Kann ein Planet zum Stern werden?

Zunächst war es nur ein kleiner roter Stern. Doch jedes Jahr schien er etwas heller, bis er eines Tages selbst Jupiter und Venus überstrahlte. In den lauen Nächten des letzten Sommers auf Erden konnte man in seinem dunkelroten Schein Zeitung lesen. Dann wurde er wieder kleiner, aber mit ihm auch die Sonne. Ein Zwergstern aus den Tiefen des Alls war der Sonne nahe genug gekommen, um mit seinem Schwerefeld die Erdbahn aufzubiegen und unseren Planeten aus seinem Sonnensystem zu ziehen.

Kann ein Planet zum Stern werden?

Ulf von Rauchhaupt

Redakteur im Ressort „Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Zwei Monate später kreuzte die Erde die Marsbahn. Überall war es jetzt so kalt wie zuvor nur im antarktischen Winter. Die Ozeane begannen selbst am Äquator zuzufrieren, und ein Jahr nach jenem letzten Sommer – die Erde war von der Sonne jetzt ungefähr so weit entfernt wie der Jupiter – kam das Wetter zum Erliegen, da kein Wasser mehr verdunstete. Bei globalen Temperaturen von um die minus 150 Grad Celsius lebte jetzt nur noch, wer sich tief unter der Erdoberfläche im Kampf um die letzten Nahrungsmittelvorräte hatte behaupten können. Zehn Jahre später, irgendwo auf der Höhe der Plutobahn, fiel der letzte Regen: Tröpfchen flüssigen Stickstoffs und Sauerstoffs, die bald ebenfalls gefroren. Die einst hundert Kilometer mächtige Erdatmosphäre kollabierte zu einer kaum zehn Meter dicken Eisdecke, über welche sich die letzten Menschen nur noch in Raumanzügen bewegen konnten. Dort sahen sie die Sonne als einen Stern unter vielen.

Diese kleine Dystopie stützt sich auf Berechnungen, die Gregory Laughlin vom Ames Research Center der Nasa und Fred Adams von der University of Michigan 1999 anstellten, als es die bevorstehende Jahrtausendwende war, die das Bedürfnis nach Endzeitgrusel erhöhte. Veröffentlicht wurde ihre Arbeit im Juni 2000 in „Icarus“ unter dem Titel „Frozen Earth“. Ende Oktober dieses Jahres 2020 nun war in den „Astrophysical Journal Letters“ von der Detektion des Planeten OGLE-2016-BGL-1928 zu lesen. Im Unterschied zu den meisten anderen neu entdeckten Welten ist diese offenbar tatsächlich allein unterwegs, ohne eine Sonne.

Zwar war das nicht der erste Fund dieser Art. Viermal war man zuvor auf Planeten gestoßen, zu denen kein Stern zu finden war. OGLE-2016-BGL-1928 aber war der erste, bei dem es sich sicher nicht um einen eher dem Neptun ähnlichen riesigen Gasball handelt, sondern um eine höchstens erdgroße Kugel aus Metall und Gestein mit einer festen Oberfläche, ein einsamer Artgenosse unserer Erde.

Den ersten einsamen Exoplanet fand man 1995

Die Existenz solcher Objekte war seit den achtziger Jahren vermutet worden. Damals ergaben Überlegungen zur Frühzeit unseres Sonnensystems, dass Gas und Staub in der Umgebung der jungen Sonne sich zunächst zu Objekten von etwa bis zur Größe des Mars zusammenballten. Die gegenseitigen Wechselwirkungen ihrer Schwerefelder dürften anschließend etliche davon aus dem System herauskatapultiert haben. Nun sind Planeten außerhalb des Sonnensystems schon dann schwer zu entdecken, wenn sie um Sterne kreisen. Den ersten fand man 1995 und bis heute (das heißt, Stand vorige Woche) sind 4352 solcher Exoplaneten identifiziert, die weitaus meisten mit Methoden, die nur bei Planeten in Sternorbits anwendbar sind. 106 allerdings wurden anders entdeckt. Hier zog ihr jeweiliger Stern genau so vor einem weit entfernten Hintergrundstern vorbei, dass dessen Licht vom Schwerefeld des vorbeiziehenden Systems kurzzeitig wie durch eine Linse gebündelt und verstärkt wurde. „Microlensing“ heißt dieser Effekt, um ihn von dem Gravitationslinseneffekt zu unterscheiden, den ganze Galaxien oder Galaxienhaufen hervorrufen. Das „Optical Gravitational Lensing Experiment“ kurz OGLE, das polnische Astronomen seit 1992 am Las Campanas Observatory in Chile verfolgen, ist das am längsten aktive von heute drei Projekten, die den Himmel nach Microlensing-Ereignissen durchsuchen. Dabei entdeckten sie aber nicht nur welche, die von Sternen mit oder ohne Planeten verursacht wurden, sondern eben auch einige, die allein von Planeten stammten. Denn die Masse des linsenden Objekts ergibt sich aus der Dauer der vorübergehenden Verstärkung des Hintergrundsterns. „Microlensing-Events mit Zeitskalen von weniger als einem Tag sollten von Objekten mit der Masse von Planeten erzeugt werden“, erklärt Przemek Mróz, der Erstautor der jüngsten Entdeckung. Statt Tage wie im Fall von Sternen oder Stunden bei Gasriesen dauerte das Linsen in diesem Fall nur knapp 42 Minuten. „Das ist extrem kurz“, sagt Mróz. „Daher ist dies der erste Kandidat für einen frei treibenden Planeten, der aus Gestein bestehen muss.“

Kann ein Planet zum Stern werden?

P. Amado/M. Azzaro/IAA/CSIC

Die Entdeckung eines Planeten, der einen anderen Stern umkreist, sorgt heute kaum mehr für Aufregung. Denn immerhin kennen Astronomen inzwischen schon knapp 4000 solcher Exoplaneten. Doch der Nachweis eines jupiterähnlichen Planeten, der einen roten Zwergstern mit nur etwa einem Zehntel der Masse unserer Sonne umkreist, sorgt nun für Aufsehen. Denn die Existenz eines solchen Riesenplaneten in der Umlaufbahn eines Zwergsterns lasse sich nicht mit der Standardtheorie der Planetenentstehung erklären, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.

Gemäß dem anerkannten Modell der Planetenentstehung bilden sich in Gas- und Staubscheiben, die um junge Sterne rotieren, zunächst Planetenkerne – indem sich der Staub zu Gestein verdichtet. Aufgrund ihrer Anziehungskraft sammeln diese Planetenkerne dann Gas aus der Umgebung ein. Diesen Vorgang bezeichnen Astronomen als Akkretion. Je nachdem, wie viel Gas in der Umgebung vorhanden ist, bilden sich entweder erdähnliche Planeten oder Gasriesen wie Jupiter. Doch nun entdeckten Juan Carlos Morales von der Universität Barcelona und seine Kollegen mit dem Spektrografen CARMENES am Calar-Alto-Observatorium in Spanien einen Planeten, dessen Existenz sich nicht mit dieser Theorie erklären lässt.

Der neu entdeckte Exoplanet GJ 5312 b besitzt mindestens die halbe Masse Jupiters, zieht seine Bahn aber um einen Roten Zwerg mit nur einem Zehntel der Sonnenmasse. Eigentlich sollten sich um solche kleinen Sterne keine jupitergroßen Planeten bilden. Denn die Anziehungskraft des Sterns reicht nicht aus, um die Gas- und Staubscheibe lange genug stabil zu halten, sodass die Planetenkerne zu Riesenplaneten werden können. Morales und seine Kollegen liefern nun eine alternative Erklärung: Ein Teil der Gas- und Staubwolke könnte aufgrund ihrer eigenen Schwerkraft kollabiert sein, wodurch GJ 5312 b entstand. Bislang galt dieser Prozess als zu wenig effektiv, um entscheidend zur Entstehung großer Planeten beizutragen. Doch die Astronomen zeigten, dass eine ausreichend große Wolke in ihrem äußeren Bereich kühl genug sein könnte, um dort zu einem Kollaps großer Teile zu führen.

Der Planet müsste dann aber deutlich weiter entfernt von seinem Stern entstanden sein, als er ihn heute umkreist. Die Forscher vermuten deswegen, dass nicht nur einer, sondern zwei oder drei Planeten bei dem Kollaps entstanden sind. Gegenseitige Bahnstörungen hätten GJ 5312 b dann auf seine heutige Umlaufbahn befördert. Und tatsächlich deuten die Beobachtungen von Morales und seinen Kollegen auf die Existenz mindestens eines weiteren großen Planeten hin, der den Zwergstern in größerem Abstand umkreist. Instabilitäten in großen Gas- und Staubscheiben könnten demnach eine bislang unterschätzte Rolle bei der Entstehung von Planetensystemen spielen.

Kann ein Planet zum Stern werden?

Der Exoplanet GJ 3512 b im Vergleich

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/kleiner-stern-grosser-planet/

Kann ein Planet ein Stern werden?

Die meisten Planeten gehören zu einem Stern. Denn Planeten entstehen nicht alleine, sondern zusammen mit einem Stern. Sie gehören dann zu diesem Stern und umkreisen ihn – wie zum Beispiel Erde und Venus, die um die Sonne kreisen. Und warum ist die Venus so gut zu sehen, obwohl sie nur das Licht der Sonne weiterleitet?

Ist jeder Stern ein Planet?

Planeten sind Himmelskörper, die einen Stern umkreisen. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und heißt „Wanderer“ – denn Planeten verändern im Unterschied zu den Sternen von Nacht zu Nacht ihre Position am Himmel.

Werden noch neue Sterne geboren?

Darin wurden Sterne entdeckt, die noch sehr jung sind – gerade mal 30.000 Jahre alt. Es sind also noch „Baby-Sterne“, denn ein Stern kann mehrere Milliarden Jahre alt werden. Der Nebel ist sozusagen die Wiege der Sterne. Und woraus entstehen sie?

War die Erde mal ein Stern?

Sterne sind rund, heiß und sie leuchten. Deshalb ist die Erde zwar ein Planet, aber kein Stern. Sie ist rund, wie fast alle Himmelskörper. Sie ist auch in ihrem Inneren heiß, aber sie leuchtet nicht.