn,
Und konnte nicht einmal mein Theil in Frieden essen.

Marthe.
Hat er so aller Treu�, so aller Lieb� vergessen,
Der Plackerey bey Tag und Nacht!

Mephistopheles.

2970

Nicht doch, er hat euch herzlich dran gedacht.

Er sprach: Als ich nun weg von Malta ging,
Da betet� ich f�r Frau und Kinder br�nstig;
Uns war denn auch der Himmel g�nstig,
Da� unser Schiff ein T�rkisch Fahrzeug fing,
 

2975

Das einen Schatz des gro�en Sultans f�hrte.

Da ward der Tapferkeit ihr Lohn,

Und ich empfing denn auch, wie sich�s geb�hrte,
Mein wohlgemess�nes Theil davon.

Marthe.
Ey wie? Ey wo? Hat er�s vielleicht vergraben?

Mephistopheles.

2980

Wer wei�, wo nun es die vier Winde haben.

Ein sch�nes Fr�ulein nahm sich seiner an,
Als er in Napel fremd umher spazirte;
Sie hat an ihm viel Lieb�s und Treu�s gethan,
Da� er�s bis an sein selig Ende sp�rte.

Marthe.

2985

Der Schelm! der Dieb an seinen Kindern!

Auch alles Elend, alle Noth
Konnt� nicht sein sch�ndlich Leben hindern!

Mephistopheles.
Ja seht! daf�r ist er nun todt.
W�r� ich nun jetzt an eurem Platze;

2990

Betraurt� ich ihn ein z�chtig Jahr,

Visirte dann unterweil� nach einem neuen Schatze.

Marthe.
Ach Gott! wie doch mein erster war,
Find� ich nicht leicht auf dieser Welt den andern!

Es konnte kaum ein herziger N�rrchen seyn.
 

2995

Er liebte nur das allzuviele Wandern,

Und fremde Weiber, und fremden Wein,
Und das verfluchte W�rfelspiel.

Mephistopheles.
Nun, nun, so konnt� es gehn und stehen,
Wenn er euch ungef�hr so viel

3000

Von seiner Seite nachgesehen.

Ich schw�r� euch zu, mit dem Beding
Wechselt� ich selbst mit euch den Ring!

Marthe.
O es beliebt dem Herrn zu scherzen!

Mephistopheles f�r sich.
Nun mach� ich mich bey Zeiten fort!

3005

Die hielte wohl den Teufel selbst beym Wort.

Zu Gretchen.

Wie steht es denn mit Ihrem Herzen?

Margarete.
Was meint der Herr damit?

Mephistopheles f�r sich.
 Du gut�s, unschuldig�s Kind!

Laut.


Lebt wohl, ihr Frauen!

[194]

Margarete.
 Lebt wohl!

Marthe.
 O sagt mir doch geschwind!
Ich m�chte gern ein Zeugni� haben,

3010

Wo, wie und wann mein Schatz gestorben und begraben.

Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen,
M�cht� ihn auch todt im Wochenbl�ttchen lesen.

Mephistopheles.
Ja, gute Frau, durch zweyer Zeugen Mund
Wird allerwegs die Wahrheit kund;

3015

Habe noch gar einen feinen Gesellen,

Den will ich euch vor den Richter stellen.
Ich bring� ihn her.

Marthe.
 O thut das ja!

Mephistopheles.
Und hier die Jungfrau ist auch da? �
Ein braver Knab�! ist viel gereis�t,

3020

Fr�uleins alle H�flichkeit erweis�t.


Margarete.
M��te vor dem Herren schamroth werden.

[195]

 

Mephistopheles.
Vor keinem K�nige der Erden.

Marthe.
Da hinter�m Haus in meinem Garten
Wollen wir der Herren heut� Abend warten.

[196]

Stra�e.

Faust. Mephistopheles.

Faust.
 

3025

Wie ist�s? Will�s f�rdern? Will�s bald gehn?


Mephistopheles.
Ah bravo! Find� ich euch in Feuer?
In kurzer Zeit ist Gretchen euer.
Heut� Abend sollt ihr sie bey Nachbar� Marthen sehn:
Das ist ein Weib wie auserlesen
 

3030

Zum Kuppler- und Zigeunerwesen!

Faust.
So recht!

Mephistopheles.
 Doch wird auch was von uns begehrt.

[197]

Faust.
Ein Dienst ist wohl des andern werth.

Mephistopheles.
Wir legen nur ein g�ltig Zeugni� nieder,
Da� ihres Ehherrn ausgereckte Glieder

3035

In Padua an heil�ger St�tte ruhn.

Faust.
Sehr klug! Wir werden erst die Reise machen m�ssen!

Mephistopheles.

Sancta Simplicitas! 

darum ist�s nicht zu thun;
Bezeugt nur ohne viel zu wissen.

Faust.
Wenn Er nichts bessers hat, so ist der Plan zerrissen.

Mephistopheles.

3040

O heil�ger Mann! Da w�r�t ihr�s nun!

Ist es das erstemal in eurem Leben,
Da� ihr falsch Zeugni� abgelegt?
Habt ihr von Gott, der Welt und was sich d�rin bewegt,
Vom Menschen, was sich ihm in Kopf und Herzen regt,
 

3045

Definitionen nicht mit gro�er Kraft gegeben?

Mit frecher Stirne, k�hner Brust?
Und wollt ihr recht in�s Innre gehen,

Habt ihr davon, ihr m��t es g�rad� gestehen,
So viel als von Herrn Schwerdleins Tod gewu�t!

Faust.

3050

Du bist und bleibst ein L�gner, ein Sophiste.

Mephistopheles.
Ja, wenn man�s nicht ein Bi�chen tiefer w��te.
Denn morgen wirst in allen Ehren,
Das arme Gretchen nicht beth�ren
Und alle Seelenlieb� ihr schw�ren?

Faust.

3055

Und zwar von Herzen.

Mephistopheles.
 Gut und sch�n!
Dann wird von ewiger Treu� und Liebe,
Von einzig �berallm�cht�gem Triebe �
Wird das auch so von Herzen gehn?

Faust.
La� das! Es wird! � Wenn ich empfinde,

3060

F�r das Gef�hl, f�r das Gew�hl

Nach Namen suche, keinen finde,
Dann durch die Welt mit allen Sinnen schweife,
Nach allen h�chsten Worten greife,

Und diese Gluth, von der ich brenne,
 

3065

Unendlich, ewig, ewig nenne,

Ist das ein teuflisch L�genspiel?

Mephistopheles.
Ich hab� doch Recht!

Faust.
 H�r�! merk� dir die� �
Ich bitte dich, und schone meine Lunge �
Wer Recht behalten will und hat nur eine Zunge,

3070

Beh�lt�s gewi�.

Und komm�, ich hab� des Schw�tzens Ueberdru�,
Denn du hast Recht, vorz�glich weil ich mu�.

[200]

Garten.

Margarete an Faustens Arm, Marthe mit Mephistopheles auf und ab spazirend.

Margarete.
Ich f�hl� es wohl, da� mich der Herr nur schont,
Herab sich l��t, mich zu besch�men.
 

3075

Ein Reisender ist so gewohnt

Aus G�tigkeit f�rlieb zu nehmen,
Ich wei� zu gut, da� solch� erfahrnen Mann
Mein arm Gespr�ch nicht unterhalten kann.

Faust.
Ein Blick von dir, Ein Wort mehr unterh�lt,

3080

Als alle Weisheit dieser Welt.

Er k��t ihre Hand.

[201]

Margarete.
Incommodirt euch nicht! Wie k�nnt ihr sie nur k�ssen?
Sie ist so garstig, ist so rauh!
Was hab� ich nicht schon alles schaffen m�ssen!
Die Mutter ist gar zu genau.

Gehn vor�ber.

Marthe.
 

3085

Und ihr, mein Herr, ihr reis�t so immer fort?

Mephistopheles.
Ach, da� Gewerb� und Pflicht uns dazu treiben!
Mit wie viel Schmerz verl��t man manchen Ort,
Und darf doch nun einmal nicht bleiben!

Marthe.
In raschen Jahren geht�s wohl an,

3090

So um und um frey durch die Welt zu streifen;

Doch k�mmt die b�se Zeit heran,
Und sich als Hagestolz allein zum Grab� zu schleifen,
Das hat noch keinem wohl gethan.

Mephistopheles.
Mit Grausen seh� ich das von weiten.

[202]

Marthe.
 

3095

Drum, werther Herr, berathet euch in Zeiten.

Gehn vor�ber.

Margarete.
Ja, aus den Augen aus dem Sinn!
Die H�flichkeit ist euch gel�ufig;
Allein ihr habt der Freunde h�ufig,
Sie sind verst�ndiger als ich bin.

Faust.

3100

O Beste! glaube, was man so verst�ndig nennt,

Ist oft mehr Eitelkeit und Kurzsinn.

Margarete.
 Wie?

Faust.
Ach, da� die Einfalt, da� die Unschuld nie
Sich selbst und ihren heil�gen Werth erkennt!
Da� Demuth, Niedrigkeit, die h�chsten Gaben

3105

Der liebevoll austheilenden Natur �


Margarete.
Denkt ihr an mich ein Augenblickchen nur,
Ich werde Zeit genug an euch zu denken haben.

[203]

Faust.
Ihr seyd wohl viel allein?

Margarete.
Ja, unsre Wirthschaft ist nur klein,

3110

Und doch will sie versehen seyn.

Wir haben keine Magd; mu� kochen, fegen, stricken
Und n�hn, und laufen fr�h und spat;
Und meine Mutter ist in allen St�cken
So accurat!
 

3115

Nicht da� sie just so sehr sich einzuschr�nken hat;

Wir k�nnten uns weit eh�r als andre regen:
Mein Vater hinterlie� ein h�bsch Verm�gen,
Ein H�uschen und ein G�rtchen vor der Stadt.
Doch hab� ich jetzt so ziemlich stille Tage;
 

3120

Mein Bruder ist Soldat,

Mein Schwesterchen ist todt.
Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Noth;
Doch �bern�hm� ich gern noch einmal alle Plage,
So lieb war mir das Kind.

Faust.
Ein Engel, wenn dir�s glich.

[204]

Margarete.
 

3125

Ich zog es auf, und herzlich liebt� es mich.

Es war nach meines Vaters Tod geboren.
Die Mutter gaben wir verloren,
So elend wie sie damals lag,
Und sie erholte sich sehr langsam, nach und nach.
 

3130

Da konnte sie nun nicht d�ran denken

Das arme W�rmchen selbst zu tr�nken,
Und so erzog ich�s ganz allein,
Mit Milch und Wasser; so ward�s mein.
Auf meinem Arm, in meinem Schoos
 

3135

War�s freundlich, zappelte, ward gro�.

Faust.
Du hast gewi� das reinste Gl�ck empfunden.

Margarete.
Doch auch gewi� gar manche schwere Stunden.
Des Kleinen Wiege stand zu Nacht
An meinem Bett�, es durfte kaum sich regen,

3140

War ich erwacht;

Bald mu�t� ich�s tr�nken, bald es zu mir legen,
Bald, wenn�s nicht schwieg, vom Bett� aufstehn,
Und t�nzelnd in der Kammer auf und nieder gehn,

Und fr�h am Tage schon am Waschtrog stehn;
 

3145

Dann auf dem Markt und an dem Herde sorgen,

Und immer fort wie heut so morgen.
Da geht�s, mein Herr, nicht immer muthig zu;
Doch schmeckt daf�r das Essen, schmeckt die Ruh.

Gehn vor�ber.

Marthe.
Die armen Weiber sind doch �bel dran:
 

3150

Ein Hagestolz ist schwerlich zu bekehren.

Mephistopheles.
Es k�me nur auf eures gleichen an,
Mich eines bessern zu belehren.

Marthe.
Sagt g�rad�, mein Herr, habt ihr noch nichts gefunden?
Hat sich das Herz nicht irgendwo gebunden?

Mephistopheles.

3155

Das Sprichwort sagt: Ein eigner Herd,

Ein braves Weib, sind Gold und Perlen werth.

Marthe.
Ich meine, ob ihr niemals Lust bekommen?

Mephistopheles.
Man hat mich �berall recht h�flich aufgenommen.

[206]

Marthe.
Ich wollte sagen: ward�s nie Ernst in Eurem Herzen?

Mephistopheles.

3160

Mit Frauen soll man sich nie unterstehn zu scherzen.

Marthe.
Ach, ihr versteht mich nicht!

Mephistopheles.
 Das thut mir herzlich leid!
Doch ich versteh� � da� ihr sehr g�tig seyd.

Gehn vor�ber.

Faust.
Du kanntest mich, o kleiner Engel, wieder,
Gleich als ich in den Garten kam?

Margarete.

3165

Saht ihr es nicht? ich schlug die Augen nieder.

Faust.
Und du verzeihst die Freyheit, die ich nahm?
Was sich die Frechheit unterfangen,
Als du j�ngst aus dem Dom gegangen?

Margarete.
Ich war best�rzt, mir war das nie geschehn;

3170

Es konnte niemand von mir �bels sagen.

Ach, dacht� ich, hat er in deinem Betragen
Was freches, unanst�ndiges gesehn?
Es schien ihn gleich nur anzuwandeln,
Mit dieser Dirne g�rade hin zu handeln.
 

3175

Gesteh� ich�s doch! Ich wu�te nicht was sich

Zu eurem Vortheil hier zu regen gleich begonnte;
Allein gewi�, ich war recht b�s� auf mich,
Da� ich auf euch nicht b�ser werden konnte.

Faust.
S�� Liebchen!

Margarete.
 La�t einmal!

Sie pfl�ckt eine Sternblume und zupft die Bl�tter ab, eins nach dem andern.

Faust.
 Was soll das? Einen Strau�?

Margarete.

3180

Nein, es soll nur ein Spiel.

Faust.
 Wie?

Margarete.
 Geht! ihr lacht mich aus.

Sie rupft und murmelt.

[208]

Faust.
Was murmelst du?

Margarete halb laut.
 Er liebt mich � liebt mich nicht.

Faust.
Du holdes Himmels-Angesicht!

Margarete f�hrt fort.
Liebt mich � Nicht � Liebt mich � Nicht �

Das letzte Blatt ausrupfend, mit holder Freude.

Er liebt mich!

Faust.
Ja, mein Kind! La� dieses Blumenwort

3185

Dir G�tter-Ausspruch seyn. Er liebt dich!

Verstehst du, was das hei�t? Er liebt dich!

Er fa�t ihre beyden H�nde.

Margarete.
Mich �berl�uft�s!

Faust.
O schaudre nicht! La� diesen Blick,
La� diesen H�ndedruck dir sagen

3190

Was unaussprechlich ist:

Sich hinzugeben ganz und eine Wonne

Zu f�hlen, die ewig seyn mu�!
Ewig! � Ihr Ende w�rde Verzweiflung seyn.
Nein, kein Ende! Kein Ende!

Margarete

dr�ckt ihm die H�nde, macht sich los und l�uft weg. Er steht einen Augenblick in Gedanken, dann folgt er ihr.

Marthe kommend.
 

3195

Die Nacht bricht an.

Mephistopheles.
 Ja, und wir wollen fort.

Marthe.
Ich b�t� euch l�nger hier zu bleiben,
Allein es ist ein gar zu b�ser Ort.
Es ist als h�tte niemand nichts zu treiben
Und nichts zu schaffen,

3200

Als auf des Nachbarn Schritt und Tritt zu gaffen,

Und man kommt in�s Gered�, wie man sich immer stellt.
Und unser P�rchen?

Mephistopheles.
 Ist den Gang dort aufgeflogen.
Muthwill�ge Sommerv�gel!

[210]

Marthe.
 Er scheint ihr gewogen.

Mephistopheles.
Und sie ihm auch. Das ist der Lauf der Welt.

[211]

Ein Gartenh�uschen.


Margarete springt herein, steckt sich hinter die Th�r, h�lt die Fingerspitze an die Lippen und guckt durch die Ritze.

Margarete.
 

3205

Er kommt!

Faust kommt.

  Ach, Schelm, so neckst du mich!
Treff� ich dich!

Er k��t sie.

Margarete.

ihn fassend und den Ku� zur�ck gebend.

Bester Mann! von Herzen lieb� ich dich!

Mephistopheles klopft an.

[212]

Faust stampfend.
Wer da?

Mephistopheles.
 Gut Freund!

Faust.
 Ein Thier!

Mephistopheles.
 Es ist wohl Zeit zu scheiden.

Marthe kommt.
Ja, es ist sp�t, mein Herr.

Faust.
 Darf ich euch nicht geleiten?

Margarete.
Die Mutter w�rde mich � Lebt wohl!

Faust.
 Mu� ich denn gehn?

3210

Lebt wohl!

Marthe.
 Ade!

Margarete.
 Auf baldig Wiedersehn!

Faust und Mephistopheles ab.

[213]

Margarete.
Du lieber Gott! was so ein Mann
Nicht alles alles denken kann!
Besch�mt nur steh� ich vor ihm da,
Und sag� zu allen Sachen ja.
 

3215

Bin doch ein arm unwissend Kind,

Begreife nicht was er an mir find�t.

ab.

[214]

Wald und H�hle.


Faust allein.
Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
 

3220

Gabst mir die herrliche Natur zum K�nigreich,

Kraft, sie zu f�hlen, zu genie�en. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
Verg�nnest mir in ihre tiefe Brust,
Wie in den Busen eines Freund�s, zu schauen.
 

3225

Du f�hrst die Reihe der Lebendigen

Vor mir vorbey, und lehrst mich meine Br�der
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
Und wenn der Sturm im Walde braus�t und knarrt,
Die Riesenfichte, st�rzend, Nachbar�ste

3230

Und Nachbarst�mme, quetschend, nieder streift,

Und ihrem Fall dumpf hohl der H�gel donnert;
Dann f�hrst du mich zur sichern H�hle, zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder �ffnen sich.
 

3235

Und steigt vor meinem Blick der reine Mond

Bes�nftigend her�ber; schweben mir
Von Felsenw�nden, aus dem feuchten Busch,
Der Vorwelt silberne Gestalten auf,
Und lindern der Betrachtung strenge Lust.

3240

     

O da� dem Menschen nichts Vollkomm�nes wird,

Empfind� ich nun. Du gabst zu dieser Wonne,
Die mich den G�ttern nah� und n�her bringt,
Mir den Gef�hrten, den ich schon nicht mehr
Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech,
 

3245

Mich vor mir selbst erniedrigt, und zu Nichts,

Mit einem Worthauch, deine Gaben wandelt.
Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer
Nach jenem sch�nen Bild gesch�ftig an.

So tauml� ich von Begierde zu Genu�,
 

3250

Und im Genu� verschmacht� ich nach Begierde.

Mephistopheles tritt auf.

Mephistopheles.
Habt ihr nun bald das Leben g�nug gef�hrt?
Wie kann�s euch in die L�nge freuen?
Es ist wohl gut, da� man�s einmal probirt;
Dann aber wieder zu was neuen!

Faust.

3255

Ich wollt�, du h�ttest mehr zu thun,

Als mich am guten Tag zu plagen.

Mephistopheles.
Nun nun! ich laߒ dich gerne ruhn,
Du darfst mir�s nicht im Ernste sagen.
An dir Gesellen unhold, barsch und toll,

3260

Ist wahrlich wenig zu verlieren.

Den ganzen Tag hat man die H�nde voll!
Was ihm gef�llt und was man lassen soll,
Kann man dem Herrn nie an der Nase sp�ren.

[217]

Faust.
Das ist so just der rechte Ton!
 

3265

Er will noch Dank, da� er mich enn�yirt.


Mephistopheles.
Wie h�tt�st du, armer Erdensohn,
Dein Leben ohne mich gef�hrt?
Vom Kribskrabs der Imagination
Hab� ich dich doch auf Zeiten lang curirt;
 

3270

Und w�r� ich nicht, so w�r�st du schon

Von diesem Erdball abspazirt.
Was hast du da in H�hlen, Felsenritzen
Dich wie ein Schuhu zu versitzen?
Was schlurfst aus dumpfem Moos und triefendem Gestein,
 

3275

Wie eine Kr�te, Nahrung ein?

Ein sch�ner, s��er Zeitvertreib!
Dir steckt der Doctor noch im Leib.

Faust.
Verstehst du, was f�r neue Lebenskraft
Mir dieser Wandel in der Oede schafft?

3280

Ja, w�rdest du es ahnden k�nnen,

Du w�rest Teufel g�nug mein Gl�ck mir nicht zu g�nnen.

[218]

Mephistopheles.
Ein �berirdisches Vergn�gen!
In Nacht und Thau auf den Gebirgen liegen,
Und Erd und Himmel wonniglich umfassen,
 

3285

Zu einer Gottheit sich aufschwellen lassen,

Der Erde Mark mit Ahndungsdrang durchw�hlen,
Alle sechs Tagewerk� im Busen f�hlen,
In stolzer Kraft ich wei� nicht was genie�en,
Bald liebewonniglich in alles �berflie�en,
 

3290

Verschwunden ganz der Erdensohn,

Und dann die hohe Intuition �

Mit einer Geberde.

Ich darf nicht sagen, wie � zu schlie�en.

Faust.
Pfuy �ber dich!

Mephistopheles.
 Das will euch nicht behagen;
Ihr habt das Recht, gesittet pfuy zu sagen.

3295

Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen,

Was keusche Herzen nicht entbehren k�nnen.
Und kurz und gut, ich g�nn� Ihm das Vergn�gen,
Gelegentlich sich etwas vorzul�gen;

Doch lange h�lt Er das nicht aus.
 

3300

Du bist schon wieder abgetrieben,

Und, w�hrt es l�nger, aufgerieben
In Tollheit oder Angst und Graus.
Genug damit! dein Liebchen sitzt dadrinne,
Und alles wird ihr eng� und tr�b�.
 

3305

Du kommst ihr gar nicht aus dem Sinne,

Sie hat dich �berm�chtig lieb.
Erst kam deine Liebeswuth �bergeflossen,
Wie vom geschmolznen Schnee ein B�chlein �bersteigt;
Du hast sie ihr in�s Herz gegossen,
 

3310

Nun ist dein B�chlein wieder seicht.

Mich d�nkt, anstatt in W�ldern zu thronen,
Lie� es dem gro�en Herren gut,
Das arme affenjunge Blut
F�r seine Liebe zu belohnen.
 

3315

Die Zeit wird ihr erb�rmlich lang;

Sie steht am Fenster, sieht die Wolken ziehn
Ueber die alte Stadtmauer hin.
Wenn ich ein V�glein w�r�! so geht ihr Gesang
Tagelang, halbe N�chte lang.
 

3320

Einmal ist sie munter, meist betr�bt,

Einmal recht ausgeweint,
Dann wieder ruhig, wie�s scheint,
Und immer verliebt.

Faust.
Schlange! Schlange!

Mephistopheles f�r sich.

3325

Gelt! da� ich dich fange!

Faust.
Verruchter! hebe dich von hinnen,
Und nenne nicht das sch�ne Weib!
Bring� die Begier zu ihrem s��en Leib
Nicht wieder vor die halb verr�ckten Sinnen!

Mephistopheles.

3330

Was soll es denn? Sie meint, du seyst entfloh�n,

Und halb und halb bist du es schon.

Faust.
Ich bin ihr nah�, und w�r� ich noch so fern,
Ich kann sie nie vergessen, nie verlieren;
Ja, ich beneide schon den Leib des Herrn,

3335

Wenn ihre Lippen ihn inde� ber�hren.

[221]

Mephistopheles.
Gar wohl, mein Freund! Ich hab� euch oft beneidet
Um�s Zwillingspaar, das unter Rosen weidet.

Faust.
Entfliehe, Kuppler!

Mephistopheles.
 Sch�n! Ihr schimpft und ich mu� lachen.
Der Gott, der Bub� und M�dchen schuf,

3340

Erkannte gleich den edelsten Beruf,

Auch selbst Gelegenheit zu machen.
Nur fort, es ist ein gro�er Jammer!
Ihr sollt in Eures Liebchens Kammer,
Nicht etwa in den Tod.

Faust.

3345

Was ist die Himmelsfreud� in ihren Armen?

La� mich an ihrer Brust erwarmen!
F�hl� ich nicht immer ihre Noth?
Bin ich der Fl�chtling nicht? der Unbehaus�te?
Der Unmensch ohne Zweck und Ruh?
 

3350

Der wie ein Wassersturz von Fels zu Felsen braus�te,

Begierig w�thend nach dem Abgrund zu.
Und seitw�rts sie, mit kindlich dumpfen Sinnen,

Im H�ttchen auf dem kleinen Alpenfeld,
Und all ihr h�usliches Beginnen
 

3355

Umfangen in der kleinen Welt.

Und ich, der Gottverha�te, hatte nicht genug,
Da� ich die Felsen fa�te
Und sie zu Tr�mmern schlug!
 

3360

Sie, ihren Frieden mu�t� ich untergraben!

Du, H�lle, mu�test dieses Opfer haben!
Hilf, Teufel, mir die Zeit der Angst verk�rzen.
Was mu� geschehn, mag�s gleich geschehn!
Mag ihr Geschick auf mich zusammenst�rzen
 

3365

Und sie mit mir zu Grunde gehn!


Mephistopheles.
Wie�s wieder siedet, wieder gl�ht!
Geh� ein und tr�ste sie, du Thor!
Wo so ein K�pfchen keinen Ausgang sieht,
Stellt er sich gleich das Ende vor.
 

3370

Es lebe, wer sich tapfer h�lt!

Du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt.
Nichts abgeschmackters find� ich auf der Welt,
Als einen Teufel der verzweifelt.

[223]

Gretchens Stube.

Gretchen

am Spinnrade allein.

               Meine Ruh� ist hin,
 

3375

          

Mein Herz ist schwer;

          

Ich finde sie nimmer
          und nimmermehr.

               Wo ich ihn nicht hab�
          Ist mir das Grab,

3380

          

Die ganze Welt

          Ist mir verg�llt.

[224]

               Mein armer Kopf
          Ist mir verr�ckt,
          Meiner armer Sinn
 

3385

          

Ist mir zerst�ckt.

               

Meine Ruh� ist hin,
          Mein Herz ist schwer,
          Ich finde sie nimmer
          und nimmermehr.

3390

               

Nach ihm nur schau� ich

          

Zum Fenster hinaus,
          Nach ihm nur geh� ich
          Aus dem Haus.

               Sein hoher Gang,

3395

          

Sein� edle Gestalt,

          

Seines Mundes L�cheln,
          Seiner Augen Gewalt,

               Und seiner Rede
          Zauberflu�,

3400

          

Sein H�ndedruck,

          Und ach sein Ku�!

[225]

               Meine Ruh� ist hin,
          Mein Herz ist schwer,
          Ich finde sie nimmer
 

3405

          

Und nimmermehr.


               Mein Busen dr�ngt
          Sich nach ihm hin,
          Ach d�rft� ich fassen
          Und halten ihn!
 

3410

          

Und k�ssen ihn

          So wie ich wollt�,
          An seinen K�ssen
          Vergehen sollt�!

[226]

Marthens Garten.

Margarete. Faust.

Margarete.
Versprich mir, Heinrich!

Faust.
 Was ich kann!

Margarete.

3415

Nun sag�, wie hast du�s mit der Religion?

Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub�, du h�lt�st nicht viel davon.

Faust.
La� das, mein Kind! du f�hlst, ich bin dir gut;
F�r meine Lieben lieߒ ich Leib und Blut,

3420

Will niemand sein Gef�hl und seine Kirche rauben.

[227]

Margarete.
Das ist nicht recht, man mu� d�ran glauben!

Faust.
Mu� man?

Margarete.
 Ach! wenn ich etwas auf dich k�nnte!
Du ehrst auch nicht die heil�gen Sacramente.

Faust.
Ich ehre sie.

Margarete.
 Doch ohne Verlangen.

3425

Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.

Glaubst du an Gott?

Faust.
 Mein Liebchen, wer darf sagen,
Ich glaub� an Gott?
Magst Priester oder Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott

3430

Ueber den Frager zu seyn.


Margarete.
 So glaubst du nicht?

[228]

Faust.
Mi�h�r� mich nicht, du holdes Angesicht!
Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaub� ihn.
 

3435

Wer empfinden?

Und sich unterwinden
Zu sagen: Ich glaub� ihn nicht.
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
 

3440

Fa�t und erh�lt er nicht

Dich, mich, sich selbst?
W�lbt sich der Himmel nicht dadroben?
Liegt die Erde nicht hierunten fest?
Und steigen freundlich blickend
 

3445

Ewige Sterne nicht herauf?

Schau� ich nicht Aug� in Auge dir,
Und dr�ngt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimni�
 

3450

Unsichtbar sichtbar neben dir?

Erf�ll� davon dein Herz, so gro� es ist,

Und wenn du ganz in dem Gef�hle selig bist,
Nenn� es dann wie du willst,
Nenn�s Gl�ck! Herz! Liebe! Gott!
 

3455

Ich habe keinen Nahmen

Daf�r! Gef�hl ist alles;
Name ist Schall und Rauch,
Umnebelnd Himmelsgluth.

Margarete.
Das ist alles recht sch�n und gut;

3460

Ungef�hr sagt das der Pfarrer auch,

Nur mit ein Bi�chen andern Worten.

Faust.
Es sagen�s aller Orten
Alle Herzen unter dem himmlischen Tage,
Jedes in seiner Sprache;

3465

Warum nicht ich in der meinen?

Margarete.
Wenn man�s so h�rt, m�cht�s leidlich scheinen,
Steht aber doch immer schief darum;
Denn du hast kein Christenthum.

Faust.
Lieb�s Kind!

[230]

Margarete.
 Es thut mir lang� schon weh,
 

3470

Da� ich dich in der Gesellschaft seh�.

Faust.
Wie so?

Margarete.
 Der Mensch, den du da bey dir hast,
Ist mir in tiefer inn�rer Seele verha�t:
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich in�s Herz gegeben,

3475

Als des Menschen widrig Gesicht.

Faust.
Liebe Puppe, f�rcht� ihn nicht!

Margarete.
Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
Ich bin sonst allen Menschen gut;
Aber, wie ich mich sehne dich zu schauen,

3480

Hab� ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen,

Und halt� ihn f�r einen Schelm dazu!
Gott verzeih� mir�s, wenn ich ihm Unrecht thu�!

Faust.
Es mu� auch solche K�uze geben.

[231]

Margarete.
Wollte nicht mit seines Gleichen leben!
 

3485

Kommt er einmal zur Th�r herein,

Sieht er immer so sp�ttisch drein,
Und halb ergrimmt;
Man sieht, da� er an nichts keinen Antheil nimmt;
Es steht ihm an der Stirn� geschrieben,
 

3490

Da� er nicht mag eine Seele lieben.

Mir wird�s so wohl in deinem Arm,
So frey, so hingegeben warm,
Und seine Gegenwart schn�rt mir das Inn�re zu.

Faust.
Du ahndungsvoller Engel du!

Margarete.

3495

Das �bermannt mich so sehr,

Da�, wo er nur mag zu uns treten,
Meyn� ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.
Auch wenn er da ist, k�nnt� ich nimmer beten,
Und das fri�t mir in�s Herz hinein;
 

3500

Dir, Heinrich, mu� es auch so seyn.


Faust.
Du hast nun die Antipathie!

[232]

Margarete.
Ich mu� nun fort.

Faust.
 Ach kann ich nie
Ein St�ndchen ruhig dir am Busen h�ngen
Und Brust an Brust und Seel� in Seele dr�ngen?

Margarete.

3505

Ach wenn ich nur alleine schlief!

Ich lie� dir gern heut nacht den Riegel offen;
Doch meine Mutter schl�ft nicht tief,
Und w�rden wir von ihr betroffen,
Ich w�r� gleich auf der Stelle todt!

Faust.

3510

Du Engel, das hat keine Noth.

Hier ist ein Fl�schchen! Drey Tropfen nur
In ihren Trank umh�llen
Mit tiefem Schlaf gef�llig die Natur.

Margarete.
Was thu� ich nicht um deinetwillen?

3515

Es wird ihr hoffentlich nicht schaden!


Faust.
W�rd� ich sonst, Liebchen, dir es rathen?

[233]

Margarete.
Seh� ich dich, bester Mann, nur an,
Wei� nicht was mich nach deinem Willen treibt,
Ich habe schon so viel f�r dich gethan,
 

3520

Da� mir zu thun fast nichts mehr �brigbleibt.

ab.

Mephistopheles tritt auf.

Mephistopheles.
Der Grasaff�! ist er weg?

Faust.
 Hast wieder spionirt?

Mephistopheles.
Ich hab�s ausf�hrlich wohl vernommen,
Herr Doctor wurden da katechisirt;
Hoff� es soll Ihnen wohl bekommen.

3525

Die M�dels sind doch sehr interessirt,

Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.
Sie denken, duckt er da, folgt er uns eben auch.

Faust.
Du Ungeheuer siehst nicht ein,
Wie diese treue liebe Seele

3530

Von ihrem Glauben voll,

Der ganz allein
Ihr selig machend ist, sich heilig qu�le,
Da� sie den liebsten Mann verloren halten soll.

Mephistopheles.
Du �bersinnlicher, sinnlicher Freyer,

3535

Ein M�gdelein nasf�hret dich.

Faust.
Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!

Mephistopheles.
Und die Physiognomie versteht sie meisterlich.
In meiner Gegenwart wird�s ihr sie wei� nicht wie,
Mein M�skchen da weissagt verborgnen Sinn;

3540

Sie f�hlt, da� ich ganz sicher ein Genie,

Vielleicht wohl gar der Teufel bin.
Nun heute Nacht �?

Faust.
 Was geht dich�s an?

Mephistopheles.
Hab� ich doch meine Freude d�ran!

[235]

Am Brunnen.

Gretchen und Lieschen.

mit Kr�gen.

Lieschen.
Hast nichts von B�rbelchen geh�rt?

Gretchen.

3545

Kein Wort. Ich komm� gar wenig unter Leute.

Lieschen.
Gewi�, Sibylle sagt� mir�s heute!
Die hat sich endlich auch beth�rt.
Das ist das Vornehmthun!

Gretchen.
 Wie so?

[236]

Lieschen.
 Es stinkt!
Sie f�ttert zwey, wenn sie nun i�t und trinkt.

Gretchen.

3550

Ach!


Lieschen.
So ist�s ihr endlich recht ergangen.
Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen!
Das war ein Spaziren,
Auf Dorf und Tanzplatz F�hren,
 

3555

Mu�t� �berall die erste seyn,

Curtesirt� ihr immer mit Pastetchen und Wein;
Bild�t sich was auf ihre Sch�nheit ein,
War doch so ehrlos sich nicht zu sch�men
Geschenke von ihm anzunehmen.
 

3560

War ein Gekos� und ein Geschleck�;

Da ist denn auch das Bl�mchen weg!

Gretchen.
Das arme Ding!

Lieschen.
 Bedauerst sie noch gar!
Wenn unser eins am Spinnen war,

Uns Nachts die Mutter nicht hinunterlie�,
 

3565

Stand sie bey ihrem Buhlen s��,

Auf der Th�rbank und im dunkeln Gang
Ward� ihnen keine Stunde zu lang.
Da mag sie denn sich ducken nun,
Im S�nderhemdchen Kirchbuߒ thun!

Gretchen.

3570

Er nimmt sie gewi� zu seiner Frau.

Lieschen.
Er w�r� ein Narr! Ein flinker Jung�
Hat anderw�rts noch Luft genung.
Er ist auch fort.

Gretchen.
 Das ist nicht sch�n!

Lieschen.
Kriegt sie ihn, soll�s ihr �bel gehn.

3575

Das Kr�nzel rei�en die Buben ihr,

Und H�ckerling streuen wir vor die Th�r!

ab.

Gretchen.

nach Hause gehend.

Wie konnt� ich sonst so tapfer schm�hlen,

Sah ich ein armes M�gdlein fehlen!
Wie konnt� ich �ber andrer S�nden
 

3580

Nicht Worte g�nug der Zunge finden!

Wie schien mir�s schwarz, und schw�rzt�s noch gar,
Mir�s immer doch nicht schwarz g�nug war,
Und segnet� mich und that so gro�,
Und bin nun selbst der S�nde blo�!
 

3585

Doch � alles, was dazu mich trieb,

Gott! war so gut! ach war so lieb!

[239]

Zwinger.

In der Mauerh�hle ein Andachtsbild der

Mater dolorosa

, Blumenkr�ge davor.

Gretchen.

steckt frische Blumen in die Kr�ge.

Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gn�dig meiner Noth!

3590

Das Schwert im Herzen,

Mit tausend Schmerzen
Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

Zum Vater blickst du,
Und Seufzer schickst du

3595

Hinauf um sein� und deine Noth.

[240]

Wer f�hlet,
Wie w�hlet
Der Schmerz mir im Gebein?
Was mein armes Herz hier banget,
 

3600

Was es zittert, was verlanget,

Wei�t nur du, nur du allein!

Wohin ich immer gehe,
Wie weh, wie weh, wie wehe
Wird mir im Busen hier!

3605

Ich bin ach kaum alleine,

Ich wein�, ich wein�, ich weine,
Das Herz zerbricht in mir.

Die Scherben vor meinem Fenster
Bethaut� ich mit Thr�nen, ach!

3610

Als ich am fr�hen Morgen

Dir diese Blumen brach.

Schien hell in meine Kammer
Die Sonne fr�h herauf,
Sa� ich in allem Jammer

3615

In meinem Bett� schon auf.

[241]

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gn�dig meiner Noth!

[242]

Nacht.

Stra�e vor Gretchens Th�re.


Valentin. Soldat, Gretchens Bruder.
 

3620

Wenn ich sa� bey einem Gelag,

Wo mancher sich ber�hmen mag,
Und die Gesellen mir den Flor
Der M�gdlein laut gepriesen vor,
Mit vollem Glas das Lob verschwemmt,
 

3625

Den Ellenbogen aufgestemmt;

Sa� ich in meiner sichern Ruh
H�rt� all� dem Schwadroniren zu.
Und streiche l�chelnd meinen Bart,
Und kriege das volle Glas zur Hand
 

3630

Und sage: alles nach seiner Art!

Aber ist eine im ganzen Land,

Die meiner trauten Gretel gleicht,
Die meiner Schwester das Wasser reicht?
Top! Top! Kling! Klang! das ging herum!
 

3635

Die einen schrieen: er hat Recht,

Sie ist die Zier vom ganzen Geschlecht!
Da sa�en alle die Lober stumm.
Und nun! � um�s Haar sich auszuraufen
Und an den W�nden hinauf zu laufen! �
 

3640

Mit Stichelreden, Naser�mpfen

Soll jeder Schurke mich beschimpfen!
Soll wie ein b�ser Schuldner sitzen,
Bey jedem Zufallsw�rtchen schwitzen!
Und m�cht� ich sie zusammenschmei�en;
 

3645

K�nnt� ich sie doch nicht L�gner hei�en.

     

Was kommt heran? Was schleicht herbey?
Irr� ich nicht, es sind ihrer zwey.
Ist er�s, gleich pack� ich ihn beym Felle,
Soll nicht lebendig von der Stelle!

Faust. Mephistopheles.

 


Faust.
 

3650

Wie von dem Fenster dort der Sakristey

Aufw�rts der Schein des ewigen L�mpchens fl�mmert
Und schwach und schw�cher seitw�rts d�mmert,
Und Finsterni� dr�ngt ringsum bey!
So sieht�s in meinem Busen n�chtig.

Mephistopheles.

3655

Und mir ist�s wie dem K�tzlein schm�chtig,

Das an den Feuerleitern schleicht,
Sich leis� dann um die Mauern streicht.
Mir ist�s ganz tugendlich dabey,
Ein Bi�chen Diebsgel�st, ein Bi�chen Rammeley.
 

3660

So spukt mir schon durch alle Glieder

Die herrliche Walpurgisnacht.
Die kommt uns �bermorgen wieder,
Da wei� man doch warum man wacht.

Faust.
R�ckt wohl der Schatz indessen in die H�h�?

3665

Den ich dorthinten flimmern seh�.


Mephistopheles.
Du kannst die Freude bald erleben,
Das Kesselchen herauszuheben.
Ich schielte neulich so hinein,
Sind herrliche L�wenthaler drein.

[245]

Faust.
 

3670

Nicht ein Geschmeide? Nicht ein Ring?

Meine liebe Buhle damit zu zieren?

Mephistopheles.
Ich sah dabey wohl so ein Ding,
Als wie eine Art von Perlenschn�ren.

Faust.
So ist es Recht! Mir thut es weh,

3675

Wenn ich ohne Geschenke zu ihr geh�.


Mephistopheles.
Es sollt� euch eben nicht verdrie�en
Umsonst auch etwas zu genie�en.
Jetzt da der Himmel voller Sterne gl�ht,
Sollt ihr ein wahres Kunstst�ck h�ren:
 

3680

Ich sing� ihr ein moralisch Lied,

Um sie gewisser zu beth�ren.

Singt zur Zither.

          Was machst du mir
          Vor Liebchens Th�r,
          Cathrinchen hier
 

3685

          

Bey fr�hem Tagesblicke?

          La�, la� es seyn!

          

Er l��t dich ein
          Als M�dchen ein,
          Als M�dchen nicht zur�cke.

3690

          

Nehmt euch in Acht!

          Ist es vollbracht,
          Dann gute Nacht
          Ihr armen, armen Dinger!
          Habt ihr euch lieb,
 

3695

          

Thut keinem Dieb

          

Nur nichts zu Lieb�,
          Als mit dem Ring am Finger.

Valentin. tritt vor.
Wen lockst du hier? beym Element!
Vermaledeyter Rattenf�nger!

3700

Zum Teufel erst das Instrument!

Zum Teufel hinter drein den S�nger!

Mephistopheles.
Die Zither ist entzwey! an der ist nichts zu halten.

Valentin..
Nun soll es an ein Schedelspalten!

[247]

Mephistopheles zu Faust.
Herr Doctor, nicht gewichen! Frisch!
 

3705

Hart an mich an, wie ich euch f�hre.

Heraus mit eurem Flederwisch!
Nur zugesto�en! ich parire.

Valentin.
Parire den!

Mephistopheles.
 Warum denn nicht?

Valentin.
Auch den!

Mephistopheles.
 Gewi�!

Valentin.
 Ich glaub� der Teufel ficht!

3710

Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.

Mephistopheles zu Faust.
Sto� zu!

Valentin f�llt.
 O weh!

Mephistopheles.
 Nun ist der L�mmel zahm!

Nun aber fort! Wir m�ssen gleich verschwinden:
Denn schon entsteht ein m�rderlich Geschrey.
Ich wei� mich trefflich mit der Polizey,
 

3715

Doch mit dem Blutbann schlecht mich abzufinden.

Marthe am Fenster.
Heraus! Heraus!

Gretchen am Fenster.
 Herbey ein Licht!

Marthe wie oben.
Man schilt und rauft, man schreit und ficht.

Volk.
Da liegt schon einer todt!

Marthe heraustretend.
Die M�rder sind sie denn entflohn?

Gretchen heraustretend.

3720

Wer liegt hier?

Volk.
 Deiner Mutter Sohn.

Gretchen.
Allm�chtiger! welche Noth!

[249]

Valentin.
Ich sterbe! das ist bald gesagt
Und b�lder noch gethan.
Was steht ihr Weiber, heult und klagt?
 

3725

Kommt her und h�rt mich an!

Alle treten um ihn.

Mein Gretchen, sieh! du bist noch jung,
Bist gar noch nicht gescheidt genung,
Machst deine Sachen schlecht.
Ich sag� dir�s im Vertrauen nur:
 

3730

Du bist doch nun einmal eine Hur�;

So sey�s auch eben recht!

Gretchen.
Mein Bruder! Gott! Was soll mir das?

Valentin.
La� unsern Herr Gott aus dem Spa�!
Geschehn ist leider nun geschehn,

3735

Und wie es gehn kann, so wird�s gehn.

Du fingst mit Einem heimlich an,
Bald kommen ihrer mehre dran,
Und wenn dich erst ein Dutzend hat,
So hat dich auch die ganze Stadt.

[250]

3740

     

Wenn erst die Schande wird geboren,

Wird sie heimlich zur Welt gebracht,
Und man zieht den Schleyer der Nacht
Ihr �ber Kopf und Ohren;
Ja, man m�chte sie gern ermorden.
 

3745

W�chst sie aber und macht sich gro�,

Dann geht sie auch bey Tage blo�,
Und ist doch nicht sch�ner geworden.
Je h��licher wird ihr Gesicht,
Je mehr sucht sie des Tageslicht.

3750

     

Ich seh� wahrhaftig schon die Zeit,

Da� alle brave B�rgersleut�
Wie von einer angesteckten Leichen,
Von dir, du Metze! seitab weichen.
Dir soll das Herz im Leib verzagen!
 

3755

Wenn sie dir in die Augen sehn.

Sollst keine goldne Kette mehr tragen!
In der Kirche nicht mehr am Altar stehn
In einem sch�nen Spitzenkragen
Dich nicht beym Tanze wohlbehagen!
 

3760

In eine finstre Jammerecken

Unter Bettler und Kr�pel dich verstecken,
Und, wenn dir dann auch Gott verzeiht,
Auf Erden seyn vermaledeyt!

Marthe.
Befehlt eure Seele Gott zu Gnaden!

3765

Wollt ihr noch L�strung auf euch laden?

Valentin.
K�nnt� ich dir nur an den d�rren Leib
Du sch�ndlich kupplerisches Weib!
Da hofft� ich aller meiner S�nden
Vergebung reiche Ma� zu finden.

Gretchen.

3770

Mein Bruder! Welche H�llenpein!


Valentin..
Ich sage, la� die Thr�nen seyn!
Da du dich sprachst der Ehre los,
Gabst mir den schwersten Herzenssto�.
Ich gehe durch den Todesschlaf
 

3775

Zu Gott ein als Soldat und brav.

stirbt.

[252]

Dom.

Amt, Orgel und Gesang.

Gretchen unter vielem Volke. B�ser Geist hinter Gretchen.

B�ser Geist.
Wie anders, Gretchen, war dir�s,
Als du noch voll Unschuld
Hier zum Altar trat�st,
Aus dem vergriffnen B�chelchen
 

3780

Gebete lalltest,

Halb Kinderspiele,
Halb Gott im Herzen
Gretchen!
Wo steht dein Kopf?

3785

In deinem Herzen,

Welche Missethat?
Bet�st du f�r deiner Mutter Seele? die
Durch dich zur langen, langen Pein hin�berschlief.
Auf deiner Schwelle wessen Blut?
 

3790

� Und unter deinem Herzen

Regt sich�s nicht quillend schon,
Und �ngstet dich und sich
Mit ahndungsvoller Gegenwart?

Gretchen.
Weh! Weh!

3795

W�r� ich der Gedanken los,

Die mir her�ber und hin�ber gehen
Wider mich!

Chor.

Dies irae, dies illa
Solvet saeclum in favilla.

Orgelton.

B�ser Geist.
 

3800

Grimm fa�t dich!

Die Posaune t�nt!
Die Gr�ber beben!

Und dein Herz,
Aus Aschenruh�
 

3805

Zu Flammenqualen

Wieder aufgeschaffen,
Bebt auf!

Gretchen.
W�r� ich hier weg!
Mir ist als ob die Orgel mir

3810

Den Athem versetzte,

Gesang mein Herz
Im Tiefsten l�s�te.

Chor.

Judex ergo cum sedebit,
Quidquid latet adparebit,
 

3815

Nil inultum remanebit.  


Gretchen.
Mir wird so eng�!
Die Mauern-Pfeiler
Befangen mich!
Das Gew�lbe
 

3820

Dr�ngt mich! � Luft!

[255]

B�ser Geist.
Verbirg� dich! S�nd� und Schande
Bleibt� nicht verborgen.
Luft? Licht?
Weh dir!

Chor.

3825

Quid sum miser tunc dicturus?
 

Quem patronum rogaturus?
Cum vix justus sit securus.

B�ser Geist.
Ihr Antlitz wenden
Verkl�rte von dir ab.

3830

Die H�nde dir zu reichen,

Schauert�s den Reinen.
Weh!

Chor.

Quid sum miser tunc dicturus?

Gretchen.
Nachbarin! Euer Fl�schchen! �

Sie f�llt in Ohnmacht.

[256]

Walpurgisnacht.

Harzgebirg.

Gegend von Schirke und Elend.

Faust. Mephistopheles.

Mephistopheles.
 

3835

Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?

Ich w�nschte mir den allerderbsten Bock.
Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.

Faust.
So lang� ich mich noch frisch auf meinen Beinen f�hle,
Gen�gt mir dieser Knotenstock.

3840

Was hilft�s da� man den Weg verk�rzt! �

Im Labyrinth der Th�ler hinzuschleichen,
Dann diesen Felsen zu ersteigen,

Von dem der Quell sich ewig sprudelnd st�rzt,
Das ist die Lust, die solche Pfade w�rzt!
 

3845

Der Fr�hling webt schon in den Birken,

Und selbst die Fichte f�hlt ihn schon;
Sollt� er nicht auch auf unsre Glieder wirken?

Mephistopheles.
F�rwahr ich sp�re nichts davon!
Mir ist es winterlich im Leibe,

3850

Ich w�nschte Schnee und Frost auf meiner Bahn.

Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe
Des rothen Monds mit sp�ter Gluth heran!
Und leuchtet schlecht, da� man bey jedem Schritte,
Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!
 

3855

Erlaub� da� ich ein Irrlicht bitte!

Dort seh� ich eins, das eben lustig brennt.
He da! mein Freund! darf ich dich zu uns fodern?
Was willst du so vergebens lodern?
Sey doch so gut und leucht� uns da hinauf!

Irrlicht.

3860

Aus Ehrfurcht, hoff� ich, soll es mir gelingen

Mein leichtes Naturell zu zwingen;
Nur Zickzack geht gew�hnlich unser Lauf.

[258]

Mephistopheles.
Ei! Ei! er denkt�s den Menschen nachzuahmen.
Geh er nur g�rad�, in�s Teufels Nahmen!
 

3865

Sonst blas� ich ihm sein Flacker-Leben aus.


Irrlicht.
Ich merke wohl, ihr seyd der Herr vom Haus,
Und will mich gern nach euch bequemen.
Allein bedenkt! der Berg ist heute zaubertoll,
Und wenn ein Irrlicht euch die Wege weisen soll,
 

3870

So m��t ihr�s so genau nicht nehmen.

Faust, Mephistopheles, Irrlicht im Wechselgesang.
In die Traum- und Zaubersph�re
Sind wir, scheint es, eingegangen.
F�hr� uns gut und mach� dir Ehre!
Da� wir vorw�rts bald gelangen,
 

3875

In den weiten, �den R�umen!


     Seh� die B�ume hinter B�umen,
Wie sie schnell vor�ber r�cken,
Und die Klippen, die sich b�cken,
Und die langen Felsennasen,
 

3880

Wie sie schnarchen, wie sie blasen!

[259]

     Durch die Steine, durch den Rasen
Eilet Bach und B�chlein nieder.
H�r� ich Rauschen? h�r� ich Lieder?
H�r� ich holde Liebesklage,
 

3885

Stimmen jener Himmelstage?

Was wir hoffen, was wir lieben!
Und das Echo, wie die Sage
Alter Zeiten, hallet wider.

     Uhu! Schuhu! t�nt es n�her,

3890

Kauz und Kiebitz und der H�her,

Sind sie alle wach geblieben?
Sind das Molche durchs Gestr�uche?
Lange Beine, dicke B�uche.
Und die Wurzeln, wie die Schlangen,
 

3895

Winden sich aus Fels und Sande;

Strecken wunderliche Bande,
Uns zu schrecken, uns zu fangen;
Aus belebten, derben Masern
Strecken sie Polypenfasern
 

3900

Nach dem Wandrer. Und die M�use

Tausendf�rbig, schaarenweise,

Durch das Moos und durch die Heide!
Und die Funkenw�rmer fliegen,
Mit gedr�ngten Schw�rme-Z�gen,
 

3905

Zum verwirrenden Geleite.


     Aber sag� mir ob wir stehen?
Oder ob wir weiter gehen?
Alles alles scheint zu drehen,
Fels und B�ume, die Gesichter
 

3910

Schneiden, und die irren Lichter,

Die sich mehren, die sich bl�hen.

Mephistopheles.
Fasse wacker meinen Zipfel!
Hier ist so ein Mittelgipfel,
Wo man mit Erstaunen sieht,

3915

Wie im Berg der Mammon gl�ht.


Faust.
Wie seltsam glimmert durch die Gr�nde
Ein morgenr�thlich tr�ber Schein!
Und selbst bis in die tiefen Schl�nde
Des Abgrunds wittert er hinein.
 

3920

Da steigt ein Dampf, dort ziehen Schwaden,

Hier leuchtet Glut aus Dunst und Flor,
Dann schleicht sie wie ein zarter Faden,
Dann bricht sie wie ein Quell hervor.
Hier schlingt sie eine ganze Strecke,
 

3925

Mit hundert Adern, sich durchs Thal,

Und hier in der gedr�ngten Ecke
Vereinzelt sie sich auf einmal.
Da spr�hen Funken in der N�he,
Wie ausgestreuter goldner Sand.
 

3930

Doch schau! in ihrer ganzen H�he

Entz�ndet sich die Felsenwand.

Mephistopheles.
Erleuchtet nicht zu diesem Feste
Herr Mammon pr�chtig den Pallast?
Ein Gl�ck da� du�s gesehen hast;

3935

Ich sp�re schon die ungest�men G�ste.

Faust.
Wie ras�t die Windsbraut durch die Luft!
Mit welchen Schl�gen trifft sie meinen Nacken!

Mephistopheles.
Du mu�t des Felsens alte Rippen packen,
Sonst st�rzt sie dich hinab in dieser Schl�nde Gruft.

3940

Ein Nebel verdichtet die Nacht.

H�re wie�s durch die W�lder kracht!
Aufgescheucht fliegen die Eulen.
H�r� es splittern die S�ulen
Ewig gr�ner Pall�ste.
 

3945

Girren und Brechen der Aeste

Der St�mme m�chtiges Dr�hnen!
Der Wurzeln Knarren und G�hnen!
Im f�rchterlich verworrenen Falle
Ueber einander krachen sie alle,
 

3950

Und durch die �bertr�mmerten Kl�fte

Zischen und heulen die L�fte.
H�rst du Stimmen in der H�he?
In der Ferne in der N�he?
Ja, den ganzen Berg entlang
 

3955

Str�mt ein w�thender Zaubergesang.


Hexen im Chor.
     Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
     Die Stoppel ist gelb, die Saat ist gr�n.
     Dort sammelt sich der gro�e Hauf,
     Herr Urian sitzt oben auf.

3960

     

So geht es �ber Stein und Stock,

     

Es f � t[4] die Hexe, es st � t[5] der Bock.

Stimme.
     Die alte Baubo kommt allein,
     Sie reitet auf einem Mutterschwein.

Chor.
     So Ehre dem, wem Ehre geb�rt!

3965

     

Frau Baubo vor! und angef�hrt!

     

Ein t�chtig Schwein und Mutter drauf,
     Da folgt der ganze Hexenhauf.

Stimme.
     Welchen Weg kommst du her?

Stimme.
 Ueber�n Ilsenstein!
Da guckt� ich der Eule in�s Nest hinein.

3970

Die macht ein Paar Augen!

Stimme.
 O fahre zur H�lle!
Was reit�st du so schnelle!

Stimme.
     Mich hat sie geschunden,
     Da sieh nur die Wunden!

[264]

Hexen Chor.
     Der Weg ist breit, der Weg ist lang,
 

3975

     

Was ist das f�r ein toller Drang?

     

Die Gabel sticht, der Besen kratzt,
     Das Kind erstickt, die Mutter platzt.

Hexenmeister. Halbes Chor.
     Wir schleichen wie die Schneck� im Haus,
     Die Weiber alle sind voraus.

3980

     

Denn, geht es zu des B�sen Haus,

     

Das Weib hat tausend Schritt voraus.

Andre H�lfte.
     Wir nehmen das nicht so genau,
     Mit tausend Schritten macht�s die Frau;
     Doch, wie sie sich auch eilen kann,

3985

     

Mit Einem Sprunge macht�s der Mann.

Stimme oben.
Kommt mit, kommt mit, vom Felsensee!

Stimmen von unten.
Wir m�chten gerne mit in die H�h�.
Wir waschen und blank sind wir ganz und gar;
Aber auch ewig unfruchtbar.

[265]

Beyde Ch�re.
 

3990

Es schweigt der Wind, es flieht der Stern,

Der tr�be Mond verbirgt sich gern.
Im Sausen spr�ht das Zauberchor
Viel tausend Feuerfunken hervor.

Stimme von unten.
Halte! Halte!

Stimme von oben.

3995

                    

Wer ruft da aus der Felsenspalte?

Stimme unten.
     Nehmt mich mit! Nehmt mich mit!
     Ich steige schon dreyhundert Jahr,
     Und kann den Gipfel nicht erreichen
     Ich w�re gern bey meines gleichen.

Beyde Ch�re.

4000

     

Es tr�gt der Besen, tr�gt der Stock,

     

Die Gabel tr�gt, es tr�gt der Bock,
     Wer heute sich nicht heben kann,
     Ist ewig ein verlorner Mann.

Halbhexe unten.
     Ich tripple nach, so lange Zeit,

4005

     

Wie sind die andern schon so weit!

     

Ich hab� zu Hause keine Ruh,
     Und komme hier doch nicht dazu.

Chor der Hexen.
     Die Salbe giebt den Hexen Muth,
     Ein Lumpen ist zum Segel gut

4010

     

Ein gutes Schiff ist jeder Trog,

     

Der flieget nie, der heut nicht flog.

Beyde Ch�re.
     Und wenn wir um den Gipfel ziehn,
     So streichet an dem Boden hin,
     Und deckt die Heide weit und breit

4015

     

Mit eurem Schwarm der Hexenheit.

Sie lassen sich nieder.

Mephistopheles.
Das dr�ngt und st��t, das ruscht und klappert!
Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
Das leuchtet, spr�ht und stinkt [ und brennt!
Ein wahres Hexenelement!
 

4020

Nur fest an mir! sonst sind wir gleich getrennt.

Wo bist du?

Faust in der Ferne.
 Hier!

[267]

Mephistopheles.
 Was! dort schon hingerissen?
Da werd� ich Hausrecht brauchen m�ssen.
Platz! Junker Voland kommt. Platz! s��er P�bel, Platz!
Hier, Doctor, fasse mich! und nun, in Einem Satz,
 

4025

La� uns aus dem Gedr�ng� entweichen;

Es ist zu toll, sogar f�r meines gleichen.
Dort neben leuchtet was mit ganz besond�rem Schein,
Es zieht mich was nach jenen Str�uchen.
Komm, komm! wir schlupfen da hinein.

Faust.

4030

Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich f�hren.

Ich denke doch das war recht klug gemacht.
Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht,
Um uns beliebig nun hieselbst zu isoliren.

Mephistopheles.
Da sieh nur welche bunten Flammen!

4035

Es ist ein muntrer Klub beysammen.

Im Kleinen ist man nicht allein.

Faust.
Doch droben m�cht� ich lieber seyn!
Schon seh� ich Glut und Wirbelrauch.

Dort str�mt die Menge zu dem B�sen;
 

4040

Da mu� sich manches R�thsel l�sen.


Mephistopheles.
Doch manches R�thsel kn�pft sich auch.
La� du die gro�e Welt nur sausen,
Wir wollen hier im Stillen hausen.
Es ist doch lange hergebracht,
 

4045

Da� in der gro�en Welt man kleine Welten macht.

Da seh� ich junge Hexchen nackt und blos,
Und alte die sich klug verh�llen.
Seyd freundlich, nur um meinetwillen,
Die M�h� ist klein, der Spa� ist gro�.
 

4050

Ich h�re was von Instrumenten t�nen!

Verflucht Geschnarr! Man mu� sich dran gew�hnen.
Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders seyn,
Ich tret� heran und f�hre dich herein,
Und ich verbinde dich aufs neue.
 

4055

Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.

Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe;
Man tanzt, man schwazt, man kocht, man trinkt, man liebt;
Nun sage mir, wo es was bessers giebt?

[269]

Faust.
 

4060

Willst du dich nun, um uns hier einzuf�hren,

Als Zaub�rer oder Teufel produziren?

Mephistopheles.
Zwar bin ich sehr gewohnt incognito zu gehn;
Doch l��t am Galatag man seinen Orden sehn.
Ein Knieband zeichnet mich nicht aus,

4065

Doch ist der Pferdefu� hier ehrenvoll zu Haus.

Siehst du die Schnecke da? sie kommt herangekrochen;
Mit ihrem tastenden Gesicht
Hat sie mir schon was abgerochen.
Wenn ich auch will, verl�ugn� ich hier mich nicht.
 

4070

Komm nur! von Feuer gehen wir zu Feuer,

Ich bin der Werber und du bist der Freyer.

zu einigen, die um verglimmende Kohlen sitzen.

Ihr alten Herrn, was macht ihr hier am Ende?
Ich lobt� euch, wenn ich euch h�bsch in der Mitte f�nde,
Von Saus umzirkt und Jugendbraus;
 

4075

Genug allein ist jeder ja zu Haus.


General.
Wer mag auf Nationen trauen!
Man habe noch so viel f�r sie gethan;

Denn bey dem Volk, wie bey den Frauen,
Steht immerfort die Jugend oben an.

Minister.

4080

Jetzt ist man von dem Rechten allzuweit,

Ich lobe mir die guten Alten;
Denn freylich, da wir alles galten,
Da war die rechte goldne Zeit.

Parven�.
Wir waren wahrlich auch nicht dumm,

4085

Und thaten oft, was wir nicht sollten;

Doch jetzo kehrt sich alles um und um,
Und eben da wir�s fest erhalten wollten.

Autor.
Wer mag wohl �berhaupt jetzt eine Schrift
Von m��ig klugem Inhalt lesen!

4090

Und was das liebe junge Volk betrifft,

Das ist noch nie so naseweis gewesen.

Mephistopheles.

auf einmal sehr alt erscheint.

Zum j�ngsten Tag f�hl� ich das Volk gereift;
Da ich zum letztenmal den Hexenberg ersteige,

Und, weil mein F��chen tr�be l�uft;
 

4095

So ist die Welt auch auf der Neige.


Tr�delhexe.
Ihr Herren geht nicht so vorbey!
La�t die Gelegenheit nicht fahren!
Aufmerksam blickt nach meinen Waaren,
Es steht dahier gar mancherley.
 

4100

Und doch ist nichts in meinem Laden,

Dem keiner auf der Erde gleicht,
Das nicht einmal zum t�cht�gen Schaden
Der Menschen und der Welt gereicht.
Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen,
 

4105

Kein Kelch, aus dem sich nicht, in ganz gesunden Leib,

Verzehrend hei�es Gift ergossen.
Kein Schmuck, der nicht ein liebensw�rdig Weib
Verf�hrt, kein Schwerdt das nicht den Bund gebrochen,
Nicht etwa hinterr�cks den Gegenmann durchstochen.

Mephistopheles.

4110

Frau Muhme! Sie versteht mir schlecht die Zeiten.

Gethan geschehn! Geschehn gethan!
Verleg� sie sich auf Neuigkeiten,
Nur Neuigkeiten ziehn uns an.

[272]

Faust.
Da� ich mich nur nicht selbst vergesse!
 

4115

Heiߒ ich mir das doch eine Messe!

Mephistopheles.
Der ganze Strudel strebt nach oben;
Du glaubst zu schieben und du wirst geschoben.

Faust.
Wer ist denn das?

Mephistopheles.
 Betrachte sie genau!
Lilith ist das.

Faust.
 Wer?

Mephistopheles.
 Adams erste Frau.

4120

Nimm dich in Acht vor ihren sch�nen Haaren,

Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt.
Wenn sie damit den jungen Mann erlangt,
So l��t sie ihn so bald nicht wieder fahren.

Faust.
Da sitzen zwey, die alte mit der jungen;

4125

Die haben schon was rechts gesprungen!

[273]

Mephistopheles.
Das hat nun heute keine Ruh.
Es geht zum neuen Tanz, nun komm! wir greifen zu.

Faust mit der jungen tanzend.
     Einst hatt� ich einen sch�nen Traum;
Da sah ich einen Apfelbaum,

4130

Zwey sch�ne Aepfel gl�nzten dran,

Sie reizten mich, ich stieg hinan.

Die Sch�ne.
     Der Aepfelchen begehrt ihr sehr
Und schon vom Paradiese her.
Von Freuden f�hl� ich mich bewegt,

4135

Da� auch mein Garten solche tr�gt.

Mephistopheles mit der Alten.
     Einst hatt� ich einen w�sten Traum;
Da sah ich einen gespaltnen Baum,
Der hatt� ein � � �[6];
So � [7] es war, gefiel mir�s doch.

Die Alte.

4140

     

Ich biete meinen besten Gru�

Dem Ritter mit dem Pferdefu�!

Halt� er einen � �[8] bereit,
Wenn er � � �[9] nicht scheut.

Brocktophantasmist.
     Verfluchtes Volk! was untersteht ihr euch?

4145

Hat man euch lange nicht bewiesen?

Ein Geist steht nie auf ordentlichen F��en;
Nun tanzt ihr gar, uns andern Menschen gleich!

Die Sch�ne tanzend.
Was will denn der auf unserm Ball?

Faust tanzend.
Ey! der ist eben �berall.

4150

Was andre tanzen mu� er sch�tzen.

Kann er nicht jeden Schritt beschw�tzen;
So ist der Schritt so gut als nicht geschehn.
Am meisten �rgert ihn, sobald wir vorw�rts gehn.
Wenn ihr euch so im Kreise drehen wolltet,
 

4155

Wie er�s in seiner alten M�hle thut,

Das hie� er allenfalls noch gut;
Besonders wenn ihr ihn darum begr��en solltet.

Brocktophantasmist.
Ihr seyd noch immer da! nein das ist unerh�rt.
Verschwindet doch! Wir haben ja aufgekl�rt!

4160

Das Teufelspack es fragt nach keiner Regel.

Wir sind so klug und dennoch spukt�s in Tegel.
Wie lange hab� ich nicht am Wahn hinausgekehrt
Und nie wird�s rein, das ist doch unerh�rt!

Die Sch�ne.
So h�rt doch auf, uns hier zu ennuyiren!

Brocktophantasmist.

4165

Ich sag�s euch Geistern in�s Gesicht,

Den Geistesdespotismus leid� ich nicht;
Mein Geist kann ihn nicht exerziren.

es wird fortgetanzt.

Heut, seh� ich, will mir nichts gelingen,
Doch eine Reise nehm� ich immer mit
 

4170

Und hoffe noch, vor meinem letzten Schritt,

Die Teufel und die Dichter zu bezwingen.

Mephistopheles.
      Er wird sich gleich in eine Pf�tze setzen,
Das ist die Art wie er sich soulagirt,
Und wenn Blutegel sich an seinem Stei� erg�tzen,

4175

Ist er von Geistern und von Geist kurirt.

zu Faust der aus dem Tanz getreten ist.

Was l�ssest du das sch�ne M�dchen fahren?
Das dir zum Tanz so lieblich sang.

Faust.
Ach! mitten im Gesange sprang
Ein rothes M�uschen ihr aus dem Munde.

Mephistopheles.

4180

Das ist was rechts! das nimmt man nicht genau.

Genug die Maus war doch nicht grau.
Wer fragt darnach in einer Sch�ferstunde?

Faust.
Dann sah� ich �

Mephistopheles.
 Was?

Faust.
 Mephisto siehst du dort
Ein blasses, sch�nes Kind allein und ferne stehen?

4185

Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,

Sie scheint mit geschlo�nen F��en zu gehen.
Ich mu� bekennen, da� mir d�ucht,
Da� sie dem guten Gretchen gleicht.

Mephistopheles.
La� das nur stehn! dabey wird�s niemand wohl.

4190

Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.

Ihm zu begegnen, ist nicht gut,
Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
Und er wird fast in Stein verkehrt;
Von der Meduse hast du ja geh�rt.

Faust.

4195

F�rwahr es sind die Augen einer Todten,

Die eine liebende Hand nicht schlo�.
Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,
Das ist der s��e Leib, den ich geno�.

Mephistopheles.
Das ist die Zauberey, du leicht verf�hrter Thor!

4200

Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.


Faust.
Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.
Wie sonderbar mu� diesen sch�nen Hals
Ein einzig rothes Schn�rchen schm�cken,
 

4205

Nicht breiter als ein Messerr�cken!


Mephistopheles.
     Ganz recht! ich seh� es ebenfalls.
Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen;

Denn Perseus hat�s ihr abgeschlagen.
Nur immer diese Lust zum Wahn!
 

4210

Komm doch das H�gelchen heran,

Hier ist�s so lustig wie im Prater;
Und hat man mir�s nicht angethan,
So seh� ich wahrlich ein Theater.
Was giebt�s denn da?

Servibilis.
 Gleich f�ngt man wieder an.

4215

Ein neues St�ck, das letzte St�ck von sieben,

Soviel zu geben ist allhier der Brauch.
Ein Dilettant hat es geschrieben,
Und Dilettanten spielen�s auch.
Verzeiht ihr Herrn, wenn ich verschwinde;
 

4220

Mich dilettirt�s den Vorhang aufzuziehn.


Mephistopheles.
     Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde,
Das find� ich gut; denn da geh�rt ihr hin.
 

[279]

 

Walpurgisnachtstraum

 

oder

 

Oberon�s und Titania�s goldne Hochzeit.

 

Intermezzo.

 

.

[280]

[281]

Theatermeister.

          Heute ruhen wir einmal,
          Miedings wackre S�hne.
 

4225

          

Alter Berg und feuchtes Thal,

          

Das ist die ganze Scene!

Herold.
          Da� die Hochzeit golden sey
          Soll�n funfzig Jahr seyn vor�ber;
          Aber ist der Streit vorbey,

4230

          

Das golden ist mir lieber.

Oberon.
          Seyd ihr Geister wo ich bin,
          So zeigt�s in diesen Stunden;
          K�nig und die K�niginn,
          Sie sind auf�s neu verbunden.

Puck.

4235

          

Kommt der Puck und dreht sich queer

          

Und schleift den Fu� im Reihen,

          

Hundert kommen hinterher,
          Sich auch mit ihm zu freuen.

Ariel.
          Ariel bewegt den Sang

4240

          

In himmlisch reinen T�nen,

          

Viele Fratzen lockt sein Klang,
          Doch lockt er auch die Sch�nen.

Oberon.
          Gatten die sich vertragen wollen,
          Lernen�s von uns beyden!

4245

          

Wenn sich zweye lieben sollen,

          

Braucht man sie nur zu scheiden.

Titania.
          Schmollt der Mann und grillt die Frau,
          So fa�t sie nur behende,
          F�hrt mir nach dem Mittag Sie

4250

          

Und Ihn an Nordens Ende.

Orchester Tutti

Fortissimo.

Fliegenschnauz� und M�ckennas�,
          Mit ihren Anverwandten,

          

Frosch im Laub� und Grill� im Gras�,

          

Das sind die Musikanten!

Solo.

4255

          

Seht da kommt der Dudelsack!

          

Es ist die Seifenblase,
          H�rt den Schneckeschnickeschnack
          Durch seine stumpfe Nase.

Geist der sich erst bildet.
          Spinnenfu� und Kr�tenbauch

4260

          

Und Fl�gelchen dem Wichtchen!

          

Zwar ein Thierchen giebt es nicht,
          Doch giebt es ein Gedichtchen.

Ein P�rchen.
          Kleiner Schritt und hoher Sprung
          Durch Honigthau und D�fte;

4265

          

Zwar du trippelst mir genung,

          

Doch geht�s nicht in die L�fte.

Neugieriger Reisender.
          Ist das nicht Maskeraden-Spott?
          Soll ich den Augen trauen?
          Oberon den sch�nen Gott

4270

          

Auch heute hier zu schauen!

[284]

Orthodox.

          

Keine Klauen, keinen Schwanz!
          Doch bleibt es au�er Zweifel,
          So wie die G�tter Griechenlands,
          So ist auch er ein Teufel.

Nordischer K�nstler.

4275

          

Was ich ergreife das ist heut

          

F�rwahr nur skizzenweise;
          Doch ich bereite mich bey Zeit
          Zur Itali�n�schen Reise.

Purist.
          Ach! mein Ungl�ck f�hrt mich her.

4280

          

Wie wird nicht hier geludert!

          

Und von dem ganzen Hexenheer
          Sind zweye nur gepudert.

Junge Hexe.
          Der Puder ist so wie der Rock
          F�r alt� und graue Weibchen,

4285

          

Drum sitz� ich nackt auf meinem Bock

          

Und zeig� ein derbes Leibchen.

Matrone.

          

Wir haben zu viel Lebensart

          

Um hier mit euch zu maulen;

          Doch hoff� ich, sollt ihr jung und zart,
 

4290

          

So wie ihr seyd verfaulen.

Capellmeister.
          Fliegenschnauz� und M�ckennas�
          Umschw�rmt mir nicht die Nackte!
          Frosch im Laub� und Grill� im Gras�
          So bleibt doch auch im Tacte!

Windfahne

nach der einen Seite.

4295

          

Gesellschaft wie man w�nschen kann.

          

Wahrhaftig lauter Br�ute!
          Und Junggesellen, Mann f�r Mann,
          Die hoffnungsvollsten Leute.

Windfahne

nach der andern Seite.

          

Und thut sich nicht der Boden auf

4300

          

Sie alle zu verschlingen,

          

So will ich mit behendem Lauf
          Gleich in die H�lle springen.

Xenien.

          

Als Insekten sind wir da,

          

Mit kleinen scharfen Scheren,

4305

          

Satan unsern Herrn Papa,

          

Nach W�rden zu verehren.

Hennings.
          Seht! wie sie in gedr�ngter Schaar
          Naiv zusammen scherzen.
          Am Ende sagen sie noch gar,

4310

          

Sie h�tten gute Herzen.

Musaget.
          Ich mag in diesem Hexenheer
          Mich gar zu gern verlieren;
          Denn freylich diese w��t� ich eh�r,
          Als Musen anzuf�hren.

Ci-devant Genius der Zeit.

4315

          

Mit rechten Leuten wird man was.

          

Komm fasse meinen Zipfel!
          Der Blocksberg, wie der deutsche Parna�,
          Hat gar einen breiten Gipfel.

Neugieriger Reisender.
          Sagt wie hei�t der steife Mann?

4320

          

Er geht mit stolzen Schritten.

          

Er schnopert was er schnopern kann.

          

�Er sp�rt nach Jesuiten.�

Kranich.
          In dem Klaren mag ich gern
          Und auch im Tr�ben fischen,

4325

          

Darum seht ihr den frommen Herrn

          

Sich auch mit Teufeln mischen.

Weltkind.
          Ja f�r die Frommen, glaubet mir,
          Ist alles ein Vehikel,
          Sie bilden auf dem Blocksberg hier

4330

          

Gar manches Conventikel.

T�nzer.
          Da kommt ja wohl ein neues Chor?
          Ich h�re ferne Trommeln.
          Nur ungest�rt! es sind im Rohr
          Die unisonen Dommeln.[10]

Dogmatiker.
          Ich lasse mich nicht irre schreyn,
          Nicht durch Critik noch Zweifel.

4345

          

Der Teufel mu� doch etwas seyn;
          Wie g�b�s denn sonst auch Teufel?

[288]

Idealist.

          Die Phantasie in meinem Sinn
          Ist die�mal gar zu herrisch.
          F�rwahr, wenn ich das alles bin,
 

4350

          

So bin ich heute n�rrisch.

Realist.
          Das Wesen ist mir recht zur Qual
          Und mu� mich ba� verdrie�en;
          Ich stehe hier zum erstenmal
          Nicht fest auf meinen F��en.

Supernaturalist.

4355

          

Mit viel Vergn�gen bin ich da

          

Und freue mich mit diesen;
          Denn von den Teufeln kann ich ja
          Auf gute Geister schlie�en.

Skeptiker.
          Sie gehn den Fl�mmchen auf der Spur,

4360

          

Und glaub�n sich nah dem Schatze.

          

Auf Teufel reimt der Zweifel nur,
          Da bin ich recht am Platze.

Capellmeister.

          

Frosch im Laub� und Grill� im Gras�

          

Verfluchte Dilettanten!

4365

          

Fliegenschnauz� und M�ckennas�

          

Ihr seyd doch Musikanten!

Die Gewandten.
          Sanssouci so hei�t das Heer
          Von lustigen Gesch�pfen,
          Auf den F��en geht�s nicht mehr,

4370

          

Drum gehn wir auf den K�pfen.

Die Unbeh�lflichen.
          Sonst haben wir manchen Bissen erschranzt,
          Nun aber Gott befohlen!
          Unsere Schuhe sind durchgetanzt,
          Wir laufen auf nackten Sohlen.

Irrlichter.

4375

          

Von dem Sumpfe kommen wir,

          

Woraus wir erst entstanden;
          Doch sind wir gleich im Reihen hier
          Die gl�nzenden Galanten.

Sternschnuppe.
          Aus der H�he scho� ich her

4380

          

Im Stern- und Feuerscheine,
          Liege nun im Grase quer,

          

Wer hilft mir auf die Beine?


Die Massiven.
          Platz und Platz! und ringsherum!
          So gehn die Gr�schen nieder,
 

4385

          

Geister kommen, Geister auch

          

Sie haben plumpe Glieder.

Puck.
          Tretet nicht so mastig auf
          Wie Elephantenk�lber,
          Und der plumpst� an diesem Tag

4390

          

Sey Puck der derbe selber.

Ariel.
          Gab die liebende Natur
          Gab der Geist euch Fl�gel,
          Folget meiner leichten Spur,
          Auf zum Rosenh�gel!

Orchester.

pianissimo.

4395

          

Wolkenzug und Nebelflor

          Erhellen sich von oben.
          Luft im Laub und Wind im Rohr,
 

          

Und alles ist zerstoben.

[291]

Tr�ber Tag.

Feld.

Faust. Mephistopheles.

Faust.

     Im Elend! Verzweifelnd! Erb�rmlich auf der Erde lange verirrt und nun gefangen! Als Misseth�terinn im Kerker zu entsetzlichen Qualen eingesperrt das holde unselige Gesch�pf! Bis dahin! dahin! � Verr�thrischer, nichtsw�rdiger Geist, und das hast du mir verheimlicht! � Steh nur, steh! w�lze die teuflischen Augen ingrimmend im Kopf herum! Steh und trutze mir durch deine unertr�gliche Gegenwart! Gefangen! Im unwiederbringlichen Elend! B�sen Geistern �bergeben und der richtenden gef�hllosen Menschheit! [292] Und mich wiegst du inde� in abgeschmackten Zerstreuungen, verbirgst mir ihren wachsenden Jammer und l�ssest sie h�lflos verderben!

      Hund! abscheuliches Unthier! � Wandle ihn, du unendlicher Geist! wandle den Wurm wieder in seine Hundsgestalt, wie er sich oft n�chtlicher Weise gefiel vor mir herzutrotten, dem harmlosen Wandrer vor die F��e zu kollern und sich dem niederst�rzenden auf die Schultern zu h�ngen. Wandl� ihn wieder in seine Lieblingsbildung, da� er vor mir im Sand auf dem Bauch krieche, ich ihn mit F��en trete, den Verworfnen! � die erste nicht! � Jammer! Jammer! von keiner Menschenseele zu fassen, da� mehr als ein Gesch�pf in die Tiefe dieses Elendes versank, da� nicht das erste genugthat f�r die Schuld aller �brigen in seiner windenden Todesnoth vor den Augen des ewig Verzeihenden! Mir w�hlt es Mark und Leben durch das Elend dieser einzigen, du grinsest gelassen �ber das Schicksal von Tausenden hin.

Mephistopheles.

     Nun sind wir schon wieder an der Grenze unsres Witzes, [293] da, wo euch Menschen der Sinn �berschnappt. Warum machst du Gemeinschaft mit uns, wenn du sie nicht durchf�hren kannst? Willst fliegen und bist vorm Schwindel nicht sicher? Drangen wir uns dir auf, oder du dich uns?

Faust.

      Fletsche deine gefr��igen Z�hne mir nicht so entgegen! Mir ekelt�s! � Gro�er, herrlicher Geist, der du mir zu erscheinen w�rdigtest, der du mein Herz kennest und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden? der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt?

Mephistopheles.

      Endigst du?

Faust.

      Rette sie! oder weh dir! den gr��lichsten Fluch �ber dich auf Jahrtausende!

Mephistopheles.

      Ich kann die Bande des R�chers nicht l�sen, seine Riegel nicht �ffnen. � Rette sie! � Wer war�s, der sie ins Verderben st�rzte? Ich oder du?

Faust blickt wild umher.

Mephistopheles.

      Greifst du nach dem Donner? Wohl, da� er euch elenden [294] Sterblichen nicht gegeben ward! Den unschuldig entgegnenden zu zerschmettern, das ist so Tyrannen-Art, sich in Verlegenheiten Luft zu machen.

Faust.
     Bringe mich hin! Sie soll frey seyn!

Mephistopheles.
     Und die Gefahr der du dich aussetzest? Wisse, noch liegt auf der Stadt Blutschuld von deiner Hand. Ueber des Erschlagenen St�tte schweben r�chende Geister und lauern auf den wiederkehrenden M�rder.

Faust.
     Noch das von dir? Mord und Tod einer Welt �ber dich Ungeheuer! F�hre mich hin, sag� ich, und befrey sie!

Mephistopheles.
     Ich f�hre dich und was ich thun kann, h�re! Habe ich alle Macht im Himmel und auf Erden? Des Th�rners Sinne will ich umnebeln, bem�chtige dich der Schl�ssel und f�hre sie heraus mit Menschenhand. Ich wache! die Zauberpferde sind bereit, ich entf�hre euch. Das vermag ich!

Faust.
     Auf und davon!

[295]

N a c h t , o f f e n F e l d .

Faust. Mephistopheles auf schwarzen Pferden daher brausend.

Faust.
Was weben die dort um den Rabenstein?

Mephistopheles.

4400

Wei� nicht was sie kochen und schaffen.

Faust.
Schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.

Mephistopheles.
Eine Hexenzunft.

Faust.
Sie streuen und weihen.

Mephistopheles.
Vorbey! Vorbey!

[296]

 

Kerker.

 

Faust, mit einem Bund Schl�ssel und einer Lampe, vor einem eisernen Th�rchen.

4405

Mich fa�t ein l�ngst entwohnter Schauer,

Der Menschheit ganzer Jammer fa�t mich an.
Hier wohnt sie hinter dieser feuchten Mauer,
Und ihr Verbrechen war ein guter Wahn!
Du zauderst zu ihr zu gehen!
 

4410

Du f�rchtest, sie wieder zu sehen!
Fort! dein Zagen z�gert den Tod heran.

er ergreift das Schlo�. Es singt inwendig.

          

Meine Mutter, die Hur,

          Die mich umgebracht hat!
 

          

Mein Vater, der Schelm,

4415

          

Der mich gessen hat!

          Mein Schwesterlein klein
          Hub auf die Bein,
          An einem k�hlen Ort;
          Da ward ich ein sch�nes Waldv�gelein,
 

4420

          

Fliege fort, fliege fort!


Faust aufschlie�end.
Sie ahndet nicht, da� der Geliebte lauscht,
 

Die Ketten klirren h�rt, das Stroh, das rauscht.

er tritt ein.

Margarete sich auf dem Lager verbergend.

Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod!

Faust leise.
Still! Still! ich komme, dich zu befreyen.

Margarete sich vor ihn hinw�lzend.
 

4425

Bist du ein Mensch, so f�hle meine Noth.


Faust.
 

Du wirst die W�chter aus dem Schlafe schreyen!

er fa�t die Ketten, sie aufzuschlie�en.

Margarete auf den Knieen.

Wer hat dir Henker diese Macht
 

Ueber mich gegeben!

Du holst mich schon um Mitternacht.

4430

Erbarme dich und la� mich leben!
Ist�s morgen fr�h nicht zeitig genung?

sie steht auf.

        

Bin ich doch noch so jung, so jung!
Und soll schon sterben!
Sch�n war ich auch, und das war mein Verderben.
 

4435

Nah war der Freund, nun ist er weit,

Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut.
Fasse mich nicht so gewaltsam an!
Schone mich! Was hab� ich dir gethan?
La� mich nicht vergebens flehen,
 

4440

Hab� ich dich doch mein� Tage nicht gesehen!

Faust.
Werd� ich den Jammer �berstehen!

Margarete.
Ich bin nun ganz in deiner Macht.
La� mich nur erst das Kind noch tr�nken.
Ich herzt� es diese ganze Nacht;

4445

Sie nahmen mir�s um mich zu kr�nken

Und sagen nun, ich h�tt� es umgebracht.
 

Und niemals werd� ich wieder froh.

Sie singen Lieder auf mich! Es ist b�s von den Leuten!

Ein altes M�hrchen endigt so,
 

4450

Wer hei�t sie�s deuten?

Faust wirft sich nieder.
Ein Liebender liegt dir zu F��en
Die Jammerknechtschaft aufzuschlie�en.

Margarete wirft sich zu ihm.
O la� uns knien die Heil�gen anzurufen!
Sieh! unter diesen Stufen,

4455

Unter der Schwelle

Siedet die H�lle!
Der B�se,
Mit furchtbarem Grimme,
Macht ein Get�se!

Faust laut.

4460

Gretchen! Gretchen!


Margarete aufmerksam.
 

Das war des Freundes Stimme!

Sie springt auf. Die Ketten fallen ab.

Wo ist er? ich hab� ihn rufen h�ren.
Ich bin frey! mir soll niemand wehren.

An seinen Hals will ich fliegen,
 

4465

An seinem Busen liegen!

Er rief Gretchen! Er stand auf der Schwelle.
Mitten durch�s Heulen und Klappen der H�lle,
Durch den grimmigen, teuflischen Hohn,
Erkannt� ich den s��en, den liebenden Ton.

Faust.

4470

Ich bin�s!


Margarete.
 Du bist�s! O sag� es noch einmal!

ihn fassend.

Er ist�s! Er ist�s! Wohin ist alle Qual?

Wohin die Angst des Kerkers? der Ketten?
Du bist�s! Kommst mich zu retten.
Ich bin gerettet! �
 

4475

Schon ist die Stra�e wieder da,

Auf der ich dich zum erstenmale sah.
Und der heitere Garten,
Wo ich und Marthe deiner warten.

Faust fortstrebend.

Komm mit! Komm mit!

[301]

Margarete.

 O weile
 

4480

Weil� ich doch so gern wo du weilest.

liebkosend.

Faust.

Eile!
Wenn du nicht eilest,
Werden wir�s theuer b��en m�ssen.

Margarete.
Wie? du kannst nicht mehr k�ssen?

4485

Mein Freund, so kurz von mir entfernt,

Und hast�s K�ssen verlernt?
Warum wird mir an deinem Halse so bang?
Wenn sonst von deinen Worten, deinen Blicken
Ein ganzer Himmel mich �berdrang,
 

4490

Und du mich k��test als wolltest du mich ersticken.

K�sse mich!
 

Sonst k�ss� ich dich!

Sie umfa�t ihn.

O weh! deine Lippen sind kalt,

Sind stumm.
 

4495

Wo ist dein Lieben

Geblieben?
Wer brachte mich drum?

sie wendet sich von ihm.

Faust.

Komm! Folge mir! Liebchen fasse Muth!
Ich herze dich mit tausendfacher Glut,
 

4500

Nur folge mir! Ich bitte dich nur die�!

Margarete zu ihm gewendet.
Und bist du�s denn? Und bist du�s auch gewi�?

Faust.
Ich bin�s! Komm mit!

Margarete.
 Du machst die Fesseln los,
Nimmst wieder mich in deinen Schoos.
Wie kommt es, da� du dich vor mir nicht scheust? �

4505

Und wei�t du denn, mein Freund, wen du befreyst?

Faust.
Komm! komm! schon weicht die tiefe Nacht.

Margarete.
Meine Mutter hab� ich umgebracht,
Mein Kind hab� ich ertr�nkt.

War es nicht dir und mir geschenkt?

4510

Dir auch � Du bist�s! ich glaub� es kaum.

Gieb deine Hand! Es ist kein Traum!
Deine liebe Hand! � Ach aber sie ist feucht!
Wische sie ab! Wie mich d�ucht
Ist Blut dran.
 

4515

Ach Gott! was hast du gethan!

Stecke den Degen ein,
Ich bitte dich drum!

Faust.
La� das Vergang�ne vergangen seyn,
Du bringst mich um.

Margarete.

4520

Nein, du mu�t �brig bleiben!

Ich will dir die Gr�ber beschreiben,
F�r die mu�t du sorgen
Gleich morgen;
Der Mutter den besten Platz geben,
 

4525

Meinen Bruder sogleich darneben,

Mich ein wenig bey Seit�,
Nur nicht gar zu weit!
Und das Kleine mir an die rechte Brust.
 

Niemand wird sonst bey mir liegen! �

4530

Mich an deine Seite zu schmiegen

Das war ein s��es, ein holdes Gl�ck!
Aber es will mir nicht mehr gelingen,
Mir ist�s als m��t� ich mich zu dir zwingen,
Als stie�est du mich von dir zur�ck.
 

4535

Und doch bist du�s und blickst so gut, so fromm.

Faust.
F�hlst du da� ich es bin, so komm!

Margarete.
Dahinaus?

Faust.
In�s Freye.

Margarete.
 Ist das Grab drauߒ,
Lauert der Tod; so komm!

4540

Von hier in�s ewige Ruhebett

Und weiter keinen Schritt �
Du gehst nun fort? O Heinrich, k�nnt� ich mit!

Faust.
Du kannst! So wolle nur! die Th�r steht offen.

Margarete .

Ich darf nicht fort; f�r mich ist nichts zu hoffen.

4545

Was hilft es fliehn? sie lauern doch mir auf.

Es ist so elend betteln zu m�ssen,
Und noch dazu mit b�sem Gewissen!
Es ist so elend in der Fremde schweifen
Und sie werden mich doch ergreifen!

Faust.

4550

Ich bleibe bey dir.


Margarete.
Geschwind! Geschwind!
Rette dein armes Kind.
Fort! immer den Weg
Am Bach hinauf,
 

4555

Ueber den Steg,

In den Wald hinein,
Links, wo die Planke steht,
Im Teich.
Fa� es nur gleich!
 

4560

Es will sich heben,

Es zappelt noch,
 

Rette! rette!

[306]

Faust.

Besinne dich doch!
Nur einen Schritt, so bist du frey!

Margarete.

4565

W�ren wir nur den Berg vorbey!

Da sitzt meine Mutter auf einem Stein,
Es fa�t mich kalt beym Schopfe!
Da sizt meine Mutter auf einem Stein
Und wackelt mit dem Kopfe;
 

4570

Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer,

Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr.
Sie schlief damit wir uns freuten.
Es waren gl�ckliche Zeiten!

Faust.
Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen;

4575

So wag� ich�s dich hinweg zu tragen.

Margarete.
La� mich! Nein, ich leide keine Gewalt!
Fasse mich nicht so m�rderisch an!
Sonst hab� ich dir ja alles zulieb gethan.

Faust.

Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!

[307]

Margarete.

4580

Tag! Ja es wird Tag! der letzte Tag dringt herein;

Mein Hochzeittag sollt� es seyn!
Sag Niemand da� du schon bey Gretchen warst.
Weh meinem Kranze!
Es ist eben geschehn!
 

4585

Wir werden uns wiedersehn;

Aber nicht beym Tanze.
Die Menge dr�ngt sich, man h�rt sie nicht.
Der Platz, die Gassen
K�nnen sie nicht fassen.
 

4590

Die Glocke ruft, das St�bchen bricht.

Wie sie mich binden und packen!
Zum Blutstuhl bin ich schon entr�ckt.
Schon zuckt nach jedem Nacken
Die Sch�rfe die nach meinem z�ckt.
 

4595

Stumm liegt die Welt wie das Grab!

Faust.
O w�r� ich nie geboren!

Mephistopheles erscheint drau�en.

Auf! oder ihr seyd verloren.

Unn�tzes Zagen! Zaudern und Plaudern!

Meine Pferde schaudern,
 

4600

Der Morgen d�mmert auf.

Margarete.
Was steigt aus dem Boden herauf?
Der! der! Schicke ihn fort!
Was will der an dem heiligen Ort?
Er will mich!

Faust.
 Du sollst leben!

Margarete.

4605

Gericht Gottes! dir hab� ich mich �bergeben!

Mephistopheles zu Faust.
Komm! komm! Ich lasse dich mit ihr im Stich.

Margarete.
Dein bin ich, Vater! Rette mich!
Ihr Engel! Ihr heiligen Schaaren,
Lagert euch umher, mich zu bewahren!

4610

Heinrich! Mir graut�s vor dir.


Mephistopheles.
 

Sie ist gerichtet!

[309]

Stimme von oben.
 Ist gerettet!

Mephistopheles zu Faust.
 Her zu mir!

Verschwindet mit Faust.

Stimme von innen, verhallend.
Heinrich! Heinrich!