Warum heißt das Klavier auch Piano?

KLAVIER: ein Salon-Utensil, um uneinsichtige Besucher abzuschrecken. Das funktioniert, indem man auf seine Tasten dr�ckt und damit auf die Stimmung der Zuh�rer.
(Ambrose Bierce, »The Devil’s Dictionary«)


Begriff

Die urspr�ngliche Bedeutung des Namens Klavier hat sich im englischen Keyboard noch erhalten, das w�rtlich �bersetzt Schl�sselbrett hei�t und jede Art von Tastatur meint. Clavis (lat., Schl�ssel, Riegel, Holzst�ck) war seit dem 12. Jh. die Bezeichnung f�r Taste, aber auch f�r die Notennamen, bzw. Tonh�hen. Die Notenschl�ssel (franz. und engl. clef) zeigen in heutiger Notenschrift als G-, F- oder C-Schl�ssel die Lage der T�ne G, F und C im Notenlinien-System an. Das englische Wort key bezeichnet sowohl die Taste als auch die Tonart.

Klavier bezeichnete urspr�nglich alles, was Tasten hatte, und schlo� damit auch das Klavichord, das Cembalo und die Orgel mit ein. Darum hei�t eines der wichtigsten Werke Johann Sebastian Bachs Das wohltemperierte Clavier, obwohl es dem Cembalo oder dem Klavichord zugedacht ist. Bis ins 18. Jh. hinein war Klaviermusik auf allen Tasteninstrumenten ausf�hrbar, die Art der Klangerzeugung also eher sekund�r.

Heute wird das Wort Klavier sehr oft zur Unterscheidung vom Fl�gel gebraucht, dient aber je nach Verwendung auch als Oberbegriff f�r beides, genauso wie das Wort Piano oder Pianoforte, das zu Beethovens Zeiten den Fl�gel oder das Tafelklavier bezeichnete, w�hrend das aufrechte Klavier, wie wir es heute kennen, erst nach Beethovens Tod allm�hlich in Gebrauch kam. Pianino, »Klavierchen« also oder »kleines Klavier«, nannte man es, w�hrend man heute unter einem Kleinklavier Instrumente bis etwa 110 cm H�he versteht.

Spricht man heute vom Klavier, so meint man immer das Hammerklavier oder den Hammerfl�gel, d.h. ein Instrument, dessen T�ne dadurch erzeugt werden, da� H�mmer gegen die Saiten schlagen. Trotzdem benutzt heute niemand mehr das Wort Hammerklavier f�r unsere modernen Instrumente, denn diese Bezeichnung ist wiederum anders besetzt: Sie dient der Benennung historischer Instrumente aus der Zeit um 1800 und davor. Ausgerechnet jedoch Beethovens Hammerklavier-Sonate wird man darauf kaum angemessen spielen k�nnen, denn deren dynamische Anforderungen und die der sp�teren Romantik f�hrten schlie�lich zur Weiterentwicklung und Vervollkommnung des Instruments, die erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen ist.


The sound of a harpsichord – two skeletons copulating on a tin roof in a thunderstorm.
(Sir Thomas Beecham)

ORGEL nennt man ein Musikinstrument, das zu seiner Herstellung mehr Material ben�tigt als jedes andere und damit das durchschnittlich teuerste, gr��te und unhandlichste der Welt ist, denn es ist das einzige nicht transportable, obwohl es nur aus lauter Pfeifen besteht. Es wird in sehr gro�e H�user unverr�ckbar eingebaut, damit Dorfmusikanten es dort mit F��en treten, um ein wenig Wind zu erzeugen.

Die Vorl�ufer des Klaviers

Die Geschichte der Tasteninstrumente geht bis auf die Antike zur�ck: bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. erfindet der Ingenieur Ktesibios von Alexandrien die Orgel, und im 1. Jahrhundert n. Chr. beschreibt Vitruvius Pollio bereits eine Tastatur. Das Klavier geh�rt aber nicht nur zu den Tasteninstrumenten, sondern auch zu den Chordophonen, den Saitenklingern, und deren Geschichte l��t sich bis zu den Urv�lkern zur�ckverfolgen. �ber die ganze Welt verbreitet findet man z.B. den Musikbogen, der auf den Jagdbogen zur�ckgeht und heute noch in Amerika, Afrika und Indien anzutreffen ist. In der Antike ist das Monochord, der Einsaiter, nicht nur Musikinstrument, sondern auch Hilfsmittel der Wissenschaft: Pythagoras ermittelt mit ihm die Schwingungsverh�ltnisse verschiedener Tonabst�nde, bzw. der Verh�ltnisse von Saitenl�ngen, denn Frequenzwerte waren damals noch unbekannt. Das Hackbrett begegnet uns heute noch in ungarischer Volksmusik als Cymbal, und das Psalterium (griech. psallein = zupfen) kennen wir in der Volksmusik noch als Zither. Und als Vorbild f�r die Rahmenform des Klaviers kann man durchaus die Harfe ansehen, was sich allerdings durch die fortlaufende Verk�rzung der Saiten zu den hohen T�nen hin von allein ergibt.

Diese Erscheinungsformen von gezupften oder angeschlagenen Saiteninstrumenten als Vorl�ufer des Klaviers zu betrachten, w�re aber vielleicht doch etwas weit hergeholt, und man darf als den eigentlichen Vorg�nger wohl erst das Klavichord annehmen, dessen Erfinder nicht bekannt ist und das irgendwann zwischen dem 12. und dem 14. Jahrhundert entstand. Mit ihm hat das Klavier gemeinsam:
• Die Tonerzeugung geschieht durch Anschlagen der Saiten, nicht durch Anzupfen oder Streichen.
• F�r jeden Ton ist – anders als bei Saiteninstrumenten wie Geige, Gitarre oder Mandoline – eine eigene Saite vorhanden, sofern es sich nicht um ein gebundenes Klavichord handelt, bei dem sich zwei T�ne eine Saite teilen, was m�glich ist, weil der Anschlagspunkt zugleich die schwingende Saitenl�nge begrenzt, wodurch verschiedene Tasten auf derselben Saite verschiedene Tonh�hen hervorbringen k�nnen.
• Der Anschlag – und das ist die entscheidende Gemeinsamkeit – geschieht mit Hilfe einer Tastatur. Orgeln gab es schon fr�her, aber sie sind erstens keine Saiteninstrumente, zweitens erzeugt nicht der Anschlag den Ton, sondern ein Gebl�se, und die Tasten dienen nur dazu, den Luftstrom den entsprechenden Pfeifen zuzuf�hren.

Tats�chlich jedoch h�tte sich das Klavier aus dem Klavichord, das wegen seines bescheidenen Tonvolumens nur als h�usliches Instrument geeignet war, allein wohl nicht entwickeln k�nnen, und de facto ist es denn auch in erster Linie aus dem Clavicymbal, ital. Clavicembalo, oder kurz: dem Cembalo, entstanden.
Der Name zeigt, wie sehr die Begriffe verquickt sind, denn Klavierzymbel bedeutet eigentlich Tasten-Hackbrett, und diese Bezeichnung ist im Grunde falsch, denn beim Cembalo werden die Saiten nicht angeschlagen, sondern angezupft.

Das Cembalo ist neben der Orgel das wichtigste Tasteninstrument der Barockzeit. Es ist in zwei Bauformen in Gebrauch, n�mlich als Kielfl�gel und als Spinett. Der Unterschied zwischen beiden liegt in der Anordnung der Saiten, die beim Fl�gel von der Tastatur weg f�hren, beim Spinett parallel zur Tastatur verlaufen. Letzteres erm�glicht eine kompaktere Bauweise, so da� das Spinett das Hausmusikinstrument darstellt, das Cembalo das Konzertinstrument. Beide Bezeichnungen kennzeichnen das Wesentliche des Instruments: Die Saiten werden durch einen Federkiel angerissen (spina = Kiel, Dorn; spinetta ist die ital. Verkleinerungsform).

In England hei�t das Spinett Virginal (virga = St�ckchen, Docke – das ist das Teil der Spielmechanik, an dem der Kiel befestigt ist), und dort entsteht eine der wichtigsten Sammlungen fr�her Klaviermusik: The Fitzwilliam Virginal Book (s. daraus unter

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Noten

: W. Byrd, »The Bells« u.a.)
In Frankreich hei�t das Cembalo Clavecin, also schlicht »Klavier«. Darum unterscheidet man zwischen den Cembalisten, Virginalisten und Clavecinisten, obwohl sie alle dasselbe tun: Cembalo spielen.

Dem Klavichord wie dem Cembalo verdanken wir eine Vielzahl von Klavierst�cken, die noch heute musiziert werden. In erster Linie zu nennen ist hier das Klavierwerk Johann Sebastian Bachs. Seine Inventionen, vorzugsweise dem Klavichord zugedacht, geh�ren zu Recht immer noch zum festen Bestandteil des Unterrichtsrepertoires, ebenso sein Wohltemperiertes Klavier, dessen erstes Pr�ludium (s. unter

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Noten) als eines der leichteren Unterrichtsst�cke gleicherma�en bekannt wie beliebt geblieben ist:

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Aus ihm macht sp�ter Charles Gounod sein ber�hmtes »Ave Maria«, indem er auf kongeniale Weise �ber die pr�ludierenden Akkorde Bachs eine getragene Melodie legt (s. unter

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Noten, dort als originales Lied und in einer Bearbeitung f�r Melodie-Instrument und Klavier).


Seine wichtigste Rolle spielt das Cembalo im Barock als Basso continuo oder Generalba�, der etwas �hnliches darstellt wie die Rhythmus-Gruppe aus Klavier, Ba�, Schlagzeug und Schlaggitarre im Jazz. Im Barock besteht diese kontinuierliche Begleitgruppe aus dem Cello (oder der Gambe) und dem Cembalo, die beide den Ba�part spielen, w�hrend die rechte Hand des Cembalisten dazu die Begleitakkorde improvisiert, denn wie beim Jazz sind die Begleitharmonien nicht in Noten notiert, sondern in einer Kurzschreibweise, der Generalba�-Bezifferung.

Allen Tasteninstrumenten des Barock haftet ein grundlegender Mangel an: Ihr Ton ist entweder gar nicht oder nicht gen�gend modulationsf�hig, d.h. dynamische Unterschiede lassen sich beim Cembalo und bei der Orgel nur blockweise durch Registerwechsel und nicht bei jedem einzelnen Ton erzielen und beim Klavichord nur in sehr eingeschr�nktem Umfang. Diesen Mangel zu beheben, war mit den vorhandenen M�glichkeiten der Tonerzeugung nicht m�glich, es bedurfte dazu einer neuen Konstruktion: der Hammermechanik. Mit ihrer Erfindung beginnt die eigentliche Entwicklung des Klaviers, und die wird zu einer Erfolgsgeschichte, wie sie vergleichbar selten ein Instrument erlebt hat.


The first piano was built long after they didn’t have any at all.
(Victor Borge)

Die Entwicklung des Klaviers

Um 1350 entwickelt Rudolf von N�rnberg die Technik des Drahtziehens mittels hydraulischer Kraft – Voraussetzung f�r die Herstellung von Eisendrahtsaiten f�r Zither, Klavichord, Cembalo und Klavier.

1482 beschreibt der spanische Komponist und Musiktheoretiker Bartolom� Ramos in seinem Buch �De Musica Tractatus� eine temperierte Stimmung, die aber erst zu Bachs Zeiten praktische Verwendung findet.

1619 entdeckt der deutsche Mathematiker und Astronom Samuel Reyher, da� der Ton eines Musikinstruments neben dem Grundton zus�tzliche Partialt�ne (Obert�ne) enth�lt.

1636 entdeckt der franz�sische Mathematiker Marin Mersenne ebenfalls die Partialt�ne. Mersenne ist einer der ersten Wissenschaftler, die den Zusammenhang zwischen Tonh�he und Frequenz annehmen.

1638 erscheinen die �Discorsi� von Galileo Galilei, in denen er den Begriff der Frequenz einer schwingenden Saite einf�hrt und zeigt, da� die Frequenz von der L�nge, der Spannung und der Masse der Saite abh�ngt.

1709 ist das Jahr, das viele Quellen als Geburtsjahr des Klaviers nennen. Dem italienischen Cembalobauer Bartolomeo Cristofori gelingt in Florenz die Konstruktion einer Hammermechanik, die den Bau eines Klaviers erm�glicht, das er Gravicembalo col Piano e forte1 nennt.
Die erste eindeutige Erw�hnung findet man jedoch bereits im Inventarverzeichnis der Medici von 1700: »Un Arpicembalo di Bartolomeo Cristofori di nuova inventione, ch fa’ il piano, e il forte ...«. Ebenfalls oft genannt wird 1711, das Jahr, in dem im »Giornale de�leterati d�Italia« die erste Beschreibung des Instruments durch den italienischen Schriftsteller Scipione Maffei erscheint.
Der Gedanke scheint in der Luft gelegen zu haben, denn erste Versuche gibt es schon vorher, und die Existenz von Cembali mit anschlagender Tangentenmechanik ist durch schriftliche Quellen belegt. Aber erst Cristoforis Konstruktion ist �berzeugend genug. In Frankreich findet der Clavecinbauer Jean Marius eine �hnliche L�sung, und in Deutschland gelingt dies dem Organisten Chr. Gottlieb Schr�ter, beiden aber erst einige Jahre nach Cristofori, so da� diesem die Priorit�t geb�hrt.
1Weitere in einschl�giger Literatur zu findende Schreibweisen: gravicembalo col forte e il piano, gravicembalo col forte e piano, gravicembalo col piano e col forte, gravicembalo con il pian e forte, Gravicembalo con il piano e il forte, gravicembalo piano e forte, cembalo a martelli, Cimbali con piano e forte, Cravo com Piano e com Forte.

Bis sich das Instrument durchsetzt, sollen noch 50 Jahre vergehen, in denen deutsche Klavierbauer ma�geblichen Anteil an seiner Weiterentwicklung haben, unter ihnen der als Orgelbauer ger�hmte Gottfried Silbermann (Freiberg i. Sa.).

1711 erfindet der englische Trompeter und Lautenist John Shaw die Stimmgabel – mehr als zwei Jahrhunderte lang wichtigstes und einziges akustisches Hilfsmittel nicht nur der Klavierstimmer.

1713 beschreibt der taube franz�sische Mathematiker und Begr�nder der modernen Akustik Joseph Sauveur die Schwebungen. (Zur Erkl�rung des Begriffs siehe

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Akustische Grundlagen.)

1716 stellt der englische Mathematiker Brook Taylor (1685-1731) eine allgemeing�ltige Formel f�r die Berechnung der Frequenz einer Saite in Abh�ngigkeit von ihrer L�nge, Masse und Spannung auf. Die Kenntnis der Taylorschen Formel ist sp�ter neben einigen anderen notwendigen Kenntnissen Voraussetzung, um Klaviermensuren vorausberechnen zu k�nnen. (Unter Mathematikern bekannter ist eine andere Taylorsche Formel desselben Autors, mit der man Funktionen durch Polynome ann�hern kann.)

1725 gibt es die ersten deutschen Hammerklaviere aus der Werkstatt Gottfried Silbermanns. Silbermanns Sch�ler tragen das Handwerk als Fl�chtlinge des Siebenj�hrigen Krieges nach London und begr�nden dort die Tradition des englischen Klavierbaus.

1728 wird in London der �lteste, heute noch benutzte Markenname begr�ndet: Broadwood, der lange europaweite Geltung behalten wird.

Um 1730 entwickelt der Engl�nder John Walsh eine Form des Notenstichs, die endlich flexibel genug ist, um auch kompliziertere Musik in typographisch einwandfreiem Satz wiederzugeben, was bei Klaviermusik mit mehreren Stimmen in einem Notensystem vorher fast nicht m�glich war. Das Verfahren entwickelt sich sp�ter zu einer Kunst, deren Beherrschung bis zu 10 Jahre Lehrzeit erfordert und die f�r heutige Verlage zeitlich zu aufwendig und damit zu teuer geworden ist. Der Notenstich befindet sich darum im Aussterben, mit dem Nachteil, da� auch die �sthetische Qualit�t des Notendrucks nachl��t, denn selbst bei renommierten Verlagen findet man heute Ausgaben, denen man so manchen Mangel des Computersatzes ansieht.
(John Walsh gab 1748 die Klaviersonaten op. 1 von Domenico Alberti heraus, die den sogenannten Alberti-B�ssen ihren Namen gaben – s. unter

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Noten).

1742 – aus diesem Jahr stammt das �lteste bekannte Tafelklavier, gebaut von Joh. Socher, Sonthofen. Bis dahin gibt es nur Fl�gel, die meist nur umgearbeitete Kielfl�gel sind. Wie beim Spinett laufen beim Tafelklavier die Saiten parallel zur Tastatur, wodurch deutlich kleinere Instrumente m�glich werden, die zun�chst aber auch von dementsprechend bescheidenen Ausdrucksm�glichkeiten sind.
Das Tafelklavier, 100 Jahre lang in Europa bevorzugtes Instrument, wird vornehmlich in England weiterentwickelt, wo es square grand hei�t und zu einem rechten Unget�m wird; noch l�ngerer Beliebtheit erfreut es sich in Amerika, dort sind bis zum B�rgerkrieg 97 Prozent aller hergestellten Klaviere Tafelklaviere.

1745 entdecken der deutsche Organist Georg Andreas Sorge und der Geiger Giuseppe Tartini unabh�ngig voneinander die Differenzt�ne. (Zur Erkl�rung des Begriffs siehe

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Akustische Grundlagen.)

1745 verwirklicht Christian Ernst Friederici, ein Sch�ler von Gottfried Silbermann, die Idee, das Klavier zur Platzersparnis aufrecht zu stellen, und baut einen nach oben gekippten, sehr hochragenden Fl�gel, den er Pyramide nennt. Das vielleicht fr�heste aufrechte Instrument baute 1739 Domenico del Mela in Italien. Weitere �hnliche Konstruktionen anderer Klavierbauer folgen und kommen durchaus in Gebrauch, doch sind diese etwa zwei Meter hohen Unget�me vom modernen aufrechten Klavier noch weit entfernt.

1747 begutachtet Johann Sebastian Bach, der den ersten Hammerklavieren zun�chst eher ablehnend gegen�bersteht, auf Wunsch Friedrichs d. Gr. die Silbermannschen Klaviere im Potsdamer Schlo� und �u�ert sich durchaus anerkennend.
Bach stirbt 1750. Ob er die Darstellung seiner Kompositionen durch das Hammerklavier begr��t h�tte, mu� Spekulation bleiben; ob er sie abgelehnt h�tte, ebenso...

1767 wird das nun weiter entwickelte Tafelklavier in England als Begleitinstrument erstmals im Konzert eingesetzt.

1768 gibt Johann Christian Bach, der »Londoner Bach« und Sohn Johann Sebastians, das angeblich erste Solokonzert auf dem Klavier und f�hrt das Tafelklavier in den Konzertsaal ein. Er tr�gt damit ma�geblich zur Popularisierung des Instruments bei, ebenso zu dessen Weiterentwicklung durch seine Zusammenarbeit mit den f�hrenden Londoner Klavierbauern.

Bis ca. 1770 rechnen die Komponisten noch nicht mit dem Hammerklavier, sondern schreiben immer noch f�r das Cembalo oder f�r beides. Ein ausgesprochener Klavierstil und eine neue Spieltechnik entwickeln sich erst mit den Bachs�hnen Carl Philipp Emanuel Bach und Christian Bach, mit Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Muzio Clementi, der sich sp�ter selber als Klavierbauer bet�tigen wird.
1784 verkauft Broadwood immer noch 38 Cembalos gegen�ber 133 Klavieren (Quelle: Broadwoods Website, auf der die Firmengeschichte nachzulesen ist; s. unter

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Links).

1772-1777 verbessern die Engl�nder Backers und Stodart die Anschlagsmechanik so, da� sie, einhergehend mit st�rkeren Saiten, robuster und dynamisch ausdrucksf�hig bis zum Wuchtigen wird. Diese sog. Englische Mechanik bildet schlie�lich die Grundlage des modernen Fl�gel-Spielwerks, obwohl viele Musiker zun�chst noch die deutlich leichtg�ngigere Wiener Mechanik bevorzugen, die vor allem in �sterreich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gebaut wird und beliebt bleibt.
(Die Wiener Mechanik ist eine sog. Prell-Mechanik, bei der die Hammerachse auf der beweglichen Taste gelagert ist, die Englische Mechanik eine St��er-Mechanik, deren Prinzip schon Cristofori angewandt hatte.)

1774 f�hrt John Joseph Merlin in England das Una-Corda-, bzw. Verschiebungs-Pedal ein, welches das Spielwerk so verschiebt, da� die H�mmer nur noch eine Saite (una corda) erfassen, um leiser spielen zu k�nnen. In dieser Zeit auch werden allm�hlich die Kniehebel, die bis dahin die Pedalfunktion erf�llten, durch Fu�hebel ersetzt.

1775 ist wahrscheinlich der Beginn des amerikanischen Klavierbaus, Johann Behrent fertigt in Philadelphia die ersten Tafelklaviere.

1777 l��t Stodart in London ein Instrument patentieren, das sowohl als Cembalo wie auch als Hammerklavier gespielt werden kann, da seine Mechanik umschaltbar ist.

Seit Cristofori hat das Klavier nun an Volumen deutlich zugenommen, die Saiten sind st�rker, die Saitenspannung ist h�her geworden, und der Tonumfang ist von anf�nglich 4 auf 5 Oktaven erweitert.

1783 f�hrt Broadwood das Haltepedal ein und gilt als dessen Erfinder. Es gibt jedoch einen Fl�gel von Backers aus dem Jahr 1772 mit bereits zwei Pedalen in heutiger Anordnung.

1788 beginnt durch J. Broadwood eine gewisse Systematisierung der Saitenmensurierung, d.h. der Festlegung der Saitenma�e und der Anschlagsstellen. Es ist der erste Ansatz, dieses Gebiet auf wissenschaftliche Grundlagen zu stellen.

Um 1790 f�hrt Erard in Paris den dreich�rigen Saitenbezug ein, bei dem im Diskant und in der Mittellage f�r jeden Ton drei Saiten vorgesehen werden.

1792 beauftragt Joseph-Ignace Guillotin einen deutschen Klavierbauer – den in Paris ans�ssigen Tobias Schmidt –, eine Vorrichtung zu entwickeln, die unter der Bezeichnung Guillotine makabren Ruhm erwirbt. Nicht zuf�llig wendet sich Guillotin an einen Klavierbauer, denn Klavierbauer haben Erfahrung mit mechanischen Details und den Materialien Holz und Metall. Tobias Schmidt erh�lt auf die Konstruktion ein Patent, und das bringt ihm einigen Reichtum ein, denn in den folgenden Jahren wird das Abschlagen von Menschenk�pfen zu einer gern ge�bten T�tigkeit: Mehr als 16000 Todesurteile werden w�hrend des Gro�en Terrors in Frankreich gef�llt.

1793 stellt Broadwood sein letztes Cembalo her. Als Bach seit ann�hernd zwei Generationen, Mozart seit zwei Jahren tot ist und Beethoven bereits 23 Jahre alt, wird also immer noch Cembalo gespielt.

1794 geht der Tonumfang des Klaviers von C1 bis c'''' und ist damit auf 6 Oktaven erweitert.

1794 baut Johann Adolph Ibach in Beyenburg bei Wuppertal sein erstes Tafelklavier, im Dezember 2007 wird die Produktion eingestellt. Bis dahin war Ibach die �lteste noch bestehende Klavierfabrik, die sich immer noch in Familienbesitz befand und immer noch selber in Deutschland produzierte. In gut 200 Jahren stellte Ibach mehr als 150 000 Instrumente her, die wegen ihres Klangs und ihrer Verarbeitung von der Musikwelt gesch�tzt waren.

1800 baut John Isaac Hawkins in Philadelphia das erste mit heutigen aufrechten Klavieren vergleichbare Instrument.

1800 wird in Lyons der Jacquard-Webstuhl eingef�hrt, der durch Lochkarten gesteuert wird. Sp�ter macht Lochstreifen-Steuerung das automatische Spiel mechanischer Klaviere m�glich.

1802 stellt Broadwood seine Klaviere erstmals mit Hilfe von Dampfmaschinen her. Aus Klaviermanufakturen werden so allm�hlich Industriebetriebe, die nun j�hrlich mehrere hundert Instrumente fertigen k�nnen, bei Broadwood sind es zwanzig Jahre sp�ter bereits 1500 im Jahr.

1804 wird der Tonumfang noch einmal verg��ert und geht von C1 bis f''''.

1811 baut Robert Wornum in London sein Cottage Piano, das das aufrechte Kleinklavier in Europa bald popul�r macht. Man nennt es Pianino oder Piccolo.
Der Name des Erfinders ist �brigens, was man in der Musik einen »Krebs« nennt und in der Sprache ein »Palindrom«. Wenn ich zur Verdeutlichung erkl�rte, da� »otto« der Krebs von »otto« ist, w�re das sicherlich nicht sehr erhellend, aber vielleicht wird’s so deutlicher: »Otto« ist der Krebs von »ottO«. Ein W. Munro, ein Mitglied der Familie, kam n�mlich einst auf die Idee, aus seinem Namen Munro.W und daraus Wornum zu machen.

1816 l��t J. N. M�lzel sein Metronom patentieren, obwohl er die technische L�sung einem anderen verdankt, n�mlich einem Amsterdamer Mechaniker namens Winkel. Sitzungsberichte der k�niglichen Akademie in Amsterdam belegen, da� M�lzel die Priorit�t Winkels zugestehen mu�te. Trotzdem ziert seither die Angabe M.M., M�lzels Metronom, etliche Klaviernoten und gibt den Spielern das Tempo in Schl�gen pro Minute vor (neudeutsch: bpm, beats per minute).
Der erste, der von der neuen M�glichkeit absoluter Tempoangaben ausgiebig Gebrauch macht, ist Beethoven. Dessen Hammerklaviersonate erscheint 1820; das Werk gilt als unspielbar und wird erst Jahrzehnte sp�ter von Franz Liszt aufgef�hrt, mittlerweile geh�rt es zum Standardrepertoire mancher Spitzenpianisten. Die Metronom-Angaben, die Beethoven der Sonate beif�gt, sind allerdings immer noch kaum realisierbar.

1817 geht am 27. Dezember ein Klavier in London auf Schiffsreise. Ein Vierteljahr sp�ter kommt es bei seinem Empf�nger an: bei Beethoven in Wien. Broadwood macht dem schon fast ertaubten Beethoven damit ein Geschenk. Es ist nicht das erste und letzte, das ein prominenter Musiker erh�lt, denn mit illustren Namen f�r ihre Produkte zu werben, wird in der Klavierindustrie zu gern ge�bter Praxis. Allein Beethoven besitzt drei Fl�gel: einen aus dem Jahre 1803 von Erard, den Broadwood von 1817 und einen Graf-Fl�gel von 1825. Und im Hause Franz Liszts, auf der Altenburg bei Weimar, sieht es 1861 aus wie in einer Klavierhandlung, dort stehen ein deutscher Bechstein, ein franz�sicher Erard und Boisselot, ein Wiener Streicher und B�sendorfer und ein ungarischer Beregszay; f�nfzehn Jahre sp�ter kommt auch noch ein Steinway hinzu, au�erdem wird Liszt Besitzer des Beethovenschen Broadwood-Fl�gels von 1817.
Das Dankesschreiben, das Beethoven 1818 schickte, konnte man auf Broadwood’s Internet-Seite lange Zeit nachlesen, ebenso wie das Dankesschreiben von Eug�ne d’Albert auf B�sendorfers Seite.

1821 erfindet der Pariser Sebastian Erard die Repetitionsmechanik, deren Besonderheit darin besteht, da� die Taste nicht erst vollst�ndig in die Ruhestellung zur�ckkehren mu�, um erneut angeschlagen werden zu k�nnen, also wesentlich schnellere Tonwiederholungen erlaubt. Dabei geht es aber nicht nur um Geschwindigkeit, sondern darum, auch langsamere Tonwiederholungen, Triller und manch andere Spielfigur geschmeidiger werden zu lassen.
Erards Erfindung verdr�ngt mit der Zeit alle anderen Mechanikbauweisen, aber das dauert noch ein wenig, denn noch 1867 kann man z.B. in Heinrich Welckers »Der Clavierbau« dar�ber lesen: »Man kann �brigens kaum begreifen, wie es m�glich werden konnte, da� ein solches Machwerk, das weder Dauer noch Pr�zision in sich vereinigt, je Nachahmung fand. Die ganze Zusammenstellung zeigt, da� Herr Erard wenig Kopf f�r mechanische Einrichtung, wohl aber viel Geld f�r Lobredner hatte.«
Die Technik bleibt den Fl�geln vorbehalten und hat bis heute keinen Eingang in die Mechanik des aufrechten Klaviers gefunden (wo sie allerdings auch eher verzichtbar ist; N�heres s. unter

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Fachwissen: »Das Spielwerk von Pianos und Fl�geln«.)
Was in Schriften im Zusammenhang mit Erard und dem Klavier �brigens selten einmal erw�hnt wird, ist, da� Erard mehr noch als am Klavier an der Harfe interessiert war, zu deren Pedalmechanik er Wesentliches beitrug.

1823 erreicht der Tonumfang erstmals 85 T�ne von A2 bis a''''. Dieser Umfang wird zum Standard, auch wenn man ihn sp�ter noch einmal um einige T�ne erweitert.

1825 versieht A. Babcock, Boston, seine Tafelklaviere zum ersten Mal mit einem Eisenrahmen. Die zunehmende Saitenspannung, die ein immer gr��eres Tonvolumen erm�glichte, hatte vorher schon die Verwendung zus�tzlicher Metallspreizen n�tig gemacht, die ihren Zweck jedoch nur unzureichend erf�llten: Eine Klavierstimmung hielt bei starker Beanspruchung selten l�nger als eine Stunde, so da� w�hrend eines Konzertes mehrmals nachgestimmt werden mu�te. Erst der Eisenrahmen machte die Konstruktion stabil genug.

1826 setzt Pape in Paris f�r die Hammerk�pfe Filz ein anstelle des bis dahin �blichen Leders. Die Herstellung des Hammerkopffilzes wird im Laufe der Zeit zu einem Produktionszweig mit speziellem Know-How. Ebenso wird die klangliche Nachbearbeitung des Hammerfilzes, die sog. Intonation, die im fertigen Instrument vorgenommen wird, sp�ter zu einer Spezialt�tigkeit der Klaviertechniker, die l�ngst nicht jeder Stimmer beherrscht.

1826 entwickelt Wornum f�r sein upright piano eine verbesserte Mechanik, die schnell von anderen �bernommen wird. Das Pianino wird im Laufe des Jahrhunderts zum meistgebauten Tasteninstrument der Musikgeschichte.

1828, im Todesjahr Franz Schuberts, gr�ndet Ignaz B�sendorfer in Wien seine Firma.

1829 stellt Rawler das erste Klavier mit Unterd�mpfung her, d.h. die D�mpfer werden nicht mehr oberhalb der H�mmer angebracht. Oberd�mpfung bleibt aber bis ca. 1900 die Standardbauweise.

1830 beginnt der Pariser Claude Montal (1800-1865) als wahrscheinlich erster blinder Klavierstimmer zu arbeiten. Klavierstimmen ist eine T�tigkeit, die sehr gut auch von blinden Menschen ausge�bt werden kann und darum vielen die M�glichkeit bietet, sich ins Arbeitsleben zu integrieren.

1833 ver�ffentlicht Fr�d�ric Chopin als sein Opus 10 den ersten Band seiner Et�den (s. unter

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Noten). Ludwig Rellstab urteilt, »... da�, wer verrenkte Finger hat, sie an diesen Et�den vielleicht wieder ins Gerade bringt, wer nicht, sich aber sehr davor h�ten und sie nicht spielen mu�, ohne Herrn von Gr�fe oder Diefenbach in der N�he zu haben«. Gr�fe und Diefenbach sind zwei Berliner �rzte, »die �berhaupt, wenn diese Art Klavierspiel in Mode kommt, als Assistenten ber�hmter Klavierlehrer vielleicht eine ganz neue Praxis bekommen k�nnten.«
Nicht nur im 19. Jh., sondern immer schon waren die Komponisten Klavierspieler. Chopin aber d�rfte der einzige sein, der fast ausschlie�lich f�r das Klavier schreibt und, obwohl er keine Sinfonie, keine Oper oder sonst ein gro�es Werk hinterlassen hat, zu den bedeutendsten Sch�pfern seiner Epoche z�hlt. Und das, obwohl seine Aktivit�t als Konzertpianist l�cherlich gering ist: Er gibt in seinem ganzen Leben ungef�hr so viele Konzerte wie Liszt in seiner besten Zeit in einem einzigen Monat.

1834 stellt Webster in Birmingham den ersten Gu�stahldraht her, der den bisherigen Eisen- oder Messingdraht an Zugfestigkeit bei weitem �bertrifft, Voraussetzung f�r die weitere Optimierung der Klaviersaiten.

In den Jahren 1838 bis 1847 gibt Franz Liszt etwa dreitausend Konzerte in Europa. Er f�llt die S�le wie nie ein einzelner Musiker vor ihm und erspielt sich ein Verm�gen. »Ich bin in Mode... In 24 Stunden sind f�nfzig Exemplare meines Portr�ts verkauft worden«, schreibt er an Marie d’Agoult. Der Starkult ist ohne weiteres mit dem vergleichbar, den Popmusiker im 20. Jahrhundert ausl�sen: Auch bei Liszts Konzerten fallen begeisterte Damen bisweilen in Ohnmacht.

Um 1840 verbessert Henri Herz in Paris noch einmal die Fl�gelmechanik und gibt ihr, von unwesentlichen �nderungen abgesehen, die endg�ltige heutige Gestalt.

Henri Herz war �brigens nicht nur Klavierbauer, sondern auch Pianist und Komponist. Und er war keineswegs das einzige Multitalent dieser drei Gebiete, denn dasselbe gilt f�r Clementi, Pleyel und Kalkbrenner.

1844, gut hundert Jahre nach Bachs �Wohltemperiertem Klavier�, f�hrt Broadwood die Temperierte Stimmung f�r seine Klaviere ein. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die sich n�mlich noch l�ngst nicht bei allen Stimmern durchgesetzt.

Bis ca. 1850 z�hlt man im Klavierbau bereits mehr als tausend Patente. Ein Vielfaches wird sp�ter noch dazukommen. Vieles davon ist heute weitgehend vergessen, denn zu einem nicht geringen Teil ist die Patentsammlung ein Kabinett von Kuriosit�ten.

1851 sind auf der ersten Weltausstellung in London auch Klavierhersteller vertreten. Zu dieser Zeit produzieren Erard und Pleyel bereits 2300 Instrumente pro Jahr, deutsche Hersteller nur etwa 200.

1853 gr�nden drei Klavierhersteller ihre Firma: Steinway in New York, Bechstein in Berlin und Bl�thner in Leipzig. Drei der auch heute noch ber�hmtesten Marken sind also Kinder desselben Jahres. Allerdings ist dies nicht sonderlich erstaunlich, denn von folgenden Gr�ndungen heute noch existierender Firmen fallen die meisten in die Zeit um 1850:
1828 B�sendorfer in Wien
1834 Th�rmer in Mei�en (heute in Bochum)
1835 Steinweg in Braunschweig (seit 1865 Grotrian-Steinweg,

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s.u.)
1845 R�nisch in Dresden (heute in Leipzig)
1846 Sauter in Spaichingen
1849 Seiler in Liegnitz (heute in Kitzingen)
1851 Feurich in Leipzig (heute in Gunzenhausen)
1852 Steingraeber in Bayreuth
1853 Bechstein in Berlin
1853 Bl�thner in Leipzig
1853 Steinway New York
1859 F�rster in L�bau
1862 Pfeiffer in Stuttgart
1862 Baldwin in Cicinnati/USA
1875 Euterpe in Berlin (heute bei Bechstein)
1880 Steinway Hamburg
1885 Schimmel bei Leipzig (heute in Braunschweig)

Henry Steinway war 1851 nach Amerika ausgewandert, 1865 folgt ihm sein Sohn Theodor und verkauft sein Gesch�ft in Braunschweig, wo die Familie sich noch Steinweg nannte, an drei seiner Angestellten, die dann als »Steinweg Nachf.« firmieren, unter ihnen Wilhelm Grotrian. �ber die Benutzung des Markennamens entbrennt zwischen beiden Firmen ein Rechtsstreit, der sich mehr als hundert Jahre hinziehen soll. Erst 1980, als der Familienbetrieb Steinway bereits von CBS �bernommen worden ist, kommt es zu einer endg�ltigen Einigung: In Europa darf Grotrian seine Klaviere als Grotrian-Steinweg verkaufen, au�erhalb Europas nur als Grotrian.

1855 stellt Steinway in New York den kreuzsaitigen Bezug in Kombination mit gu�eisernem Rahmen vor, was schlie�lich zur modernen Grundform des Klaviers wird. Steinway war nicht der erste, der damit experimentierte, jedoch der erste, der eine brauchbare Kreuzbesaitung f�r den Fl�gel schuf.
Kreuzsaitig hei�t die Anordnung deswegen, weil die Ba�saiten die Diskantsaiten �berkreuzen. Das spart nicht nur Platz, sondern erlaubt auch l�ngere Ba�saiten und f�hrt durch g�nstigere Anordnung der Resonanzbodenstege zu besserem Schwingungsverhalten.

1856 erscheint in Warschau die bis dahin wohl erfolgreichste Klavierkomposition – erfolgreich sicherlich nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer musikalischen D�rftigkeit. Die Komponistin hei�t Thekla Badarzewska-Baranowska, das »Werk« tr�gt den hintergr�ndigen Titel Gebet einer Jungfrau und wirkt heute, als Inkarnation der Trivialit�t schlechthin, wie seine eigene Parodie (

Warum heißt das Klavier auch Piano?
Noten). �hnlich beliebt wurde vielleicht nur noch die Melodie in F von Anton Rubinstein, die einst zu den popul�rsten Melodien der seichten Klassik geh�rte (
Warum heißt das Klavier auch Piano?
Noten).

1863 st�rmt die russische Armee das Warschauer Zamoyski-Palais und wirft das Klavier Chopins aus dem Fenster.

1866 f�hrt die s�chsische Pianoforte-Fabrik R�nisch die Vollpanzerplatte f�r den Fl�gel ein. Gepanzert bedeutet, da� die Platte den Stimmstock, also das Brett, in dem die Wirbel zum Stimmen der Saiten sitzen, vollst�ndig bedeckt. R�nischs Platte war stabiler als bisherige, und das Prinzip seiner Konstruktion wurde von allen Klavierbauern �bernommen; es ist bis heute Standardbauweise.

1866 baut Broadwood sein letztes Tafelklavier, das vom aufrechten Piano immer mehr verdr�ngt wird.

1866 findet am Halloween-Tag das Einweihungskonzert der Steinway Hall statt, ein Marmorbau, der neben Ausstellungsr�umen f�r die Instrumente den zweitgr��ten Konzertsaal in New York beherbergt, in dem 2000 H�rer Platz finden. Steinway ist nicht der erste Klavierhersteller, der mit Konzertr�umen f�r seine Instrumente wirbt. In Wien hatte bereits Johann Streicher einen �ffentlichen Saal in seiner Klavierfabrik eingerichtet, in Paris haben Erard und Pleyel eigene S�le, in Wien B�sendorfer, in London Bechstein, in Leipzig Bl�thner, in Berlin St�cker. Heute gibt es in der Hamburger Steinway-Niederlassung einen bescheideneren Horowitz-Saal f�r hundert Personen.
Die Hersteller nutzen aber nicht nur Konzerte f�r ihre Publicity, sondern viele veranstalten bis heute Klavierwettbewerbe f�r den Pianisten-Nachwuchs.

1868 erfindet der franz�sische Instrumentenbauer Charles Victor Mustel die Celesta (die �Himmlische�), ein Tasteninstrument, bei dem nicht Saiten den Ton erzeugen, sondern Metallplatten, deren hoher Klang dem eines himmlischen Gl�ckchens �hnelt (jedenfalls nahm der Namensgeber das an, denn bisher hat niemand ein himmlisches Gl�ckchen h�ren k�nnen). Das Instrument findet in romantischer Orchestermusik gelegentlich Verwendung.

Um 1870 h�lt durch die Arbeiten des Physikers Hermann von Helmholtz die Wissenschaft Einzug in den Klavierbau. Theodor Steinway arbeitet eng mit ihm zusammen, verwendet neue Methoden der Saitenberechnungen und entwickelt die sog. Duplex-Skala, bei der das tote Saitenende mitschwingt und wesentlich zur Brillanz des Klangs beitr�gt. Die Erfindung ist nicht neu, schon 1822 hatte Collard, London, sie benutzt.
Steinway entdeckt au�erdem eine neue Legierung f�r die Eisenplatten, die doppelt so hart wie die herk�mmliche ist, eine wesentlich niedrigere Eigenfrequenz hat und damit dem bis dahin zu blechernen Klang beikommt und etwa dem Dreifachen an Zugkraft standh�lt.

1872 erscheint Der Pianofortebau von Bl�thner und Gretschel; das Lehrbuch bleibt viele Jahrzehnte lang das Standardwerk zum Klavierbau.

1874 gibt es bei Steinway den ersten Fl�gel mit drei Pedalen. Das dritte, mittlere Pedal hat eine �hnliche Funktion wie das rechte: Man kann damit die T�ne weiterklingen lassen, ohne die Tasten gedr�ckt halten zu m�ssen. Im Gegensatz zum rechten wirkt es jedoch nur auf bereits angeschlagene, nicht auf alle T�ne, und �bernimmt dadurch sozusagen die Funktion einer dritten Hand. Es gibt in der Klaviermusik allerdings nur sehr wenige Stellen, wo man es anwenden k�nnte, so da� das dritte Pedal genauso oft unbenutzt bleibt wie die allerletzten Diskantt�ne.
Die Vorrichtung geht auf den blinden Klavierstimmer Claude Montal zur�ck, der ihre Beschreibung 1856 ver�ffentlicht unter dem Titel »L’Art d’accorder soi-m�me son piano«.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird in Einzelf�llen an »Verbesserungen« der Tastenanordnung gearbeitet:

1874 gibt es eine Chromatische Klaviatur von Vincent, bei der konsequent jede zweite Taste eine Obertaste ist. Im Gegensatz zur herk�mmlichen Anordnung, bei der sich zwischen den T�nen e-f und h-c keine Obertaste befindet, liegen dadurch die T�ne c, d, e, fis, gis und ais auf Obertasten, die T�ne des, es, f, g, a und h auf Untertasten.
1878 gibt es eine zweimanualige Tastatur von Mangeot, bei der auf dem oberen Manual die T�ne in entgegensetzter Richtung angeordnet sind.
1883 l��t der Mathematiker Paul von Jank� (1856-1919) eine Klaviatur patentieren, bei der sechs Terrassen von Tasten chromatisch so angeordnet sind, da� Skalen s�mtlicher Tonarten mit demselben Fingersatz gespielt werden k�nnen, Akkordgriffe vereinheitlicht sind und der Hand eine Spannweite bis zur Oktavsext erm�glicht wird. Die Idee gewinnt einige Popularit�t, 27 Hersteller aus �sterreich und Deutschland bauen Instrumente mit Jank�-Klaviaturen, 1906 wird das Spiel auf der Jank�-Klaviatur am Scharwenka-Konservatorium in Berlin als Lehrfach eingef�hrt, 1905 wird zwecks Verbreitung der Idee in Wien ein Jank�-Verein gegr�ndet, der erst 1965 wegen Mitgliederr�ckgangs und �beralterung aufgel�st wird. Details zur Tastatur finden Sie hier:

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Jank�-Klaviatur

Daneben gibt es Versuche mit verschiedenen Formgebungen, z.B. bogenf�rmigen Klaviaturen. Und es gibt Ans�tze, das Klavier wie die Orgel zu einem Pedal-Instrument zu machen, Erard, Pleyel in Paris und Pfeiffer in Stuttgart bauen Klaviere mit Pedal-Klaviaturen.

Da Standards sich nur schwer durchbrechen lassen, hat sich von all dem nichts durchgesetzt, und heute wird die Tradition der Spielereien und musikalischen Gimmicks auf andere Weise vornehmlich auf elektronischen Instrumenten fortgef�hrt.
Aber so ganz sterben die Eigenbr�tler nicht aus, und vereinzelt gibt es weiterhin Bem�hungen, nicht nur die Gestalt der Klaviatur zu reformieren, sondern die Notenschrift gleich mit. Ein Beispiel hierf�r ist das System von Johannes Beyreuther: www.beyreuther-musikprinzip.de

Ein weiteres Kuriosum wird von Pleyel entwickelt, n�mlich der Zwillingsfl�gel. Als Instrument f�r Klavierduos ist er als kastenf�rniger Doppelfl�gel gestaltet, der an beiden Enden eine Klaviatur besitzt, so da� sich die beiden Pianisten gegen�ber sitzen. Etwa 50 dieser Instrumente werden bis 1930 gebaut, die meisten wurden in den Weltkriegen zerst�rt. Ein Zwillingsfl�gel von 1904 immerhin wird auch heute noch bisweilen im Konzert gespielt, n�mlich von dem Klavierduo Egri & Pertis, auf deren Website man Abbildungen des Instruments findet: www.egri-pertis.com

1878 patentiert Bl�thner sein Aliquot-System, bei dem im Diskant den jeweils drei Saiten pro Ton eine vierte hinzugef�gt ist, die nicht angeschlagen wird, aber durch Resonanz mitschwingt – ein Prinzip, das andere schon bei alten Klavichorden angewandt hatten.

1880 gr�ndet die New Yorker Firma Steinway in Hamburg ein Zweigwerk. Dort entstehen noch heute die europ�ischen Steinway-Fl�gel.

1880 findet in Sydney eine Weltausstellung statt. Anders als bei der ersten Ausstellung 1851 in London, als die deutsche Klavierproduktion hinter Frankreich und England noch zur�ckstand, sind nun 50 Klavierhersteller aus Deutschland vertreten gegen�ber 21 aus Frankreich, 15 aus Australien, 12 aus England und 4 aus den USA.

1882 gr�nden die Gebr�der Bongardt das Stahl- und Drahtwerk R�slau, das bis heute den Klavierbauern Saitendraht von hoher Qualit�t liefert.

1882 bauen die Leipziger Klavierhersteller Fischer und Fritz ein Klavier, das sie das �Unverstimmbare� nennen: ein Adiaphon. Zur Klangerzeugung werden keine Saiten, sondern Stimmgabeln benutzt. Dadurch ist das Instrument zwar tats�chlich weder verstimmbar, noch stimmbar, aber sein Klang ist zu leise, zu wenig modulierbar und zu langweilig, um von irgendeinem musikalischen Nutzen zu sein.

1885 versucht die Stimm-Konferenz in Wien eine international genormte Tonh�he einzuf�hren und legt den Stimmton a' auf 435 Hz fest – dringend n�tig, denn die Uneinheitlichkeit der Stimmungen f�hrt zu vielen praktischen Problemen der Musiker wie der Instrumentenbauer und Stimmer. 1849–1854 benutzt Broadwood eine Stimmtonh�he von 445,9 Hz, die 1874 auf 454,7 Hz ansteigt. 1877 stand Collard’s Tonh�he auf 449,9 Hz, Steinways Londoner Niederlassung benutzte 1879 454,7 Hz. Erard stimmte auf 455,3 Hz, Chappell 1877 auf 455,9 Hz.
Doch auch nach dieser Konferenz wird die Stimmtonh�he keineswegs einheitlich und mu� sp�ter noch einmal neu definiert werden.

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1939

1887 baut der japanische Uhrmacher Torakusu Yamaha sein erstes Musikinstrument, 1900 beginnt die Produktion von Klavieren, 1902 von Fl�geln. Hundert Jahre sp�ter ist Yamaha der gr��te Klavierhersteller der Welt, baut in einer Woche so viele Klaviere wie Steinway in einem ganzen Jahr und fertigt mit j�hrlich 280.000 Instrumenten ein Drittel der Weltproduktion.
�brigens nicht nur Billig-Instrumente: Yamaha hat sich sehr um Zusammenarbeit mit Steinway bem�ht und wollte in Japan die Steinway-Vertretung �bernehmen. Als Steinway endg�ltig ablehnt, entschlie�t sich Yamaha, selber in den Konzertfl�gelmarkt einzusteigen. Der vielleicht genialste (mit Sicherheit umstrittenste) Pianist des 20. Jh., Glenn Gould, hat, seit sein Steinway bei einem Transport vom LKW fiel, seine Schallplattenaufnahmen nur noch auf einem Yamaha-Konzertfl�gel gemacht (u.a. seine legend�re zweite Einspielung der Goldberg-Variationen).

1891 erg�nzt Steinway als erster die letzte Diskant-Oktave, so da� der Tonumfang nun von A2 bis c''''' reicht. Obwohl die letzten T�ne noch nie jemand vermi�t hatte, sahen sich alle Hersteller bem��igt, dem Beispiel zu folgen. Seither besitzen alle Klaviere T�ne, die kaum jemand benutzt, weil sie auch in sp�ter geschriebener Musik selten vorkommen. Immerhin machen aber z.B. Chatchaturjan (»Toccata«) und Ravel (»Jeux d’Eau«) von ihnen Gebrauch, Ravel scheut sich allerdings auch nicht, »falsche« T�ne zu benutzen, wo die Tastatur nicht ausreicht: In den Jeux d’Eau schreibt er unverfroren ein Subkontra-A vor, wo ein Subkontra-Gis hingeh�rte � der vielleicht ber�hmteste falsche Ton der Klaviermusik.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bescheren drei Dinge dem Klavierabsatz einen bedeutenden Aufschwung:

• der Ragtime, der einen Klavierboom entfacht wie sp�ter der Rock’n roll einen Gitarrenboom – Scott Joplins Maple Leaf Rag (s. unter

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Noten

) wird die erste Notenausgabe, von der sich mehr als eine Million Exemplare verkaufen lassen;

• die Erfindung des mechanischen Klaviers, des Pianolas, das sozusagen die Musicbox dieser Zeit darstellt; um ca. 1920 sind in Amerika mehr als die H�lfte aller Instrumente mechanische Klaviere; und

• der Stummfilm, der den Pianisten ein neues Bet�tigungsfeld und den Klavierherstellern mit den Lichtspielh�usern einen neuen Kundenkreis erschlie�t.

1899 stellt die amerikanische Aeolian Company das Pianola der �ffentlichkeit vor, dessen Entwicklung 1895 mit dem Aeriol begonnen hatte. Zus�tzlich zu mechanischen Klavieren gibt es den Automaten auch als Vorsatzger�t, mit dem jedes Klavier zum automatischen Instrument erweitert werden kann. Er funktioniert durch pneumatischen Unterdruck, den L�cher in einer Papierrolle steuern; �hnlich wie bei den Lochkarten aus fr�hen Computer-Tagen sind auf ihr die Musikst�cke als Lochmuster abgespeichert. Weitere Hersteller folgen mit �hnlichen Vorrichtungen, bspw. der deutsche Klavierbauer Hupfeld mit dem Phonola.
1930 komponiert Igor Strawinsky eine Et�de f�r das Pianola.

1900 vergr��ert B�sendorfer mit seinem Fl�gelmodell »Imperial« noch einmal den Tonumfang und erweitert ihn nach unten auf volle 8 Oktaven (97 statt 88 Tasten). Die Anregung dazu gab Feruccio Busoni. F�r Spieler, die der Anblick zus�tzlicher Ba�-Tasten verwirrt, sieht man eine Blende vor, mit der man sie abdecken kann (heute verzichtet B�sendorfer auf die Abdeckung und f�rbt stattdessen die »�berfl�ssigen« letzten wei�en Tasten schwarz).
Pianisten, die auf dem B�sendorfer konzertieren, k�nnen damit Ravels »falsches« Subkontra-A in den »Jeux d’Eau« (1902), das ein Subkontra-Gis sein m��te, richtig spielen � Steinway-Enthusiasten m�ssen sich mit Ravels falschem Ton begn�gen.
Mit dem Modell 225 baut B�sendorfer zus�tzlich einen kleineren Fl�gel, dessen Ba� immerhin noch bis zum Subkontra-F reicht, also eine Terz tiefer als heutiger Standard (92 statt 88 Tasten).
Der »Imperial« bleibt mit 290 cm der l�ngste moderne Fl�gel der Welt, bis die junge italienische Nobelfirma Fazioli einen noch gr��eren mit 308 cm L�nge baut. Die meisten Konzertfl�gel anderer Firmen haben einen L�nge von ca. 270 cm.

1904 stellt der Freiburger Orchestrion-Fabrikant Edwin Welte den Welte-Mignon-Fl�gel vor, mit dem das Spiel namhafter Pianisten auf Lochstreifen aufgezeichnet und mittels pneumatischer Mechanik auf einem Welte-Fl�gel wiedergegeben werden konnte. Noch heute sind viele Papierrollen erhalten, die auf restaurierten Fl�geln abgespielt werden k�nnen, darunter Aufnahmen von Edvard Grieg, Richard Strauss, Claude Debussy und vielen anderen; ebenso viele wurden allerdings durch den zweiten Weltkrieg zerst�rt.

Am 24. Mai 1904 versammeln sich in New Jersey zahlreiche Klavierh�ndler und viele Zuschauer zu einer bizarren Aktion: der �ffentlichen Verbrennung alter Tafelklaviere. Sinn des riesigen Scheiterhaufens ist es, den Klaviermarkt zu beleben.
(2009 hat die Bundesregierung Deutschland dieselbe seltsame Idee und zahlt jedem Bundesb�rger, der sein altes Auto zerst�ren l��t und ein neues kauft, eine Abwrackpr�mie.)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es ein F�lle von Klaviermarken und -modellen und damit eine Klangvielfalt im Klavierbau wie seither nicht wieder. Heute beherrschen nur noch wenige Hersteller die Klangcharaktere im Konzertsaal, allen voran der Steinway-Klang, der zum standardisierten Ideal geworden ist, dem Vielfalt und Farbigkeit geopfert sind.

Um 1900 gibt es:

in Einwohner Klavierfabriken
Paris 3,5 Mio. 50 (eine Fabrik pro 70.000 Einwohner)
London 7,0 Mio. 175 (eine Fabrik pro 40.000 Einwohner)
New York 3,7 Mio. 130 (eine Fabrik pro 28.000 Einwohner)
Berlin 2,0 Mio. 175 (eine Fabrik pro 11.000 Einwohner)

Die j�hrliche Klavierproduktion betr�gt in Deutschland ca. 73.000, in England 35.000, in Amerika 25.000 und in Frankreich 20.000 Instrumente. Auf jede Fabrik kommt ein Mehrfaches an Klavierhandlungen, und zu einem nicht zu vernachl�ssigenden Wirtschaftszweig werden die Zulieferbetriebe: Allein mit der Herstellung von Klavierleuchtern kann man reich werden. Und ebenso �ppig wie das Zubeh�r-Gesch�ft floriert der Verkauf von Noten.

In jedem Haushalt, der es sich leisten konnte, stand genauso selbstverst�ndlich ein Klavier, wie heute in jedem ein Fernsehger�t steht. Wie h�tte man sich bis dahin auch anders die Musik ins Haus holen k�nnen? Und das Klavier war (und ist bis heute), das Musikinstrument, mit dem man sich jede Art von Musik ins Haus holen kann, denn nur mit ihm l��t sich der gesamte Tonbereich aller Instrumente wiedergeben. Und am Ende des 19. Jahrhunderts gibt es eben andere Wiedergabeger�te noch nicht.

1900 schreibt der Musikkritiker Eduard Hanslick (1825�1904) in »Aus neuer und neuster Zeit«:
Sie w�nschen meine Ansicht �ber jene unbarmherzige moderne Stadtplage zu h�ren, die es heute gl�cklich zu der ehrenvollen Bezeichnung "Clavierseuche" gebracht hat. [...]
Ich glaube allen Ernstes, da� unter den hunderterlei Ger�uschen und Mi�kl�ngen, welche tags�ber das Ohr des Gro�st�dters zermartern und vorzeitig abstumpfen, diese musikalische Folter die aufreibendste ist. In irgend eine wichtige Arbeit oder ernste Lect�re vertieft, der Ruhe bed�rftig, oder nach geistiger Sammlung ringend, m�ssen wir wider Willen dem entsetzlichen Clavierspiel neben uns zuh�ren; mit einer Art gespannter Todesangst warten wir auf den uns wohlbekannten Accord, den das liebe Fr�ulein jedesmal falsch greift; wir zittern vor dem Laufe, bei welchem der kleine Junge unfehlbar stocken und nun von vorn anfangen wird. [...]
Diejenigen, die heute bereits Clavier spielen � worunter wohl f�nfzig St�mper auf einen K�nstler kommen � verm�gen wir am Aus�ben ihrer Fertigkeit nicht zu hindern; wir k�nnen aber � Jeder in seinem Kreise � dahin wirken, da� k�nftig nicht mehr so Viele Clavier spielen lernen.

Nach 1920 kehrt sich die Entwicklung um, denn nun zieht das Grammophon, bereits 1877 von Thomas A. Edison erfunden, in die H�user ein. Das mechanische Klavier wird �berfl�ssig, und um Musik h�ren zu k�nnen, bedarf es nicht mehr der Anwesenheit von musizierenden Menschen.
Doch der negative Trend nimmt bald wieder eine andere Richtung, nicht zuletzt dank eines moderneren Klavierunterrichts, der das Musizieren in den Vordergrund vor das von der Musik losgel�ste Tonleiter-Studium stellt, und dank der Einsicht, da� musikalische Bildung Charakterbildung ist und praktisches Musizieren nicht durch Grammophon-H�ren ersetzt werden kann. 1939 berichtet das amerikanische Magazin Fortune, da� mehr Kinder Klavierunterricht h�tten als je zuvor in der Geschichte.

Zwischen zeitgen�ssischer Kunstmusik und Musik, die bei vielen Menschen popul�r ist, entwickelt sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts eine Schere, die heute immer noch weiter auseinander zu gehen droht: Die Popularmusik wird immer platter und dilettantischer, die Kunstmusik immer abgehobener und betriebsblinder.
Zeichen daf�r ist z.B. die Entwicklung des Viertelton-Klaviers, das 1924 von F�rster und 1925 von Grotrian-Steinweg vorgestellt wird. F�rsters L�sung benutzt daf�r zwei �bereinanderliegende Klaviaturen, Grotrian eine zwanzigstufige Tastatur. Heute steht das einzige erhaltene Exemplar eines Vierteltonfl�gels im Prager Nationalmuseum.
Neben der Viertelt�nigkeit wird mit anderen und noch kleineren Unterteilungen experimentiert bis zu Zw�lftel- und Sechzehntelton-Musik. Bereits 1906 ersinnt der Komponist und Pianist Feruccio Busoni eine Aufteilung der Oktave in Drittel- und Sechstelt�ne, und noch 1958 verwirklicht Sauter ein Sechzehntelton-Klavier, das mit 97 Tasten mehr T�ne hat als ein herk�mmliches Instrument, aber lediglich den Tonumfang einer Spielzeugfl�te, n�mlich eine Oktave; es wird auf Anfrage auch heute noch gebaut.
Die Ideen zu solch neuen Tonsystemen entstehen in derselben Zeit, n�mlich ab 1921, in der Sch�nberg beginnt, konsequent dodekaphonisch zu komponieren (ZW�LF-t�nig, nicht ZW�LFTEL-t�nig, sondern mit unserer herk�mmlichen HALB-t�nigen Skala, die aus zw�lf chromatischen Schritten pro Oktave besteht); zwar hatte er bereits vorher frei atonal geschrieben, das strenge Regelwerk der Dodekaphonie aber dann erst konsequent angewandt.
Sch�nbergs Versuch, die Musik zu modernisieren und aus ihrer sp�tromantischen Sackgasse herauszuf�hren, ist einer der aufrichtigsten und ehrenwertesten der Musikgeschichte. Aber alle diese Versuche f�hren letztlich in eine neue Sackgasse, denn au�er einigen wenigen Intellektuellen erscheint diese Musik selten jemandem genie�bar.

Ab ca. 1930 beginnt die Entwicklung erster elektronischer Tasten-Instrumente, z.B. mit dem Neo-Bechstein-Fl�gel und mit F�rsters Elektrochord, bei denen die Saitenschwingungen elektromagnetisch abgenommen werden. 1935 baut Laurens Hammond, ein Fabrikant elektrischer Uhren aus Chicago, die erste Hammond-Orgel, sie wird bis in die 60er Jahre beliebtes Unterhaltungsinstrument. 1959 entwickelt Yamaha seine erste elektronische Orgel, Electone genannt. Sp�ter kommen Synthesizer und Sample-Player hinzu. Der heutige Stand der zunehmenden Elektronisierung und Digitalisierung ist, da� es nicht einmal mehr einer Klaviatur bedarf, denn auch wer noch nie eine Note gemalt und nie gelernt hat, einen sauberen Satz per Hand zu schreiben, kann Musik dank MIDI, Sequenzer-Programmen, Klangsynthetisierung und Sample-Bibliotheken am Computer mit der Maus zusammenklicken.

1934 baut Challen & Sons den weltgr��ten Fl�gel als Einzelst�ck, »in Honour of the Silver Jubilee of their Majesties King George V and Queen Mary«. Das Instrument ist 355 cm lang, wiegt ca. 1,3 Tonnen und hat eine Gesamt-Saitenspannung von �ber 30 Tonnen. Seine l�ngste Ba�saite mi�t 302 cm.

1935 baut die Haddorf Piano Company ein Klavier, das mit 114 cm H�he kleiner ist als alle bisherigen Instrumente. Es ist die Geburtsstunde des modernen Kleinklaviers, das nicht nur eleganter ist, sondern auch um ca. ein Viertel billiger. Die anderen Hersteller greifen die Idee schnell auf, nur die Klavierstimmer sind vielerorts nicht begeistert, denn die k�rzeren Ba�saiten erzeugen unsauberere T�ne und sind schwer stimmbar, weshalb sich manche weigern, solche Instrumente �berhaupt zu betreuen. Verbesserungen bei der Berechnung der Saitenmensuren haben dieses Problem mittlerweile gemildert.

1936 macht die Hindenburg, der Zeppelin LZ 129, ihren Jungfernflug in die USA. Zur luxuri�sen Bordausstattung geh�rt ein Fl�gel, den der Hersteller Bl�thner extra f�r die Hindenburg baut. Um Gewicht zu sparen, verwendet Bl�thner m�glichst viele Aluminiumteile; damit es h�bscher aussieht, werden sie mit Schweinsleder bezogen. W�hrend des Jungfernflugs bestreitet der Dresdner Pianist Franz Wagner das erste Klavierkonzert �ber den Wolken. Ob es seither das einzige geblieben ist, wei� ich nicht.
Die Hindenburg-Katastrophe, der Absturz des Zeppelins in Lakehurst im Jahr 1937, bleibt dem Fl�gel erspart, denn da steht er als Ausstellungsst�ck bereits im Bl�thner-Werk in Leipzig. Dort f�llt er 1943 einem Luftangriff zum Opfer.

1938 ver�ffentlicht O. L. Railsback im »Journal of the Acoustical Society of America« einen Beitrag mit dem Titel »Scale Temperament as Applied to Piano Tuning«. Er erkl�rt darin als erster, warum eine Klavierstimmung nach theoretisch errechneten temperierten Frequenzwerten falsch klingt: Das Obertonspektrum der Klaviersaiten ist nicht genau harmonisch, und diese Inharmonizit�t verlangt immer eine Korrektur der errechneten Frequenzwerte. (N�heres siehe unter

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Fachwissen � Klavierbau)

1939 einigt sich die Londoner Konferenz der ISA (International Federation of the National Standardizing Associations) auf eine internationale Stimmtonh�he von a' = 440 Hz. Die ist bis heute Standard, wird aber immer noch nicht �berall eingehalten.

Die Wirren des zweiten Weltkrieges verstricken auch die Klavierhersteller in die Machenschaften der Politik. So mu� die deutsche Niederlassung von Steinway f�r das NS-Regime Flugzeugattrappen, Stockbetten und aus kostbaren Rotbuchen-Vorr�ten Gewehrsch�fte bauen, w�hrend die Mutterfirma in New York sich mit dem Bau von Lastenseglern f�r das Milit�r �ber Wasser h�lt. Ein und dieselbe Firma beliefert so zwei einander feindliche Seiten.
Nicht besser dran ist Koiichi Kawai in Japan, dessen Fabrik von der Regierung zum Zulieferer f�r die Flugzeug-Industrie bestimmt wird und die Klavierproduktion bis zum Ende des Krieges einstellt.

Um 1960 scheitert der Versuch, im Klavierbau neue Materialien einzusetzen: Steinway ersetzt die herk�mmlichen Achslager durch Buchsen aus Polytetrafluor�thylen, das f�r die Weltraumforschung entwickelte Teflon der Chemiefirma DuPont, das hohe Reibungsfreiheit mit weitgehender Feuchtigkeitsunempfindlichkeit verbindet. Das Holz jedoch, in das die Buchsen eingesetzt werden, bleibt weiterhin feuchtigkeitsempfindlich, so da� bei Regenwetter die Achsen klemmen, h�ufiger als beim herk�mmlichen flexibleren Filz-Lager, und bei Trockenheit sich die Buchsen l�sen und klappern. Reum�tig kehrt Steinway zum Filztuch als Achslager zur�ck.

1971 verfa�t der Europa-Rat eine Resolution, in der sich alle L�nder verpflichten, die Stimmtonh�he einzuhalten und besser ins allgemeine Bewu�tsein zu tragen, z.B. indem f�r Telefon-Freizeichen ein 440-Hz-Ton verwendet wird. 90 Jahre nach der Wiener Stimmkonferenz und 30 Jahre nach der Londoner Konferenz der ISA h�lt man das immer noch f�r n�tig; wohl nicht ganz ohne Grund, denn auch heute wird diese Norm nicht zuverl�ssig eingehalten und die Stimmtonh�he meistens �berschritten; bei vielen Orchestern hat sich eine Stimmung von ca. 443 Hz mittlerweile als neuer Standard etabliert.

1975 gibt es bei Kawai die ersten Mechaniken aus ABS-Kunststoff, der gegen�ber Holz den Vorteil hat, unempfindlich f�r Klimaschwankungen zu sein, und ma�genauere Fertigung der Teile erm�glicht. Die Technik wird stetig weiterentwickelt, und heute sind Mechanikteile aus ABS-Karbon bei Kawai Standard.

1981 – in einer Zeit, in der man wohl eher von Konsolidierung des Klaviermarktes als von Gr�nderepoche sprechen kann – wagt Paolo Fazioli die Er�ffnung einer neuen Klavierfabrik in Sacile bei Venedig. Fazioli stellt mit seinem Team allerdings keine Allerweltsware her, sondern reiht sich von Beginn an in die Liste der weltweit vier bis f�nf Spitzenhersteller ein.

1983 wird auf der NAMM-Show in den USA das Musical Instrument Digital Interface (MIDI) vorgestellt, mit dem sich elektronische Tasteninstrumente vernetzen lassen. Die Weiterentwicklung f�hrt zu Sample-Playern und Digitalpianos, die sich heute auch die Klavierhersteller zunutze machen. Fast jeder n�mlich bietet mittlerweile Klaviere an, die zwischen digitaler und akustischer Tonerzeugung umschaltbar sind, so da� ein Musizierender auf Kopfh�rer-Wiedergabe ausweichen kann, um die Nachbarn nicht zu st�ren. Allerdings mu� er dann auf den realen Klang eines akustischen Instruments verzichten, der durch Digitalpianos nicht ersetzbar ist.

1986 stellt B�sendorfer einen Computer-Fl�gel vor, Modellbezeichnung 290SE, der sozusagen die Idee des Welte-Fl�gels wieder aufgreift: Das Spiel eines Pianisten wird an den Tasten durch Sensoren abgegriffen, elektronisch abgespeichert und kann jederzeit mit demselben Fl�gel genauso wiedergegeben werden, wie es eingespielt wurde, dank technischen Fortschritts und Computer wesentlich genauer, als das mit dem Welte-Fl�gel m�glich war. (Das »SE« in der Typenbezeichnung ist eine Abk�rzung f�r Stahnke Electronics, 290 gibt die L�nge des Fl�gels in cm an.) Nach dem elektrischen Klavier, nach dem Welte-Fl�gel und nach der Einf�hrung von MIDI, das nur Tastenbefehle aufzeichnet und keine Audio-Daten, ist damit zum vierten Mal das automatische Klavier erfunden, diesmal in einer High-End-Version, die kaum noch W�nsche offen l��t – au�er dem, es auch bezahlen zu k�nnen.
B�sendorfer entwickelt das ganze sp�ter weiter zum CEUS-System (mit der sinnigen Bedeutung: Create Emotions with Unique Sound), das in jeden Fl�gel auch nachtr�glich eingebaut werden kann.
Erschwinglicher ist Yamahas Version eines automatischen Klaviers, das sogenannte Disklavier, das ebenfalls 1986 zum ersten Mal vorgestellt wird und das die Aufzeichnung und Wiedergabe mechanischen Spiels mit zahlreichen MIDI-M�glichkeiten und -Spielereien kombiniert.
Als CEUSmaster gibt es von B�sendorfer mittlerweile auch ein Digitalpiano, das aber mit einer richtigen Fl�gelmechanik ausgestattet ist. Das Instrument befand sich bis 2008 noch in der Test- und Entwicklungsphase, seither h�rt man nichts mehr davon.

1987 stellt Fazioli den mit 308 cm L�nge gr��ten modernen Konzertfl�gel der Welt vor.

Im selben Jahr wird der �ffentlichkeit ein Kuriosum pr�sentiert: das Klavins-Piano, nicht mit einer L�nge, sondern mit einer H�he von 370 cm. Wer �ber zwei Geschosse verf�gt und bereit ist, f�r ein Klavier die Zwischendecke einzurei�en, kann sich getrost an Davids Klavins wenden...
Warum Klavins sich in den Kopf gesetzt hat, mit gro�em Aufwand ein unpraktikables Klavier zu entwerfen, mu� Geheimnis bleiben. Immerhin hat er aber auch ein Fl�gel-Projekt in Arbeit, und was er daf�r zu der traditionellen Spiel-Mechanik zu sagen hat und zu Holz, Filz und Leder gegen�ber modernen Materialien, halte ich f�r bedenkenswert (s. www.klavins-pianos.com).

1991 stellt ein weiterer, kleinerer italienischer Klavierbauer, Luigi Borgato zusammen mit seiner Frau Paola Bianchi einen Konzertfl�gel vor, dessen Diskant ab dem f' vierch�rig ist, also vier statt drei Saiten pro Ton besitzt – eine Idee, die auf Beethoven zur�ckgeht, der von dem Klavierbauer Graf einst einen vierch�rigen Fl�gel bauen lie�, der im Beethovenhaus in Bonn besichtigt werden kann.
Au�erdem versucht Borgato, den Pedalfl�gel wiederzubeleben, und baut mit seinem Doppio Borgato ein Instrument, das aus zweien besteht, n�mlich einem normalen Konzertfl�gel und einem zweiten Fl�gelgeh�use, das unter dem ersten liegt und mittels Pedalklaviatur gespielt wird (s. www.borgato.it).

1995 l��t der niederl�ndische Klavierbauer Cornelis Jacob de Baat jr. ein Crystal Soundboard, n�mlich einen Resonanzboden aus Glas patentieren. Vorteil des ungew�hnlichen Materials ist seine Unempfindlichkeit gegen�ber Schwankungen der Luftfeuchtigkeit und dadurch eine bessere Stimmhaltung des Instruments. Erh�ltlich sind diese Glasb�den heute bei der Firma Stemco in Monnickendam bei Amsterdam, sie k�nnen in jedes Klavier eingebaut werden (s. http://www.stemco.nl).

1998 greift die amerikanische Firma Steinbuhler & Co (s. www.steinbuhler.com) eine alte Idee eines Mitarbeiters des Instituts f�r Musikwissenschaft in Leipzig, Prof. Goldhammer, wieder auf und entwickelt in den Jahren 1998-2005 auswechselbare Tastaturen f�r kleine H�nde, n�mlich in 7/8- und 15/16-Gr��e, die sich in den eigenen Fl�gel einbauen lassen. (Ob solche Insell�sungen und die Aufgabe eines Standards sinnvoll sind, m�gen diejenigen Fl�gelbesitzer mit kleiner Handspanne entscheiden, die die Zusatzkosten f�r den Umbau nicht scheuen und nur auf dem eigenen Instrument spielen wollen. Bei Klavieren l��t sich die Tastatur nicht einfach austauschen, deswegen bietet Steinbuhler nur fertig montierte Klaviere an.)

1999 l��t der australische Klavierbauer Ron Overs eine Fl�gelmechanik patentieren, bei der Form und Anordnung der beweglichen Teile so optimiert sind, da� die Reibung auf mehr als die H�lfte �blicher Mechaniken sinkt.

2000 �bernimmt die British Piano Manufacturing Company die Produktion der englischen Klaviermarken Broadwood, Bentley, Knight, Welmar u.a. und verlagert die Fertigung nach Stroud, Gloucester. Damit besitzt London, einst eines der Zentren des europ�ischen Klavierbaus, keine Klavierfabrik mehr. 2003 mu� auch die British Piano Manufacturing Company Konkurs anmelden und wird von der Inter Music, Pool Dorset, �bernommen, die die Produktion in fern�stliche L�nder verlegt.

2002 stellt ein Klavierbauer aus Bamberg, Josef Meingast, in Zusammenarbeit mit Steingraeber die sog. Bamberger Rolle vor, eine Verbesserung der Hammerrolle (auch R�llchen) des Fl�gels, der z.B. die S�ddeutsche Zeitung in einem langen Artikel Beachtung schenkt, da sie angeblich das Klavierspiel »revolutionieren« soll. Steingraeber baut die Rolle nur auf Wunsch, nicht serienm��ig ein.
Die Hammerrolle ist beim Fl�gel das Teil des Hammers, an dem der sog. St��er angreift, um den Hammer anzutreiben und gegen die Saite zu schleudern. Zwischen Hammerrolle und St��er entsteht sehr viel Reibung. Meingasts Entwicklung setzt diese Gleitreibung in Rollreibung um, indem die bisher starre Rolle drehbar gestaltet wird. Damit ist im Klavierbau sozusagen endlich das Rad erfunden. Der Berliner Klavierbauer W. Neuhaus hatte vor langer Zeit bereits eine �hnliche Idee: in einer Patentschrift von 1886 schl�gt er vor, den St��er des Klaviers (seltsamerweise nicht des Fl�gels, wo die Reibung viel gr��er ist) mit einer drehbaren Gummiwalze auszustatten (nachzulesen in Walter Pfeiffers Buch »Vom Hammer«).

Meingasts Entwicklung ist eine von manch anderen Speziall�sungen und Patenten verschiedener Firmen. So versucht bspw. Sauter die Repetition des Klaviers zu verbessern durch seine R2-Mechanik, bei der eine zus�tzliche Feder f�r schnelleren erneuten Anschlag sorgen soll; Seiler bem�ht sich um �hnliches durch die sog. Super Magnet Repetition, die Federn durch Ferrit-Magnete erg�nzt; Steingraeber stellt 2007 eine Magnet-Konstruktion vor, Steingraeber-Ferro-Magnet, die die St��erfedern �berfl�ssig macht; die italienische Firma Schroeder & Sons besitzt ein eigenes Mechanik-Patent, um dem Klavier das Spielgef�hl eines Fl�gels zu verleihen.

2005 gibt es bei Sauter erstmals eine Titan-Duplex genannte Erfindung: Die Plattenstege, die bei Fl�geln die L�nge der mitschwingenden Duplex-Enden begrenzen, werden aus Titan gefertigt und nicht mehr fest in die Platte integriert, sondern justierbar gestaltet, was es erm�glichen soll, den mitschwingenden Ton besser abzustimmen.
(Zum Verst�ndnis s.

Warum heißt das Klavier auch Piano?
Klavierlexikon, »Duplex«)

2006 stellt der englische Ingenieur Richard Dain dem Klavierhersteller Steingraeber seine Steg-Agraffen vor, eine Konstruktion, die den Resonanzboden vom Stegdruck entlastet und das Verh�ltnis zwischen Energie und Klangausbeute um 50% verbessern soll. Beim Klavierspiel werden nur ca. 4% der Bewegungsenergie in Klang umgesetzt, mit Hilfe der Agraffen (spezielle Schrauben, mit denen die Saiten an den Klangsteg gekoppelt werden) soll dieser Wert sich auf 6% verbessern. Steingraeber �bernimmt das System und bietet es unter dem Namen PHOENIX als Option f�r seine Fl�gel an.
Gleichzeitig f�hrt Steingraeber ein viertes Pedal ein, das den Hammerweg verk�rzt, also genau dasselbe macht wie das linke Pedal beim aufrechten Klavier. �hnliches gibt es bei Fazioli schon l�nger, aber die urspr�ngliche Idee stammt bereits aus dem Jahre 1897, damals von Steingraeber entwickelt f�r Engelbert Humperdinck.

2006 werden in Deutschland ca. 640 Fl�gel und 3700 Klaviere aus deutscher Herstellung verkauft. Das ist nur ein Viertel der insgesamt gekauften Instrumente, die restlichen drei Viertel kommen aus billiger asiatischer, polnischer und tschechischer Produktion. Viele Markenhersteller tragen der Nachfrage nach billigen Instrumenten Rechnung, indem sie neben ihren teureren Klavieren Zweitmarken vertreiben, die im Ausland gefertigt werden (»Essex« und »Boston« bei Steinway, »Irmler« bei Bl�thner, »Euterpe« und »Steinmann« bei Bechstein, u.a.).

Laut Berechnung des Deutschen Musikrats betr�gt die Anzahl der Klaviersch�ler an deutschen Musikschulen im Jahr 2006 rund 130.000. Sie stellen so mit rund 20% den h�chsten Prozentsatz an Instrumentalsch�lern, wobei die Sch�ler anderer Tasteninstrumente (Keyboard, E-Orgel u.a.) hier noch gar nicht einbezogen sind. Die n�chst folgenden Instrumente sind: Gitarre mit 90.000 Sch�lern (14%), Blockfl�te 70.000 (11%), Violine 50.000 (8%), Querfl�te 40.000 (6%), Klarinette 25.000 (4%), Trompete 22.000 (3,5%), Saxophon 21.000 (3%).

2007, im Dezember, stellt das Traditionsunternehmen Ibach seine Klavierproduktion ein. Hoher Kostendruck, billige Konkurrenz aus Fernost und ein ges�ttigter Klaviermarkt sind laut Pressemitteilung der Firma die Gr�nde daf�r. Einige der besten Klaviermodelle deutscher Herkunft verschwinden damit vom Markt, und die �lteste Klavierfabrik der Welt, die sich bis zuletzt in Familienbesitz befand, gibt auf.

Im selben Monat kauft Yamaha die traditionsreiche Wiener Firma B�sendorfer. Yamaha macht die Zusage, da� die Fl�gel auch weiterhin in Wien gebaut werden sollen und B�sendorfer eine eigenst�ndige Marke bleibt. In den letzten Jahren war die Produktion von etwa 600 Fl�geln j�hrlich auf mehr als die H�lfte gesunken und B�sendorfer schrieb rote Zahlen. Der finanzstarke japanische Konzern verf�gt �ber ein weltweites Vertriebsnetz und hofft, die Produktion wieder steigern zu k�nnen und bereits in drei Jahren wieder Gewinne mit B�sendorfer zu machen.

2008 stellt Steingraeber einen Kohlefaser-Resonanzboden vor, der bereits in einige Fl�gel eingebaut und an Kunden verkauft wird. Gem�� alten Untersuchungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig sollen Faser-Kunststoffe �hnliche akustische Eigenschaften wie Holz besitzen. Au�erdem haben sie den Vorteil, v�llig klima-unempfindlich zu sein, so da� weder die Stimmungsstabilit�t eines Instruments durch Feuchtigkeitsschwankungen leidet, noch das beim Resonanzbodenholz kaum zu verhindernde Austrocknen des Holzes auftritt, das nach Jahrzehnten zu nachlassendem Stegdruck und zu Rissen im Holz f�hren kann. (In den letzten Jahren hat es bereits durchaus �berzeugende Versuche mit Kohlefaser-Geigen gegeben.)

2009 feiert das Klavier seinen 300. Geburtstag. Genannt werden f�r den 300. Geburtstag aber auch andere Daten, da die erste eindeutige Erw�hnung des Instruments bereits 1700 zu finden ist. Steinway feiert den Geburtstag deswegen im Jahr 2000 und baut zu diesem Anla� das »Tricentennial Limited Edition Grand Piano«, also einen Jubil�ums-Fl�gel in limitierter Auflage, entworfen vom amerikanischen M�bel-Designer Dakota Jackson. Sinnigerweise werden davon 300 Exemplare hergestellt.

Im August 2009 meldet der Klavier-Hersteller Schimmel Insolvenz an. Das Unternehmen, 1885 in Leipzig gegr�ndet, 1929 nach Braunschweig verlegt, ist Deutschlands gr��te Klavierbau-Firma. Grund f�r ihre Probleme ist die Wirtschaftskrise, die zu gro�en Einbr�chen im Auslandsgesch�ft gef�hrt hat. Im April 2010 stimmt die Gl�ubiger-Versammlung dem Sanierungsplan zu, der Einsparung von Arbeitspl�tzen vorsieht und f�r die verbleibenden Mitarbeiter Mehrarbeit – Schimmel ist gerettet und bleibt Familien-Unternehmen.

Seit 2009 bietet der Klavierhersteller Feurich, Gunzenhausen, f�r seine Fl�gel Mechaniken der amerikanischen Firma Wessell�Nickel�&�Gross an, die nicht aus Holz, sondern aus Verbundwerkstoffen (Nylon, Carbon) gefertigt werden und klima-unempfindlich sind. Carbon-Werkstoffe sind nicht mit billigen Plastikteilen zu verwechseln, auch Streichinstrumente und -b�gen werden heute bereits aus Carbon hergestellt und zeigen hervorragende Eigenschaften.

2012 ver�ffentlicht der Physiker Haye Hinrichsen eine Arbeit mit dem Titel Entropiebasiertes Stimmen von Musikinstrumenten. Er weist darin nach, da� man durch Messung der Entropie (ein Ma� f�r die Unordnung eines Systems) �ber das gesamte Klangspektrum und ihre Minimierung �hnliche Stimmergebnisse bekommt wie ein Stimmer, der nach Geh�r stimmt und dabei die Inharmonizit�t der Klaviersaiten ber�cksichtigt. Eventuell ist Hinrichsens Ansatz eine M�glichkeit, Klavierstimmungen endlich zuverl�ssig berechnen zu k�nnen; er selber forscht dar�ber aber nicht mehr. Ob jemand anders diesen Ansatz weiterverfolgt, bleibt abzuwarten.
(siehe www.physik.uni-wuerzburg.de/~hinrichsen/research/entropy/tuning/deutsch.pdf).


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www.pian-e-forte.de

Sind Piano und Klavier das gleiche?

Die heutigen Hauptformen des Klaviers sind der Flügel (englisch grand piano) und das Pianino (aufrechtes Klavier, englisch upright piano). Letzteres wird heute fast immer als Klavier bezeichnet und oft mit diesem Begriff gleichgesetzt.

Wie heißt das erste Klavier?

Cristofori, Erfinder des ersten Pianos Das Instrument wurde zunächst als „clavicembalo col piano e forte“ bezeichnet, wörtlich übersetzt: „Cembalo, das leise und laute Töne spielen kann“. Die Bezeichnung wurde im Laufe der Zeit zum heute gebräuchlichen „Piano“ verkürzt.

Wie nennt man Piano?

Das Klavier ist ein Musikinstrument mit Saiten und Tasten. Es ist also ein Saiteninstrument und ein Tasteninstrument. Es wird auch Piano genannt und hat meistens 88 Tasten.

Wie viel kostet das teuerste Piano der Welt?

Beim Sonderflügel „Sphinx“ belaufe sich allein die Arbeitszeit für die Verzierungen auf 1250 Stunden. Insgesamt wurden knapp 1800 Stunden an dem Flügel gearbeitet. „Und so hat Bechstein den Endkundenpreis für das Instrument mit 930.000 Euro angesetzt“, berichtete Thiemo Heeg.