Show Abdruck des Gedichts in einer Ausgabe des Bertelsmann Verlags Erlkönig ist eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe, die er im Jahre 1782 geschrieben hat. Sie wurde unter anderem von Franz Schubert und Carl Loewe vertont. Inhaltsverzeichnis
EntstehungsgeschichteDer Stoff der Ballade stammt aus dem Dänischen, dort heißt der Erlkönig Ellerkonge, also Elfenkönig. Die Ballade wurde ursprünglich von
Johann Gottfried Herder übersetzt.[1] Dabei entstand der Begriff „Erlkönig“ angeblich aus der falschen Übersetzung des Wortes Eller als „Erle“, das er dann mit „König“ kombinierte. Goethe schuf die Ballade als Einlage zu dem
Singspiel Die Fischerin. Dabei singt die Darstellerin die Ballade bei der Arbeit. Nach einer Legende soll Goethe während seines Aufenthaltes in Jena zu der Ballade durch eine Nachricht inspiriert worden sein, nach der ein Bauer aus dem nahen Dorf Kunitz mit seinem kranken Kind zum Arzt an der Universität ritt. Zur Erinnerung an diese Legende wurde bereits im 19. Jahrhundert ein Erlkönig-Denkmal zwischen den heutigen Stadtteilen Jena-Kunitz und Jena-Wenigenjena errichtet. InhaltIllustration von Sterner Bei Nacht und Sturm reitet ein Vater, seinen kleinen Sohn im Arm, durch einen dunklen Wald. Das Kind glaubt in der Finsternis die Gestalt des Erlkönigs zu erkennen und ängstigt sich. Der Vater beruhigt seinen Sohn (was er sehe, sei nur ein Nebelstreif), doch die gespenstische Gestalt lässt das Kind nicht mehr los. Mit verführerischen Worten bittet der Erlkönig den feinen Knaben, mit in sein Reich zu kommen und sich dort von seinen Töchtern verwöhnen zu lassen. Das Kind jedoch wird immer unruhiger. Wieder bemüht sich der Vater, seinen Halluzinationen natürliche Erklärungen zu geben (es sei nur das Rascheln der Blätter und der Widerschein der alten Bäume). Doch die Vision wird immer bedrohlicher und der Sohn reagiert immer panischer. Als der Erlkönig das sich sträubende Kind schließlich mit Gewalt an sich reißen will, verliert auch der Vater seine Fassung und versucht, so schnell er reiten kann, den heimatlichen Hof zu erreichen. Doch zu spät - das Kind in seinen Armen ist tot. Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? — „Du liebes Kind, komm, geh mit mir! Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, „Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn? Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort „Ich liebe dich, mich reizt deine
schöne Gestalt; Dem Vater grauset’s; er reitet geschwind, InterpretationenGoethes Gedicht enthält wie die meisten Gedichte Leerstellen, die durch Interpretation vom Leser aufgefüllt werden müssen:
Eine Interpretation des Gedichts geht von der Nicht-Existenz dessen aus, was der Knabe wahrnimmt. Sie sieht (wie der Vater) den Erlkönig als bloße Ausgeburt von Angst- und Fieberträumen und als Ausdruck der Krankheit des Knaben, die ihn am Schluss des Gedichts tötet. Eine zweite Gruppe von Interpreten kritisiert die aufklärerische Haltung des Vaters im Gedicht und derjenigen Interpreten, die dessen Sichtweise teilen: Dass von Erlenbrüchen rational nicht nachvollziehbare, naturmagische Energien, auch in Form von Schadenszauber, ausgingen, werde von vielen Menschen seit langer Zeit geglaubt. Mithin sei der Hinweis auf Erlen nicht nur ein Übersetzungsfehler (das dänische Wort „ellerkonge“ bedeutet eigentlich „Elfenkönig“, s.o.), sondern von Goethe durchaus beabsichtigt. Möglicherweise verfügten demnach „unbekannte Mächte über Leib und Leben eines wehrlosen Menschen“.[2] Goethe als „einer der Begründer der naturmagischen Ballade“ habe den Erlkönig aus dem Jenseits einen Menschen zu sich rufen lassen, der sich in sein Reich begeben habe.[3] Aussagen wie: „Du liebes Kind, komm geh mit mir!“ oder: „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; / Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ erinnern an Äußerungen realer Kinderschänder. Einige Interpreten neigen daher oft zu der Auffassung, das Gedicht handele von einer realen Vergewaltigung eines Jungen. Diese Auffassung teilt auch der Soziologe Rüdiger Lautmann, der den „Erlkönig“ nicht als pädophilen Mann, sondern als „Vergewaltiger“ bewertet.[4] Während der 55. Lindauer Psychotherapiewochen 2005 stellte Luise Reddemann die These auf, das Gedicht handele von einem Alptraum eines Opfers sexualisierter Gewalt, das den Täter in zwei Personen zerlege, nämlich in den Vater als „guten Vater“ und den Erlkönig als „bösen Vater“. Dass der Täter in Gestalt des „guten Vaters“ dem Opfer einrede, es bilde sich die Tat nur ein, sei typisch für das Verhalten von Tätern aus dem Nahbereich von Kindern.[5] Wiederum andere Interpreten meinen, die Textaussagen entschlüsseln zu müssen, da sie nicht das bedeuteten, was sie zu bedeuten scheinen. Ihnen zufolge verkörpert die Figur des Erlkönigs erste unbewusste pubertäre Ahnungen: Der Erlkönig repräsentiere die männliche Natur des Knaben. Diese locke den widerspenstigen Knaben zunächst mit mütterlichen, dann mit erotischen Phantasien in ihr Reich und gewinne schließlich durch dessen Überwältigung die Oberhand. Durch den nächtlichen Ausflug ins dämonische Leben werde der Knabe seiner Unschuld beraubt und letztlich gezwungen, seine wohl behütete Kindheit zu verlassen. Sein Tod symbolisiere das unaufhaltsame Ende seiner naiven Integrität und seinen zwangsläufigen Eintritt in die Welt der Erwachsenen. Seine männliche Natur hole den fliehenden Knaben buchstäblich ein. Da helfe kein noch so schneller Galopp des Vaters, der seinen Sohn ins beschützende elterliche Heim zurückholen und so retten wolle. Die Beschwichtigungsversuche und der verzweifelte Kampf des Vaters müssten gegen die natürlichen Triebe des Kindes unterliegen. Der fortschreitenden Zeit und erwachenden Sexualität lasse sich nicht entkommen. RezeptionVertonungenDer Text wurde sehr schnell beliebt und häufig in Musik gesetzt. Insbesondere die Vertonung von Franz Schubert wird heute oft gesungen. Schubert wollte diese Vertonung Goethe widmen, der sie jedoch unkommentiert zurücksenden ließ. Der Erlkönig ist das erste gedruckte Werk Schuberts und hat daher die Opuszahl 1. Von Ludwig van Beethoven existieren einige Skizzen zu einer Vertonung, die um 1795 entstanden sein dürften und im Werkverzeichnis von Kinsky/Halm „Werke ohne Opus-Zahl“ (WoO) die Nummer 131 tragen. Bekannt ist auch die Vertonung von Carl Loewe. Auch dieser versuchte damit Goethes Gunst zu erlangen und beabsichtigte, sie bei einem Besuch – dem einzigen Zusammentreffen der beiden – persönlich vorzutragen. Da es aber in Goethes Haus kein Klavier gab, scheiterte dieses Vorhaben. Loewe lieferte mit der Ballade Herr Oluf auch eine eigene Variante des Stoffes, in der die Titelfigur dem Fluch der zurückgewiesenen Tochter des Erlkönigs zum Opfer fällt. 1856 vertonte Louis Spohr die Ballade für Bariton mit Begleitung durch Klavier und Violine. Weitere Vertonungen stammen von Heinrich Wilhelm Ernst und Michel Tournier. Auch in der Popmusik war das Gedicht häufig Vorlage für verschiedene Vertonungen bis in die heutige Zeit. So erschien etwa eine Version des Gedichts von Achim Reichel auf der CD "Wilder Wassermann" (2002). Auch die Neue-Deutsche-Härte-Band Rammstein hat eine Adaption namens Dalai Lama zum Erlkönig geschrieben. Ferner hat die Band „Hypnotic Grooves“ auf dem Album Rosebud: Songs of Goethe and Nietzsche (1999), welches vor dem Hintergrund „Weimar – Weltkulturstadt 1999“ entstand, diese Ballade musikalisch verarbeitet, wobei sie von Jo van Nelsen interpretiert wurde. Im Jahr 2000 vertonte der Schweizer Schauspieler Daniel Bill den Erlkönig als Rock-Version auf der CD „Scream in the night“. Außerdem findet sich auch auf dem Jenzig-Album der Neofolk-Gruppe „Forseti“ eine Vertonung der Ballade. Josh Ritter trat mit "The Oak Tree King" 2007 am Verbier-Festival auf. Eine weitere Vertonung stammt von Dracul, einem Nebenprojekt von Umbra et Imago in Zusammenarbeit mit Oswald Henke, dem Frontmann von Goethes Erben auf dem Dracul-Album Follow me. Literarische WerkeEine nachdichtende Übersetzung ins Englische[6] war eines der ersten Werke von Walter Scott (1797). Im Jahr 1970 veröffentlichte der französische Schriftsteller Michel Tournier seinen Roman Le roi des aulnes (Der Erlkönig). Dessen Handlung wurde 1995 von Volker Schlöndorff unter dem Titel: The Ogre (Der Unhold) verfilmt.[7] In seinem 2002 erschienenen Roman Tod eines Kritikers nennt Martin Walser die dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki nachempfundene Titelfigur André Ehrl-König. Bekannte Parodien
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
Wikimedia Foundation. Wie lautet der Text vom Erlkönig?Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm. Dem Vater grauset's; er reitet geschwind, Er hält in Armen das ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Mühe und Not; In seinen Armen das Kind war tot.
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind Verarsche?Wer reitet so spät durch den Wind auf dem Kater? Es ist das Kind mit seinem Vater. und er hält sich auf dem Kater nicht wacker! und irgendwann versagt seine Rübe.
Wie geht das Gedicht Der Erlkönig?Das Gedicht besteht aus acht Strophen mit je vier Versen und ist der Epoche des Sturm und Drangs zuzuordnen. Der grundlegende Versfuß ist zwar der Jambus, jedoch tauchen in unregelmäßigen Abständen auch dreihebige Versfüße auf.
Wer sagte Und bist du nicht willig so brauche ich Gewalt?Die Verkäuferin versuchte vergeblich, in die zu kleine Tüte die zwei Brötchen reinzuwürgen. Dann sagte die junge Frau neben mir: ‚Ach, bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
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