Trotz anhaltender Arbeitsunfähigkeit endet nach 78 Wochen der Anspruch auf Krankengeld. Was ist nun zu tun? Show
Wer arbeitsunfähig erkrankt ist erhält zunächst über den Arbeitgeber die sogenannte Lohnfortzahlung. Die Pflicht des Arbeitgebers auf Weiterzahlung des Arbeitslohns endet jedoch nach 6 Wochen. Hält die Arbeitsunfähigkeit weiter an, dann springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt ab dem 43. Krankheitstag das sogenannte Krankengeld. Die Höhe des Krankengeldes beträgt 70 Prozent des letzten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts. Damit verfügt die von der Arbeitsunfähigkeit betroffene Person weiterhin über ein regelmäßiges Einkommen. Problematisch wird es jedoch, wenn die Erkrankung längere Zeit anhält. Spätestens nach 78 Wochen endet auch der Anspruch auf Krankengeldzahlung aufgrund derselben Krankheit. Die Beendigung der Krankengeldzahlung nach 78 Wochen wird auch als "Aussteuerung" bezeichnet. Die betroffene Person steht ab dieser Zeit sozialrechtlich jedoch nicht mit leeren Händen da. Wer aufgrund einer Erkrankung über einen längeren Zeitraum nicht arbeiten kann, der sollte rechtzeitig darüber nachdenken, eine sogenannte Erwerbunfähigkeitsrechte zu beantragen. Zuständig dafür ist in der Regel die Deutsche Rentenversicherung. Doch das Bewilligungsverfahren beim zuständigen Rentenversicherungsträger kann sich zeitlich hinziehen, so dass zum Zeitpunkt der Aussteuerung die betroffene Person noch keine positive Entscheidung über die Gewährung der beantragten Rente erhalten hat. Hier droht die Person in eine Lücke des sozialen Netzes zu fallen. Zum einen fehlt ihr in dieser Zeit ein Einkommen, zum anderen könnte die betroffene Person auch ihren Krankenversicherungsschutz verlieren. Dieses Problem hat der Gesetzgeber erkannt und bietet der betroffenen Person das sogenannte Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit an. Die gesetzliche Regelung dazu findet sich in § 145 Sozialgesetzbuch III. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form des Arbeitslosengeldes, welches grundsätzlich bis zur Entscheidung der Rentenversicherung über die Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt wird. Deshalb spricht man auch von einer "Nahtlosigkeitsregelung". Das Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit ist bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu beantragen. Wir die Leistung bewilligt, so besteht auch der Krankenversicherungsschutz fort, da die Agentur für Arbeit die Beiträge zur Krankenversicherung zahlt. Aber was ist mit dem Arbeitsverhältnis, dass in der Regel trotz Erkrankung der betroffenen Person weiterhin besteht aber aufgrund der Erkrankung nur ruht? Dieser Umstand stellt kein Problem dar. Denn trotz bestehendem Arbeitsverhältnis hat die betroffene Person einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. So läuft der Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber im Stillen weiter ohne das die betroffene Person beim Arbeitgeber wieder vorstellig werden muss. Trotzdem kann die betroffene Person nach der geltenden Nahtlosigkeitsregelung Arbeitslosengeld beziehen und somit die Zeit bis zur Bewilligung der beantragten Erwerbsunfähigkeitsrente überbrücken. 1. Das Wichtigste in KürzeKrankengeld erhalten Versicherte meist, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind. Bei Bezug anderer Leistungen wie Arbeitslosengeld oder Elterngeld kann der Anspruch auf Krankengeld ruhen, bei Bezug bestimmter Renten gekürzt werden. Nach 78 Wochen endet der Bezug des Krankengelds. Dieses Auslaufen des Krankengelds heißt Aussteuerung. Details zu Anspruch und Dauer des Krankengelds unter Krankengeld, Details zur Höhe unter Krankengeld > Höhe. 2. Ruhen des Anspruchs auf KrankengeldRuhen des Anspruchs auf Krankengeld meint, dass Betroffene zwar tatsächlich kein Krankengeld bekommen können, aber rein rechtlich trotzdem als Menschen mit Anspruch auf Krankengeld gelten. Das bedeutet, dass kein Krankengeld gezahlt wird, aber die Zeit trotzdem auf die Bezugszeit des Krankengelds von höchstens 78 Wochen angerechnet wird. Krankengeld bekommen die meisten Menschen deshalb nicht 78 Wochen lang, sondern höchstens 72 Wochen lang. Denn in den ersten 6 Wochen besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung (= Lohnfortzahlung) vom Betrieb. Während dessen ruht der Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch auf Krankengeld ruht
3. Ausschluss von KrankengeldKrankengeld ist ausgeschlossen bei Bezug von:
Am Tag der Bewilligung der Rente, des Ruhegehalts oder des Vorruhestandsgelds endet der Anspruch auf Krankengeld. Es kommt nicht darauf an, wann das Geld ausgezahlt wird. Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, können sich Anspruchszeiträume für Krankengeld und Rente theoretisch überschneiden. Die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger rechnen dann direkt miteinander ab. War das Krankengeld niedriger als der Rentenanspruch für den Zeitraum, erhält die versicherte Person den Differenzbetrag als Ausgleichszahlung vom Rentenversicherungsträger. War das bezogene Krankengeld höher als der Rentenanspruch, darf die versicherte Person den Differenzbetrag behalten. 4. Kürzung des KrankengeldsKrankengeld wird gekürzt um den Zahlbetrag
wenn die Leistung nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung zuerkannt wird. Steht die Leistung der versicherten Person schon vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder schon am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zu, gibt es keine Kürzung. Das gilt auch dann, wenn sie erst später rückwirkend bewilligt wird. 5. Wegfall des Krankengeldes, Antrag auf Reha-MaßnahmenWenn der behandelnde Arzt oder der Medizinische Dienst (MD) die Erwerbsfähigkeit der versicherten Person als erheblich gefährdet oder gemindert einschätzt und dies der Krankenkasse mitteilt (häufig kontaktieren die Krankenkassen Ärzte gezielt mit dieser Fragestellung, um den weiteren Rehabilitationsbedarf abzuklären), kann die Krankenkasse der versicherten Person eine Frist von 10 Wochen setzen, um einen Antrag auf Reha-Maßnahmen zu stellen. Manchmal ist eine solche Aufforderung rechtswidrig, z.B.
Gegen eine Aufforderung zum Reha-Antrag können Betroffene deshalb kostenfrei Widerspruch einlegen. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht. Wird dieser abgelehnt ist eine ebenfalls kostenfreie Klage möglich. Widerspruch und Klage können ohne anwaltliche Hilfe eingelegt werden. Aus Gründen der "Waffengleichheit" ist es aber sinnvoll, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Wer die Kosten dafür nicht aufbringen kann, kann Beratungshilfe und ggf. Prozesskostenhilfe beantragen. Kommt die versicherte Person der Aufforderung zum Reha-Antrag nicht fristgerecht nach, entfällt mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf. Die Zeit, in der kein Krankengeld gezahlt wurde, weil der Anspruch entfallen ist, wird nicht auf die Höchstdauer des Krankengeldanspruchs von 78 Wochen angerechnet. Betroffene schieben ihren Anspruch dabei also nur auf. Während des Widerspruchsverfahrens und ggf. des Klageverfahrens muss die versicherte Person in der Regel keinen Reha-Antrag stellen, weil Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung haben. Das Krankengeld muss also zunächst weitergezahlt werden. Zu beachten ist hierbei, dass der Rentenversicherungsträger nach Prüfung des Reha-Antrags auch zu der Erkenntnis kommen kann, dass Reha-Maßnahmen keine Aussicht auf Erfolg (Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit) mehr haben, und den Antrag auf Reha-Maßnahmen dann direkt in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umwandelt (Umdeutung). Wer einen Reha-Antrag stellt, darf normaler Weise erklären, dass der Reha-Antrag nicht als Rentenantrag gelten soll und kann die Umdeutung damit verhindern. Wer aber beim Bezug von Krankengeld die Reha auf Aufforderung der Krankenkasse beantragt hat, darf das nur, wenn die Krankenkasse dem zustimmt. Wer schon vor der Aufforderung der Krankenkasse die Reha beantragt hat, muss damit rechnen, dass die Krankenkasse noch nachträglich zum Reha-Antrag auffordert. Auch dann gilt, dass die Zustimmung der Krankenkasse erforderlich ist, um die Umdeutung verhindern zu können. Ob die Krankenkasse zustimmt, steht in deren sog. pflichtgemäßen Ermessen. Das heißt, die Krankenkasse darf das nicht willkürlich entscheiden. Sie muss alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Näheres unter Rechtsanspruch und Ermessen. Berücksichtigen muss die Krankenkasse zum Beispiel, wenn durch Hinausschieben des Rentenantrags eine erheblich höhere Rente erreicht werden kann. 5.1. Praxistipps
6. Aussteuerung: Ende des Krankengelds nach HöchstbezugsdauerWird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft wird kein Krankengeld mehr gezahlt. Ist die versicherte Person noch immer arbeitsunfähig, endet zugleich ihre Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (sog. Aussteuerung). Die Krankenkasse informiert das Mitglied rund 2 Monate vor der Aussteuerung über die Möglichkeit, den Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu erklären. Liegt innerhalb von 2 Wochen keine Austrittserklärung vor, wird die versicherte Person automatisch am Tag nach der Aussteuerung als freiwilliges Mitglied weiterversichert (obligatorische Anschlussversicherung, § 188 Abs. 4 SGB V). Besteht Anspruch auf Familienversicherung (Familienversicherte), hat diese Vorrang vor der freiwilligen Versicherung. 6.1. Praxistipps
7. LeistungsbeschränkungenUnter bestimmten Voraussetzungen liegt es im Ermessen der Krankenkasse, Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer der Krankheit zu versagen oder zurückzufordern. 7.1. VoraussetzungenDie Krankheit beruht auf
7.2. Maßgebliche Kriterien dieser Ermessensausübung
8. Wer hilft weiter?Krankenkassen, Unabhängige Teilhabeberatung, Sozialberatung in Krankenhäusern und Rehakliniken oder bei Wohlfahrtsverbänden, z.B. Caritas oder Diakonie, die Rentenversicherungsträger. 9. Verwandte LinksKrankengeld Krankengeld > Höhe Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung Rechtsgrundlagen: §§ 49–52 SGB V Wie lange bekomme ich Arbeitslosengeld nach Krankengeld?Bezieher von Arbeitslosengeld I bekommen nach einer Krankschreibung bis zu sechs Wochen lang das Arbeitslosengeld weiter bezahlt. Erst nach Ablauf der sechs Wochen müsste die Krankenkasse einspringen.
Wer zahlt nach 78 Wochen krank?Nach 78 Wochen endet der Anspruch eines Arbeitnehmenden auf Krankengeld durch die gesetzliche Krankenkasse. Danach erhalten die Betroffenen das sogenannte Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit.
Wo muss ich mich melden wenn mein Krankengeld ausläuft?Zwei Monate vor der dem Ende des Krankengeldes sollten Sie sich bei Ihrer Krankenkasse melden. Fordern Sie Ihre Versicherung auf, den „Aussteuerungsschein“ zu übermitteln. Darin steht unter anderem, wann genau Ihr Krankengeld ausläuft.
Bin ich noch krankenversichert wenn ich kein Krankengeld mehr bekomme?Besteht die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch nach Ende des Krankengeldbezugs über die 78 Wochen hinaus und kann er seine bisherige Arbeit nicht wieder aufnehmen, endet seine Mitgliedschaft als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung.
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