Zerrissene erde: roman n. k. jemisin

Originaltitel: The Fifth Season
“For all those who have to fight for the respect that everyone else is given without question”

Ich bin schon lange ein Freund von Hugo-Award Büchern, weil dieser Preis immerwieder außergewühnliche und Innovative Werke sichtbar gemacht hat. Der erste Band der Broken Earth Trilogie war einmal wieder eines dieser Bücher, bei dem ich dachte: ui sowas hast du noch nicht gelesen. The Fifth Season kann sich wirklich als Buch abseits des Mainstreams sehen lassen. Es hat einen kreativen Weltenbau, ist divers und auch bei der Erzählweise wird mal etwas Neues gewagt. So gibt es zwar eine übliche Third-Person Erzählperspektive, aber auch eine Du-Perspektive bei den Kapiteln rund um Essun, die gerade beide Kinder verloren hat und dadurch gerade von sich selbst entfremdet ist. Und diese Du-Perspektive lässt einen genau das auf merkwürdige Weise beim Lesen selbst empfinden. Jemisin erzählt die Geschichte malerisch und dicht gepackt. Zuweilen musste ich beim Schreibstil etwas an Neil Gaiman denken. Mitdenken ist bei der Geschichte ebenfalls vom Autor gewünscht, denn viele Dinge muss man aus dem Kontext herleiten, was auch ebenfalls gut umgesetzt ist. Wen das aus dem Kontext schließen zu überfordend ist, der kann sich an den Erklärungen im Anhang bedienen, die es aber nur in der deutschen Ausgabe gibt. In der englischen Originalausgabe muss der Leser ohne Hirnkrückstock auskommen.

“This is what you must remember: the ending of one story is just the beginning of another. This has happened before, after all. People die. Old Orders pass. New societies are born. When we say “the world has ended”, it’s usually a lie, because the planet is just fine. But this is the way the world ends. For the last time.”

Das Weltenszenario ist postapokalyptisch und zeitlich schwer einzuordnen, jedoch gab es vorher anscheinend mal so etwas wie moderne Zivilisation. Alles was davon übrig ist, ist eine erschütterte Welt voller Xenophobie, Voruteilen, missbräuchlichen Machtstrukturen und der ständigen Angst vor dem nächsten großen Knall durch weitere Naturkatastrophen. Die einzigen, die dem was entgegesetzen können, sind die Orogenen. Menschen, die mit besonderen Begabungen geboren werden, die Natur in Schach zu halten oder Naturgesetze sogar zu brechen. Doch müssen sie entweder als Sklaven leben, an die Leine genommene Waffen gegen die Natur, oder auf der ständigen Flucht, falls sie nicht gleich aus irrationaler Angst heraus getötet werden. Wie sich recht rasch herauskristallisiert, sind das aber nicht die einzigen Mysterien, die diese Welt zu bieten hat - und Mrs Jemisin hat ein wunderbares Talent, den Leser auf der Reise durch diese Welt an die Hand zu nehmen. Eine rare Perle faszinierender Literatur.

Ich empfehle dieses Buch allen Lesern, die Freude an ungewöhnlichen und innovativen Büchern haben und die gerne auch selbst grübeln. Mainstreamfans und Gewohnheistiere werden aber wohl eher weniger Freude daran haben.

“Let’s start with the End of the World, why don’t we? Get it over with and move on to more interesting things.”