Was gilt für menschen die nicht geimpft werden dürfen

  • Wenn sich eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Impfung besonders nachteilig auf bestimmte nach dem AGG geschützte Personengruppen auswirkt, dann spricht man von einer mittelbaren Benachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nicht vor, da die Unterscheidung ja nach dem neutralen Kriterium des Impfstatus erfolgt, und nicht etwa, weil die betroffene Person ein Kind oder eine Schwangere ist oder eine Behinderung hat.

    Immer wieder erreichen die Antidiskriminierungsstelle des Bundes auch solche Anfragen. Beispielsweise kann es vorkommen, dass eine alleinerziehende, geimpfte Person in Begleitung ihres ungeimpften minderjährigen Kindes keinen Zutritt zu einem Möbelgeschäft erhält. Außerdem kommen häufiger Fälle vor, in denen Personen, die sich aufgrund einer Behinderung oder schwerwiegenden chronischen Erkrankung nicht impfen lassen können, z.B. nicht an Konzerten oder Theatervorstellung teilnehmen dürfen oder nicht ins Kino gehen können. Auch gibt es Fälle, in denen Schwangere sich auf Grund Einzelfall spezifischer Risiken nicht impfen lassen können und ihnen ohne Impfnachweis der Zutritt zum Restaurant verweigert wird oder sie beim Friseur nicht bedient werden.

    Pauschale Zutrittsverbote für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft sind, können somit bei Kindern, Menschen mit Behinderungen und je nach Einzelfall bei Schwangeren eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, der Behinderung oder des Geschlechts sein.

    Allerdings sind solche Benachteiligungen dann nicht verboten bzw. keine rechtswidrige Diskriminierung, wenn sie aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Das bedeutet, dass manche Ungleichbehandlungen zulässig sind, weil es dafür gute Gründe – wie beispielsweise der Schutz der Beschäftigten vor einer Infektion – gibt und diese die Interessen der betroffenen Individuen überwiegen.

    Dabei kommt es darauf an, wie schwer die Einschränkungen und Einbußen auf Seiten des Einzelnen wiegen und welche gesamtgesellschaftlichen Belange demgegenüber in der Waagschale liegen. Hier sind bei der Abwägung insbesondere der Infektionsschutz und das Funktionieren des Gesundheitssystems zu beachten.

    Ausschlaggebend sind außerdem die jeweils unterschiedlich zu gewichtenden Auswirkungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), der Coronavirus-Testverordnung (TestV) und der einschlägigen Landesverordnungen.

    Welche der genannten Aspekte bei der Abwägung im Einzelfall überwiegen, können abschließend nur die dafür zuständigen unabhängigen Gerichte entscheiden.

    3G-Regel – Kostenpflicht und Aufwand für Tests

    Das neue Infektionsschutzgesetz ab 20. März 2022 sieht keine bundesweiten 3G-Regelungen im Handel, bei Dienstleistungen, in der Gastronomie und im öffentlichen Nahverkehr mehr vor. Ausnahmen sind durch die geplanten Hotspot-Regelungen möglich, bei denen die Länder befugt werden sollen, bei bedrohlicher Inzidenzlage auch weitreichendere Maßnahmen mittels ihrer Landesverordnungen wieder einzuführen.

    Um einen aktuellen Überblick über das Infektionsgeschehen sicherzustellen und Infektionsketten durchbrechen zu können, haben Bürger*innen durch die Testverordnung seit 13. November 2021 (aktuell befristet bis 30. Juni 2022) Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Antigen-Schnelltest pro Woche. Die Kosten trägt der Bund.

    Somit ist insbesondere für Schwangere, Menschen mit bestimmten Behinderungen und chronischen Erkrankungen sowie Kindern sichergestellt, dass sie die Möglichkeit haben, mit kostenfreien Corona-Testungen 3G-Regelungen zu genügen und weiter am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

    Die jeweiligen Landesverordnungen sowie das Hausrecht der jeweiligen Betreiber*innen können je nach Einzelfall das Erfordernis rechtfertigen, die Impfung, Genesung oder einen Corona-Test gegenüber den Betreiber*innen und Anbieter*innen nachweisen zu müssen, um Zugang zu der Einrichtung, dem Betrieb, Geschäft oder Veranstaltungsort zu erhalten. Das dient dem Infektionsschutz und belastet die Betroffenen nicht übermäßig.

    Was bedeutet das für den Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

    Wer sich aus persönlichen, politischen oder ideologischen Überzeugungen nicht impfen lassen möchte, kann sich nicht auf das AGG berufen.

    Auch die wirtschaftlichen Belastungen für Geringverdiener*innen durch zusätzliche Kosten für die erforderlichen Corona-Tests, beispielsweise wenn mehr Tests benötigt werden als erstattet werden, fallen für sich genommen nicht unter den Diskriminierungsschutz des AGG, da der soziale und finanzielle Status kein geschütztes Merkmal im Sinne des AGG ist.

    Für Kinder, Schwangere und Menschen mit bestimmten Behinderungen oder chronischen Krankheiten, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, findet das AGG grundsätzlich Anwendung.

    Hier kommt eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, des Geschlechts oder einer Behinderung in Betracht. Eine mittelbare Benachteiligung ist aber nur dann unzulässig, wenn sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt.

    Bei Anwendung der 3G-Regel dürfte in den meisten Fälle kein Verstoß gegen das AGG vorliegen, wenn das Vorgehen durch entsprechende staatliche Regelungen (in Landesverordnungen) sachlich gerechtfertigt und damit zulässig ist.

    Wer als Inhaber*in eines Gastronomie-, Veranstaltungs-, oder Dienstleistungsbetriebs die 3G-Regel so umsetzt, wie sie nach der jeweiligen Landesverordnung vorgesehen ist, kann sich auf die Verordnung als sachlichen Rechtfertigungsgrund berufen.

    Ein Verstoß gegen das AGG kommt in Betracht, wenn Geschäftsinhaber*innen und Anbieter*innen von Dienstleistungen die 3G-Regelung einführen, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein oder wenn sie keine Ausnahmeregelungen beachten, obwohl solche rechtlich vorgesehen sind.

    Wer schärfere Regelungen vorsieht als staatlich vorgegeben und hierdurch Personen aufgrund eines im AGG verbotenen Diskriminierungsgrunds mittelbar benachteiligt, kann sich haftbar machen, sofern das Vorgehen in dem jeweiligen Einzelfall unverhältnismäßig ist.

    Hierbei sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

    Der Eingriff auf Seiten der nicht Geimpften (oder Genesenen) wirkt in aller Regel nicht sehr schwer. Denn es handelt sich um keinen absoluten Ausschluss, sondern der Zutritt wird bei Durchführung eines Corona-Tests weiterhin ermöglicht, wenn auch zu ungünstigeren Bedingungen (Aufwand für die Corona-Testung im Vorfeld). Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich.

    Die Durchführung eines Tests bedeutet zwar einen gewissen Aufwand, allerdings ist zu beachten, dass Bürgertests laut aktueller Testverordnung (befristet bis 30. Juni 2022) in gewissem Umfang (solange es Termine gibt, unbegrenzt, § 4a TestV) kostenlos angeboten werden. Auch sind Corona-Tests relativ flächendeckend verfügbar. Geringfügige Unannehmlichkeiten in Einzelfällen werden jedenfalls grundsätzlich durch das Gesamtinteresse an der möglichst effektiven Eindämmung der Pandemie überwogen.

    Im Fall von der 3G-Regel dürfte ein AGG-Verstoß daher regelmäßig ausscheiden. Betroffene Menschen mit Behinderungen, Schwangere und Kinder (bzw. deren Eltern), die dennoch vom AGG Verstoß ausgehen, müssten Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend machen (§ 21 Absatz 5 AGG).

    Eine verbindliche Entscheidung über das Vorliegen eines AGG-Verstoßes können aber nur die dafür zuständigen Gerichte im konkreten Einzelfall treffen.

    Ob und inwieweit die jeweiligen Landesverordnungen als solche rechtlich zulässig und verhältnismäßig sind, bestimmt sich nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben unter Beachtung der Grundrechte und ist keine Frage des AGG (siehe 6. Schutz vor Diskriminierungen durch den Staat).

    Betroffene haben grundsätzlich die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit von Verordnungen verwaltungsrechtlich prüfen zu lassen (siehe 6. Schutz vor Diskriminierungen durch den Staat).

    2G-Regel – kein Zutritt oder 2G-Plus Zutrittsbeschränkung + Test

    Im Einzelhandel waren die bundesweiten 2G-Regelungen bereits durch den Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar 2022 entfallen. Kund*innen mussten aber weiterhin eine medizinische Maske tragen. Seit 20. März 2022 liegt auch die Festlegung dieser Verpflichtung zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes bei den Ländern.

    Die bislang geltenden Zugangsbeschränkungen beim Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen, sowie zu Restaurants durch 2G- oder 2G-Plus-Regelungen entfielen ab spätestens 03.04.2022 bundesweit. Ausnahmen sind seit dem 03.04.2022 durch die sogenannten Hotspot-Regelungen für betroffene Regionen möglich, sofern eine besonders bedrohliche Inzidenzlage vorliegt.

    Für Personen, die nicht geimpft werden können und für Personen, für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt, sind Ausnahmen von den möglichen Zugangsbeschränkungen (2G sowie 2G-Plus) vorzusehen, um eine Teilhabe an entsprechenden Angeboten zu ermöglichen. Darüber hinaus sind Ausnahmen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren möglich.

    Wer kann sich auf den Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) berufen?

    Aus persönlichen, politischen und ideologischen Überzeugungen sind ungeimpfte Personen nicht vom AGG geschützt. Hier besteht nur die Möglichkeit verwaltungsrechtlich gegen die einschlägigen Verordnungen vorgehen und diese auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

    Für Kinder, Schwangere und Menschen mit bestimmten Behinderungen oder chronischen Krankheiten, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, findet das AGG grundsätzlich Anwendung.

    Hier kommt eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, des Geschlechts oder einer Behinderung in Betracht. Eine mittelbare Benachteiligung ist aber nur dann unzulässig, wenn sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt.

    Auch bei Anwendung der 2G-Regel dürfte regelmäßig kein Verstoß gegen das AGG vorliegen, wenn sich die Anbieter*innen und Betreiber*innen an das geltende Recht halten bzw. von einer Möglichkeit Gebrauch machen, die der Staat ihnen bietet.

    Wer als Inhaber*in eines Gastronomie-, Veranstaltungs-, oder Dienstleistungsbetriebs die 2G-Regel so umsetzt, wie sie nach der jeweiligen Landesverordnung (z.B. in einem Hotspot-Gebiet) vorgesehen ist, kann sich auf die Verordnung als sachlichen Rechtfertigungsgrund berufen.

    Eine Haftung von Geschäftsinhaber*innen und Anbieter*innen von Dienstleistungen ist dann denkbar, wenn sie keine Ausnahmen akzeptieren, obwohl solche rechtlich vorgegeben sind.

    Wer also schärfere Regelungen vorsieht als staatlich vorgegeben und hierdurch Personen aufgrund eines im AGG verbotenen Diskriminierungsgrunds mittelbar benachteiligt, kann sich haftbar machen, sofern das Vorgehen in dem jeweiligen Einzelfall unverhältnismäßig ist.

    Bei der Abwägung sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

    Auf Seiten der Betroffenen ist zu berücksichtigen, dass die Folgen bei der 2G-Regel weit schwerer wiegen, als dies bei der 3G-Regel der Fall ist. Denn bei einer ausnahmslosen Anwendung der 2G-Regel werden die betroffenen Personengruppen komplett ausgeschlossen. Sie erhalten keinen Zutritt zu den jeweiligen Geschäften und Dienstleistungsbetrieben.

    Anbieter*innen und Betreiber*innen von Gütern und Dienstleistungen können sich demgegenüber auf wirtschaftliche Gründe berufen. Nutzen sie eine 2G-Option, können die Betreiber*innen mehr Gäste zulassen und so ihren Umsatz steigern, was angesichts der durch Corona generell gesunkenen Einnahmen für viele Betriebe überlebensnotwendig sein kann. Auch spricht in Betrieben mit Kundenkontakt der möglichst effektive Schutz der Mitarbeitenden und aller Anwesenden für die Umsetzung der 2G-Regel.

    Bei einer Gesamtbetrachtung dürften nach Auffassung der Antidiskriminierungsstelle in den meisten Fällen die Interessen der Anbieter*innen und Betreiber*innen, die eine staatliche Ermächtigung sowie den Infektionsschutz und betriebswirtschaftliche Erwägungen auf ihrer Seite haben, überwiegen. Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) scheidet dann aus.

    Wie die jeweiligen Interessen zu gewichten sind und welches Interesse im Einzelfall überwiegt, entscheiden im konkreten Einzelfall die dafür zuständigen Gerichte.

    Im Fall eines AGG-Verstoßes können betroffene Menschen mit Behinderungen, Schwangere und Kinder (bzw. deren Eltern) Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend machen (§ 21 Absatz 5 AGG). Dafür finden Sie hier eine Formulierungshilfe mit Ausfüllhinweisen.

    Unabhängig von der Frage, wie weit der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) greift, sind die Verordnungsgeber gefragt, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, wie Menschen mit bestimmten Behinderungen, Kinder und Schwangere, nicht dauerhaft von der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Dies erfordert praxistaugliche Ausnahmeregelungen. Mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 18. November 2021 und den darin vorgesehenen Ausnahmeregelungen wurde dem Rechnung getragen.

    Sollte die im jeweiligen Bundesland vorgesehene Regelung dennoch nicht verhältnismäßig sein, können sich Betroffene dagegen auf dem Verwaltungsrechtsweg zur Wehr setzen (siehe 6. Diskriminierung durch den Staat).

  • Nachteile im Gesundheitsbereich

    Immer wieder beschweren sich aktuell ungeimpfte Menschen bei der Beratung der Antidiskriminierungsstelle, weil Ihnen die Behandlung in einer Arztpraxis aufgrund des nicht vorhandenen Impfschutzes verweigert wird.

    Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Impfstatus und die Tatsache geimpft, genesen oder getestet zu sein, keine durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützte Eigenschaft bzw. kein unzulässiger Unterscheidungsgrund ist. Das AGG schützt also nicht die persönliche Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen.

    Nur wenn den betroffenen Personen eine Impfung aus medizinischen Gründen und wegen einer der vom AGG geschützten Eigenschaften (z.B. dem Alter, dem Geschlecht oder einer Behinderung) nicht möglich ist, kommt eine mittelbare Benachteiligung nach dem AGG in Betracht.

    Jedoch sind Behinderungen und chronische Erkrankungen nur in sehr seltenen Ausnahmefällen wirklich ein Ausschlussgrund für eine Impfung. Ganz im Gegenteil sollten sich Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen häufig erst recht impfen lassen. Qualifizierte Auskunft dazu, welche medizinischen Gründe tatsächlich dagegensprechen könnten, kann die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) geben.

    Mittelbare Benachteiligungen sind dann nicht verboten bzw. keine rechtswidrige Diskriminierung, wenn sie aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Das bedeutet, dass manche Ungleichbehandlungen zulässig sind, weil es dafür gute Gründe – wie beispielsweise den Schutz anderer Patient*innen vor einer Infektion – gibt und diese die Interessen der betroffenen Individuen überwiegen.

    Gilt die 3G oder sogar 2G-Regel auch beim Arzt?

    Laut dem neuen Infektionsschutzgesetz entfallen ab dem 20. März 2022 die bundesweiten Zugangsbeschränkungen weitestgehend. Dennoch sollen die Länder ab dem 20. März 2022 weiterhin inzidenzunabhängig befugt sein, Testpflichten zum Schutz vulnerabler Personen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegeinrichtungen sowie anderen Abteilungen oder Einrichtungen, wenn und soweit dort dauerhaft freiheitsentziehende Unterbringungen erfolgen, insbesondere in psychiatrischen Krankenhäusern, Heimen der Jugendhilfe und für Senioren einzuführen. Arztpraxen werden nicht ausdrücklich erwähnt.

    Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die für Haus- und Fachärzte zuständige Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), sowie deren Vertreter*innen haben anlässlich der aktuellen Diskussionen in den Medien öffentlich darauf hingewiesen, dass Arztpraxen eine medizinische Behandlung nicht von der Einhaltung der 3G-Regeln abhängig machen können (vgl. Ärzteblatt). Für 2G und 2G Plus dürfte dies daher erst recht gelten.

    Denn für den abgesicherten Betrieb gibt es andere Alternativen, indem Arztpraxen bspw. organisatorisch sicherstellen, dass ungeimpfte und ungetestete Patient*innen zu speziellen Sprechzeiten behandelt werden. Diese Rechtsansicht teilen ebenso die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in einer Pressemitteilung, wonach die 3G-Regelung mangels gesetzlicher Grundlage in Zahnarztpraxen keine Anwendung finden kann. Gleichfalls so gesehen und bestätigt wird das zum Beispiel von der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen und der Bayerischen Landesärztekammer.

    Somit sehen die relevanten staatlichen Regelungen in den einschlägigen Verordnungen auch nach Auffassung der zuständigen Gremien keine Anwendung der 3G- oder 2G-Regeln auf Patient*innen in Arztpraxen oder anderen medizinischen Einrichtungen vor.

    Allenfalls könnten Ärzt*innen also über die öffentlich-rechtlichen Vorgaben hinausgehend eigene 3G- oder 2G-Bedingungen für die Behandlung in ihrer Praxis auf Grundlage ihres Hausrechtes aufstellen. Das ist dann aber nicht durch das geltende Recht abgedeckt und könnte im Widerspruch zum ärztlichen Berufsrecht und dem sogenannten Genfer Gelöbnis stehen.

    Besonders in Notfallsituationen oder bei akuter Behandlungsbedürftigkeit ist eine Ablehnung nie möglich (§ 7 Absatz 2 Satz 2
    (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzt*innen der Bundesärztekammer). Darüber hinaus sind Kassenärzt*innen gemäß § 95 Absatz 3 Satz 1 SGB V verpflichtet, die gesetzlich versicherten Patient*innen medizinisch zu versorgen und dürfen die Behandlung nur in bestimmten begründeten Fällen ablehnen (§ 13 Absatz 7 Satz 3 Bundesmantelvertrag Ärzte).

    Betroffene von Behandlungsverweigerungen haben hier immer die Möglichkeit, sich bei der örtlich zuständigen Ärztekammer und der Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) zu beschweren.

    Außerdem könnte ein solches Vorgehen in bestimmten Fällen (bei Kindern, Menschen mit Behinderungen und Schwangeren) gegen die Diskriminierungsverbote des AGG verstoßen. Dazu finden Sie im Folgenden weitere Ausführungen.

    Ist die Verweigerung der ärztlichen Behandlung unter Berufung auf das Hausrecht eine Diskriminierung?

    Ob das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen (sogenannten Behandlungsverträgen) gilt, ist bisher durch die Gerichte noch nicht abschließend geklärt. Denn das AGG schützt vor Diskriminierungen im privaten Geschäftsverkehr nur dann, wenn ein sogenanntes Massengeschäft oder vergleichbares Rechtsgeschäft vorliegt (§ 19 Absatz 1 Nr. 1 AGG). Es ist juristisch umstritten und noch nicht abschließend durch die Gerichte geklärt, ob im Hinblick auf Behandlungsverträge (also Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte etc.) von solchen Massengeschäften auszugehen ist.

    Argumente für eine Anwendbarkeit des AGG finden Sie in unserem Standpunktepapier „Ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf medizinische Behandlungsverträge anwendbar?"

    Definitiv nicht durch das AGG geschützt sind Personen, die sich wegen ihrer Weltanschauung bzw. aus persönlichen, politischen oder ideologischen Überzeugungen nicht impfen lassen möchten. Diese können sich nicht auf das AGG berufen.

    Für Kinder, Schwangere und Menschen mit bestimmten Behinderungen oder chronischen Krankheiten, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, findet das AGG grundsätzlich Anwendung.

    Hier kommt eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Alters, einer Behinderung oder des Geschlechts in Betracht. Eine mittelbare Benachteiligung ist aber nur dann unzulässig, wenn sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt.

    Als sachlicher Grund können sich die Ärzt*innen nicht auf die staatlichen Vorgaben bezüglich der 3G- oder 2G-Regelungen berufen, weil diese Arztpraxen ja gerade nicht umfassen.

    Die Ärzt*innen haben in ihren Praxen zwar im Prinzip das Hausrecht, aber das gilt nicht unbegrenzt, sondern nur im Rahmen und unter Beachtung des ärztlichen Berufsrechts sowie des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes durch das AGG.

    Das bedeutet, dass immer im Einzelfall abzuwägen ist, ob eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, einer Behinderung oder des Geschlechts vorliegt, wenn ungeimpfte und nicht genesene Patient*innen nicht oder nur unter der Bedingung eines negativen Corona-Tests behandelt werden.

    Zwingende Voraussetzung dafür ist allerdings stets, dass die Impfung in der Tat wegen des Alters (bei Kindern), einer Behinderung (aus medizinischen Gründen) oder des Geschlechts (bei Schwangeren) nicht durchgeführt werden kann. Das müssen die Betroffen auch belegen.

    Als Sachgrund für die Ungleichbehandlung von ungeimpften (und nicht genesenen) Patient*innen könnten Ärzt*innen den Infektionsschutz für die anderen Patient*innen und das Personal sowie die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung ins Feld führen. Daher könnte die 3G-Regel, also das Erfordernis eines Corona-Tests – insbesondere wenn der Test vor Ort kostenfrei angeboten wird – unter Umständen zumutbar sein.

    Ist dies nicht gegeben, so könnte der zusätzliche Aufwand für die Betroffenen aber argumentativ dafürsprechen, dass es nicht verhältnismäßig wäre, Ihnen die ärztliche Behandlung zu verwehren. Denn sie können ja nichts dafür, dass sie nicht geimpft sind und haben wie allen anderen Patient*innen Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung. Außerdem könnten die Ärzt*innen durch anderweitige Sicherheitsvorkehrungen (z.B. Abstand, Lüften, Maskenpflicht und besondere Sprechstunden) das Infektionsrisiko minimieren.

    Jedenfalls dürfte jedoch die Behandlung bei eilbedürftigen Notfällen oder akuter Behandlungsbedürftigkeit auch aufgrund der berufsrechtlichen Wertungen und Vorgaben nicht verweigert werden.

    Aus denselben Erwägungen dürfte die Beschränkung der Behandlung ausschließlich auf Geimpfte und Genesene im Sinne der strengeren 2G-Bedingung unverhältnismäßig sein, da es andere geeignete Mittel gibt und die Interessen der behandlungsbedürftigen Patient*innen angemessen berücksichtigt werden müssen.

    Betroffene Menschen mit Behinderungen, Schwangere und Kinder (bzw. deren Eltern) müssten bei einem Verstoß gegen das AGG Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall schriftlich gegenüber der Arztpraxis geltend machen (§ 21 Absatz 5 AGG). Dafür finden Sie hier eine Formulierungshilfe mit Ausfüllhinweisen.

    Eine verbindliche Entscheidung darüber können aber nur die dafür zuständigen Zivilgerichte im konkreten Einzelfall treffen.

  • Nachteile im Arbeitsleben

    Der Impfstatus spielt mittlerweile im Arbeitsleben eine wesentliche Rolle. Das zeigt sich auch in den Anfragen, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu diesem Thema erreichen. Viele Ratsuchende sehen sich mit der Gefahr konfrontiert, ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen zu können, wenn sie ungeimpft sind. Sie fürchten, dass sich daran auch arbeitsrechtliche Sanktionen, wie z.B. eine Kündigung anschließen könnten.

    Wenn Arbeitgeber*innen den Zutritt zum Betrieb und damit die Ausübung der Tätigkeit vom vollständigen Impfschutz abhängig machen, ist das als solches nicht vom Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) umfasst. Denn das AGG schützt nicht die Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen. Der Impfstatus und die Tatsache geimpft, genesen oder getestet zu sein, ist kein nach dem AGG geschütztes Merkmal.

    Eine Benachteiligung wegen der Weltanschauung scheidet aus. Zwar ist das Merkmal Weltanschauung im arbeitsrechtlichen Teil des AGG geschützt. Allerdings ist das Ablehnen der Corona-Impfung keine Weltanschauung in diesem Sinne (vgl. zum Begriff der Weltanschauung Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Februar 1992 – 6 C 5/91).

    In Betracht kommt eine Benachteiligung nach dem AGG nur dann, wenn eine Impfung wegen einer bestehenden Schwangerschaft (geschlechtsbezogene Benachteiligung) oder einer Behinderung oder chronischen Erkrankung nicht möglich ist.

    Behinderungen und chronische Erkrankungen sind allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen wirklich ein Ausschlussgrund für eine Impfung. Ganz im Gegenteil sollten sich Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen häufig erst recht impfen lassen. Qualifizierte Auskunft dazu welche medizinischen Gründe tatsächlich gegen eine Impfung sprechen könnten, kann die
    Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) geben.

    Besteht eine Schwangerschaft oder eine Behinderung, die die Impfung hindert, können sich unter Umständen auch freie Mitarbeiter*innen auf das AGG berufen. Im Gegensatz zu Arbeitnehmer*innen gilt das bei freien Mitarbeiter*innen aber nur, wenn der Zugang zur Erwerbstätigkeit betroffen ist. Das heißt, wenn ein neuer Auftraggeber den Vertragsschluss eines ungeimpften freien Mitarbeitenden verweigert, obwohl diese*r sich wegen einer Schwangerschaft oder einer Behinderung nicht impfen kann, ist der Anwendungsbereich des AGG eröffnet. Bei der Durchführung eines laufenden Vertragsverhältnisses gilt dies für freie Mitarbeiter*innen nicht.

    Mittelbare Benachteiligungen sind nach dem AGG nur dann unzulässig, wenn sie aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind. Das bedeutet, dass manche Ungleichbehandlungen zulässig sind, weil es dafür gute Gründe – wie beispielsweise den Schutz der Beschäftigten vor einer Infektion – gibt und diese die Interessen der betroffenen Individuen überwiegen.

    Dabei kommt es darauf an, wie schwer die Einschränkungen und Einbußen auf Seiten des Einzelnen wiegen und welche gesamtgesellschaftlichen Belange demgegenüber in der Waagschale liegen. Hier sind bei der Abwägung insbesondere der Infektionsschutz und das Funktionieren des Gesundheitssystems zu beachten.

    Ausschlaggebend sind außerdem die jeweils unterschiedlich zu gewichtenden Auswirkungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), der Coronavirus-Testverordnung (TestV) und der einschlägigen Landesverordnungen.

    Welche der genannten Aspekte bei der Abwägung im Einzelfall überwiegen, können abschließend nur die dafür zuständigen unabhängigen Arbeitsgerichte entscheiden.

    3G-Regel

    Seit dem 20. März 2022 sind die bundesweiten 3G-Regelungen am Arbeitsplatz entfallen. Dies entbindet die Arbeitgeber*innen nicht von der Möglichkeit beziehungsweise der in der Arbeitsschutzverordnung festgelegten Pflicht, im eigenen Betrieb erforderliche Maßnahmen zum Infektionsschutz einzuführen.

    Laut der neuen Arbeitsschutzverordnung entfällt die Verpflichtung für Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten Selbsttests zur Verfügung zu stellen ab 20. März 2022 grundsätzlich, sie sollen jedoch im Einzelfall prüfen, ob eine Bereitstellung eines Tests pro Woche erforderlich ist. Die neue Arbeitsschutzverordnung tritt zunächst bis 25. Mai in Kraft.

    Ebenso entfallen ab dem 20. März die verpflichtenden Homeoffice-Regelungen. Arbeitgeber*innen können aber weiterhin im Einvernehmen mit den Beschäftigten die Arbeit im Homeoffice anbieten, wenn keine betrieblichen Gründe entgegenstehen und diese im Interesse des betrieblichen Infektionsschutzes liegt (z.B. bei Tätigkeit in Groß­raum­büros).

    Die 3G- bzw. 2G-Regelungen für Beschäftigte entfielen mit Ablauf der Übergangsfrist des 2. April 2022 aufgrund des neuen Infektionsschutzgesetzes größtenteils, Ausnahmen gelten für Beschäftigte im Gesundheitsbereich (vgl. § 20a Infektionsschutzgesetz) oder können mittels Hotspot-Regelungen durch die Länder angeordnet werden.

    Was bedeutet das für den Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

    Besteht im Sinne einer 3G-Regelung die Möglichkeit für ungeimpfte Beschäftigte einen Test durchzuführen und dadurch den Betrieb zu betreten und der beruflichen Tätigkeit nachzugehen, ist dies den Beschäftigten zuzumuten.

    Entscheidend ist, ob die 3G-Regelung am Arbeitsplatz gesetzlich vorgeschrieben ist. Diese Regelungen können sich künftig in den Landesverordnungen der einzelnen Bundesländer finden. Wenn Arbeitgeber*innen diese entsprechend umsetzen, können sie sich auf das Infektionsschutzgesetz als sachlichen Rechtfertigungsgrund berufen. Dieses berechtigt die Länder zum Erlass entsprechender Regelungen, abhängig von der Bedrohlichkeit der Inzidenzlage. Schon deshalb scheiden Ansprüche nach dem AGG aus. Das gleiche gilt auch für die unterschiedlichen Testanforderungen von geimpften und ungeimpften Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen. Wenn Arbeitgeber*innen dies entsprechend umsetzen, können sie sich auf das Infektionsschutzgesetz als sachlichen Rechtfertigungsgrund berufen.

    Gegen die Vorgaben aus dem Infektionsschutzgesetz oder den Landesverordnungen können sich Betroffene nur auf dem Verwaltungsrechtsweg zur Wehr setzen (siehe: 6. Diskriminierungen durch den Staat).

    Dabei wären folgende Erwägungen zu berücksichtigen:

    Der Eingriff auf Seiten der nicht Geimpften (oder Genesenen) wirkt in aller Regel nicht sehr schwer. Denn es handelt sich um keinen absoluten Ausschluss, sondern der Zutritt zum Betrieb wird bei Durchführung eines Corona-Tests weiterhin ermöglicht, wenn auch zu ungünstigeren Bedingungen (Aufwand für die Corona-Testung im Vorfeld). Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Zu beachten ist, dass seit der Testverordnung vom 13. November 2021 zumindest bis zum 30. Juni 2022 Bürgertests wieder kostenlos angeboten werden. Ferner können ggf. auch die betrieblichen Testangebote zum Nachweis genutzt werden.

    Testungen beinhalten zwar einen gewissen Aufwand. Noch – und durch Wiedereinführung der kostenlosen Bürgertests wohl sowieso - sind Corona-Tests aber relativ flächendeckend verfügbar. Geringfügige Unannehmlichkeiten in Einzelfällen werden jedenfalls grundsätzlich durch das Gesamtinteresse an der möglichst effektiven Eindämmung der Pandemie überwogen.

    2G-Regel

    Weder das Infektionsschutzgesetz des Bundes (IfSG) noch die einschlägigen Landesverordnungen sehen flächendeckend vor, dass nur geimpfte oder genesene Beschäftigte ihren Arbeitsplatz aufsuchen dürfen (sogenannte 2G-Regelung).

    Am 10. Dezember 2021 hat der Bundestag jedoch eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen, ambulanten Pflegediensten, in Einrichtungen für behinderte Menschen, in Arztpraxen, in Entbindungseinrichtungen und ähnlichen Einrichtungen bedeutet. Der Bundesrat hat dem zugestimmt. Die Regelung sei zum Schutz besonders vulnerabler Personen notwendig, da sich in den genannten Einrichtungen typischerweise Personengruppen mit einem hohen Infektionsrisiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf aufhalten. Nach dem neuen § 20 a Infektionsschutzgesetz mussten daher alle Beschäftigte in den genannten Einrichtungen bis zum 15. März 2022 einen Nachweis über eine vollständige Corona-Impfung oder eine Genesung vorweisen. Ausgenommen sind Beschäftigte, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können; diese mussten ein entsprechendes Attest vorlegen. Eine Missachtung wird als Ordnungswidrigkeit gehandelt, die mit Bußgeldern geahndet wird. Neue Arbeitsverhältnisse in diesen Einrichtungen können seit dem 16. März 2022 nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises eingegangen werden.

    Gegen die „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“ § 20a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h Infektionsschutzgesetz wurde ein Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht gestellt, der am 10. Februar 2022 abgelehnt wurde (Beschluss vom 10. Februar 2022 - 1 BvR 2649/21). Eine Entscheidung über die zugrundeliegenden Verfassungsbeschwerden steht noch aus.

    Nähere Informationen dazu, welche Regelungen in welchem Bundesland gelten, gibt es bei dem jeweiligen
    Landesgesundheitsministerium.

    Was bedeutet das für den Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

    Soweit eine Testung nicht möglich ist, also im Rahmen einer 2G-Regel nur geimpfte und genesene Beschäftigte Ihrer Tätigkeit nachgehen können, stellt dies einen schwereren Eingriff in die Rechte der Betroffenen dar.

    Trotzdem kann auch ein solcher Eingriff bzw. eine solche mittelbare Benachteiligung sachlich gerechtfertigt werden.

    Sofern sich die Einführung einer 2G-Regelung auch für Beschäftigte aus der jeweiligen Landesverordnung ergibt und Arbeitgeber*innen diese entsprechend umsetzen, können sie sich auf die Verordnung als sachlichen Rechtfertigungsgrund berufen.

    Sofern Arbeitgeber*innen strengere Regelungen erlassen, die nicht von den Vorgaben in den Verordnungen gedeckt sind, kann ein solches Vorgehen im Einzelfall unverhältnismäßig sein.

    Dabei sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

    Eine 2G-Regelung am Arbeitsplatz hat weitreichende, einschneidende Folgen. Betroffene können Ihrer beruflichen Tätigkeit – entgegen der grundgesetzlich verbürgten Berufsfreiheit - nicht mehr nachgehen. Dies kann durch den potenziellen Verlust von Lohnansprüchen erhebliche Konsequenzen für die individuelle Lebensführung haben. Außerdem können die Betroffenen nichts dafür, dass sie wegen einer relevanten Vorerkrankung oder einer Behinderung nicht geimpft sind.

    Arbeitgeber*innen sind demgegenüber im Rahmen ihrer Fürsorge- und Schutzpflichten gezwungen, wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Beschäftigten zu ergreifen. Sie befinden sich insoweit in einer Doppelrolle: Die Pflicht gilt gegenüber den ungeimpften Betroffenen, aber insbesondere auch gegenüber deren Kolleg*innen und ggf. Kund*innen. Dem nachzukommen kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch bedeuten, diese Gruppen zu separieren.

    Dabei ist zu beachten, dass auch unmittelbare Benachteiligungen – welche grundsätzlich schwerer zu rechtfertigen sind, als mittelbare Benachteiligungen – gerechtfertigt sein können, wenn die Ungleichbehandlung wegen der Art der auszuführenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt (§ 8 AGG). Dieser Maßstab lässt sich erst recht auf mittelbare Benachteiligungen anwenden.

    Zum Tragen könnte dies beispielsweise bei solchen Tätigkeiten kommen, bei denen Beschäftigte zwingend in Kontakt mit besonders gefährdeten Gruppen kommen, wie z.B. in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.

    Wie die jeweiligen Interessen zu gewichten sind und welches Interesse im Einzelfall überwiegt, entscheiden im konkreten Einzelfall die dafür zuständigen Arbeitsgerichte.

    Im Fall eines AGG-Verstoßes können betroffene Menschen mit Behinderungen und Schwangere Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (§ 15 Absatz 4 AGG). Dafür finden Sie hier eine Formulierungshilfe mit Ausfüllhinweisen.

    Unabhängig von der Frage, wie weit der Diskriminierungsschutz des AGG greift, sind die Verordnungsgeber gefragt, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, wie Menschen mit bestimmten Behinderungen und Schwangere, nicht dauerhaft vom Berufsleben ausgeschlossen werden. Dies erfordert praxistaugliche Ausnahmeregelungen.

    Wenn das im jeweiligen Bundesland nicht der Fall ist, können sich Betroffene dagegen auf dem Verwaltungsrechtsweg zur Wehr setzen (siehe: 6. Diskriminierung durch den Staat).

    Praktische Herausforderungen

    Die Einführung und Durchsetzung von 3G- und/oder 2G-Regelungen am Arbeitsplatz stellt Arbeitgeber*innen und Betroffene vor einige praktische Herausforderungen. Da es sich dabei in aller Regel nicht um Fragestellungen handelt, auf die das AGG Anwendung findet, wollen wir als Antidiskriminierungsstelle des Bundes nur in gebotener Kürze auf folgende Aspekte hinweisen:

    Fragerecht von Arbeitgeber*innen zum Impfstatus

    In welchen Fällen und basierend auf welcher Rechtsgrundlage Arbeitgeber*innen das Recht haben den Impfstatus von Beschäftigten zu erfragen und diese Information zu erfassen, wird sowohl politisch, als auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur momentan diskutiert.

    Nach einer Ansicht haben Arbeitgeber*innen nur in den von §§ 23a, 36 Absatz 3 IfSG erfassten Bereichen ein Auskunftsrecht. Darunter fallen z.B. Krankenhäuser und Pflegedienste, aber auch Justizvollzugsanstalten oder Unterkünfte für Geflüchtete.

    Nach anderer Ansicht ist ein Rückgriff (im Einzelfall) auf die allgemeine Erlaubnistatbestände des § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) möglich, wonach die Verarbeitung des COVID-19-Impfstatus zur „Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich“ sein muss und es einer Interessenabwägung bedarf.

    Auch hier wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers wünschenswert. Nach dem Bund-Länder-Beschluss vom 18. November 2021 müssen alle Arbeitgeber*innen über entsprechende Auskunftsrechte gegenüber den Arbeitnehmende verfügen, um die Einhaltung der 3G-Regel kontrollieren und dokumentieren zu können.

    Auch hier gibt es jedoch Auslegungsspielraum, da als Nachweis für die Einhaltung der 3G-Regel ein aktueller, verifizierter Antigentest genügt und damit eine Auskunft über den Impfstatus der Arbeitnehmer*innen theoretisch nicht notwendig ist. Aufgrund des geänderten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gilt das Auskunftsrecht des Arbeitgebenden nun unabhängig vom Bestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite auf jeden Fall bis zum Ablauf des 19. März 2022.

    Arbeitsrechtliche Konsequenzen für Ungeimpfte bei Missachtung der 2G-Regel

    Gilt im Betrieb die 2G-Regel müssen Arbeitgeber*innen bei ungeimpften Beschäftigten zunächst prüfen, ob diesen eine andere Tätigkeit zugewiesen werden kann, also beispielsweise eine Tätigkeit ohne Kundenkontakt.

    Besteht diese Möglichkeit nicht, bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit die Betroffenen freizustellen. Ob dabei der Lohn weitergezahlt werden muss, kann im Einzelfall unterschiedlich gehandhabt werden. Grundsätzlich entfällt bei Nichterbringung der Arbeitsleistung der Anspruch auf Lohnzahlung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es einen Grund gibt, wegen dem der Lohnanspruch des Beschäftigten aufrechterhalten wird. Das kann nach allgemeinen arbeits- und zivilrechtlichen Grundsätzen z.B. der Fall sein, wenn Arbeitgeber*innen sich im rechtliche sogenannten „Annahmeverzug“ befinden.

    Vereinfacht und verkürzt gesagt, passiert das dann, wenn Beschäftigte ihre Arbeitsleitung anbieten und der Arbeitgeber sie nicht in Anspruch nimmt, obwohl es ihm zumutbar wäre das zu tun. Dabei wird man unterscheiden müssen: In Fällen, in denen Beschäftigte sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, ist die Zumutbarkeit schon unter Billigkeitsgesichtspunkten zu bejahen. In der Folge ist sodann der Annahmeverzug und damit der Erhalt des Lohnanspruchs zu bejahen. Anders könnte die Entscheidung ausfallen, wenn es den Beschäftigten möglich war, durch eine Impfung der Freistellung zu entgehen. Je nach Einzelfall könnte dann die Annahme der Arbeitsleistung für Arbeitgeber*innen unzumutbar sein, mit der Folge, dass kein Annahmeverzug eintritt und der Lohnanspruch untergeht.

    Im äußersten Fall könnte bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit auch eine Kündigung nicht ausgeschlossen sein. Dabei ist aber folgendes zu beachten: Egal aus welchem Grund eine Kündigung ergeht (betriebs-/verhaltens-/personenbedingt), es ist stets eine „Negativprognose“ und eine Interessenabwägung erforderlich. Das heißt, der dauerhafte Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Zukunft muss sehr wahrscheinlich sein. Zudem muss das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des*der jeweiligen Beschäftigten am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen. Da die Pandemie und die zu ihrer Bekämpfung erlassenen Maßnahmen zeitlich begrenzt sind, kann es schon Zweifel an der dauerhaften „Negativprognose“ und damit am Kündigungsgrund geben. Außerdem kann im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Beschäftigten berücksichtigt werden, wenn diese sich tatsächlich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

    Wenn sich Beschäftigte aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und diese auf einer Behinderung oder einer Schwangerschaft beruhen, kann eine Kündigung im Einzelfall auch wegen eines Verstoßes gegen das AGG unwirksam sein. Die Kündigung stellt eine mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung dar, wenn sie sich sachlich nicht rechtfertigen lässt und unverhältnismäßig ist. Das kann insbesondere entscheidend sein, wenn der allgemeine arbeitsrechtliche Kündigungsschutz keine Anwendung findet, z.B. weil das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit ist oder es sich um einen Kleinbetrieb handelt. Da es sich bei einer Kündigung um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, müssen auf Seiten des Arbeitgebers gewichtige Gründe vorliegen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (und nicht nur eine vorübergehende Freistellung) zwingend erscheinen lassen.

    Verbindliche Entscheidungen darüber können im Einzelfall nur die dafür zuständigen unabhängigen Arbeitsgerichte treffen.

    Arbeitsrechtliche Konsequenzen für Beschäftigte bei Missachtung der 3G-Regel

    Grundsätzlich haben Arbeitnehmer*innen, die keinen 3G-Nachweis vorweisen wollen oder können, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Weigern sich Beschäftigte einen Testnachweis zu erbringen, dürfte dies zunächst die Erteilung einer Abmahnung zur Folge haben. Dies wäre aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch Voraussetzung für eine Kündigung. Sofern Arbeitnehmende sich dauerhaft weigern, einen 3G-Nachweis vorzulegen, kann als letztes Mittel auch eine Kündigung in Betracht kommen.

    Dafür ist jedoch stets eine „Negativprognose“ und eine Interessenabwägung erforderlich. Das heißt, der dauerhafte Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Zukunft muss sehr wahrscheinlich sein. Zudem muss das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des*der jeweiligen Beschäftigten am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen. Da die Pandemie und die zu ihrer Bekämpfung erlassenen Maßnahmen zeitlich begrenzt sind, kann es schon Zweifel an der dauerhaften „Negativprognose“ und damit am Kündigungsgrund geben. Außerdem kann im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Beschäftigten berücksichtigt werden, wenn diese sich tatsächlich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

    Ob und unter welchen Voraussetzungen der Ausspruch einer solchen Sanktion arbeitsrechtlich zulässig ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Verbindliche Entscheidungen darüber können nur die dafür zuständigen unabhängigen Arbeitsgerichte treffen.

  • Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erhält vermehrt Anfragen von Eltern, deren Kinder nicht mehr in der Kindertagespflege/Kita betreut werden, weil die Eltern nicht geimpft sind. Ungeimpfte Jugendliche berichten, dass sie vom Präsenzunterricht ausgeschlossen werden. Ähnlich geht es ungeimpften Studierenden, die bei hybriden Unterrichtsangeboten nicht an Präsenzveranstaltungen teilnehmen dürfen.

    Einschränkungen für ungeimpfte Eltern bei der Betreuung von Kindern in der Kita/Kindertagespflege

    Sofern sich Eltern auf Grund einer Behinderung oder Schwangerschaft aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, kommt eine Benachteiligung nach dem AGG in Betracht, wenn sie dadurch Nachteile bei der Betreuung ihrer Kinder erhalten.

    Voraussetzung für die Anwendbarkeit des AGG ist allerdings, dass es sich bei dem Betreuungsvertrag mit der Kita/Kindertagespflege um ein privatrechtliches Betreuungsverhältnis handelt. Bei Kindertageseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft ist das AGG daher nur anwendbar, wenn der Betreuungsvertrag privatrechtlich ausgestaltet ist. Werden Kosten für die Betreuung von Kindern in Form von Gebühren erhoben, ist in der Regel von einem öffentlich-rechtlichen Betreuungsvertrag auszugehen, sodass das AGG dann keine Anwendung findet.

    Eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des AGG auf Betreuungsverträge in der Kita/Kindertagespflege ist, dass es sich neben einem ein privatrechtlichen Betreuungsverhältnis, um ein sogenanntes massengeschäftsähnliches Geschäft handelt (§ 19 Absatz 1 Nr. 1 AGG). Ob dies der Fall ist, ist rechtlich umstritten und bisher nicht abschließend gerichtlich entschieden, vgl. dazu das Standpunktepapier der Antidiskriminierungsstelle des Bundes „Ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auf zivilrechtliche Betreuungsverträge in der Kindertagesbetreuung anwendbar?“.

    Setzen Kitas die staatlichen Vorgaben zum Infektionsschutz um, können sich die betroffenen Eltern nicht auf den Benachteiligungsschutz des AGG berufen. Etwaige Nachteile von Ungeimpften sind durch die staatlichen Vorgaben gerechtfertigt. Die Kitas können nicht dafür haftbar gemacht werden, wenn sie die bestehenden Regelungen umsetzen. Inwieweit die staatlichen Regelungen rechtlich zulässig sind, ist eine Frage des öffentlichen Rechts und nicht des AGG. Nähere Informationen dazu finden Sie unter 6. Diskriminierung durch den Staat.

    Etwas anderes gilt, wenn Kitas von den staatlichen Vorgaben abweichen und schärfere Regelungen einführen, als durch den Staat vorgegeben. Wer schärfere Regelungen über die staatlichen Vorgaben hinaus vorsieht und hierdurch Personen aufgrund eines im AGG verbotenen Diskriminierungsgrunds mittelbar benachteiligt, kann sich haftbar machen, sofern das Vorgehen in dem jeweiligen Einzelfall unverhältnismäßig ist.

    In der Abwägung sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

    Gegenüber zu stellen ist einerseits die Schwere des Eingriffs auf Seiten der nicht Geimpften. Dabei ist zwischen den unterschiedlichen Modellen (2G/ 3G) zu unterscheiden. Die 2G-Regel führt für ungeimpfte Personen – sofern diese nicht als genesen gelten – zum Ausschluss. Im Rahmen von 3G-Beschränkungen kommt der Mehraufwand für die vorzulegenden Tests zum Tragen.

    Auf der anderen Seite ist der Infektionsschutz von Kindern sowie des Kitapersonals zu bedenken – insbesondere, wenn Teile davon zur Risikogruppe gehören. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall, insbesondere ob mildere Mittel als der Ausschluss zur Verfügung stehen (zum Beispiel Eltern bringen und holen Kinder zu nicht frequentieren Zeiten ab, kein Zutritt zu Kitaräumen etc.) müssen Gerichte vornehmen.

    Einschränkungen von Kindern in der Schule

    Für den Bereich der staatlichen Schulen ist das AGG nicht anwendbar, da es nicht vor staatlichem Handeln schützt. Nähere Informationen dazu finden Sie unter 6. Diskriminierung durch den Staat.

    Einschränkungen von Studierenden in der Hochschule

    Für den Bereich der staatlichen Hochschulen ist das AGG nicht anwendbar, da es nicht vor staatlichem Handeln schützt. Nähere Informationen dazu finden Sie unter 6. Diskriminierung durch den Staat.

  • Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erhält vermehrt Anfragen von Jugendlichen sowie ihren Eltern, weil die Jugendlichen wegen ihres Impfstatus nicht in stationären Jugendhilfeeinrichtungen betreut werden.

    Die Betreuung in stationären Jugendhilfeeinrichtungen ist im Sozialrecht geregelt. Im Bereich des Sozialrechts ist das AGG jedoch grundsätzlich nicht anwendbar (§ 2 Absatz 2 AGG). Vielmehr richtet sich der Schutz vor Diskriminierung in diesem Rahmen nach den speziellen Benachteiligungsverboten in den Sozialgesetzbüchern. So gilt ein übergreifendes Benachteiligungsverbot in Bezug auf die Merkmale Behinderung und ethnische Herkunft/aus rassistischen Gründen für alle Bereiche der Sozialgesetzbücher (§ 33c 1. Sozialgesetzbuch – SGB I).  Wenn sich Jugendliche aus medizinischen Gründen wegen einer Behinderung nicht impfen lassen können, kommt eine Benachteiligung wegen einer Behinderung in Betracht.

    Wenn sich Jugendliche aus medizinischen Gründen wegen einer Schwangerschaft nicht impfen lassen können, kommt eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gemäß Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz in Betracht. Ob die Benachteiligung gerechtfertigt ist, ist ähnlich dem AGG im Wege einer Abwägung im Einzelfall zu ermitteln. In die Waagschale zu werfen ist dabei die Schwere des Nachteils für die Jugendlichen einerseits sowie der Infektionsschutz andererseits. Für eine abschließende Bewertung sind letztlich ebenfalls die Gerichte zuständig.

    Nähere Informationen zu den Rechtsschutzmöglichkeiten im Sozialrecht finden Sie im Handbuch „Rechtlicher Diskriminierungsschutz“, Kapitel IV 4.2

  • Ob und inwieweit das Bundesinfektionsschutzgesetz sowie die jeweiligen Landesverordnungen als solche rechtlich zulässig sind, bestimmt sich nach dem öffentlichen Recht sowie insbesondere dem Grundgesetz (GG) und ist keine Frage des AGG, das auf staatliches Handeln nicht anwendbar ist.

    Die Verfassung verpflichtet alle staatlichen Stellen, die Grundrechte zu achten und zu wahren (Artikel 1 Absatz 3 GG).

    Grundsätzlich greifen hier der allgemeine Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 GG sowie die speziellen Diskriminierungsverbote in Artikel 3 Absatz 3 GG.

    Gemäß Artikel 3 Absatz 3 GG gilt, dass niemand wegen des Geschlechts, der Abstammung, aus rassistischen Gründen, wegen der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauung oder aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf.

    Daneben gibt es noch den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Absatz1 GG. Nach diesem „Willkürverbot“ muss der Staat – vereinfacht gesagt – Gleiches gleich und Ungleiches behandeln, wenn es für Unterscheidungen keine legitimen Gründe gibt. Zudem müssen alle staatlichen Maßnahmen immer verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen, sein.

    Grundrechtseinschränkungen und Ungleichbehandlungen können daher unter Umständen durch wichtige sachliche Gründe gerechtfertigt werden, wenn sie verhältnismäßig sind. Derartige schützenswerte andere Rechte und Gründe von Verfassungsrang müssen mit dem eingeschränkten Grundrecht auf Gleichbehandlung in ein angemessenes Verhältnis gestellt und gegeneinander abgewogen werden. In die Waagschale zu werfen sind hierbei die Grundrechte der gesamten Bevölkerung auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit, die Gefahrenabwehr, der Infektionsschutz und das Funktionieren des Staats- sowie des Gesundheitswesens.

    Dabei muss dann in jedem einzelnen Sachverhalt genau abgewogen werden, ob es angemessen ist, dass die betroffene Person vom Zutritt zu bestimmten Einrichtungen oder Veranstaltungen ausgeschlossen wird.

    Das kann auf dem Verwaltungsrechtsweg, also durch die Verwaltungsgerichte, überprüft werden. Ein Vorgehen von Betroffenen ist – auch per Eilantrag – entweder gegen einzelne belastende Maßnahmen bzw. Verwaltungsakte oder gegen die staatlichen Regelungen nach Maßgabe des Landesrechts (sogenanntes Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO) möglich.

    Zu den Erfolgsaussichten sollten Betroffene sich vorab anwaltlich beraten lassen.

    Zur Einführung von regionalen Hotspots entschied Ende April das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 22.04.2022 – 1 KM 221/22 OVG) und setzte die zugrundliegende Landesverordnung vorläufig außer Vollzug. Das Landesparlament hatte aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend dargelegt, dass entweder eine neue Virusvariante vorliege, eine große Zahl von Neuinfektionen gegeben sei oder eine Überlastung der Krankenhäuser drohe. Insbesondere hätte dies wenn dann einzeln für die verschiedenen Regionen dargelegt werden müssen.

    Dem Bundesverfassungsgericht liegen mehrere Verfassungsbeschwerden vor, mittels derer versucht wird, gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich vorzugehen. Am 10. Februar 2022 wurde ein Eilantrag diesbezüglich vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt (Beschluss vom 10. Februar 2022 - 1 BvR 2649/21). Eine Entscheidung über die zugrundeliegenden Verfassungsbeschwerden im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

    Anfang Februar ergingen zudem mehrere Entscheidungen, bei denen die vorläufige Rechtmäßigkeit der 2G-Plus Regelungen in einigen Einrichtungen gerichtlich bestätigt wurden (so u.a. ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7 Februar 2022, 13 B 16/22.NE bzgl. 2G Plus in der Gastronomie; ebenso Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2022, 3 EN 2/22, bzgl. 2G-Plus im Fitnessstudio).

    Außerdem gibt es einige Entscheidungen, die geltende 3G-Regelungen als zulässig erklärt haben. Beispielsweise hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits in einem Verfahren des Eilrechtsschutzes entschieden, dass die Testnachweispflichten für nicht-immunisierte Personen im Rahmen der 3G-Regelung voraussichtlich rechtmäßig sind (Beschluss vom 7. September 2021 – 1 S 2698/21, vgl. auch VGH München Beschl. vom 14. September 2021 – 25 NE 21.2375).

    Dabei führten die Richter*innen aus, dass die Pflicht zur Vorlage eines negativen Tests für bestimmte Lebensbereiche grundsätzlich geeignet ist Infektionen zu vermeiden. Der Zugang zu den Tests ist flächendeckend sowie (zu diesem Zeitpunkt noch) kostenfrei gewährleistet und auch kurzfristig möglich. Selbst wenn nach derzeitigem Erkenntnisstand die Impfung oder eine überstandene COVID -19-Infektion nicht in allen Fällen davor schützt, sich und andere mit dem Coronavirus zu infizieren, sind diese Risiken im Vergleich zu nicht-immunisierten Personen ganz erheblich reduziert.

    Auch wenn Geimpfte und Genesene von der Testnachweispflicht ausgenommen sind, verletzt das nicht das Recht von ungeimpften Personen auf den Schutz ihrer Gesundheit. Denn der Verordnungsgeber hat den verbleibenden Infektionsrisiken durch Vorschriften Rechnung getragen, die auch Geimpfte und Genesene dem Infektionsschutz dienenden Einschränkungen unterwerfen, wie mit den Vorschriften zur Aufrechterhaltung der Maskenpflicht, Datenerhebungen zur Kontaktnachverfolgung oder spezifischen Regelungen, z.B. im Schulbereich.

    Inzwischen ist auch eine Reihe von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen in Eilrechtsschutzverfahren ergangen, die von einer Recht- und Verhältnismäßigkeit der Testpflicht und Maskenregelung an Schulen ausgehen (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 25 NE 21.2596, OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Januar 2022 – 14 MN 117/22, OVG Münster, Beschluss vom 04.03.2022 – 19 B 1917/21).

    Inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine Testnachweispflicht von ungeimpften Personen zulässig ist, wenn dies mit (hohen) Kosten oder einem großen Aufwand verbunden sind, ist bisher gerichtlich noch nicht entschieden. Allerdings wurde zwischenzeitlich in einem Eilrechtsschutzverfahren entschieden, dass die Testnachweispflicht auch dann als verhältnismäßig einzustufen ist, wenn keine kostenlosen „Bürgertest“ angeboten werden (vgl. VGH Mannheim Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 1 S 3038/21; ebenso OVG Münster, Beschluss vom 29. Oktober 2021 – 13 B 1393/21).

    Der VGH Mannheim bekräftigte dies mit seinem Beschluss vom 9. November 2021-  1 S 3254/21 für den Hochschulbetrieb und führte aus, dass die Vorlage von Testnachweisen als Voraussetzung für die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen an Hochschulen sowie für die Nutzung von studentischen Lernplätzen, Archiven und Bibliotheken für nicht-immunisierte Personen voraussichtlich rechtmäßig sei.

    Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von der Kostenpflicht bestehen und wie hoch die Kosten sind.