Warum sind die Spermien in der Lage sich zu bewegen?

Dank CatSper und ZP2

Nur wenige Spermien haben überhaupt die Chance, einer Eizelle so nah zu kommen, dass sie diese befruchten könnten. Ein Forschungsteam der Universität Duisburg-Essen hat zwei dafür relevante Faktoren und deren Zusammenspiel identifiziert.

Veröffentlicht: 28.06.2022, 16:48 Uhr

Duisburg-Essen. Nur etwa ein Dutzend der Millionen von Spermien schaffen den langen Weg durch den Eileiter bis zur Eizelle. An diesem Auswahlprozess sind eine Reihe von Faktoren beteiligt.

Ein Forschungsteam der Universität Duisburg-Essen hat gezeigt, dass für eine erfolgreiche Fortbewegung bis zur Eizelle das Zusammenspiel zwischen Calcium-Ionenkanälen im Spermiumflagellum und einem Protein der Eizelle entscheidend ist.

CatSper lässt Spermien rotieren

Spermien bewegen sich zunächst in einer spiralförmigen Bewegung im Uhrzeigersinn zur Eizelle. Dafür ist CatSper im Schwanz der Spermien verantwortlich. CatSper ist ein komplexer Calcium-Ionenkanal, der aus vier Untereinheiten sowie mindestens sechs weiteren Proteinen besteht.

In einer Studie (Nat Comm 2022; 13:3439) konnten die Wissenschaftler in Kooperation mit der Yale School of Medicine, New Haven, zeigen, dass mehrere CatSper-Kanäle entlang des Spermienschwanzes regelmäßig angeordnet sind. Dabei verlaufen die Ionenkanäle doppelreihig in einem strikten Zick-Zack-Muster.

„Diese sehr regelmäßige Anordnung der Kanäle ist vermutlich auch der Grund für das schraubenförmige Bewegungsmuster der Spermien“, so Professor Gunther Wennemuth, Uni Duisburg-Essen, in einer Mitteilung der Universität zur Veröffentlichung der Studie.

Mit der digital-holographischen Mikroskopie können mobile Zellen in allen Dimensionen im Raum, also 4D, beobachtet werden.

Zudem hat das Essener Forschungsteam mittels digital-holographischer Mikroskopie beobachtet, dass einerseits Spermien von CatSper-Knockout-Mäusen nicht mehr in der Lage sind, sich schraubenförmig fortzubewegen (FASEB J 2022; 36(5): e22288).

ZP2 stoppt die Rotation

Anderseits verändert sich in der Nähe der Eizelle das Bewegungsmuster der Spermien. Ein bestimmtes Protein der Eizelle lenkt gewissermaßen die Spermien. Das Zona-Pellucida-Protein 2 (ZP2) unterbricht das schraubenförmige Bewegungsmuster von Spermien, sobald sich diese der Eizelle nähern. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Mechanismus den Spermien hilft, die Eizelle zu finden.

Die Ergebnisse beider Publikationen helfen, sowohl den Vorgang der Befruchtung von Eizellen, als auch die Ursachen für Infertilität von Paaren zu verstehen.

Das Spermium ist die männliche Fortpflanzungszelle mit einem einfachen statt dem doppelten DNA-Satz. Es besitzt eine Geißel, mit der es sich eigenständig zur Eizelle fortbewegen kann.

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Was ist das Spermium?
  • 2 Anatomie & Aufbau
  • 3 Funktion & Aufgaben
  • 4 Krankheiten
  • 5 Typische & häufige Geschlechtskrankheiten
  • 6 Quellen

Was ist das Spermium?

Warum sind die Spermien in der Lage sich zu bewegen?

Warum sind die Spermien in der Lage sich zu bewegen?

Die einzige Aufgabe eines Spermiums ist die Befruchtung einer weiblichen Eizelle. Hierzu ist es in seinem Aufbau gänzlich anders als andere Körperzellen und kann im Gegensatz zu diesen keine neue Körpermasse produzieren, um etwa Muskulatur aufzubauen.
© Gunnar Assmy – stock.adobe.com

Ein Spermium ist das männliche Äquivalent zur weiblichen Eizelle. Die männliche Fortpflanzungszelle wird in den Nebenhoden produziert und beim Samenerguss zusammen mit Samenflüssigkeit ausgeschieden. In dieser Samenflüssigkeit ist das Spermium mehrere Tage lebensfähig und bewegt sich teils mit der eigenen Geißel, teils durch die Hilfe anderer Spermien fort bis zur Eizelle. Das Spermium wandert dabei durch die Gebärmutter und den Eileiter, bis es die Eizelle findet.

Ist es in sie eingedrungen, wirft das Spermium seine Geißel ab und sein DNA-Satz vermischt sich mit dem ebenfalls einfach vorhandenen DNA-Satz der Eizelle, um einen genetisch neuen Menschen entstehen zu lassen. Sobald Jungen geschlechtsreif werden, erleben sie ihren ersten Samenerguss und sind fortan rein körperlich dazu in der Lage, Kinder zu zeugen. Abhängig von der Spermienqualität können Männer im Gegensatz zu Frauen ein Leben lang fruchtbar bleiben, jedoch sind die Spermien selbst auch der häufigste Grund für verringerte oder ausbleibende männliche Fruchtbarkeit.

Anatomie & Aufbau

Ein Spermium ist der Eizelle in einem Punkt gleich: es besitzt nur einen einfachen DNA-Satz. Jede Körperzelle besitzt einen doppelten DNA-Satz, einen Strang von der Mutter und die andere Hälfte vom Vater. Jedoch können nie beide DNA-Sätze weitergegeben werden, sondern immer nur einer, damit der neu entstandene Mensch ebenfalls nur zwei DNA-Sätze hat. Deswegen erfüllt ein Spermium auch keine andere Funktion außer die Fortpflanzung. Zu diesem Zweck besitzt es zusätzlich zur Zellmembran noch eine Geißel, womit es sich in seiner Form wesentlich von der Eizelle unterscheidet.

Diese dient zur Fortbewegung - jedoch weisen neuere Untersuchungen nach, dass nicht jedes Spermium für sich alleine seinen Weg bestreitet, sondern dass es einige wenige Spermien gibt, die zur Befruchtung gedacht sind. Alle anderen Spermien werden ausgeschüttet, um diesen Befruchtungs-Spermien auf ihrem Weg zur Eizelle zu helfen. Mit seiner spitz zulaufenden Form kann ein Spermium in eine Eizelle eindringen, woraufhin sich deren Zellmembran derart verändert, dass keine weiteren Spermien zu ihrem Zellkern vordringen können. Männliche Fortpflanzungzellen werden immer mit Spermienflüssigkeit ausgeschieden, die ihnen ebenfalls beim Transport und beim tagelangen Überleben hilft.

Funktion & Aufgaben

Die einzige Aufgabe eines Spermiums ist die Befruchtung einer weiblichen Eizelle. Hierzu ist es in seinem Aufbau gänzlich anders als andere Körperzellen und kann im Gegensatz zu diesen keine neue Körpermasse produzieren, um etwa Muskulatur aufzubauen. In biologischem Sinne besteht die Hauptaufgabe eines Spermiums aus der Fortbewegung durch Gebärmutter und Eileiter sowie die Vermischung der männlichen DNA mit der DNA der Frau.

Bei der Produktion von Spermien muss der männliche Körper in der so genannten meiotischen Zellteilung zunächst dafür sorgen, dass aus einer normalen Zelle mit doppeltem DNA-Satz zwei neue Zellen werden, die einen einfachen (haploiden) DNA-Satz haben. Gleichzeitig muss die Zellform dieser Zelle eine Geißel und einen spitzen Kopf ausbilden. Bei der meiotischen Zellteilung können bei Fehlfunktionen bereits die ersten Störungen entstehen, die zwar nicht direkt das Spermium in seiner gesunden Funktion behindern, jedoch Erbkrankheiten an das Kind weitergeben können, das sie entstehen lassen. Fertig produzierte Spermien verbleiben eine Weile im Hodensack, wo sie bis zur Ejakulation gelagert werden.

Sie leben nur kurze Zeit, sodass ständig neue Spermien nachproduziert werden müssen. Werden sie jedoch ejakuliert, bewegen sie sich eigenständig sowie mit Unterstützung anderer Spermien weiter fort bis hin zur unbefruchteten Eizelle. Das Ziel des Spermiums ist es, die Eizelle vor den anderen Fortpflanzungszellen zu erreichen und in diese einzudringen, sodass sie kein weiteres Spermium durch ihre Zellmembran lässt.

Krankheiten

Zu den häufigsten Störungen beim Mann, die zu verminderter oder vollständig fehlender Fruchtbarkeit führen, gehören Störungen der Anzahl und Beweglichkeit der Spermien. Findet ein Fruchtbarkeitsmediziner zu wenige lebende oder ausreichend bewegliche Spermien im Ejakulat, so gilt die Fruchtbarkeit als eingeschränkt oder sogar als vollständig fehlend. Derartige Störungen haben verschiedene Ursachen, können aber auch nach außen hin gesunde Männer betreffen.

Je höher das Lebensalter, desto wahrscheinlicher ist auch eine Abnahme der Spermienanzahl und -qualität. Beim meiotischen Teilungsprozess, in dem ein Spermium entsteht, kann es außerdem zu Fehlern bei der Teilung des DNA-Strangs kommen. Dadurch entsteht ein Spermium, das einen fehlerhaften DNA-Satz weitergibt. Dies führt bestenfalls zum Abgang des Kindes, noch bevor die Frau bemerkt, dass sie schwanger ist. Manche Erbkrankheiten, die auf diesem Weg weitergegeben werden, verhindern die Entwicklung und Geburt eines Kindes zwar nicht, das betroffene Kind ist jedoch erbkrank. Über die Spermaflüssigkeit, wenn auch nicht direkt durch die Spermien selbst, können auch Geschlechtskrankheiten weitergegeben werden.

Als größte Gefahr unserer Zeit gilt dabei AIDS, da es für diese Viruserkrankung keine Heilung gibt. Weitere Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe oder Syphilis, die sogar heute noch gefährlich sein können, werden ebenfalls durch ungeschützten Geschlechtsverkehr weiter gegeben und werden daher häufig als gesundheitliches Risiko von Spermien betrachtet, obwohl sie eher mit der Spermienflüssigkeit zusammenhängen. Ein Spermium selbst erkrankt daran nicht und bleibt voll funktionsfähig.

Typische & häufige Geschlechtskrankheiten

  • Chlamydien (Chlamydien-Infektion)
  • Syphilis
  • Gonorrhoe (Tripper)
  • Feigwarzen (HPV) (Genitalwarzen)
  • AIDS
  • Ulcus molle (weicher Schanker)

Quellen

  • Finke, F., et al: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Spornitz, U. M.: Anatomie und Physiologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2004
  • Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012

Das könnte Sie auch interessieren

Warum ist die Beweglichkeit der Spermien von Bedeutung?

Spermien, die eine geringe Beweglichkeit aufweisen oder unbeweglich sind, können die Eizelle nicht erreichen, um sie zu befruchten. Deswegen ist für eine Schwangerschaft die Spermienmobilität ein wichtiger Parameter zur Bestimmung der Samenqualität.

Kann Sperma sich bewegen?

Fortbewegung von männlichen KeimzellenSpermien bewegen sich anders als gedacht. 300 Jahre lang glaubte man, dass sich Spermien wie Aale von rechts nach links fortbewegen. Jetzt wurden Spermien erstmals durch eine 3D-Kamera betrachtet und herauskam: Sie bewegen sich nicht von rechts nach links, sondern korkenzieherartig ...

Wie bewegt sich ein Spermium fort?

Ein menschliches Spermium besteht grob betrachtet aus drei Teilen: dem Kopf, dem Hals und dem Schwanz, dem so genannten Flagellum oder der Geißel. Damit bewegt sich das Spermium fort, indem es die Geißel gleichmäßig hin- und herbewegt, ähnlich einem Aal.

Können Spermien wandern?

Spermien sind auf der Hautoberfläche bewegungsunfähig, können sich also vom Bauch oder Rücken nicht auf die Wanderung zum Scheideneingang machen. Gelangt allerdings Ejakulat kurz nach dem Orgasmus – etwa über die Finger – in die Scheide, ist eine Befruchtung möglich.