Wie lange müssen Eltern ihre Kinder zu Hause wohnen lassen

Britta Beate Schön ist bei Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig. Die promovierte Juristin und Rechtsanwältin war als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie der Telis Finanz AG und der Interhyp tätig. Vorher lehrte und forschte sie in Japan als DAAD-Junior-Professorin für deutsches und Europarecht. Ihr Studium absolvierte sie in Münster, Genf, Regensburg und Leipzig. Die Autorin erreichen Sie unter [email protected].

Auszug aus dem "Hotel Mama": Wann volljährige Kinder Anspruch auf eine eigene Bleibe haben und was Eltern und Staat dazu beisteuern müssen.

Rolf Winkel

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Der Umzug in die eigenen vier Wände wird von 1. April an für junge Erwachsene erschwert. Das gilt jedenfalls für Hartz-IV-Empfänger und diejenigen, die Arbeitslosengeld II beantragen. Was aber gilt für volljährige Kinder, deren Eltern nicht finanziell bedürftig sind? Wann müssen sie ihren Sprösslingen eine eigene Bude finanzieren - und wann nicht?

Dürfen Volljährige eine eigene Wohnung nehmen?

Selbstverständlich. Wer 18 Jahre alt ist, darf seinen Wohnsitz frei wählen. Soweit junge Erwachsene finanziell auf eigenen Füßen stehen, brauchen sie weder ihre Eltern noch ein Amt um Erlaubnis zu fragen, wenn sie eine eigene Wohnung mieten wollen.

Auch ein 18-jähriger Schüler oder ein Arbeitsloser darf grundsätzlich von zu Hause ausziehen und eine eigene Wohnung anmieten. "Allerdings muss er dann dafür auch das Geld haben - die Eltern sind meist nicht verpflichtet, ihm eine eigene Bleibe zu finanzieren", erläutert Eva Gerz, Fachanwältin für Familienrecht aus dem rheinischen Brühl.

Wie weit geht die Unterhaltspflicht der Eltern?

Mutter und Vater müssen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zwar auch für volljährige Kinder weiterhin Unterhalt zahlen - in der Regel gilt das aber nur bis zur Beendigung der Berufsausbildung oder des Studiums. "Die Eltern haben in diesen Fällen jedoch das Recht, selbst zu bestimmen, wie sie den Unterhalt leisten", erklärt Eva Gerz. Entweder lassen sie ihr erwachsenes Kind weiterhin bei sich wohnen, kommen für seinen Lebensunterhalt auf und gewähren ihm zusätzlich ein "Taschengeld". Das nennt sich dann "Naturalunterhalt". Oder sie zahlen dem Kind eine eigene Wohnung samt Lebensunterhalt. Dann gewähren sie ihrem Sohn oder ihrer Tochter "Barunterhalt". Geregelt ist dies in Paragraph 1612 Absatz 2 BGB. "Wenn die Eltern die Wahl haben, entscheiden sie sich meistens für den Naturalunterhalt", so Anwältin Gerz. "Dieser ist zum einen meist erheblich preiswerter, und zum anderen gehen wohl viele Eltern davon aus, dass es für die Kinder besser sei, weiter zu Hause zu wohnen."

Was ist, wenn das Kind das anders sieht als die Eltern?

Wenn das erwachsene Kind dafür - so das BGB - "besondere Gründe" vorbringen kann, können die Eltern dazu verpflichtet werden, ihm eine eigene Bleibe zu finanzieren. Im Streitfall muss darüber - auf Antrag der Tochter oder des Sohnes - das Familiengericht befinden. "Bei einer tief greifenden Entfremdung zwischen beiden Seiten gestehen die Gerichte den Kindern deshalb meist Barunterhalt zu." Das gelte allerdings nicht, wenn die Entfremdung allein auf ein "provozierende Verhalten des Kindes" zurückzuführen ist.

Viele Eltern sorgen finanziell für ihre Kinder - sogar, wenn sie bereits aus dem Haus oder in Ausbildung sind. Doch wie lange muss ich mein Kind unterstützen?

Unterhalt – ein Wort, das bei manch einer Familie schon für heftige Streitereien gesorgt hat. Vor allem dann, wenn das Kind bereits volljährig ist – und selbst schon Geld verdient. Sei es während einer Ausbildung oder im Nebenjob. Doch bis wann müssen Eltern ihr Kind noch mit finanzieren? Und wie viel darf es verlangen?

Grundsätzlich haben Kinder ein Recht darauf, von ihren Eltern finanziell unterstützt zu werden, wie Sandra Voigt von "anwalt.de" bestätigt. Eltern sind also gesetzlich dazu verpflichtet – allerdings nur solange das Kind nicht selbst für sich sorgen kann. Das ist meist der Fall, wenn das Kind noch minderjährig ist oder zur Schule geht.

Erste Berufsausbildung: Eltern müssen an Kinder Unterhalt zahlen

Schwieriger wird es allerdings, wenn das Kind zum wiederholten Male das Studienfach wechselt oder einen lukrativen Nebenjob hat. Bei ersterem ist die Sache klar: Die Eltern müssen laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch dafür Sorge tragen, dass das Kind eine angemessene erste Berufsausbildung erhält und diese auch abschließt. Schließlich ist erst dann gewährleistet, dass es für seinen Lebensunterhalt selber aufkommen kann und die besten Karriere- und Verdienstchancen hat.

Dafür muss allerdings das Kind auch seinen Eltern vorweisen können, dass es sich mit bestem Gewissen auf sein Studium oder seine Ausbildung konzentriert und es schließlich auch absolvieren möchte. Wenn die Eltern allerdings nicht dazu in der Lage sind, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, müssen Studenten zum Beispiel Studienfinanzierungen wie Bafög beantragen.

Müssen Eltern zahlen, wenn der Nachwuchs den Ausbildungsplatz ständig wechselt?

Und auch wenn der Sprössling das Studienfach oder den Ausbildungsplatz wechseln sollte, können Eltern nicht einfach Unterhaltszahlungen kürzen oder gar aussetzen. Doch sie dürfen die Gründe dafür einfordern (eine Erklärung wäre zum Beispiel, wenn das Kind für längere Zeit krank war) und der Wechsel auch finanziell noch zu stemmen ist.

Außerdem gilt laut dem Rechtsportal, dass sich das Kind zumindest bis zum Ende des zweiten Semesters, der sogenannten "Orientierungsphase", für ein Studium entschieden haben muss. Bricht das Kind allerdings das Studium oder Ausbildung ohne triftigen Grund einfach ab und bemüht sich auch nicht um eine Alternative, dürfen die Eltern einschreiten. Ihre Unterhaltspflicht verfällt dann.

Doch was tun, wenn der Nachwuchs ewig in der ersten Ausbildung hängt oder gar Langzeitstudent ist? Auch dann dürfen Eltern den Geldhahn zudrehen – allerdings erst dann, wenn die Regelstudienzeit des Studienfachs erreicht ist. Kann das Kind aber weiterhin Geld verlangen, wenn es eine Zweitausbildung, zum Beispiel einen Master-Abschluss, anstrebt?

Gesetzlich hat es dazu eigentlich kein Recht darauf. Sobald das Kind die erste Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, ist es dazu verpflichtet, sich eine Arbeit zu suchen. Wenn es dennoch eine zweite Ausbildung machen möchte, muss es selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen.

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Unterhalt für Bachelor, Master, Zweitausbildung: Das müssen Eltern wissen

Das gilt allerdings nicht, wenn das Kind nach einem Bachelorstudiengang im selben Fach noch einen Master-Abschluss dranhängen möchte. Dann müssen die Eltern ihrem Kind auch dieses Studium weiter finanzieren.

Das ist auch der Fall, wenn der Nachwuchs nach dem Abitur erst eine Ausbildung absolviert und anschließend noch ein Studium beginnen möchte. Und zwar dann, wenn beide kurz nacheinander erfolgen und sachlich zusammenpassen – wie zum Beispiel bei einer Ausbildung zum Elektriker und einem darauf folgenden Bachelor-Studium in Elektrotechnik.

Auch, wenn das Kind einen Minijob ausübt, dürfen die Eltern nicht einfach so den Unterhalt kürzen. Das ist schließlich erst dann erlaubt, wenn das Kind in einem Nebenjob (zum Beispiel in einer Werkstudententätigkeit) so gut verdient, dass es auf alle Fälle keine finanzielle Unterstützung mehr durch die Familie benötigt.

Wie lange kann man bei den Eltern wohnen?

Mehr als jeder vierte junge Erwachsene wohnt in Deutschland mit 25 Jahren noch bei den Eltern. Dabei bleiben Söhne länger zuhause als Töchter, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. 34 Prozent der 25-jährigen Männer lebten 2019 noch im Elternhaus, bei den Töchtern waren es 21 Prozent.

Wie lange müssen die Eltern für einen aufkommen?

Eltern sind in der Regel nur bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Eine starre Altersgrenze existiert nicht.

Wie lange haften Eltern für ihre erwachsenen Kinder?

Gewöhnlich haften Eltern für die Schäden von Kindern nicht mehr nach Erreichen des vollendeten 18. Lebensjahres. Denn mit Eintritt in die Volljährigkeit erlangt das Kind die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit und ist damit auch im Rahmen des Gesetzes zur eigenständigen Haftung befähigt.

Wie bekomme ich meinen erwachsenen Sohn aus dem Haus?

Rauswurf nur mit Hilfe des Familiengerichts Sie dürfen ihm auch nicht, wenn er mal ausgegangen ist, den Zutritt zur Wohnung verwehren oder gar das Schloss austauschen. Um ihn aus der Wohnung zu drängen, müssen Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Zuständig dafür ist das Familiengericht.