Sie ist erst dem jeff und dann dem timmy treu

Im FCK-Umfeld wird es schon lange diskutiert. Wie Markus Merk jetzt verriet, haben sich auch die Führungsgremien intensiv mit der Frage befasst: Werden gestandene Profis "schlechter", nachdem sie das Trikot des 1. FC Kaiserslautern übergestreift haben? Wir schauen mal genauer hin.

Marvin Pourié, Alexander Winkler, Marlon Ritter, Marius Kleinsorge, Tim Rieder, Daniel Hanslik - alles Spieler, die in der 3. Liga bereits starke Leistungen abgeliefert haben. Wenn die in einem Team zusammengeführt werden, müsste dabei doch ein rundes Ganzes entstehen, das in der Lage ist, in dieser Klasse oben mitzuspielen. Sollte man meinen. Tut es aber nicht. Der 1. FC Kaiserslautern dümpelt auch nach 14 Spieltagen noch auf Rang 14 herum. Trotz dieser Sommer-Neuzugänge.

"Warum werden einst gute Spieler bei uns immer schlechter?" Die Frage ist so oder ähnlich immer wieder in Fan-Diskussionen zu hören und zu lesen. Vergangene Woche hat die "Rheinpfalz" nun den Beiratsvorsitzenden und Aufsichtsratssprecher Markus Merk mit der Frage konfrontiert, weshalb beim FCK gestandene Spieler immer wieder "Schritte zurück" machten. Merk erklärte, dass auch er sich frage, ob "das alles" für manche Spiele "zu groß hier" wäre - und bestätigte, dass sich auch die Führungsgremien bereits mit dem vermeintlichen Phänomen auseinandersetzen. Nach DBB-Informationen wurden intern sogar eigens zu diesem Thema erstellte Powerpoint-Präsentation vorgeführt.

Zeit also, mal genauer hinzuschauen.

Nicht zu früh den Stab über die Neuzugänge brechen

Zunächst: Macht es Sinn, über die aktuellen Neuzugänge schon jetzt den Stab zu brechen? Schon klar, der Satz "Die Mannschaft braucht Zeit" ist am Betzenberg zuletzt so sehr strapaziert worden, dass er bei vielen Fans bereits schwere allergische Reaktionen hervorruft, andererseits: Es lässt sich nun einmal nicht leugnen, dass die meisten der genannten Spieler keine komplette Saisonvorbereitung beim FCK absolvierten, sei es, weil sie verletzt waren oder erst spät zum Kader stießen.

Winkler kommt erst jetzt aus seiner Verletzungspause zurück, Kleinsorge ist zwar schon länger wieder fit, rang zuletzt nach seiner Form und hat jüngst gegen Duisburg zumindest angedeutet, dass es langsam aufwärts geht. Hanslik quält sich bislang auf einer für ihn eher ungewohnten Position - als er gegen Mannheim auf seiner Stammposition im Sturmzentrum eingesetzt wurde, trumpfte er durchaus stark auf. Pourié hat bislang keinesfalls enttäuscht, an Rieder scheiden sich in der Tat die Geister: Sicher tritt er im FCK-Trikot noch längst nicht so auffällig in Erscheinung wie vergangene Saison bei den Sechzgern. Er ist bislang aber auch vornehmlich als Ordnungsdienst vor der Abwehr gefragt und die "Dreckarbeit", die er dabei zu erledigen hat, erledigt er ordentlich.

Ritter und Huth: Zwei unterschiedlich gelagerte Problemfälle

Und Ritter? Da sollte beachtet werden: Ritter spielte für Paderborn 2017/18 eine überragende Drittligasaison, im anschließenden Zweitligajahr der SC stand er nur noch sechs Mal in der Startelf, in der folgenden Erstligasaison durfte er nur noch drei Mal von Beginn an ran. Kann man da erwarten, dass er beim FCK sofort und dauerhaft eine Führungsrolle ausfüllt? Es hilft nichts: Wenn, braucht er noch mehr Wettkampfpraxis, um wieder auf das Niveau von 2017/18 zu kommen.

Das einzige wirkliche Rätsel ist im Moment Elias Huth. Er bekommt seine Einsatzzeiten, muss sein Stürmerspiel gegenüber dem, das zuletzt in Zwickau gefragt war, gar nicht mal so sehr umstellen, dennoch hat er noch nicht einen Treffer markiert - beim FSV waren es in der Vorsaison noch 14.

Hilfreicher ist es jedoch, sich Spieler anzuschauen, die bereits längere Leistungskurven in Diensten der Roten Teufel ausweisen.

Die Sommertransfers 2019: Wird Bachmann noch zum Spätstarter?

Im Sommer 2019 kamen mit Lucas Röser, Janik Bachmann, Simon Skarlatidis, Manfred Starke, Philipp Hercher, Avdo Spahic und José-Junior Matuwila sieben Spieler auf den Betzenberg, die in der 3. Liga ebenfalls schon einiges geleistet hatten. Röser kam sogar von Zweitligist Dresden - und zählt ohne Frage zu denen, die das zu untersuchende Phänomen am eindrücklichsten zu bestätigen scheinen.

Allerdings: Seine Trefferquoten, die er einst bei Sonnenhof Großaspach und Dynamo Dresden in der Dritten und in der Zweiten Liga verzeichnete, konnte er schon in seinem zweiten Jahr bei Dynamo nicht mehr bestätigten, drum war er schon bei den Sachsen aufs Abstellgleis geraten. Die Probleme, die er hat, entstanden möglicherweise also nicht erst beim FCK.

Bachmann spielt, keine Frage, beim FCK ebenfalls noch immer nicht die Rolle, die er einst bei Kickers Würzburg innehatte. Seine jüngsten Darbietungen lassen zumindest noch auf einen Spätstart hoffen.

Mittlerweile als Innenverteidiger eingesetzt, ist sein Stellungsspiel sicher noch verbesserungswürdig und die Schnelligkeitsdefizite der Hintermannschaft wird auch er nicht beheben können - doch zuletzt gegen Duisburg trat er einige Male eindrucksvoll als Antreiber aus der letzten Reihe in Erscheinung. Nicht jeder ist eben als Alphamännchen geboren, manche wachsen nur langsam in eine Leaderfunktion.

Starke und Matuwila: Opfer von Trainerwechseln

Skarlatidis wird schlicht und ergreifend von Verletzungspech geplagt. In den letzten Wochen des Jahres 2019, als er mal über eine längere Zeit fit war, zeigte er ansprechende Leistungen. Spahic und Hercher sind beim FCK keinesfalls schlechter geworden. Bei Starke und Matuwila dagegen treten nun zwei Erscheinungen auf, die wir, wenn wir gleich noch weiter zurückgehen, noch öfter entdecken. Ihre Einsatzzeiten beim FCK minimierten sich brutal, als der Trainer wechselte.

Von seinen 14 Startelf-Einsätzen in der Saison 2019/20 bestritt Starke sieben in den ersten acht Partien. Anschließend rückte Boris Schommers für Sascha Hildmann an die Seitenlinie. Für den neuen Trainer war Starke nur noch Ergänzungsspieler, im Sommer 2020 eröffnete er ihm, dass seine Einsatzzeiten sich noch weiter reduzieren würden, wenn er am Betzenberg bliebe. Noch abrupter endete die FCK-Karriere von Matuwila. Zunächst Stammkraft und "Wunschspieler" Hildmanns, um die besagten Schnelligkeitsdefizite in der Innenverteidigung zu beheben, kam er unter Schommers nur noch drei Mal zum Einsatz. Bereits in der Winterpause wurde er nach Essen verliehen und im Sommer dann ganz ausgemustert.

Wir sehen: Mit den Trainern wechseln auch die Stellenwerte eines Spieler im Kader, was so manche Stammkraft bis aufs Abstellgleis führen kann. Das und nichts anderes erklärt das "schlechter werden."

Gehen wir mal ein weiteres Jahr zurück.

Sommertransfers 2018: Die "Überlebenden" wurden nicht schlechter

Im Sommer 2018 musste der FCK nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga einen komplett neuen Kader formieren. Einige der Neuzugänge, die sich zuvor bereits in der Dritten oder gar in Zweiten Liga bewährt hatten, stehen auch heute noch im Kader: Kevin Kraus, André Hainault, Hendrick Zuck, Dominik Schad. Ist von denen einer "schlechter" geworden? Hainault ist altersbedingt langsamer geworden, Schad ist verletzt, an Zuck schieden sich auch schon in Braunschweig die Geister.

Und auch bei Zuck hat mit den Trainern auch sein Stellenwert im Kader gewechselt. Unter Hildmann schon auf dem Abstellgleis, genoss Zuck bei Schommers hohe Anerkennung, und auch Jeff Saibene schätzt den Linksfuß, wenngleich vornehmlich als Einwechselspieler.

Und wie sieht’s beim Rest aus der Sommertransferperiode 2018/19 aus? Dem, der bereits auf der Strecke geblieben ist?

"Löh" war und blieb Hallodri, Biada ein Fall für sich

Bei der Rückholaktion von Florian Dick war offenbar das altersbedingte Schnelligkeitsdefizit, das er aus Bielefeld mitbrachte, unterschätzt worden. Jan Löhmannsröben galt schon bei Carl Zeiss Jena als Hallodri, der genialste lange Bälle schlagen kann, dem aber auch immer wieder ein kapitaler Bock unterläuft. Diesen Eigenschaften ist er auch in Lautern treu geblieben, insofern ist er dort nicht schlechter geworden. Und wer ihn unlängst für Hansa Rostock auf dem Betzenberg spielen sah, wird bemerkt haben: Er ist immer noch für Schusselfehler gut, auch wenn er mittlerweile insgesamt gefestigter wirkt.

Julius Biada hat zum Ende der vergangenen Saison in der 2. Bundesliga beim SV Sandhausen wieder aufhorchen lassen, dafür aber auch mehr als ein dreiviertel Jahr Anlauf gebraucht. In Lautern wurde er schon nach einem halben Jahr wieder aussortiert. Aber: Auf seiner Karrierestation zuvor, in Braunschweig, war auch schon Torsten Lieberknecht an dem ohne Zweifel hochveranlagten Kicker verzweifelt. In Sandhausen dagegen traf er wieder auf Uwe Koschinat, den Trainer, unter dem er zuvor bei Fortuna Köln groß herausgekommen war.

Wir sehen einmal mehr: Die Trainer entscheiden, welche Entwicklung ein Spieler nimmt.

Theo Bergmann: Ein besonders tragischer Fall

Das macht auch das Beispiel Theo Bergmann deutlich, ein besonders tragischer Fall. Er hatte sich bei Drittliga-Absteiger Rot Weiß Erfurt als Riesentalent profiliert. FCK-Trainer Michael Frontzeck ließ ihn nach einigen Wochen der Eingewöhnung regelmäßig auflaufen, Sascha Hildmann brachte ihn bald nur noch von der Bank. "Für mich ist Theo mehr ein Zehner als ein Achter", erklärte Hildmann mal am Rande eines Spiels, und "Zehner" waren in seiner damals bevorzugten 3-4-3-Formation gerade nicht gefragt. Verletzungen und Erkrankungen taten ein Übriges.

Unter Schommers kam das Talent nur noch zu wenigen Kurzeinsätzen. Fußballerisch habe Bergmann alles drauf, aber sein Spiel gegen den Ball lasse zu wünschen übrig, erklärte Schommers mal im inoffiziellen Teil eines DBB-Interviews. Im Sommer wechselte Bergmann nach Jena in die Regionalliga Nordost, wo er nun Corona-bedingt bis auf Weiteres nicht mehr kickt. Wirklich tragisch für den Jungen, dem auch im zweiten Anlauf noch einiges zuzutrauen wäre.

Die Reibungspunkte: Hemlein und Thiele

Mehr Beachtung bei den Fans und auch in den Medien fanden die Fälle Christoph Hemlein und Timmy Thiele. Beide erklärten nach ihrer Abschiebung, mit Schommers persönlich nicht klar gekommen zu sein. Richtiger ist wohl, dass sie dessen Ansprüchen an ein gepflegtes, dominant zu führendes Kombinationsspiel nicht genügten. Thiele, einst Wunschspieler Frontzecks und auch von Hildmann geschätzt, hat seine Stärken im Konterspiel, Hemlein ist einer fürs, pfälzisch ausgedrückt, "Druff un Ewerre", einer, der nach einem langen Pass die zweiten Bälle erläuft.

Lohnt es sich, noch weiter zurück liegende Fälle aufzuzählen? Kaum, denn erstens ist keiner von diesen Spielern mehr da, zweitens dürfte bereits deutlich geworden sein, wo der Hase im Pfeffer liegt: Spieler werden beim FCK nicht schlechter, weil ihnen dies "alles zu groß" ist, wie Markus Merk es ins Unreine formulierte. Es sind die vielen Trainerwechsel, die sich erst recht auf die Entwicklungen Einzelner fatal auswirken, wenn mit diesen nicht nur neue persönliche Bewertungen, sondern auch eine geänderte Spielidee einhergehen.

Die eigentliche Krux: Wenn mit den Trainern auch die Spielidee wechselt

Schon 2015 folgte auf Kosta Runjaic, der für Zweitligaverhältnisse ein erstaunlich gepflegtes Passspiel forderte, Konrad Fünfstück, der mehr auf die Langer-Ball-Zweiter Ball-Masche stand. Ihn ersetzte Tayfun Korkut, der wieder mehr auf der Runjaic-Linie lag. Nach ihm kam mit Norbert Meier einer aus der Old-School-Fraktion, auf den mit Jeff Strasser ein Vertreter der fußballerischen Moderne folgte. Ihn wiederum löste mit Michael Frontzeck einer ab, der als Trainer anscheinend schon in den Neunzigern stehen geblieben war.

Dass bei solchen Wechseln immer auch die Personaldecke umgekrempelt wird, ist klar. Dass es dabei Verlierer gibt, die sich kurz zuvor noch als Gewinner fühlten, ebenso. Natürlich gibt es immer auch Einzelschicksale, die sich nicht erklären lassen, zumindest nicht in einer derart zusammenfassenden Betrachtung.

Grundsätzlich lautet die Lösung des Dilemmas aber: Endlich mal einen Trainer zwei, drei Jahre arbeiten lassen. Oder wenigstens beim Wechsel danach darauf achten, dass dieser mit seinem Vorgänger auf einer Linie liegt, was die Spielidee angeht. Dass jeder Trainer sich außerdem seine eigenen Lieblinge und böse Buben kürt, ohne dass dies objektive fußballerische Gründe hat, tut ein Übrigens, ist aber auch nur menschlich. Das war schon bei Otto Rehhagel und Kalli Feldkamp so.

Was denkst Du? Gibt es ein Leistungsgefälle, wenn ein Spieler das Trikot des FCK oder das eines anderen Klubs überstreift, und ist dabei ein Muster zu erkennen? Und wenn ja, woran liegt es? Diskutiere darüber mit anderen FCK-Fans im DBB-Forum.