Was bedeuted der mittelfainger

Niemand weiß, ob Platon unhöflich sein konnte. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Philosoph zu unkomplizierter, grober Zeichengebung fähig war – dem Stinkefinger beispielsweise. Der gestreckte Mittelfinger und die Bedeutung, die er heute hat, ist eine der schwächeren Errungenschaften der griechischen Antike. Seit mehr als 2000 Jahren streckt die Menschheit von Zeit zu Zeit ihren Mittelfinger aufrecht hin – und das nicht in Verbindung mit der Frage, ob vielleicht die Nagelhaut noch hübsch ist. Inzwischen ist die Geste in der ganzen Welt beliebt. In Europa wie in den USA hat sie sich verbreitet wie Fetakäse oder das demokratische Plenum.

Der Mittelfinger ist nicht das einzige Fingerglied mit international-interkontinental unmissverständlicher Bedeutung. Auch der Daumen hat was zu sagen, wenn auch in einem fröhlicheren Ton. Zeigt er nach oben, kann er mit Gegenliebe rechnen, als Überbringer einer guten Nachricht oder irgendeiner Nettigkeit. Genau wie damals in der römischen Gladiatoren-Arena, als das Daumen-hoch oder -runter des Kaisers den Kampf beendete. Je nach Haltung durch Tod oder mit dem Geschenk der Freiheit.

Alle Menschen sprechen diese Zeichensprache – und viele Wissenschaftler haben versucht, ihre Syntax und ihre Semantik wissenschaftlich dingfest zu machen. Am weitesten sind dabei die Psychologen Jesse Chandler und Norbert Schwarz gekommen. Für ihre Studie, veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe vom „Journal of Experimental Social Psychology“, hatten die beiden den emotionalen Effekt der Körpersprache untersucht – nicht bei den Zielpersonen, den Adressaten der Körpersprache, sondern bei jenen, die ihre Finger sprechen ließen. Chandler und Schwarz gehen davon aus, dass es zwei Grundarten der Körpersprache gibt. Die eine ist natürlich und jedem Menschen angeboren. Die andere hängt ab vom kulturellen Lebenskreis.

Die Ausgangsfrage lautete: Setzen gelernte Symbole dieselbe emotionale Wucht frei wie die angeborenen? Schulternzucken beispielsweise ist ein global verstandener Ausdruck der Hilflosigkeit. Diese Geste ist unwillkürlich, die Natur legt sie jedem Säugling bei der Geburt gleichsam als kommunikative Grundausstattung bei. Soviel ist unumstritten unter Wissenschaftlern, dass diese Geste so tief in unseren Instinkten wurzelt, dass sich ihre Spuren sogar bis zurück ins Tierreich verfolgen lassen: Wenn Pferde, Löwen, Hunde, Affen ängstlich, unsicher, unterlegen sind, senkt sich der Kopf fast bis auf das Niveau ihres Rumpfes ab. Diese Haltung drückt vor allem eines aus: Unterwerfung.

Stinkefinger psychisch eintätowiert?

Mindestens genauso natürlich ist beim Menschen das Kopfnicken und -schütteln für Ja und Nein. Den Ursprung vermuten manche Psychologen beim Säugen an der Mutterbrust, wenn Babys ihre Köpfe hoch und runter, links und rechts bewegen für die beiden grundlegendsten Botschaften „ja, bitte“ und „genug, nein danke“. Nicht alle Erwachsene in jeder Kultur wackeln in diesem Sinne mit dem Kopf. Aber es ist eher die Regel als die Ausnahme.

Vor allem diese Gesten gehen mit starken Gefühlen einher, die instinktiv sind, spontan und unreflektiert.

Aber was ist mit der gelernten, anerzogenen Körpersprache? Kann eine Geste, die lange bedeutungslos war, erneut eine so tiefe Wirkung haben, dass sie sich psychisch eintätowiert? Chandler und Schwarz rekrutierten mehrere Dutzend Studenten und erzählten ihnen, sie seien die perfekten Forschungsobjekte, um einen Zusammenhang zwischen Muskelbewegung und Leseverstand aufzudecken – einen Zusammenhang, der nicht existiert. Die Testkandidaten lasen in diesem Versuch einen Text über Donald. Dieser Donald, so die Geschichte, zahlte die Miete nicht – sein Vermieter habe sich um dringende Reparaturen an der Wohnung nicht gekümmert. Die Details der Geschichte waren so doppelsinnig, dass genug Platz blieb für reichlich Fantasie – bei den einen war Donald der arme, abgezockte Mieter, bei den anderen der illegale Hausbesetzer. Während des Lesens sollten einige der Studenten ihre Finger dehnen: Wahlweise den schlimmen mittleren oder auch den Zeigefinger.

Nach der Lesestunde die Bilanz: Chandler und Schwarz baten ihre Probanden, ihre Gefühle zu beschreiben. Ergebnis: Jene Studenten, die den Mittelfinger bemüht hatten, kamen viel finsterer aus dem Versuch heraus, als die Zeigefinger-Kandidaten. Noch mehr: Sie scherten sich nicht besonders um Donald, den Mietschuldner. Stattdessen beschrieben sie ihn als finstere, bösartige, destruktive Person.

„Die Mittelfinger-Geste bringt schlechte Gedanken mit sich“, schreibt Chandler in seiner Studie, „in unseren Studien waren sich die Kandidaten gar nicht bewusst, dass sie gerade den schlimmen Finger zeigten. Sie stempelten instinktiv einen Unbeteiligten als Fiesling ab.“

Gesten haben einen sexuellen Ursprung

Umgekehrt funktionierte die Daumen-hoch-Geste. Die Forscher wiederholten das Experiment mit 74 weiteren Studenten. Immer dann, wenn sie die Probanden baten, ihren Daumen oder den Zeigefinger zu spannen, stiegen Donalds Beliebtheitswerte. Frauen ließen sich in ihren Gefühlen übrigens stärker von ihren Daumen leiten als Männer – ein Unterschied, der in der Mittelfinger-Studie nicht sichtbar war. Die Forscher überraschte das nicht: „Frauen verfolgen in Konfliktsituationen meistens eine Nett-und-freundlich-Strategie“, sagt Chandler, „deshalb ist es logisch, dass sie grundsätzlich viel freizügiger mit positiver Körpersprache umgehen.“

Welche Lehren ziehen wir aus dieser Studie? „Wenn wir beim nächsten Mal Donald begegnen, sollten wir uns gut überlegen, welchen Finger wir benutzen“, sagt Chandler, „sogar wenn niemand die Geste sieht, hat sie einen Effekt – und zwar auf unsere Psyche.“ Heute der Finger, morgen die Faust – da solle man doch lieber die Hand in der Tasche lassen, sagt Chandler.

Einen völlig anderen Deutungsansatz verfolgt der deutsche Wissenschaftler Reinhard Krüger: „Die meisten dieser Gesten haben einen sexuellen Ursprung.“ Krüger arbeitet an einer „Etymologie der Gesten“, mit der er die Herkunft und die Bedeutung von Gesten erklären will. Schon in der Antike sei der Mittelfinger als „digitus impudicus“, als unzüchtiger Finger, berüchtigt gewesen, heißt es im Lexikoneintrag von Krüger. Er ist Professor in Stuttgart und im Forschungsprojekt für die Gesten-Etymologie zuständig.

Ursprünglich war der Mittelfinger aber auch der „digitus medicinalis“, mit dem die Ärzte Salbe auftrugen. Seit der ausgehenden Antike, seitdem man begann, „mit dem Mittelfinger einen Phallus zu machen“, habe jedoch der Ringfinger diese Aufgabe übernommen. Professor Krüger vermutet dahinter den „moralischen Druck“, die heilende Hand des Arztes von der niederen Obszönität zu befreien.

Seitdem verlor auch niemand mehr ein Wort über diesen Finger, zumindest nicht schriftlich. Erst 1000 Jahre später, im 16. Jahrhundert, taucht er wieder auf, wird danach allenfalls in exotischen Lexika erwähnt. Und auf den Titeln des Boulevards, wo Stefan Effenberg ihn hingebracht hat.

Was hat der Mittelfinger zu bedeuten?

Der Mittelfinger (lat. medius) ist Teil der Hand, mittelster der fünf Finger, also der dritte, und befindet sich zwischen Zeigefinger und Ringfinger. Der Mittelfinger ist üblicherweise der längste Finger der Hand.

Was soll der Mittelfinger darstellen?

Den ausgestreckten Mittelfinger zeigen: Ein Straftatbestand Wer in Deutschland den ausgestreckten Mittelfinger zeigt, macht sich einer Straftat schuldig und kann angezeigt werden. Der „Stinkefinger“ erfüllt den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB (Strafgesetzbuch).

Ist das Zeigen des Mittelfingers eine Beleidigung?

Juristisch kann es sich bei Vogel, Stinkefinger oder der etwas altmodischen rausgestreckten Zunge um eine Beleidigung und damit um eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch (StGB) handeln. Sie wird als vorsätzliche Verletzung der Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung definiert.

Was bedeutet gekreuzte Mittelfinger?

Seine Finger kreuzen ist eine Handgeste, die verwendet wird, um ein Versprechen, einen Schwur oder Eid aufzuheben.