Kann ein Ausländer in Deutschland ein Kind adoptieren?

Deutschland Ausländerrecht

Warum Olga K. keine Deutsche werden darf

Veröffentlicht am 19.02.2015 | Lesedauer: 4 Minuten

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts schränkt die Möglichkeiten ein, durch eine Adoption die deutsche Staatsangehörigkeit zu bekommen. Anlass war die Klage einer Russin gegen die Stadt München.

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag die Möglichkeiten für Ausländer stark eingeschränkt, über den Umweg einer Adoption die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Das betrifft Fälle, in denen für Ausländer ein Antrag auf Adoption gestellt wird, wenn sie noch Kinder und Jugendliche sind – dieser Antrag jedoch erst dann richtig weiterverfolgt wird, wenn sie dann erwachsen sind.

Der Hintergrund dieser Praxis ist, dass erwachsene Ausländer in der Regel die deutsche Staatsangehörigkeit nur über ein Einbürgerungsverfahren erhalten können. Minderjährige Ausländer, die von einem deutschen Stiefvater oder einer deutschen Stiefmutter adoptiert werden, sind hingegen durch die Adoption automatisch deutsche Staatsbürger – ohne kompliziertes Einbürgerungsverfahren.

Bisher sah das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht vor, dass es ausreicht, wenn für den Ausländer der Antrag auf Adoption gestellt wird, solange er noch nicht 18 Jahre alt ist.

Die Adoption selbst musste dann erst Jahre oder im Extremfall Jahrzehnte später vollzogen werden und wurde trotzdem als Minderjährigenadoption gewertet – mit der automatischen Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit, was bei einer Adoption als Erwachsene nicht der Fall wäre. Diese bislang unbefristete Möglichkeit hat der erste Senat des Bundesverwaltungsgerichts nun beendet, ein Zeitraum von sieben Jahren nach der Volljährigkeit sahen die Bundesrichter als zu lang an (BVerwG 1 C 17.14).

Russin Olga K. erhielt nur befristete Aufenthaltserlaubnisse

Grundlage der Entscheidung war eine Klage einer inzwischen 28 Jahre alten russischen Frau gegen die Stadt München. Ihre Mutter heiratete im Jahr 2002 einen deutschen Mann, die Tochter zog im Juli 2002 erstmals in die Bundesrepublik und erhielt dann immer wieder befristete Aufenthaltserlaubnisse. Ihr Stiefvater, also der neue Mann ihrer Mutter, stellte dann im April 2003 einen Antrag auf Adoption der russischen Frau, die damals 16 Jahre alt war. Vor dem Familiengericht sprach sich das Jugendamt damals gegen eine Adoption aus.

Anfang 2004 entschied das Gericht jedoch nicht über den Adoptionsantrag, sondern stellte ihn ruhend. Das bedeutet, dass die Akten zur Seite gelegt werden und über den Antrag später wieder entschieden werden kann, wenn das dann erwachsene Kind oder sein deutscher Stiefvater es wollen. Dass solche Adoptionsverfahren nicht entschieden, sondern ruhend gestellt werden, kommt in der Praxis relativ oft vor.

Was Deutschland für Einwanderer attraktiv macht

Die Bundesrepublik ist zweitgrößter Zuwanderungsmagnet nach den USA. Laut einer Studie hat sich auch die Ausbildung der Migranten verbessert. Die Bundeskanzlerin sieht trotzdem Verbesserungsbedarf.

Quelle: Reuters

Die Russin Olga K. reiste dann 2004 nach Russland zurück und machte dort eine Ausbildung: Laut Gerichtsakten eine Lehre als Friseurin, ihr Anwalt sprach vor dem Bundesverwaltungsgericht hingegen von einer Hochschulausbildung. 2009 kam sie mit einem Besuchsvisum nach Deutschland zurück und heiratete in Dänemark einen deutschen Staatsangehörigen – dadurch erhielt sie zunächst einen deutschen Pass.

Diese Ehe wurde als Scheinehe entlarvt, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten, 2011 wurde sie geschieden. Wegen der Scheinehe wurde Olga K. zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Russin ging damals deshalb ein Ausweisungsbeschluss zu, sie erneuerte daraufhin ihren Adoptionsantrag, den ihr Stiefvater gestellt hatte, als sie 16 Jahre alt war – nun war sie allerdings schon 25. Das Amtsgericht München erklärte im Mai 2012 die Adoption für rechtskräftig, mit den Folgen einer Minderjährigenadoption für die 25-Jährige.

Russin droht jetzt wieder Ausweisung aus der Bundesrepublik

Allerdings wollte die Stadt München ihr trotzdem nicht die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkennen: wegen des langen Zeitablaufs seit der Volljährigkeit und auch wegen der Vermutung, dass die Adoption nur deshalb betrieben wurde, um die Ausweisung zu verhindern und deshalb rechtsmissbräuchlich war. Die Stadtverwaltung wertete den angegebenen Zweck der Adoption, der laut Olga K. und ihrem Stiefvater in einer Familienzusammenführung bestehen sollte, als Schutzbehauptung und sah den abermaligen Antrag als allein „taktisch motiviert“ an.

Olga K. klagte und bekam im Oktober 2013 vor dem Verwaltungsgericht München sowie im Juni 2014 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Recht: Es komme allein darauf an, wann der Antrag auf Adoption gestellt wurde und dass er eben zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, als der Ausländer noch nicht erwachsen war. Mit dieser gesetzlichen Regelung sollte eigentlich verhindert werden, dass jemand darunter zu leiden hat, wenn das gerichtliche Adoptionsverfahren aufgrund behördlicher Abläufe zu lange dauert.

Diese beiden bayerischen Urteile hob nun der erste Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf und wies die Klage von Olga K. ab. Damit hat sie durch ihre Adoption keinen Anspruch auf einen deutschen Pass. Die Bundesrichter sahen den Zeitraum von mehr als sieben Jahren, der zwischen 2004, als das Verfahren ruhend gestellt wurde, und 2011, als der Antrag erneuert wurde, vergangen war, als zu lang an. Nun droht der Russin wieder die Ausweisung aus der Bundesrepublik.

Kann ein Ausländer ein Kind adoptieren?

Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, wenn ich ein Kind aus dem Ausland adoptieren möchte? Wenn Sie ein Kind adoptieren möchten, dann müssen Sie nach deutschem Recht unbeschränkt geschäftsfähig und mindestens 25 Jahre alt sein.

Wie viel kostet es ein Kind zu adoptieren Deutschland?

Wie viel kostet eine Adoption? Eine Adoption im Inland kostet zwischen 100 und 200 Euro, wenn das Kind in Deutschland geboren wurde. Auslandsadoptionen fallen dagegen deutlich teurer aus. Hier sollte man mit Gesamtkosten zwischen 10.000 und 15.000 Euro rechnen.

Wer darf kein Kind adoptieren?

Wenn Sie im Inland ein Kind adoptieren möchten, müssen Sie nach deutschem Recht unbeschränkt geschäftsfähig und mindestens 25 Jahre alt sein. Wenn Sie verheiratet sind, muss mindestens einer von beiden Eheleuten so alt sein, der jüngere Ehepartner muss mindestens 21 Jahre alt sein.

Wie schwierig ist es in Deutschland ein Kind zu adoptieren?

Die Zahl der Bewerber, also der Einzelpersonen und Paare, die gerne ein Kind adoptieren möchten, ging aber viel stärker zurück: von 21.826 auf 4.050. Rein rechnerisch kämen so aktuell noch viereinhalb Bewerber auf ein Kind.