Der erste brief des petrus 1 3-9

Alexander D�lecke (ev.-luth.), wissensch. Mitarbeiter EKD

04.04.2016 Kapelle des Kirchenamts der EKD in Hannover


Misericordias Domini

�Lebendige Hoffnung � unaussprechliche Freude�

Liebe Hausgemeinde,

ein nicht ganz leichter Text ist das, den uns die Perikopenordnung f�r den gestrigen Sonntag zum Nachdenken vorgeschlagen hat: die Briefer�ffnung des ersten Petrusbriefes. In der Luther�bersetzung sind 158 W�rter in nur drei S�tze gepackt worden. Selbst f�r ge�bte H�rerinnen und H�rer des Wortes d�rfte eine �bertragung in leichte Sprache oder zumindest ein Satzgebrauch, der weniger als f�nfzig W�rter im Durchschnitt umfasst, hilfreich zum Verstehen sein, werden hier doch in dicht gedr�ngter Sprache die verschiedensten theologischen Themen miteinander verbunden.

Und dennoch, das Wesentliche des Abschnitts wird klar, selbst beim schnellen H�ren. Zwei Stichworte sind es, um die der Text sich dreht und die auch unser Nachdenken heute Morgen anregen sollen: �lebendige Hoffnung� und �unaussprechliche Freude�.

I.

Da ist zum einen die �lebendige Hoffnung�. Der Verfasser dieses an zerstreute Gemeinden gerichteten Rundschreibens ruft es seinen Geschwistern im Glauben geradezu entgegen: Gott ist hoch zu loben, denn er selbst hat sein gro�es, sein reiches Erbarmen gezeigt. Weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, seid ihr wiedergeboren und d�rft ihr Hoffnung haben � eine Hoffnung, die lebendig ist. Eine Hoffnung, die sich auf das Erbe richtet, das nicht vergeht, das ohne Fehler ist und nicht verwelkt, weil Gott selbst es bewahrt. Die lebendige Hoffnung, dass ihr gerettet seid und dass diese Rettung, dieses Heil einmal f�r alle sichtbar werden wird.

Dieser Abschnitt ist ein Ostertext par excellence. Er spricht von Auferweckung und Glauben, von Gottes Menschenfreundlichkeit und des Menschen Hoffnung. Eine Hoffnung, die lebendig ist. Nicht mehr tot. Nicht mehr verborgen. Nicht mehr versteckt, sondern lebendig. Ja, am Ostermorgen keimt in einer Welt der Todesverfallenheit, der Schuldverstrickung und der Ausweglosigkeit eine Hoffnung auf, die lebendig ist, die nicht vergeht, die nicht verwelkt, die nicht klein und nicht tot zu kriegen ist.

Was macht diese Hoffnung besonders? Was unterscheidet sie von den Erl�sungsversprechungen, die sonst um unsere Aufmerksamkeit und unser Vertrauen ringen? Was hebt sie heraus aus allen leblosen Hoffnungen? � Diese Hoffnung ist lebendig, so sagt es der Briefschreiber, diese Hoffnung ist lebendig, weil sie �ber die erfahrene Wirklichkeit hinausgeht. Diese Welt atmet die Struktur des Todes, letztlich bleibt nichts, alles zerf�llt � aber eine Hoffnung, die sich auf die Anders-Welt richtet, kann vom Leben singen.

Eine solche Hoffnung ist lebendig, weil sie einen Grund hat, der nicht in dieser Welt gr�ndet: die Auferstehung Christi von den Toten. � Dieses Ereignis, das wir an Ostern feiern, obwohl es so unglaublich ist. Nicht zu erkl�ren denen, die nach rein rationalen Belegen fragen. Nicht plausibel zu machen denen, die nur das Beweisbare f�r wirklich deklarieren. Nicht zu ergr�nden f�r alle, die nach Weisheit forschen. Selbst f�r den Verstehenden bleibt das Auferstehungsereignis ein Geheimnis. Selbst f�r den Glaubenden wird es nicht zu einem Gegenstand des Begreifens, sondern bleibt Ausgangspunkt des Staunens: Gott ist m�chtiger als der Tod � und er ist es nicht nur theoretisch, er hat es auch gezeigt, offengelegt. In Jesus Christus hat er den zerst�rerischen M�chten dieser Welt allen Anspruch auf Letztg�ltigkeit genommen; er hat dieser Welt ein neues Vorzeichen geschenkt.

Wer darauf vertraut, wer sich getragen wei� von dem neuen Leben, das Gott der Welt schenkt, einer Welt, deren Ma�st�be sich endg�ltig als �berholt erweisen, wer darauf vertraut, kann erf�llt werden von lebendiger Hoffnung. Einer Hoffnung, die lebendig ist, nicht nur weil sie ihren Grund au�erhalb dieser Welt hat, sondern auch weil sie ihr Ziel au�erhalb dieser Welt hat: weil sie auf etwas setzt, das die Regeln dieser Welt transzendiert. Die Luther�bersetzung von 1984 versteckt das ein wenig, wenn hier von der �Seligkeit der Seelen� gesprochen wird, die �zu der letzten Zeit offenbar werde�. Die Glaubenden setzen ihre Hoffnung auf nicht weniger als ihre Rettung, ihr Herausgeholt-Werden, ihren Freikauf aus den Verstrickungen und Gefangenheiten dieser Welt. Und beim Auferstehungsglauben geht es um das Heil, um die Rettung des ganzen Menschen, die der Welt neue Hoffnung schenkt.[1]

II.

Lebendige Hoffnung ist das eine Stichwort, das andere ist �unaussprechliche Freude�: �Dann werdet ihr euch freuen��, er�ffnet der Briefschreiber den zweiten Teil seiner Eulogie. Und dann noch einmal: �ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt��

Der Rede von der Freude kennzeichnet in diesem Text freilich eine gewisse Ambivalenz: Einerseits wird von ihr futurisch gesprochen. Sie ist etwas Kommendes: �Ihr werdet euch freuen�� Ja, in dieser Zeit geh�ren Pr�fungen, Leiderfahrungen, Anfechtungen noch zur Signatur eures Lebens; dann aber werdet ihr erf�llt sein mit einer Freude, die alles �bersteigt. Sie wird euch erf�llen und alles Leid, jeder Schmerz wird vergehen. Die Aussage zur Freude gestaltet sich zum einen als tr�stlich-ermutigender Verweis auf eine k�nftige Freude. Unterstrichen wird dies, wenn die Freude als �herrlich�, �glanzvoll� beschrieben wird: Sie entstammt Gottes neuer Welt.

Andererseits jedoch schillert die Rede von der Freude eigenartig zwischen Zukunft und Gegenwart.[2] Das griechische Verb agalliao, das hier mehrfach verwendet wird, steht in einer Pr�sensform. Und entsprechend geben manche �bersetzungen das auch wieder: �Ihr habt allen Grund, euch zu freuen�� oder �Ihr k�nnt euch freuen�� � Was hei�t das? Nun, die Freude, die in der Zukunft eine herrliche sein wird, kann schon die Gegenwart pr�gen. Christinnen und Christen sind voller Vorfreude auf das Kommende. Jesus ist in der Gegenwart nicht sichtbar, nicht verf�gbar, nicht greifbar, manchmal einfach weit weg; die Freude der Glaubenden richtet sich auf das Kommende, auf den Kommenden, aber sie ist schon jetzt Freude! Als Abglanz der himmlischen Freude hat sie schon im Hier und Jetzt Anteil daran, was kommen wird.[3] Als Christinnen und Christen wissen wir, ahnen wir etwas von dem, was einmal f�r alle sichtbar werden wird, und das bringt uns zum Strahlen � auch dort, wo Leid und Anfechtung noch das Leben pr�gt, und auch dann schon, wenn wir hier noch viel zu weinen haben.

Das ist die Botschaft von Ostern: Gott gibt sich selbst ganz hin, hebt am Kreuz alle Trennungen auf und �berwindet mit Christus als erstem von vielen die Todesgrenze, sodass allen lebens- und gottfeindlichen Kr�ften angesagt ist, dass ihre Macht letztlich nur begrenzt ist. Von Ostern her gilt: Hoffnung statt Verzweiflung, Freude statt Angst, G�tekraft statt Resignation. Das ist die gr��te Revolution aller Zeiten: Gott setzt endg�ltig das Leben gegen den Tod durch. Seitdem k�nnen Christinnen und Christen fr�hlich ihr Lied pfeifen, weil sie wissen, dass Tod und Teufel schon aus dem letzten Loch pfeifen�

In diesem Sinn wei� der Glaube dann auch um den Zustand dieser Welt: Sie wird ihm mit ihren Allmachtsphantasien und Gl�cksversprechungen schlicht l�cherlich; christliche Freude kommt als Unabh�ngigkeit von den omnipr�senten und vollkommene Unterwerfung fordernden Anspr�chen dieser Welt zum Stehen. Weil die Treue des menschenfreundlichen Gottes auch noch den letzten Abgrund zu �berwinden vermag und das Licht Gottes von nun auch am dunkelsten Ort scheint, kl�ren sich die Verh�ltnisse unseres Lebens. So kann die Antwort des Herzens nur die feste Hoffnung auf und die kaum auszusprechende, alles pr�gende Freude an dem lebendigen Gott sein, der den Menschen Leben in neuer Qualit�t schenkt.[4]

III.

Lebendige Hoffnung und unaussprechliche Freude � ein letzter Gedanke. Hoffen und Sich-Freuen sind die �sterlichen Verben christlicher Existenz. Aber reicht das? Kann man mit Vorfreude und Hoffnungskraft gegen die Trostlosigkeit dieser Welt und gegen die sich mehr und mehr fortsetzende Gewaltspirale angehen?

Die Reformationsbotschafterin der EKD, Margot K��mann, hat k�rzlich � insofern strukturanalog � �Beten und Lieben� als christliche Antwort auf Terrorismus und Gewalt ausgegeben und daf�r � nicht anders war es zu erwarten � wieder einigen Spott geerntet. Ja, manche nennen eine solche Perspektive naiv und schlicht unverantwortlich in einer Welt, die sich so sehr nach Sicherheit sehnt. Mit �Beten und Lieben� lasse sich doch kein Staat machen, erst recht kein Gesch�ft. Terroristen w�rden damit nicht gestoppt, eine solche Sicht sei vielmehr weltfremd und versteife sich in sch�ngeistiger Rhetorik. � Ich glaube jedoch, Margot K��mann hat recht: �Beten und Lieben� stellen die christliche Antwort dar auf die Gewalt dieser Welt. Denn wir vertrauen ja nicht einem Gott, der der Spirale von Gewalt und Hass nun weitere Gewalt und weiteren Hass entgegensetzt, sondern der sich dem allen ausgesetzt hat bis in die tiefsten Tiefen hinein und der Gewalt und Tod ein f�r alle Mal �berwunden hat. Mag es nicht jedem einleuchten, mag es auch kaum zu begreifen sein, mag es �nur� Gegenstand unserer Hoffnung sein: Der Tod ist besiegt und das Leben ist neu geworden.

�Beten und Lieben� oder �Hoffen und Sich-Freuen�, das darf gleichwohl nicht missverstanden werden als Aufruf zur menschlichen Inaktivit�t. Wir sind nicht zum Nichtstun aufgefordert, sondern �Beten und Lieben� haben die gr��te Macht � auch im Kampf gegen Trauer, Terror und Tod. Mag sein, dass �Beten und Lieben�, �Hoffen und Sich-Freuen� keine ausreichenden Instrumente einer tragf�higen politischen Ethik darstellen, mag sein, dass zur L�sung politischer Konflikte als ultima ratio auch milit�rische Eins�tze geh�ren, mag sein, dass zur Balance gelingender Politik mehr geh�rt als �Beten und Lieben� � diese aber stellen die Grundlage dar f�r ein Leben in dieser Welt nach Gottes Ma�, und mit ihnen l�sst sich mehr ver�ndern als mit Gegengewalt und Abschottung.

�Beten und Lieben� sind die nach au�en gerichteten Formen von �Hoffen und Sich-Freuen�; geradezu komplement�r beschreiben sie die Grundkoordinaten christlichen Lebens in einer Welt, die die Hoffnung verloren hat und das Vorfindliche f�r das allein Wirkliche h�lt.

Jesus hat einmal gesagt: �In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt �berwunden.� Ja, in der Welt kann man verzweifeln, doch du, Jesus, hast diese Welt besiegt. � Amen.


[1]     Vgl. Martin Vahrenhorst, Der erste Brief des Petrus (ThKNT 19), Stuttgart 2016, ad loc. [70�81], insbes. 77. 81. � Vgl. zum Begriff �Seele� im 1Petr den ausf�hrlichen Exkurs bei Reinhard Feldmeier, Der erste Brief des Petrus (ThHK 15/I), Leipzig 2005, 58�60.

[2]     Vgl. hierzu Feldmeier (Anm. 1), 53f.: �Im Fortgang des Briefes wird sich immer wieder zeigen, dass eine strikte Unterscheidung von Gegenw�rtigem und Zuk�nftigem dem 1Petr nicht angemessen ist, weil es sein Anliegen ist, die Gegenwart ganz im Licht der den Gl�ubigen er�ffneten Zukunft zu deuten.� � Vgl. auch Vahrenhorst (Anm. 1), 77f. � Entsprechend schillern auch die verschiedenen �bersetzungen der Passage: �Dann werdet ihr euch freuen�� (rev. Luther�bersetzung 1984), �Dar�ber jubelt�� (rev. Z�rcher�bersetzung 2007), �Deshalb seid ihr voll Freude�� (Einheits�bersetzung), �Deshalb k�nnt ihr euch freuen�� (Karin Lehmeier f�r die �Bibel in gerechter Sprache�), �Ihr habt also allen Grund, euch zu freuen und zu jubeln�� (Neue Genfer �bersetzung), �Dann jubelt ihr�� (Feldmeier [Anm. 1], 53).

[3]     Vgl. Feldmeier (Anm. 1), 58: �Wenn diese wiederum pr�sentisch ausgedr�ckte Freude als �unaussprechlich� und �verkl�rt� bezeichnet wird, so sind dies eschatologische Pr�dikate. Die Christen leben durch Glaube und Liebe bereits jetzt �zwischen den Zeiten�, sie partizipieren gegenw�rtig bereits am endzeitlichen Jubel.� � Vgl. auch Vahrenhorst (Anm. 1), 81: �Im Jubel der Gemeinde bricht Gottes kommende Welt bereits an, weil der, an den sie glaubt, trotz seiner Unsichtbarkeit bereits anwesend ist.�

[4]     Vertiefend vgl. Alexander D�lecke, Evangelische Freude als katholisches Signum christlicher Existenz. Ein Zwischenruf, in: Deutsches Pfarrerblatt 112 (2012), H. 4, 208�210.

Wann wurde der 1 Petrusbrief geschrieben?

Wann und wo wurde das Buch geschrieben? Petrus schrieb diesen Brief wahrscheinlich zwischen 62 und 64 n. Chr. Er schrieb aus „Babylon“ (1 Petrus 5:13), was wahrscheinlich symbolisch auf Rom hinweist.

Was hat Jesus zu Petrus gesagt?

Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

Was wissen wir über Petrus?

Petrus wird als der erste Papst angesehen, der nicht nur die führende Rolle in der noch jungen Kirche einnahm, sondern auch den Märtyrertod in Rom, der damaligen Welthauptstadt, erlitt. Von hier aus reiße dann die Kette der Sukzession bis zum heutigen Papst nicht mehr ab.

Was war Petrus für Jesus?

Nach allen Evangelien war Simon Petrus im Jüngerkreis eine Führungsfigur. Er steht in allen Aufzählungen der Apostel im NT an erster Stelle; auch dort, wo er mit Jakobus dem Älteren und Johannes zusammen genannt wird. Er gehörte demnach zu den drei Aposteln, die Jesus besonders nahestanden.