Kann ein befristeter Arbeitsvertrag stillschweigend verlängert werden?

Sehr geehrter Fragesteller,



Frage 1:
"Ist X im Recht und sollte daher auf die Entfristung bestehen / klagen?"


Jein.

Diese Frage ist derzeit höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Das entsprechende Verfahren ist derzeit noch anhängig (BAG - 7 AZR 486/12 ).

Gemäß § 17 TzBfG muss der Arbeitnehmer eine solche Entfristungsklage innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages erheben.

Wird die Klagefrist versäumt, gilt die Befristung gemäß § 17 Satz 2 TzBfG i.V. m. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam befristet.

Nach Ihrer Schilderung haben Sie also durchaus noch Zeit, den Lauf der Dinge abzuwarten. Durch eine voreilige Klage würden Sie das Arbeitsverhältnis jedenfalls mehr belasten als zu Ihren Gunsten entlasten.

Für das Ende des Arbeitsverhältnisses gilt § 15 V TzBfG . Danach gilt:

"Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt."


Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass sich Ihr Arbeitsverhältnis infolge der Geschehnisse tatsächlich in ein unbefristes umgewandelt hat.

Hier sollten Sie aber nicht unbedingt offene Türen einrennen, sondern schauen wie sich das Arbeitsverhältnis weiterentwickelt und ggf fristgemäß die Entfristungsklage erheben. Ansonsten könnte der Arbeitgeber womöglich im Rahmen der anwendbaren Kündigungsfristen das Arbeitsverhältnis sogar vorzeitig beenden. Diese Option sollten Sie nach Möglichkeit vermeiden, wenn Ihnen etwas am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses liegt.

Die Beweise für den geschilderten tatsächlichen Ablauf sollten Sie natürlich schon jetzt nachweisbar sichern.



Frage 2:
"2. Hat X durch das Unterzeichnen der neuen Befristung (2 Tage nach Ablauf des Vertrages) etwas falsch gemacht oder ist diese erneute Befristung so oder so ungültig? "

Nein (siehe oben).


Mit freundlichen Grüßen

Raphael Fork
-Rechtsanwalt-

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 31. Januar 2016 | 13:41

Nachfrage 1:
"Warum ist die Situation (2 Tage ohne Vertrag gearbeitet = unbefristeter Vertrag) für Sie ein "Jein" bzw. wo könnte das Gegenargument des Arbeitgebers liegen?"


Das Gegenargument liegt hier in in dem Gesetzeswortlaut " wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt".

Wie Sie selbst schildern, hat "wurde über Monate eine Verlängerungversprochen und noch am letzten Tag angekündigt ("Muss noch vom Personalchef unterschrieben werden!")". Hierin kann man bereits einen solchen Widerspruch sehen, denn nach dem Willen des AG sollten Sie zu keinem Zeitpunkt unbefristet weiterarbeiten. Vielmehr wurde Ihnen der Vertrag am ersten Tag vorgelegt und von Ihnen erst nach Ablauf der gesetzten Frist.

Hier wird man dann gerichtlich bewerten müssen, ob dieser Ablauf bereits für Sie nun zu einem unbefristeten Vertrag geführt hat oder ob Ihre nachträgliche Unterschrift unter den Vertrag den unbefristeten Vertrag wieder zunichte gemacht hat.

Denn bei Licht besehen haben Sie sich mit Ihrer Unterschrift einem widersprüchlich verhalten. Sie hätten die Unterschrift verweigern sollen und fristgemäß Entfristungsklage erheben müssen. Indem Sie dies unterließen, stellt sich damit allein die Frage, ob der 2. befristete Vertrag an einem Mangel leidet, der die Befristung unwirksam werden lässt.

Und wenn er da einen Nachweis mitbringt, auf dem "befristete Aushilfe" steht, dann dürfte ihm das wenig bringen, wenn er Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis aus der Zeit nach der Entfristung geltend macht.

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Es wird wohl eher im AV stehen, dass das AV befristet ist und der AN als Aushilfe beschäftigt wird. Den Ausdruck in einem AV "befristete Aushilfe" ist mir nicht bekannt. Auch kann ich hier die Notwendigkeit des § 2 NachwG nicht erkennen. Der befristete AV und dessen Bestandteile gehen nunmehr in den unbefristeten AV über. Was soll sich denn da ändern? Der AN bleibt eine Aushilfe zu den selbigen Konditionen.

Zitat von Dr.Kamphausen:

Allerdings bin ich der Auffassung, daß sich durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die bisherigen Vertragsinhalte wesentlich geändert haben, so daß zumindest der Ansperuch aus § 3 des Gesetzes besteht, die Änderungen binnen Monatsfrist dem AN mitzuteilen.

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Welche Änderungen denn? Ich erkenne keine.
Kann ein befristeter Arbeitsvertrag stillschweigend verlängert werden?


Wenn ein befristetes AV stillschweigend in ein unbefristetes AV übergeht, dann bleiben die eigentlichen Vertragsbestandteile davon unberührt, denn sie werden in die unbefristete Stelle übernommen. Der AN hat einen Vertrag mit den notwendigen Angaben gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des NachwG. Dieser Vertrag wird durch die stillschweigende Verlängerung nur entfristet, mehr nicht. Somit kommt dann § 4 Satz 2 NachwG zum tragen, da die notwendigen Angaben automatisch übernommen werden.

Deshalb ist dem hier zuzustimmen;

Zitat von Atlantis:

Die Rechtslage ist eindeutig: Wird mit beiderseitigem Einverständnis ohne weitere Befristung über die Frist hinaus gearbeitet, wandelt sich der Vertrag automatisch in einen unbefristeten um. Einer irgendwie gearteten Erklärung seitens des Arbeitgebers bedarf es hierzu nicht.

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Ich denke dies sollte genügen.

PS: Hätte im Vorfeld kein AV bestanden, dann würde ich marcus und dem Doc zustimmen.

Gruß

Pro

 

AW: stillschweigende Verlängerung eines befristeteten Arbeitsvertrages

Sehe ich noch immer anders: Ich möchte zwischen der rechtsgestaltenden Erklärung des AG und der aus dem neuen Vertragsinhalt folgenden Nachweisverpflichtung differenzieren.
Erstere ist mit der stillschweigenden Verlängerung natürlich schon geklärt. Das Arbeitsverhältnis ist wirksam, völlig egal, ob noch irgendeine andee Erklärung gemacht wird oder nicht. Selbst wenn der Nachweispflicht nicht genügt wird, berührt das die Gültigkeit des Arbeitsverhältnisses nicht. Aber soweit sind wir und ja einig.
Mein Problem ist nun, dass sich der Vertragsinhalt dergestalt geändert hat, dass nicht mehr für eine befristete Zeit, sondern für unbestimmte Zeit die Verpflichtungen bestehen. Wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht (der ja unstreitig auch nicht nötig ist, §2 IV NachwG), ist der AG nach dem NachwG verpflichtet, dem AN einen schriftlichen Nachweis auszustellen. Auf diesem ist nach §2 Nr.3 NachwG auch eine eventuelle Befristung einzutragen! Die dort enumerativ aufgezählten Angaben bezeichnet die Norm als "wesentliche Vertragsbedingungen". Und nach §3 NachwG ist bei einer Änderung derselben innerhalb eines Monats die Änderung schriftlich mitzuteilen, das dürfte dann als Ergänzung des ursprünglichen Nachweises im Bezug auf die geänderten Punkte gelten. Meines Erachtens ist im hier fraglichen Fall daher der AG dazu verpflichtet, diese schriftliche Mitteilung zu machen.
Gruß
Marcus

 

AW: stillschweigende Verlängerung eines befristeteten Arbeitsvertrages

Um es nochmal GANZ deutlich zu machen:

1. Damit sich ein befristeter Arbeitsvertrag durch Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in einen unbefristeten verwandelt bedarf es KEINERLEI schriftlicher Fixierung oder sonstiger Erklärungen seitens der Vertragsparteien. Mit Fortsetzung des Vertrages über das Fristende hinaus, wandelt sich der befristete in einen unbefristeten Vertrag um.

2. Der Nachweis nach dem Nachweisgesetz ist für den Arbeitnehmer im Grunde eine reine Formalie. Nur falls der Nachweis nicht erfolgt, hat dies negative Konsequenzen für die BEWEISLAST des ARBEITGEBERS!

3. Gemäß § 2 Abs. 1, Nr. 3 NachwG ist lediglich bei BEFRISTETEN Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer des Arbeitverhältnisses anzugeben. Im Gegenzug gibt es bei einem unbefristenen Arbeitsverhältnis gerade KEINE Verpflichtung, eine wie auch immer geartete UNBEFRISTUNG nachzuweisen. Wandelt sich das befristete Arbeitverhältnis in ein unbefristetes um, hat der Arbeitnehmer deshalb keinen Anspruch auf einen Nachweis, dass das Arbeitsverhältnis nunmehr unbefristet sei, da es einen solche Nachweispflicht nicht gibt.

Auch gibt es insoweit in aller Regel keine Nachweisprobleme. Denn wenn der Arbeitnehmer nach Fristablauf weiter gerarbeitet hat, wird zu seinen Gunsten vermutet, dass eine Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis statt gefunden hat. Ganz so, als würde es die Befristungsabrede nicht geben.

4. Angesichts dessen, dass der Nachweis nur eine Formalie ist, die keine inhaltlichen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat und die sonstigen Arbeitsbedingungen ja im Vertrag festgehalten sind, sollte man sich GUT überlegen, ob man in der Praxis seinen Arbeitgeber wegen SOWAS vor den Kadi schleift oder sich mit ihm auseinandersetzt.

 

AW: stillschweigende Verlängerung eines befristeteten Arbeitsvertrages

Halten wir doch mal fest, dass es keinen TV oder eine Betriebsvereinbarung gibt, denn soetwas hat der Fragende nicht angegeben. Demnach handelt es sich um einen AV nach den gesetzlichen Bestimmung und genau dieser bezieht sich in seiner Schriftform auch darauf.

Zitat von Dr.Kamphausen:

Durch die Fortsetzung als Schuldverhältnis von unbestimmter Dauer unterliegt das AV nunmehr einer Kündigungsfrist.

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Ist in einem AV keine Kündigungsfrist enthalten, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Genauso als gebe es keinen schriftlichen AV. Sollten andere Kündigungsfristen für beide Parteien gelten, dann wäre dies in Schriftform festzuhalten.

Zitat von Dr.Kamphausen:

Ebenso verlängert sich der Arlaubsanspruch des Arbeitnehmers.

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In einem befristeten AV, steht, "Der Urlaubsanspruch in Höhe von 24 Tagen, wird dem AN anteilig gewährt". Sollte der AN nun das gesamte Jahr arbeiten, so hat er auch den vollen Urlaubsanspruch. Eine Änderung kann ich auch hier nicht erkennen.

Also; Es ist ein schriftlicher AV ( befristet ) vorhanden, dessen Bestandteile ( Jahresurlaub, Hinweis auf die gesetzl. Kündigungsfristen usw ) vorhanden sind. Diese Bestandteile haben weiter ihre Gültigkeit, wenn der AV entfristet wird. Es ändert sich demnach nichts.

Da sich jedoch nichts ändert, kommt § 4 Satz 2 NachwG in Betracht. Der § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 fällt weg, da dass AV unbefristet ist, Nr. 9 entfaltet sich durch die gesetzlichen Bestimmungen. Auch dies ist im unbefristeten AV geregelt.

Weder der Urlaubsanspruch, noch die Kündigungsfrist ( im AV der Hinweis auf die gesetzl. Bestimmungen ) ändern sich. Damit kommt § 3 Satz 2 NachwG in Betracht.
Kann ein befristeter Arbeitsvertrag stillschweigend verlängert werden?
Denn die bisherigen Vertragsbestandteile bleiben bestehen. Wo bitte entnehmt ihr eine Änderung???? Das der befristete AV entfristet wird, ist keine Änderung die der Schriftform bedarf, vielmehr ist die Aufführung der Nr. 3 nicht mehr vonnöten.

Was geschieht wenn das Arbeitsverhältnis stillschweigend nach Ablauf der Befristung fortgesetzt wird?

Wird das Dienstverhältnis nach dem Ablauf der Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Teiles fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Teil unverzüglich widerspricht.

Wann muss ein befristeter Arbeitsvertrag spätestens verlängert werden?

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Die Verlängerungen des befristeten Vertrages müssen ebenfalls jeweils vor Auslaufen der jeweiligen Befristung schriftlich vorgenommen werden (also Auslaufen am 31.12.), dann muss spätestens am 31.12. die Verlängerung von beiden Arbeitsvertragsparteien unterzeichnet werden.

Kann ein befristeter Arbeitsvertrag automatisch verlängert werden?

Ein befristeter Vertrag kann sich automatisch verlängern. Setzt sich ein befristetes Arbeitsverhältnis fort, ohne dass der Arbeitgeber Einspruch erhebt, ist der Arbeitsvertrag als unbefristet verlängert anzusehen.

Kann ein befristeter Arbeitsvertrag mündlich verlängert werden?

Die Befristung eines Arbeitsvertrags muss schriftlich vereinbart werden. Möchte der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis auf befristete Zeit verlängern, genügt eine mündliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer nicht. Es muss schriftlich geschehen, bevor der Arbeitnehmer seine neue (befristete) Tätigkeit aufnimmt.