Ist der Arbeitgeber verpflichtet ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen?

Begriff

Das Dienstzeugnis ist eine vom Arbeitgeber ausgestellte Urkunde, in der Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses sowie die Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber bestätigt werden.

Anspruch auf Ausstellung

Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses. Der Arbeitgeber ist aber nicht automatisch dazu verpflichtet, ein Dienstzeugnis auszustellen. Der Arbeitnehmer muss die Ausstellung eines Dienstzeugnisses ausdrücklich verlangen.

Hinweis!

Freie Dienstnehmer haben keinen Anspruch auf die Ausstellung eines Dienstzeugnisses.

Vorsicht!
Nach Endigung oder vorzeitiger Auflösung des Lehrverhältnisses ist der Arbeitgeber ohne weitere Aufforderung verpflichtet, dem (ausgelernten) Lehrling ein Lehrzeugnis auszustellen.

Jeder Arbeitnehmer hat auch bei aufrechtem Arbeitsverhältnis Anspruch auf ein Dienstzeugnis. Ein solches Dienstzeugnis heißt Zwischenzeugnis und muss ebenfalls vom Arbeitnehmer ausdrücklich verlangt werden.

Form

Das Dienstzeugnis ist schriftlich auszustellen. Die Formulierung obliegt alleine dem Arbeitgeber.

Vorsicht!
Die Pflicht, bei Ausstellung des Dienstzeugnisses eine bestimmte "Form“ einzuhalten, besteht nicht. Zerrissenes oder verschmutztes Papier sowie gröbere Schreibfehler muss der Arbeitnehmer aber nicht akzeptieren.

Inhalt

Gesetzlicher Inhalt des Dienstzeugnisses ist

  • Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses sowie

  • Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber bestätigt dem Arbeitnehmer damit, dass dieser von einem bestimmten Zeitpunkt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt mit bestimmten Aufgaben bei ihm beschäftigt war. 

Beispiel:
Herr Manfred Huber, geboren am 10.8.1970, war vom 1.1. 2020 bis 31.5. 2020 im Gasthof „Wilder Mann“ als Kellner beschäftigt.

Vorsicht!
Angaben und Anmerkungen, welche die Erlangung einer neuen Arbeitsstelle erschweren könnten, sind unzulässig. Dies gilt auch für Angaben über die Ursache und Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses – vor allem bei einer Entlassung oder einer Arbeitgeberkündigung.

Positive Bewertungen der Qualifikation, der Arbeitsleistung oder der Person des Arbeitnehmers sind zulässig, aber nicht zwingend erforderlich. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf ein derartig "qualifiziertes" Dienstzeugnis!

Tipp!

In der Praxis kommt es bei der Frage, ob eine Formulierung positiv oder negativ zu beurteilen ist, immer wieder zu Auffassungsdifferenzen. Es ist daher empfehlenswert, in das Dienstzeugnis nur die vom Gesetz vorgesehenen Inhalte aufzunehmen.

Maßgeblich sind der arbeitsrechtliche Beginn und das arbeitsrechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses. Verlängerungen der Pflichtversicherung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie etwa infolge Auszahlung einer Urlaubsersatzleistung, sind außer Acht zu lassen.

Die Art der Beschäftigung muss näher ausgeführt werden, wenn dies für das Fortkommen des Arbeitnehmers von Bedeutung sein kann. Es sind bloß Tatsachen zu bestätigen, wobei besondere Arbeitsschwerpunkte und Veränderungen der Tätigkeit im Laufe des Arbeitsverhältnisses aufzuscheinen haben.

Beispiel:
Frau Ilse Huber, geboren am 10.8.1970, war vom 1.1.2001 bis 31.5.2019 als Sekretärin bei der Firma Großhandel Müller beschäftigt. Ihr Aufgabenbereich umfasste bis 31.12.2002 Schreibarbeiten und einfache administrative Tätigkeiten, ab 1.1.2003 die gesamte Korrespondenz und Terminplanung für die Geschäftsführung.

Kosten

Die Kosten eines Dienstzeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses trägt der Arbeitgeber. Verlangt der Arbeitnehmer bei aufrechtem Arbeitsverhältnis ein Zwischenzeugnis, hat er die Kosten für dessen Ausstellung selbst zu tragen.

Vorsicht!
Dienstzeugnisse (auch Lehrzeugnisse) sind gebührenfrei!

Verjährung

Die Ausstellung eines Dienstzeugnisses ist 30 Jahre lang einklagbar, sofern der anzuwendende KV nicht eine Verfallsfrist vorsieht. Im Falle des Ablebens des Arbeitgebers, sind seine Erben verpflichtet, ein Dienstzeugnis auszustellen. Zeugnisse des Arbeitnehmers von früheren Arbeitsverhältnissen, die sich noch in Verwahrung des Arbeitgebers befinden, sind dem Arbeitnehmer auf Verlangen jederzeit auszufolgen.

Stand: 01.01.2022

Das Arbeitszeugnis stellt einen der häufigsten Streitpunkte nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dar. Ein Zeugnis begleitet Sie ein Leben lang, deshalb lohnt es sich auch, eine Ergänzung beziehungsweise Berichtigung eines negativen oder unvollständigen Zeugnisses zu beanspruchen.

Arbeitszeugnis: Das Wichtigste im Überblick

  • Man unterscheidet zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis. Das einfache enthält keine Angaben über Führung und Leistung des Arbeitnehmers und ist daher weniger für Bewerbungszwecke geeignet.
  • Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses haben alle Angestellten, sobald sie ein Beschäftigungsverhältnis beenden. Die Dauer der Beschäftigung spielt dabei keine Rolle (gilt auch für Praktika).
  • Sie sollten ein Arbeitszeugnis immer schriftlich anfordern und am besten gleich im Kündigungsschreiben. Setzen Sie Ihrem Arbeitgeber gegebenenfalls eine Frist von 2 Wochen.
  • Wenn Ihr Arbeitgeber auch 3 Wochen nach Ihrem Austritt kein Zeugnis ausgestellt hat, sollten Sie eine Mahnung aussprechen und – falls diese wirkungslos bleibt – Ihr Zeugnis notfalls vor Gericht einfordern.

Wann habe ich Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Als Arbeitnehmer haben Sie selbst bei nur kurzfristiger Tätigkeit (zum Beispiel auch bei Praktika) Anspruch auf ein einfaches Arbeitszeugnis, wenn sie aus dem Unternehmen austreten. Die Länge Ihrer Beschäftigung spielt dabei keine Rolle. Das entschied 2001 das Landesarbeitsgericht (Aktenzeichen: 4 Sa 1485/00).

Beachten Sie allerdings, dass der Anspruch auf das Arbeitszeugnis auch verjähren kann. Gemäß § 195 BGB geschieht dies nach 3 Jahren – es sei denn, in Tarifverträgen sind kürzere Fristen festgelegt. Fristbeginn der Verjährung ist das Ende des laufenden Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Unabhängig von der Verjährung erlischt Ihr Zeugnisanspruch auch dann, wenn es dem oder der Zuständigen nicht mehr möglich ist, das Zeugnis auszustellen.

Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?

Das einfache Arbeitszeugnis

Das einfache Zeugnis enthält keine Angaben über Führung und Leistung des Arbeitnehmers, es bestätigt nur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie die exakte Berufsbezeichnung. Es gleicht damit einer neutralen Tätigkeitsbeschreibung und ist für Bewerbungen weniger geeignet. In der Regel ist das einfache Arbeitszeugnis ungefähr eine halbe DIN-A4-Seite lang und erfüllt lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen. Alle Angaben müssen nach der Rechtsprechung in ihren Aussagen wahr und wohlwollend formuliert werden und dürfen keine versteckten Symbole enthalten.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis

Um ein qualifiziertes Zeugnis handelt es sich, wenn neben den Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit noch Angaben über Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis enthalten sind. Der Arbeitnehmer kann das Zeugnis vom Zeitpunkt der Kündigung an verlangen. Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers besteht nicht. Das qualifizierte Zeugnis hat folgende Bestandteile zu enthalten:

  • ausführliche Beschreibung der Tätigkeit
  • eine Leistungsbewertung
  • Angaben über erworbene Zusatzqualifikationen
  • Angaben über das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und evtl. Kunden
  • Art und Umstände des Ausscheidens
  • Ort und Datum der Ausstellung, Unterschrift eines befugten Vorgesetzten.

Auch das qualifizierte Arbeitszeugnis muss vollständig, wahr, klar und wohlwollend sein. Eine besondere Formvorschrift für das qualifizierte Zeugnis besteht jedoch nicht, es müssen lediglich die im Geschäftsleben üblichen Mindestanforderungen (zum Beispiel ein ordnungsgemäßer Briefkopf) erfüllen, wie das Bundesarbeitsgericht bereits 1993 klarstellte (Aktenzeichen: 5 AZR 182/92).

Formulierungen im Arbeitszeugnis: Was bedeuten sie?

Bei vielen Arbeitnehmern herrscht bei Erhalt eines qualifizierten Zeugnisses Unsicherheit über die genaue Bedeutung der einzelnen Formulierungen. Eine auf den ersten Blick gute Formulierung kann im Zusammenhang gesehen eine schlechte Bewertung ausdrücken. Dies kann erreicht werden durch verschiedene Formulierungstechniken:

  • Negationstechnik: Gab ein Verhalten "keinen Anlass zu Beanstandungen", dann war nichts Lobenswertes dabei.
  • Leerstellentechnik: „Das Verhalten gegenüber Kollegen war einwandfrei". Hier werden die Vorgesetzten weggelassen, was impliziert, dass das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten gerade nicht einwandfrei war. 
  • Widerspruchstechnik: Zwar kann die Leistung sehr gut bewertet worden sein, doch wenn Dankessprüche beziehungsweise Wünsche für die Zukunft darin fehlen, wirkt das Zeugnis im Ganzen nicht sehr glaubhaft.
  • Passivtechnik: „Es wurde ihm erklärt.“ Solche Passivformulierungen können als Indiz für die Unselbstständigkeit des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin ausgelegt werden.
  • Betonungstechnik: Statt den eigentlichen Leistungen wird vor allem Selbstverständliches (zum Beispiel Zuverlässigkeit) oder Nebensächliches betont beziehungsweise in der Reihenfolge vorangestellt.

Noten im Arbeitszeugnis

Welche Formulierungen der Arbeitgeber aber konkret verwendet und welches Beurteilungsverfahren er heranzieht steht ihm frei. Es muss nur seine Leistungsbeurteilung eindeutig erkennen lassen, entschied das Bundesarbeitsgericht. Nach Schulnoten aufgeschlüsselt, kann man beliebte Formulierungen in der Regel folgendermaßen bewerten:

  • Sehr gut: „Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  • Gut: „Zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  • Befriedigend: „Zu unserer vollen Zufriedenheit“
  • Ausreichend: „Zu unserer Zufriedenheit“
  • Mangelhaft: „Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“
  • Ungenügend: „Er/Sie hat sich bemüht, […]“

Arbeitszeugnis anfordern: Muster & Tipps

Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht automatisch ein Zeugnis ausstellt, sollten Sie in jedem Fall auf ihn zugehen und dieses anfordern. Ob Sie sich für ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis entscheiden, liegt ganz bei Ihnen. Wichtig: Wenden Sie sich an Ihren Arbeitgeber immer schriftlich, wenn Sie um ein Arbeitszeugnis bitten und setzen Sie ihm gegebenenfalls eine Frist von 2 Wochen. Verzichten Sie dabei unbedingt auf unnötige und abschweifende Details. Bringen Sie Ihre Bitte in klarer, nüchterner Sprache auf den Punkt!

Es empfiehlt sich übrigens, gleich im Kündigungsschreiben um die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses zu bitten. Sollten Sie inzwischen nicht mehr angestellt sein, können Sie Ihr Zeugnis nachträglich noch per Brief anfordern. Beachten Sie in diesem Fall aber die Fristen!

Ist der Arbeitgeber verpflichtet ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen?

Falls Sie sich beim Aufsetzen des Anschreibens unsicher sind, können Sie dieses gängige Muster nutzen:

Wie lange muss ich auf mein Arbeitszeugnis warten?

Üblich ist eine Frist von 2 bis 3 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Beachten Sie, dass der Arbeitgeber das Recht hat, diese Frist auch auszureizen. Sie sollten also nicht darauf spekulieren (weil Sie beispielsweise schon Bewerbungsgespräche führen), dass Sie das Arbeitszeugnis schon innerhalb weniger Tage nach Ihrem Austritt erhalten. Das Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein entschied 2009 (Az.: 1 Ca 370/08) in einem entsprechenden Fall.

Darum ging es in dem Urteil: Ein Arbeitnehmer trennte sich am 31.08. von seinem alten Arbeitgeber und bewarb sich bereits kurz darauf bei einem neuen. Das Vorstellungsgespräch fand nur eine Woche später, am 06.09. statt. Der neue Vorgesetzte wollte im Gespräch unbedingt das Arbeitszeugnis sehen, doch der Bewerber hatte dies trotz nachdrücklicher Aufforderungen noch nicht von seinem Ex-Arbeitgeber erhalten. Als der Arbeitnehmer die Stelle nicht bekam, forderte er Schadensersatz. Das Landesarbeitsgericht entschied allerdings, dass das Endzeugnis erst 2 bis 3 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden muss. Außerdem hätte der Arbeitnehmer zuerst eine Mahnung an seinen Ex-Arbeitgeber aussprechen müssen, ehe überhaupt Schadenersatzansprüche entstehen können.

Was kann ich tun, wenn der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis verweigert?

Länger als 2 bis 3 Wochen sollten Sie allerdings nicht warten müssen. Hat Ihnen Ihr Arbeitgeber nach Ablauf der von Ihnen gesetzten Frist noch immer kein Arbeitszeugnis ausgestellt, sollten Sie eine letzte schriftliche Mahnung inklusive Frist verschicken. Weisen Sie ihn darauf hin, dass Sie das Zeugnis notfalls vor Gericht einfordern werden. Erwähnen Sie außerdem, dass er Ihre letzte Frist missachtet hat und dass Sie ihn – soweit zutreffend – schon mehrmals vergeblich um das Arbeitszeugnis gebeten haben. Wenn Ihnen dann tatsächlich ein schlechtes oder gar unvollständiges Zeugnis ausgestellt wird, haben Sie die Möglichkeit, gerichtlich eine Korrektur zu erwirken.


Frage aus unserer Online-Rechtsberatung: Ehemaliger Arbeitgeber verweigert Arbeitszeugnis: Was kann ich tun?


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Wann muss der Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen?

Bis spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist muss der Arbeitgeber das Zeugnis ausgestellt haben. Je nachdem, was im Arbeitsvertrag festgehalten wurde, hat der Mitarbeiter auch schon nach wenigen Wochen Tätigkeit Anrecht auf eine Beurteilung in Form eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Hat man ein Recht auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis?

In Deutschland hat jeder Arbeitnehmer vom Gesetz her einen Anspruch auf ein (qualifiziertes) Zeugnis. Niedergeschrieben ist dieser in der Gewerbeordnung: (1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.

Ist der Arbeitgeber verpflichtet ein Zeugnis zu schreiben?

Zur Ausstellung und Unterzeichnung des Zeugnisses ist der Arbeitgeber verpflichtet. In Vertretung des Arbeitgebers kann das Zeugnis von seinen Angestellten unterschrieben werden, die jedoch in leitender und erkennbar höherer Position sein müssen als der zu beurteilende Arbeitnehmer.

Was kann man tun wenn der Arbeitgeber kein Zeugnis ausstellt?

Setzen Sie Ihrem Arbeitgeber gegebenenfalls eine Frist von 2 Wochen. Wenn Ihr Arbeitgeber auch 3 Wochen nach Ihrem Austritt kein Zeugnis ausgestellt hat, sollten Sie eine Mahnung aussprechen und – falls diese wirkungslos bleibt – Ihr Zeugnis notfalls vor Gericht einfordern.