1 mal die Woche Solarium schädlich

Noch immer sind Sonnenstudios beliebt. Hautärzte finden, Solarien gehörten verboten – denn „sanfte Bräune“ gäbe es nicht. Sind künstliche Sonnenbäder wirklich so gefährlich?

Von Sina Horsthemke, dpa, Aktualisiert am 06.12.2021

1 mal die Woche Solarium schädlich

Sonne auf Knopfdruck: Leider haben Solarien Nebenwirkungen wie Hautalterung

© ddp Images/Joern Pollex

Münz-Mallorca, Tussi-Toaster, Klapp-Karibik: Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das Sonnenstudio so manches Synonym eingehandelt. Erfunden hat es 1975 der deutsche Ingenieur Friedrich Wolff. Er baute die Sonne nach, um die Stimmung aufzuhellen – dass gleichzeitig die Haut dunkler wurde, war zunächst nur ein Nebeneffekt. Aber einer, der ankam: Scharenweise ließen sich die Deutschen in den 80er- und 90er-Jahren bestrahlen. Sie nutzen die bald in jeder Stadt ansässigen Solarien zum Vorbräunen vor dem Urlaub, legten sich im Winter zum Lichttanken unter die Leuchtröhren, wollten Pickel loswerden und Vitamin D bilden.

Heute, 45 Jahre nach der Erfindung, geht einer Umfrage zufolge immer noch fast jeder Zehnte in Deutschland "häufig" ins Solarium. Jeder Vierte hat zumindest schon mal eins ausprobiert. Das Durchschnittsalter für das erste Mal Sonne auf Knopfdruck liegt bei 19 Jahren.

Bundesweites Solarienverbot gefordert

Doch die Sonnenstudios stehen in der Kritik. Weil sie – wie die echte Sonne – Hautkrebs verursachen. Die Deutsche Krebshilfe und die Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) fordern ein bundesweites Solarienverbot. Denn Studien hätten ergeben, so Prof. Dr. Eckhard Breitbart, Vorsitzender der ADP: "Wer vor seinem 35. Lebensjahr regelmäßig einmal im Monat ins Solarium geht, erhöht sein Risiko, schwarzen Hautkrebs zu bekommen, um 60 Prozent." Um sogar 102 Prozent steige das Risiko für ein Plattenepithelkarzinom – ebenfalls ein bösartiger Hauttumor – wenn man schon vor dem 25. Lebensjahr regelmäßig ein Sonnenstudio aufsuche. "Modellierungen auf Basis von Hautkrebsdaten verschiedener Länder", so Breitbart, "lassen die Schätzung zu, dass in Nordeuropa jedes Jahr etwa 3.400 Menschen an schwarzem Hautkrebs erkranken, weil sie im Sonnenstudio waren." 800 von ihnen sterben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät Staaten schon seit einigen Jahren, Solarien zu verbieten oder sie zumindest stark zu reglementieren. "Drei Jahre lang haben wir mit Betreibern und dem Gesetzgeber an einem Tisch gesessen und über eine freiwillige Zertifizierungen für Solarienbetriebe gesprochen", berichtet Dermatologe Breitbart. "Doch die Sonnenstudios haben ihr Versprechen zur Selbstverpflichtung nicht eingehalten. Von 5.600 Betrieben haben sich innerhalb eines Jahres nicht einmal 100 zertifizieren lassen und die gemeinsam erarbeiteten Auflagen eingehalten."

Regeln werden nicht eingehalten

Daraufhin nahm der Gesetzgeber die Sache selbst in die Hand und erließ 2009 das "Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen" (NiSG). Unter anderem verbietet es Minderjährigen, ein Solarium zu nutzen. Drei Jahre später trat die UV-Schutz-Verordnung in Kraft. Sie verlangt von Betreibern, bestimmte Regeln einzuhalten, erklärt Breitbart: "Es muss beispielsweise Personal vor Ort sein, das Alterskontrollen durchführt sowie Hauttypentests und standardisierte Dosierungspläne anbietet. Aber die meisten Studios halten sich nicht daran, weshalb wir fordern: Solarien müssen vom Markt."

Die Branche wehrt sich gegen die Kritik: Bis zu 50 Sonnenstudio-Besuche pro Jahr seien völlig in Ordnung und für die Behauptungen der Krebshilfe gebe es keine wissenschaftliche Grundlage, so der Bundesfachverband Besonnung im Februar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. ADP-Chef Eckhard Breitbart versetzen solche Aussagen in Rage. "Die Studios ignorieren wissenschaftliche Erkenntnisse und Empfehlungen. Mindestens ein Werbeverbot muss her – denn die oft versprochene sanfte Bräune gibt es nicht."

Bräune ist eine Abwehrreaktion

Warum die Haut in der Sonne oder im Solarium braun wird, erklärt der Dermatologe so: "Trifft UV-Strahlung auf die Haut, setzen spezialisierte Zellen, die Melanozyten, zwischen Ober- und Unterhaut, Pigmente frei. Diese spannen sich dann wie ein Sonnenschirm über den Zellkern, um so das Erbgut vor Schäden zu schützen. Bräune ist also nichts anderes als ein Hilfeschrei der Haut." Sie sei ein Zeichen der übermäßigen Schädigung, eine Abwehrreaktion. "Sich absichtlich zu bräunen, ist irrsinnig", so Breitbart, "zumal es ja auch außerhalb von Sonnenstudios zu starken UV-Belastungen für die Haut kommt: beim Strandurlaub, beim Picknick im Park oder bei langen Spaziergängen. Diese Liste sollte nicht noch durch Solariumsbesuche erweitert werden."

Die Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission bestätigt Breitbarts Sicht in einer Stellungnahme von 2016: "UV-Strahlen, auch die aus Solarien, sind krebserregend. Sie lösen nicht nur Krebs aus, sondern fördern das Wachstum bösartiger Zellen."

Die Strahlung lässt die Haut altern

Was viele unterschätzen: UVA-Strahlung lässt die Haut rasant altern. "Als Dermatologin erkenne ich die Jugendsünden sofort", sagt Reich-Schupke. "Meist sieht man den Menschen ab 40 an, ob ihre Haut viel leiden musste." Sonnenbaden kann die Hautärztin schon von Berufs wegen nicht empfehlen: "Aus menschlicher Sicht verstehe ich, dass Sonne, Licht und Wärme guttun." Doch ein maßvoller Umgang mit der Sonne sei wichtiger – es gelte: je weniger UV-Belastung, desto besser. "Insbesondere bei familiärer Vorbelastung oder Risikofaktoren für Hautkrebs ist der Aufenthalt in der Sonne stark zu reduzieren oder die Haut mit langer Kleidung und großen Hüten vor ihr zu schützen", sagt Reich-Schupke.

Auch die Professorin ist für ein Verbot von Sonnenbanken: "Zusammen mit Rauchen, Alkohol und Asbest werden sie als krebserregend aufgezählt. Das Problem verstehen die Leute aber nicht, solange es kein Verbot gibt." Ihr Kollege Prof. Dr. Eckhard Breitbart ist zuversichtlich, dass der Sonnenuntergang in deutschen Solarien kurz bevorsteht: "Ein paar Jahre müssen wir wohl noch dranbleiben, um unser Ziel zu erreichen. Aber die Grundvoraussetzungen für ein Verbot sind da.“

1 mal die Woche Solarium schädlich

Solarium hilft nicht gegen „Winterblues“

Auch die ursprüngliche Annahme, dass sich der Winterblues von der Kunstsonne vertreiben lässt, stimmt nicht: „Was im Winter auf das Gemüt schlägt, ist nicht die fehlende UV-Strahlung, sondern die fehlende Belichtung“, sagt Uwe Schwichtenberg, Dermatologe und Vorstandsmitglied des  Bundesverbandes Deutscher Dermatologen (BVDD) der dpa.

Licht wird über die lichtempfindlichen Zellen in der Netzhaut des Auges aufgenommen und wirkt auf diesem Weg auf das Hormonsystem und das Wohlbefinden ein. Weil das künstliche Sonnenbad mit Schutzbrille auf der Nase stattfindet, kann dieser Effekt nicht zum Zuge kommen. Eine  Tageslichtlampe oder eine Mittagsrunde an der frischen Luft wären hier also die besseren Optionen.

Und was ist mit Vitamin D?

Sonnenlicht ist ein wichtiger Baustein, den der Körper braucht, um Vitamin D herstellen zu können. Genauer gesagt, braucht er die darin enthaltene UV-B-Strahlung.

Das Solarium ist wegen der gesundheitlichen Risiken dennoch kein ratsamer Weg, um dem Körper bei der Vitamin-D-Herstellung unter die Arme zu greifen. "Das ist Quatsch", sagt Prof. Dr. Stefanie Reich-Schupke, Dermatologin und Lehrbeauftragte an der Ruhr-Universität Bochum. "Auch wenn die Solarienindustrie mit ,natürlichen‘ UV-Spektren für ihre Geräte wirbt, vermindern diese die Hautschädigung nicht. Statt die Stimmung aufzuhellen, riskiert man also einen Sonnenbrand und letztendlich Hautkrebs." Belgische und italienische Wissenschaftler bestätigen in einem Fachartikel, was Reich-Schupke sagt: "Die angeblichen Vorteile, mit denen die Bräunungsindustrie wirbt, sind das Krebsrisiko nicht wert." Es gebe keinen Schwellenwert für eine ungefährliche Nutzung von Sonnenstudios.

«Es gibt kostengünstigere und risikoärmere Wege, um einem Vitamin-D-Mangel zu begegnen - etwa in Tablettenform», sagt Uwe Schwichtenberg. Wichtig zu wissen: Spezielle Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D sollte man nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen. 

Für gesunde Menschen reichen selbst im Winter mitunter schon 10 bis 20 Minuten im Tageslicht, um dem Vitamin-D-Spiegel Gutes zu tun.

Was ist, wenn man dennoch nicht aufs Solarium verzichten mag?

Dann sollte man darauf achten, dass der Betreiber des Solariums grundlegende Maßnahmen des Gesundheitsschutzes einhält. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) stellt online eine Checkliste bereit, mit deren Hilfe sich das überprüfen lässt.

Erkundigt sich das Personal zum Beispiel nicht nach Medikamenteneinnahme oder Hautkrebserkrankungen in der Familie, sollte das ein Warnzeichen sein. Wichtig ist außerdem, vorab einen Dosierungsplan erstellen zu lassen, der zum Hauttyp passt.

Von Selbstbedienungsstudios ohne Personal rät das BfS ab. Übrigens: Pro Jahr sollten es generell höchstens 50 Sonnenbäder sein - unter freiem Himmel und auf der Sonnenbank zusammengezählt.

Welcher Hauttyp sind Sie?

Typ 1: Menschen mit dem Hauttyp 1 haben sehr helle Haut, helle Augen, rotblondes Haar und Sommersprossen. In der Sonne werden sie nie braun, sondern bekommen sehr schnell Sonnenbrand. Eigenschutzzeit: unter 10 Minuten

Typ 2: Menschen des Hauttyps 2 haben blondes bis braunes Haar, helle Haut und oft Sommersprossen. Sie werden kaum braun und neigen schnell zu Sonnenbrand. Ihre Augenfarbe ist blau, grün, grau oder braun. Eigenschutzzeit: 10–20 Minuten

Typ 3: Helle bis hellbraune Haut und dunkelblondes bis braunes Haar zeichnen Menschen mit dem Hauttyp 3 aus. Ihre Augen sind grau oder braun, Sommersprossen haben sie selten. In der Sonne bräunen Sie mittelschnell. Eigenschutzzeit: 20–30 Minuten

Typ 4: Menschen des Hauttyps 4 haben dunkelbraunes Haar und braune bis dunkelbraune Augen. Ihre Haut ist hellbraun bis olivfarben und wird in der Sonne schnell braun. Eigenschutzzeit: 30–40 Minuten

Typ 5: Dunkelbraune Haut, dunkelbraune Augen und dunkelbraunes oder schwarzes Haar – das zeichnet Menschen mit dem Hauttyp 5 aus. Eigenschutzzeit: 40–60 Minuten

Wie schädlich ist 1 mal Solarium?

Lebensjahr regelmäßig einmal im Monat ins Solarium geht, erhöht sein Risiko, schwarzen Hautkrebs zu bekommen, um 60 Prozent." Um sogar 102 Prozent steige das Risiko für ein Plattenepithelkarzinom – ebenfalls ein bösartiger Hauttumor – wenn man schon vor dem 25. Lebensjahr regelmäßig ein Sonnenstudio aufsuche.

Wie viel Mal in der Woche ins Solarium?

Zwischen den einzelnen Besonnungen sollten mindestens 48 Stunden liegen - danach kommt es auf den gewünschten Bräunungsgrad an. Die meisten Kunden freuen sich, einmal wöchentlich im Sonnenstudio zu entspannen. Hier gilt das Gleiche wie bei der natürlichen Sonne: die Dosierung richtet sich nach dem Hauttyp.

Wie oft Solarium ist nicht schädlich?

Falls Sie also sehr oft ins Solarium gehen, sollten Sie regelmäßig die Hautkrebsvorsorge für Ihre Gesundheit in Anspruch nehmen. Nun kommen wir aber zur Frage zurück, wie oft Solarium optimal ist: Als allgemeine Empfehlung gilt es, nicht öfter als 30 – 40 Mal im Jahr das Solarium zu besuchen.

Ist 2 mal die Woche Solarium schädlich?

Solarium ist niemals wirklich OK für die Haut, aber auch da kommt es trotzdem auf die Häufigkeit an. Man sollte aber keinesfalls regelmäßig über Jahre auf die Sonnenbank gehen. Mehr als einmal die Woche birgt meiner Meinung nach auch ein immenses gesundheitliches Risiko - abgesehen von den unschönen Falten!