*** Empfehlung: Nutzen Sie die Suchfunktion Ihres Internet-Browsers! *** Gemeinwohl und Wohl der Individuen I PhilTalk Philosophieforen
-------------------------------------------------------------------------------- die Frage, um die es in dieser Diskussionsrunde gehen soll, lautet: L�sst sich ein Gemeinwohl (Gesamtinteresse, kollektives Interesse, allgemeines Interesse Gemeinwillen etc.) bestimmen, und wie verh�lt sich dieses zum individuellen Wohlergehen (Einzelinteresse, Einzelwille, Gl�ck des Einzelnen o.�.)? F�r manch einen stellt sich vorweg allerdings noch die Frage, wozu man �berhaupt so etwas wie Gemeinwohl oder Gesamtinteresse bestimmen soll. Diese Begriffe werden h�ufig als blo�e Leerformeln abgetan, die nur zur Vernebelung der Gehirne dienen. Andererseits sind sie offenbar unentbehrlich f�r die inhaltliche Rechtfertigung politischer Entscheidungen, die ja immer eine Vielzahl von Individuen mit unterschiedlichen Interessen betreffen. Warum sollte ein B�rger auch einer Entscheidung der Regierung inhaltlich zustimmen, die seinen individuellen Interessen nicht entspricht? Dass die Entscheidung im Interesse der Regierenden liegt, kann daf�r kein Grund sein. Die Einsicht, dass die Entscheidung dem Wohle des Ganzen dient bzw. dem Allgemeininteresse entspricht, kann dagegen ein Grund sein, der Entscheidung zuzustimmen. Die Frage, um die es geht, ist die Beziehung zwischen individuellem und allgemeinem Interesse: L�sst sich aus der Zusammenfassung der individuellen Interessen ein Gesamtinteresse gewinnen und wenn ja wie? Oder ist es verkehrt, von den Individuen und ihrem Wohlergehen bzw. Willen auszugehen? Muss das Wohl des Volkes bzw. des Staates unabh�ngig davon bestimmt werden? Meiner Ansicht nach ist eine Abkoppelung des Gemeinwohls vom Wohlergehen der Einzelnen nicht akzeptabel. Das Gemeinwohl muss stattdessen aus einer �gerechten� Ber�cksichtigung des Wohlergehens (der Interessen, des Willens, der Bed�rfnisse, des Gl�cks o.�.) aller Betroffenen gewonnen werden. Insoweit folge ich den Utilitaristen. Mal sehen, wie weit man mit diesem Ansatz kommt und welche Einw�nde dagegen erhoben werden. Auf eine kontroverse aber sachbezogene Diskussion hofft Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "Die Frage, um die es geht, ist die Beziehung zwischen individuellem und allgemeinem Interesse: L�sst sich aus der Zusammenfassung der individuellen Interessen ein Gesamtinteresse gewinnen und wenn ja wie? Oder ist es verkehrt, von den Individuen und ihrem Wohlergehen bzw. Willen auszugehen? Muss das Wohl des Volkes bzw. des Staates unabh�ngig davon bestimmt werden?" Eberhard Zun�chst etwas zum Staat. Auch dieser Begriff sollte historisch gefasst werden. Der Staatsbegriff der Neuzeit beispielsweise kann nicht unabh�ngig von den mit den von Naturwissenschaften erm�glichten Anwendungen der Technik, wie diese sich bis heute, etwa in der Produktionsweise manifestieren, erl�utert werden. Mit dem technischen Wandel der Produktionsweise ver�ndert sich auch die Auffassung des Staates zur Gesellschaft. Der neuzeitliche Begriff der Gesellschaft somit auch der Begriff des Individuum entfaltet sich etwa mit der (neuzeitlich-technisch bedingten) Herausnahme des menschlichen, auf den EINEN Gott bezogenen Streben, um menschliches Streben im kapitalistischen Markt und seinen, beispielsweise nationalen Einrichtungen, aufgehen zu lassen. Auch aufgrund der technischen Ver�nderungen wurde m�glich, dass Mensch, da aus mittelalterlicher St�nde- und Gottesordnung entlassen, sich als Wesen definierte, dessen Freiheitsbegriff sich mit der privaten Eigentumsordnung setzte. Das Interesse definierte sich nun mit dem privaten Eigentumsbegriff, deren entfalteter Machtbereich im Diesseits erm�glichte, den Staat als den Ort auftreten zu lassen, von dem jenes Recht praktiziert wird, dass sich um den kapitalistischen Markt dreht. Aus individuellen Interessen l�sst sich, wie beispielsweise seit der franz�sischen Revolution das Gesamtinteresse kapitalistisch zaubern, indem der von der mittelalterlichen St�ndeordnung gel�ste Staats- und Gesellschaftsbegriff an die kapitalistische Wirtschaftsordnung gekoppelt wurde. Seitdem gilt, dass Individuum ist das Ma� der Dinge, welche Dinge kapitalistisch-strukturiert produziert werden und mit dem das sogenannte Allgemeininteresse, dass definierte Gemeinwohl, konstruiert wurde und wird. In deinem Text vermisse ich den historischen Kontext. Wird dieser nicht ber�cksichtigt, m�ssen dann Begriffe wie Gemeinwohl, Wohl der Individuen, inhaltliche Rechtfertigung politischer Entscheidungen ... nicht dunkel bleiben? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Du vermisst bei der Fragestellung den historischen Kontext und Du bef�rchtest, dass ohne diesen Kontext die zentralen Begriffe im Dunkeln bleiben m�ssen. Diese Bef�rchtung teile ich nicht, denn Begriffe wie Gemeinwohl, Wohl der Individuen, Gesamtinteresse oder Einzelinteresse haben bereits umgangssprachlich eine mehr oder weniger bestimmte Bedeutung, und es hindert uns niemand daran, diese Begriffe - falls n�tig - noch sch�rfer zu definieren. Sollte sich herausstellen, dass die gestellten Fragen nicht beantwortet werden k�nnen, ohne bestimmte historische Annahmen zu machen, so werden wir diese historischen Fragen nat�rlich mit einbeziehen. Solange diese Notwendigkeit jedoch nicht besteht bzw. plausibel dargelegt wurde, sehe ich keinen Grund daf�r, zus�tzlich historische Fragen aufzuwerfen. Ich denke, dass jeder von uns die Begriffe Interesse, Wohlergehen oder Rechtfertigung politischer Entscheidungen hinreichend versteht, um in diese Diskussion einzusteigen. Eine M�glichkeit, den Begriff des Interesses genauer zu fassen, ist die in der �konomie gebr�uchliche Darstellung durch eine Rangordnung der zur Entscheidung anstehenden Alternativen. So kann man zum Beispiel die Interessenlage eines Individuums hinsichtlich der Gestaltung einer freien Woche durch die Pr�ferenzrangfolge 1. eine Woche nach London verreisen darstellen. Das Spannungsverh�ltnis zwischen Einzelinteresse und Gesamtinteresse zeigt sich z.B. an der Alltagsfrage, wie gehandelt werden soll, wenn 3 Leute einer Wohngemeinschaft ihre freie Woche gemeinsam verbringen wollen und die Vorlieben hinsichtlich der in Frage kommenden Alternativen verschieden sind. Kann man aus den individuellen Pr�ferenzen eine Gruppenpr�ferenz ableiten, die zum Wohle der Gruppe ist und deshalb gew�hlt werden sollte? Dies etwas banale Bespiel macht dennoch deutlich, um welche Problemstellung es hier geht. Soweit erstmal von Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- "Dies etwas banale Bespiel macht dennoch deutlich, um welche Problemstellung es hier geht." Dein Beispiel zeigt, dass, da keine anderen Individuen am Entscheidungsprozess 1.-3. des Individuums unmittelbar beteiligt sind, Entscheidungen sozusagen souver�n, d.h. von anderen Individueen unabh�ngig, vollzogen werden k�nnen. Dass Einzelinteresse scheint hier sozusagen das Auschlaggebende zu sein. Der Einzelwillen, die Entscheidung des Einzelinteresses vollzieht sich jedoch nicht an sich, sondern bewegt sich u.a. im �konomisch-gesellschaftlichen Rahmen. Beispielsweise k�nnte die individuelle Entscheidung eine Woche faulenzen dadurch entschieden werden, dass Geld weder f�r die Reise nach London noch f�r die Renovierung der K�che vorhanden ist. (Auch in der Gegenwart des Geiz-ist-Geil k�nnte der Baumarkt und der Billigflug den Rahmen des Finanziellen sprengen) Der Entscheidungsrahmen des Einzelinteresses ist hier jedenfalls nicht von anderen Individueen bestimmt die, in selbiger oder �hnlicher Interessenlage sind und sich vereinigen, sondern von, sagen wir, objektiven Faktoren, etwa dem Arbeitsmarkt, der keine M�glichkeit bietet, Geld f�r eine Woche London zu sparen. Die "Souver�nit�t" des eben aufgezeigten Einzelwillen wird modizifiziert, wenn Individueen ins Spiel kommen, die zumindest ein Interesse zusammenf�hrt, etwa das gemeinsame Wohnen zwecks finanzieller Ersparniss. Nun ist nicht mehr der oben bezeichnete objektive Faktor dasjenige, von dem der Einzelwille in seiner Entscheidung sich unmittelbar konfrontiert findet. Der objektive Faktor tritt vor jenem Einzelwillen sozusagen zur�ck, der sich etwa in dem Interesse ausweisst, mit der Wohngemeinschaft eine Woche in London zu verbringen. Damit ist jedoch ein Interessengegensatz aufgetreten. Der Einzelwille mit einen gr�sserem finanziellen Handlungsverm�gen (erm�glicht etwa durch einen besser bezahlten Arbeitsplatz) st�sst auf einen Einzelwillen der sich mit weniger Handlungsverm�gen (kein Geld f�r die Reise nach London) setzt. Die Wohngemeinschaft, das Gemeinschaftliche k�nnte gef�hrdet sein, wenn sich ein Einzelwille zum Nachteil des eigentlichen Zweckes (Wohnfl�che zwecks Geldersparnis zu teilen) inzeniert. "Kann man aus den individuellen Pr�ferenzen eine Gruppenpr�ferenz ableiten, die zum Wohle der Gruppe ist und deshalb gew�hlt werden sollte?" Eberhard Dass Beispiel der Wohngemeinschaft zeigt, dass aus Individualinteressen, Wohnfl�che etwa zwecks Geldersparnis zu teilen, Gemeinschaft und Gemeinsschaftsinteresse entstehen kann. Dass Wohl dieser Gruppe ist solange stabil, solange deren Tr�ger sich einig sind, ihr Einzelinteresse �ber das Gesamtinteresse nicht zu stellen. Der gemeinsame Zweck, Wohnfl�che etwa aus finanziellen Erw�gungen zu teilen und nicht das von diesem Gesamtinteresse losgel�ste, gegebenfalls �ber das Gruppeninteresse gestellte Einzelinteresse ist hier das Bindeglied. Dieses Gruppeninteresse ist in dem Sinne souver�ner als die "Souver�nit�t" des Einzelwillen im Entscheidungsprozess mit den obengenannten objektiven Faktor, dass hier MEHRERE Individuuen EIN Ziel bei ihren gemeinsamen Entscheidungsprozessen ber�cksichtigen, bezw. voraussetzen. Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Du thematisierst die Entstehungsbedingungen von Interessen. Die Frage ist, was daraus f�r die L�sung des Problems (Bestimmung eines Gesamtinteresses angesichts divergierender Einzelinteressen) folgt. Richtig ist, dass sich die Interessen der Individuen mit Ver�nderung der Lage, in der sie sich befinden, �ndern. Ein bekanntes Beispiel ist der sinkende Nutzen zus�tzlicher Einheiten desselben Gutes aufgrund von S�ttigungsph�nomenen (Das 10. Paar Schuhe ist weniger dringlich als das 1. Paar). F�r die Fragestellung bedeutsam ist der Fall, dass Individuum A Einfluss auf die Beschaffenheit der Interessen von Individuum B aus�bt. Im Extremfall kann ein m�chtiger A durch Drohungen die Situation von B so gestalten, dass es im Interesse von B liegt, A zu gehorchen. Es versteht sich von selbst, dass solche Interessen ungeeignet sind, um auf ihrer Grundlage ein Gesamtinteresse zu formulieren. Die andere Frage, die Du aufwirfst ist die, ob es als Grundlage des Gesamtinteresses nicht gemeinsame Interessen oder Ziele der Individuen geben muss. Was kann als Interesse bei allen Individuen einer Gesellschaft vorausgesetzt werden? Es gr��t Dich und alle an politischer Theorie Interessierten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "Die Frage ist, was daraus f�r die L�sung des Problems (Bestimmung eines Gesamtinteresses angesichts divergierender Einzelinteressen) folgt." Eberhard Erg�nzen wir unser Beispiel einer gesellschaftlichten �bereinkunft, wie diese sich etwa in der Wohngemeinschaft manifestiert, mit einer Betrachtung des Staates. Wenden wir uns der Angelegenheit zu, wo Individuen n i c h t in freiwilliger �bereinkunft in ihrer gemeinschaftlichen Lebenspraxis ihre Einzelinteressen umsetzen. Als weiteren sogenannten objektiven Faktor schlage ich also vor, den Staatsbegriff zu ber�cksichtigen. Hier ist weder die "Souver�nit�t" des Einzelinteresses wie diese sich bez�glich des objektiv genannten Arbeitsmarktes findet (etwa Faulenzen oder Wohnung renovieren), noch ist das in freiwilligen Zusammenschluss einer Wohngemeinschaft sich gemeinschaftlich auseinandersetzende Einzelinteresse das Auschlaggebende. Ber�cksichtigen wir weiterhin, dass die Rechtfertigung des Staates - theoretisch etwa mit der Bezugnahme auf Hobbes - aus der klassischen Voraussetzung resultiert, ohne den b�rgerlichen Staat steht nicht im Verm�gen der Individuen das Zusammenleben zu organisieren. Um auszuschliessen, dass A mittels Drohungen sein Einzelinteresse umsetzt, somit B von dieser Handlungsmacht etwa in die Position des Befehlsempf�ngers versetzt wird - welche gesellschaftliche Einzelinteresse, wie von Dir zu Recht angenommen, verhindert "ein Gesamtinteresse zu formulieren" - wird, Mir nichts Dir nichts, dass entfaltete Handlungsverm�gen von A und das dadurch eingeschr�nkte Handlungsverm�gen von B ausgeschaltet. Weder die gesellschaftliche Auseinandersetzung der "Souver�nit�t" des Einzelinteresses in Abh�ngigkeit etwa des Arbeitsmarktes, noch die mit der in gemeinsamen �bereink�nften gefundene gesellschaftliche Souver�nit�t/Solidarit�t der Individuen (welches in gesellschaftlichen Zweckgemeinschaften sein Recht auf Einzelinteresse nicht aufgibt, dass sich, bestenfalls, die gesellschaftlichen B�ndnisse stabilisierend einbringt) sondern dass von diesem Handlungsverm�gen der Gesellschaft abgezogende Recht, genauer das Recht des Staates setzt sich als die Gewalt, die sich �ber die Produktivit�t der Gesellschaft erhebt. Vom Inhalt des b�rgerlichen Recht abgesehen, b�rgerliches Staatsrecht wird praktiziert, wenn das gesellschaftliche Verm�gen nicht mehr das Prim�re ist. Dass Handlungsverm�gen der "Souver�nit�t" des Einzelinteresses, dass solidarische Handlungsverm�gen gesellschaftlicher �bereink�nfte - nicht auf diese Produktivit�t gr�ndet sich Staatsrecht, sondern mit deren Verwertung manifestiert sich u.a. Staatsrecht. Nicht gesellschaftliches Handlungsverm�gen, dass diesem, etwa vom Arbeitslohn bedingten Sein transzendente Handlungsverm�gen verschafft den Begriff des Staates zu seinem Recht. Vom produktiven Verm�gen sich abgrenzende Gesetzgebung wird praktiziert mittels Staatspolitik die sich als demokratisches Ausf�hrungsorganisation des Souver�n, des Volkes, behauptet, die jedoch versteht das n i c h t aus der Produktivit�t resultierende Einzelinteresse als das Gesamtinteresse des Volkes erscheinen zu lassen. "Was kann als Interesse bei allen Individuen einer Gesellschaft vorausgesetzt werden?" Eberhard Die von den angef�hrten Faktoren (Arbeitsmarkt, Staatsbegriff, demokratische Politik) bedingten Einzelinteressen (welche sich etwa in der Entscheidung �ussern, Faulenzen, da Geld um in den Urlaub fahren, um die Wohnung renovieren nicht vorhanden ist) und die diese mit den sogenannten objektiven Bedingungen erscheinenden Einzelinteressen setzenden Einzelinteressen, wie diese sich etwa auf der Ebene der Staatspolitik als das Allgemeininteresse der Gesellschaft �ussern - welches k�nnte hier d a s Interesse sein, dass sich mit den Bestrebungen aller Individuen v�llig deckt? Kann, ber�cksichtigend die kategorische Unterscheidung von Gesellschaftsrecht und Staatsrecht, �berhaupt davon die Rede sein, dass die Interessen so gelagert sind, dass allen Menschen ein Interesse gemeinsam ist? Ist Deine Frage, "Was kann als Interesse bei allen Individuen einer Gesellschaft vorausgesetzt werden?" nicht bereits v�llig verkehrt gestellt? Was kann Eberhard anf�hren, dass ihn diese Frage logisch erscheinen l�sst? Deine Frage zielt ja nicht darauf, ist da �berhaupt Interesse, dass von allen Menschen einer Gesellschaft geteilt wird. Du setzt ein Interesse als allen Individuen Gemeinsames voraus, obwohl doch bereits der Begriff Interesse allgemein so genommen wird, dass damit Gegens�tze gesetzt werden: und, "�ber" gesellschaftlichen Gegens�tzen Stehendes - "�ber" dem relativen Sein der Lebenspraxis stehende Einheit, Wahrheit, mit der Relatives Sein in seinen egoistischen Begrenzungen, die sich als gesellschaftliche Interessen manifestieren �berwunden wird, - keine Aussage vollzogen wird. Im Gegenteil beharrt doch das Einzelinteresse in seinem Streben, dass mit dem Streben seiner gesellschaftlichen Gruppe zusammenf�llt, darauf, dass nicht andere Interessenvertretungen das Richtige und Wahre darstellen. Ist der LEBENSPRAKTISCHE INHALT des Begriffes Interesse nicht verdunkelt, wenn dieser Begriff, mit dem gesellschaftliche Unterschiede formuliert werden, als der Begriff genommen wird, mit dem nicht Einzelinteressen gesetzt werden, sondern so etwas wie gesellschaftliches Gesamtinteresse? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- ich muss gestehen, dass ich zunehmend Schwierigkeiten habe, Dich zu verstehen. Das geht soweit, dass ich die grammatische Struktur Deiner S�tze nicht immer erkennen kann. Zum Beispiel wei� ich bei mehreren S�tzen nicht, was das grammatische Subjekt ist (z.B. beim ersten Satz des letzten Absatzes.) Ich kann auch nicht erkennen, inwiefern Deine Ausf�hrungen eine Antwort auf die von Dir zitierten Fragen darstellen. Ich komme deshalb noch einmal auf die Ausgangsfrage zur�ck: L�sst sich ein Gemeinwohl (Gesamtinteresse) bestimmen, und wie verh�lt sich dieses zum individuellen Wohlergehen (Einzelinteresse)? Nehmen wir als Allgemeinheit bzw. Gesamtheit einmal das staatliche Gemeinwesen der heutigen Bundesrepublik Deutschland (und sehen wir einmal davon ab, dass dieser Staat genau genommen nicht die Allgemeinheit darstellt, sondern etwas Partikulares, insofern er nur einen Bruchteil der Menschheit umfasst.) Die designierte Bundeskanzlerin spricht h�ufig davon, dass politisch das getan werden muss, was gut f�r Deutschland ist, auch wenn es f�r den einzelnen B�rger Belastungen mit sich bringt. Der noch amtierende Bundeskanzler spricht h�ufig davon, dass die Systeme der sozialen Sicherung wie Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung durch Einschnitte in den Leistungen vor dem finanziellen Kollaps bewahrt und f�r die kommenden Generationen erhalten werden m�ssen. Damit berufen sie sich auf das Wohl des Ganzen und rechtfertigen so Nachteile f�r die einzelnen Individuen bzw. Bev�lkerungsgruppen. Selbst der Vorsitzende der Freien Demokraten rechtfertigt seine politischen Absichten mit dem Wohl des Ganzen und begr�ndet sie nicht damit, dass damit den Interessen der �besser Verdienenden� entsprochen wird. Die Frage ist: L�sst sich entscheiden, ob eine bestimmte Politik am Wohl des Ganzen ausgerichtet ist oder am Wohl aller B�rger? Wie kann man hier argumentieren? Hat jemand dazu eine Meinung? fragt Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- on
10/18/05 um 18:34:19, Eberhard wrote: Hat jemand dazu eine Meinung? fragt Eberhard. Ja, ich habe eine Meinung dazu. on 10/17/05 um 15:06:27, philoschall wrote:Dieses Gruppeninteresse ist in dem Sinne souver�ner als die "Souver�nit�t" des Einzelwillen im Entscheidungsprozess mit den obengenannten objektiven Faktor, dass hier MEHRERE Individuuen EIN Ziel bei ihren gemeinsamen Entscheidungsprozessen ber�cksichtigen, bezw. voraussetzen. Vertragsbruch. Gr��e -------------------------------------------------------------------------------- Gr��e ----------------- ist Deine Frage, "Was kann als Interesse bei allen Individuen einer Gesellschaft vorausgesetzt werden?" nicht bereits v�llig verkehrt gestellt? Was kann Eberhard anf�hren, dass ihn diese Frage logisch erscheinen l�sst? Deine Frage zielt ja nicht darauf: ist da �berhaupt Interesse, dass von ALLEN Menschen einer Gesellschaft geteilt wird. Du setzt EIN I N T E R E S S E (!) voraus, dass ALLEN Individuen ihr Gemeinsames sein soll, obwohl doch bereits der Begriff Interesse allgemein so genommen wird, dass damit Gegens�tze gesetzt werden ... beharrt doch das Einzelinteresse in seinem Streben, dass mit dem Streben seiner gesellschaftlichen Gruppe zusammenf�llt, darauf, dass andere Interessenvertretungen nicht das Richtige und Wahre darstellen. Wird mit Deiner Frage nach einen Interesse aller Individuen die Konsesf�higkeit der Pluralit�t, die sich mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen sowie mit ihren jeweiligen Vertretungen lebenspraktisch manifestieren, wenn nicht ausser Kraft gesetzt, so doch begrifflich verschleiert? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- ohne die Antwort in irgendeiner Weise vorwegzunehmen und ohne irgendetwas zu verschleiern (welcher Tatbestand sollte denn verschleiert werden?) stelle ich die Frage, ob das "Interesse des Ganzen", das Gemeinwohl (nur? auch?) aus solchen Interessen besteht, die jeder B�rger als Einzelner hat: Gibt es Interessen, die allen B�rgern der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam sind? Um ein beliebtes Bild zu gebrauchen: "Sitzen wir alle in einem Boot" und hat deshalb jeder das Interesse, dass das Boot nicht umkippt, �berladen wird oder leck schl�gt? Bilden die B�rger der Bundesrepublik eine "Schicksalsgemeinschaft" in der Weise, dass eintretende Verbesserungen oder Verschlechterungen nicht nur Teile der Bev�lkerung betreffen sondern alle? Greifen wir einen einzelnen Punkt heraus: Ist es im Interesse aller B�rger, dass die Zahl derjenigen sinkt, die einen Arbeitsplatz suchen, mit dessen Entgelt sie ihren Lebensunterhalt bestreiten k�nnen? Ist es im Interesse aller B�rger, dass die Verschuldung des Bundes, der L�nder und der Gemeinden nicht noch gr��er wird? Wenn beide Fragen mit "ja" beantwortet werden, was ist im Falle von Zielkonflikten, wenn z.B. Ma�nahmen, die die Zahl der Arbeitslosen senken, nur durch neue Schulden bezahlt werden k�nnen? Ist es auch dann noch berechtigt, vom "Wohl des Ganzen" zu reden, wenn nicht alle Gruppen der Bev�lkerung unter Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit gleich stark zu leiden haben? fragt Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- du wei�t, ich werde gern konkret. Nach klassischer Definition besteht ein Staat aus Staatsvolk, Staatsterritorium und Staatsgewalt. Staatsvolk und Staatsgewalt bestehen beide aus Menschen. Somit l�sst sich die Frage "Gibt es Interessen, die allen B�rgern der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam sind?" klar damit beantworten, dass alle B�rgern der Bundesrepublik Deutschland gleicherma�en das Interesse haben, dass das, was sie zum �berleben notwendig brauchen, gesichert ist (selbstverst�ndlich f�r uns, aber selbstverst�ndlich nicht f�r alle Staatsgewalten). Woraus folgt, dass diejenigen, die mehr produzieren als sie brauchen, die zu unterhalten haben, die weniger produzieren, als sie brauchen. Tun sie das nicht, mutiert die Staatsgewalt zu einer f�r einen Teil der Staatsb�rger lebensfeindlichen Diktatur. Ob uns das passt, ist eine Frage der humanen Ethik. Gehen wir mal davon aus, dass uns eine Diktatur nicht passt. Dann schauen wir uns die Lebensbedingungen an. Die sehen so aus, dass nur eine Minderheit der B�rger autark ist. Nur eine Minderheit hat Land, auf dem sie durch Ackerbau und Viehzucht ihren �berlebensnotwendigen Unterhalt sichern kann. Die M�glichkeit, sich im Notfall selbiges anzueignen (wie zur Zeit der Besiedelung Amerikas z.B.) besteht nicht, da alles schon jemandem geh�rt. Auf die M�glichkeit der B�rger zur Eigenversorgung zu bauen ist also irreal. Das Problem zeigt sich bei hoher Arbeitslosigkeit. Da die meisten B�rger darauf angewiesen sind, f�r andere Arbeiten zu erledigen, um im Gegenzug Geld f�r die Finanzierung ihres notwendigen Unterhaltes zu bekommen, muss ein demokratischer Staat, wenn dies mangels Angebot an Arbeitspl�tzen nicht m�glich ist, entsprechende Konsequenzen ziehen, um den Lebensunterhalt der Arbeitslosen zu sichern. Das hei�t, entweder er alimentiert die Arbeitslosen, was bedeutet, dass viele Arbeitslose viel Geld kosten, das man denen, die Einkommen haben, nehmen muss, oder der Staat tritt selbst als Anbieter auf dem Arbeitsmarkt auf. Was ebenfalls viel Geld kostet, da er die L�hne zahlen muss. Muss er auch denen, die Einkommen haben, nehmen. Der zweite Fall hat den Nachteil, dass es mehr Geld kostet, dass dieses Geld aber nicht nur in reinen Konsum flie�t, sondern dass daf�r Werte geschaffen werden. Womit Staat langfristig ein Gesch�ft macht. Ein Gesch�ft, das dem Gemeinwohl dient, denn die geschaffenen Werte kommen allen zu Gute. Wenn also die Notwendigkeit besteht, den Unterhalt aller B�rger, so oder so, zu sichern, stellt sich eigentlich weniger die Frage, wie man das machen soll (da k�nnte man die beste M�glichkeit berechnen), sondern eher die Frage, warum man es nicht machen will. Und da guckt bei allen sch�nen Verkleisterungen meiner Ansicht nach zuletzt immer das gute, alte Dschungelrecht des St�rkeren heraus. Drache Fafner, der Wotan, der ihn aus friedensstiftenden Gr�nden weckt, anwortet: "Ich lieg und besitz, lass mich schlafen." Als n�chstes bekam Fafner bekanntlich Besuch von Siegfried, woraus sich ergibt, dass die Ablehnung des Gemeinwohlgedenkens auch schon mal gegen die Freunde des Dschungelrechtes ausschlagen kann. Womit die Frage "Bilden die B�rger der Bundesrepublik eine "Schicksalsgemeinschaft" in der Weise, dass eintretende Verbesserungen oder Verschlechterungen nicht nur Teile der Bev�lkerung betreffen sondern alle? Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- Ich hatte gefragt, ob das "Interesse des Ganzen", das Gemeinwohl (nur? auch?) aus solchen Interessen besteht, die jeder B�rger als Einzelner hat: Gibt es Interessen, die allen B�rgern der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam sind? Du antwortest: dass alle B�rgern der Bundesrepublik Deutschland gleicherma�en das Interesse haben, dass das, was sie zum �berleben notwendig brauchen, gesichert ist. Hier liegt ein Missverst�ndnis bez�glich des Ausdrucks "gemeinsames Interesse aller B�rger" vor. B�rger A hat das Interesse, dass er selber versorgt ist. B�rger B teilt dies Interesse an der Versorgung von A jedoch nicht: B hat das Interesse, dass er selber versorgt ist. Die Versorgung von A ist insofern kein gemeinsames Interesse von A und B. Wenn jeder B�rger ein Interesse an der je eigenen Versorgung hat, so schlage ich vor, dies als "gleichartiges Interesse" zu bezeichnen. Ein gemeinsames Interesse an der Versorgung gibt es dann, wenn die Versorgung nur durch ein kollektives Gut erreicht werden kann. Ein Beispiel hierf�r ist z.B. der Schutz vor �berschwemmung durch einen Deich. Ein Deich ist insofern ein kollektives Gut, als von seiner Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann, ob er sich nur an den Kosten des Deiches beteiligt hat oder nicht. Das gleichartige Interesse (Ich will nicht, dass meine Wohnung �berschwemmt wird) f�hrt in diesem Fall zu dem gemeinsamen Interesse (Ich will einen Deich. Du willst einen Deich. Wir wollen gemeinsam ein und denselben Deich). Da Deutschland nicht New Orleans ist, bleibe ich bei dem urspr�nglichen Beispiel und der Frage: Ist es im (gemeinsamen) Interesse aller B�rger, dass die Zahl der Arbeitslosen sinkt? Unmittelbar gibt es hier wohl kein gemeinsames Interesse. Durch die Arbeitslosigkeit anderer sind meine Interessen erstmal nicht ber�hrt. Durch die sozialstaatlichen Regelungen (Anspruch auf Bezahlung der Kosten von Wohnung, Lebensunterhalt, Kranken- und Rentenversicherung durch die Allgemeinheit) ist jedoch B�rger B indirekt ebenfalls von der Arbeitslosigkeit des B�rgers A betroffen. Denn das Geld, das f�r den Arbeitslosen verwendet wird, fehlt bei der Befriedigung anderer Interessen der B�rger � z.B. bei der Beseitigung von L�chern im Stra�enbelag oder bei der Einstellung von Lehrern zugunsten kleinerer Klassen mit nicht mehr als 20 Kindern. Unter der Voraussetzung, dass die Allgemeinheit verpflichtet ist, f�r die Arbeitslosen aufzukommen, ist es f�r alle B�rger demnach offenbar besser, wenn es weniger Arbeitslose gibt. (Dem entspricht, dass die Vermeidung von Arbeitslosigkeit auch als politisches Ziel im Stabilit�tsgesetz verankert ist.) Damit stellt sich die Frage, wie die Verpflichtung der Allgemeinheit zur Sorge f�r Arbeitslose begr�ndet werden kann. Diese Frage hat Abrazo bereits er�rtert. Aber ich will hier erstmal abschlie�en. Bis dann Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- du hast einen wichtigen Punkt meiner Ausf�hrungen �berlesen: Tun sie das nicht, mutiert die Staatsgewalt zu einer f�r einen Teil der Staatsb�rger lebensfeindlichen Diktatur. Ob uns das passt, ist eine Frage der humanen Ethik. Ich bringe hier den Gesellschafter der GmbH ein, Herrn Hund, ein stolzer, kr�ftiger, dominanter Haudegen mit der Neigung zur Rudelbildung. Dessen Boss er nat�rlich dann ist. Weswegen er auch Anspruch erhebt auf alle Weiber, alle B�lle, alle milden Hundekuchengaben (ich zuerst!) und alle vom Rudel erlegten Karnickel (die Beute 'verteilt' er). Das macht ihn f�r die Weiber au�erordentlich attraktiv; sie lieben ihn und bekunden ihre Unterst�tzung dadurch, dass sie bei potentiellen Konflikten mit anderen R�den diese, um den 'Ring' stehend, giftig kl�ffend irritieren (was ja auch bei Menschens nicht un�blich ist). Er liebt sie auch. Junghunde betrachten ihn als Vorbild, folgen ihm nach und sind auch schon mal bereit, sich f�r ihn zu schlagen (auch von irgendwoher bekannt, ne?). Und schw�chere R�den bitten, nachdem er sie verhauen hat, dem�tig und vorsichtig um Aufnahme in den illustren Kreis. Denn er sorgt auch f�r Sicherheit und Ordnung innerhalb des Rudels. Alles funktioniert, es gibt keinen Zoff, jeder f�hlt sich sicher und geborgen, prima. Das Gemeinwohl des Rudels ist er, denn er konstituiert es. Aus der Verhaltensforschung wissen wir, dass in Notzeiten die st�rkeren Rudeltiere �berleben. Die schw�cheren werden durch Wegbei�en und Verhungern entsorgt. Das Territorium ist Lebensmittel und wird keinesfalls mit fremden Rudeln geteilt; wer es haben will, muss es kriegerisch erobern. Mit dieser Gesellschaftsordnung hat das Viehzeug genau so lange �berlebt wie wir. Sie ist nat�rlich und sie ist vern�nftig. Schon seit langem �berlieferte Tatsache ist, dass wir Menschen so eine Gesellschaftsordnung nicht wollen. Religionen sanktionieren Hilfeleistung und Unterst�tzung auch in Notzeiten, verbieten T�ten und Verweigerung von Nothilfe und wer meint, hier handle es sich nur um eine Weiterentwicklung normalen vern�nftigen Rudelverhaltens, der m�ge sich mal mit dem 'heiligen Gastrecht' befassen; undenkbar bei den Viechern (wenn es sich nicht gerade um l�ufige Weiber handelt). Wegen der humanen Ethik wird aus dem gleichartigen Interesse ein gemeinsames Interesse. Und nicht nur ein Interesse, sondern auch eine humane Pflicht. Das wird zwar sehr h�ufig vergessen. Aber unmittelbar vor die Situation gestellt empfinden oft sogar hartgesottene Egozentriker inneren Widerstand gegen die nat�rliche Ordnung der Viecherei. Praktisch zu erkennen ist das z.B. an der Spendenbereitschaft bei Katastrophen. Voraussetzung ist allerdings, dass man solche Katastrophen quasi vor Augen hat, durchs Fernsehen z.B. Hat man die nicht vor Augen, sind viele offenbar geneigt, die Sache theoretisch zu verarbeiten, indem sie sich ein Gedankenmodell zurecht legen, wonach die anderen an ihren Problemen selbst schuld sind, die sie folglich auch selbst l�sen m�ssen. Nicht umsonst haben die Nazis Ghettos und KZ's sorgf�ltig vor den Augen des landl�ufigen B�rgers verborgen. Mensch denkt �blicherweise nicht an die ethischen Grundlagen einer menschlichen Gesellschaft. Vor allem deswegen, weil die meisten die Probleme ja gar nicht vor Augen haben. Scham und Emp�rung dar�ber, dass in unserer Gesellschaft in manchen Gegenden kostenloses Essen an Schulkinder verteilt wird, damit die nicht hungern m�ssen, empfinden nur die, die das aus eigener Anschauung wissen. F�r die anderen ist es eine theoretische �berlegung, �ber deren Ursache und Hintergr�nde man sich zwar die K�pfe hei� diskutieren kann, das reicht dann aber auch schon. Andererseits ist gut bekanntlich nicht gut gemeint. Wer den ethischen Willen versp�rt, unertr�gliche Situationen zu beseitigen, muss auch das K�nnen dazu haben. Und beides zusammen hei�t, dass es sehr wohl n�tig ist, eine Staatsmoral zu entwickeln, die auf der Ethik als Prinzip basieren muss und sicher stellt, dass die ethischen Prinzipien auch verwirklicht werden. Denn es kann nicht in unserem Interesse liegen, dass uns die Lage mangels �berschaubarkeit in die nat�rliche Sozialordnung des Viehzeugs entgleitet. Dass das leicht passiert, l�sst sich an Wirtschaftstheorien erkennen. Beispielhaft Friedman's Ross�pfel-Theorie: man muss den Gaul (die Unternehmen bzw. die Unternehmer) nur genug f�ttern, dann f�llt hinten auch was f�r die Spatzen ab. Gesetzt den Fall, das w�rde stimmen (was durchaus zweifelhaft ist): und wenn man f�r den Gaul nicht gen�gend Futter hat (oder den Hafer in die Silos packt, weil zwar die Spatzen, nicht aber die G�ule so viel brauchen)? Dann passiert das, was vor paar Jahren mal einer der Nestl�-Chefs von sich gab: man muss halt damit leben, dass ein Teil der Menschen in einer Gesellschaft �berfl�ssig sind. Findet das Wolfsrudel auch, wenn die Zeiten schlecht sind. Deinen sachlichen Ausf�hrungen stimme ich voll und ganz zu. Aber das Problem, das ich sehe, ist eben, ob uns bewusst ist, welchem Prinzip unsere Gesellschaftsordnung folgt. Da finden wir heute 3 Meinungen vor: - die eine folgt dem Prinzip des unab�nderlichen status quo: wir haben nun mal die Gesetze, die wir haben, eine �nderung w�re vielleicht im momentanen Interesse einiger wirtschaftlich Handelnder, ist aber politisch nicht durchsetzbar. Folglich geht es darum, diese gesetzlichen Verpflichtungen mit minimalem Kostenaufwand zu erf�llen, damit auf der anderen Seite, gerne Leistungstr�ger genannt, ein Maximum �berbleibt. - dann die Caritas: edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Christliche N�chstenliebe verpflichtet dazu, den Armen aus Gnade und Barmherzigkeit zu erhalten. - das gemeinsame Interesse sieht die Sache anders: unabh�ngig vom individuellen Interesse einzelner B�rger liegt es im Interesse unserer Gesellschaft als Ganze, dass jeder, der zu ihr geh�rt, nicht nur in Freiheit, und das bedeutet m.E. in erster Linie in Freiheit vor Existenznot leben kann, sondern dass er auch als in dieser Gesellschaft Handelnder leben kann. Und das bedeutet eben: dass er arbeiten kann. Denn arbeiten hei�t nicht nur gewinnbringend produzieren, sondern Mitwirkung am Weiterbau unserer Gesellschaft. Wer das einem Teil der B�rger verweigert, weil er Arbeitskraft als Humankapital betrachtet und feststellt, dass die vorhandenen Ressourcen nicht ben�tigt werden, schlie�t damit diese B�rger von der Mitwirkung aus - und das ist w�lfisch und widerspricht der humanen Ethik. F�r unsere Gesellschaft betreffende Entscheidungen braucht man halt ein bisschen mehr als wirtschaftliches-, juristisches- und Verwaltungsfachwissen. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Etwa "DU bist DEUTSCHLABND" ?? Multi meint: Nicht: WAS bin ich - -------------------------------------------------------------------------------- danke f�r den Ratschlag, aber ich bin schon ich selbst und ich wei� auch wer ich bin. Deshalb m�chte ich weiter �ber die Frage diskutieren, ob es so etwas wie allgemeine Interessen oder kollektive Interessen gibt und wie diese sich zu den Interessen der Einzelnen verhalten. Ich halte den Begriff Interesse mit seinen vielf�ltigen Variationen f�r einen der zentralen und schwierigsten Begriffe der politischen Philosophie. Mit einer Kl�rung dieses Begriffs h�tte man einen gro�en Schritt vorw�rts getan. Es gr��t dich Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- du schreibst: "Wegen der humanen Ethik wird aus dem gleichartigen Interesse ein gemeinsames Interesse. Und nicht nur ein Interesse, sondern auch eine humane Pflicht." Dabei setzt du wieder ganz auf das in uns bereits vorhandene humane Ethos, das aus Egoisten sozial orientierte Wesen macht. Da ich den ethischen Intuitionen der Menschen nicht so viel intersubjektive Gemeinsamkeit zutraue, besteht f�r mich das Problem, aus den Interessen der Einzelnen ein allen gemeinsames Interesse abzuleiten. Dies kann bei vielen moralischen Fragen nicht intuitiv geschehen, sondern erfordert einen besonderen Denkprozess bei der Zusammenfassung und Gewichtung der zu ber�cksichtigenden Interessen. Leider kann ich heute nicht so ausf�hrlich auf Dich eingehen, wie ich es m�chte, aber das wird sich wieder �ndern. Es gr��t Dich und alle am Problem (Gemeinwohl, Gesamtinteresse, volont� generale bzw. maximum happiness principle) Interessierten Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Kannst Du das ausf�hren. Also bei aller Kritik, der christliche Glaube beauftragt doch eher dazu, dass man den anderen helfen solle > Idee des Urchristentums. [cry] -------------------------------------------------------------------------------- Dem "Wohl" der Individuen dient also lediglich die Krankheit, um es mal so richtig auf die logische Spitze zu treiben, auch wenn das paradox klingt. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Deine Skizzierung der sozialen Ordnung, die bei den gesellig lebenden h�heren S�ugetieren herrscht, ist von der bekannten und von mit gesch�tzten deutlichen und drastischen Art. Ich bin auf diesem Gebiet zwar Laie, aber ich vermute einmal, dass die Menschen in ihrer Fr�hzeit �hnliche soziale Strukturen besa�en: im Innenverh�ltnis streng hierachische Strukturen entsprechend der K�rperkraft und im Au�enverh�ltnis Revierverhalten mit Feindschaft gegen alles Fremde. Dieses Muster bricht ja immer wieder durch. Ein zentraler Unterschied zwischen Wolfsrudel und Menschenhorde besteht meines Erachtens darin, dass die Menschen in unvergleichlich st�rkerem Ma�e sch�pferisch sind. Es ist sicher kein Zufall, dass die Pr�historiker die Perioden der Menschheitsgeschichte nach den Erfindungen beim Werkzeugbau einteilen (Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit etc.) Mit dieser Kreativit�t des Menschen geht eine unvergleichlich st�rkere Dynamik der sozialen Ver�nderungen einher. Die Vorteile dieser Entwicklungen konnten nur Gemeinschaften f�r sich nutzen, die in ihrem Verhalten nicht instinktgebunden waren, sondern die Normensysteme besa�en, die sich den neuen M�glichkeiten anpassten, deren soziale Ordnung also ebenfalls nicht statisch sondern dynamisch waren. Eine sich ver�ndernde Gesellschaft und Umwelt bedarf der fortlaufenden Erfindung neuer Institutionen und Regeln, wenn sie nicht konkurrierenden Gemeinschaften unterlegen will. Ich verstehe das Bem�hen um eine einsichtig begr�ndete Moral und Rechtsordnung in diesem Zusammenhang. Durch ver�nderte technische M�glichkeiten (Empf�ngnisverh�tung, Erfindung neuer chemischer Drogen, Gentechnologie, Wasserstoffbombe, globaler Verkehr und Kommunikation usw. usf.) werden einerseits tradierte Normen hinderlich und bed�rfen der Korrektur und andererseits m�ssen neue Gefahren durch entsprechende Normen entsch�rft werden. Einen Sonntagmorgen ohne Sorgen w�nscht allen Eberhard. --------------------------------------------------------------------------------
-------------------------------------------------------------------------------- Dies kann bei vielen moralischen Fragen nicht intuitiv geschehen, sondern erfordert einen besonderen Denkprozess bei der Zusammenfassung und Gewichtung der zu ber�cksichtigenden Interessen. Auf der anderen Seite ist Mensch ein Tier mit menschlichem Potential. Das menschliche Potential wird bekanntlich nicht immer verwirklicht. Eine gesellschaftliche Moral muss also auch die Verwirklichung des menschlichen Potentials als Norm setzen und gleichzeitig im Einzelfall nach den Ursachen suchen, warum es hier nicht verwirklicht wurde bzw. sich nicht verwirklichen konnte. In der Praxis sind das die Normen des Strafrechtes und die Milderungsgr�nde. Also bei aller Kritik, der christliche Glaube beauftragt doch eher dazu, dass man den anderen helfen solle > Idee des Urchristentums. Es ist sicher kein Zufall, dass die Pr�historiker die Perioden der Menschheitsgeschichte nach den Erfindungen beim Werkzeugbau einteilen Bei all
diesen �berlegungen sollte man jedoch nicht �bersehen, dass es sehr viele verschiedene menschliche Gesellschaften gab und gibt, die durchaus im Konflikt miteinander stehen k�nnen. Eine Erkl�rung also, die funktioniert, wenn man eine Gesellschaft isoliert betrachtet, erkl�rt u.U. �berhaupt nichts mehr, wenn unterschiedliche Gesellschaften zusammen treffen. Das ist �brigens Doc rudis Hauptproblem. Er tut immer so, als h�tte es stets nur eine allgemeine menschliche Gesellschaft gegeben. Tats�chlich gab es die nie. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- �berzeugt mich nicht. und dass sich das Individuum bei einer Handlung stets fragen sollte, ob die in seinem
Interesse oder im Interesse des Staats liegt. N�. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Einer der �Knackpunkte� des Gemeinwohlverst�ndnisses liegt wohl in diesen S�tzen aus Eberhards Er�ffnungsbeitrag: Quote:Die Frage, um die es geht, ist die Beziehung zwischen individuellem und allgemeinem Interesse: L�sst sich aus der Zusammenfassung der individuellen Interessen ein Gesamtinteresse gewinnen und wenn ja wie? Oder ist es verkehrt, von den Individuen und ihrem Wohlergehen bzw. Willen auszugehen? Muss das Wohl des Volkes bzw. des Staates unabh�ngig davon bestimmt werden? Die neuzeitlichen, vertragstheoretischen Entw�rfe des gerechten Staates (Hobbes, Locke, Rousseau) nehmen einen vorstaatlichen Zustand an, in dem es nur Individuen ohne gegenseitige Verpflichtungen gibt. Besonders klar ist diesbez�glich Hobbes. Seine Anthropologie geht von intelligenten Naturmaschinen aus, die nur ihr eigenes �berleben und Wohlergehen interessiert, und das mit einem Hang zur Ma�losigkeit. Was sie allein �berzeugen kann, auf ihr �nat�rliches Recht auf alles� zu verzichten und sich einer souver�nen Staatsmaschine zu unterwerfen, ist die Einsicht, dass die uneingeschr�nkte Freiheit aller in einen �Krieg aller gegen alle� umschl�gt. Der Freiheitsverzicht, den der Rechtszustand verlangt, wird also damit begr�ndet, dass nur er dem nat�rlichen Streben der Einzelnen (Kampf ums �berleben, Steigerung von Sicherheit und Gl�ck) zum Erfolg verhelfen kann. Wenn man hier von einem �Gemeinwohl� �berhaupt sprechen mag, so liegt es allein darin, dass alle Individuen weiterhin �sozialvertr�gliche Egoisten� bleiben d�rfen. F�r die kritische Rekonstruktion des Typs �Gemeinschaft�, den man �liberalen Rechtsstaat� nennt, ist der vertragstheoretische Ansatz m.E. einleuchtend, weil das (b�rgerliche) Recht egalit�r von gleichen �Rechtssubjekten� ausgeht, die jeweils strategisch im eigenen Interesse handeln. Aber als anthropologisches Modell und somit als Modell f�r jede Art von menschlicher Gemeinschaft ist er nat�rlich wirklichkeitsfremd und absurd. Es ist Unsinn, menschliche Individuen als �Systeme� zu konstruieren, deren elementares Motiv ihre Selbsterhaltung und Selbststeigerung sei. Diese Idee konnte erst aufkommen, als es vielf�ltig individualisierte Lebensformen und hinreichend gro�e marktwirtschaftliche Verb�nde gab, deren Grundeinheit der arbeitende und konsumierende Einzelne ist (und dazu ein mechanistisches Naturverst�ndnis). Darum ist zumindest eine Differenzierung n�tig zwischen (�konomisch-rechtlicher) �Gesellschaft� einerseits und �Gemeinschaft� andererseits und somit auch verschiedene Auffassungen von Gemeinwohl. Das eine w�re das �abstrakte� Gemeinwohl, bei dem ausgegangen wird von Individuen mit konkurrierenden Interessen, zwischen denen ein Ausgleich gefunden werden muss. Hier ist eigentlich nicht Gemeinschaft der Ausgangspunkt, sondern die Konkurrenz, der Konflikt. Das Gemeinwohl muss erst noch �verfahrenstechnisch� gefunden werden (nach dem Modell des Rechtsstreits). Das andere w�re ein �institutionelles� Gemeinwohl, bei dem von gemeinschaftlichen Lebensformen ausgegangen wird, deren Mitglieder sich ihrer gegenseitigen Abh�ngigkeit und Verpflichtung bewusst sind. Hier existiert bereits Gemeinschaft, sie pr�gt Lebensweise und Bewusstsein der Mitglieder. Was erfahrungsgem�� nicht verhindert, dass zwischen den Mitgliedern fallweise Interessenkonflikte auftreten. (Das Beispiel mit der Wohngemeinschaft weist eigentlich in diese zweite, �institutionelle� Richtung, nur dass Eberhard allein auf die Interessengegens�tze eingeht, die bei einer einzelnen Gelegenheit auftreten und nach Ausgleich verlangen. Der Umstand, dass die Mitglieder der WG durch ihr Zusammenleben schon �vorg�ngig� eine Gemeinschaft bilden, die von Sympathie, Solidarit�t. R�cksicht, vielf�ltigem gegenseitigem Geben und Nehmen... zusammengehalten wird, geht nicht in die �berlegungen ein.) So weit erst mal. Es gr��t Euch --------------------------------------------------------------------------------
-------------------------------------------------------------------------------- die Entwicklung geht dahin, dass das Individuum sich vom Gruppenwesen zum Einzelwesen emanzipiert, also zum System Mensch wird, und sich Staaten aufl�sen. Und dies setzt allerdings eine bewusste Entscheidung des Individuums voraus: n�mlich eine Entscheidung dazu, seine Selbstentfaltung im materiellen Bereich einzuschr�nken und im geistigen Bereich fortzusetzen. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Urs pl�diert in seinem Beitrag f�r eine Differenzierung zwischen (�konomisch-rechtlicher) �Gesellschaft� einerseits und �Gemeinschaft� andererseits, womit auch verschiedene Auffassungen von Gemeinwohl einhergehen. Beim �abstrakten� Gemeinwohl wird von konkurrierenden Interessen ausgegangen, zwischen denen ein Ausgleich gefunden werden muss. Beim �institutionellen� Gemeinwohl wird von gemeinschaftlichen Lebensformen ausgegangen wird, deren Mitglieder sich ihrer gegenseitigen Abh�ngigkeit und Verpflichtung bewusst sind. Diese Unterscheidung halte ich ebenfalls f�r wichtig und In der deutschen Soziologie ist diese Unterscheidung ja seit langem etabliert. Die Familie ist danach eine gemeinschaftliche Gesellungsform, die nicht aus Vertr�gen isolierter Individuen hervorgeht, sondern auf gef�hlsm��igen Bindungen von Man und Frau, von Eltern und Kindern, von Geschwistern untereinander beruht. Ein anderes Beispiel f�r eine Gemeinschaft ist der Stamm (bzw. die Ethnie) mit der je spezifischen Sprache bzw. Mundart und Kultur, in den das Individuum hineingeboren wird und mit dem es sich identifiziert (�Wir�-Gef�hl, Heimatverbundenheit, je eigene Trachten und Hausformen etc.). Die Frage ist, was daraus f�r die Bestimmung eines normativ verpflichtenden Gemeinwohls folgt. Konsequenzen hat die Existenz derartiger Gemeinschaften auf jeden Fall f�r das Verst�ndnis der Individuen und ihrer Interessen im weitesten Sinne. Der Einzelne hat demnach nicht nur Interessen, die auf das eigene Wohlergehen gerichtet sind (diese Interessen w�rde ich als �Eigeninteressen� bezeichnen), sondern die Interessen eines Individuums (deren Gesamtheit man zur besseren Unterscheidung als �individuelle Interessen� bezeichnen k�nnte) beziehen sich in Form von Liebe, Sympathie, Mitleid oder Wohlwollen auch auf das Wohlergehen anderer Individuen, seien es die eigenen Kinder, die eigenen Verwandten oder Freunde oder aber auch Not leidende Fremde. Allerdings k�nnen sie sich auch negativ in Form von Neid, Eifersucht, Schadenfreude etc. auf Feinde oder Konkurrenten beziehen. Weil die Einzelnen nicht nur eigeninteressiert sind, haben sie z.B. auch Interessen �ber ihren eigenen Tod hinaus und versuchen durch entsprechende Verm�chtnisse Einfluss auf das zu nehmen, was nach ihnen kommt. Insofern teile ich nicht die enge Sicht doc_rudis von den Interessen der Individuen, wenn er schreibt: �Das Kinderzeugen, -kriegen und -aufziehen liegt � nicht im Interesse des Individuums, sondern im Interesse der Allgemeinheit, der Staates, der ohne Kindernachschub nicht existieren kann.� (Ich habe im �brigen immer Probleme, auf Deine Thesen einzugehen, doc_rudi, weil Deine Theorie der Beschreibung und Erkl�rung, dessen, was ist, dienen soll, w�hrend ich danach frage, wie die Verfahren der politischen Willensbildung vern�nftigerweise gestaltet sein sollten und wie sich die B�rger oder Amtsinhaber verhalten sollen. Die politische Theorie, um die es mir geht, ist also handlungsanleitend und normativ, sie stellt nicht das positiv Gegebene fest. Deshalb kann ich f�r meine Fragestellung auch wenig mit Feststellungen anfangen wie: �Im Prinzip ist der Mensch ein Gemeinschaftswesen und alle seine Verhaltensweisen, soweit sie gesund sind, dienen dem Allgemeinwohl.�) Aber noch einmal zur�ck zu Gemeinschaft und Gesellschaft. Ich teile die Auffassung, dass der Mensch seiner Natur nach ein gesellig lebendes Wesen ist und starke soziale Bindungen besitzt, die in seine individuellen Interessen eingehen. Ich halte jedoch daran fest, dass es unzul�ssig ist, ein die Individuen verpflichtendes Gemeinwohl unabh�ngig von deren individuellen Interessen und deren individueller Einsicht zu behaupten. Derartige Behauptungen entziehen jeglicher Diskussion die Grundlage. Wenn die tats�chlichen Interessen und �berzeugungen eines Individuums als �nur individuell� abgetan werden und nicht mehr z�hlt, was dies Individuum an Argumenten vorbringt, dann verwandelt sich der Wahrheitsanspruch gegen�ber diesem Individuum in einen blo�en Glaubens- und Gehorsamsanspruch. Um es in Parolen der Nationalsozialisten auszudr�cken: Aus �Gemeinnutz geht vor Eigennutz� wird unversehens �Du bist nichts, Dein Volk ist alles�, mit all seinen m�rderischen Konsequenzen. Und es kommt zu der makabren Situation, dass einem Deutschen vorgehalten wird, was �deutsch� ist und was als �undeutsch� oder �entartet� zu bek�mpfen ist. Ich will hier niemandem derartige Positionen unterstellen, sondern will anhand dieses krassen Beispiels nur deutlich machen, dass �Wahrheit� oder �Richtigkeit� (z.B. in Bezug auf ein verpflichtendes Gemeinwohl) ein Geltungsanspruch ist, der von bestimmten Individuen gegen�ber anderen Individuen erhoben wird, und dass dieser Anspruch auch nur interindividuell bzw. intersubjektiv als g�ltig eingel�st werden kann, niemals jedoch �ber die K�pfe der beteiligten Individuen hinweg. Es gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Eberhard schrieb: Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Ich halte jedoch daran fest, dass es unzul�ssig ist, ein die Individuen verpflichtendes Gemeinwohl unabh�ngig von deren individuellen Interessen und deren individueller Einsicht zu behaupten. (...) Ich will hier (...) nur deutlich machen, dass �Wahrheit� oder �Richtigkeit� (z.B. in Bezug auf ein verpflichtendes Gemeinwohl) ein Geltungsanspruch ist, der von bestimmten Individuen gegen�ber anderen Individuen erhoben wird, und dass dieser Anspruch auch nur interindividuell bzw. intersubjektiv als g�ltig eingel�st werden kann, niemals jedoch �ber die K�pfe der beteiligten Individuen hinweg. Diese Auffassung teile ich ohne Abstriche. Und ich bin mir auch im Klaren dar�ber, dass die Begriffe der �Gemeinschaft� und des �Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile� ideologisch missbraucht werden k�nnen. N�mlich dann, wenn �Gemeinschaft� als Naturbegriff verstanden wird, der sich auf eine gemeinsame Abstammung bezieht (Familie, Clan, Stamm, Nation). Die Begriffe �Volk� (urspr. �Haufe�, �Kriegsschar�) und Ethnie (zur�ckgehend auf das �Ethos�, also die gemeinsamen Lebensformen und Normen) sind diesbez�glich weniger verd�chtig. Nur hat seit dem Nationalsozialismus der Begriff des Volkes einen solchen naturalistischen (rassistischen) Klang angenommen. Aber muss man posthum immer noch die Definitionshoheit der Nazis anerkennen? Wie dem auch sei, ich verstehe Gemeinschaft nicht als Naturverband, sondern als Lebensform, die durch die gegenseitigen Beziehungen und Verpflichtungen der Mitglieder definiert ist. Das ist etwas ganz anderes als eine faktische oder vermeintliche oder ideologisch behauptete Verwandtschaft. Und es ist etwas anderes als blo� "gef�hlsm��ige Bindungen" ("Wir"-Gef�hl). Sicher: Ohne gewisse anthropologische Voraussetzungen kommt man dabei nicht aus, insbesondere die, dass Menschen bed�rftige, soziale Wesen sind, die ohne irgendeine Form von Gemeinschaft nicht existieren k�nnen. Diese Bed�rftigkeit oder Abh�ngigkeit ist eine Quelle der gegenseitigen Verpflichtung. Das vertragstheoretische Modell macht ja seinerseits auch gewisse Annahmen �ber die Natur des Menschen, m.E. aber falsche. Und wenn man als �Basiseinheit� das ma�los egoistische Individuum annimmt (eine Art einzelg�ngerisches Raubtier wie bei Hobbes), bringt man sich schon im Ansatz um die Chance, einen angemessenen Begriff von Gemeinschaft zu bilden. Ein angemessener Begriff von Gemeinschaft muss m.E. die Gegenseitigkeit der Beziehungen als nicht reduzibles normatives Prinzip anerkennen. Das vertragstheoretische Modell aber reduziert Gemeinschaft auf die Fiktion �atomarer� Individuen. Darum bleibt auch das Gemeinwohl auf �sozialvertr�glichen Egoismus� beschr�nkt (vgl. auch Schopenhauers popul�re �Stachelschweine�). Es gr��t Dich
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-------------------------------------------------------------------------------- Daf�r, dass Du Dich schon so lange mit dem Thema �Gemeinwohl� besch�ftigst, sind Deine Ausf�hrungen doch recht konfus und inkonsistent. (Z.B. ist recht unklar, in welchem Verh�ltnis die Selbsterhaltung und Selbstentfaltung der Individuen zur Selbsterhaltung und Selbstentfaltung des �Gentr�ger�-Verbandes stehen. Ich sehe auch �berhaupt nicht, wie sich ein rechtlicher, also normativer Begriff wie der des Vertrages in einen biologischen Kontext einf�gen k�nnen soll.) Aber grunds�tzlich hat Dein Sozial-Biologismus in meinen Augen starke Ankl�nge an die Nazi-Ideologie, in der biologische Begriffe und Metaphern (�Abstammung�, �Rasse�, �gesund�, �krank�, �Volksk�rper�, �Parasiten�, �artfremd�, �Entartung�, �Dekadenz�...) ins Politische gewendet wurden. Quote:Im Prinzip ist der Mensch ein Gemeinschaftswesen und alle seine Verhaltensweisen, soweit sie gesund sind, dienen dem Allgemeinwohl. Dem "Wohl" der Individuen dient also lediglich die Krankheit, um es mal so richtig auf die logische Spitze zu treiben, auch wenn das paradox klingt. Nun sage ich auch stets, dass dies Aufopfern f�r den Staat die biologische Verhaltensprogrammierung des Individuums ist, die ihren Sinn in der Evolution der Gene hat. (Im konventionellen Krieg werden die m�nnlichen Gentr�ger des Feindstaates eliminiert und mit den weiblichen findet eine Vermischung statt, so dass neue Genkombinationen auftreten k�nnen). Solche �u�erungen rufen in mir eine frische Erinnerung wach. N�mlich an das kranke Gew�sch des �F�hrers�, der noch in seinen letzten Tagen S�tze absonderte wie: �Die sogenannte Menschlichkeit � das ist das Geschw�tz der Schweinepfaffen.� � �Die Starken k�nnen sich nur behaupten, indem sie die Schwachen und Minderwertigen vernichten. Ich selbst habe mir, diesem eisernen Gesetz der Natur gehorchend, stets jedes Mitgef�hl versagt. Die Affen z.B. trampeln jeden Au�enseiter als gemeinschaftsfremd tot. Was f�r den Affen gilt, muss doch in erh�htem Ma�e auch f�r den Menschen gelten.� (zit. nach dem Film, �Der Untergang�) Allen Freunden des Biologismus und des Tiervergleichs sollte bewusst sein, welche Abgrenzungsprobleme sie sich einhandeln... Es
gr��t Euch -------------------------------------------------------------------------------- Wessen Leben nicht gesichert ist und wer kein Eigentum hat, riskiert auch nicht viel. Was is mit B�rgerkrieg? -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- "Ist es auch dann noch berechtigt, vom "Wohl des Ganzen" zu reden, wenn nicht alle Gruppen der Bev�lkerung unter Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit gleich stark zu leiden haben? " Eberhard F�llt Gesamtwohl, dass mittels Innenpolitik unterschiedlichen Bev�lkerungsgruppen dargestellt wird, notwendigerweise mit den Interessen jeder dieser Bev�lkerungsgruppen zusammen? W�re dem so, ist der Staat, ist Parteienpolitik jene Unternehmung, welche die Interessen unterschiedlicher Bev�lkerungsgruppen sich einverleibt. Dagegen steht (noch) der demokratische Staat, deren Parteien - wie diese sich in Deutschland etwa als Volksparteien (bisher) pr�sentieren - (noch) unterschiedliche Interessen der Bev�lkerungsgruppen repr�sentieren. Sind die Repr�sentanten der sogenannten Volksparteien sich jedoch einig, dass Gemeinwohl nicht mehr aus unterschiedlichen Interessen der Bev�lkerungsgruppen resultiert, dass vielmehr dass Einzelinteresse einer Gruppe h�her gestellt wird als die Interessen anderer Bev�lkerungsgruppen: ver�ndert sich dann nicht die staatliche Repr�sentation? Mit dieser, etwa auf der parlamentarischen Ebene vollzogenen Ver�nderung, welche sich nicht notwendigerweise mit dem Wechsel des politischen Personals vollziehen muss, ver�ndert sich notwendigerweise der I n h a l t dessen, dass beispielsweise mit dem Begriff des Allgemeinwohl ausgegeben wird. Der Inhalt, die Zielsetzung, etwa von Innenpolitik kann sowohl aus nationalen Interessen (gespeist etwa von v�lkischen Anh�ngern der Rassenlehren) wie auch aus internationalen Interessen (gespeist etwa von liberalen Vertretern globaler Marktauffassungen) resultieren. Beiden Interessengruppen, der Gesellschaft antagonistisch sich pr�sentierend, ist ein Mittel um ihre jeweiligen Interessen - stets im Namen des Gemeinwohls - umzusetzen: dass Staatsgef�ge. Ist mit der Eroberung des Staates von Seiten absolut gesetzten Einzelinteresses (egal ob in nationalen und/oder internationalen Spielarten sich manifestierend) �berhaupt noch m�glich im Namen des Wohl des Ganzen zu handeln? Doch wohl verbindlich nur dann, wenn den von staatlich-verabsolutierten Zielrichtungen ausgehenden verabsolutierenden Einzel-Interesse das Kunstst�ck gelingt, die Anderen - d.h. jenen denen nicht das, etwa den Staat verabsolutierende Handlungsverm�gen gegeben - zu �berzeugen, dass die favorisierte Zielrichtung mit dem Allgemeinwohl identisch ist. Wird davon ausgegangen, dass es kein metaphysisches und kein politisches Ausserhalb jenes Staates mehr gibt: L�sst sich, erscheint das verabsolutierte Einzel-Interesse auch der Allgemeinheit als Allgemeinwohl, �berhaupt noch entscheiden, ob dieses Sein berechtigt ist, mit dem Begriff des Wohl des Ganzen zu argumentieren? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- on 10/24/05 um 18:22:45, philoschall wrote:Ist mit der Eroberung des Staates von Seiten absolut gesetzten Einzelinteresses (egal ob in nationalen und/oder internationalen Spielarten sich manifestierend) �berhaupt noch m�glich vom Wohl des Ganzen zu reden? Doch wohl verbindlich nur dann, wenn .... das Kunstst�ck gelingt, die Anderen zu �berzeugen, dass die favorisierte Zielrichtung mit dem Allgemeinwohl identisch ist. ... L�sst sich ... �berhaupt noch entscheiden, ob dieses Sein berechtigt ist, mit dem Begriff des Wohl des Ganzen zu argumentieren? :-) Hallo philoschall und Interessierte Ein Beispiel gef�llig? Im Bewusstsein, dass Partikul�rinteressen in der Praxis meist solche einer Monderheit sind, l�sst sich das Allgemeininteresse in der den Namen verdienenden Demokratie in etwa wiefolgt formulieren: "Respektiere diejenigen Minderheiten, die dieses Allgemeininteresse nicht missbrauchen". Vorlaut wie meist formuliere ich auch gelich noch eine zugeh�rige Regel: "Allgemininteresse ist nur, was sich selbst einschr�nkt" Es git z'Nacht! --- Euer hungrige Alltag [cheesy] -------------------------------------------------------------------------------- also - dat wird mir mal wieder zu theoretisch. Der K�lner an sich lebt in einer von hohen virtuellen Mauern umgebenen Stadt in einer Gesellschaft, mit der er Sprache, Mentalit�t und Lebensart teilt und aus der ihn so leicht kein Deuvel erus kriegt. Wenn es sein muss, geht er da auch 'ze Fooss' hin - bitte w�rtlich zu nehmen: die haben das nach dem Krieg gemacht, obwohl die Stadt quasi unbewohnbar kaputt war. Warum? Wegen der Leute. Wegen der Gemeinschaft, die im Wesentlichen jedem K�lner garantiert, dass er so leben kann, wie es ihm passt. Andere Gesellschaften garantieren das nicht, folglich will er da auch nicht rein. Insofern sind ihm Globalisierung, Absterben des Staates und Weltgemeinschaft egal, solange K�ln bleibt, wie es ist. Es ist davon auszugehen, dass es eine Menge Gesellschaften gibt, die diese Auffassung teilen. Will sagen: es gibt ein Gesellschaften konstituierendes Element, und das ist die gemeinsame Kultur. Sie ist die eigentliche Behausung einer Gesellschaft. Eine Behausung, an der man h�ngt und die man freiwillig nicht verl�sst. Andere Gesellschaften haben andere Behausungen, kein Problem, sollen sie, aber in unseren Kram hat keiner reinzureden. Wir reden im Gegenzug anderen auch nicht rein. Das ist Gesellschaft, wie sie im wirklichen Leben statt findet. Wie, doc rudi, erkl�rt denn deine Theorie diese Unterschiede zwischen den Gesellschaften? Wie erkl�rst du, dass im Zweckverband Deutschland Bayern und K�lner die Preussen nicht ausstehen k�nnen und Hamburger und Schwaben nur mit Grausen an das Rheinland denken? Die Regionen sind gewachsen, in langer Geschichte, nicht von au�en genormt. Und deswegen, wenn eine Region einen hohen Integrationsgrad hat, ist sie von au�en weder beherrschbar noch regierbar. Nichts von alledem ist zu erfassen, wenn man sich auf die Sicht Individuum einerseits und Staat andererseits beschr�nkt - und in Interessen immer nur materielle Interessen sieht. Klar, wenn die dauerhaft nicht gesichert sind, kann sich keine Gemeinschaft entfalten. Aber sobald die elementaren Lebensbed�rfnisse gesichert sind, bekommt Mensch ganz andere Gel�ste - kulturelle. Wobei zu den kulturellen Gel�sten regionalspezifisch durchaus auch die Lust z�hlt, sich beim Stra�enfest am Bierstand volllaufen lassen zu k�nnen - in trauter Gemeinschaft mit bisher unbekannten Leuten, die dennoch erkennbar zu dieser Gesellschaft geh�ren. In solchen fest gef�gten Gesellschaften ist das Gemeinwohl bestimmt durch das gemeinsame Wohl. Und das gemeinsame Wohl ist, unbehelligt durch fremde Einfl�sse sein Leben so zu f�hren, wie man es f�hren m�chte. Dazu geh�ren die anderen, die Leute, die Gesellschaft. Ohne die kann der Einzelne das Leben, das er f�hren will, nicht f�hren. Auf sie legt er also Wert, auch wenn er sie gar nicht kennt und auch nie kennen lernen wird. Von der Politik seiner Gesellschaft erwartet er, dass sie seinen Lebensraum sch�tzt, pflegt, bewahrt und verbessert, ohne ihm das Charakteristische zu nehmen. Tut sie das nicht, wird er sauer, w�hlt sie ab, stellt sich stur und streikt (auch die Preussen scheiterten an K�ln) oder - f�hrt eben doch Krieg. Z.B. wie die K�lner im Mittelalter, um ihren Erzbischof dauerhaft aus der Stadt zu werfen und sich statt dessen in einer Republik selbst zu regieren. M.E. ein legitimes und nachvollziehbares Interesse, und wenn es noch so sehr dem Interesse des theoretisch angenommenen isolierten Individuums widerspricht. Was man �brigens auch im Gro�en erkennen kann: die Deutschen wollten mehrheitlich keine Amerikanisierung und keinen Neoliberalismus, keine an der Wirtschaft ausgerichtete Individualisierung, nix Mobilit�t, nix Unabh�ngigkeit von famili�ren und sonstigen Bindungen - also wird dat nich gew�hlt. Vern�nftige Argumente hin, vern�nftige Argumente her. Was hei�t hier Vernunft? Vernunft ist das, was wir wollen. Basta. Was der gut baiuwarische Stoiber mit sicherem Instinkt blitzschnell erkannt hat: der kennt seine Bayern - mir san mir. Leute, wat sollen wir hier gro� herum philosophieren, wenn wir dabei die halbe Wirklichkeit vergessen? Oder hat euch einer damit beauftragt, als Nachfolger Platons den idealen theoretischen Staat in Wolkenkukucksheim zu entwerfen? Wer will denn den? Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- "Allgemininteresse ist nur, was sich selbst einschr�nkt" Alltag Richtig, dass trifft auf das im ersten Abschnitt Gesagte zu: "Dagegen steht der demokratische Staat, deren Parteien - wie diese sich in Deutschland etwa als Volksparteien pr�sentieren - unterschiedliche Interessen der Bev�lkerungsgruppen repr�sentieren." Trifft das auch noch zu - und darauf beziehen sich meine Fragen - wenn Gemeinwohl auf staatspolitischer Ebene, etwa mittels Innenpolitik auftritt, die ihren Impuls aus verabsolutierenden Einzelinteresse bekommt, d.h. solches das sich �ber Gemeinwohl der Gesellschaft hinwegsetzt? Wenn verabsolutierendes Einzelinteresse in nationaler oder/und in internationaler Staatlichkeit auftritt, ist dann die produktive Entfaltung gesellschaftlicher Einzelinteressen nicht be- bezw. sogar verhindert? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- on 10/24/05 um 19:29:49, Abrazo wrote:..... :-)Hallo philoschall, hat Abrazo (im ersten zitierten Abschnitt) die Antwort nicht schon gegeben? "alos wird
dat nich gew�hlt" :-)Hallo Abarazo, Na wir (ich denk das gilt auch f�r die K�lner) sind doch alle unseren eigenen Auftraggeber! Und Du scheinst ja Dein Wolkenkuckucksheim schon gefunden zu haben. --- Sorry es ist sp�t! Danke & Gruss --- Euer m�der Alltag [ohwe] -------------------------------------------------------------------------------- Den K�llnern war es, glaube ich, egal, ob sie franz�sisch oder preussisch, deutsch oder amerikanisch regiert wurden, ich glaube f�r das eine oder andere h�tten sie nicht ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Dass sie einen Erzbischof vertrieben haben, wusste ich noch nicht. Wenn die unter seinem religi�sen Aberglauben leiden mussten, hatte er das sicher verdient. Wenn du Gesellschaften studierst, solltest du dich mal um die Freien Reichsst�dte k�mmern. Und um ihre tats�chlich hermetische Abgeschlossenheit nach au�en - zwecks Erhalt der republikanischen Freiheit. Freie Reichst�dte waren selbstst�ndig agierende politische Kr�fte, Mitglieder des Reichstages, wahlberechtigt bei der Kaiserwahl. Machtfaktoren, denn sie hatten das Geld. Trieben internationale Politik und Diplomatie, konnten Kriege f�hren oder sich Kriegen verweigern und k�mmerten sich den Deuvel um gesamtstaatliche Normen. An den Freien Reichsst�dten des Mittelalters und der fr�hen Neuzeit kann man studieren, was eine Gesellschaft und was Gemeinwohl ist, gelebtes, gewachsenes und kollektiv gewolltes Gemeinwohl, kein normiertes und verordnetes. Wer nur das Individuum und den Staat sieht, wei� gar nicht, was eine menschliche Gesellschaft, was Gemeinwille eigentlich ist. der von mir
prognostizierte Tod des Systems Staat als au�enpolitisch handelndes System ber�hrt nicht die regionalen selbstorganisierten Einheiten, die das Zusammenleben der Menschen organisieren. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Im vorstaatlichen Zustand g�be es nur Individuen ohne gegenseitige Verpflichtungen und die Staatsbildung sei ein Vertrag zwischen diesen intelligenten Naturmenschen, der aus der Einsicht resultiert, die Befriedigung des Vergr��erungsstrebens jedes Einzelnen f�hre zum Kampf jeder gegen jeden. Gem�� Rousseau k�nnte der Mensch sich aus einem gl�cklichen Naturzustand heraus entwickelt haben, woran er vermutlich selbst nicht so richtig dran geglaubt haben wird. Erst der geschlossene Gesellschaftsvertrag brachte die heute uns bekannten Nachteile, wie Entstehung des Eigentums, einer Obrigkeit und der damit verbundenen Willk�r, m�ndeten in die Staatenbildung. Quote:Aber noch ein Ausblick: die Entwicklung geht dahin, dass das Individuum sich vom Gruppenwesen zum Einzelwesen emanzipiert, also zum System Mensch wird, und sich Staaten aufl�sen. Und dies setzt allerdings eine bewusste Entscheidung des Individuums voraus: n�mlich eine Entscheidung dazu, seine Selbstentfaltung im materiellen Bereich einzuschr�nken und im geistigen Bereich fortzusetzen. Das ist der Gesellschaftsvertrag der Zukunft: auf materielle Selbstentfaltung zu verzichten, damit die Menschheit �berleben kann. Das Eigentum und wer zur Obrigkeit geh�rt, genie�t zweifelsfrei Vorteile, die nur durch einen Staatsapparat auf Dauer garantiert werden k�nnen. Deshalb kommst du nicht um die Antwort herum, warum sollte ein Profiteur auf all seine Vorteile verzichten, die er noch nicht einmal selbst verteidigen muss, weil das ein Staatsapparat mit seiner Polizei und dem Milit�r das f�r ihn besorgt. Es gab schon �fters Utopien, die uns das Paradies auf Erden versprachen, wenn wir, �.. uns entsprechend verhielten. Aus bisheriger ethnologischer Forschung ist uns bekannt, eine Gesellschaft mit neuen Verhaltensweisen kann alte Gesellschaftsformen nur verdr�ngen und danach fortbestehen wenn sie den bisherigen gegen�ber �konomisch sowie kulturell �berlegen ist. Aber materielle Selbstentfaltung einiger ist ohne �konomische St�rke ausgeschlossen. Wie wir heute wissen, ist es nicht erforderlich, dass sich alle materiell entfalten k�nnen. Der Masse ist es vorbehalten, daf�r zu sorgen, dass die wenigen der Oberschicht es k�nnen. Aber eine Gesellschaft ohne staatliche Zwangsorganisation wird kaum �konomische St�rke entwickeln. Das ist das Prinzip der Arbeitsteilung seit der Mensch in gr��eren organisierten Verb�nden lebt. An der Tatsache, dass die gro�e Masse Werte schafft und eine herrschende Schicht diese Werte konsumiert oder einfach nur besitzt, hat sich seit Beginn der Menschheitsgeschichte nichts ge�ndert. Es m�sste also ein bedeutender qualitativer Umbruch in der Gesellschaft stattfinden. Was m�sste nun deiner Ansicht nach der Ausl�ser solch einer Entwicklung sein, und worin liegt die �berlegenheit einer solchen Organisation gegen�ber der uns heute Bekannten? hedgi -------------------------------------------------------------------------------- Erst der geschlossene Gesellschaftsvertrag brachte die heute uns bekannten Nachteile, wie Entstehung des Eigentums, einer Obrigkeit und der damit verbundenen Willk�r, m�ndeten in die Staatenbildung. Ehm - mal �berlegen: welche Vertr�ge hat Herr Hund abgeschlossen? Irgendeinen muss er ja wohl abgeschlossen haben, denn da er sein Eigentum sorgf�ltig h�tet, muss das ja irgendwie
gesellschaftlich vertraglich entstanden sein. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- *seufz* -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- ich habe dir gesagt, doc rudi, was eine Gesellschaft konstituiert: gemeinsame Sprache, gemeinsame Lebensart, gemeinsame Mentalit�t, kurz, gemeinsame historisch gewachsene Kultur. Was daraus folgt, ist der gemeinsame Wille, so zu leben und diese Kultur zu erhalten. Gemeinsame Werte geh�ren �brigens auch dazu: siehe Konflikte zwischen insbesondere USA und islamischer Welt. Wichtig ist die Kontrolle �ber Energiereserven. Um diese zu sichern werden die Staaten zu Marionetten der Konzerne. Das Individuum, das du studierst, ist das westliche Individuum. Das ist weltweit in der Minderzahl. Vielleicht spricht sich das in paar Jahrzehnten auch mal herum. Was seufzest du, Urs? :-) Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Was das Biologische anbetrifft, ist die Rassenideologie widernat�rlich, weil die Evolution Fortschritt durch Mischung erzielt und Reinrassiges zu Verbl�dung f�hrt. Nicht weil die Rassendoktrin etwa �widernat�rlich� sei, lehne ich sie ab, sondern weil sie unmenschlich ist. Meine Kritik am Biologismus richtet sich eben grunds�tzlich dagegen, menschliche Lebensformen allein in biologischen (oder kybernetischen) Kategorien zu beschreiben, so dass menschliches Handeln und seine Ziele auf biologische Ursachen reduziert werden. Denn diese Reduktion hat zur Folge, dass individuelle Eigenschaften, individuelles Handeln und individuelle Interessen vernachl�ssigt, summarisch als determinierte Auswirkungen allgemeiner Gesetzm��igkeiten abgehandelt werden. Der Reduktionismus h�lt die Individualisierung f�r unwesentlich. Was allein z�hlt, ist das in generellen Termini (z.B. �Art�) oder generellen Gesetzesaussagen Erfassbare. Nun unterscheidet sich eben die Gattung Mensch auch dadurch signifikant von anderen Arten, dass ihre �Exemplare� (aber auch ihre �Populationen� und �Kulturen�) sehr vielf�ltige individuelle Lebensformen zeigen. Diese Individualisierung ist so signifikant, dass sie zu den spezifischen Eigenschaften der Gattung gez�hlt werden muss. Die Ideologie der Nazis war deshalb �unmenschlich�, weil sie ein Handeln legitimierte, das die individuellen Unterschiede einzuebnen, �gleichzuschalten� trachtete. So wurden �die Juden� allein aufgrund ihrer gemeinsamen Abstammung f�r vernichtenswert gehalten und dann auch faktisch zu vernichten gesucht. Die Rassenpolitik war sozusagen die r�cksichtslose Anwendung des generellen Terminus �Rasse� auf das Handeln. Dabei war diese Ausrichtung des politischen Handelns an generellen Termini nicht auf den Rassenbegriff beschr�nkt. �hnlich verfuhr man mit anders definierten generellen Termini wie �Kommunist�, �Russe�, �Homosexueller�, �Behinderter�. Und dies alles sollte angeblich dem �allgemeinen Wohl� des deutschen Volkes dienen. (�brigens stehen sich auch innerhalb der Biologie �reduktionistische� und �nicht-reduktionistische� Ans�tze gegen�ber. Nicht alle Biologen sind etwa damit einverstanden, den Artbegriff rein genetisch zu interpretieren oder � wie R.Dawkins � die ph�notypischen Individuen als blo�e �Gentr�ger� zu verstehen. Siehe dazu meinen Beitrag Nr. 54 in �Ich Person, Subjekt, Selbst� III.) Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Was seufzest du, Urs? Ich seufzte tief in der Nacht angesichts der schweifenden Diskussion. Aber ich seufzte auch ob des Satzes: "Das ist mir alles zu theoretisch hier." Ich wei� nicht recht, wie untheoretisches Theoretisieren (Philosophieren) gehen soll. Nichts gegen Beispiele und Beobachtungen "aus dem prallen Leben", aber wir befinden uns in einem philosophischen Forum. Es sollte m�glichst immer klar werden, wof�r es Beispiele sind, welche theoretische Position mit ihnen bezogen oder belegt wird. Das w�re ein Dienst am Leser, vielleicht sogar am "allgemeinen Wohl" der Mitdiskutanten... :-) Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Offenbar siehst Du in der Bundesrepublik den Fall gegeben, dass bestimmte Gruppeninteressen als das Gesamtinteresse ausgegeben werden. Einer Gruppe ist das Kunstst�ck gelungen, die anderen Gruppen davon zu �berzeugen, dass ihre partikularen Interessen mit dem Gesamtinteresse zusammenfallen. Offenbar meinst Du die breite Gemeinsamkeit � ausgedr�ckt durch eine wahrscheinlich kommende gro�e Koalition � in Bezug auf die Notwendigkeit neoliberal orientierter sozialer Ver�nderungen, also mehr Markt und weniger Staat. Mehr Markt hei�t: mehr Konkurrenz, mehr Leistungsanreize, Privatisierung �ffentlicher Unternehmen, F�rderung des Unternehmertums, Abbau der progressiven Besteuerung der Einkommen. Weniger Staat hei�t: weniger staatliche Umverteilung durch Besteuerung, Subventionierung oder staatliche Unterst�tzungszahlungen, weniger staatliche Leistungen und entsprechende Verringerung der Steuern, der Staatsausgaben und des �ffentlichen Personals, verringerte Leistungen der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung und entsprechende Beitragssenkungen, weniger rechtliche Einschr�nkungen der privaten Wirtschaftst�tigkeit durch Genehmigungsverfahren, K�ndigungsschutzbestimmungen, betriebliche Mitbestimmung etc. Diese Ma�nahmen entsprechen weitgehend den Interessen der Unternehmer und Kapitaleigent�mer, werden jedoch gleichzeitig als im Gesamtinteresse liegend ausgegeben. Die Kritiker dieser Politik sprechen dagegen von einer Politik des Sozialabbaus und der K�rzung der Realeinkommen gegen die Interessen der breiten Masse der Arbeitnehmer, der Arbeitslosen und der Sozialhilfeempf�nger. Wenn man entscheiden will, wer in diesem Fall Recht hat, st��t man auf bemerkenswerte Eigenschaften des Interessenbegriffs. Wenn man vom traditionellen Begriff der kapitalistischen Klassengesellschaft ausgeht, dann scheinen die Klasseninteressen der Kapitaleigent�mer/Unternehmer den Klasseninteressen der abh�ngig besch�ftigten Arbeitnehmer v�llig entgegengesetzt zu sein. Was an L�hnen f�r die Arbeitnehmer ausgezahlt wird, entgeht dem Unternehmer an Gewinn und umgekehrt. Die Interessenstruktur gleicht einem Nullsummenspiel der Spieltheorie: was die eine Partei gewinnt, verliert die andere Partei und umgekehrt. Und in der Marxschen Theorie der Entwicklung des Kapitalismus ist die Perspektive f�r die Lohnabh�ngigen derart aussichtslos (Krisen, Proletarisierung, wachsende Spaltung in Arme und Reiche etc.), dass ihr vorrangiges Interesse die Abschaffung des Systems der kapitalistischen Lohnarbeit sein wird (? � sein sollte?) Das Problem bei dieser Annahme ist jedoch (ganz abgesehen davon, ob die Marxsche Voraussage richtig ist), dass es kein rationales Interesse der Lohnabh�ngigen an der Abschaffung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung geben kann, wenn es keine bessere Alternative zu dieser Ordnung gibt. Nach den deprimierenden Erfahrungen mit der sowjetischen Planwirtschaft ist eine solche Alternative nicht in Sicht. Wenn aber die Alternative einer Systemver�nderung ausscheidet und die Spielregeln einer kapitalistischen Marktwirtschaft gelten, dann kommt die Verflechtung der Interessen der Arbeitnehmer eines Unternehmens mit den Interessen der Eigent�mer dieses Unternehmens zum Vorschein: das Interesse der Arbeitnehmer an Lohnzahlungen kann nur befriedigt werden, wenn zuvor der Kapitaleigent�mer Gewinn gemacht hat. Macht er Verluste, dann geht das Untenehmen pleite und die Besch�ftigten verlieren ihrerseits Arbeitsplatz und Lohneinkommen. Insofern hat unter kapitalistischen Bedingungen auch der Besch�ftigte ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmers. Je gr��er dessen Gewinne sind, desto h�here L�hne kann er zahlen. (Ob er es tut, steht allerdings auf einem anderen Blatt.) Wenn man diese Interessenstruktur auf die Gesamtwirtschaft �bertr�gt, so kann es � im Rahmen des gegebenen Kapitalismus � tats�chlich so sein, dass die Gruppeninteressen der Unternehmer mit den Gruppeninteressen der Besch�ftigten zusammenfallen und das �Gesamtinteresse� repr�sentieren. Ich will hier erstmal abschlie�en, obwohl dazu noch einiges zu sagen w�re. (Aber das werdet Ihr schon machen �) Es gr��t Dich und alle Interessierten Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Quote:Ich will hier erstmal abschlie�en, obwohl dazu noch einiges zu sagen w�re. (Aber das werdet Ihr schon machen �) Genau! Die Verflechtung der Interessen von Unternehmern und Lohnabh�ngigen besteht nat�rlich auch umgekehrt. Sicherlich ist es nicht zu bestreiten, dass nur der Gewinn zu verteilen ist, der zuvor erwirtschaftet wurde. In dieser Hinsicht liegt es im Interesse der Lohnabh�ngigen, dass ihr �Arbeitgeber� (der eigentlich ihre Arbeit nimmt und daf�r Lohn gibt, also Lohngeber und Arbeitnehmer hei�en sollte... :-) ) gut verdient. Aber ein Unternehmen verdient nur, wenn es etwas verkauft (Waren, Dienstleistungen), d.h. wenn es also hinreichend solvente K�ufer f�r die hergestellten Produkte gibt. Und diese K�ufer sind eben ganz �berwiegend Lohnempf�nger. Insofern liegt es auch im Interesse der Unternehmer, gute L�hne zu zahlen, in sichere und angenehme Arbeitsbedingungen f�r die Besch�ftigten zu investieren usw. Auch diese Investition ist eine Ma�nahme im Sinne von �Mehr Markt!� Nur wird eben von den Neoliberalen dieser Aspekt der Gegenseitigkeit vernachl�ssigt. Wenn sie von der Strukturkrise der deutschen Wirtschaft reden, sehen sie die
Besch�ftigten, ihre L�hne und ihre Rechte nur als belastenden Kostenfaktor f�r die Unternehmen. Die Tatsache, dass Lohnempf�nger nicht nur Kosten verursachen, sondern, als K�ufer, auch zum Gewinn der Unternehmen beitragen, wird notorisch vernachl�ssigt. Die Gruppe der Besch�ftigten und die Gruppe der Kunden werden als v�llig getrennt voneinander gesehen. F�r die Frage nach dem Gemeinwohl spielt es offenbar eine Rolle, wovon man beim Verallgemeinern ausgeht: Ob man einen Aspekt (z.B. den betriebswirtschaftlichen) als Ausgangspunkt nimmt oder ob man zun�chst das ganze (�volkswirtschaftliche�) System wechselseitiger Abh�ngigkeiten in den Blick nimmt, um von da aus die individuellen Anteile an Leistung und Verpflichtung zu bestimmen. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Die Gattung Mensch zeigt Deiner Meinung nach sehr vielf�ltige individuelle Lebensformen, Du meinst wohl die Gattung der Primaten oder die Art Mensch, die viele Unterarten, Lebensformen usw. zeigt. Da hast Du recht. Abrazo meint: "ich habe ...gesagt, ..., was eine Gesellschaft konstituiert: gemeinsame Sprache, gemeinsame Lebensart, gemeinsame Mentalit�t, kurz, gemeinsame historisch gewachsene Kultur. Was daraus folgt, ist der gemeinsame Wille, so zu leben und diese Kultur zu erhalten." Wobei der K�lner katholisch sei. So. Dann fangen wir doch mal bei der Sprache an: konkret sprechen mitnichten alle K�lner K�lsch. Es gibt K�lner, die sprechen nur T�rkisch und verstehen nicht mal Deutsch. Auch die Lebensart der K�lner ist unterschiedlich. Manche essen vegetarisch, andere kein Schweinefleisch, mache verschleiern sich in der �ffentlichkeit, die meisten verkleiden sich allerdings zu einer bestimmten Zeit sehr seltsam. Es gibt auch in K�ln Menschen aus
unterschiedlichen Kulturkreisen und mitnichten sind alle K�lner katholisch. Es gibt viele Juden in K�ln, auch viele Moslems. Der von Dir intendierte "K�lner" ist ein allgemeiner Begriff, eine Abstraktion, in Wirklichkeit passen vielleicht mit einigen Abstrichen 30% der K�lner unter diesen Begriff, genau genommen ist jeder K�lner anders, n�mlich ein Individuum. Auf Geschlechts- und Altersunterschiede will ich mal gar nicht eingehen.
-------------------------------------------------------------------------------- "Wenn man diese Interessenstruktur auf die Gesamtwirtschaft �bertr�gt, so kann es � im Rahmen des gegebenen Kapitalismus � tats�chlich so sein, dass die Gruppeninteressen der Unternehmer mit den Gruppeninteressen der Besch�ftigten zusammenfallen und das �Gesamtinteresse� repr�sentieren." Eberhard Mit Interesse nahm ich Deinen letzten Text wahr. An obigem Zitat m�chte ich ankn�pfen, um das von Dir angedeutete Zusammenfallen etwas n�her zu beleuchten. Arbeitgeber und Gewerkschaften praktizierten doch seit vielen Jahrzehnten dieses Zusammenfallen. Sowohl die Arbeitgeber wie auch die im Namen der Lohnabh�ngigen auftretenden Gewerkschaftsf�hrer gingen davon aus, dass es nicht nur f�r den sozialen Frieden, unternehmerischer Rechtssicherheit, sondern auch f�r die Regelung der nationalen Massenkaufkraft des Wirtschaftsstandort Deutschland wichtig ist, die Lohnfrage in beiderseitigen Einvernehmen zu verhandeln. Der kapitalistische Unternehmer ist dieser, da sein Interesse um die Profitmaximierung sich dreht. Der Lohnarbeiter ist dieser, da sein Interesse nicht aus dem Besitz und �ber die massive Verf�gbarkeit von Privateigentum (Produktionsst�tten ...) resultiert. Sein Interesse resultiert aus der Abh�ngigkeit vom privatwirtschaftlichen Interesse, dass mit der �ber Alles gestellten Verf�gungsgewalt �ber Privateigentum sich nicht erst seit gestern globalisierend manifestiert. Die mit dem tradionell marxistischen Klassenkampfbegriff gegebene (Einzelinteresse verabsolutierte) Annahme, dass die Interessen dieser beiden Gruppen sich ausschliessen, wurde und wird in Deutschland (noch) mit dem Zusammengehen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber relativiert. Angenommen, dem industriestaatlichen Lohnarbeiter ist seine �ber den Konsum erschlossene Teilnahme an der kapitalistischen Warenproduktion wichtiger als die H�he seiner Kaufkraft. Dann ist auch anzunehmen, dass sein Interesse am kapitalistischen Warenmarkt auch dann befriedigt ist, wenn der Binnenmarkt eine Angebotsstruktur aufweisst, welche von Waren best�ckt wird, deren Herstellung nicht mehr von seiner, sondern etwa von nah-ost-europ�ischer und/oder asiatischer Arbeitskraft geleistet wird. Der in Deutschland Besch�ftigte wird finden, dass, auch wenn seine Entlohnung v�llig jenseits von Fl�chentarifvertr�gen, von Gewerkschaftsf�hrern geregelt sein wird, seine Kaufkraft soviel hergibt, verteilt etwa �ber 1 Jahr 5 Produkte f�r je 1 Euro zu kaufen. Bedauerlich wird er vielleicht finden, dass auch er vor einigen Jahren Waren produzierte f�r die er beispielsweise 5 Euro bezahlte, die dann jedoch 5 Jahre seinen Dienst leisteten. Dass Interesse des nicht an nationalen Wirtschaftsstandort gebundenen Industrieunternehmertum, um nur diese Marktunternehmung zu ber�cksichtigen, ist nicht Qualit�t zu produzieren, Arbeitspl�tze zu schaffen, Gesamtwohl zu realisieren, sondern Produkte herstellen zu lassen, deren Wert in der Profitmaximierung liegt. Die Praktizierung der Steigerung seines Interesses, etwa bez�glich der Lohnarbeit, wird f�r den Unternehmer umso erfolgreicher sein, je weniger dieser an nationale Eigenheiten der wirtschaftlichen Standorte gebunden ist, je mehr in seinem Verm�gen steht, diese Standorte seinem Interesse entsprechend, etwa von nationaler Regierungspolitik formen zu lassen. Dass Gesamtinteresse der Besch�ftigen und der Industrieunternehmer ergibt sich daraus - bez�glich Deutschland - dass f�r die Massen Waren produziert werden, die f�r diese auch dann noch legal erreichbar sind, wenn die Binnenkaufkraft sinkt, und daraus, dass auf Seite der Unternehmer diese produzieren lassen, wo die Entlohnung auf jeden Fall noch weit, etwa unter Hartz-4, liegt. Ich sehe hier also, dass die konsumierende Teilnahme der Massenkaufkraft am Massenwarenmarkt das ist, was die beiden Gruppen - bez�glich des EU-Wirtschaftsraumes (noch) - verbindet. Dass rechnet sich f�r die nicht an nationale Wirtschaftsstandorte gebundende, d.h. f�r die sogenannte globale Industrie- und Finanzmarktunternehmung. Rechnet sich nicht f�r die deutsche Staatsunternehmung, deren Haushalt von den Interessen dieser Unternehmungen, etwa mit der Senkung der Lohnnebenkosten UND der auf dem verbilligten Warenmarkt sich wiederfindenen Lohnarbeiterschaft bestimmt wird. Umso schlechter f�r den deutschen "verschlankten Staat" UND die Lohnabh�ngigen, wenn die "Reformpolitik" in der Praxis nach hinten losgehen wird: dass in Deutschland, etwa mit grossfl�chiger Billigentlohnung noch mehr aus dem Arbeitsprozesss herausgestellte Arbeitskraft vom deutschen Staat verwaltet werden muss, w�hrend die neoliberale Interessengruppe in ihrer globalen Weltumseglung den deutschen Wirtschaftsstandort weiterhin im Visier beh�lt. Zunehmend aus der Perspektive, dass dieses Land Finanztechnisch immer weniger hergeben wird. "Offenbar meinst Du die breite Gemeinsamkeit � ausgedr�ckt durch eine wahrscheinlich kommende gro�e Koalition � in Bezug auf die Notwendigkeit neoliberal orientierter sozialer Ver�nderungen, also mehr Markt und weniger Staat." Ist die Gemeinsamkeit kapitalistischer Gesellschaft, ist das Gesamtinteresse hier nicht stets mit der privaten Marktwirtschaftsordnung gegeben, deren Warenproduktion der Faktor ist, um dem vergesellschaftete Einzelinteressen kreisen, mit deren Entfaltung b�rgerlicher Staat (ob nun nationalstaatlich oder verschlanktstaatlich), Moral, Ideen ... sich manifestieren? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Der Gesellschaftsvertrag war Rousseaus Interpretation. Aber vom Gesellschaftsvertrag zu reden ist nicht von der Hand zu weisen. Der Vertrag der Herrn Hund seine materiellen G�ter sichert, stammt aus einer Zeit, als es �blich war, Vertr�ge mit der zu beherrschenden Masse mit Blut und Feuer auf ewig ins Ged�chtnis einzubrennen. hedgi Hi Rudi, Quote:Du meinst: "An der Tatsache, dass die gro�e Masse Werte schafft und eine herrschende Schicht diese Werte konsumiert oder einfach nur besitzt, hat sich seit Beginn der Menschheitsgeschichte nichts ge�ndert." Ja genau, bis auf die Methoden. Das was f�r uns heute das Flugzeug und der Computer ist, war dem Fr�hzeitmenschen das domestizierte Tier und das Getreide. Alle diese Artikel, egal nun ob Computer oder Getreide, dienen dazu, den Mehrwert des Besitzers zu mehren. Somit ist derjenige mit den Ideen der Begr�nder unserer modernen Gesellschaft. Dabei ist zu bemerken, dass der Ingenieur, der mit seinen Ideen es �berhaupt erm�glicht hat, dass wir so wie heute im relativ im Luxus leben k�nnen, nur unwesentlich mehr verdient, als ein Arbeiter. Er steht damit auf der gleichen Stufe wie jeder Arbeiter, dessen Aufgabe es ist, den Reichtum der Gro�aktion�re zu mehren. Dass er �berhaupt am konsumieren beteiligt wird, verdankt er dem Umstand, dass er konsumieren muss, um seine Arbeitskraft zu erhalten, die er an den Arbeitsplatzbesitzer verkauft hat. Nun ist der Konsum Bestandteil des globalen Produktionsprozesses, der auch Mehrwert schafft. Da aber der Mehrwert der Motor der Wirtschaft ist, m�ssen wir ihm unsere ungeteilte Aufmerksamkeit widmen und aufpassen, dass der Kreislauf nicht zum Stillstand kommt. Wir haben heute mit zwei sch�dlichen Entwicklungen zu tun. Das ist zum einem die Automatisierung, die nur dann dem Menschen sch�dlich wird, wenn der nicht mehr ben�tigte Teil der Arbeitenden in die Armut entlassen wird und als Druckmasse gegen die noch im Arbeitsprozess befindlichen benutzt wird. Da dieser Prozess nur langsam voranschreitet, k�nnte eine starke Gewerkschaft f�r eine gerechte Anpassung in der Verteilung des erarbeiteten Verm�gens sorgen. Das wirklich gro�e Problem ist die Globalisierung. Dieser Prozess der Verlagerung von Arbeit in Billiglohnl�ndern, hat eine rasante Geschwindigkeit angenommen, dass bis heute unsere Gesellschaft diesem Ph�nomen ratlos und hilflos gegen�ber steht. Hier sollte sich jeder dar�ber im Klaren sein, diese damit verbundene Verarmung der Gesellschaft trifft nicht nur den gering Qualifizierten sonder nur etwas verz�gert, auch den h�her Qualifizierten mit einer universit�ren Ausbildung. Nun zur Frage wer kontrolliert wen? Der Staat die inzwischen international agierenden Konzerne, oder umgekehrt. Da das Geld bei uns eine Steuerungsfunktion innehat, ist es nicht schwer zu erraten, wer wen steuert, n�mlich der, der davon im �berfluss besitzt. Das kann man an den Arbeitsvertr�gen mit Abgeordneten sehen, deren Gegenleistung nicht schriftlich im Arbeitsvertrag fixiert wurde. Wir k�nnen aber davon ausgehen, der Abgeordnete wei� was von ihm erwartet wird, n�mlich Loyalit�t zum Geldgeber bei der Gesetzesverabschiedung. Nun zum qualitativen Umbruch in der Rolle des Individuums. Das passiert nicht von allein. Irgendetwas muss den Ansto� dazu geben. Da Einigen erhebliche Nachteile durch diese qualitative �nderung entstehen, d�rfte der Widerstand dagegen entsprechend gro� sein. Daraus ergeben sich bereits Notwendigkeiten. Zum einem kann dieser Umbruch nur bei einem Zusammenbruch des herrschenden Systems stattfinden, und eine Gruppe von Leuten muss eine Vorstellung davon haben, wie eine zuk�nftige Gesellschaft sich konstituieren kann. hedgi -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Deine Verleugnung der biologischen Handlungswurzeln mittels des Schimpfworts "Biologismus" bringt Dich leider gar nicht weiter. Ich wusste noch gar nicht, dass Du so unsachlich bist. Selbstverst�ndlich leugne ich weder Sinn noch Berechtigung einer Biologie des Menschen. Aber ich bestreite, dass Handlungen zum Gegenstandsbereich der Biologie geh�ren. Die Rede von �biologischen Handlungswurzeln� halte ich darum f�r eine Konfusion. Mit dem Begriff �Biologismus� beziehe ich mich auf
Versuche, den Gegenstandsbereich der Biologie auch auf Bereiche auszudehnen, die entweder nach dem Selbstverst�ndnis der Biologen nicht ihr Thema sind oder aus sachlichen und methodischen Gr�nden nicht zu ihrem Thema gemacht werden sollten. �Biologismus� ist also ein durchaus sachlich pr�ziser Begriff, wenn auch ein kritischer. Und mich bringt es sehr wohl weiter, wenn ich eine �Theorie� kritisiere, die im wissenschaftlichen Gewande daherkommt, aber eher dazu angetan ist, verschwommenes Denken zu popularisieren. Quote:Ich wei� zwar, was Du meinst, aber: eine Theorie ist immer vom Menschen geschaffen, sie kann nichts daf�r. Du lehnst sie sicher, ab, weil mit ihr unmenschliches Verhalten begr�ndet wird. Handeln tun aber immer die Menschen, nicht die Theorien. Nun, Theorien wachsen nicht auf den B�umen, sondern gehen auf menschliches Handeln (Beobachten, Unterscheiden, Abstrahieren, Schlie�en usw.) zur�ck. Daher gibt es auch richtige und falsche, wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Theorien � je nachdem. Daneben gibt es aber auch Ideologien, also Theorie-Versatzst�cke, deren Zweck in der Legitimation verwerflichen politischen Handelns besteht. Der �Biologismus� kann, wie das Beispiel des NS zeigt, sehr erfolgreich als Ideologie eingesetzt werden � etwa, indem er die pseudowissenschaftliche Berechtigung daf�r liefert, Massenmorde zu begehen. Gute Theorien zeichnen sich weder durch eilfertige Entdifferenzierungen aus noch treten sie mit dem Anspruch auf, die Antwort auf alle wichtigen Fragen zu geben. Anders Ideologien. Es
gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- also gucken wir mal, was hier statt findet. Dem Individuum gegen�ber steht der Staat (wer ist das?). Wenn wir den nun beauftragen, das Gemeinwohl zu entdecken - kann er das nicht, wenn es das Gemeinwohl von Individuen ist. Mehr als die nat�rlichen Grundbed�rfnisse gibt es da n�mlich nicht zu entdecken. Der Staat besteht aber nicht aus Individuen. Er besteht aus vergesellschafteten Menschen. Dass die durchaus in der Lage sind, gemeinsam und gemeinsinnig als Gesellschaft zu handeln, zeigt sich im Konfliktfall. Hier zeigt sich, dass Gesellschaften nicht nur gemeinsam handeln, sondern auch gemeinsam eine Meinung bilden - und gemeinsam wollen. Und diesen Willen Machthabern auch schon mal ganz sch�n um die Ohren hauen k�nnen - siehe Mauerfall. Gerade dieses Beispiel zeigt doch, dass es Unsinn ist, vom Individuum als politischer Kraft zu sprechen. Individuen k�nnen noch nicht mal eine Demo organisieren. Die treibende Kraft sind immer Gruppen, in gr��erem Ausma� Gesellschaften. Der Plural von Individuum ist �brigens Massen. Denn Massen sind die Summe gesichts- und willenloser Individuen, �ber deren gemeinsames Wohl andere bestimmen m�ssen. Zu welcher Gruppe, zu welcher Gesellschaft geh�rt nun ein Individuum? Da sammelt sich eine ganze Menge zusammen. Es hat Familie oder auch nicht, geh�rt zu einer Region, zu einer Berufsgruppe, zu einer Schicht, von mir aus auch Klasse, hat ein bestimmtes Bildungsniveau, ist Mitglied von Vereinen, Parteien, hat vielleicht nen Kleingarten, Freunde ... jeder Mensch steht im Schnittpunkt all der unterschiedlichen Gruppen, zu denen er geh�rt. M�glicherweise ist es genau das, was seine Individualit�t ausmacht. Wir k�nnen sagen, jede Gruppe, jede Gesellschaft hat eine gemeinsame Ansicht dazu, was ihr Wohl ist (dass die meisten aber vordringlich �u�ern, was anderer Leute Wohl sein soll, steht auf einem anderen Blatt und sollte einen nicht irre machen). Aber keine Gruppe hat eine einzige einheitliche Ansicht, weil jedes Mitglied ja ebenso �ber andere Gruppen definiert ist. Dennoch haben die in einer Gruppe vertretenen Ansichten, der gemeinsame Willen, die gemeinsame Handlung, eine 'Familien�hnlichkeit' miteinander - ein Wort, das ich w�hle, weil die �hnlichkeiten und Unterschiede von Ansichten in einer Gruppe tats�chlich auch so zu differieren scheinen wie die Bedeutungen eines Wortes. Was bedeutet dann Gemeinwohl? Wenn jeder B�rger im Focus der unterschiedlichen Gruppen steht, durch die er definiert ist? Ist nicht sein Wille immer ein gemeinsamer Willen? Und liegt nicht ein gro�er Fehler darin, B�rger aufgrund der Zugeh�rigkeit zu einer einzigen Gruppe auseinander zu dividieren?
-------------------------------------------------------------------------------- Ich bin mit vielem einverstanden, was Du in Deinem letzten Beitrag geschrieben hast. Hier nur eine vereinzelte Anmerkung. Quote:Wie soll man das Gemeinwohl f�r Individuen bestimmen? Nun, ich denke, das ist in der Tat nicht anders m�glich als �ber die Grundbed�rfnisse, die das menschliche Individuum von Natur aus hat. Dass menschliche Individuen immer schon vergesellschaftet sind, wie Du sp�ter sagst, macht es schwierig, allgemeine Grundbed�rfnisse auszubuchstabieren. Soll man sich nur auf das beschr�nken, was der Organismus �objektiv� braucht � Nahrung, Schutz vor Witterung � oder kommen auch �gef�hlte Bed�rfnisse� hinzu? Z.B. wissen wir, dass es in jeder menschlichen
Gesellschaft ��sthetische� Bet�tigungen gibt (Musik, Tanz, �Design�...); kann man daraus schlie�en, dass �sthetik zu den Grundbed�rfnissen geh�rt? Darum scheint mir, dass man besser darauf verzichtet, aus einer Beobachterperspektive und im Allgemeinen allzu viel �ber die Grundbed�rfnisse �des� Individuums zu sagen. Man begn�gt sich am besten mit der Feststellung, dass Menschen ihre Grundbed�rfnisse nur vergesellschaftet befriedigen k�nnen, so dass auch Gesellschaft zu diesen Grundbed�rfnissen z�hlt. Wie die Bed�rfnisse der Individuen dann im einzelnen beschaffen sind, h�ngt mit der Art und Weise zusammen, wie sie jeweils vergesellschaftet sind. Menschen sind eben � anders als Tiere � auf vielf�ltige Weisen vergesellschaftet. Es gen�gt, an die verschiedenen Formen zu denken, in denen Menschen �Verwandtschaft� definiert und gestaltet haben. Darum wird eine inhaltliche Bestimmung von �allgemeinen� Grundbed�rfnissen immer einer gro�en Zahl von Individuen nicht gerecht werden. Wenn es um das Wohl der Individuen geht � und das w�re ja die Befriedigung ihrer Bed�rfnisse � dann l�sst sich das genau aus diesem Grund nicht aus einer �objektiven� Beobachterperspektive und nicht ein f�r alle Mal formulieren. Wann ein Individuum �faktisch� befriedigt ist, kann es nur selbst entscheiden. Dieses W�rtchen, das das Individuum bei der Bestimmung seiner Grundbed�rfnisse mitzureden hat, kann nicht �bergangen werden, wenn man der spezifisch menschlichen Lebensweise gerecht werden will. Sp�ter mehr. -------------------------------------------------------------------------------- ich sehe auch die Gefahr der Un�bersichtlichkeit unserer Diskussion. Die Diskussion �ber Gemeinwohl und Wohlergehen der Gruppen und Individuen in der heutigen Bundesrepublik erscheint mir jedoch aktuell zu wichtig, um sie abzuw�rgen. Wir sollten bei unseren Ausfl�gen in die �konomie und die Soziologie allerdings immer die philosophische Frage im Hinterkopf behalten (Wie l�sst sich ein Gemeinwohl bestimmen, das f�r das Handeln der Einzelnen und Gruppen � auch gegen deren spezifische Interessen - verpflichtend ist?) Zu der Interessenkonstellation von Kapitaleigent�mern/Unternehmern auf der einen Seite und den abh�ngig Besch�ftigten auf der anderen Seite (bezogen auf die aktuellen deutschen Verh�ltnisse) noch eine Erg�nzung. Der politische Streit geht inzwischen wohl weniger darum, ob es �berhaupt schmerzhafte Einschnitte bei den empfangenen Leistungen geben soll, sondern der Streit geht eher darum, wie diese K�rzungen �sozial ausgewogen� gestaltet werden k�nnen, so dass die Sanierung der sozialen Sicherungssysteme nicht nur den durchschnittlich oder gering Verdienenden aufgeb�rdet wird. Es gibt allerdings bestimmte Umst�nde, die eine Ausgewogenheit der Lastenverteilung verhindern. Die Bezieher von Kapitaleinkommen (Zinsen, Dividenden, Wertpapiergesch�fte etc.) haben gegen�ber den Beziehern von Arbeitseinkommen in der gegenw�rtig rapide fortschreitenden Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen den gro�en Vorteil, dass das Geld m�helos die Grenzen �berschreitet und z.B. in Investitionen in Malaysia oder der Tschechischen Republik angelegt werden kann und dort eine Rendite erbringt. Insofern sind die Bezieher von Kapitaleinkommen gar nicht in dem Ma�e von der wirtschaftlichen Entwicklung auf deutschem Boden abh�ngig wie die Bezieher von Arbeitseinkommen, die ja nicht ihr Geld, sondern die pers�nliche Arbeitskraft einsetzen. Als sozial eingebundene Personen sind diese von Arbeitspl�tzen in der Umgebung ihres Wohnortes abh�ngig. Insofern sitzen beide Gruppen nicht mehr unbedingt in einem Boot: Das Wohlergehen der deutschen Kapitaleigent�mer mit internationalem Portefeuille ist nicht mehr an das Wohlergehen des deutschen Arbeiters oder Angestellten gekn�pft. Hallo Urs, dass es im Interesse der Unternehmer/Kapitaleigent�mer liegt, h�here L�hne zu zahlen, um eine gr��ere Nachfrage nach den eigenen Produkten zu erzielen, stimmt wahrscheinlich f�r Unternehmer in Deutschland nicht. H�here L�hne bedeuten h�here Kosten und das Problem ist heute schon, dass wir Autos, Musikanlagen, Computer etc. etc. etc. Made in Fernost kaufen, weil diese preisg�nstiger sind. Eine solche Lohnpolitik w�rde wohl nach hinten losgehen angesichts des internationalen Lohngef�lles, das bereits jetzt schon zu Produktionsverlagerungen ins Ausland f�hrt. Zum Begriff �Arbeitnehmer�: Dieser Begriff ist so korrekt wie der Begriff �Arbeitsloser�, bei man ja auch nicht vom �Arbeitsanbieter� spricht. Mit dem Wort �Arbeit� bezeichnet man ja nicht nur das Arbeiten als T�tigkeit sondern auch die durch diese T�tigkeit zu bew�ltigende Aufgabe, und letzteres ist beim Arbeit Suchenden und Nehmendem gemeint. Hallo Hedgi, ich kann mir nicht verkneifen, zu Deinen Ausf�hrungen einige kritische Anmerkungen zu machen, obwohl dies zugegebenerma�en nicht unser Thema betrifft. Mit Deinen Problembestimmungen (Globalisierung, Vormarsch der Mikroelektronik) stimme ich �berein. Ich habe allerdings Probleme mit Formulierungen wie: �Alle diese Artikel, egal nun ob Computer oder Getreide, dienen dazu, den Mehrwert des Besitzers zu mehren.� Derartige Zweck- oder Funktionsbestimmungen (�dienen zu�, �haben den Zweck, die Aufgabe, die Funktion, den Sinn etc.) sind methodisch problematisch, weil man mit ein und derselben Sache oder Handlung die verschiedenste Zwecke bzw. Funktionen verbinden kann. Dass der B�cker Brot backt, nicht um andere Menschen satt zu machen, sondern um sie mit Gewinn zu verkaufen, ist eine empirisch nachpr�fbare Aussage �ber die Motivation und die Absichten des B�ckers. Ein Indikator hierf�r w�re, ob er die Brote verteilt oder verkauft. Dies schlie�t jedoch nicht aus, dass die Brote dieses auch B�ckers dazu dienen, Menschen satt zu machen. Das gleiche gilt f�r die Aussage �ber den Arbeiter, �dessen Aufgabe es ist, den Reichtum der Gro�aktion�re zu mehren.� Empirisch �berpr�fbar ist die Aussage, dass ein Unternehmer niemanden einstellt, um ihm Lohn zu zahlen, sondern um seine Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen. Dies schlie�t jedoch nicht aus, dass es auch die Aufgabe des Arbeiters ist, mit seiner Arbeit Geld zum Unterhalt f�r sich bzw. seine Familie zu verdienen. Die Problematik solcher Funktionsbestimmungen wird deutlich an dem Satz: �Dass er (der Ingenieur im Flugzeugbau) ��berhaupt am Konsumieren beteiligt wird, verdankt er dem Umstand, dass er konsumieren muss, um seine Arbeitskraft zu erhalten, die er an den Arbeitsplatzbesitzer verkauft hat.� Dahinter steht die These, dass der Lohnabh�ngige mit seiner Arbeitskraft der Erzeugung von Mehrwert dient. Diese Funktion kann er nur erf�llen, wenn seine Arbeitskraft erhalten wird. Dies setzt Konsum voraus. Allein diesem Umstand verdankt er seine Beteiligung am Konsum. Wenn man nun zur Relativierung einer derartigen Funktionsbestimmung darauf hinweist, dass dieser Ingenieur einen Mercedes der S-Klasse f�hrt und eine Ferienwohnung in den Dolomiten hat, so f�llt all dies unter die Rubrik: �dient der Reproduktion der Ware Arbeitskraft�. Insofern ist diese These so konstruiert, dass sie nicht empirisch belegt oder widerlegt werden kann, womit sie wissenschaftlich unbrauchbar ist. Genauso wie die allgemeine Aussage, das kapitalistische Unternehmen erf�lle den Zweck, dass sich Menschen durch Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen k�nnen. Hallo Abrazo, wo alle bereits einen gemeinsamen Willen haben, wo es keine Interessenkonflikte gibt, da muss auch nicht nach dem gemeinsamen Interesse gefragt werden. Das ist unbestritten. Die Frage ist allerdings: Trifft das auf alle Bereiche zu? Wenn nein, auf welche Bereiche trifft es nicht zu? Die Gesamtheit muss �brigens auch nicht immer der Staat bzw. die Gesamtheit der Staatsb�rger sein, das Problem von individuellem Interesse und Gesamtinteresse kann sich schon in einer Paarbeziehung, in einer Seilschaft von Bergsteigern oder in einer Karnevalsgesellschaft stellen. Es gr��t alle Diskussionsteilnehmer und Nur-Leser Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Dass die hohen Lohn(neben)kosten f�r Deutschland im Moment ein Problem sind, stimmt wohl. Aber ebenso ist es ein Faktum, dass die Binnenkonjunktur lahmt, und das hat sicher auch mit der Abw�rtsentwwicklung der L�hne zu tun, aber auch mit der Verunsicherung durch Globalisierungseffekte. Es ging mir bei meiner Antwort aber mehr darum, auf die Gegenseitigkeit der Verflechtungen hinzuweisen, die man nicht in den Blick bekommt, wenn man jeweils nur einen perspektivischen Ausschnitt generalisiert. Darum bleibt eine "volkswirtschaftliche" (europ�ische, globale) Perspektive wichtig, um von ihr her verk�rzte Generalisierungen beurteilen zu k�nnen. Dass die Lohnempf�nger auch Konsumenten sind, ist doch als Ausage �ber das System der �konomischen Abh�ngigkeiten insgesamt unbestreitbar. Nur ist die augenblickliche Lage durch das riesige Wohlstandsgef�lle innerhalb der Welt�konomie prek�r. Auf lange Sicht wird sich aber dieses Gef�lle ausgleichen und der Konkurrenzdruck auf die L�hne sich entsch�rfen. Bis dahin gilt es in Europa einigerma�en heil �ber die Runden zu kommen - und gleichzeitig durch globale Regelungen den Ausgleich zu bef�rdern. Es gr��t
Dich -------------------------------------------------------------------------------- Ich m�chte noch einmal auf die beiden unterschiedlichen Modelle von �Gemeinschaft� eingehen, die ich angedeutet habe. Ihr Unterschied liegt in der Weise, wie das Verh�ltnis der Einzelnen zum Ganzen vorgestellt wird. Im Vertragsmodell wird von einer Pluralit�t von Individuen ausgegangen, die jeweils eigene Ziele verfolgen (jeweils eine eigene Vorstellung von ihrem �Wohl� haben). Zugleich wird jedoch vorausgesetzt, dass die individuellen Ziele gleichwertig seien, dass also jedes Individuum �das gleiche Recht� habe, das Seine zu wollen. Fragt man nun unter dieser Voraussetzung danach, wie sich die Interessen der Individuen harmonisieren lassen, sollten sie fallweise in Konflikt miteinander geraten, so erzwingt die vorausgesetzte Gleichwertigkeit aller Einzelinteressen dazu, dass man Einschr�nkungen finden muss, die f�r alle gleich gelten. Das f�hrt zu S�tzen wie: �Jeder darf � mit R�cksicht auf das Wohl aller � nichts f�r sich fordern, was nicht auch jeder andere fordern d�rfte.� Eine der Fragen, die man hier stellen kann, w�re: Wie kommt man zu der Voraussetzung, dass alle individuellen Interessen, so verschieden sie inhaltlich sein m�gen,
als gleichwertig zu gelten haben? Gleichwertigkeit ist ja eine formale Eigenschaft, die bereits gleichbleibende Beziehungen zwischen den verschiedenen Individuen voraussetzt. Mit dieser Voraussetzung ist also die Frage nach der Gemeinschaft und dem allgemeinen Wohl implizit schon beantwortet. Das weitere � die erforderliche allgemeine Einschr�nkung der individuellen Interessen - folgt logisch daraus. Aber wie ist diese implizite �Gemeinschaft� der Individuen vorgestellt? Als Mengenbegriff: Die Menschheit, das ist eine Klasse aus gleichen Exemplaren. Damit ist auch klar, dass die aktuelle Verschiedenheit der Individuen f�r diese �Gemeinschaft� keine Rolle spielt. Sie geht nicht ins Gemeinsame ein. Individualit�t ist das, wovon man absehen muss, wenn man das Gemeinsame bestimmen will. Das andere Gemeinschaftsmodell ist ein �funktionales�, also gewisserma�en �arbeitsteiliges� Modell. Es hat den Vorzug, dass die Eigenheiten der Individuen als integraler Bestandteil der Gemeinschaft verstanden und anerkannt werden k�nnen. So kann der Einzelne gerade dadurch, dass er seine individuellen Interessen verfolgt, dem Bestand des Ganzen dienen. Er tut und will das Seine, aber durch vielf�ltige Beziehungen des Gebens und Nehmens zwischen den Einzelnen wird dieses Eigene nicht nur als gleichwertiger Beitrag zum Ganzen bestimmbar, sondern wirkt sich sogar als Bereicherung von dessen Komplexit�t aus. Aber auch dieses Modell hat seine Probleme. Und ich denke, dass beide Modelle nicht als Konkurrenten gesehen werden sollten, die einander ausschlie�en, sondern als Erg�nzungen und gegenseitige Korrektive. Ich breche hier ab und gr��e es geht um die Bestimmung eines verpflichtenden Gemeinwohls (Gesamtinteresses, allgemeinen Interesses ..) und dessen Verh�ltnis zum Wohl der Individuen, die das Gemeinwesen bilden. Du schreibst: �Im Vertragsmodell wird von einer Pluralit�t von Individuen ausgegangen, die jeweils eigene Ziele verfolgen � Zugleich wird jedoch vorausgesetzt, dass die individuellen Ziele gleichwertig seien, dass also jedes Individuum �das gleiche Recht� habe, das Seine zu wollen. � Mit dieser Voraussetzung ist � die Frage nach der Gemeinschaft und dem allgemeinen Wohl implizit schon beantwortet. Das weitere � die erforderliche allgemeine Einschr�nkung der individuellen Interessen - folgt logisch daraus.� Wenn ich Dich richtig verstehe, so siehst Du hier den logischen Fehler, dass das, was erst zu beweisen w�re (die Gleichwertigkeit der individuellen Interessen), bereits durch die Konstruktion des Problems vorausgesetzt wird. Diese Kritik trifft zumindest auf mein Verst�ndnis von der Bildung eines normativ verpflichtenden Gemeinwohls nicht zu. Um das zu begr�nden, muss ich theoretisch etwas weiter ausholen. (Ich hoffe, dass der Gedankengang trotzdem nachvollziehbar bleibt.) Wenn etwas als im allgemeinen Interesse liegend und deshalb f�r die Einzelnen als verpflichtend behauptet wird, dann wird damit eine normative Behauptung aufgestellt, f�r die allgemeine Geltung beansprucht wird. Soll dieser Geltungsanspruch gegen�ber den Individuen mehr sein als ein blo�es Verlangen von Befolgung und Gehorsam, so muss es f�r die Individuum einsichtige Gr�nde f�r die Zustimmung zu dieser Norm geben. Mit anderen Worten hei�t dies, dass die Norm allgemein nachvollziehbar begr�ndet und somit konsensf�hig sein muss. Aus dieser Zielbestimmung, in Bezug auf die Normen des Handelns f�r die Mitglieder des Gemeinwesens zu einem rein argumentativen zwangfreien Konsens zu kommen, leitet sich die Forderung nach einer unparteiischen Ber�cksichtigung aller individuellen Interessen ab. Eine parteiische Gewichtung von individuellen Interessen w�re f�r diejenigen, deren Interessen weniger Gewicht beigemessen wird, nicht akzeptabel. Ich sehe bei diesem Ansatz zur Begr�ndung von Normen keine unzul�ssige Voraussetzung dessen, was erst zu beweisen w�re. Abschlie�end noch eine Bemerkung zur Terminologie. Ich halte es nicht f�r ganz gl�cklich, die individualistische Konzeption des Gemeinwohls (das kollektive Interesse wird durch Zusammenfassung der individuellen Interessen gewonnen) allein einem �Vertragsmodell� der Gemeinschaft zuzuordnen. Die Aggregation der individuellen Pr�ferenzen zu einer kollektiven Pr�ferenz kann z.B. auch nach der Mehrheitsregel erfolgen, die zu v�llig anderen Ergebnissen f�hrt als die Vertragsfreiheit von Eigent�mern. Gr��e an Dich und alle an normativen Fragen Interessierten von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Wenn etwas als im allgemeinen Interesse liegend und deshalb f�r die Einzelnen als verpflichtend behauptet wird, dann wird damit eine normative Behauptung aufgestellt, f�r die allgemeine Geltung beansprucht wird. Du siehst mich etwas �berrascht. Ich dachte, wir diskutieren hier �ber den Begriff des Gemeinwohls und wie er sich bestimmen lasse. Ist eine solche Bestimmung die Aufstellung normativer Behauptungen? Nach meinem Verst�ndnis geht es zun�chst um ein angemessenes Verst�ndnis von menschlicher �Gemeinschaft�, und das ist eine interpretatorische oder deskriptive Aufgabe � also ein St�ck �Gesellschaftstheorie�. Das �Wohl� eines Individuums oder das �Wohl� vergesellschafteter Individuen hat zun�chst einmal mit Normen oder normativen Anspr�chen nichts zu tun. Nat�rlich sind Normen oder Verpflichtungen insofern Teil einer Gesellschaftstheorie, als Gesellschaften durch Normen geformt werden � so wie das Schachspiel von den Spielregeln. Aber eine Beschreibung gesellschaftlicher Formen bzw. eine Diskussion �ber mehr oder weniger angemessene Modelle f�r das Verstehen von �Gesellschaft� besteht nicht aus normativen Behauptungen. (Au�erdem: Das �Wohl� eines Individuums (oder einer Gemeinschaft aus Individuen) ist nicht gleichzusetzen mit dem Interesse oder dem Bed�rfnis, sondern meint die Befriedigung des Interesses oder Bed�rfnisses. Das Wohl ist das, worauf sich das Interesse oder das Streben richtet.) Um das Gesagte an einem Beispiel zu erl�utern: Wenn jemand behauptet:�Die Erh�hung der Mehrwertsteuer um 2 % dient dem Gemeinwohl�, so formuliert er damit keine Forderung (�Ihr sollt...�), sondern behauptet eine Tatsache. Allerdings ist es eine Tatsachenbehauptung, die einen normativen Anspruch begr�nden soll � n�mlich die k�nftige Verpflichtung, die erh�hte Steuer zu bezahlen. Es wird implizit behauptet: Diese Ma�nahme, die vordergr�ndig nicht im Interesse der einzelnen Steuerzahler liegt, dient in Wahrheit doch dem Wohl des Gemeinwesens und damit indirekt auch dem Wohl jedes Einzelnen. Der Anspruch auf Befolgung der staatlichen Anordnung wird hier also mit einem Hinweis auf die faktische Verflochtenheit der Interessen aller Staatsb�rger begr�ndet. Und wenn man diese Begr�ndung �berpr�fen will, so muss man nicht in ein Gesetzbuch oder eine Sittenlehre schauen, sondern muss die Art und Weise analysieren, nach der die Interessen aller Mitglieder dieses Gemeinwesens vermittelt sind. Konkreter gesprochen: Es muss gezeigt werden, auf welchen Vermittlungswegen die Mehrkosten des Konsumenten ihm faktisch zugute kommen. So zielt die Frage nach dem Zusammenhang von individuellem Wohl und Gemeinwohl auf die Art und Weise, wie das Gemeinwesen organisiert ist oder sein kann. Und diese Art der Vermittlung l�sst sich dann evtl. auch beurteilen, z.B. ob sie gerecht ist oder nicht. (Selbstverst�ndlich erheben auch deskriptive Aussagen Anspruch auf allgemeine Geltung. Aber dieser Anspruch wird hier eingel�st durch Tatsachen.) Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- "Offenbar meinst Du die breite Gemeinsamkeit � ausgedr�ckt durch eine wahrscheinlich kommende gro�e Koalition � in Bezug auf die Notwendigkeit neoliberal orientierter sozialer Ver�nderungen, also mehr Markt und weniger Staat." Eberhard Ist die Gemeinsamkeit kapitalistischer Gesellschaft, ist das Gesamtinteresse hier nicht stets mit der privaten Marktwirtschaftsordnung gegeben, deren Warenproduktion der Faktor ist, um dem vergesellschaftete Einzelinteressen kreisen, mit deren Entfaltung b�rgerlicher Staat (ob nun nationalstaatlich oder verschlanktstaatlich), Moral, Ideen ... sich manifestieren? "Der politische Streit geht inzwischen wohl weniger darum, ob es �berhaupt schmerzhafte Einschnitte bei den empfangenen Leistungen geben soll, sondern der Streit geht eher darum, wie diese K�rzungen �sozial ausgewogen� gestaltet werden k�nnen, so dass die Sanierung der sozialen Sicherungssysteme nicht nur den durchschnittlich oder gering Verdienenden aufgeb�rdet wird. Es gibt allerdings bestimmte Umst�nde, die eine Ausgewogenheit der Lastenverteilung verhindern. ... Insofern sitzen beide Gruppen nicht mehr unbedingt in einem Boot: Das Wohlergehen der deutschen Kapitaleigent�mer mit internationalem Portefeuille ist nicht mehr an das Wohlergehen des deutschen Arbeiters oder Angestellten gekn�pft." Eberhard Diese realistische Erkenntnis ber�cksichtigend, wird die k�nftige gro�e Koalition wohl demn�chst Innenpolitik pr�sentieren, mit der die an den geographischen Ort gebundene deutsche Gesellschaft in die Anst�ndigen und in den (nationalen) Abzockern an der Sozialgemeinschaft geteilt wird. Was sich beispielsweise im Linksb�ndnis sammelt, k�nnte den gesellschaftlichen Raum abgeben, wo die gro�e Koalition die Verhinderer des Gemeinwohl und des Wohl der Anst�ndigen sichtet. Diese gesellschaftliche Gruppe k�nnte die Steigerung hergeben, hinter der die Sozialpolitik der grossen Koalition in den Medien zur�ckgestellt wird. Die gesichteten "Anderen" k�nnten medial den Anst�ndigen pr�sentiert werden, vor deren Darstellung die Sozialpolitik der grossen Koalition aus dem Gesichtsfeld der W�hlerschaften verschwindet. Dass w�re zugleich das Eingest�ndniss der gro�en Koalition, dass die Arbeitslosigkeit, dass diese Folge der sogenannten Globalisierung mit Innenpolitik nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Anstelle dessen wird "Innenpolitik" favorisiert in der jene gesellschaftlichen Einzelinteressen ausgebootet werden, die - im Sog der neoliberalen Aussenwirtschaftspolitik des deutschen Staates, als Abzocker betitelt, geraten - im angestammten Parteiengef�ge keinen Platz mehr finden. (Wie l�sst sich ein Gemeinwohl bestimmen, das f�r das Handeln der Einzelnen und Gruppen � auch gegen deren spezifische Interessen - verpflichtend ist?) Voraussetzung ist doch wohl, dass bei der Behandlung des Gemeinwohls die Einzelinteressen so ber�cksichtigt werden, dass diese mit im Boot bleiben. Oder kann Gemeinwohl favorisiert werden, dessen Gef�ge stigmatisierte gesellschaftliche Gruppen darstellen: welche Gruppen von Volksparteien ... als die "Anderen" konsturiert werden!? Nicht auszuschliessen, dass stigmatisierte Gruppen - bezogen auf die die Gesellschaft darstellenden Einzel- und Gruppeninteressen - der Normalfall sind. Allerdings ist der Anspruch kapitalistischer Gesellschaft, die Wert auf repr�sentative Demokratie legt, dann schwerlich aufrecht zu erhalten. Wenn der angenommene Normalfall, die mit dem Einzel- und Gruppeninteresse sich manifestierende begriffliche Konstruktion des "Anderen", nicht nur im sozusagen vorparlamentarischen Raum der Gesellschaft sich �ussert, sondern sich auch mit den diesen Raum repr�sentierenden politischen Parteien manifestiert - l�sst sich dann nicht der Verfallsprozess kapitalistischer Gemeinwesen diagnostizieren? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- ich wiederhole: die Diskussion ist mir zu abstrakt. Abstrakt in dem Sinne, dass sie keinen Bezug zur menschlichen Wirklichkeit hat. Nehmen wir das Wort Staat. Staat ist nach klassischer Definition definiert durch Staatsvolk, Staatsterritorium, Regierungsgewalt. Wenn ihr also vom Staat redet: wovon redet ihr? Was meint ihr damit? Und wen? Um vielleicht besser zu kl�ren, wo ich Probleme mit dem Wort Individuum habe: Welche Eigenschaften hat das Individuum? Ich stelle fest: gar keine, au�er denen, die die Art Mensch hat. Also die biologischen Bed�rfnisse, wobei - da hat Urs recht - das Bed�rfnis nach Gesellschaft nicht �bersehen werden sollte. Deswegen sage ich, wenn (!) wir von Individuen sprechen, dann ist klar, was im gemeinsamen Wohl liegt: die Befriedigung ihrer biologischen Bed�rfnisse. Und sonst? Tja, sonst kann man �ber das Individuum nichts sagen, das sehe ich als das Problem an. Wenn wir uns mit dieser Sicht an Hobbes machen, ist klar, dass seine Theorie funktioniert. Lediglich mit den der Art Mensch zukommenden Eigenschaften ausgestattete Individuen haben alle gleiche Interessen und sind alle gleich. Solche Wesen k�nnen einen Gesellschaftsvertrag unter gleichen abschlie�en - auch, um ihre nat�rlichen Aggressionen im Griff zu halten. Nur: Menschen sind in diesem Sinne keine Individuen. Es ist falsch, sie in dem Sinne als Individuen zu betrachten, dass sie Elemente sind, auf die gleicherma�en die Kriterien zutreffen, durch die die Menge Mensch definiert ist. Falsch, weil es nicht der Wirklichkeit entspricht. Ich f�rchte aber, wir haben uns so sehr daran gew�hnt, dass wir das gar nicht mehr merken. Wir fragen, wie kann der Staat herausfinden, was dem Gemeinwohl - so es das gibt - entspricht und entsprechende Normen beschlie�en? Wir fragen das von au�en, denn wir sind weder der Staat (h�chstens fiktive Philosophenk�nige [unhappy]), noch sind wir Individuen, sondern selbst�ndig denkende Menschen mit pers�nlichen Eigenschaften. Als solche betrachten wir die Sache etwa so wie ein paar Architekten, die �ber einem Plan diskutieren, wie man eine Wand entfernen kann, wenn die Statik das eigentlich nicht zul�sst. In der Suchtliteratur gibt es den Begriff Depravation, am besten �bersetzt mit 'Pers�nlichkeitsentkernung'. Ein langj�hriger Schwerstabh�ngiger verliert mit der Zeit die F�higkeit, selbst zu denken, selbst zu entscheiden, mehr als momentan und diffus zu wollen. Und emotional verh�lt er sich mehr und mehr wie ein Kind. Wenn wir vom Individuum sprechen, das dem Staat gegen�ber steht: setzten wir nicht unwillk�rlich den depravierten Menschen voraus? Ist das nicht auch in anderen Bereichen �blich, besonders in der Wirtschaft? Die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Arbeitslosen, die Kapitalisten, die Arbeitskr�fte - sind das im Grunde nicht alles depravierte Menschen, die nur durch ein einziges �u�erliches Merkmal zusammengefasst werden? Nehmen wir Urs' B�cker als konkretes Beispiel. Dies schlie�t jedoch nicht aus, dass die Brote dieses auch B�ckers dazu dienen, Menschen satt zu machen. Du sprichst von Kunst als menschliches Bed�rfnis. Gut. Jede Opernkarte wird mit mehr als dem Doppelten ihres Verkaufspreises subventioniert. M�chtest du, Urs, eine Umfrage machen, was die Mehrheit der B�rger einer Kommune davon h�lt? Entspricht es dem Gemeinwohl, Opernkarten f�r eine Minderheit der Bev�lkerung zu subventionieren, statt f�r die Mehrheit der Bev�lkerung die Stra�en auszubessern? Nur wenn die Oper abgerissen werden soll, dann ist das Geheule gro�, denn dann geht's um's Renommee der Stadt, dann liegen die Interessen auf einmal ganz anders. Nein, ich glaube, wir sollten anders ansetzen. Nicht bei den Interessen der Individuen oder durch ein einziges Merkmal gekennzeichnete Gruppen, sondern bei dem, was f�r unsere Gesellschaft konstituierend ist: bei der Verfassung. Und bei der gemeinsamen Kultur. Und dann fragen, wie bekommen wir das, was unsere Gesellschaft anmutet, so in den Griff, dass wir es f�r unsere Entwicklung nutzen k�nnen oder dass es unserer Entwicklung auf der Basis von Verfassung und Kultur zumindest nicht schadet. Also nicht, was ist zu diesem spezifischen Problemfall als Gemeinwohl auszumachen, sondern, welche Normen, mit denen wir diesen Problemfall l�sen k�nnten, passen zu unserem Selbstverst�ndnis. Und wer unser Selbstverst�ndnis mal bisschen genauer betrachet, der findet, dass darin die Interessen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppierungen und Subkulturen durchaus zu ber�cksichtigen sind, selbst wenn es Minderheiten sind. Ich denke, so k�nnen wir eher zu einem gesamtgesellschaftlichen Konsens gelangen. Wenn ich mich noch nicht so ganz klar ausdr�cken kann, dat is mir auch noch nicht hunderprozentig klar, ich arbeite noch dran :-) Gru� Noch zu Deinem vorletzten Beitrag: Quote:Der Staat besteht aber nicht aus Individuen. Er besteht aus vergesellschafteten Menschen. Dass die durchaus in der Lage sind, gemeinsam und gemeinsinnig als Gesellschaft zu handeln, zeigt sich im Konfliktfall. Hier zeigt sich, dass Gesellschaften nicht nur gemeinsam handeln, sondern auch gemeinsam eine Meinung bilden - und gemeinsam wollen. Und diesen Willen Machthabern auch schon mal ganz sch�n um die Ohren hauen k�nnen - siehe Mauerfall. Gerade dieses Beispiel zeigt doch, dass es Unsinn ist, vom Individuum als politischer Kraft zu sprechen. Individuen k�nnen noch nicht mal eine Demo organisieren. Die treibende Kraft sind immer Gruppen, in gr��erem Ausma� Gesellschaften. Die Folgerung, dass das Individuum �berhaupt keine politische Kraft sei, finde ich �berzogen, ja eigentlich falsch. Aber vielleicht ist auch nicht ganz klar, was wir mit �Individuum� meinen. Ich meine damit hier, wo es um Politik und Gesellschaft geht, das vergesellschaftete Individuum, also das einzelne �Mitglied� einer Assoziation, etwa den einzelnen �Staatsb�rger�. Dass man vom �einzelnen�, unverwechselbaren �Teil� einer Gesellschaft sprechen kann, h�ngt allerdings damit zusammen, dass dieser �Teil� auch Individuum im biologischen Sinne ist. Man kann der Ansicht sein, das biologische Individuum (sozusagen der einzelne menschliche Organismus) sei �berhaupt nicht Teil der Gesellschaft. Oder kann finden, dass Frau X, geborene Z, wohnhaft in Essen, Mutter dreier Kinder, Mitglied in mehreren Vereinen, deutsche Staatsangeh�rige usw. keine �Einheit� sei,
sondern blo� eine Schnittstelle verschiedener Systeme. Aber wenn wir unter �Individuum� das �vergesellschaftete Individuum� verstehen, dann ist es m.E. durchaus eine �politische Kraft�. Denn schlie�lich ist das vergesellschaftete Individuum (das ich mal zur besseren Unterscheidung �Person� nennen will) doch die Einheit des zurechenbaren Handelns. Man kann zwar in einem gewissen Sinne sagen, der Staat, der Verein, der Vorstand, die Gruppe handele, aber dann ist das eben doch ein gemeinschaftliches Handeln von Personen. Das ist ja auch die Auffassung unserer Rechtsprechung: als �Verursacher� von Handlungen gelten immer Personen, nicht Gruppen. Und wenn jemand schuldig gesprochen wird, weil er Mitglied einer �kriminellen Vereinigung� war, so wird damit doch nicht diese Vereinigung belangt, sondern jedes einzelne Mitglied. Es gibt in unserem Recht � aus guten Gr�nden � keine kollektive Haftung oder Schuld. Aber es ist eine berechtigte Frage, was es eigentlich bedeutet, wenn man sagt, eine Gruppe oder eine Institution handele. Ist das nur die �Zusammenfassung� einzelner, pers�nlicher Handlungen? Oder �emergiert� da eine neue �Ebene� der Integration? Ich breche mal wieder ab. Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- nach meinem Verst�ndnis des Themas diskutieren wir dar�ber, wie sich das Wohl einer Gemeinschaft zum Wohlergehen der einzelnen Glieder dieser Gemeinschaft verh�lt, oder anders formuliert: ob und wie sich das Gesamtinteresse eines Kollektivs aus den Interessen der einzelnen Individuen ergibt, die dieses Kollektiv bilden. Mir ist dabei klar, dass das Wohl und das Interesse eines Subjekts nicht identisch sind. Beide stehen jedoch in einem engen Zusammenhang: Wenn man das Interesse eines Individuums in einer gegebenen Situation durch eine Bewertung der verf�gbaren Alternativen darstellt, so besteht das Wohlergehen eines Individuums � unter bestimmten Voraussetzungen � in der Verwirklichung der h�chstbewerteten Alternative. Ich habe bewusst beide Begriffe (Wohlergehen und Interesse) nebeneinander verwendet, um die Problematik offen zuhalten, die sich in der Frage ausdr�ckt: Ist das, was ich will, wirklich gut f�r mich? Dabei habe ich die Begriffe Gemeinwohl bzw. Gesamtinteresse bereits im Er�ffnungsbeitrag unter dem Gesichtspunkt ihrer Verwendung f�r die inhaltliche Rechtfertigung politischer Entscheidungen gesehen. Wenn ich eine Entscheidung rechtfertige, dann stelle ich - nach meinem Begriffsverst�ndnis - eine normative Behauptung auf. Ich sage damit: Die Entscheidung soll so ein, sie ist richtig. Wenn man �ber die Bestimmung eines Begriffs wie "Gemeinwohl" diskutiert, so hat das nur dann einen Sinn, wenn klar ist, was man mit diesem Begriff machen will. Andernfalls handelt es sich um den beliebten aber witzlosen Streit um Worte. Der eine bestimmt den Begriff "Gemeinwohl" so, der andere bestimmt den Begriff anders. Nur wenn klar ist, bei der Beantwortung welcher Fragen ein bestimmter Begriff verwendet werden soll, erh�lt man Kriterien daf�r, ob eine bestimmte Definition dieses Begriffes zweckm��iger ist als eine andere. Deshalb habe ich immer wieder deutlich gemacht, dass der Begriff "Gemeinwohl" zur Begr�ndung einer Verpflichtung von Individuen oder Gruppen zum Handeln auch entgegen der eigenen Interessenlage bzw. dem eigenen Wohlergehen dient. Mit der Frage: Was unterscheidet normative Behauptungen von faktischen Behauptungen? sind wir meines Erachtens an einem zentralen und zugleich schwierigen methodischen Punkt angelangt, weshalb wir die Dinge in aller Ruhe analysieren und kl�ren sollten. Ich bin jederzeit bereit, eine missverst�ndliche oder schwammige Terminologie zugunsten einer besseren einzutauschen. Du schreibst: "Wenn jemand behauptet: 'Die Erh�hung der Mehrwertsteuer um 2 % dient dem Gemeinwohl', so formuliert er damit keine Forderung ('Ihr sollt...'), sondern behauptet eine Tatsache." Dieser Satz w�re allerdings nur dann eine faktische (empirische, positive) Tatsachenbehauptung, wenn der Begriff "Gemeinwohl" empirisch definiert werden k�nnte. Dies gilt im �brigen auch f�r andere �hnliche S�tze wie: Du schreibst weiter: "Allerdings ist es eine Tatsachenbehauptung, die einen normativen Anspruch begr�nden soll � n�mlich die k�nftige Verpflichtung, die erh�hte Steuer zu bezahlen." Damit ergibt sich jedoch das von Hume analysierte Problem des "naturalistischen Fehlschlusses" vom Sein auf das Sollen, auch als "Humes Gesetz" bekannt. Aus einer reinen Tatsachenbehauptung ohne normativen Gehalt kann man logisch keine Verpflichtung oder etwas anderes Normatives herleiten. Eine Verpflichtung kann man nur dann aus dem obigen Satz ableiten, wenn der Begriff des Gemeinwohls bereits einen pr�skriptiven Gehalt besitzt und unter diesem Gesichtspunkt gebildet wurde. Da es sich hier um hochtheoretische und relativ abstrakte methodische Fragen handelt, die jedoch unbedingt gekl�rt sein m�ssen, wenn man zu haltbaren Resultaten kommen will, mache ich hier erstmal einen Punkt. Es gr��t Dich Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Gru� -------------------------------------------------------------------------------- " ... Eine Verpflichtung kann man nur dann aus dem obigen Satz ableiten, wenn der Begriff des Gemeinwohls bereits einen pr�skriptiven Gehalt besitzt und unter diesem Gesichtspunkt gebildet wurde. Eberhard Na gut, ihr zieht einzelne S�tze heran, wie "Erh�hung der Mehrwertsteuer ...", bringt diesen Satz mit dem Begriff des Gemeinwohl in Verbindung um einer Tatsachenbehauptung den Charakter der Verpflichtung zu geben. Zun�chst eine Frage: Was ist das Merkmal dieses als Tatsache behaupteten Satzes? Was kommt diesem zu, dass er sich systematisch von einem Satz unterscheiden l�sst, der nicht auf Tatsachen beruht? Ist dieses Merkmal beispielsweise mit einen vergesellschafteten Sprecher oder von diesem unabh�ngig, etwa mit einer konkreten Sachlage gegeben? Oder? Gruss philoschall -------------------------------------------------------------------------------- die Frage ist ob (!) und wie sich die Interessen der Gemeinschaft aus den Interessen der Individuen ergeben, da ist nichts vorentschieden. F�r meine Fragestellung ist es irrelevant, ob Du irgendwelche lebende Systeme samt deren Interessen postulierst wie z.B. die Bundesrepublik Deutschland, die Freie Reichsstadt K�ln, den 1.FC K�ln, die Europ�ische Union, die Vereinten Nationen etc. Es gibt f�r mich keinerlei Begr�ndung, warum ich mein Handeln an diesen Systeminteressen orientieren sollte. Darum geht es aber beim Begriff des Gemeinwohls. Es gr��t Dich Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- Ja, diskutieren wir die Sache in Ruhe und in der n�tigen Ausf�hrlichkeit aus! Ich kann aber nicht finden, dass sie sooo "hochtheoretisch" ist. Quote:Nach meinem Verst�ndnis des Themas diskutieren wir dar�ber, wie sich das Wohl einer Gemeinschaft zum Wohlergehen der einzelnen Glieder dieser Gemeinschaft verh�lt, oder anders formuliert: ob und wie sich das Gesamtinteresse eines Kollektivs aus den Interessen der einzelnen Individuen ergibt, die dieses Kollektiv bilden. Mit dem von mir kursivierten Teil des Satzes bin ich aus zwei Gr�nden nicht ganz einverstanden. Denn erstens sind Gemeinwohl und Gesamtinteresse nicht dasselbe; und zweitens trifft die Formulierung �wie sich das Gesamtinteresse eines Kollektivs aus den Interessen der einzelnen Individuen ergibt� eine Vorentscheidung �ber das Verh�ltnis � eine Entscheidung, die ich so nicht teilen kann. Ich bin nicht der Ansicht, dass sich ein �Gesamtinteresse� aus �Einzelinteressen� ergibt bzw. dass sich das Wohl eines Gemeinwesens vom individuellen Wohlergehen seiner Mitglieder ableiten l�sst. (Andererseits l�sst sich das Gemeinwohl auch nicht unabh�ngig vom Wohlergehen seiner Mitglieder bestimmen.) Quote:Wenn ich eine Entscheidung rechtfertige, dann stelle ich - nach meinem Begriffsverst�ndnis - eine normative Behauptung auf. Ich sage damit: Die Entscheidung soll so ein, sie ist richtig. Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Nehmen wir ein banales Beispiel: Ich entscheide mich, gegen meine Gewohnheit heute keinen Spaziergang zu machen. Sollte es jemanden geben, der mich mit gerunzelten Augenbrauen fragt, warum ich mich so entschieden habe, sage ich: �Ich bin heute einfach zu k.o.� Anders
liegt der Fall, wenn etwa ein Parlament beschlie�t, den Gesetzesentwurf der Regierung anzunehmen, nach dem die Mehrwertsteuer ab dem 1.1.2006 um 2 % erh�ht werden soll. Hier wird nun eine Entscheidung getroffen, die eine allgemeine Vorschrift in Kraft setzt. In diesem Beispiel wird nirgends eine �normative Behauptung� aufgestellt. Sondern es wird eine Norm in Kraft gesetzt. Bei der Begr�ndung f�r diese verbindliche Entscheidung wird dann sehr wohl etwas behauptet, n�mlich �ber die �konomische Situation und die M�glichkeiten, sie zu beeinflussen. Aber das sind Tatsachenbehauptungen. �berhaupt finde ich den Ausdruck �normative Behauptung� unklar. Behauptet werden Tatsachen. Forderungen werden erhoben, Vorschriften erlassen oder in Kraft gesetzt. Eine Vorschrift oder Norm (�du sollst...�) ist die an einen oder mehrere Adressaten gerichtet Forderung, etwas zu tun oder zu unterlassen. Diese Forderung kann begr�ndet sein oder auch nicht. Aber �etwas fordern� ist nicht �etwas behaupten�. Quote:Dieser Satz w�re allerdings nur dann eine faktische (empirische, positive) Tatsachenbehauptung, wenn der Begriff "Gemeinwohl" empirisch definiert werden k�nnte. Du meinst mit �empirisch definiert� wohl, dass man anhand gewisser Kriterien �berpr�fen k�nnen muss, ob z.B. eine Verwaltungsma�nahme dem Gemeinwohl dient oder nicht. H�ltst Du das f�r unm�glich? Mein Beispiel mit der Erh�hung der Mehrwertsteuer zeigt doch, wie es gehen k�nnte. Eine andere M�glichkeit w�re eine �Volksbefragung�, wie sie z.B. in der Schweiz zu bestimmten Entscheidungen durchgef�hrt wird. Auf diesem Wege kann festgestellt werden, ob ein bestimmtes Regierungsvorhaben �allgemein gewollt� wird. Dass Expertengutachten oder demoskopische Erhebungen irrtumsanf�llig sind, ist klar. Aber das geh�rt zum Wesen empirischer Behauptungen. Quote:Damit ergibt sich jedoch das von Hume analysierte Problem des "naturalistischen Fehlschlusses" vom Sein auf das Sollen, auch als "Humes Gesetz" bekannt. Die Berufung auf Hume macht f�r mich nicht klarer, was ein �normativer Gehalt� sein mag. Das Charakteristische an Normen ist, dass sie zu Handlungen oder zum Unterlassen von Handlungen auffordern: �Du sollst...� Diese Forderung ist m.E. der Kern des Normativen. Und in der Tat l�sst sich aus der Behauptung einer Tatsache keine Forderung ableiten. Ableiten l�sst sie sich nur aus dem Anspruch einer Person, andere Personen m�chten ihrer Aufforderung folgen. Aber wie schon gesagt: Handelt es sich darum, eine Forderung zu begr�nden, n�mlich sie den Adressaten einsichtig zu machen, so k�nnen dabei sehr wohl Tatsachen behauptet werden, und sei es nur: �Man macht das halt so bei uns.� Dass �man� (also Viele oder die Meisten) etwas �in der Regel so macht� ist zweifellos ein �berpr�fbarer Sachverhalt. Anderes Beispiel. Fragt der Sohn � warum?� so folgt eine empirische Tatsachenbehauptung �ber die Haltbarkeit ungepflegter Z�hne. Und vielleicht noch die Frage: �Hast du Zahnschmerzen gerne? Findest du es sch�n, wenn der Zahnarzt bohrt?� Und nun kann der Sohn, auf der Grundlage der ausgebreiteten Fakten und einer wahrscheinlichen Zukunftsperspektive, entscheiden, was er will. - - - - Den folgenden Satz spare ich vorerst einmal aus, weil ich weiter ausholen m�sste, um ihn zu kommentieren. Das liegt vor allem am Begriff der �Verpflichtung�, der hier ins Spiel kommt, und der etwas anderes meint als einen Soll-Satz oder eine Norm oder Vorschrift. Das ist, wie Abrazo sagen w�rde, �eine andere Baustelle.� Quote:Eine Verpflichtung kann man nur dann aus dem obigen Satz ableiten, wenn der Begriff des Gemeinwohls bereits einen pr�skriptiven Gehalt besitzt und unter diesem Gesichtspunkt gebildet wurde. Es gr��t Dich Politik und Justiz kann man m.E. nicht vergleichen, Urs. Die Justiz befasst sich immer nur mit dem Individuum, selbst juristische Personen werden letztlich als Individuen begriffen. Die Politik hingegen befasst sich mit der Gesellschaft und mit Individuen nur insofern, als die gesellschaftlichen Gruppierungen aus Menschen bestehen. Zur Abgrenzung Interesse und Gemeinwohl: betrachtet man die Gesellschaft, fallen Interesse und Gemeinwohl zusammen, denn welches andere Interesse sollte eine Gesellschaft haben, als ihr Gemeinwohl? Sobald du aber differenzierst in unterschiedliche Gruppierungen, hast du auch Interessenkonflikte, und wenn du gar nur die Individuen betrachtest, ist ein Gemeinwohl so gut wie gar nicht mehr eruierbar. Deswegen sage ich nicht umsonst, das m�gliche Gemeinwohl muss an der die Gesellschaft konstituierenden Verfassung gemessen werden. Ein Neoliberalismus mit caritativen Z�gen kollidiert z.B. imho mit Art. 14 Abs 2 Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen und Art. 1 GG. Wie du siehst, haben wir da den Begriff Gemeinwohl, und der wird offenbar nicht auf das Individuum bezogen. Desweiteren ergibt sich daraus, dass das, was faktisch als das Gemeinwohl erkannt wird, Norm f�r die Individuen werden muss. Das ergibt sich aus den bestehenden konstituierenden Normen. Das die Schulen renoviert und mehr Lehrer eingestellt werden, Kunst und Universit�ten besser gef�rdert werden, erheblich mehr in den sozialtherapeutischen Bereich investiert werden muss, dass wir aber auch mehr Polizisten und schnelle Instandsetzung von Stra�en brauchen usw. liegt zweifelsfrei im Gemeinwohl und m�sste also verpflichtende Norm werden - wenn es bezahlbar w�re. Was dem Gemeinwohl entspricht und demnach Norm zu werden hat, ist also nicht das Problem; das Problem ist, welche Priorit�ten sind zu setzen, wenn das Geld nicht da ist. Davon ist nie genug da und zur Zeit erst recht nicht. So wird das Normenproblem bei Licht betrachtet zu einem Verteilungsproblem. Aus Sicht des Individuums. Aus Sicht der Gesamtgesellschaft, in der individuelles Handeln als Handeln miteinander vernetzter und sich �berschneidender Gruppen betrachtet wird, sieht das anders aus. Da wird n�mlich aus dem Verteilungsproblem ein Investitionsproblem. Weil die Gesamtgesellschaft zum Wohle der Allgemeinheit nun mal Geld braucht. Nimm die 2% MwSt-Erh�hung. Aus individueller Sicht ein Riesengeschrei. Die Hartz IV - Empf�nger m�ssen bluten! Warum? Wird der Lebensunterhalt-Anteil um 2% erh�ht, kostet die Gesellschaft keinen Pfennig, denn da das Geld sowieso in den Konsum flie�t, kassiert der Staat das gleich wieder ein. L�sst sich summa summarum also was mit einnehmen. Nimm im Gegenzug die 400-? - Jobs. Feine Sache, dachte die Regierung. Bek�mpft die Schwarzarbeit und der Staat kassiert wenigstens paar Euro Fuffzig ab. Feine Sache, denkt der Schwarzarbeiter, arbeite ich weiter brutto f�r netto. Feine Sache, denkt der Unternehmer, brauch ich auf den Lohn den Arbeitnehmeranteil nicht drauf zu legen, krieg ich die Leute billiger, entl�sst Festangestellte und ersetzt sie durch 400? - Jobber. Ber�cksichtigt alle Interessen - aber da das Handeln von Gruppen ein dynamischer Prozess ist, in den nicht nur eine spezielle, sondern auch alle m�glichen anderen Gruppen involviert sind, sitzt der Staat am Ende auf nem neuen Haushaltsloch. War wohl nix mit dem Gemeinwohl. Fehlinvestition. oder anders formuliert: ob und wie sich das Gesamtinteresse eines Kollektivs aus den Interessen der einzelnen Individuen ergibt, die dieses Kollektiv bilden. Ne, Eberhard, ich glaub, das ist nicht der richtige Ansatz. Handeln, Urs, kann nur ein Subjekt. Wenn Herrn Hund einer auf die F��e tritt, zwickt er ihn in die Hacken. Der Staat tut das nicht. Der hat n�mlich keine F��e. (Und wenn einer beschuldigt wird, dem Staat auf die F��e getreten zu sein, sollte man fragen, wessen F��e das denn waren). Ergo ist Herr Hund ein Subjekt und der Staat nicht (du wei�t, ich bin bez�gl. Begriff Subjekt anderer Meinung als du). Der Staat handelt nicht. Handeln tun die Parlaments- und Regierungsmitglieder sowie ihre Beamten und Angestellten. Die gesellschaftspolitische Frage ist aber, warum handelt ein Subjekt, und warum handelt es so und nicht anders? Da kommen die Gruppenzugeh�rigkeiten ins Spiel, das Subjekt im Focus sich �berschneidender Gruppen. Da kommt die ganze Dynamik von Wissen, Informationsaustausch, gegenseitiger Motivation, �berzeugung, Bindung, Lockerung oder Verfestigung von Weltanschauungen, Nachahmung usw. zum Tragen, und damit ist das Handeln eines Subjekts nicht mehr autonom. Es verarbeitet die Ideen und Str�mungen s�mtlicher Gruppen, zu denen es geh�rt - und sein Handeln ist f�r jede Gruppe Gruppenhandeln im Sinne von Familien�hnlichkeit. Eine Politik, die das nicht sieht, die Gesellschaft nicht als mehr oder auch minder harmonisches Zusammenspiel verschiedener Gruppen begreift, wobei nur die sogenannten Eliten noch den �berblick behalten, der sie dieses dauernde, sich immer wieder neu bildende mit- und gegeneinander trotzdem als eine ganze Gesellschaft sehen l�sst, eine solche Politik wird im Zweifelsfalle gar nicht begreifen, was Gesellschaft, Interessen und Gemeinwohl �berhaupt sind. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- jetzt muss ich aber mal Eberhard beispringen, denn entweder du bist auf dem Holzweg, oder du hast einen anderen Begriff von Norm. Wenn die MwSt um 2% erh�ht wird und ein Verk�ufer hat was dagegen und erh�ht seine Preise nicht um 2%, dann muss er trotzdem 18% an's Finanzamt abf�hren. Und wenn er das nicht tut, kriegt er lieben Besuch von der Steuerfahndung, die den Fehlbetrag errechnet und ihm die Konten pf�ndet. Ich finde, das sieht schon sehr nach Norm aus. Mal abgesehen davon, dass eine MwSt - Erh�hung nur per Gesetz durchsetzbar ist - und Gesetze sind Normen. Doc rudi, dass meine Sicht gesellschaftlichen und politischen Handelns mit deiner nicht kompatibel ist, das siehst du ja. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Hallo Abrazo! Im Moment nur kurz: Quote:Handeln, Urs, kann nur ein Subjekt. (...) Der Staat handelt nicht. Handeln tun die Parlaments- und Regierungsmitglieder sowie ihre Beamten und Angestellten. Richtig. Und deshalb hatte ich auch gesagt: Quote:Aber wenn wir unter �Individuum� das �vergesellschaftete Individuum� verstehen, dann ist es m.E. durchaus eine �politische Kraft�. Denn schlie�lich ist das vergesellschaftete Individuum (das ich mal zur besseren Unterscheidung �Person� nennen will) doch die Einheit des zurechenbaren Handelns. Es gibt aber auch gemeinschaftliches Handeln von Personen (Subjekten) und es gibt ein Handeln im Auftrag oder in Vertretung anderer Personen. Du schreibst: Quote:Politik und Justiz kann man m.E. nicht vergleichen, Urs. Die Justiz befasst sich immer nur mit dem Individuum, selbst juristische Personen werden letztlich als Individuen begriffen. Die Politik hingegen befasst sich mit der Gesellschaft und mit Individuen nur insofern, als die gesellschaftlichen Gruppierungen aus Menschen bestehen. Politik und Recht sind nat�rlich nicht dasselbe. Aber es gibt viele �berschneidungen bzw. gemeinsame Grundlagen. Eine davon ist das Handeln von Subjekten. Die �Justiz� befasst sich dabei �brigens insofern mit Personen (Subjekten des Handelns), als ihr Handeln allgemein geltenden Normen unterliegt. Diese Normen gehen (bei uns) auf politische Entscheidungen zur�ck. Diese politischen Entscheidungen werden (bei uns) von Repr�sentanten des Volkes getroffen, und sie haben ihre Verbindlichkeit, weil die Repr�sentanten die rechtliche Befugnis haben, im Auftrag oder in Stellvertretung des Volkes zu entscheiden. Sie entscheiden, nicht anders als Richter, �im Namen des Volkes�. Der Staat ist (bei uns) nicht nur, aber ganz wesentlich eine Rechtsform, die eine Gruppe von handelnden Subjekten miteinander verbindet � zu einem �Staatsvolk�. - - - - - - Quote:Mal abgesehen davon, dass eine MwSt - Erh�hung nur per Gesetz durchsetzbar ist - und Gesetze sind Normen. Richtig. Darum hatte ich ja auch geschrieben: Quote:Hier wird nun eine Entscheidung getroffen, die eine allgemeine Vorschrift in Kraft setzt. (...) In diesem Beispiel wird nirgends eine �normative Behauptung� aufgestellt. Sondern es wird eine Norm in Kraft gesetzt. Lesen hilft! :-) Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Die gesellschaftspolitische Frage ist aber, warum handelt ein Subjekt, und warum handelt es so und nicht anders? Da kommen die Gruppenzugeh�rigkeiten ins Spiel, das Subjekt im Focus sich �berschneidender Gruppen. Da kommt die ganze Dynamik von Wissen, Informationsaustausch, gegenseitiger Motivation, �berzeugung, Bindung, Lockerung oder Verfestigung von Weltanschauungen, Nachahmung usw. zum Tragen, und damit ist das Handeln eines Subjekts nicht mehr autonom. Die Folgerung, dass ein Subjekt wegen seiner vielf�ltigen Verflechtungen mit anderen nicht mehr autonom handele, finde ich falsch. Aber das liegt vermutlich daran, dass ich �autonom� anders verstehe als Du. Zun�chst einmal sei auch wieder klar gestellt, dass wir von vergesellschafteten Individuen (Personen) sprechen. Aber was bedeutet �Vergesellschaftung�? Ich w�rde sagen: Das ist ein Prozess, in den das Individuum mit seiner Geburt eintritt und der bis zu seinem Tod nicht abgeschlossen ist. Im Laufe dieses Prozesses wird das Individuum erst zu einer ihrer selbst bewussten Person, die f�hig ist, zurechenbar zu handeln. Dazu muss es sehr vieles lernen, muss sich anpassen, Normen verinnerlichen, F�higkeiten erwerben usw. Aber offenbar kann man diese ihm �von au�en� auferlegte Anpassung nicht einfach nur als Zwang verbuchen, der seine �nat�rliche Selbstbestimmung� destruiert. Sondern durch diesen Lernprozess, der unbestritten in vieler Hinsicht Zwang ins Spiel bringt, wird das Individuum erst so weit gebracht, dass es �ber sich selbst bestimmen kann. Zwang ist etwas, das �von au�en� auf uns einwirkt. Aber wenn man die Gr�nde f�r diese �u�ere Einwirkung einsieht, wenn man also ihre �Notwendigkeit� erkennt und sich dazu verh�lt, h�rt der Zwang auf, eine �blinde�, sinnlose Naturmacht zu sein. Eine begr�ndete Regel, die mir als �vern�nftig� einleuchtet, mache ich mir durch die Einsicht �zu eigen�. Das bleibt zwar, �u�erlich betrachtet, eine Anpassung. Aber durch meine Einsicht habe ich einen Entwicklungsschritt gemacht, meinen Horizont erweitert, einen anderen Standpunkt eingenommen, von dem aus ich meine Motive, meine faktischen Neigungen beurteilen kann. Ich nehme also durch die Einsicht einen �h�heren� Standpunkt ein, n�mlich den Standpunkt der Gemeinschaft, in der diese Regel gilt � d.h. in der sie von jedem anerkannt wird. Indem ich diese Regel meinerseits anerkenne, werde ich � nur bezogen auf diese eine Regel � ein (gleiches) Mitglied dieses �Geltungskollektivs�. �Autonomie� bedeutet buchst�blich �Selbstgesetzlichkeit�. Eine Regel, mit der ich beim Eintritt in eine Gruppe konfrontiert werde, ist in diesem Moment aus meiner Sicht zun�chst noch �heteronom� � sie geht eben von anderen aus. Aber durch meine Einsicht und Anerkennung wird diese Regel auch zu meiner eigenen. Von da an bin ich in der Lage, mein eigenes Handeln nach einer Regel zu beurteilen und auszurichten, die dann auch meine eigene Regel ist. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- System Mensch [kurz] Mensch Zuletzt ging es in der Diskussion unter anderem darum, dass wir das festgesetzte Ziel unserer Utopie erst erreicht haben, wenn der Staat, wie wir ihn heute kennen, aufgel�st ist. Bis jetzt sind wir mit unseren W�nschen an den idealen Staat in Vorstellungen stecken geblieben und sind nicht dazu gekommen, eine Gesetzm��igkeit herauszuarbeiten, die zu diesem paradiesischem Zustand f�hren k�nnte. Solange uns das nicht gelingt, eine Gesetzm��igkeit in der gesellschaftlichen Entwicklung zu definieren, die auch verst�ndlich nachzuvollziehen ist, werden wir vor L�cken stehen, die sich f�r uns als un�berwindliche Gr�ben darstellen. Was wir unter einem Hut bringen m�ssen ist der Mensch, der inzwischen seine evolution�re Entwicklung nach au�en verlagert hat, weil die organische Weiterentwicklung des Menschen bereits an Grenzen st��t, die durch die au�erk�rperlichen Organe des Menschen, wie Maschinen, Computer etc., einen gewaltigen Sprung nach vorn vollbracht hat. Den Staat k�nnen wir in einer �bergeordneten Hierarchie ansiedeln, den wir als die Summe von Menschen betrachten k�nnen. Wir sind gewohnt, dass in einem hierarchischen System der Aktionsfluss von oben nach unten flie�t. Unsere Idealvorstellung w�re, dass es auch umgekehrt funktioniert. Das w�re dann der Fall, wenn der Staat dazu da w�re, die Bed�rfnisse des Menschen zu erf�llen. Heute erf�llt der Staat leider nur die Bed�rfnisse einer kleinen Gruppe von zur Oberschicht geh�renden Menschen. Nat�rlich wei� das auch die Oberschicht, dass selbst der einfache Mensch den Wunsch hegt, seine Bed�rfnisse erf�llt zu sehen. denn es entspricht der Bedeutung des Begriffes Demokratie, dass der Staat durch den Willen des Volkes gesteuert wird, so wie das urspr�nglich in Athen vorgesehen war. deshalb liegt es Interesse der Oberschicht den Verdummungsprozess im Volk so weit voranzutreiben, dass es nicht merkt, wie es manipuliert wird. Am Beispiel der Mehrwertsteuer und den Lohn- Nebenkosten wird es deutlich, wie weit die Manipulation bereits fortgeschritten ist. Seit Jahren wird unwidersprochen von der Senkung der Lohn- Nebenkosten gesprochen, dass obwohl die Reichen bereits schon vorher immer reicher und die Armen immer �rmer wurden, und die Lohn- Nebenkosten Bestandteil ausgehandelter Arbeitsvertr�ge waren und somit keine einseitige Belastung der Arbeitgeber ist. Wenn hier seitens des Staates eingegriffen wird, weil die Reichen zu viele Abgaben entrichten sollen, fragt niemand weiter und bemerkt, dass der Arbeitnehmer in unangemessener H�he f�r diese Differenz in den Sozialkassen zuk�nftig aufkommen soll, was vergleichbar mit einem Gemeinschaftsraub von Arbeitgebern und dem Staat ist. Der B�rger nickt zu allem brav und findet, dass das alles seine Richtigkeit hat. Den Gipfel stellt eine erst k�rzlich gestartete Umfrage dar. Dort konnte sich der Befragte aussuchen, ob er lieber eine Solisteuer oder eine Mehrwertsteuer zahlt. Das best�tigt dem Menschen, ein ernst genommener Partner in einer Demokratie zu sein. Solange der Mensch nicht auf die Idee kommt, es k�nnten noch weitere Alternativen in Betracht gezogen werden, ist die Welt in den Augen der Oberschicht noch in Ordnung. Wenn wir darin einen perfekten Staat mit funktionierenden manipulierten Individuen sehen, dann brauchen wir uns �ber Gesetzm��igkeiten, die zu einer Gesellschaft ohne Staat f�hren, �berlegungen anzustellen. Zu einem solchen Staat befinden wir uns auf dem besten Weg. Vielleicht f�hren andere Fragen zum Ziel. Wann ist der Mensch soweit, das er die Funktion der Gemeinschaft als erstes im Auge hat, und bereit ist, seinen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten, weil er einsieht, dass anders keine Gemeinschaft funktionieren kann, und er selbst auch von dieser Gemeinschaft profitiert. Eine andere Frage, was l�uft heute falsch und sollte unterlassen werden. Wir sollten uns vor Heuschrecken mit ihren Hedgefonds sch�tzen. Sie tragen nicht zum Volksverm�gen bei, im Gegenteil sie wirken �hnlich Blutegeln und ziehen Verm�gen ab und erh�hen unsere Schuldenlast. Dort geht es um das schnelle Geld, dass nun einmal mit Verk�ufen von Arbeitspl�tzen ins Ausland gemacht werden kann. Vers��t wird das ganze noch durch hohe staatliche Subventionen. Wenn bei uns aber vom Abbau der Subventionen die Rede ist, sind aber nicht diese gemeint, sondern unsere Politik denkt mehr an die Streichung der Pendlerpauschale, Eigenheimzulage und Steuern auf die Nachtschichtzulage. Die suche nach dem Paradies ist nichts Neues. Bereits Friedrich Engels hat mit seiner kommunistischen Gesellschaft erstmals etwas in Bewegung gesetzt. Vor Engels gab es auch schon Utopien, die aber keine gro�e Beachtung fanden. Die von Engels beschriebene Gesellschaft fand bereits w�hrend der sozialistischen Zeit in den Sowjetstaaten erste Ern�chterung, weil man sehr schnell bemerkte, die begrenzten Rohstoffe lassen keinen unbegrenzten Konsum zu, ohne dem es keine kommunistische Gesellschaft geben kann. Aber wenigsten hat Engels versucht eine Gesetzm��igkeit zu entdecken. Deshalb, das erwarte ich von jedem, der meint, es liege im Bereich des M�glichen, eine Gesellschaft zu haben, in dem der Staat �berfl�ssig wird. Gru� hedgi -------------------------------------------------------------------------------- danke f�r die die ausf�hrlicher und verst�ndliche Entgegnung. Ich will mal alle kleineren Punkte auf sich beruhen lassen und mich auf das konzentrieren, worin ich den Kern unserer Meinungsverschiedenheit sehe. Du kritisierst den von mir benutzten Ausdruck �normative Behauptung� und vertrittst die Auffassung, dass nur (Aussagen �ber) Tatsachen behauptet werden. Du schreibst: �Behauptet werden Tatsachen. Forderungen werden erhoben, Vorschriften erlassen oder in Kraft gesetzt�. Dieser Verengung der Bedeutung des Wortes �Behauptung� kann ich nicht folgen. Ich verstehe unter einer �Behauptung� jeden Satz, der mit dem Anspruch auf Richtigkeit (bzw. Allgemeing�ltigkeit) verbunden ist. Das kann eine faktische Aussage sein (Schumacher ist nicht mehr Weltmeister), das kann ein Werturteil sein (Die Auff�hrung von Schillers R�ubern war grottenschlecht), das kann eine Sinndeutung sein (Das Wort �statement� bedeutet im Englischen etwas anderes als das Wort �proposition�), das kann aber auch ein normativer Satz sein (Man soll nicht durch die Blumenrabatte im Park latschen). Ich sehe in diesem Gebrauch des Wortes �Behauptung� keinerlei irref�hrende Abweichung vom �blichen Sprachgebrauch. Mein philosophisches W�rterbuch erl�utert �Behauptung� als �ein in der Form eines bejahenden Urteils aufgestellter, aber nicht oder noch bewiesener Satz�. Als �normativ� bezeichne ich S�tze, die einen vorschreibenden (pr�skriptiven) Gehalt haben, oder - anders ausgedr�ckt � S�tze, die eine Forderung bzw. ein �Sollen� beinhalten. Derartige �Soll-S�tze� k�nnen in der gleichen Weise wie �Ist-S�tze� als inhaltlich richtig behauptet werden. Der Satz �Man soll vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr haben� kann ebenso behauptet und bestritten werden (wenn auch mit anders gearteten Begr�ndungen) wie der Satz �90 Prozent aller Deutschen � hatten bereits vor der Ehe Geschlechtsverkehr�. Allerdings sind nicht alle normativen S�tze mit einem Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit verbunden und stellen insofern Behauptungen dar. Der R�uber, der ruft: �H�nde hoch oder es knallt!� �u�ert einen normativen Satz, allerdings nicht mit dem Anspruch auf inhaltliche Richtigkeit sondern auf Gehorsam. Auch bei Normen, die durch institutionelle Verfahren gesetzt werden (Gerichtsurteile, Abstimmungsergebnisse, Befehle von Vorgesetzten), spielt die inhaltliche Richtigkeit der gesetzten Normen eine nachgeordnete Rolle. Dies ist jedoch kein Einwand dagegen, dass normative (pr�skriptive) S�tze, die Forderungen enthalten, ebenso als richtig behauptet werden k�nnen wie positive (deskriptive) S�tze, die Beschreibungen der Wirklichkeit enthalten. Soviel erstmal zur Terminologie von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Du schreibst: Wenn jemand behauptet:"Die Erh�hung der Mehrwertsteuer um 2 % dient dem Gemeinwohl", so formuliert er damit keine Forderung ("Ihr sollt..."), sondern behauptet eine Tatsache. Allerdings ist es eine Tatsachenbehauptung, die einen normativen Anspruch begr�nden soll � n�mlich die k�nftige Verpflichtung, die erh�hte Steuer zu bezahlen." Ich bezweifle, dass man eine Forderung allein durch Tatsachenbehauptungen begr�nden kann. Unter der "Begr�ndung" einer Behauptung verstehe ich den Nachweis, dass sich diese Behauptung aus anderen � bereits anerkannten Behauptungen logisch herleiten l�sst. Durch logische Schlussfolgerungen aus einem bestimmten Satz von Pr�missen l�sst sich jedoch nur das ableiten, was in diesen Pr�missen bereits implizit enthalten ist, nicht jedoch ein anderer Bedeutungsgehalt. Insofern das Sollens-Element etwas ist, was in Tatsachenaussagen (Die Welt ist soundso beschaffen) nicht enthalten ist, reichen rein faktische Pr�missen also nicht aus, um ein Sollen zu begr�nden. Der Eindruck, dass man Normen (Man soll andere Kinder nicht mit Steinen bewerfen) allein mit Tatsachen (Das kann ins Auge gehen) begr�nden kann, entsteht nur deswegen, weil bestimmte f�r die Begr�ndung notwendige Pr�missen (Man soll andere Menschen nicht verletzen) vorausgesetzt werden, ohne dass sie explizit genannt werden. Soviel zum Fehlschluss vom Sein auf das Sollen von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Ich muss etwas ausholen, um meine Argumentation zu Deinen Ausf�hrungen vorzubereiten. Zun�chst muss ich mich korrigieren. Ich habe in der Tat geschrieben �Behauptet werden Tatsachen�, h�tte aber genauer sagen sollen: �Behauptet werden Sachverhalte� bzw. �Behauptet wird das Bestehen von Sachverhalten�. Denn Tatsachen nennt man gew�hnlich bestehende Sachverhalte. Dieser Punkt scheint mir in unserem Zusammenhang nicht unwichtig. Was ist ein Sachverhalt? Der �Gehalt� eines Urteils oder einer �Grundaussage� (oder eines �assertorischen� oder �kategorischen� Satzes; die Terminologie schwankt hier). Beispiel: Wird geurteilt �Der Kragenb�r riecht streng�, so behauptet man, dass der Kragenb�r streng riecht. Dieser kursivierte, mit �dass� eingeleitete Satzteil (schematisch �dass p�) ist der �Gehalt� der Aussage oder der �propositionelle Gehalt� - oder eben auch: der Sachverhalt. Nun ist ersichtlich, dass sich mit der Umformung des Satzes �p� in �Es ist wahr, dass p� oder �Es gilt, dass p� am Sachverhalt p nichts �ndert. Man hat nur kenntlich gemacht, dass die Formulierung des Sachverhalts und die Behauptung, dass dieser Sachverhalt bestehe, zweierlei sind. � Man hat aber bei dieser Umformung - und das ist wichtig - die sprachliche Ebene gewechselt. Man befindet sich in der Metasprache, man spricht �ber eine Aussage, die man gerade analysiert, indem man sie umformt. Und es macht offenbar einen Unterschied, ob jemand schlankweg p behauptet oder ob er behauptet, es werde behauptet, dass p. Der Begriff �Sachverhalt� (�dass p�) ist also ein metasprachlicher und analytischer Begriff, den man zum Zweck der Thematisierung von Aussagen gebraucht. Sachverhalte als solche �existieren� nicht � oder nur insofern, als man analytisch �ber Aussagen spricht. Das ist eigentlich kein gro�es Problem. Man kann ohne weiteres �ber (anderswo behauptete) Sachverhalte sprechen und dabei auch etwas �ber sie behaupten. Man muss sich nur im Klaren dar�ber sein, dass man selbst den Sachverhalt nicht behauptet, wenn man �ber ihn spricht. - - - - - - Quote:Du schreibst: �Behauptet werden Tatsachen. Forderungen werden erhoben, Vorschriften erlassen oder in Kraft gesetzt�. Ich denke, ich habe richtig gestellt, was ich meinte: Behauptet wird das Bestehen eines Sachverhalts. Trotzdem halte ich daran fest, dass �etwas behaupten� und �etwas fordern� zweierlei sind. Wenn man n�mlich einen Sachverhalt behauptet, so spricht man zwar zu einem Adressaten, aber �ber etwas � also �ber eine �Sache�, etwas Drittes. Der Adressat ist eingeladen, diese Behauptung �ber die Sache zu akzeptieren oder sie zu bestreiten � aber eben, indem er seinerseits mit Behauptungen antwortet. Fordert man dagegen etwas, so erwartet man prim�r keine sprachliche Stellungnahme, sondern eine Handlung (oder die Unterlassung einer Handlung). Die geforderte Handlung kann zwar auch eine Sprachhandlung sein. Man fordert etwa auf: �Sag mal �Der Cottbusser Postkutscher putzt den Cottbusser Postkutschkasten�!� Die erwartete Antwort ist dann freilich nicht �Stimmt� oder �Quatsch, es gibt doch gar keine Postkutschen mehr�, sondern eben die Wiederholung des in Anf�hrungszeichen stehenden Satzes. Wie ist es nun, wenn gesagt wird: �Man soll Kragenb�ren nicht f�ttern� Oder �Man soll vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr haben�? Es wird dabei, da gebe ich Dir Recht, in der Tat etwas behauptet. Es wird behauptet, dass �man� etwas solle oder nicht solle. Stehen Mutter und Kind vor dem Gehege des Kragenb�rs, und das Kind will dem Tier gerade sein Eis durch die Gitterst�be reichen, dann ist es sicherlich eine Aufforderung, wenn die Mutter sagt: �Man soll das nicht tun!� Gemeint ist dann eigentlich: �Du sollst das nicht tun!� Aber wenn ein katholischer und ein evangelischer Moraltheologe sich dar�ber streiten, ob Sex vor der Ehe im Einklang mit der Bibel stehe, dann w�re der Satz �Man soll nur in der Ehe Sex haben.� keine
Aufforderung. Vielmehr steht ja gerade zur Debatte, ob die Kirche diese Norm in Kraft setzen kann oder nicht. �hnlich ist es, wenn im Parlament �ber einen Gesetzesentwurf debattiert wird. Es wird dieser normative Sachverhalt (!) in der Metasprache (!) analysiert, es wird seine Zweckm��igkeit, seine �handwerkliche�
Ausf�hrung besprochen usw. Und es werden Argumente f�r und wider ausgetauscht. Halten wir fest: �Normative Gehalte� sind etwas anderes als �geltende Normen�. Eine geltende Norm ist eine Aufforderung an bestimmte Adressaten (und nicht an ein anonymes �man�!), bestimmte Handlungen zu vollziehen oder zu unterlassen. Ein �normativer Gehalt� ist einfach ein Sachverhalt, �ber den man spricht, wenn man Normen thematisiert (z.B. um sie zu begr�nden oder zu kritisieren). Er ist also etwas ebenso Virtuelles wie das �man�. Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- mir erscheinen Deine Argumente gegen den Ausdruck �normative Behauptung� nicht schl�ssig. Du schreibst: �Behauptet wird das Bestehen von Sachverhalten.� Unter einem �Sachverhalt� verstehst Du den Gehalt eines assertorischen Satzes. Ich sehe nun keinen Grund, warum S�tze wie �Man soll (oder Du sollst) niemanden mit Steinen bewerfen� keine assertorischen S�tze sein sollen und warum man derartige S�tze bzw. deren Gehalt nicht behaupten und bestreiten kann. Der �propositionale Gehalt� p lautet dann: �dass man niemanden mit Steinen bewerfen soll�. Es ist zwar richtig, dass ein normativer Satz eine Forderung enth�lt, und dass eine Forderung etwas anderes ist als eine Behauptung, aber ebenso richtig ist, dass ein positiver Satz eine Feststellung enth�lt, und dass eine Feststellung etwas anderes ist als eine Behauptung. Das hindert nicht, dass man sowohl Feststellungen wie Forderungen gegen�ber anderen behaupten kann. Der Satz �Man soll � abgesehen von Situationen der Art x, y, z � andere Menschen nicht mit Steinen bewerfen� enth�lt eine Norm, die inhaltlich richtig oder falsch sein kann, auch wenn der Satz nicht das Ergebnis eines Verfahrens der Normsetzung ist (Parlamentsbeschluss) sondern allein von guten bzw. schlechten Argumenten gest�tzt wird. In der Hoffnung, allgemein verst�ndlich geblieben zu sein, gr��t alle Unentwegten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- kleiner Hinweis darauf, dass politische Argumentationen, auch sachlicher Art, immer bereits eine Norm voraussetzen. Ansonsten m�chte ich zum Begriff Gemeinwohl zur�ckkehren. Urs schrieb: Will sagen: vor allen anderen Zw�ngen ist die Logik ein Zwang. Auch den kann man halbwegs abwerfen, wenn man ihn durchschaut. Man kann Selbstverst�ndlichkeiten erkennen, die sich als nicht selbstverst�ndlich erweisen und Daten Beachtung schenken, denen man zuvor keine geschenkt hat. Das setzt aber Kritikbereitschaft und Reflexion voraus, die man generell nicht voraussetzen kann. Ich behaupte sogar, dass man dies mehrheitlich nicht voraussetzen kann. Damit kommst du, Eberhard, nat�rlich in Schwierigkeiten, was den Konsens betrifft. Werden die Argumente, die einen Konsens herbei f�hren k�nnen, �berhaupt wahrgenommen, wie sie gesagt wurden? Ich sehe da ein Problem. Gefallen tut mir dieses Problem nicht. Und f�r dich, Urs, die Frage: kann das Individuum in der Regel �berhaupt �ber sich selbst bestimmen, angesichts des Zwanges der Logik? Und daran anschlie�end: was ist mit Selbstbestimmung eigentlich gemeint? Ist es nicht eine Selbstbestimmung innerhalb des Rahmens, den die Daten vorgeben, also eine eingeschr�nkte Selbstbestimmung? Ich nehme also durch die Einsicht einen �h�heren� Standpunkt ein, n�mlich den Standpunkt der Gemeinschaft, in der diese Regel gilt � d.h. in der sie von jedem anerkannt wird. In diesem Zusammenhang: Marx. Das Sein bestimmt das Bewu�tsein. Meiner Ansicht nach hat er damit nicht Unrecht. Wir haben also das Problem, dass unterschiedliche Gruppen innerhalb der Gesellschaft aufgrund ihres unterschiedlichen 'Seins' unterschiedliche Auffassungen dar�ber haben, was das Gemeinwohl eigentlich ist. Diese unterschiedlichen Auffassungen resultieren nicht aus unterschiedlichen autonom gewonnenen unterschiedlichen Meinungen, sondern aus unterschiedlichen Lebensumst�nden. Und da wollen wir dann zusehen, wie ein Konsens zu erreichen w�re. Ich habe Zweifel, ob das �ber das reine Sachargument geht. Gr��e -------------------------------------------------------------------------------- Hallo Eberhard! Quote:Ich sehe nun keinen Grund, warum S�tze wie �Man soll (oder Du sollst) niemanden mit Steinen bewerfen� keine assertorischen S�tze sein sollen und warum man derartige S�tze bzw. deren Gehalt nicht behaupten und bestreiten kann. Der �propositionale Gehalt� p lautet dann: �dass man niemanden mit Steinen bewerfen soll�. Das habe ich aber ausdr�cklich einger�umt. Ich schrieb: Quote:Wie ist es nun, wenn gesagt wird: �Man soll Kragenb�ren nicht f�ttern� Oder �Man soll vor der Ehe keinen Geschlechtsverkehr haben�? Meine Argumentation konzentrierte sich stattdessen auf zwei Unterschiede: Einerseits auf den Unterschied zwischen �etwas behaupten� und �etwas fordern�, andererseits auf den Unterschied zwischen einem �normativen Sachverhalt� und einer (geltenden) Norm. Die Kritik am �naturalistischen Fehlschluss�, der versucht, vom �Sein� auf das �Sollen� zu schlie�en, ist geschenkt. Denn indem ich am Unterschied zwischen �etwas behaupten� und �etwas fordern� festhalte, unterst�tze ich ja gerade die These, dass das eine nicht aus dem anderen abzuleiten sei. �Gesollt� wird nur dort, wo jemand etwas fordert. Allerdings bahne ich damit auch die These an, dass ein Sollsatz - �Man soll dies oder das tun� � nicht schon deshalb eine Norm ist, weil darin das Verb �sollen� vorkommt. Oder anders gesagt: Ein Satz ist eine Norm nicht allein schon aufgrund seiner Form. (Ein Gesetzentwurf ist kein Gesetz.) Es muss m.E. eine Aufforderung zum Handeln mit diesem Satz zu verstehen gegeben werden, und ich finde es klar, dass nur konkrete Personen handeln und zum Handeln auffordern k�nnen. D.h. damit ein Satz eine Norm ist, muss er einen konkreten Adressaten(kreis) haben und auf das Wollen konkreter Personen zur�ckgehen. �Man� kann nicht handeln und �man� kann auch nichts fordern. (Wen oder was bezeichnet man mit �man�? Doch sicher keine konkreten Personen. Ist es ein genereller Terminus? Oder ist es ein Quantor? Sind damit also alle Menschen gemeint? Schwerlich. Eher �alle und keiner�. D.h. seine Bedeutung ist ganz und gar kontextabh�ngig � und darum ist er nicht geeignet, um etwa eine �universelle� normative Geltung zu formulieren.) Quote:Der Satz �Man soll � abgesehen von Situationen der Art x, y, z � andere Menschen nicht mit Steinen bewerfen� enth�lt eine Norm, die inhaltlich richtig oder falsch sein kann, auch wenn der Satz nicht das Ergebnis eines Verfahrens der Normsetzung ist (Parlamentsbeschluss) sondern allein von guten bzw. schlechten Argumenten gest�tzt wird. Ich bin nicht der Meinung, dass dieser �Man soll...�-Satz eine Norm enth�lt. Wohl ist damit ein �normativer Sachverhalt� bezeichnet. Aber Normen gelten nicht, weil Argumente f�r sie sprechen. Ohne konkrete Personen, die die Geltung einer Norm beschlie�en und damit andere Personen konkret zum Handeln auffordern, ist ein normativer Satz einfach ein normativer Satz. Es ist eben zweierlei, eine Norm zu thematisieren oder sie anzuwenden (bzw. sie �in Kraft zu setzen�). Die Thematisierung der Norm macht sie zu einem Sachverhalt, und das hei�t, sie neutralisiert den Imperativ, sie klammert die Aufforderung ein. Werden Normen thematisiert, so sind sie gewisserma�en �ausgekuppelt�. Sie sind dann Gegenstand der (metasprachlichen) Reflexion, der Beschreibung, der Erl�uterung, der Pr�fung, der Kritik, der Begr�ndung. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- ich habe den Eindruck, dass der Kern unseres Dissens deutlicher wird. Einig sind wir uns wohl darin, dass man S�tze wie: �Man soll � Menschen nicht mit Steinen bewerfen� behaupten und begr�nden kann. Dies war mir wichtig. Die spannende Frage ist, handelt es sich bei einem solchen Satz auch um eine geltende Norm? Hier bin ich mir auch in vielem nicht sicher und suche nach Kl�rung. Klar ist, dass nicht jeder Satz, der ein Sollen enth�lt, eine normative Behauptung oder eine Norm mit Geltungsanspruch darstellt. Er muss nat�rlich behauptet werden. Entsprechendes gilt auch f�r Ist-S�tze. Wenn sie in Romanen vorkommen, sind es keine positiven Behauptungen. Du schreibst, �dass es von der Situation abh�ngt: damit ein Satz eine Norm ist, muss er einen konkreten Adressaten(kreis) haben und auf das Wollen konkreter Personen zur�ckgehen.� Wie ist es mit moralischen Normen wie �Geschlechtsverkehr ist nur in der Ehe erlaubt�? Angenommen, dies sagt die Zimmerwirtin zu ihrem Untermieter und f�hrt fort: �Sie sind gek�ndigt!� Darauf sagt der Untermieter: �Da bin ich aber ganz anderer Ansicht.� Hier wird eine moralische Norm, die strittig ist, auf einen bestimmten Adressaten angewandt. Diese Norm geht nicht auf den Willen der Zimmerwirtin zur�ck, auch nicht auf ein bestimmtes Beschlussverfahren der In-Kraft-Setzung. Die Zimmerwirtin ist von der inhaltlichen Richtigkeit dieser moralischen Norm �berzeugt, der Untermieter nicht. Ich sehe auch, dass es neben der Ebene der inhaltlichen Richtigkeit von normativen Behauptungen die Ebene der verfahrensm��ig gesetzten Verbindlichkeit von normativen Setzungen gibt, Die Frage ist: Wie h�ngen beide zusammen? Es gr��t Dich und alle andern Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- wenn das Sein das Bewusstsein bestimmt in dem Sinne, dass das, was jemand meint, durch seine Lebensumst�nde bestimmt wird, dann ist diese Runde witzlos. Denn sie steht unter der Pr�misse, dass die Teilnehmer nach der richtigen Antwort auf die gestellte Frage suchen - und �richtig� impliziert hier: richtig f�r alle. Das hei�t: jeder muss sich um Einsichtsf�higkeit bem�hen und kann dies auch vom andern verlangen. Dass dies h�ufig nicht erreicht wird, tut dem keinen Abbruch. Von Scheinargumenten wie: �Das kannst Du eben nicht einsehen, weil Du zur Bourgeoisie geh�rst!� habe ich noch nie etwas gehalten. Das sind keine Argumente sondern Aufk�ndigungen der Diskussionsgrundlagen und Aufgabe des Bem�hens um Wahrheit und Allgemeing�ltigkeit. Zum Gl�ck ist unsere Diskussion frei davon. Es gr��t Dich Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Du bestreitest, dass Menschen durch Lernprozesse, in denen sie geltende Normen �verinnerlichen� oder sich �zu eigen machen�, ein St�ck �Selbstbestimmung� erwerben. Diese Selbstbestimmung hatte ich auch so erl�utert, dass jemand, der eine Regel einsieht und �bernimmt, sich dadurch auch bef�higt, sie auf sich selbst anzuwenden. Er kann nun sein Handeln anhand der Regel �berpr�fen und sich dann auch selbst �korrigieren�. Du sagst, das sei ein �w�nschenswerter Idealzustand�, nicht Realit�t. Vielleicht verbindest Du mit dem Wort �Autonomie� zu hohe Erwartungen. Darauf w�rde ich mit dem chinesischen Sprichwort antworten: �Auch die l�ngste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.� Als Beispiel f�r einen solchen Lernprozess kannst Du einfach ein lernendes Kind beobachten. Es bekommt etwa gesagt, dass man nicht �wegen dem Regen� sagt, sondern �wegen des Regens�, nicht �wegen dem Teddy�, sondern �wegen des Teddys�. Die Regel besagt also allgemein: ��wegen� wird mit dem Wesfall gebraucht�. Das ist einfach eine autoritative Setzung, ein Zwang. Aber � �man macht es eben so�, basta. Mag sein, dass das Kind eine Weile M�he mit dieser Regel hat (viele Erwachsene beherrschen sie ja auch nicht), aber wenn es sie �verinnerlicht� hat, dann kann das Kind selbst beurteilen, ob es sie richtig anwendet oder nicht. Es kann sagen: �Das war wegen dem T... �h, wegen des Teddys.� Und es kann, wenn es einen Erwachsenen sagen h�rt: �Ich bin wegen dem Regen nicht zu Fu� gekommen� triumphierend eingreifen: �Es hei�t aber �wegen des Regens�!� Kinder genie�en es sehr, wenn sie ihre Erzieher, die doch immerzu an ihnen herumm�keln, sie zu fr�h ins Bett schicken und all das..., bei einem Versto� gegen ihre eigenen Regeln erwischen. Und mit Recht. Denn damit haben sie sich in der Tat ein St�ck �Erwachsensein� erworben. Endlich �groߓ zu werden, also selbst�ndig und unabh�ngig, das ist ein sehnlicher Wunsch aller Kinder. Mit dem �Zwang� der Logik ist es nicht anders. Zun�chst einmal sind alle Regeln ein Zwang, wenn wir sie lernen m�ssen. Aber wenn wir sie �beherrschen�, d.h. selbst�ndig anwenden k�nnen, helfen sie uns entschieden bei der Bew�ltigung allt�glicher Aufgaben. Was bei der Logik sonst noch �zwingt�, ist der Automatismus der Verkn�pfungen, also die �Konsequenz�. (�ber Wittgensteins TLP und das �Logik plus Daten�- Modell schweig ich mal hier, halte es aber f�r falsch..) Aber obwohl ich auf formale Logik nicht wirklich abfahre, finde ich doch, dass die innere Konsistenz eines Standpunkts und seine konsequente praktische Entfaltung in der Zeit ein ganz wesentliches Moment nicht nur der Philosophie ist, sondern unserer praktischen Selbstbehauptung insgesamt (unseres Mensch- und Subjekt-Seins). Dabei ist mir schon klar, dass kein Mensch in jeder Hinsicht konsequent �er selbst� sein kein und nicht alle Menschen in gleichem Umfang. So ist eben das Leben. Dass es Drogenabh�ngige gibt (z.B. mich: ich rauche, wenn auch nur Tabak...) und viele andere Formen der Unselbst�ndigkeit, ist klar, schafft aber die Realit�t von Autonomie nicht aus der Welt (und mag sie immer nur eine partielle sein). Deine Frage, ob man angesichts des �Zwanges� der Logik �berhaupt �man selbst� sein k�nne, beantworte ich also entschieden mit �Ja!� Und zwar erreichen wir Selbst�ndigkeit nicht trotz der Regel�zw�nge�, sondern durch sie. Regeln sind sozusagen das R�ckgrat unseres �aufrechten Gangs�. Sie sind �Hilfen zur Selbsthilfe�. Das gilt nat�rlich nicht f�r alle Regeln. Es geh�rt auch zur Selbst�ndigkeit, �berfl�ssige Regeln abzulegen. Aber kann man ohne Regeln erkennen, wann eine Regel �berfl�ssig ist? Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- Eberhard schrieb: Durch die Gewalt, Eberhard. Eine Norm hat dann Geltungsanspruch, wenn sie mit Gewalt durchgesetzt werden kann. Sonst nicht. So einfach und so primitiv ist das. Und alles andere sind Wunschvorstellungen. Warum? Weil Mensch so funktioniert, dass er nicht immer und auch nicht alle vern�nftig sind. Weswegen auch als Bedingung Nr. 3 f�r das Vorhandensein eines Staates die Regierungsgewalt ist. wenn das Sein das Bewusstsein bestimmt in dem Sinne, dass
das, was jemand meint, durch seine Lebensumst�nde bestimmt wird, dann ist diese Runde witzlos. Spanien ist �berzeugt, dem durch das Bekenntnis zu den Menschenrechten als legitim abgesicherten europ�ischen Gemeinwohl zu dienen, wenn es die afrikanischen Wirtschaftsfl�chtlinge auf abschreckende Weise zur�ck transportiert. Ich bin sicher, die Fl�chtlinge sehen das anders. Und ich bin sicher, dass da ein Konsens nicht m�glich ist. H�ltst du es f�r abwegig, dass hier beide Seiten mit dem Argument 'das kannst du nicht einsehen, weil du kein Europ�er/kein Afrikaner bist' den Dialog aufk�ndigen? Es geht nicht darum, wie wir die Welt gerne h�tten, es geht darum, wie die Welt ist. Und sie ist nun mal so, dass Menschen unterschiedlich leben, unterschiedlich gepr�gt sind, unterschiedliche Weltbilder haben, woraus unterschiedliche Sichtweisen, Normen, Regeln und �berzeugungen resultieren. Weshalb ich sage, wenn wir zu einem Konsens kommen wollen, kann er nur auf dem basieren, was sich unabh�ngig von den Lebenswirklichkeiten zeigt, der humanen Ethik. Und im nationalen Ma�stab sind es konstituierende Grundwerte, niedergelegt im Grundgesetz. Alles andere wird immer nur meine Sichtweise sein, und die werden andere nicht teilen. Dein Beispiel mit der Kindersprache, Urs, zeigt eines: dass das Kind bestimmte Sprachregelungen in einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppierung lernt. In anderen Gruppierungen interessiert das niemanden, da benutzen alle den Dativ und wer den Genetiv benutzt, grenzt sich aus und wird als Fremdling betrachtet, der sich absondern will. F�r dich ist der Genetiv richtig. F�r andere ist er ein negatives soziales Signal. Logik sehe ich nicht so wie du. Logik sind keine aufgestellten Regeln, es ist die Art, wie wir denken. Sie 'fu�t' auf dem 'Grundgesetz' unserer Wahrnehmung, weswegen wir auch gar nicht anders k�nnen als logisch zu denken. Von daher weiche ich von der Aussage, die Logik ist die Struktur der Welt ebensowenig ab wie von der Aussage, Logik ist zwingend. Man kann Zw�nge abwerfen, wenn man sie erkennt. Wenn man also reflektiert. Das setzt aber voraus, dass man reflektiert, was keineswegs selbstverst�ndlich ist. Es setzt sogar voraus, dass man �berhaupt auf die Idee kommt, dass es da etwas zu reflektieren gibt, also etwas, was vielleicht doch nicht selbstverst�ndlich ist. Und - durch Reflexion gewinnst du keine neuen Wahrnehmungsdaten. Ein Blinder kann nicht qua Reflexion zu der Erkenntnis kommen, was rot ist. Deswegen sollte man sich auch nicht mit der �berlegung befassen, wie man sich vorstellen soll, wie andere Leute leben. Denn wenn man das nicht gesehen hat, kann man sich das nicht vorstellen. Tut man es dennoch, kommt man wieder in das Gemeinwohlproblem: ich stelle mir vor, was f�r die Leute gut ist - aber letztlich bleibt es das, was f�r mich gut w�re. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- es erscheint mir sinnvoll, einmal etwas ausf�hrlicher darzulegen, in welchen gr��eren Zusammenh�ngen nach meinen Vorstellungen Begriffe wie �Gemeinwohl� (bzw. analoge Begriffe) ihre Anwendung finden und welche Aufgabe diese Begriffe dabei erf�llen. Ausgangspunkt ist das Raumschiff �Erde�, das mit Individuen und Kollektiven unterschiedlicher Kulturen, Weltsichten und Interessen bev�lkert ist. Durch die erweiterten technischen M�glichkeiten r�cken diese unterschiedlichen Gruppen immer enger zusammen. Die Explosion eines Kernkraftwerkes oder einer �berirdisch gez�ndeten Kernwaffe gef�hrdet die Gesundheit der Menschen rund um den Globus. Die Entwicklung von Aktienkursen, Rohstoffpreisen etc. an der Londoner B�rse hat Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Bedingungen in den entferntesten L�ndern. Durch die wachsenden Abh�ngigkeiten der Individuen und Gruppen voneinander vergr��ern sich die Reibungsfl�chen und Konfliktfelder. Wenn man diese Konflikte dem Machkampf �berl�sst, dann wird es angesichts der Vernichtungskraft moderner Waffen wahrscheinlich keinen strahlenden Sieger mehr geben sondern nur noch strahlende Tr�mmerhaufen. Deshalb muss man nach Wegen suchen, wie Individuen und Kollektive unterschiedlicher Kulturen und Interessen trotz dieser Unterschiede zusammenleben k�nnen. Das erfordert, dass �berall dort, wo Parteien mit ihren Interessen im Konflikt stehen, eine Regelung gefunden wird, die im gemeinsamen Interesse aller beteiligten Parteien liegt und von allen am Konflikt Beteiligten akzeptiert werden kann. Der Wissenschaft kommt dabei die Aufgabe zu, M�glichkeiten der friedlichen Einigung zu durchdenken, und die hierf�r erforderlichen Begriffe und Methoden zu entwickeln. Insbesondere kann die Wissenschaft die Konsequenzen herausarbeiten, die sich aus dem Willen zum Konsens ergeben und sie kann diejenigen Verhaltensweisen und Argumentationsweisen als unzul�ssig markieren, die mit dem Ziel einer friedlichen �bereinstimmung unvereinbar sind. Die Bestimmung der partikularen Interessen durch die Konfliktparteien ist abh�ngig von den Annahmen �ber die Wirklichkeit: zum einen hinsichtlich der verf�gbaren Handlungsalternativen und zum andern hinsichtlich der zu erwartenden Konsequenzen von Handlungen. Aufgabe der empirischen Wissenschaften ist es, Methoden der allgemein akzeptablen Beantwortung von Fragen zur Beschaffenheit der Welt zu entwickeln und anzuwenden. Differenzen, die allein aus einer unterschiedlichen Weltsicht der Konfliktparteien herr�hren, k�nnen dadurch beseitigt werden. Wo die informierten und reflektierten Interessen der Konfliktparteien weiterhin unvereinbar sind, muss eine Konfliktregelung gefunden werden auf der Grundlage einer unparteiischen und wohlwollenden Ber�cksichtigung der Interessen aller Beteiligten. Alles andere erscheint nicht allgemein konsensf�hig. Die inhaltlich richtige Bestimmung dieser am Gemeinwohl orientierten Regelung ist die Aufgabe der unbehinderten �ffentlichen Diskussion, wozu die Wissenschaftler als Experten f�r die Beantwortung spezieller Fragen ihre Beitr�ge leisten. Aus der �ffentlichen Diskussion der Fragen gehen aber nicht notwendig allgemein akzeptable Antworten hervor. Damit kann auch keine definitive Konfliktregelung aus der Diskussion hervorgehen. Au�erdem geht selbst aus der schl�ssigsten Ableitung der gemeinschaftlich besten Regelung noch nicht die Motivation der Beteiligten hervor, nun auch im Sinne dieser Regelung zu handeln. Dazu bedarf es einer institutionalisierten Macht, die die Einhaltung der betreffenden Normen �berwacht. Auch wenn alle Beteiligten gem�� ihren �berzeugungen hinsichtlich der dem Gemeinwohl am besten entsprechenden Regelung handeln w�rden, so erg�be das selbst beim besten Willen aller noch kein sozial koordiniertes und berechenbares Verhalten der Konfliktparteien. Es bedarf deshalb neben der Ebene der Diskussion und Argumentation einer Ebene allgemein anerkannter Verfahren zur Setzung derjenigen Normen, die f�r das Handeln aller Konfliktparteien verbindlich ist � unabh�ngig davon, ob die einzelnen Parteien diese Entscheidung f�r inhaltlich richtig halten oder nicht. Dadurch besteht zwischen der Ebene der Wahrheitsfindung und der Ebene der Erzeugung von Verbindlichkeit ein Spannungsverh�ltnis. Beide Ebenen sind schon deswegen nicht unabh�ngig voneinander, weil sich in Bezug auf die Institutionen und Verfahren der verbindlichen Normsetzung (die gewisserma�en die rechtliche Verfassung einer Gemeinschaft ausmachen), wiederum die inhaltliche Frage stellt, welches die geeignetsten Verfahren sind, um zur Setzung solcher Normen zu kommen, die dem Gemeinwohl am besten entsprechen. Vielleicht hilft diese Skizze des gr��eren Zusammenhangs, in dem ich den Gemeinwohlbegriff und seine Funktion sehe, zu einem besseren Verst�ndnis der meist nur punktuell orientierten Diskussionsbeitr�ge. Einen � weiterhin - sonnigen und farbenpr�chtigen Herbstsonntag w�nscht allen Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Dass man den Gehalt normativer S�tze auf ihre Richtigkeit pr�fen kann, halte ich in der Tat f�r selbstverst�ndlich. So weit sind wir uns offenbar einig. Allerdings bin ich der Meinung, dass sich diese �Richtigkeit� auch mit Zweckm��igkeitserw�gungen begr�nden l�sst. Auch Tatsachen k�nnen in die Begr�ndung von Normen einflie�en. So ist es ja ganz offenkundig im Verfahren der Gesetzgebung. Gesetze werden erlassen, um gesellschaftliche Zust�nde oder Entwicklungen zu gestalten. Und dabei sind Faktenwissen und Prognosen unverzichtbar. Es kann auch ohne weiteres vorkommen, dass eine Regierung sich durch die Realit�ten gezwungen sieht, ein Gesetz zu erlassen � also durch einen Notstand. Trotzdem w�rde in so einem Fall nicht einfach das Sollen aus dem Sein �logisch folgen�, denn es h�ngt erstens von Bewertungen und Interpretationen ab, was als Notstand gilt, und zweitens werden sich die ergriffenen Ma�nahmen ihrerseits an weithin anerkannten Werten orientieren (z.B. an der �Gerechtigkeit�, am �Gemeinwohl� oder auch ganz einfach an der Verfassung). Der Hinweis auf Tatsachen ist also m.E. grunds�tzlich kein Problem bei der Begr�ndung von Normen. Und zwar liegt das zum einen daran, dass diese Tatsachen von vornherein in einem �Raum� der Reflexion herangezogen werden, in dem es um eine Begr�ndung von Normen geht. Und zum zweiten liegt es daran, dass die Geltung der Normen letztlich nicht von ihrer �sachlichen Richtigkeit� oder ihrer �Vern�nftigkeit� abh�ngt (nicht logisch daraus folgt), sondern von der Anerkennung der von der Norm Betroffenen - also von einem mehr oder weniger ausdr�cklichen �Akt� der Entscheidung. Die Entscheidung (�Wollen�) und den �Raum der Reflexion�, in dem Gr�nde f�r die jeweilige Entscheidung erwogen werden, stelle ich mir bei diesen �berlegungen nicht als durch eine Kluft getrennt vor. Der �Wille� ist f�r mich keine blinde Naturmacht (wie Schopenhauer ihn sah), die per se vernunftfremd w�re. Ich glaube �berhaupt nicht an so etwas wie den �Willen an sich�; das ist eine Abstraktion. Vielmehr zeigt sich das Wollen immer in konkreten Entscheidungen konkreter Personen, die in konkreten Situationen aus konkreten Alternativen auszuw�hlen haben. �Der� Wille ist also �immer schon� ein (�inhaltlich�) bestimmter Wille. Und genau deshalb ist er auch bestimmbar durch solche Gr�nde, die von den an der Begr�ndungs-Reflexion Beteiligten �vern�nftig� genannt werden. Es gr��t Dich Deinem �berblick kann ich in Vielem zustimmen, nur veranschlage ich den Einfluss, den ausdr�ckliche, normierte Verfahren auf das friedliche Zusammenleben haben, niedriger als Du. Ich glaube vielmehr, dass die vielf�ltigen Verflechtungen der Menschen, durch die sie einander �ins Gehege kommen� auch die eigentlich treibende Kraft f�r einen friedlichen Interessenausgleich sind. Dieser Interessenausgleich muss dabei gar nicht immer von explizitem Konsens begleitet sein. Und ich finde sogar, dass Gremien, in denen die Repr�sentanten verschiedener, unvers�hnlicher Parteien versuchen, nach geregelten Verfahren zu kosensuellen Entscheidungen zu kommen � dass diese Gremien oft eher die Differenzen zementieren. Das kann dann zu einer L�hmung solcher Institutionen f�hren. Statt Entscheidungen zu f�llen, verteidigt man im Dauergrabenkrieg z�h die je eigene Linie. Das f�hrt bei
Beobachtern zu der ber�hmten �Politikverdrossenheit�. Das Parlament erscheint als �Schwatzbude�, und das Ansehen der Repr�sentanten sinkt bei denen, in deren Namen sie eigentlich handeln sollen. Die L�hmung der Entscheidungsinstitutionen ist das eine m�gliche �bel. Ein anderes �bel ist es, wenn man einen nach dem Buchstaben der Verfahrensregeln korrekten �Konsens� findet, dessen Funktion aber eher in der Ausbootung der Schw�cheren oder der Quertreiber besteht � d.h. wenn das Verfahren von den M�chtigeren
zur Durchsetzung der eigenen Interessen instrumentalisiert wird. Ein solcher �Konsens� ist das Papier nicht wert, auf dem er festgehalten wird, denn er stiftet Unfrieden und Verbitterung, wo es doch um friedlich-schiedliches Auskommen miteinander geht. Also, ich bin nicht gegen Verfahren und Verfahrensregeln, aber ich halte sie nicht wirklich f�r die treibende Kraft der Einigung. (Ich werde auf diesen Punkt bestimmt noch zur�ck kommen, denn er ist wichtig f�r das Verst�ndnis des Gemeinwohl-Begriffs � und f�hrt bei mir zur Unterscheidung eines �expliziten� und eines �impliziten� Gemeinwohls.) Es gr��t Dich Dass man den Gehalt normativer S�tze auf ihre Richtigkeit pr�fen kann, halte ich in der Tat f�r selbstverst�ndlich. So weit sind wir uns offenbar einig. Es mag sein, dass du das f�r selbstverst�ndlich h�ltst, Urs. Andere aber nicht. Kein religi�ser Mensch wird dieser Auffassung zustimmen. Denn f�r ihn sind die entscheidenden Normen von Gott gesetzt und es steht dem Menschen nicht zu, zu �berpr�fen, zu kontrollieren, ob Gott die Normen richtig oder falsch gesetzt hat. Bei denen kommst du mit deinen Argumenten also nicht durch. Macht euch keine Illusionen. Das zentrale Problem ist nicht richtig oder falsch, sondern gut oder b�se. Passt uns nicht, ist aber so. Wenn es um die Frage geht, was ist gut, was ist b�se, kommen wir mit empirisch begr�ndeten Vernunftargumenten nicht weiter. Sie werden nicht geh�rt. Das ist auch richtig so. Denn spezifisch menschlich ist es, sich aus ethischen Gr�nden gegen die vern�nftige Alternative zu stellen. Beispiel: eine schon etwas �ltere Doktrin (Nixon oder Reagan?), wonach Erd�l lebenswichtig f�r die USA ist. Folglich werden die lebenswichtigen Interessen der USA in Nah-/Mittelost verteidigt. Wenn man dann auch noch der �berzeugung ist, die eigene Gesellschaftsform sei die beste und fortschrittlichste, nach der sich alle vern�nftigen Menschen sehnen, dann wird politische Einmischung nicht nur zu einer Frage der Vernunft, sondern auch zum moralischen Akt. Die Bev�lkerung der Erd�ll�nder sieht das anders. F�r sie ist diese Doktrin nicht vern�ftig, sondern b�se, da das Erd�l nun mal anderen Leuten als den USA geh�rt. Die eigene Prosperit�t ist f�r sie kein Grund, die in anderen Kulturen geltenden Normen (Eigentumsrecht) zu verletzen. Mit Vernunftsargumenten kann man zwar zu (vor�bergehenden) Kompromissen kommen, nicht aber zu dem, was imho konstituierend f�r eine Konsensm�glichkeit ist: Vertrauen. Dem Vertrauen darauf, dass die Gegenseite sich aus innerer �berzeugung auch an einen m�glichen Konsens halten wird. Das unterscheidet m.E. den Konsens vom Vertrag. Der Vertrag basiert auf dem do ut des, der Konsens auf der �berzeugung. Deswegen sage ich, der Weg zu einem m�glichen Konsens kann nur �ber die humane Ethik f�hren, wobei ich voraussetze, dass die zum menschlichen Wesen geh�rt, also trotz unterschiedlichster Situationen, an denen sie sich zeigt, bei allen reflektierenden Menschen, also bei denen, die nicht aufgrund von Gef�hlsimpulsen handeln und deswegen �berlegenswerte Alternativen gar nicht sehen, gleich ist. Das trifft gerade auch auf die gro�en Religionen zu. Denn wenn man mal so den gesammelten Stuss Revue passieren l�sst, der auch in diesen Foren als religi�se �berzeugung verk�ndet wird, dann besteht der Unterschied zu den gro�en Weltreligionen darin, dass die nun mal geglaubt werden, w�hrend der Stuss nur paar vereinzelte Anh�nger hat. Daf�r gibt es einen Grund, und genau der sollte uns interessieren. Deutlich gesagt: was ist das unterschiedlichen Religionen Gemeinsame, das zu solchen historisch lang dauernden Massenreligionen f�hrte. Es sollte uns in der Verfolgung des Zieles dienen, eine von allen Menschen anerkannte Basis�berzeugung zu finden, die deswegen allgemein anerkannt wird, weil sie zum menschlichen Wesen geh�rt. So, wie die nat�rlichen Bed�rfnisse bei allen Menschen die gleichen sind, weil es die biologischen Bed�rfnisse des Lebewesens Mensch sind. Das hei�t in der Praxis: die Vernunft ist unverzichtbar, um Entscheidungs- und Handlungsalternativen heraus zu arbeiten. Welche davon aber genommen wird, kann, wenn die Sache zum Frieden f�hren soll, nicht die Vernunft bestimmen, sondern nur die ethischen Prinzipien. Widrigenfalls gibt's fr�her oder sp�ter �rger, ein relevanter Teil der Menschen schreit "Unrecht" und greift zu allen m�glichen Gemeinheiten, um selbiges zu beseitigen. Es bedarf deshalb neben der Ebene der Diskussion und Argumentation einer Ebene allgemein anerkannter Verfahren zur Setzung derjenigen Normen, die f�r das Handeln aller Konfliktparteien verbindlich ist � unabh�ngig davon, ob die einzelnen Parteien
diese Entscheidung f�r inhaltlich richtig halten oder nicht. Eine andere Frage ist die der Durchsetzbarkeit von Normen. Denn machen wir uns nichts vor: Normen setzen Durchsetzungsgewalt voraus. Ohne die geht es nicht. Nicht nur Diktatoren sehen in der Durchsetzungsgewalt die Bracchialgewalt. Im Falle der Durchsetzungsgewalt einer Gesellschaft gegen�ber Kriminellen stimmt das auch. Aber in politischer Hinsicht stimmt das langfristig nicht. Dazu brauchen wir uns nur die Geschichte anzuschauen (aber auch die Gegenwart: Irak). Im gesellschaftlichen, aber auch im internationalen Bereich setzt Durchsetzungsgewalt voraus, dass sie akzeptiert wird. Wird sie das nicht, schl�gt irgendwann die Furcht vor dieser Gewalt um, erst in heimlichen, dann in offenen Widerstand bis hin zum Sturz der Gewalt. Ein Ereignis, das ich einmal (Iran) aus relativer N�he mitbekommen habe und auf dessen Wiederholung ich nun wei� Gott nicht scharf bin. Akzeptiert wird Durchsetzungsgewalt dann, wenn die weit �berwiegende Mehrheit einer Gesellschaft �berzeugt ist, dass die Normen G�ltigkeit haben, dass sie richtig sind, dass sie gut sind, dass sie ihrer eigenen �berzeugung entsprechen. Was in unserer Gesellschaft, wenn es um die von der Wirtschaft (wer immer das sein mag) aufgestellten Normen geht, nicht der Fall ist. Wer liefert die �berzeugungen? Die Denker. Also auch die Philosophie. Aber nur, wenn sie was taugt, das hei�t, wenn das, was sie sagt, wenigstens im Kern wahr ist. Idealistische Spekulationen �berzeugen niemanden. Das ist das, was man zu APO-Zeiten geistige Onanie im Elfenbeinturm nannte (was nicht hei�t, dass man das damals nicht selbst betrieben h�tte). Ich pl�diere daf�r, dass Philosophen sich ihrer Macht und der daraus resultierenden Pflichten und Verantwortungen mal wieder bewusst werden. Sonst machen das n�mlich die Poppers und Huntingdons. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Du sagst, Konsens k�nne nicht aus Vernunftgr�nden, (also nicht aus der �Richtigkeit� von Normen) hervorgehen, sondern aus �ethische Prinzipien�. Ich glaube, Du musst mir erkl�ren, was Du hier mit �Prinzipien� meinst - wenn nicht allgemein geltende, allgemein anerkannte Grunds�tze. Solche �Grunds�tze� nennt man aber von alters her �vern�nftig�. (Kant: Die Vernunft ist das �Verm�gen der Prinzipien�.) � Also, gew�hnt an den Sprachgebrauch der philosophischen Tradition, verstehe ich nicht, was Du meinst. Mein Unverst�ndnis w�chst, wenn ich lese, dass Du diese Prinzipien aus den gro�en religi�sen Traditionen gewinnen willst, und zwar mit der Begr�ndung, dass sich in diesen Traditionen offenbar etwas Allgemeinmenschliches durchgesetzt haben m�sse. Auch das weist wieder in Richtung �Vernunft�, denn der Versuch, religi�se �berzeugungen vom �bernat�rlichen in ein Verh�ltnis zum �nat�rlichen Licht� der Vernunft zu setzen, ist unter dem vielsagenden Namen �Theologie� altbekannt. (Das Wort stammt, wie Du wahrscheinlich wei�t, von Platon.) Anfangs sagst Du schroff, die entscheidende Differenz sei nicht richtig / falsch, sondern gut / b�se. Anders gesagt, nicht Vernunft, nur Ethik kann es bringen. Aber was Du dann doch der vern�nftigen Reflexion, dem menschlichen �Wesen� und der �wahren� (daher �berzeugenden) Philosophie alles zutraust, scheint mir diese rigorose Gegen�berstellung wieder zur�ckzunehmen. Also � was sind �ethische Prinzipien� im Gegensatz zu vern�nftigen? Es gr��t Dich dass die ethischen Prinzipien - die wir nur aus dem Verhalten der Menschen eruieren k�nnen, und unter diesem Aspekt betrachte ich Religionen, n�mlich als Indikator und Begr�ndung menschlichen Verhaltens - vern�nftig sind, ist ein Glaube. H�lt dieser Glaube einer Pr�fung stand? Meiner Ansicht nach nicht. Ich sehe keinen vern�nftigen Grund daf�r, warum Menschen sich nicht gegenseitig um die Ecke bringen sollten, wenn dies aus Vernunftsgr�nden angebracht erscheint. Andere sehen das auch nicht. Sonst g�be es keine Morde, keine Kriege und keine Todesstrafe, keine Unterdr�ckung und keine Diktatur. Das nat�rliche Licht der Vernunft lie� Platon sein Staatskonzept entwerfen (ich habe eine Ausgabe seines Staates aus der Nazizeit mit einer hoch interessanten Einleitung) und Kant lebte im Zeitalter des Absolutismus und hielt viel vom vern�nftigen Fritz. Was sagt denn der kategorische Imperativ, wenn Fritz seinen Soldaten aus Staatsraison einen Kriegszug befiehlt, und einer weigert sich, mitzumachen? R�be ab. Ethik ist nicht vern�nftig. Und weil das so ist, nicht, weil das so sein soll, bitte beachte den Unterschied, sage ich, es ist sinnlos, vern�nftige Normen zu entwickeln, ohne sie letztlich auf ethische Prinzipien zu st�tzen. Weil Menschen diese vern�nftigen Normen nicht auf Dauer akzeptieren werden. Aus Menschlichkeitsgr�nden. M�gen sie ansonsten so vern�nftig sein, wie sie wollen. Dass Menschen ethische Entscheidungen treffen ist ebensowenig vern�nftig wie dass sie essen, trinken und Kinder kriegen (oder auch nicht). Der Mensch ist so. Und der bleibt auch so, auch wenn man versucht, dies noch so vern�nftig hinweg zu argumentieren. Weil es Tatsachen sind, Daten, mit denen die Vernunft operiert, die sie aber nicht schafft. Du kannst eine vern�nftige Moral schaffen. Aber du kannst keine vern�nftige Ethik schaffen. Wenn du eine vern�nftige Moral schaffst, die der Ethik widerspricht, wird sie nicht akzeptiert. Weil Mensch so ist. Ethische Prinzipien k�nnen also nicht vern�nftig entwickelt werden. Sie k�nnen nur beobachtet werden. Die Rolle der Vernunft kann sich nur darauf beschr�nken, allgemeine Prinzipien aus der Beobachtung von Einzelf�llen zu gewinnen. Ich denke, zwei Prinzipien k�nnte man vorl�ufig festmachen: der ethische Wille rebelliert gegen Vernichtung und gegen Leiden. Die Rebellion gegen Vernichtung f�hrt zur Verurteilung von Mord und Totschlag und die Rebellion gegen Leiden z.B. dazu, dass wir entsetzt sind, wenn eine Maus mit heraush�ngenden Ged�rmen bespielt wird und eine Katze nicht. Soweit klarer? Ansonsten wiederhole ich: dass die Ethik vern�nftig sei, ist in meinen Augen nur ein Glaube. Gru� Nun wei� ich immer noch nicht, was Du unter ethischen Prinzipien verstehst � nur, dass sie eine Sache des Glaubens sind, im Gegensatz zur Vernunft. Ich finde diesen doppelten Gegensatz von Vernunft und Ethik und von Vernunft und Glaube zu schroff, ja irgendwie weltfremd. Nehmen wir doch das christliche Gebot der �N�chstenliebe� (gemeint ist die �agape�, die teilnehmende Sorge), wie es im Gleichnis des �barmherzigen Samariters� veranschaulicht wird. (Der Samariter, ein verachteter gesellschaftlicher Au�enseiter, hilft einem verletzen, ausgeraubten Menschen, der am Wegesrand liegt, nachdem zwei Mitglieder der religi�sen Elite achtlos an diesem vorbei gegangen sind.) Darin liegt durchaus ein �ethisches Prinzip�, das sich auch zu einer �vern�nftigen� Norm verallgemeinern l�sst: Zum Gebot der �Mitmenschlichkeit�, die nicht nach irgendwelchen Gruppenzugeh�rigkeiten fragt, sondern sich aus der Einsicht ergibt, dass wir alle bed�rftige Wesen und daher auf einander angewiesen sind. Nicht nur, dass diese Einsicht in ganz verschiedenen Religion zentral ist � sie ist auch jedermann zug�nglich, ohne dass er an eine �dogmatische� Autorit�t glauben m�sste. Man muss also Jesus, der dieses Gleichnis erz�hlt und mit dem Gebot der teilnehmen Sorge verbindet, nicht f�r Gott halten, um die �allgemeine Richtigkeit� dieses Gebots einzusehen. Jeder wei�, dass er jederzeit selbst in eine Lage geraten kann, in der er auf Hilfe angewiesen ist, ja, jeder wei� auch, dass die t�gliche Zuwendung. R�cksicht und Achtung anderer Menschen f�r ihn so wichtig ist wie die Luft zum Atmen. So eine Einsicht nenne ich �vern�nftig�. Allerdings ist das keine unbeteiligte Vernunft im Sinne automatischer logischer Schl�sse. Die Gedankenfolge: �Menschen sind auf einander angewiesen; ich bin ein Mensch, also bin ich auch auf andere angewiesen; also sollte ich anderen helfen, wenn ich meinerseits Hilfe erwarte� ist insofern keine blo� �theoretische� Verallgemeinerung, als ich von ihr unmittelbar betroffen bin. Wenn man diese Wahrheit wie eine wissenschaftliche Aussage ��ber die Beschaffenheit der Welt� zur Kenntnis nimmt, hat man sie nicht wirklich verstanden. Die Einsicht in diese �Wahrheit� bedeutet zugleich: Anwendung auf sich selbst und das eigene Handeln. Auch liegt hier kein �naturalistischer Fehlschluss� vor derart, dass das Sollen aus einem �Faktum� zwingend deduziert w�rde. Die Einsicht in die Gegenseitigkeit der Verpflichtung ist von ganz anderer Art als eine Anwendung des Gravitationsgesetzes bei einer ballistischen Berechnung. Fazit: Die Gegens�tze, von denen Du sprichst, sind in dieser schroffen Form unrealistisch. K�nnte es nicht sein, dass Dein Begriff von Vernunft einfach ein bisschen zu technizistisch ist? (Ich denke da wieder an das positivistische Schema �Logik plus Daten�...) Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Mit Interesse habe ich die seit meinem letzen Beitrag eingegangenen Texte nachgelesen. Die Diskussion hier zeigt, wie komplex die Fragen zum Gemeinwohl und Wohl der Individuen sind. Die Einflussgr�ssen sind zahllos, diffus und schwammig. Trotzdem ist es aber so, dass mit einer gewissen Zuversicht und Selbstverst�ndlichkeit erahnt wird, was mit Gemeinwohl, was mit Individualwohl gemeint ist, respektive gewiss nicht darunter fallen kann oder darf. Es f�llt einem sogar schwer methodische vorzugehen. Das Problem hat meiner Meinung nach folgende Struktur: L�sungen liegen mehr oder weniger vor. Ebenso die Zusammenh�nge. Aber man muss es noch zum Stimmen bringen: wie ein Musikinstrument. F�r eine solche Problemstruktur empfiehlt sich die Methode der Variation der Randbedingungen. Diese Methode wird bei komplexen Problemen angewendet, falls m�gliche L�sungen erahnt werden und zugleich die Randbedingungen eher zuf�llig oder nicht gut bekannt oder nicht eng begrenzend sind. Durch die Variation der Randbedingungen wird gepr�ft, ob vermutete L�sungen stimmen, d.h. hilfreich sind. Diese Methode ist nun auf das vorliegenden Problem anzuwenden. Doch, was ist nun L�sung, was Randbedingung? In obigen Diskussionsbeitr�gen werden, meines Erachtens, die ethischen Normen und Gesetze als L�sungen betrachtet, die noch zu finden sind. Ich sehe in den ethischen Normen und Gesetzen jedoch die Randbedingungen, unter denen sich Gemeinwohl und Individualwohl (also die L�sungen) einzustellen haben. Sobald die Grundstimmung in der Gemeinschaft auf Unwohlsein steht, l�st dies politische und gesellschaftliche Prozess aus, die letztlich zur Variation der Normen und Gesetze f�hren. - Das ist der Lauf der Dinge. Diese Betrachtungsweise entbindet von der Verpflichtung das Gemeinwohl zu definieren und sch�tzt vor der Gefahr, favorisiertes Gemeinwohl und favorisiertes Individualwohl absolut zu setzen - Das ist die positive Seite. Unerwartet ist, dass durch diese Betrachtungsweise die ganze Kulturgeschichte als Ergebnis einer endlosen Reihe von Versuch und Irrtum entlarvt ist. Das scheint die negative Seite zu sein. Doch dem ist nicht so. Denn s�mtlichen Ideologien ist dadurch der N�hrboden entzogen: Es wird klar, dass niemand vor Irrtum gesch�tzt ist, dass der Zweck die Mittel nicht heiligt, dass das Bauchgef�hl (sprich, beispielsweise: Menschenrechte) in nat�rlicher Weise das Machtgef�hl in die Z�gel nehmen darf. Stehen am Ende dieser Betrachtungsweise nun nichts anderes als Leerformeln f�r das Gemeinwohl und das Individualwohl? Nein! Beide sind begr�ndeter weise nicht leer: favorisierte Wohle d�rfen nicht absolut gesetzt werden, Gemeinwohl schr�nkt Individualwohl ein und Individualwohl schr�nkt Gemeinwohl ein, beide Wohle sind orts- und zeitabh�ngig, was sich aber in deren gemeinsamen Kern nur marginal manifestiert (z.B. Menschenrechte). ... Ich lass es dabei bewenden und h�re gerne mal zu --- Euer Alltag Du schreibst: �Ethische Prinzipien k�nnen � nicht vern�nftig entwickelt werden. Sie k�nnen nur beobachtet werden. Die Rolle der Vernunft kann sich nur darauf beschr�nken, allgemeine Prinzipien aus der Beobachtung von Einzelf�llen zu gewinnen.� Danach sind Menschen von Natur aus mit einer inneren Instanz ausgestattet, die entscheidet, was gut und b�se ist. Die Urteile dieses humanen Ethos sind bei allen Individuen dieselben und man kann und muss sie beobachten und systematisieren. Dagegen spricht, dass die Wissenschaften vom Menschen bisher eine solche Instanz nicht gefunden haben. Die Kontroverse um den Schwangerschaftsabbruch l�sst von einer einheitlichen ethischen Instanz in allen Menschen z.B. wenig erkennen. Es gr��t Dich Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- @Urs: Das steht aber nicht im Text. Im Text steht: Von ungef�hr aber ging ein Priester jenen Weg hinab; und als er ihn sah, ging er an der entgegengesetzten Seite vor�ber. 32 Ebenso aber kam auch ein Levit, der an den Ort gelangte und sah [ihn] und ging an der entgegengesetzten Seite vor�ber. 33 Aber ein Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin; und als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt; 34 und er trat hinzu Da steht "wurde er innerlich bewegt". Klar kannste dir das nachtr�glich vern�nftig zurecht legen. Dat kannste mit allem machen. Ich leg dir auch nen Mord vern�nftig zurecht. Aber so operieren Religionen nicht. Religionen operieren damit, dass sie konkrete Situationen vor Augen f�hren, an denen sich der ethische Willen zeigt. Was machte denn den Samariter zum barmherzigen Samariter? Die Ignoranz der Priester. Und die daraus folgende Reaktion: ne, so nich. Vgl. Koran Sure 107: Wo ist da Vernunft? Hier wird der f�r unglaubw�rdig erkl�rt, der unethisch handelt. Dass er unethisch handelt, wird nicht logisch bewiesen, sondern gezeigt - durch die Reaktion im H�rer bzw. Leser. Du musst zugeben, genau diese Methode funktioniert. Und zwar besser, wirksamer und nachhaltiger als alle vern�nftigen Erkl�rungen. Tatsache. sondern sich aus der Einsicht ergibt, dass wir alle bed�rftige Wesen und daher auf einander angewiesen sind. Beweis mal, Urs. Beweis das denen, die der Auffassung sind, ein Teil der Menschen auf unserer Erde, auch hier bei uns, seien �berfl�ssig, unproduktiv und nicht zu gebrauchen. Die werden dir n�mlich nachweisen, dass ihre Ansicht vern�nftig ist und nicht deine. Wie gesagt, du glaubst nur, dass deine Ansicht vern�nftig ist. Aber das wird einem Beweis nicht standhalten. Wenn man diese Wahrheit wie eine wissenschaftliche Aussage "�ber die Beschaffenheit der Welt" zur Kenntnis nimmt, hat man sie nicht wirklich verstanden. Die Einsicht in diese "Wahrheit" bedeutet zugleich: Anwendung auf sich selbst und das eigene Handeln. @ Alltag: @Eberhard: Entscheidet diese angenommene Instanz, was gut und was b�se ist? Nach welchem Ma�stab? Und was soll dann gut und b�se sein? In den Religionen ist Gott der Gesetzgeber. Ich denke, das Problem ist die Frage. Das, was Menschen f�r gut halten, ist durchaus unterschiedlich und nicht so klar, wie es scheint. Aber was b�se ist, l�sst sich imho klar sagen: b�se ist das, was wir aus humanen Gr�nden nicht wollen. Das hei�t, es ist nicht so, dass wir das B�se nicht wollen, sondern so, dass wir das, was wir nicht wollen, das B�se nennen. Dagegen
spricht, dass die Wissenschaften vom Menschen bisher eine solche Instanz nicht gefunden haben. Die Kontroverse um den Schwangerschaftsabbruch l�sst von einer einheitlichen ethischen Instanz in allen Menschen z.B. wenig erkennen. Etwas anderes ist Schwangerschaftsabbruch mit dem Motiv der Selektion. Das kam �fter mal vor. Menschen handeln bekanntlich nicht immer menschlich. Vielleicht muss man M�glichkeiten erst zeigen. Historisches Beispiel: vor Mohammad war es durchaus normal, unerw�nschte neugeborene M�dchen im W�stensand zu vergraben. Und dann verk�ndete Mohammad in einer Sure �ber das J�ngste Gericht: "wenn das M�dchen, das (nach der Geburt) verscharrt worden ist, gefragt wird, wegen was f�r einer Schuld man es umgebracht hat" - da lie� man diesen Brauch sein. Ich denke, man kommt diesem Ph�nomen nicht auf die Spur, wenn man sagt, dass man da eben dran glauben muss. Erkl�rt n�mlich nicht, warum Menschen begannen, daran zu glauben. So leichtgl�ubig waren die Menschen auch fr�her nicht. Anders gesagt, der Glaube an einen Gott erkl�rt nicht das Ph�nomen Religionen. Und ich vermute mal, der Glaube an ein Gericht nach dem Tod erf�llt eine wichtige Funktion: wenn man f�r seine Handlungen verantwortlich ist, reflektiert man sie kritisch. Das scheint eine Voraussetzung f�r das Auftreten der humanen Ethik zu sein. Fazit: ich denke schon, dass es gen�gend Ph�nomene gibt, die die Auffassung, es gibt eine dem Menschen wesentliche humane Ethik zumindest als pr�fenswerte Hypothese rechtfertigen. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Ein paar schweifende Gedanken zum Verh�ltnis �des Kognitiven (�Vernunft�) und des Volitiven (�Wille�). Ich hatte ja behauptet, diese beiden Momente seien nicht durch eine Kluft voneinander getrennt. Seit Kants Versuch, die Moralit�t von Handlungsnormen allein aus ihrer Form � ihrer ausnahmslosen Verallgemeinerbarkeit � abzuleiten, sind die �Bed�rfnisse� und �Neigungen� der handelnden Individuen in ein ung�nstiges Licht ger�ckt. Denn ist der Wille des Subjekts durch individuelle Neigungen oder kontextgebundene Varianzen bestimmt, so ist er zugleich unfrei, da der �Kausalit�t der Natur� unterliegend, und unmoralisch, da �eigenn�tzig�. Die anthropologischen Voraussetzungen dieser Konstruktion sind aber m.E. falsch. Man muss s�mtliche Sozialisationsprozesse, durch die wir schrittweise unsere Begierden zu kontrollieren und zu formen lernen, vergessen, um sie plausibel zu finden. Wir fressen nicht, wann immer wir Nahrung sehen, wir fallen nicht gierig dar�ber her und verschlingen sie, sondern wir haben gelernt, unseren Hunger bis zur Mittagspause oder der gemeinsamen Mahlzeit zu beherrschen, wir bereiten die Nahrung (mehr oder weniger)
kunstvoll zu, wir schmatzen und schlingen nicht, wir beschmutzen nicht unsere H�nde und Kleider, wir reichen einander die Sch�sseln usw. Darum kann man unsere kultivierten, d.h. durch Normen kontrollierten Bed�rfnisse nicht grunds�tzlich als vernunftfremd und unfrei ansehen. Und: Ohne die langj�hrige �bung der Bed�rfniskontrolle (die von Anfang an etwas anderes ist als eine stumpfsinnige Abrichtung oder rigide Askese), w�ren wir gar nicht in der Lage, moralisch zu handeln � n�mlich unser eigenes Handeln nach allgemeinen Regeln zu beurteilen und zu vollziehen. Moralisches Handeln ist praktiziertes Feingef�hl, nicht Vergr�berung (und die Kantsche Konstruktion ist, mit Verlaub, sehr grob geschnitzt). Ich sehe also zwischen �Naturkausalit�t� (Trieb) und vernunftgem��em gemeinschaftlichem Handeln keine schroffe Alternative, sondern eine Abstufung und Vermittlung. Zuzugeben ist, dass es dabei zu gro�en Unterschieden zwischen den Individuen, Gruppen, Kulturen kommt. Und die f�hren dann auch immer wieder zu schroffen Konflikten. Aber wir sehen auch, dass die Entwicklung unaufhaltsam zu einer �Weltgesellschaft� voranschreitet, indem gewisse Standards und Normen sich - nebst globalen Institutionen - weltweit etablieren. Und ich glaube eben, dass sich die Vernunft der universell (global) geltenden Normen wenn �berhaupt, dann durch diesen m�hsamen Vermittlungsprozess im Kleinen
durchsetzt. Die Risiken und Konflikte, die er dabei verursacht, sind wohl nicht nur nicht zu vermeiden, sondern k�nnen ihn auch vorantreiben, wenn es gelingt, daraus Konsequenzen zu ziehen. Es gr��t Euch Quote:Da steht "wurde er innerlich bewegt". Klar kannste dir das nachtr�glich vern�nftig zurecht legen. Dat kannste mit allem machen. Ich leg dir auch nen Mord vern�nftig zurecht. Aber so operieren Religionen nicht. Religionen operieren damit, dass sie konkrete Situationen vor Augen f�hren, an denen sich der ethische Willen zeigt. Was machte denn den Samariter zum barmherzigen Samariter? Die Ignoranz der Priester. Und die daraus folgende Reaktion: ne, so nich. Ein bisschen Kontext sollte man immer mitlesen. Bevor das Samariter-Gleichnis erz�hlt wird, ist von den beiden wichtigsten Geboten (aus dem mosaischen �Gesetz�) die Rede, der Liebe zu Gott und der N�chstenliebe: �Liebe deinen N�chsten wie dich selbst.� Bei Matth�us (22, 40) hei�t es dazu unmissverst�ndlich: �An diesen beiden Geboten h�ngt das ganze Gesetz und die Propheten.� Im Markus-Evangelium (12, 33) wird gesagt: Diese Gebote befolgen, �das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer�, sprich: mehr als alle blo�en Rituale. Und Paulus im R�merbrief (13, 10): �So ist nun die Liebe die Erf�llung des Gesetzes.� Daran �h�ngt� das ganze Gesetz; die Liebe ist die �Erf�llung� des Gesetzes... - wie immer man das n�her deuten mag, soviel wird doch klar, dass es sich um �grunds�tzliche�, �prinzipielle� Gebote handelt Das Gleichnis wird dann erz�hlt als Antwort auf die Frage des Pharis�ers: �Wer ist denn mein N�chster?� Nach der Erz�hlung antwortet Jesus mit der Gegenfrage: �Wer von diesen dreien, meinst du, ist dem zum N�chsten geworden, der unter die R�uber gefallen war?� Du hast schon Recht: Der Samariter hat aus Mitgef�hl gehandelt, nicht weil er ein Gebot in kantianischer Pflichterf�llung exekutierte (also ohne �Neigung�). Aber dass er spontan und wie selbstverst�ndlich das Richtige tat, w�hrend Priester und Levit, die sich doch gut mit dem �Gesetz� auskennen sollten, gar nicht erst auf die Idee kamen, es hier und jetzt anzuwenden � das ist das Entscheidende. Denn damit wird zu verstehen gegeben: wer so handelt, der braucht eigentlich keine Gesetzb�cher und keine Schriftgelehrsamkeit. Wenn er als mitf�hlender Mensch an seinesgleichen handelt, dann handelt er im �Geist� des �ganzen� Gesetzes. Dieses Gebot ist f�r ihn also kein Imperativ, kein �u�erer Zwang, dem er sich sklavisch beugte. Er hat es sich zu eigen gemacht, d.h. es bestimmt sein ganz �nat�rliches�, beobachtbares Handeln. Wenn Du von �Vernunft� regelgerechte Schl�sse und Beweise erwartest � also Theorie -, dann gehst nat�rlich hier leer aus. Hier wird das �Prinzip� in seiner Wirksamkeit gezeigt, also an dem, worauf die ganze Ethik schlie�lich zielt: dem unmittelbaren Handeln. Es gr��t Dich So langsam m�chte ich aber mal die Kurve zur�ck zum Gemeinwohl kriegen...
-------------------------------------------------------------------------------- versuchen wir, die Kurve zu kriegen zur�ck zum Wohl des Ganzen und zum Wohle (Prost!??) der Einzelnen. Wenden wir uns zuerst dem Wohlergehen des Einzelnen zu, von alltag k�rzer �Individualwohl� genannt. Was macht mein Wohlergehen aus? Was ist gut f�r mich? Erste Antwort: Aber mein Wille, dass x realisiert wird, verschwindet, - wenn ich feststelle, dass x gar nicht realisierbar ist (die Alternative x war gar keine Alternative), oder - wenn ich die noch bessere Alternative y ber�cksichtige (eine vorhandene Alternative y wurde nicht ber�cksichtigt), oder - wenn ich von negativen Eigenschaften und/oder Konsequenzen erfahre (mein Wissen �ber x war falsch oder unvollst�ndig) oder - wenn ich durch Nachdenken �ber die Herkunft meiner Motive f�r x feststelle, dass diese Motive mit der Bewusstmachung ihre Kraft verlieren (mein Wunsch nach x beruhte auf unbewussten, nicht verarbeiteten Konflikten oder Traumatisierungen). In all diesen F�llen ist mein Wille nicht dauerhaft, x ist nicht das, was ich wirklich will. Ich formuliere deshalb um: Gut f�r mich ist das, was m�glichst dauerhaft meine W�nsche erf�llt. Hier mache ich erstmal eine Z�sur. Gr��e an alle Freunde lebendiger philosophischer Argumentation von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- @ Eberhard, @ Urs_meint_Euch, @Abrazo, (mich interessiert, wie Du es sagen w�rdest.) Erneut nutze ich die Methode der Variation der Randbedingungen. Die Frage nach dem Gemeinwohl und dem Individualwohl h�tte auch von einem Ureinwohner, von Laotse, Buddha, Plato usw. gestellt werden k�nnen. Dies zeigt den grossen Variationsbereich der Randbedingung auf und zwingt die Bedeutung der Sprache und des Kulturkreises in nicht geahnter Weise zu relativieren. Das Gemeinsame, ohne welches Gemeinwohl schlicht nicht m�glich w�re, muss ausserhalb von Sprache und Kulturkreis liegen! Nota bene, wenn hier von Gemeinsamem die Rede ist, muss das gr�sste Gemeinsame gemeint sein, sonst w�rde Gemeinwohl, ohne Not, eingeschr�nkt. Wie soll irgend Jemand weniger abh�ngig von seinem Sprach- und Kulturkreis sein, ausser er versetzt sich in seine fr�he Kindheit zur�ck? Zur�ck in die Zeit, als er nicht viel mit der ihn umgebenden Kultur anfangen und die Sprache selbst noch nicht nutzen konnte, weil er selbst noch nicht so weit war. Diese �berlegung zwingt die Lebenssituation in der fr�hesten Kindheit zu beachten und sie n�her zu betrachten. Zum einen handeln und verlangen S�uglinge ihren individuellen Bed�rfnissen entsprechend. Zum anderen ist deren Handelungsspielraum so sehr �hnlich, dass nur Eltern und erfahrene Kinderbetreuer/innen Unterschiede erkennen. Das l�sst nun vermuten, dass S�uglinge die Welt und ihre Lebenssituation sehr �hnlich schildern w�rden, falls sie dies in einer verst�ndlichen Weise tun k�nnten. Somit ergibt sich hier einen Ansatz f�r die gr�sste Gemeinsamkeit. Wenn wir aber an Buddha, Plato oder irgend einen Inuit als S�ugling denken, kann �ber die klimatischen und historischen Unterschiede nicht hinweggeschaut werden. - F�r den Fortschritt des Gedankengangs hier, ist es somit entscheidend, ob die Abh�ngigkeit von Ort und Zeit prinzipiell oder scheinbar ist. Ich will bei dieser Frage einen Zwischenhalt machen. --- Euer Alltag -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Versuchen wir, die Kurve zu kriegen zur�ck zum Wohl des Ganzen und zum Wohle (Prost!??) der Einzelnen. Ja, zum Wohle! Ich wei� nicht, wie es Euch geht, aber ich bin und war w�hrend meiner letzten Beitr�ge absolut n�chtern, so dass ich den �berblick nie verloren habe. Und nach dem in den Beitr�gen Nr. 90, 102, 113, 118, 119 Gesagten ist es nun ganz leicht, auf den Punkt zu argumentieren. :-) - - - - - - Eberhard, Du sprichst von einer �m�glichst dauerhaften� Erf�llung �meiner� W�nsche... Dazu kurz ein R�ckblick auf das Samariter-Gleichnis: Dort wird Jesus n�mlich eingangs gefragt: �Meister, was muss ich tun, damit ich das ewige Leben erbe?� (Lukas 10, 25) Der Fragende denkt also an sein Individualwohl, und zwar an ein �m�glichst dauerhaftes�. Dauerhafter als ewig geht wohl nicht. Darauf bekommt er zuerst die beiden Gebote genannt, die er einhalten m�sse: Liebe deinen Gott mit aller Kraft und liebe deinen N�chsten wie dich selbst. - Wenn wir, als gegenw�rtige, ganz und gar n�chterne und aufgekl�rte Leser, einmal den Glauben an Gott und ein �ewiges Leben� beiseite lassen, als Voraussetzungen, die wir nicht teilen, dann bleibt umformuliert von Frage und Antwort dies �brig: Was muss ich tun, um eine m�glichst dauerhafte Erf�llung meiner W�nsche (= mein Individualwohl) zu erreichen? Dabei ist das Verb �lieben� nicht als erotisches Begehren � �Neigung� � zu verstehen, sondern als �teilnehmende Sorge� (es geht nicht um �eros�, sondern um �agape�). Die Antwort lautet darum pr�zisiert: Und dann folgt, als Antwort auf die Frage: �Was soll �N�chster� bedeuten?� das Gleichnis. Es wird also keine theoretische Antwort gegeben, um die Interdependenz von Individualwohl und Gemeinwohl nachvollziehbar zu machen. Es wird stattdessen die Perspektive des handelnden Individuums beibehalten. Ich m�chte aber nicht vers�umen, auf die Pointe dieses Dialogs hinzuweisen. Wenn ich danach frage, wie ich mein eigenes Wohl (den Zweck) erreichen kann, so frage ich danach, wie mein Handeln (das Mittel) zweckm��iger Weise sein sollte. Die Antworten, die ich darauf erhalte, sind dann methodische Anweisungen, also Gebote, Imperative: �Du musst a, b, c... tun!� Wenn nun b ersetzt wird durch: �Du musst dich genauso um das Wohl deiner Mitmenschen k�mmern wie um dein eigenes!� dann ist das eine paradoxe Antwort, mit der ich aus meiner strategischen Ich-Perspektive unmittelbar nichts anfangen kann. Und das liegt daran, dass diese Antwort implizit eine Kritik an der strategisch verengten Ich-Perspektive ist. Es wird gesagt: �Du wirst dein eigenes Wohl nur erreichen, wenn du nicht immerzu nur an dein eigenes Wohl denkst. Du musst eine Perspektive gewinnen, die das Wohl deiner Mitmenschen integriert." Oder: "Du musst das Wohl deiner Mitmenschen in deinen individuellen Zweck mit aufnehmen, es dir 'zu eigen' machen." Oder: "Du darfst deine Mitmenschen nie nur als Mittel zu deinen Zwecken ansehen, sondern immer auch als Zwecke deines Handelns. - Beispiel: der hilfsbereite Samariter.� Das bedeutet: Solange ich nur nach meinem individuellen Wohl frage, bekomme ich als Antworten Imperative. Solange sind die Dinge, die ich tun muss, um es zu erreichen, technische Zw�nge. Diese sozusagen methodische Kritik teile ich. Es kann in der Theorie des Gemeinwohls m.E. zu nichts Gescheitem f�hren, wenn man den Standpunkt des Individualinteresses konsequent und unver�ndert festh�lt und versucht, das Gemeinschaftsinteresse auf eine Menge von Individualinteressen zu reduzieren. Die Theorie des Gemeinwohls muss sozusagen �dynamische� Momente in sich aufnehmen, die es erlauben, den �Standpunkt� des Individuums als Momentaufnahme innerhalb eines Prozesses zu konzipieren � und zwar eines Lernprozesses (�Vergesellschaftung�, �Sozialisation�), durch den das Individuum im Verfolg seiner Interessen die Interessen der Gemeinschaft zu integrieren lernt. Ich hoffe, nun ist auch aus Euren individuellen Perspektiven erkennbar, dass das Samariter-Gleichnis keine individualistische Pirouette meinerseits war, sondern durchaus ein Beitrag zu unserem gemeinsamen Thema... Es gr��t Euch Zwischenspiel <pour fixer les id�es>: Kaspar Hauser, das Findelkind von N�rnberg, hatte sich schon ziemlich in die Gesellschaft eingelebt, als sein Lehrer und Ziehvater auf einem langen Spaziergang Richtung Horizont zeigte: Im Weitern ist methodisch nebst den Randbedingungen nun auch noch die Perspektive zu variieren. Denn nicht als Aussenstehender d�rfen die Fragen beantwortet werden, wie: Was erlebt ein Baby, ein Embryo, ein F�tus, und wie sieht sein Alltag aus? Sondern aus deren Sicht und mit Hilfe derer (vermuteten) F�higkeiten, sonst wird das Nachweisverfahren mehr als n�tig durch Sprache und Kultur beeinflusst. Aus der Sicht eines Ungeborenen �lplers, Indios, Afrikaners usw. ist die Welt so �hnlich, dass sie mit Fug und Recht Ur-Alltag, oder Ur-Welt genannt werden darf. Kann diese Urwelt Quelle der Fundamental-Ethik sein? @Urs, Und stelle fest: Offensichtlich f�hren viele Wege nicht nur nach Rom, sondern auch zum Gemeinwohl. Euer Alltag /1/ Nota bene: Diese Filmsszene verdeutlicht eindr�cklich die Wirkung der Perspektive. Und l�dt ein sich gedanklich in Kaspar Hausers Kleinkindwelt zu versetzen: Gefangen im Turm, in der Isolation, ohne je die Umgebung ausserhalb des Turmes gesehen zu haben, merkt Kaspar den Tagesrhythmus. Er vernimmt die chaotischen Ger�usche von Wind und Wetter, das Gezwitscher der V�gel, die er ebenso wenig je gesehen hat, wie die Kirche deren Glockenschlag zu ihm dringt. Diese Ger�uschwelt und das eint�nige Leben im Turmzimmer merkt er sich ohne Worte. Denn er hatte in der Isolation weder sprechen gelernt noch jemand sprechen h�ren. Er lebte ausserhalb von Sprache, ausserhalb von Kultur. Getrieben von den bisherigen �berlegungen, die im Individualleben immer weiter zur�ck f�hrten, also einen statt �lter immer j�nger werden l�sst, werden nun die Randbedingungen weiter variiert. Das Turmzimmer verwandelt sich: W�nde, Boden und Decke werden zu dickem Samt. Der Samt deckt T�r, Fenster und alle Gegenst�nde spurlos zu. Der Raum f�llt sich mit k�rperwarmem Wasser. Kaspar taucht unter, schwebt darin und f�hlt sich herrlich wohl, weil ihm alles Lebensnotwendige, auch der Sauerstoff, �ber eine Leitung direkt ins Blut zugef�hrt wird. Nase, Mund, und Lunge sind voll Wasser, so dass der Geruchs- und Geschmackssinn keine �nderungen wahrnimmt. Ebenso ist es mit dem Gesichtssinn, weil weil praktisch kein Licht zu ihm dringt. -------------------------------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------- Kleiner Einschub zum Thema Kultur und Zivilisation f�r Urs: Auf der kleinen Treppe einer Haust�r sa� Albert und a� Salat. Nein, er a� nicht. Er fra�. Mit dreckigen, gelbbraunen Fingern griff er in die wei�e Plastikschale, holte sich eine ganze Handvoll heraus, Gurken, Tomaten, Thunfisch, ein wei�lich tropfendes Gemengsel, stopfte es sich in's zahnlose Maul, w�hrend Salatbl�tter am Kinn klebten und schmieriges �l auf Brust und Bauch troff. Mit glasigen, hervortretenden Augen schaute er uns an, gurgelte irgendeine unverst�ndliche und wohl auch unaussprechliche Zote und widmete sich wieder seiner Schale, die l�ngst das Aussehen eines aus dem M�ll gefischten Napfes angenommen hatte. Ne? Habbisch so gesehen. Hier in Deutschland. Erstens aber setzen Kultur und Zivilisation die Befriedigung der biologischen Bed�rfnisse voraus. Von Menschen, die hungern, frieren und kein Dach �ber dem Kopf haben kannst du keine R�cksichtnahme auf die Bed�rfnisse anderer verlangen. Also kann Gemeinwohl zun�chst einmal nur die Befriedigung dieser Bed�rfnisse sein. Sofern das nicht geschieht, k�nnen wir eine weiterf�hrende Diskussion von Gemeinwohl vergessen. Merke: es gibt etliche Weltgegenden, in denen die Befriedigung der elementaren Bed�rfnisse der Bev�lkerung noch lange nicht erreicht ist. Ich bin nicht gesonnen, dies zu vergessen, wenn wir davon reden, dass wir auf dieser Erde alle in einem Boot sitzen. Da sitzen die auch mit drin. Aber wir sehen auch, dass die Entwicklung unaufhaltsam zu einer �Weltgesellschaft� voranschreitet, indem gewisse Standards und Normen sich - nebst globalen Institutionen - weltweit etablieren. So. Das w�re Abschnitt eins. Denn ich denke, es hat wenig Sinn zu versuchen, etwas �ber Gemeinwohl zu sagen, ohne dass klar ist, wer alles in dieses Gemeinwohl eingeschlossen werden muss. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- n�chster Abschnitt: Unterschiede im Denken. Judentum und Islam sind Gesetzesreligionen. Bei denen kann man mit dem Gebot der N�chstenliebe keinen Blumenpott gewinnen, weil ihnen das zu wenig ist. Beim Judentum kenne ich mich zu wenig aus, aber im Islam regeln diese Gesetze zumeist das Zusammenleben in der Gemeinde. Dass Gl�ubige in einer Gemeinde zusammenleben - letztlich sind alle Moslems eine Gemeinde - wird als selbstverst�ndlich vorausgesetzt. Folglich wird auch das Gemeinwohl als selbstverst�ndlich vorausgesetzt. Und es ist das Gemeinwohl, das das Individualwohl garantieren soll, weil es jedem Individuum den Schutz, die Lebenssorge und Sicherheit garantieren soll, die es braucht, um sein Individualwohl zu verwirklichen. Und zwar nicht aus spontaner N�chstenliebe, sondern aus codifizierter religi�ser Pflicht. Wir sehen also, dass in diesem Kulturraum die Diskussion genau anders herum laufen m�sste, n�mlich, wie kann das �ber allem stehende Gemeinwohl das Individualwohl verwirklichen. Und das f�hrt zu einem anderen Denken und zu anderen Problemen. Muss man sehen. Sonst kann man nicht kommunizieren. Im chinesischen Kulturraum hat �brigens meines Wissens auch das Gemeinwohl Vorrang vor dem Individualwohl. Das hei�t: wenn wir von Individualwohl vs. Gemeinwohl sprechen, sollten wir uns klar machen, dass man die Sache von zwei Seiten angehen sollte: Individualwohl und Gemeinwohl werden n�mlich, je nach Kulturraum, beide infrage gestellt. Einigkeit d�rfte hingegen darin bestehen, dass in als allgemein anerkannte Normen auch beide eingehen m�ssen. Wenn wir die Sache allerdings rein vom Individuum her aufbauen, dann m�ssen wir auch wissen, dass das eine Diskussion ist, die auf unseren Kulturraum beschr�nkt ist und die andere nicht interessiert, f�r sie auch nicht zu konsensf�higen Ergebnissen f�hren kann. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Dass es Elend in Deutschland und auf der ganzen Erde gibt, wei� ich. Ich will es weder �bersehen noch wegerkl�ren. Im Gegenteil. Ich sehe vielmehr, dass wir Wohlhabenden wegen der inzwischen weltweiten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen eine weltweite Mitverantwortung f�r die Armut haben. Wir Europ�er profitieren n�mlich unmittelbar vom Elend in den anderen L�ndern und von der sich immer weiter �ffnenden Schere zwischen Arm und Reich auf der Welt. Der Wohlstand, den wir genie�en und anderen vorenthalten, verpflichtet uns zum Teilen und zur Anteilnahme. Und das nicht nur auf der Basis von gelegentlichen Almosen. (Der Begriff des Gemeinwohls ist ein verpflichtender Begriff, und die Verpflichtung erstreckt sich immer genauso weit, wie andere vom eigenen Handeln betroffen sind.) Wenn wir und unsere �konomischen Eliten und politischen
Repr�sentanten nicht rechtzeitig freiwillig f�r eine gerechtere Verteilung des Wohlhabens und der Chancen sorgen, wird uns der Druck der Verh�ltnisse dazu zwingen. Ich bin mir der Risiken sehr wohl bewusst. Sie sind ja nicht zu �bersehen. Aber gibt es eine Alternative zur Fortsetzung des �zivilisatorischen Prozesses�? Was willst Du mit den Elendschilderungen beweisen � dass Zivilisation eine Illusion ist? Sollen wir die Brocken hinschmei�en und in die Urw�lder zur�ckgehen? Da ist aber nicht mehr genug Platz, und au�erdem m�ssten wir das Tier-Sein erst wieder von der Pieke auf lernen. Es ist n�mlich verh�ltnism��ig leicht, mit den Tischmanieren eines Raubtiers zu fressen. Aber nicht so leicht, �berhaupt an etwas Fressbares heranzukommen ohne alle technische Hilfsmittel und ohne verl�ssliche arbeitsteilige Organisation der Gemeinschaft. Es gr��t Dich ich sehe nun in unserer Diskussion ein Problem. Wenn du, Eberhard, vom Individualwohl ausgehst und von dort aus Normen f�r das Gemeinwohl aufzubauen suchst: was ist, wenn das eigene Individualwohl mit dem als h�herwertig angesetzten Gemeinwohl der Gruppe kollidiert? Wenn also das Individuum sagt, ja, ich w�rd schon gern wollen, aber wichtiger ist mir die Zugeh�rigkeit zu meiner Gruppe? Ich m�chte hier gern den Aspekt der friedlichen Koexistenz unterschiedlicher Lebensformen einf�hren. Ob wir von unserer eigenen Gesellschaft sprechen oder von den Gesellschaften auf unserer Erde, ich denke, wenn wir diesen Aspekt bei der Diskussion des Gemeinwohls au�en vor lassen, wird unser Gemeinwohl eher zu einer Norm f�r Individuen ausarten, die ihre Gruppenidentit�t ignoriert und deswegen nicht konsensf�hig ist. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- es geht um die Bestimmung dessen, was zum Wohle eines Individuums ist. Ich hatte sinngem�� geschrieben: es geht einem Individuum dann gut, wenn das verwirklicht wird, was das betreffende Individuum m�glichst dauerhaft will. Diese Formulierung ist offensichtlich missverst�ndlich, wie die Reaktion von doc_rudi zeigt. Damit ist nicht gemeint, dass das Wollen eines Menschen �ber die Zeit hin unver�ndert bleiben muss. Das Wollen eines Menschen bezieht sich immer auf eine bestimmte Entscheidungssituation. Wenn sich die Situation �ndert, dann stellt sich die Frage, was gewollt wird, neu. Ich erg�nze deshalb meine Formulierung wie folgt: Es geht einem Individuum dann gut, wenn das verwirklicht wird, was das betreffende Individuum - bezogen auf eine gegebene Situation - m�glichst dauerhaft will. Mit �m�glichst dauerhaft� ist gemeint, dass der Wille nicht fehlerhaft und somit korrekturbed�rftig ist, weil die gegebene Situation falsch gesehen wurde. Die m�glichen Fehler hatte ich aufgelistet. Noch ein Satz zu doc_rudi. Deine globalen Formulierungen, dass lebende Systeme das Interesse der Selbsterhaltung und der Selbstentfaltung haben, taugen nicht zur Bestimmung und vern�nftigen L�sung konkreter Konfliktsituationen zwischen Individuen oder Gruppen von Individuen. Der Kritik von Urs an der individualistischen Perspektive halte ich entgegen, dass es um die L�sung tats�chlicher Konflikte geht und dass deshalb die wirkliche Interessenlage der Beteiligten dazu herangezogen werden muss. Es ist zwar richtig, dass die Menschen immer schon sozialisiert sind und auch bestimmte Vorstellungen vom moralisch richtigen Handeln und vom Gemeinwohl haben. Um die Konflikte zu erfassen, muss jedoch vom (m�glichst fehlerfreien) Wollen der Beteiligten ausgegangen werden. Um das eigene Wollen festzustellen, muss sich das Individuum die Frage stellen: Was will ich � einmal abgesehen von allen moralischen R�cksichtnahmen auf andere? Das schlie�t nicht aus, dass ein Individuum will, dass es bestimmten anderen Individuen gut geht. Dieses Wollen muss jedoch frei von allem Sollen sein. Eine solche Perspektive schlie�t weiterhin nicht aus, dass man gleichzeitig bereit ist, den Konsens mit den anderen zu suchen und sich am allgemeinen Wohl zu orientieren. Wenn man jedoch von vornherein sagt: Es ist das Interesse jedes Individuums, die Interessen aller andern so zu ber�cksichtigen, als seien es die eigenen, dann definiert man das Problem der Konflikthaftigkeit des menschlichen Zusammenlebens einfach weg. Gr��e an alle von Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- die Frage, was das Individuum dauerhaft will, ist einfach zu beantworten: das, was andere haben. Das gilt sowohl f�r materielle G�ter als auch f�r immaterielle (Sicherheit, Status usw.). Daraus k�nnen wir drei Konsequenzen ableiten. 1. was das Individuum haben will, muss m�glich sein. Es muss vorstellbar sein. Wer nie eine Klimaanlage erlebt hat, will auch keine. 2. Der Wille wird von der Lebensform bestimmt. Der Wille des Individuums ist also sozial. 3. dass es zum Konflikt kommt, der um so sch�rfer wird, je weniger das Individuum die M�glichkeit hat, das zu bekommen, was andere haben. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- Quote:Wenn ich jedoch von vornherein sage: Es ist das Interesse jedes Individuums, die Interessen aller andern so zu ber�cksichtigen, als seien es seine eigenen, dann definieren ich das Problem der Konflikthaftigkeit unseres Zusammenlebens einfach weg. Da stimme ich zu. F�r den Fall, dass verschiedene Individualinteressen zum Konflikt f�hren und miteinander vereinbart werden m�ssen, ist es eine vern�nftige Verfahrensregel, dass jeder zun�chst einmal seine Interessen m�glichst klar formuliert. Und wird � meinetwegen unter dem Vorsitz eines Verfahrensleiters, den die Konfliktparteien als unparteilichen Richter anerkennen � eine Regelung des Konflikts angestrebt, dann ist auch klar: Nur wenn jeder Beteiligte diese Regelung akzeptieren kann, ist es wirklich eine Regelung des Konfliktes. Im Verlauf dieses Verfahrens spielen auch Fakten eine Rolle. Man muss den Beteiligten klar machen, welche Teile ihrer Forderungen objektiv nicht realisierbar sind (und deren Unrealisierbarkeit somit nicht dem Kontrahenten anzulasten ist). Ebenso ist einsichtig zu machen, welche wahrscheinlichen Folgen die Realisierung ihrer Forderungen h�tte, damit die Beteiligten beurteilen k�nnen, ob diese Folgen nicht wom�glich die Befriedigung ihres Interesses vereiteln w�rden. Genau diese Einsicht � die Prognose, dass ein unbegrenztes �Recht aller auf alles� f�r das Individualwohl aller kontraproduktiv w�re � ist es bei Hobbes, die die Beteiligten zum Vertrag �ber eine Begrenzung der Rechte aller motiviert. Die �berzeugungskraft dieses Arguments beruht eben darauf, dass den Individuen die unbegrenzte Entfaltung ihrer Interessen hypothetisch einger�umt wird: Gesetzt, es g�be keinen Staat und kein Recht und jeder von euch h�tte unbegrenzte Freiheit, seine Interessen zu verfolgen � was w�rde passieren? Als Argumentationsfigur im Rahmen eines Verfahrens, das zur Konfliktbeseitigung f�hren soll, finde auch ich diese Gedankenfolge �u�erst �berzeugend. Aber man darf sie nicht mit einer Theorie verwechseln, die die faktische strukturelle Interdependenz von Individualinteressen und Gemeinschaftsinteressen erkl�rt. Als eine solche w�re sie ganz einfach falsch, allein schon, weil sie von unrealistischen Voraussetzungen ausgeht. Welche Rolle k�nnte denn eine Theorie �ber die faktische Verflechtung individueller und gemeinschaftlicher Interessen f�r die Begr�ndung von Normen spielen? Na, es liegt auf der Hand: Sie kann im Konfliktbereinigungsverfahren genau dort herangezogen werden, wo es gilt, die Anspr�che der Konfliktparteien mit der Realit�t zu konfrontieren, um so nicht nur herauszufinden, was objektiv einfach nicht geht, sondern um den Beteiligten auch einsichtig zu machen, welche Konsequenzen die ungeschm�lerte Durchsetzung ihrer Anspr�che f�r sie und f�r andere faktisch h�tte. Ebenso ist aber auch klar: So mancher Konflikt w�rde gar nicht erst entstehen, wenn die Einsicht in die faktische Verflochtenheit von Individuum und Allgemeinheit weiter verbreitet w�re, wenn der Einzelne nicht nur sein Interesse im Auge h�tte, sondern auch ber�cksichtigte, was er anderen Menschen (und der Gemeinschaft insgesamt) objektiv verdankt, und -
was ihn somit �berhaupt erst so weit gebracht hat, als selbst�ndiges Subjekt seine Interessen verfolgen und sie fallweise auch gegen die Gemeinschaft behaupten zu k�nnen. -------------------------------------------------------------------------------- ein Punkt ist zwar immer wieder angesprochen, aber bisher nicht ausdr�cklich thematisiert worden. Ich meine die Frage, wie umfassend die Gemeinschaft sein soll, um deren Wohl es geht. Angesichts der wechselseitigen globalen Abh�ngigkeiten wird man sich auf die Menschheit als Ganze beziehen m�ssen, wenn man die wichtigen Konflikte erfassen will. Allerdings ist eine internationale Rechtsordnung mit Sanktionsgewalt erst im Entstehen und vor R�ckschl�gen nicht gefeit. Man kann nat�rlich die Frage nach dem Gemeinwohl auf kleinere Kollektive (z.B. Staaten, B�ndnisse, Gemeinden, Regionen o.�.) begrenzen. Aber ein derart partikulares Gemeinwohl kann logischerweise keinerlei Geltung f�r jene haben, die nicht mit einbezogen wurden. (Deshalb ist es z.B. auch falsch anzunehmen, dass eine Demokratie nach au�en eine moralisch bessere Politik betreibt als ein autorit�res Regime. Es gibt eben auch den Egoismus eines Kollektivs. Nur wenn die allgemeinen Menschenrechte in der Verfassung verankert sind, wird dieser kollektive Egoismus zumindest ansatzweise rechtlich begrenzt.) Hier gibt es noch offene Fragen, z.B. nach der Ber�cksichtigung des Schicksals kommender Generationen oder der Tiere. Ich will diese Probleme aber erstmal beiseite lassen und fragen, wie eine Mehrzahl von Individuen (oder Gruppen) angesichts von Konflikten, d.h. angesichts nicht miteinander zu vereinbarender Willensinhalte - zu einem Konsens kommen kann, d.h. wie man ein Gemeinwohl in diesem Konflikt bestimmen kann. Ich schlage zur gr��eren �bersichtlichkeit der Diskussion vor, dass wir uns vorl�ufig beschr�nken auf solche Konflikte, die durch die Auswirkungen von bestimmten Handlungen oder Unterlassungen der Individuen auf das Wohlergehen anderer Individuen hervorgerufen werden (Abf�lle wegwerfen, beim Katastrophenfall nicht mithelfen, sich nicht impfen lassen gegen Seuchen, zur Schlafenszeit l�rmen, bei Notf�llen nicht helfen, andere durch schnelle Fahrzeuge t�ten oder gef�hrden, andere bel�gen oder leichtfertig beschuldigen etc. etc.) Oder gibt es andere Vorschl�ge zum weiteren Vorgehen? fragt Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- 1. wir sollten nicht �bersehen, dass von Aristoteles bis Habermas der Konsens Voraussetzungen hat, n�mlich Vernunft und Konsenswilligkeit, um nur zwei zu nennen. Meiner Ansicht nach haben diese Voraussetzungen wiederum eine Voraussetzung, n�mlich Mu�e. Wer keine Zeit hat, �ber die richtige Entscheidung mit anderen in Dialog zu treten, der ist nicht zum Konsens bereit - ohne dass ihm deswegen ein Vorwurf zu machen w�re. Das trifft auf Menschen zu, die ihre Zeit ben�tigen, um Lebensnotwendiges aufzutreiben. Da wird es dem Bed�rftigen nicht viel anders gehen als dem Junkie: wenn der auf Turkey ist, kann man ihn zu allem m�glichem erpressen, aber man hat dann keinen Konsens. Weswegen man sich auch nicht auf die G�ltigkeit von Zusagen verlassen kann. Sie sind nicht freiwillig erfolgt. Wer also einen Konsens will, muss erst einmal die Bedingungen f�r einen Dialog schaffen. In unserer Gesellschaft sehe ich ein anderes Mu�e-Problem. Mehr und mehr ist sie vom Verkauf der Arbeitskraft �bergegangen zum Verkauf von Arbeitszeit, die die Reflexion nicht mehr gestattet. Und der Rest der Lebenszeit wird nicht selten von allerlei anderem gefressen, sei es Organisation und Bew�ltigung privater T�tigkeiten, sei es der Verkauf von Lebenszeit an alle m�gliche Unterhaltungen, wobei der K�ufer den Kaufpreis einheimst. Auch das verhindert Mu�e und damit den Dialog mit Konsensziel. 2. Warum gibt es Normen? Weil sie nicht eingehalten werden. Das hei�t, wer immer Normen entwickeln will, muss auch die Frage beantworten: und was, wenn einer das nicht tut? Wenn wir einen Konsens unter vern�nftigen Leuten erreichen, dann muss man mit Unvern�nftigen rechnen, die sich da nicht drum scheren. Wer dieses Problem ignoriert, braucht sich um einen Konsens gar nicht erst zu bem�hen; er wird nicht gelten. Auch die Frage der Zustimmungsfreiheit geh�rt hier hinein. Wer aufgrund einer Notlage zur Zustimmung gen�tigt wird, stimmt nicht zu. 3. Ich schlage vor, wir pr�fen Konflikte mal anhand eines praktischen Beispiels: Vor Jahren wohnte ich in einer Wohnanlage, die einen gemeinsamen Innenhof mit der Fachhochschule f�r Sozialarbeit hatte. Unten war die Mensa, darin wurde alle 14 Tage gefeiert. Die Feiernden waren die Mehrheit. Nun musste nicht nur ich am n�chsten Tag arbeiten. Also ging ich so gegen 23 Uhr ins Bett. Das war aber genau die Zeit, in der es den Studenten in ihrer Mensa zu warm wurde; also machten sie die Fenster auf (die Polizei kam immer sofort, weil jeder Anruf musikalisch untermalt wurde). Studenten f�r Sozialarbeit sind friedens- und konsenswillig. Also schickten sie, als mal wieder jemand "Ruhe!" vom Balkon br�llte, eine Delegation vorbei, die die Anwohner freundlich einlud, doch auf ihre Kosten mitzufeiern. Die Anwohner erwiesen sich als nicht konsenswillig. Nun, wir haben f�r solche F�lle bestehende Gesetze. K�nnen wir aber nicht �berall voraussetzen; in der internationalen Politik, in der es prinzipiell vergleichbares gibt, z.B. nicht. Und wenn, ist immer noch die Frage, und was, wenn einer das nicht tut? Als erstes f�llt einem nat�rlich ein, man m�sse sich �ber die objektiven Sachzw�nge einigen. Aber sind nicht gerade die der Streitpunkt? Objektiver Sachzwang ist, wir m�ssen arbeiten. Gut, in unserer Gesellschaft d�rfte das wohl mehrheitlich als objektiver Sachzwang anerkannt werden, der die Nachtruhe gebietet. Aber wenn keine geschlossene Gesellschaft da ist? Westliche Staaten insbesondere betrachten die Gef�hrdung durch Atomwaffen als objektiven Sachzwang, der eine Weiterverbreitung verbietet. Iran betrachtet die Gef�hrdung durch die US-Politik als objektiven Sachzwang, der die Gewinnung gebietet. Und nu? Hat einer nen Vorschlag? Mir f�llt im Moment keiner ein. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Der grundlegende Dissens zwischen uns zeichnet sich in Deiner Problemskizze (Beitrag Nr.106) hier ab: Quote:Au�erdem geht selbst aus der schl�ssigsten Ableitung der gemeinschaftlich besten Regelung noch nicht die Motivation der Beteiligten hervor, nun auch im Sinne dieser Regelung zu handeln. Dazu bedarf es einer institutionalisierten Macht, die die Einhaltung der betreffenden Normen �berwacht. Soweit bin ich einverstanden. Halten wir aber fest, dass Du hier allein vom Recht sprichst und insofern eine �Gemeinschaft� ins Auge fasst, die aus Rechtspersonen besteht. Rechtspersonen sind als strategisch im Individualinteresse handelnde Subjekte konzipiert. Das Recht ist im Prinzip ethikfrei: Zwar wird aus seiner Begr�ndung auch eine �Gehorsamspflicht� abgeleitet, aber das ist ja eine reine Form, die sich auf jede positive Rechtsnorm bezieht. Ethische Normen k�nnen durchaus vom positiven Recht ber�cksichtigt werden (z.B. �ber den Begriff der �Sittenwidrigkeit�), aber der Sinn der (neuzeitlichen, kontraktualistischen) Begr�ndung des Rechts liegt gerade in ihrer grunds�tzlichen Unabh�ngigkeit von (regionalen) ethischen Normen. - Darum sind Rechtspersonen �im Naturzustand� amoralische Individuen, die nur ihr eigenes Interesse verfolgen und f�r das Recht erst interessant werden, wenn sie in Konflikte miteinander geraten. Die Rechtsform ist eine �beraus wichtige, heute unverzichtbare Form der Gemeinschaft. Aber wenn Gemeinschaft schlechthin nach dem Modell des Rechts konzipiert wird, schaut man an der Wirklichkeit menschlichen Zusammenlebens vorbei. Das Recht ist ein System aus institutionalisierten Normen, deren Sinn haupts�chlich in der Konfliktl�sung besteht. Es ist darum unf�hig, Gemeinschaft in concreto zu erzeugen. Mit �Gemeinschaft in concreto� meine ich Lebensformen, die aus vielf�ltigen wechselseitigen Beziehungen und daraus hervorgehenden R�cksichten und Verpflichtungen bestehen. Um das zu verdeutlichen: Aus der Sicht des Rechts sind Eltern nichts weiter als �Erziehungsberechtigte� (und nat�rlich auch �Erziehungsverpflichtete�). Sie handeln also quasi im Auftrag des Staates, der ihnen das Recht zur Erziehung zu- oder abspricht. Sie nehmen ihm eine irgendwie notwendige Aufgabe ab, die das Recht/ der Staat selbst aber nicht erf�llen kann. Das Kind ist zwar schon Rechtsperson (schon vor seiner Geburt), es braucht nur noch ein paar weitere Voraussetzungen, um seine Rechte auch selbst�ndig wahrnehmen zu k�nnen. Um diese Voraussetzungen zu schaffen, allein daf�r sind � aus der Sicht des Rechts � die �Erziehungsberechtigten� da. Ich denke, an diesem Beispiel wird erstens deutlich, wie �abstrakt� die Gemeinschaft aus �Rechtspersonen� ist, und zweitens, dass die Gemeinschaft aus Rechtspersonen auf grundlegendere Formen der Gemeinschaft angewiesen ist, die es zu ihrem Funktionieren braucht. Das Recht ist � als Form der Gemeinschaft � nicht autark. Quote:Auch wenn alle Beteiligten gem�� ihren �berzeugungen hinsichtlich der dem Gemeinwohl am besten entsprechenden Regelung handeln w�rden, so erg�be das selbst beim besten Willen aller noch kein sozial koordiniertes und berechenbares Verhalten der Konfliktparteien. Du sprichst auch hier ausschlie�lich von �Regelungen� etwa auftretender Konflikte. Und daher erscheint Gemeinschaft nur als �sozial koordiniertes und berechenbares Verhalten� von
potentiellen Konfliktparteien. Quote:Es bedarf deshalb neben der Ebene der Diskussion und Argumentation einer Ebene allgemein anerkannter Verfahren zur Setzung derjenigen Normen, die f�r das Handeln aller Konfliktparteien verbindlich ist � unabh�ngig davon, ob die einzelnen Parteien diese Entscheidung f�r inhaltlich richtig halten oder nicht. Hier, wo es darum geht, einzelne Teile der Gesellschaft zum normenkonformen Handeln zu zwingen, wird erneut deutlich, dass man Gemeinschaft nicht auf eine Gemeinschaft aus potentiellen Konfliktgegnern reduzieren kann. Denn die Individuen/ Personen, die inhaltlich nicht mit den institutionell gesetzten Normen einverstanden sind, bleiben ja Teil der Gesellschaft. Man kann sie zur Einhaltung der Normen zwingen, aber Zwang
�berzeugt nicht und setzt die Gezwungenen nicht in eine Lage, in der sie sich eigenst�ndig integrieren k�nnen. Kurz, Gemeinschaft allein nach den Prinzipien des Rechts konzipieren hei�t: vor dem gr��ten Teil des wirklichen menschlichen Zusammenlebens die Augen verschlie�en. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- es geht um die Bestimmung des Gemeinwohls angesichts von Konflikten: Individuum (Gruppe) A tut etwas, was Auswirkungen auf Individuum (Gruppe) B hat, Auswirkungen, die B nicht will. Abrazo hat als konkretes Beispiel vorgeschlagen: Alle zwei Wochen veranstalten Studenten in der Mensa ein Fest, das bis tief in die Nacht (vor einem Werktag) andauert und das so laut ist, dass die Anwohner im Schlaf gest�rt werden. Die Frage: Wie l�sst sich dieser konkrete Konflikt aufl�sen? geht �ber die philosophisch-ethische Dimension hinaus. Aspekte des Schallschutzes, des psychologisch geschickten Vorgehens, des Vorhandenseins von Ausweichr�umen, der bestehenden Rechtsordnung etc. spielen f�r einen Vermittler (auf Deutsch: Mediator) eine wichtige Rolle, Dagegen beschr�nkt sich der Beitrag der Philosophie zur Beantwortung der Frage: �Darf Gruppe A so laut feiern, dass Gruppe B im Nachtschlaf gest�rt wird?� m.E. auf die Frage: Wie kann man (und wie muss man) f�r oder gegen bestimmte Antworten argumentieren? Wie kann man diejenige Antwort bestimmen, die f�r alle gemeinsam die beste w�re, die also dem Gemeinwohl am ehesten entspricht? Damit sind die von Abrazo genannten lebenspraktischen Voraussetzungen einer am Ziel des Konsens orientierten Diskussion ausgeklammert. Ich denke, die Philosophie hat mit der Beantwortung ihrer fachspezifischen Fragen bereits reichlich zu tun. Und ich halte die Beantwortung dieser Fragen keinesfalls f�r abstraktes, lebensfernes R�sonnieren. Die Kl�rung der (methodologischen) Frage: Wie kann man f�r oder gegen eine Entscheidung in einem solchen Konflikt (vern�nftig) argumentieren? ist im Gegenteil das n�tige Fundament, auf dem P�dagogen, Therapeuten, Mediatoren oder andere mit der L�sung von Konflikten befasste Spezialisten aufbauen k�nnen. Um mit der Diskussion gleich anzufangen: Jemand k�nnte argumentieren, dass der Schutz der eigenen Nachtruhe von jedem gewollt wird. Niemand l�sst sich gern ohne Grund aus dem Tiefschlaf rei�en. Insofern ist die ungest�rte Nachtruhe ein allgemein anerkannter Wert und es entspricht deshalb dem Gemeinwohl, den Studenten die lauten Feiern zu untersagen. Analog k�nnte jedoch ein anderer argumentieren, dass jeder Mensch ab und zu gerne feiert und dass zu einer richtigen Feier auch Tanzmusik in der n�tigen Lautst�rke geh�rt. Das Festefeiern ist insofern ein anerkanntes allgemeinmenschliches Bed�rfnis, dessen Befriedigung folglich dem Gemeinwohl entspricht. Soweit erstmal f�r heute von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Es geht um die Bestimmung des Gemeinwohls angesichts von Konflikten. Es geht Dir darum, und zwar ausschlie�lich. Ich halte das f�r eine unzul�ssige Verengung der Perspektive und habe das mehrfach argumentativ begr�ndet. Du kannst nat�rlich diese Argumente ignorieren und einfach Dein Interesse weiter verfolgen. Aber dann tust Du gerade das nicht, was f�r die Philosophie "fachspezifisch" ist. Quote:Ich denke, die Philosophie hat mit der Beantwortung ihrer fachspezifischen Fragen bereits reichlich zu tun. Was sind denn Deines Erachtens diese "fachspezifischen Fragen" und wie ist das "fachspezifische" Prozedere mit ihnen? Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Leider habe ich Deinen letzten Beitrag mit Deinen kritischen Fragen an mich erst jetzt zu Gesicht bekommen. Ich werde mich morgen ausf�hrlicher damit auseinandersetzen. F�r heute nur soviel, dass ich deine Argumente keineswegs �bergehen will. Meine Kapazit�ten sind leider recht beschr�nkt, sodass ich h�ufig erst versp�tet auf wichtige Argumente eingehen kann, die inzwischen vorgetragen wurden. Auf keinen Fall m�chte ich mit meinen Vorschl�gen zum weiteren Vorgehen Fragestellungen anderer Teilnehmer abschneiden. Obwohl das Folgende vor Kenntnis deiner Kritik formuliert wurde, will ich es doch unver�ndert einbringen. Alles weitere dann morgen. *** Hallo Urs, Dass die Einsicht in die �Vern�nftigkeit� einer Norm nicht immer ausreichend zur Befolgung dieser Norm motiviert, gilt nicht nur in Bezug auf rechtliche Normen, sondern auch f�r diejenigen Normen, die in den �berzeugungen der Einzelnen verankert sind und die man als �moralische Normen� bezeichnen kann. Nicht umsonst beten die Christen: � � und f�hre uns nicht in Versuchung�. Insofern sehe ich hier noch keinen grundlegenden Dissens zwischen uns. Ich teile allerdings nicht die Auffassung vom Recht als einem ethikfreien Raum. Ich sehe im Recht eher die Verfolgung der moralischen Ziele mit anderen Mitteln. Das soziale System der Moral st��t in den modernen Gro�st�dten und Fl�chenstaaten in mehrfacher Hinsicht an die Grenzen seiner M�glichkeiten. Zum einen werden durch die Anonymit�t der Beziehungen die traditionellen moralischen Sanktionen � Verachtung und Vermeidung von Kontakten gegen�ber unmoralischen Personen � praktisch wirkungslos. Der unbekannte T�ter taucht in der Masse unter und l�uft einem nie wieder �ber den Weg. Zum andern w�chst mit der Komplexit�t der Gesellschaft auch der Regelungsbedarf, so dass h�chstens Spezialisten noch die Unmenge an Normen �berblicken k�nnen. Eine schriftliche Fixierung ist deshalb unerl�sslich. Die Schriftform ist auch deshalb notwendig, weil dadurch der Gehalt der Normen sehr viel genauer festgelegt werden kann, was f�r das langfristig angelegte Handeln und Planen gr��ere Sicherheit bringt. Die Fixierung der Normen und ihres Gehaltes wird auch dadurch wichtig, weil durch den raschen sozialen Wandel und die riesige Ausdehnung der L�nder keine hinreichende Einheitlichkeit der m�ndlich tradierten Moral mehr gew�hrleistet ist. Diese Einheitlichkeit kann nur durch ein spezielles Gef�ge von rechtlichen Institutionen erreicht werden, woraus sich allerdings ganz neue Probleme (Schwerf�lligkeit, Praxisferne u.a.m.) ergeben. Trotzdem gewinnt das Rechtssystem seine Legitimation - so wie die Moral - aus der inhaltlichen Orientierung auf ein Gemeinwohl bzw. auf Gerechtigkeit. Wird diese Orientierung gekappt, so bleibt zwar noch die Rechtssicherheit, aber es gibt auch die sprichw�rtliche t�dliche Sicherheit. Gr��e an alle von Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- da unsere Diskussion nach meinem Eindruck ein bisschen in eine Sackgasse geraten ist, zitiere ich mich mal aus einer anderen Diskussion selbst, denn es k�nnte einen bisher nicht beachteten Aspekt einbringen: >Was willst du? In dem Link der DHS steht zu Cannabis ( http://www.dhs.de/substanzen_cannabis.html ) genau das gleiche, was ich auch sage. Die Frage ist hier die Frage nach der Gewichtung. Unter medizinischem Aspekt ist Alkohol das gef�hrlichste Suchtgift; ein Heroinabh�ngiger �bersteht, sofern er das Zeug sauber bekommt und injiziert, l�ngere Zeit ohne schwerwiegende Gesundheitssch�den als ein Alkoholiker. Unter sozialem Aspekt d�rfte Kokain + Derivate das schlimmste sein: Kokser mutieren zu r�cksichtslosen Egozentrikern mit hohem Aggressionspotential. Aber Philosophen hauen nun mal notorisch st�rend auf die Pauke der Ethik, der Menschenw�rde, des Humanums, das nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begr�ndet. Siehe Kant: selbstverschuldete Unm�ndigkeit - Ursache: Faulheit und Feigheit (Philosophen sind keine netten Menschen, die fluchen, schimpfen und hauen zu). Und unter diesem Aspekt sieht Cannabis ganz und gar nicht harmlos aus. Ein Kiffer, der immer noch seinen Lebensunterhalt selbst verdient, niemandem was tut und in seiner Freizeit mit Kumpanen zusammen sitzt, um �ber Liebe, Frieden und heilige B�ume zu schwadronieren, beleidigt das Menschliche, wie Saint-Ex in anderem Zusammenhang so treffend sagte. Denn er begibt sich der F�higkeit, klar, vern�nftig und zusammenh�ngend zu denken und Probleme, die nicht nur er, sondern auch andere Menschen haben, wirksam anzupacken. Diese Unf�higkeit ist von Dauer, wenn er nicht aus Einsicht dagegen angeht, das Kiffen aufh�rt und seine Gedanken selbstkritisch pr�ft, denn die unter Cannabis erworbene Weltsicht findet Eingang in sein normales Weltbild (und begr�ndet damit m.E. die psychische Abh�ngigkeit, denn nur erneuter Cannabis-Konsum beseitigt den Konflikt zwischen Rauschwelt und Realit�t). Ich will nicht zu lang werden. Aber vergleich das mal mit den Alkoholzuteilungen f�r die Arbeiter z.B. im Manchester-Kapitalismus. Die Arbeiter kriegten w�chentlich ihren Lohn und ihre Schnapsration. Damit haben sie sich besoffen und daraufhin ihre Frauen gepr�gelt, was keinen Unternehmer st�rt, waren aber ansonsten friedlich, unpolitisch und haben keine Anspr�che gestellt. Eine Form geistiger Versklavung, die menschenunw�rdig ist. Und dann stellt sich eben rechtspolitisch die Frage: darf eine Gesellschaft so etwas zulassen?< -------------------------------------------------------------------------------- Um Missverst�ndnissen vorzubeugen: Wenn ich von �Ethik� spreche, denke ich dabei an das �Ethos�, also an historisch entstandene Lebensformen von Gruppen, �Populationen�, Kulturen mit ihren Normen (�Sitten�) und geteilten �berzeugungen. Wenn ich sagte, das (neuzeitliche) Recht sei unabh�ngig von �ethischen Normen� begr�ndet, dann meinte ich damit zun�chst den Umstand, dass diese historischen und regionalen Unterschiede f�r die Begr�ndung des Rechts keine Rolle spielten. Das ist ja eine der Pointen des R�ckgangs auf einen hypothetischen �Naturzustand�: Dieser �Naturzustand� geht jeweils von nicht vergesellschafteten Individuen aus, die zwar nicht faktisch gleich sind, aber als Gleiche angesehen werden. Der Rechtszustand, zu dem sie sich zusammenschlie�en, schafft dann zwar unterschiedliche Rechte und Pflichten, aber die sind gerade dadurch legitimiert, dass im �allgemeinen Willen� oder im �Staatsvertrag� der Wille jedes Individuums gleich viel gilt. Der Gedankengang ist knapp gefasst dieser: Gesetzt, jedes Individuum verfolge souver�n nur seine eigenen Interessen und habe dazu das gleiche Recht wie alle anderen, dann gebietet die vern�nftige Einsicht jedem Einzelnen, sich mit allen anderen zu einem Rechtsstaat zu vereinigen, dabei seine individuelle Souver�nit�t abzutreten und sein nat�rliches Recht vom souver�nen Staat einschr�nken zu lassen. Denn nur der gemeinschaftliche Rechtszustand erm�glicht �berhaupt jedem Individuum, seine Interessen in Sicherheit zu befriedigen. Wie schon gesagt, ich halte dieses Argument f�r sehr �berzeugend. Aber man muss sich im Klaren dar�ber sein, dass es ein Argument ist, das sich an den Zweifler wendet, der die Legitimit�t des Staates in Frage stellt, der die Gemeinschaft nur als eine Einschr�nkung seiner Freiheit, als Hindernis f�r seine Selbstentfaltung ansieht. Dieses Argument f�hrt ihm vor Augen, warum selbst jemand, der nur seine individuellen Interessen verfolgt, einen Staat wollen muss, wenn er konsequent nach- und vorausdenkt. Das dabei vorausgesetzte (�nat�rliche�) Recht jedes Individuums, ohne R�cksicht auf andere nur sein eigenes Wohl anzustreben, bleibt aber in gewissem Sinn die �Arbeitsgrundlage� des Rechtssystems � z.B. im privaten Vertragsrecht oder im Verfahren der �freien und gleichen Wahl� (�one man, one vote�). Die Rechtsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss aus Individuen, die strategisch nur ihre eigenen Interessen verfolgen. F�r jedes Rechtssubjekt kommen die anderen Rechtssubjekte daher im Grunde nur in den Blick als Hindernisse f�r die eigene Entfaltung. (Das war der zweite Grund, warum ich sagt, das Recht sei �ethikfrei� begr�ndet.) Der politische Liberalismus ist, ganz grob gesagt, die Doktrin, die den Staat nur aus der Sicht des Individuums betrachtet, das strategisch seine
eigenen Interessen verfolgt und dabei auch erfolgreich ist. Das liberale Credo besagt, dass es dem Wohl jedes Einzelnen am besten dient, wenn der Staat seine Aufgaben auf ein Minimum reduziert, wenn er sich sozusagen nur als �Nachtw�chter� f�r die B�rger begreift, die selbst am besten f�r sich sorgen k�nnen. Das Schlagwort �Deregulierung!� bringt das auf den Punkt. Aber diese Meinung, das Individuum sei autark und letztlich seines eigenen Gl�ckes Schmied, neigt notorisch dazu, das ganze Netz der gegenseitigen Abh�ngigkeiten zu vernachl�ssigen, von dem auch die erfolgreichen �Selbst�ndigen� profitieren. Der �freie Unternehmer� neigt dazu zu glauben, er habe seinen Wohlstand �aus eigener
Kraft� erworben � und �bersieht, dass er ohne seine verl�sslichen Angestellten, ohne staatlich bereitgestellte Infrastruktur und Rechtssicherheit keinen m�den Euro erwirtschaften k�nnte. Wenn wir hier nach einem �wahren� Gemeinwohlbegriff suchen, dann m�sste er u.a. auch so beschaffen sein, dass sich von ihm her die �ideologische Schlagseite� des Liberalismus erkennen und kritisieren l�sst. Und das bedeutet m.E., dass m�glichst umfassend gezeigt werden muss, dass die Gemeinschaft (und die Solidarit�t mit ihr) nicht nur ein relatives �Gut� f�r das Individuum ist, sondern eine faktische und notwendige Voraussetzung f�r seine Existenz als selbst�ndiges und im eigenen Interesse handelndes Subjekt. So weit erst mal. Es gr��t Euch -------------------------------------------------------------------------------- Ich setze meinen Gedankengang fort: Die liberale Konzeption des Rechtsstaates weist einige Momente auf, die m.E. richtig und somit festzuhalten sind. Da ist zun�chst der Ausgang vom Individuum und seinen Interessen. Das Individuum bzw. die Perspektive des Individuums, das sich verwirklichen will, wird hier als ein Prinzip gew�rdigt. Auch dies ist eine Pointe der neuzeitlichen Konzeption des �Naturzustands�. - In der �lteren, aristotelischen Konzeption des Naturrechts wurde demgegen�ber die Gemeinschaft als irreduzibles Prinzip betont: Der Mensch ist von Natur aus ein Gemeinschaftstier (�zoon politikon�), und das Individuum, das ohne Gemeinschaft auskommt - der �idiotes� (= Privatmann) - �ist entweder ein Gott oder ein Tier�, sagt Aristoteles in seiner Politik-Vorlesung. Das zweite richtige Moment ist die Voraussetzung, dass die Individuen in ihrem Streben nach Selbstverwirklichung als gleich gelten. Ohne irgendeinen Aspekt von Gleichheit ist weder Gemeinschaft denkbar noch Gerechtigkeit. Und schlie�lich finde ich den ganzen Gedankengang sehr �berzeugend, durch den aus der Perspektive des Individuums nachvollziehbar gemacht wird, dass ein Zusammenschluss mit den anderen, konkurrierenden Individuen und somit eine Einschr�nkung und Abstimmung aller wuchernden Individualinteressen im ureigenen Interesse des Individuums liegt. Dieses Argument ist deshalb so stark, weil eben die Gemeinschaftsperspektive nicht vorausgesetzt wird. Einem Individuum, das sich ohnehin als Gemeinschaftswesen versteht, braucht man die Notwendigkeit des Staates nicht zu beweisen. Gelingt es aber, einem �egoistischen� Individuum, das nur seine eigenen Interessen im Blick hat, zu beweisen, dass es gerade um seiner eigenen Interessen willen den Staat und das Recht braucht, so ist das eine starke argumentative Leistung. Was ich jedoch an dieser liberalen Konzeption des Rechts-Staates kritisiere, ist der Umstand, dass aus diesem starken Argument zu wenig gemacht wird. Bei Hobbes und Locke wird es sehr deutlich, dass die Individuen genau die Einsicht, die sie zum Vertrag mit den Konkurrenten veranlasst, nicht festhalten. Sie sehen zwar ein, dass sie sich nur gegenseitig schaden, wenn sie ungehemmt von ihrem nat�rlichen �Recht auf alles� bzw. auf �Eigentum� Gebrauch machen. Sie transzendieren diese �egozentrische� Perspektive, weil sie einsehen, dass sie zum Scheitern verurteilt ist. Aber dann, nach dem Zusammenschluss im Rechtszustand, scheinen sie den moralischen Standpunkt wieder aufzugeben, ganz so als h�tten sie ihn vergessen. Darum bedeutet f�r sie �Gemeinschaft� nur, dass sie nun ihre individuellen Interessen in Sicherheit verfolgen k�nnen; dies zu garantieren, ist der Zweck des Staates. So kommt es, dass die Freiheit der Konkurrenten und die z�gelnde Kontrolle des Staates weiterhin grunds�tzlich als Hindernisse f�r die individuelle Entfaltung verstanden werden. Die Macht des Staates erscheint als notwendiges �bel, weshalb sie so klein wie eben m�glich zu halten ist. Der Staat, das bin eben nicht ich, sondern das sind �die da oben�, die immer neue Vorschriften erlassen, immer neue Steuerquellen auftun, mir die Lust am Autofahren vermiesen und mir tausend Auflagen machen, wenn ich ein kleines Unternehmen gr�nden will... Der Staat reiht sich somit ein in die Schar der Konkurrenten, die mir das Leben schwer machen. Ich denke, dass diese bei uns sehr popul�re Sicht nicht nur von wenig Gemeinsinn zeugt, sondern dass sie auch ganz einfach etwas d�mmlich ist... Deshalb ist das Hobbes�sche Argument, das die Notwendigkeit des Rechtszustands so nachdr�cklich zeigt, immer noch aktuell und wert, nicht immerzu wieder vergessen zu werden. Das gilt nat�rlich auch f�r die Theorie des Gemeinwohls. Dazu m�sste das Individuum, dem in der neuzeitlichen Staatslehre eine so prinzipielle Wichtigkeit zugestanden wird, nur konzipiert werden als ein lernf�higes Wesen. Es m�sste gesehen werden als Individuum, das seine nur-individuelle Perspektive kritisch transzendieren und den Aspekt des Gemeinwohls seinen eigenen Zwecken zugesellen kann. Es m�sste, mit andern Worten, dazu f�hig sein, sich einerseits als Individuum mit eigenen Interessen zu verstehen und andererseits als Mitglied der Gemeinschaft. Vielleicht k�nnte es auch so flexibel vorgestellt werden, dass es je nach Lage zwischen beiden Standpunkten zu wechseln, vielleicht sogar zwischen ihnen zu vermitteln vermag. Es gr��t Euch
-------------------------------------------------------------------------------- ohne jetzt eine Auseinandersetzung �ber die Interpretation von Hobbes und Locke beginnen zu wollen, gibt es meines Erachtens eine grundlegende Schw�che der Idee einer vertraglichen Begr�ndung der Rechtsordnung. Zwar erm�glicht der Vertrag, einen vorhandenen Konflikt zu entsch�rfen, jedoch ist der vertragliche Konsens kein zwangfreier Konsens und ist keineswegs gleichzusetzen mit einem rein argumentativen Konsens. Der Vertrag kommt nur zustande, wenn alle Vertragspartner die durch den Vertragsabschluss entstehende Lage dem Nicht-Abschluss eines Vertrages und damit dem Fortbestehen des Status quo vorziehen. Das Fortbestehen des Status quo kann jedoch f�r die Vertragsparteien unterschiedlich ertr�glich sein. Je weniger eine Partei auf den Vertragsabschluss angewiesen ist, umso gr��er ist ihre Verhandlungsmacht (bargaining power), umso st�rker ist ihre Verhandlungsposition. Aus der unterschiedlichen Ertr�glichkeit eines Fortbestehens des Status quo ergibt sich die M�glichkeit, dass eine Partei der anderen mit dem Abbruch der Verhandlungen drohen kann, wenn diese nicht zu weiteren Konzessionen bereit ist. Im Extremfall kann eine Partei von der anderen �an den Verhandlungstisch gebombt werden�. Beim Vertrag sind die Individuen freigesetzt, ihren individuellen Interessen zu folgen und ihren Vorteil zu suchen. Da der Bereich m�glicher Verhandlungsergebnisse relativ ausgedehnt sein kann, kommt es auf geschickte Verhandlungsf�hrung, auf Rhetorik und �berredungskunst an. Dies ist m.E. der Grund daf�r, dass moderne Vertreter der Idee einer vertraglichen Begr�ndung der Rechtsordnung das Eigeninteresse der Individuen durch die Annahme der Ungewissheit �ber die eigene Position brechen (z.B. der �veil of ignorance� bei Rawls). Ich bin deshalb der Ansicht, dass die Begr�ndung f�r die Normen des Zusammenlebens nicht in einer �bereinkunft nach Art des Vertrages gesucht werden kann, denn man gehorcht einer �berlegenen Macht, aber man muss deshalb nicht deren Berechtigung anerkennen. Es gr��t Dich und alle andern Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Im juristischen Sinn wird ein Vertrag zwischen "unabh�ngigen" Partnern geschlossen, und die geben dabei ein St�ck ihrer Unabh�ngigkeit ab. Ist denn beim Problem Gemeinwohl und Individualwohl dieses "unabh�ngig sein" �berhaupt gegeben? Da jedes Individuum auch Teil der Gemeinschaft ist, besteht doch im voraus bereits ein Abh�ngigkeitsverh�ltnis. Dieses (von Natur aus bestehende) Abh�ngigkeitsverh�ltnis ist doch st�rker als die Bindung, die erst infolge eines Vertrages entsteht. Daher ist doch zu Fragen, ob das Model "Vertrag" dem Problem Gemein- und Individualwohl qualitativ angemessen ist? Danke & Gruss --- Euer qualitativ angemessene Alltag -------------------------------------------------------------------------------- wenn du, Urs, das Wort Ethik im Sinne von Ethos = Sitte verwendest, fragt sich, welches Wort du dann f�r die Grundnormen (z.B. nicht t�ten, nicht l�gen, nicht stehlen) nehmen willst. Es ist Sitte, keinen Ketchup �ber eine sorgf�ltig zubereitete Lammkeule zu kippen. Ist es auch Sitte, nicht zu t�ten? Der Kabarettist J�rgen Becker hat das mal ausgewalzt: 'da steht nicht, du darfst nicht t�ten, da steht, du sollst nicht t�ten. Also lass das bitte sein, das geh�rt sich nicht. Und wenn es sich absolut nicht vermeiden l�sst, dann bitte nicht mehr als zwei, drei Mal pro Tag.' Die Vertragstheorie ist imho nicht haltbar. Da stimme ich Alltag zu. Aber du, Urs, sagst ja selbst, dass diese Theorie eigentlich nur einen Zweck erf�llt, indem sie einen fiktiven Urzustand ansetzt. Einen Rechtfertigungszweck. Philosophisch sauber ist das imho nicht. Geht f�r meinen Geschmack zu sehr in Richtung Ideologie. Ich sehe allerdings noch einen anderen Grund f�r diese Theorie, n�mlich die Begr�ndung der Gleichheit vor dem Recht. Das muss man nicht notwendigerweise annehmen; im St�ndestaat gab es keine Rechtsgleichheit, es geht also auch anders. In diesem Zusammenhang die Stichworte Klassenjustiz und Volksgerichtshof. Allerdings, zu begr�nden, dass alle Menschen vor dem Recht gleich sind, indem man einen fiktiven Urzustand ansetzt, in dem alle Menschen gleich sind, das ist nat�rlich unredlich. Zeigt aber die Problematik: man kann der Ethik nicht entfliehen. Und das ist auch zwangsl�ufig so. Denn jede letzte Begr�ndung kann immer nur in der wahrnehmbaren Welt liegen. Was anderes haben wir nicht. Irgendwo m�ssen also die Begr�ndungen f�r unsere Werte aufh�ren und im Hinweis auf eine Tatsache enden, die nicht erdacht werden kann, sondern die sich zeigt: eben der humane ethische Willen in bestimmten konkreten Situationen. Davon kann man alles m�gliche ableiten und abstrahieren, er selbst aber ist nicht ableitbar und abstrahierbar. Wenn wir einen fiktiven Urzustand annehmen, in dem alle Menschen gleich sind (oder sagen, wenn alle Menschen als alleinstehende Individuen gemeinsam gefragt werden w�rden, dann w�rden sie ...), dann tun wir das, um dadurch einen Wert zu begr�nden, den wir haben. Die Notwendigkeit, die Gleichheit aller Menschen vor dem Recht zu begr�nden, k�nnen wir nur sehen, wenn uns die Gleichheit aller Menschen vor dem Recht bereits ein Wert ist. Wir wollen das so. Basta. Das dabei vorausgesetzte ("nat�rliche") Recht jedes Individuums, ohne R�cksicht auf andere nur sein eigenes Wohl anzustreben Ich denke, wir fragen uns vielmehr, wie wir unser Zusammenleben in Zukunft gestalten wollen und nicht, wie wir den einzelnen Individuen Spielregeln geben, damit sie sich nicht gegenseitig an die Gurgel fahren. Letzteres ist doch f�r uns eine Sache des Strafrechts - denn das tun man nicht. Man kann das Individuum so sehr in den Mittelpunkt r�cken wie man will - es gibt das so einfach nicht. Wir sind in eine Gemeinschaft hineingeboren, von ihr erzogen und gepr�gt, das kann man nicht einfach hinweg diskutieren um ideologischer Ziele willen, denn das ist es f�r mich. Das Ziel ist der Liberalismus, der durch diese Theorie begr�ndet werden soll, schon seit Locke und Hobbes. Diese Theorie ist ideologisch. Unter diesem Aspekt betrachtet wird Eberhards Kritik am Vertragswesen zu einer realistischen Beschreibung etlicher gesellschaftlicher Zust�nde. Wie sieht er denn aus, der Hartz IV - Vertrag mit s�mtlichen Begleitumst�nden? Ein gleichberechtiger Vertragsschluss? Offenbar so anerkannt und von allen gebilligt und akzeptiert, dass die, die ihn abgeschlossen haben, von den eigenen Leuten rausgeschmissen worden sind. Ne, da stimme ich Eberhard zu. Vertrag geht nicht. Und ein Strafverfahren wegen gef�hrlicher K�rperverletzung oder Bankrott ist kein Strafverfahren wg Vertragsbruch. Und auch das Verbot der Todesstrafe im Grundgesetz ist nicht vertraglich vereinbart. Diese Theorie stimmt, bezogen auf die Praxis, einfach hinten und vorne nicht. Unsere Basis ist eine andere als die des gl�cksuchenden Individuums. Unsere Basis ist die Menschenw�rde. Und dar�ber �berhaupt zu reden setzt die Existenz einer Gemeinschaft voraus - denn f�r das selbst�ndig existierende Individuum ist Menschenw�rde kein Thema. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Dein Argument gegen die vertragstheoretische Begr�ndung der Rechtsordnung trifft nicht, denn die gemeinschaftliche Ordnung wird dort ja erst durch die vertragliche �bereinkunft der Einzelnen hergestellt. Deshalb kann die wechselseitige Abh�ngigkeit der Individuen in der Gemeinschaft kein Argument gegen die unabh�ngige Entscheidung der Individuen f�r den Gesellschaftsvertrag sein. Es gr��t Dich Eberhard. p.s.: Es muss wohl ein neuere thread er�ffnet werden. -------------------------------------------------------------------------------- Ein paar Erl�uterungen zur Vertragsidee. Die Hobbes�sche (oder Locke�sche) Staatsbegr�ndung will keine Rekonstruktion des historischen Geschehens sein. Es ist vielmehr eine kritisch-analytische Rekonstruktion der Elemente, die einen Rechtsstaat im Wesentlichen ausmachen. Dieser Theorietyp geht methodisch ganz �hnlich vor wie Descartes in seiner Zweifelmeditation: �Wenn man sich alles wegdenkt, was einen wirklichen heutigen Staat ausmacht und ihn dann schrittweise wieder zusammensetzt � welches Minimum an Bestimmungen muss man �brig behalten, damit ein Staat �berhaupt funktionieren kann?� Auf diesem Weg gewinnt man also allgemeine Kriterien, anhand derer man an historisch vorfindlichen Staaten die zuf�lligen und die notwendigen Momente unterscheiden und daher existierende Staaten auch (im Sinne des Modells) optimieren kann. Der �Naturzustand� ist somit das, was man - nach Hobbes - als die Ausgangsbedingungen annehmen muss, um das Modell eines funktionierenden souver�nen Rechtsstaates zu konstruieren. Und der �Vertrag aller mit allen�, der aus dem
Naturzustand �herausf�hrt�, ist nichts weiter als eine Rekonstruktion der Gemeinschaft mit den Bestimmungen des Rechts. Oder anders gesagt: Mit den Mitteln des Rechts kann man sich die Vereinigung einer Menge von Individuen nur als freiwilligen Vertragsabschluss vorstellen. Es ist klar, dass es
bei faktischen Vertragsabschl�ssen immer Randbedingungen gibt, die ihre Freiwilligkeit einschr�nken. Aber ein unfreiwillig eingegangener Vertrag ist eben kein �wirklicher� Vertrag im Sinne der Vertragsidee und daher ung�ltig. Die Gr�nde, aus denen die Vertragspartner zum Abschluss kommen, sind nat�rlich ihre Sache. So kann jemand einen Vertrag abschlie�en, nur weil er das �kleinere �bel� f�r ihn ist. Aber diese Bewertung trifft immerhin noch er selbst; insofern ist auch eine Entscheidung f�r das kleinere �bel noch eine freiwillige. Wer dagegen (wie Kant) glaubt, allein die v�llige Abwesenheit von �Sachzw�ngen� erf�lle die Kriterien von�Freiwilligkeit�, spricht �ber eine andere Welt als unsere - lies: jagt einer metaphysischen Idee von Freiheit nach. Die �vern�nftige� Einsicht, die bei Hobbes die Individuen zum Abschluss des �Vertrags aller mit allen� motiviert, ist ja eine Einsicht in den �Zwang der Sache�. Unbegrenzte Freiheit bei der Verfolgung der eigenen Interessen f�hrt zum �Krieg aller gegen alle�, in dem das �berleben des Einzelnen dauernd gef�hrdet ist. Darum ist es �vern�nftig� (d.h. zweckm��ig f�r jeden Einzelnen), die eigene Freiheit mit R�cksicht auf die Freiheit der anderen einzuschr�nken. - - - - - - Der entscheidende Punkt f�r unser Thema liegt aber hier: Kann man sich bei der Bestimmung des Gemeinwohlbegriffs nur auf Gemeinschaft nach dem Modell des Rechtsstaates beschr�nken � also auf Gemeinschaften, die (der Idee nach) zustande gekommen sind aus dem freien Zusammenschluss von Individuen, die jeweils ihre eigenen Interessen verfolgen? Oder anders gesagt: Sind die Interessen der Individuen das einzige Prinzip, und ist demnach jede Art von Gemeinschaft nur zu legitimieren, wenn sie auf die Interessen der Individuen zur�ckzuf�hren ist? Oder ist Gemeinschaft �mehr als die Summe ihrer Teile� � d.h. ist die Gemeinschaft ein �Gut�, das sich nicht �teilen� l�sst, und zwar deshalb, weil kein einziges Individuum seine Bed�rfnisse ganz auf sich gestellt befriedigen k�nnte? Ist Gemeinschaft nicht als eine notwendige Voraussetzung anzuerkennen daf�r, dass es �berhaupt Individuen gibt, die ihre Interessen eigenst�ndig verfolgen k�nnen? Es gr��t Euch
-------------------------------------------------------------------------------- ich muss Dir in zahlreichen Punkten widersprechen. Dein Argument gegen die vertragstheoretische Begr�ndung der Rechtsordnung trifft die sp�tere Interpretation dieser Theorie nicht. Dort wird nicht mehr mit einem Urzustand argumentiert, sondern Kriterium der Legitimation ist die Frage: H�tte diese Rechtsordnung aus einem Vertrag freier Individuen hervorgehen k�nnen? Die Vertragstheorie setzt auch nicht die Gleichheit im Urzustand voraus. Die Gleichheit der Staatsb�rger vor dem Recht begr�ndet die Vertragstheorie damit, dass freie Individuen niemals einer Ordnung zustimmen w�rden, indem sie selber minderen Rechts sind. Dies macht z. B. Rousseau sehr deutlich. Deine Kritik am Liberalismus und Individualismus leidet meines Erachtens darunter, dass Du die Positionen, die Du kritisierst, nicht vorher ausformulierst, so dass man nicht genau erkennen kann, was Du jeweils kritisierst. Zum Beispiel wei� ich nicht, ob Du mit Deinen kritischen Ausf�hrungen zum gl�cksuchenden Individuum auch die Auffassung angreifen willst, dass die Menschen zuerst an sich selbst und ihresgleichen denken und dass das Wohl Fremder dagegen eher zweitrangig ist. Du schreibst: �Man kann das Individuum so sehr in den Mittelpunkt r�cken wie man will - es gibt das so einfach nicht. Wir sind in eine Gemeinschaft hineingeboren, von ihr erzogen und gepr�gt.� Wenn das Individuum tats�chlich in dieser Weise von der Gemeinschaft gepr�gt ist, dann kann es doch nicht schaden, auf der Ebene der Individuen anzusetzen. Dadurch geht ihre Pr�gung durch die Gruppe ja nicht verloren, sondern wird gerade ber�cksichtigt. Die Kennzeichnung einer Theorie als �Ideologie� oder �Rechtfertigungstheorie� ist f�r mich �brigens als solches kein Argument. Du schreibst weiterhin: �Jede letzte Begr�ndung kann immer nur in der wahrnehmbaren Welt liegen. Was anderes haben wir nicht.� Das ist nicht schl�ssig. Eine �letzte� Begr�ndung kann auch erfolgen, indem man sich klar macht, was es eigentlich hei�t, etwas zu begr�nden und indem man die impliziten Voraussetzungen herausarbeitet, die jeder machen muss, der etwas begr�nden will. Wenn ich eine Norm gegen�ber einem Individuum begr�nde, dann kann ich das z.B. nicht, indem ich ihm eine Strafe androhe f�r den Fall, dass er diese Norm verletzt. Ich kann eine Norm gegen�ber dem Individuum auch nicht dadurch begr�nden, dass ich ihm 1000 ? verspreche, wenn es der Norm zustimmt. Wenn wir sagen, dass wir eine Behauptung gegen�ber einem Individuum begr�nden, dann appellieren wir an seine Einsicht bzw. Vernunft: wir begr�nden die Norm mit Hilfe von einsichtigen Argumenten, die er zwanglos nachvollziehen kann. Mit dem Motto �Scharfe Kritik an Positionen und nicht an Personen� gr��t alle Diskussionsteilnehmer Eberhard. p.s.: Dieser Beitrag ist ohne Kenntnis des letzten Beitrages von Urs formuliert. -------------------------------------------------------------------------------- Dort wird nicht mehr mit
einem Urzustand argumentiert, sondern Kriterium der Legitimation ist die Frage: H�tte diese Rechtsordnung aus einem Vertrag freier Individuen hervorgehen k�nnen? Die Gleichheit der Staatsb�rger vor dem Recht begr�ndet die Vertragstheorie damit, dass freie Individuen niemals einer Ordnung zustimmen w�rden, indem sie selber minderen Rechts sind. Dies macht z. B. Rousseau sehr deutlich. Wer ist das freie Individuum? Das freie Individuum ist biologischen Zw�ngen unterworfen, denn es muss leben. Es will leben. Es will sicher und ohne Sorgen leben. "Gib mir deine Freiheit und ich gebe dir Sicherheit" - wieviele w�rden wohl diesen Vertrag abschlie�en? Wenn Staaten und Gesellschaften jahrhundertelang auf der Basis eines solchen Vertrages existierten: wieso soll das auf einmal unm�glich sein? Vielleicht f�r unsere Rechtsordnung. Aber wieso soll man die mit so einem Vertragsspielchen begr�nden? Die ist doch ganz anders entstanden und gewachsen, z.B. aus negativen Erfahrungen. Reicht es nicht als Grund, das, was war (und dazu geh�rt z.B. auch die St�ndegesellschaft) nicht mehr zu wollen? Sag: wer braucht solche Begr�ndungsspielchen - und wen interessieren sie? Das freie Individuum - wunderbar. Aber frag doch mal solche Individuen, die sich in hierarchische Gruppen begeben, was sie von ihrer Freiheit halten. Dann wirst du feststellen, dass Freiheit eine sehr unangenehme Begleiterscheinung hat, n�mlich Verantwortung. Und dass es deswegen nicht wenige gibt, die ihre Freiheit liebend gerne verkaufen, wenn sie damit die Verantwortung los werden. Bitte keine was-w�re-wenn-Spielchen. Es sind die Tatsachen, die z�hlen. Zum Beispiel wei� ich nicht, ob Du mit Deinen kritischen Ausf�hrungen zum
gl�cksuchenden Individuum auch die Auffassung angreifen willst, dass die Menschen zuerst an sich selbst und ihresgleichen denken und dass das Wohl Fremder dagegen eher zweitrangig ist. Dadurch geht ihre Pr�gung durch die Gruppe ja nicht verloren, sondern wird gerade ber�cksichtigt. Wenn wir sagen, dass wir eine Behauptung gegen�ber einem Individuum begr�nden, dann appellieren wir an seine Einsicht bzw. Vernunft: wir begr�nden die Norm
mit Hilfe von einsichtigen Argumenten, die er zwanglos nachvollziehen kann. Tatsachen, Eberhard. Nicht, wie Mensch und Welt sein sollen, z�hlt, sondern wie sie ist. Damit m�ssen wir fertig werden, das ist die Aufgabe. Um die k�nnen wir uns nicht herum mogeln, indem wir uns als Begr�ndung etwas ausdenken, was wir gerne so h�tten. Gru� da dieser Thread zu lang geworden ist, habe ich eine Fortsetzung er�ffnet. See you later .. Eberhard. Gemeinwohl und Wohl der Individuen II PhilTalk Philosophieforen (http://www.philtalk.de/cgi-bin/YaBB.cgi) Praktische Philosophie >> Politische Philosophie, Rechtsphilosophie, Wirtschaftsphilosophie >> Gemeinwohl und Wohl der Individuen II (Thema begonnen von: Eberhard am 05. Nov. 2005, 14:48 Uhr) -------------------------------------------------------------------------------- dies ist die Fortsetzung der Diskussionsrunde �ber "Gemeinwohl und Wohl der Individuen I" (aufzurufen unter www.philtalk.de/msg/1129452049.htm) Ich hoffe, dass weiterhin so sachbezogen und produktiv diskutiert wird wie im Teil I. Allen Diskusssionsteilnehmern meinen Dank (ausgenommen h.s.)! Eine spannende und kontroverse Diskussion w�nscht allen Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Du fragst: �Ist jede Art von Gemeinschaft nur zu legitimieren, wenn sie auf die Interessen der Individuen zur�ckzuf�hren ist?� Die Beantwortung dieser Frage h�ngt davon ab, wie man das Interesse eines Individuums definiert. Wenn man unter dem �Interesse eines Individuums� nur diejenigen Bestrebungen des Individuums versteht, die sich direkt auf sein eigenes Wohlergehen richten, so muss man wohl die Frage verneinen. Dies w�rde unter anderem bedeuten, dass �berall nur nach dem Prinzip �Nach mir die Sintflut!� gehandelt w�rde, und dass es deswegen z.B. schnurzpiepe ist, was in 80 Jahren ist, denn dann ist jeder von uns mausetot und sieht sich den Rasen von unten an. Eine nach diesen Prinzipien arbeitende Wegwerfgesellschaft w�re dann das Einzige, was legitimiert werden k�nnte, was schwerlich akzeptabel w�re. Ist deshalb der Ausgangspunkt von den Interessen der Individuen ein Irrtum? Ich denke nicht. Der Fehler der obigen Konstruktion liegt darin, dass die Interessen der Individuen in Wirklichkeit nicht nur im engeren Sinne eigenn�tzig sind, sondern dass sie weit �ber ihr eigenes individuelles Leben hinausgehen. Menschen haben Interesse daran, dass �ber ihr individuelles Dasein hinaus die von ihnen gesch�tzte Gesellschaft samt ihrer Kultur fortbesteht. Deshalb w�nschen sich die Individuen Nachkommen, f�rdern sie die nachwachsenden Generationen, machen Verm�chtnisse und Stiftungen �ber ihren Tod hinaus oder opfern sich f�r die Gemeinschaft auf. Menschen sind nicht so borniert individualistisch und egozentrisch. Ein Hinweis darauf gibt bereits die Biologie des Menschen: Jedes Individuum tr�gt in sich einen zweiten Satz Gene, die er an seine Nachkommenschaft vererbt, ohne dass diese Gene bei ihm selber zur Wirkung gekommen w�ren und ihn gepr�gt h�tten. Wenn man dies ber�cksichtigt und den Begriff des Interesses nicht unzul�ssig verengt, dann sehe ich keine Probleme, Deine obige Frage zu bejahen. Es gr��t Dich und alle an altmodischen Begriffen wie �Gemeinwohl� Interessierten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- ich denke, das ist eine sehr gute Synthese, mit der man leben kann und die mit realem menschlichem Entscheiden und Handeln und seinen Motiven begr�ndet ist. Ein junger, mehr oder minder legaler Einwanderer aus armen Gegenden kommt zu uns in der Hoffnung, hier besser leben zu k�nnen. Aber dazu kommt die Hoffnung, dass er hier eine eigene Familie gr�nden kann, die eine bessere Zukunft hat als in seiner Heimat. Und dazu kommt die Hoffnung, seine daheim gebliebene Familie finanziell unterst�tzen zu k�nnen, damit die besser leben kann. Und weil das so ist, wird die Reise, wenn irgend m�glich, von seiner daheim gebliebenen Familie mitfinanziert. Menschen handeln und entscheiden nun mal so. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- @ Abrazo (zu #148), @ Eberhard (zu #152), Falls es also gelingen sollte, eine Begr�ndung in der wahrnehmbaren Welt zu finden, ist das Feld ged�ngt (sprich: der Mist gef�hrt) und mit etwas Geduld und Ausdauer wird's auch was zu ernten geben! Diesen Gedankengang verfolgte ich in den Beitr�gen in denen ich die arrogante Kurzform <Fundamental-Ethik> kreiert habe. In der Meinung, dass gemeinsame Erlebnisse ein gutes Fundament sind f�r einen gemeinsamen Willen, habe ich versucht aufzuzeigen, dass solche gemeinsame Erlebnisse in der wahrnehmbaren Welt nicht ausgeschlossen sind. (siehe #115,#121, #123) @Urs, (zu #151) Danke & Gruss --- Euer Alltag p.s.: Abrazo, was heisst <imho>? Habe da offensichtlich eine Bildungsl�cke! -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Wenn du, Urs, das Wort Ethik im Sinne von Ethos = Sitte verwendest, fragt sich, welches Wort du dann f�r die Grundnormen (z.B. nicht t�ten, nicht l�gen, nicht stehlen) nehmen willst. Nach meinem Verst�ndnis w�re eine �Grundnorm� ein ethisches Prinzip (ein �Grundsatz�), dessen Funktion nur darin besteht, alle einzelnen Normen systematisch miteinander zu verbinden. Ber�hmtestes
Beispiel: Kants kategorischer Imperativ. Die Grundnorm kann einerseits �entfaltet� werden, indem man daraus weitere regionale Prinzipien ableitet (so gewinnt Kant sein Rechtsprinzip aus einer Anwendung des kategorischen Imperativs auf ��u�ere Handlungen�), es kann aber auch umgekehrt dazu dienen, vorkommende Normen zu beurteilen. Die Imperative, die Du als Beispiel f�r Grundnormen anf�hrst, w�rde ich keine echten Normen � also �Scheinnormen� - nennen. Wir haben diesen Punkt schon ber�hrt, als wir �ber solche S�tze diskutierten wie �Man soll vor der Ehe keinen Sex haben.� Damals habe ich gemeint, dass eine echte Norm sich an einen bestimmten Kreis von Adressaten wenden muss. Inzwischen (durch Lekt�re belehrt) w�rde ich noch hinzuf�gen, dass eine Norm sich auch auf eine eindeutige, aber wiederkehrende Situation � ein Situationsschema - beziehen muss. (Fingiertes, aber realit�tsnahes) Beispiel: �Unmittelbare Vorgesetzte und Inhaber h�herer Dienstgrade sind milit�risch zu gr��en.� Aus dieser knappen Formel ergibt sich, dass jeder Soldat die (anderswo normierte) Gru�formel aussprechen und die dazugeh�rige K�rperhaltung einnehmen soll, wann immer er einem seiner unmittelbaren Vorgesetzen oder einem sonstigen h�herrangigen Soldaten - im Dienst - begegnet. Jeder Soldat � gleichg�ltig, welchen Rang er selbst einnimmt � hat und kennt seine Vorgesetzten und wei� auch, welche Dienstgrade �ber dem seinen rangieren. Somit ist diese Norm f�r jeden Soldaten eindeutig verst�ndlich und anwendbar. Das gilt f�r �Du sollst nicht t�ten!� keineswegs. F�r Soldaten im Ernstfall oder f�r bestimmte Justizbeamte in manchen Bundesstaaten der USA z.B. geh�rt das T�ten zu den Dienstpflichten. Sollen sie sich von diesem Gebot aus dem Dekalog angesprochen f�hlen oder nicht? Gelten die Zehn Gebote nur f�r gl�ubige Juden und Christen? Unter allen Umst�nden? Aber auch Israel hat eine Armee. Und in die Koppelschl�sser der Wehrmachtssoldaten war eingepr�gt: �Gott mit uns!� Was Du gegen mein Verst�ndnis von �Ethos� hast, verstehe ich nicht recht - zumal Du selbst immer wieder betonst, dass wir keine isolierten Individuen sind, sondern immer in historisch entstandene und sich ver�ndernde Lebensformen hineingeboren und in ihrem Sinne erzogen werden. Quote:Denn jede letzte Begr�ndung kann immer nur in der wahrnehmbaren Welt liegen. Was anderes haben wir nicht. Irgendwo m�ssen also die Begr�ndungen f�r unsere Werte aufh�ren und im Hinweis auf eine Tatsache enden, die nicht erdacht werden kann, sondern die sich zeigt: eben der humane ethische Willen in bestimmten konkreten Situationen. Davon kann man alles m�gliche ableiten und abstrahieren, er selbst aber ist nicht ableitbar und abstrahierbar. Eberhard hat dazu schon Kritisches geschrieben, das ich unterst�tze. � Aber es w�re hinzuzuf�gen: Zwar sind Normen insofern etwas Faktisches, als es an jedem Ort auf der Erde und zu jedem Zeitpunkt irgendwelche anerkannte Normen gibt. Aber die Normen selbst beziehen sich nicht auf Fakten, sondern auf zuk�nftige Handlungen. Ihre Funktion besteht darin, k�nftige Handlungen an die bisherige Praxis anzuschlie�en, also Ordnungsstrukturen in die Zukunft �fortzuschreiben�. Werden Normen ge�ndert - siehe die Gesetzgebung -, so soll mit einer bestehenden Ordnung an bestimmten Punkten ausdr�cklich gebrochen werden. Nun finde ich ziemlich klar, dass eine solche angestrebte Ver�nderung nicht einfach aus der �wahrnehmbaren Welt� begr�ndet werden kann, sondern aus menschlichen Bewertungen der Welt, wie sie (bisher) ist. Und das macht darauf aufmerksam, dass auch die bestehende Ordnung nicht �einfach so ist, wie sie ist�, sondern stets in irgendeiner Weise eine gewollte oder nicht gewollte Ordnung ist. Nur erfahren wir bei eingespielten, eingew�hnten Lebensformen nicht immerzu unseren ausdr�cklichen Willen oder unsere Bejahung. Es w�re ein absurdes, v�llig verkrampftes Leben, wenn wir uns bei jeder noch so kleinen Routinehandlung neu entschieden und uns fragten, ob wir sie �wirklich wollen�. Entscheidung und �Wille� treten nur auf, wo wir entweder �ber keine Routine verf�gen oder wo wir mit einer Routine nicht einverstanden sind. Und es ist wohl zuzugeben, dass jederzeit der Fall eintreten kann, dass wir mit einer g�ngigen Praxis nicht einverstanden sind. Die Gr�nde f�r unser Einverst�ndnis oder unsere abweichende Bewertung k�nnen vielf�ltig und schwer durchschaubar sein, aber sie lassen sich nicht schlichtweg aus der �wahrnehmbaren Welt� ableiten. So, hier muss ich einfach abbrechen. Ich geh�re ins Bett. Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- in Deiner Kritik an den vertragstheoretischen Kriterien f�r legitime soziale Ordnungen(H�tten freie Individuen im Urzustand einer solchen Ordnung zugestimmt? bzw. H�tte eine solche Ordnung aus einer vertraglichen �bereinkunft freier Individuen hervorgehen k�nnen?) schreibst Du: �Was ist das Gemeinsame zwischen beiden Annahmen? Der Konjunktiv. Das hei�t, argumentiert wird mit einer fiktiven Situation. Was begr�ndet eine fiktive Situation? Das Denken. Wer denkt? Ein Subjekt. Also ist eine fiktive Situation immer subjektiv; ich k�nnte auch sagen: sie entspricht dem Wunschdenken. Damit etwas zu begr�nden halte ich nun mal f�r unsauber.� Diesen Gedankengang kann ich nicht nachvollziehen. Richtig ist, dass eine fiktive Situation etwas von einem Subjekt Erdachtes ist. Aber dass eine erdachte Situation immer dem Wunschdenken entspricht, folgt daraus keineswegs. Ein Gegenbeispiel kann dies vielleicht am besten demonstrieren. Wenn ich �berlege, ob ich mir f�r das letzte Geld in meinem Portemonnaie lieber eine Kinokarte oder eine Pizza kaufen soll, dann denke ich mir fiktive Situationen aus, die im Konjunktiv formuliert sind, wie z.B.: �Wenn ich die Kinokarte kaufen w�rde, dann w�rde ich erst kurz vor Mitternacht aus dem Kino kommen und h�tte inzwischen einen ziemlichen Hunger� und dergleichen. Solche Erw�gungen verschiedener M�glichkeiten im Konjunktiv sind keineswegs Wunschdenken und ihre Verwendung im Rahmen einer Argumentation f�hrt keineswegs zu logisch unsauberen Begr�ndungen. Zu der Frage, ob sich die Gleichheit vor dem Gesetz aus der Konstruktion eines freiwilligen Vertragsabschlusses ableiten l�sst, schreibst Du: �Im Rudel verlangt der Mitl�ufer selbstverst�ndlich nicht die gleichen Rechte wie der Anf�hrer. Er folgt - und daf�r erh�lt er Sicherheit. Willst du behaupten, dass diese Alternative nicht tats�chlich oft gew�hlt wird?� Ich halte es ebenfalls f�r fraglich, ob sich die Gleichheit vor dem Gesetz vertragstheoretisch herleiten l�sst. Die Begr�ndung f�r diesen Zweifel hatte ich ja bereits mit dem Hinweis auf die m�glicherweise ungleiche Verhandlungsmacht gegeben. Denken wir uns mal in die Fabelwelt hinein und nehmen an, dass die Tiere, vom L�wen �ber den Hirsch bis hin zum Hasen und der Maus, ihren rechtlosen Zustand durch einen Gesellschaftsvertrag beenden wollen. F�r den Hasen w�re es sicher eine Verbesserung seiner Lage, wenn er sich gegen�ber W�lfen, Hunden u.a. unter den Schutz des L�wen begeben k�nnte, selbst wenn er dann nicht rechtlich dem L�wen gleichgestellt ist. Deshalb kann f�r mich der Vertrag auch nicht der Ursprung allgemeing�ltiger Normen sein. Diese Kritik gilt m.E. jedoch nicht f�r die diskurstheoretische Normenbegr�ndung, zu der ich neige. Bei der Suche nach einem zwangfreien Konsens kann der L�we seine �berlegene Kraft nicht als Argument f�r Sonderrechte einbringen, denn der L�we hat ja kein bereits bestehendes Recht, diese Kraft einzusetzen. Auch �ber den Einsatz seiner Kraft w�re ja ein rein argumentativer, zwangloser Konsens herzustellen. Deshalb ergibt sich f�r mich aus der Orientierung aller an einem zwangfreien Konsens die Schlussfolgerung, dass nur solche Normen konsensf�hig sind, bei denen die Interessen aller Beteiligten unparteiisch ber�cksichtigt werden. Ich ordne solche theoretischen Konstruktionen nicht unter die Rubrik: Was-w�re-wenn Spielchen ein. Du schreibst: �Was sind einsichtige Argumente, die einer zwanglos nachvollziehen kann? Argumente, die unmittelbar auf die wahrnehmbare Welt verweisen. Tatsachen. � Nicht, wie Mensch und Ich sehe die Beziehung zwischen Tatsachen und Normen etwas anders. F�r mich ist die Erforschung der Welt, wie sie ist, Aufgabe der empirischen Wissenschaften und hat sich an den Methoden zu orientieren, die f�r diese Art von Fragen entwickelt wurden. Hier ist n�chterner Realismus angesagt. Aber aus noch so vielen Tatsachen l�sst sich logisch keine einzige Norm ableiten. Und es gibt zahlreiche Arten von Argumenten, die keine Verweise auf Tatsachen sind. In der gesamten Logik und Mathematik kommen z.B. keine empirischen Argumente vor. Mit diesen Worten zum Sonntag seid alle gegr��t von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Alltag hat m.E. hiermit durchaus auf etwas Wichtiges hingewiesen: Quote:Da jedes Individuum auch Teil der Gemeinschaft ist, besteht doch im voraus bereits ein Abh�ngigkeitsverh�ltnis. Dieses (von Natur aus bestehende) Abh�ngigkeitsverh�ltnis ist doch st�rker als die Bindung, die erst infolge eines Vertrages entsteht. Daher ist doch zu Fragen, ob das Model "Vertrag" dem Problem Gemein- und Individualwohl qualitativ angemessen ist? Eberhards Antwort darauf ist m.E. auch richtig: Quote:Dein Argument gegen die vertragstheoretische Begr�ndung der Rechtsordnung trifft nicht, denn die gemeinschaftliche Ordnung wird dort ja erst durch die vertragliche �bereinkunft der Einzelnen hergestellt. Deshalb kann die wechselseitige Abh�ngigkeit der Individuen in der Gemeinschaft kein Argument gegen die unabh�ngige Entscheidung der Individuen f�r den Gesellschaftsvertrag sein. Aber: Wechselseitige Abh�ngigkeit besteht zwischen den Individuen nicht erst im Rechtszustand. Die wechselseitige Abh�ngigkeit innerhalb der Rechtsordnung ist eine Abh�ngigkeit zwischen Rechtspersonen. Aber wir sind eben nicht nur Rechtspersonen. Um uneingeschr�nkt gesch�ftsf�hige Rechtspersonen zu werden, sind wir auf viele Voraussetzungen angewiesen, die die Rechtsordnung selbst nicht erschaffen kann. Ich hatte das schon so formuliert, dass das Recht �nicht autark� sei. Es ist auf Formen der Gemeinschaft angewiesen, die nicht nach dem Modell des freiwilligen Vertrags geformt und entstanden sind. Zwar zieht ein Rechtsstaat jede Form von Gemeinschaft an sich, sch�tzt oder regelt sie, wenn erforderlich. So bekommen auch urspr�nglich nicht �auf dem Rechtsweg� entstandene Gemeinschaften einen Stellenwert in der Rechtsordnung. So steht nicht nur das unm�ndige Kind unter rechtlichem Schutz, sondern auch die Familie, Partnerschaften, regionale Lebensformen, Glaubensgemeinschaften, politische Parteien, Gewerkschaften, �Interessengemeinschaften� usw. Alle diese Zusammenschl�sse haben inzwischen auch eine Rechtsform, aber diese Rechtsform macht nicht ihr �Wesen� aus, d.h. ist nicht das, was sie entstehen l�sst und zusammenh�lt, sondern nur das, was sie mit der rechtsstaatlichen Ordnung insgesamt vertr�glich macht. Dass der Staat hier �berall regelnd oder sch�tzend eingreifen darf, ist Ausdruck seiner �Souver�nit�t�. Aber ich denke, es ist leicht zu sehen, dass diese Souver�nit�t nicht mit Autarkie verwechselt werden kann, dass also das Recht nur ein gesellschaftliches �System� neben anderen gesellschaftlichen Systemen ist. Au�erdem gibt es zwischen verschiedenen Staaten, die alle nach dem Modell �Republik� geordnet sind, doch erhebliche Unterschiede. Unsere f�derale �Bundesrepublik� etwa nimmt sehr stark R�cksicht auf die historisch entstandenen �L�nder�, erkennt den L�ndern ausdr�cklich die �Kulturhoheit� zu, w�hrend Frankreich wegen seiner ganz anders verlaufenen Geschichte viel �zentralistischer� verfasst ist usw. - Kurz, eine Rechtsordnung ist immer eine Ordnung von etwas, das selbst nicht wieder aus Recht besteht oder aus dem Recht hervorgegangen ist. Oder systemtheoretisch ausgedr�ckt: Das ausdifferenzierte Rechtssystem kann nur bestehen in Abh�ngigkeit von und in Beziehung auf eine �Umwelt�, und zwar eine Umwelt, in der es auch andersartige Systeme gibt � wobei diese Systeme keineswegs durch die (r�umlichen und rechtlichen) Grenzen der Staaten eingeschr�nkt sind. Was bedeutet es, wenn der Staat sch�tzend oder regelnd in gesellschaftliche Prozesse eingreift? Was wird da jeweils �gesch�tzt� � und wogegen? Doch offenbar nicht nur die Interessen einzelner Individuen, sondern auch die von �Interessengemeinschaften�. Und sie werden dagegen gesch�tzt, dass die Abh�ngigkeiten, in denen sie sich jeweils befinden, von anderen ausgenutzt werden � damit sie ihre gemeinschaftlichen Interessen ungest�rt weiter verfolgen k�nnen. - So werden nicht nur Kinder gegen ihre Eltern gesch�tzt, sondern auch Betriebsr�te gegen die Unternehmensleitungen. Oder es werden Minderheiten (z.B. religi�se) gegen Diskriminierung gesch�tzt oder Mehrheiten gegen die �berm�chtigung durch �konomisch starke Minderheiten. Fazit: Die Rechtsordnung selbst erkennt an, dass es Gemeinschaften gibt, die jeweils ein eigenst�ndiges �Gut� anstreben und dabei auch eigenst�ndig verfasst sind, also eigenst�ndige Normen und Bewertungsma�st�be haben. Unser �Pluralismus� ist eben ganz wesentlich ein Pluralismus von Gemeinschaften und Gemeinschaftsformen. Allerdings ist es in unseren �westlichen� Republiken in der Tat so, dass den Individuen gewisse allgemeine und unver�u�erliche Rechte zugestanden werden, die dann im �Konzert� der Lebensformen letztlich immer Vorrang haben, wenn es zum Konflikt kommt. Also, ich pl�diere ganz entschieden daf�r, den Gemeinwohlbegriff so differenziert zu verstehen, dass er sich auf den Pluralismus der Gemeinschaften anwenden l�sst. Es kann nicht gen�gen, nur das Rechtsmodell im Blick zu haben und es zu generalisieren. � Diese Differenzierung verhindert dann allerdings, dass man eine f�r alle Gemeinschaften g�ltige �Formel� aufstellt, nach der sich das Gemeinwohl immer bestimmen l�sst. Es gr��t Euch -------------------------------------------------------------------------------- Hi, Urs, ich wei�, dass diese Ansicht weit verbreitet ist, vielleicht sogar die herrschende ist, ich halte sie trotzdem f�r falsch. Ich behaupte: jede Begr�ndungskette hat irgendwo ein Ende und das Ende ist eine Tatsache in der wahrnehmbaren Welt. Das gilt genau so f�r die Ethik. Wenn ich von Herrn Hund rede, kannst du fragen: was meinst du? Dann kann ich dir den Herrn mit allen �u�erlichkeiten und Verhaltensweisen beschreiben. Kannste fragen, ob es denn das, was ich beschreibe, �berhaupt gibt. Die Fragen kannst du weiter f�hren bis zu dem Punkt, woher wir denn wissen k�nnen, dass es die Welt gibt. Dann sage ich dir, das ist Unsinn, was du da sagst, denn du kannst nicht fragen, ob es die Welt gibt ohne vorauszusetzen, dass es sie gibt. Wenn es die Welt nicht g�be, k�nntest du an ihrer Existenz nicht zweifeln. Gut. Aber damit kannst du immer noch an der Existenz von Hunden zweifeln. Wie l�st man diesen Zweifel? Nicht, indem man argumentiert, sondern indem man zeigt: siehst du das Objekt da? - Ja. - Das ist ein Hund. Das Ende der Begr�ndungen ist also das, was sich zeigt. Entsprechend sage ich: das Ende der Begr�ndungen unserer Normen ist das, was sich zeigt, und das nenne ich die Ethik. Wer an Gott/G�tter glaubt, hat damit kein Problem. Denn der sagt, das Ende der Begr�ndungen unserer Normen ist das g�ttliche Gebot, auf irgend eine Weise an seine Kinder / Diener / Priester / Propheten �bermittelt. Problem gel�st. Wer aber die Existenz eines G�ttlichen bezweifelt oder einen Kommunikationsweg, muss sich mit der Begr�ndung der Normen befassen. �blich ist, die Normen qua Vernunft zu begr�nden oder �ber unsere gesellschaftliche Entwicklung. Das funktioniert aber nur so lange, wie wir unsere Zivilisation als selbstverst�ndlich und als einzige M�glichkeit menschlichen Zusammenlebens voraussetzen. Sobald wir andere M�glichkeiten sehen, funktioniert das nicht mehr. Es funktioniert sp�testens nicht mehr, seit es den Nationalsozialismus gibt, denn der ist eine Alternative. Der Nationalsozialismus gr�ndet letztlich auf der Biologie, also auf den biologischen Steuerungen, den Gef�hlen, und die sind evident. Die kann man wahrnehmen. Den ganzen Bereich Humanit�t / Ethik / Moral erkl�rt er zu einer L�ge, insinuiert von den Juden zwecks Selbsterhalt einer ansonsten unterlegenen, nur durch Schmarotzen an anderen V�lkern �berlebensf�higen Menschenabart. Du sollst nicht t�ten hei�t danach, du sollst die nicht t�ten, die dich aussaugen und von dir leben. Ein egoistisches Zweckgebot derjenigen, die auf sich gestellt nicht �berlebensf�hig sind und dazu noch die Weiterentwicklung der F�higen verhindert, auf dass sie nicht so stark werden, dass sie sich doch �ber die 'Humanit�tsl�ge' hinwegsetzen k�nnen. Wie gesagt, hier enden die Begr�ndungen in Evidenzen. Evidenzen sind st�rker und einleuchtender als Glauben und Vernunft. Der Schwachpunkt dieser Theorie ist, ist die Humanit�t eine L�ge oder nicht. Darauf mit der Vernunft, z.B. Kant zu antworten, zieht nicht. Denn die Frage ist, warum soll ich der Vernunft folgen, wenn meine Natur etwas anderes sagt. Also warum soll ich den Kerl nicht umbringen, wenn ich vom Gef�hl her der Auffassung bin, dass f�r uns beide kein Platz auf dieser Erde ist. Ist f�r den T�ter, das Individuum, kein Problem. Wohl aber f�r die Beobachter. Die reagieren n�mlich auf das Ergebnis mit Abscheu und sehen deswegen zu, den T�ter dingfest zu machen. Dieser Abscheu aber ist weder logisch noch vern�nftig herleitbar, der ist. Der zeigt sich. Der ist evident. Dass er sich zeigt, scheint mir nicht zu einigen Kulturen zu geh�ren, sondern es scheint mir doch eine allgemein menschliche Eigenart zu sein. Wenn du nun GG Art. 2 (2) nimmst: "jeder hat das Recht auf Leben und k�rperliche Unversehrtheit" und mich fragst, wie willste dat begr�nden, w�rde ich dir entgegnen, weil wir das so wollen. Und wir wollen es deswegen so, weil das zu unserem Wesen als Menschen geh�rt. Kannste zeigen. Mir scheint, wir haben mit der Ethik, also den Grundnormen, immer dann ein Problem, wenn wir das Individuum betrachten. Hier verweise ich auf unsere Diskussion �ber M�glichkeiten: das Individuum hat zwar die M�glichkeit, zwischen Alternativen zu w�hlen, aber warum soll es die vern�nftige oder die menschliche Alternative w�hlen, wenn es zur biologischen viel mehr Lust hat und die f�r ihn auch von Vorteil ist. Wenn er aber diese Alternative w�hlt, tritt er damit aus der humanen Gemeinschaft aus, denn die lehnt das ab. Das Problem ist also f�r den T�ter nicht die Tat, sondern die Isolation, durch die er auf genau den reinen Individualzustand geworfen wird, von dem manche Moraltheorien �berhaupt erst ausgehen. Was mich nun zu der Frage bringt: ist deren Ansatz �berhaupt richtig? Ist es �berhaupt m�glich, Ethik, Moral, Normen zu begr�nden, ohne den Menschen als vergesellschaftetes Wesen zu betrachten, nicht, weil er sich so entwickelt hat, sondern weil das nun mal zu seinem Wesen geh�rt? Die These lautet: Ethik ist eine Eigenart der Menschheit, sie ist evident und zeigt sich in den Situationen, in denen ein Individuum (oder eine Gruppe) davon abweicht. Woraus folgt, je mehr ein Individuum sich als Teil der Menschheit begreift, desto mehr wird es sich im Konfliktfall f�r die ethische Alternative entscheiden. Rechtssysteme (codifizierte Normen) werden letztlich aus den ethischen Evidenzen abgeleitet und durch sie begr�ndet. Dass es dabei auch zu Differenzen und Fehlern kommen kann, ist klar - aber vom sozialen Aspekt aus betrachtet zeigt es auch, warum sie notwendig sind. Denn was ethisch verwerflich ist, ist zwar den Zeugen qua Evidenz klar, nicht aber notwendigerweise dem handelnden Individuum. Weswegen man ihm vorher beibringt, was es darf und was nicht. Wenn wir nun die Gemeinschaft als das Prim�re sehen, dann ist sie es, die das Wohl des Individuums einigerma�en garantiert - �ber die von ihr geschaffenen Normen, begr�ndet letztlich durch die Ethik. Individuen, die dagegen versto�en, werden von der Gemeinschaft - je nach Schwere der Tat - 'rausgeschmissen. Das w�rde, unabh�ngig von dem, was als solches definiert wird, bedeuten, dass auch Individuen oder gar Gruppen, die gegen das Gemeinwohl versto�en (was immer das Wohl anderer Individuen ist), Gefahr laufen, von der Gemeinschaft abgesto�en zu werden; das k�nnte dem Interesse solcher Individuen oder Gruppen durchaus widersprechen. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- Lieber Urs danke, dass Du den Gedanken, betreffs des Abh�ngigkeitsverh�ltnisses von Individuum und Gemeinschaft, nochmals aufnimmst und zugleich eingehst auf Eberhards Gegenargument. Lieber Eberhard, ich bin auf Dein (soeben angesprochenes) Gegenargument noch nicht eingegangen, weil ich es ganz einfach noch nicht verstanden hatte. Die Er�rterungen von Urs bringen mich aber weiter. @All, Nach meinem Verst�ndnis ist <Treu und Glaube> jedoch keine Norm. Denn es wird nicht weiter definiert oder er�rtert, sondern als selbsterkl�rend stehen gelassen. Obwohl oder weil es damit sehr schwammig bleibt, ist es in juristischen Prozessen eines der schlagkr�ftigsten Argumente. - Ich denke wir k�nnen an diesem beispielhaften Bezug zur Praxis, unsere Erwartungshaltung beim Problem <Gemein- und Individualwohl> messen. Lieber Abrazo, der Bezug zur Praxis ist Teil der wahrnehmbaren Welt, oder? In Treu und Glaube --- Euer Alltag :-) /1/ In der CH Verfassung heisst es in: Art. 9 Schutz vor Willk�r und
Wahrung von Treu und Glauben -------------------------------------------------------------------------------- Tut mir leid, manche Deiner Ansichten sind in meinen Augen so verquer, dass ich an ein paar grunds�tzlichen Erl�uterungen nicht vorbei komme. Quote:Das Ende der Begr�ndungen ist also das, was sich zeigt. Das ist richtig. Aber erstens muss es, damit etwas �sich zeigt�, jemanden geben, dem es sich zeigt. Und zweitens muss das, was �sich zeigt�, keineswegs eine �Tatsache in der sinnlich wahrnehmbaren Welt� sein. Es kann auch � wie Eberhard schon sagte - ein abstrakter Sachverhalt sein. Darum stelle ich richtig: Das Ende der Begr�ndung ist die unmittelbare Einsicht, dass sich etwas so und so verh�lt. Wer braucht �Begr�ndungen� daf�r, dass etwas sich so und nicht anders verh�lt? Jemand, der einen behaupteten Sachverhalt nicht einsieht. Wie hilft man ihm, den Sachverhalt einzusehen? Indem man ihn von einer Einsicht, die er hat, schrittweise zu dem fraglichen Sachverhalt hinf�hrt. Beispiel: Jemand findet �evident�, dass 1 + 1 = 2, aber nicht, dass 2 + 2 = 4. Wie kann man ihm zeigen,
dass auch dieser zweite Satz �evident� ist? Nun, man sagt z.B.: 1 + 1 = 2; 2 + 1 = 3; 3 + 1 = 4. Hier wird ihm also zuerst gezeigt, wie man durch wiederholte Addition von 1 bis zur 4 kommt. Und nun kann er den Schluss nachvollziehen: �Wenn 1 + 1 = 2 und 2 + 1 + 1 = 4, dann gilt auch 2 + 2 = 4.� Halten wir fest: 1. �Evident� ist ein Sachverhalt nicht �an sich�, sondern immer f�r jemanden. �Evidenz� ist also ein Wort f�r eine Relation zwischen einem Sachverhalt und einem �Subjekt�. 2. Eine Begr�ndung braucht zwar nur derjenige, der etwas nicht unmittelbar einsieht. Aber die Begr�ndung, die man ihm gibt, ist nicht nur f�r ihn pers�nlich g�ltig. Sondern diese Schrittfolge kann jeder nachvollziehen. Darum findet eine Begr�ndung nur dann statt, wenn die �Evidenz�, in der sie endet, eine Evidenz f�r jedermann ist. 3. �Tatsachen in der sinnlich wahrnehmbaren Welt� haben einen kleinen Haken. Denn sinnliche Wahrnehmungen sind immer individuelle Wahrnehmungen, werden also von diesem oder jenem Individuum gemacht, folglich immer mit gewissen Varianzen. Au�erdem sind sie fl�chtig. Dass ein Blitz da und da eingeschlagen hat, kann ich allein dadurch verpassen, dass ich f�r eine Sekunde die Augen geschlossen halte. � Was hei�t das f�r das Begr�ndungsproblem? Dass sinnliche Wahrnehmungen nur dann in f�r jedermann g�ltige Begr�ndungen eingehen k�nnen, wenn sie von jedermann h�chstpers�nlich nachvollzogen werden k�nnten. Diese Nachvollziehbarkeit muss unbedingt sichergestellt sein, weil man sonst gar nicht wissen kann, ob etwas eine �Tatsache in der sinnlich wahrnehmbaren Welt� ist. Die Vorkehrungen, die getroffen werden m�ssen, um die Nachvollziehbarkeit der sinnlichen Wahrnehmung zu sichern, geh�ren offensichtlich nicht zu den wahrgenommenen Sachverhalten selbst. Diese Vorkehrungen m�ssen die erkennenden Subjekte leisten und - untereinander verabreden. Erst wenn sie erfolgreich getroffen sind und wenn alle, die es angeht, sich �ber den Sachverhalt verst�ndigt haben, dann kann man sagen: �So isses einfach.� � �Das ist eine Tatsache�. � �Das und das zeigt sich.� Also: Wenn eine Tatsache �sich zeigt�, dann bedeutet das: sie zeigt sich unter gleichen Bedingungen jedermann immer gleich. Wenn dies eine zutreffende Erl�uterung von �Begr�ndung� im Allgemeinen ist, dann muss sie auch f�r die Begr�ndung von Normen gelten. Nun sagst Du: Quote:Entsprechend sage ich: das Ende der Begr�ndungen unserer Normen ist das, was sich zeigt, und das nenne ich die Ethik. Wenn Du meine Erl�uterung von �Begr�ndung� akzeptierst, m�sstest Du auch akzeptieren: Eine Norm kann dann als begr�ndet gelten, wenn ihre Begr�ndung von jedem eingesehen werden kann. Eine Norm gilt ja, wie gesagt, nicht nur f�r eine einzelne Person, sondern f�r bestimmte Personen in einer typischen Situation. (Z.B. eine bestimmte Verkehrsregel f�r das Linksabbiegen: Sie gilt f�r jeden Verkehrsteilnehmer, der irgendwo links abbiegen will.) Und folglich muss die Begr�ndung mindestens so allgemein sein, dass jeder, der von der Norm betroffen ist, sie nachvollziehen k�nnte. Und jene theoretischen Vorkehrungen, die man zu einer solchen allgemeinen Begr�ndung von Normen treffen m�sste, w�rden dann zusammengenommen den Bereich der Philosophie ausmachen, den man gemeinhin �Ethik� nennt. Sicher: Normen m�ssen nicht notwendigerweise philosophisch begr�ndet sein. Sie k�nnen ganz unbegr�ndet sein und trotzdem befolgt werden. (Begr�ndungen brauchen ja, wie oben gesagt, immer nur die Uneinsichtigen.) Normen k�nnen auch durch g�ttliche Gebote begr�ndet sein � zumindest f�r diejenigen, denen ein �Gott will es so.� gen�gt. Sie k�nnen auch willk�rliche Diktate von Tyrannen sein, die mit Gewalt durchgesetzt werden. Und sicher sind Kerker, Folter, Tod sehr nachvollziehbare �Argumente� f�r den Gehorsam. Aber es sind nicht die Art von Argumenten, mit denen die Philosophie Normen begr�ndet. �brigens �zeigt sich� ja gerade in diktatorischen Regimes immer wieder, dass viele Menschen sich auch von der Drohung mit Kerker, Folter, Tod nicht zum Gehorsam pressen lassen. Zwar sagt das Regime: �Das ist hier geltendes Gesetz � Vogel friss oder stirb!�, aber die Uneinsichtigen lassen sich von diesem �So ist es einfach!� offenbar nicht beeindrucken. Ihnen beweist das nix. Und das macht uns einmal mehr darauf aufmerksam, dass schiere Fakten niemals etwas begr�nden, sondern immer nur die Einsicht. Und Einsicht l�sst sich nicht erzwingen, sie ist immer �spontan�. Das ist das Sch�ne an der �vern�nftigen Einsicht�. Allerdings ist es immer wieder auch eine Quelle der Frustration, wenn man diskutiert. Man kann sich �den Mund fusselig� reden � der andere will es einfach nicht einsehen. Dagegen ist man machtlos... Es gr��t
Dich -------------------------------------------------------------------------------- Hi, Eberhard, deine Analogie hinkt insofern, als dass du noch Geld im Portmonee hast. So, wie wir in einer organisierten Gesellschaft leben. Das, was ich in meinem Kontext meinte, war, welche �berlegungen w�rdest du denn anstellen, wenn du kein Geld im Portmonee h�ttest. Dann merkt man, wie unsinnig solche �berlegungen sind - denn du bist nun mal nicht in der Situation, und alle �berlegungen, wie du denn jetzt, wo du nicht in dieser Situation w�rest, entscheiden w�rdest, wenn du in dieser Situation w�rest, sind nun wirklich fiktiv, da du dir die Situation, �ber die du nachdenkst, vielleicht noch nicht einmal realistisch vorstellen kannst. Die Tatsachen zu erforschen ist zweifellos Aufgabe der empirischen Wissenschaften. Aber kann eine Philosophie eine brauchbare und �berzeugende Theorie entwickeln, ohne die Ergebnisse der Empirie zur Kenntnis zu nehmen, sie teils kritisch zu durchleuchten, teils, wenn sie der Kritik stand halten, aufzunehmen, auf gemeinsame Prinzipien zur�ck zu f�hren bzw. Prinzipien aus ihnen zu entwickeln? Und ist es nicht auch Aufgabe der Philosophie zu pr�fen, ob Theorien insofern wahr sind, als dass sie Tatsachen nicht widersprechen? Wir leben in einer komplizierten organisierten Gesellschaft. Und wir k�nnten gar nicht leben, weil wir mit nichts zu Potte k�men, wenn wir jede einzelne Handlung daraufhin �berdenken w�rden, was wir denn nun wirklich wollen; mal abgesehen davon, dass das Subjekt, das Individuum sich dabei durchaus irren kann, entweder, indem es die Situation verkennt, oder indem es kurzsichtig seinen pers�nlichen oder nat�rlichen Impulsen folgt. Da stimme ich dir also zu. Ich lehne also ganz und gar nicht ab, dass wir Normen im Diskurs und im Konsens entwickeln m�ssen, im Gegenteil. Ich will aber, dass ein solcher Diskurs auf wahren, evident wahren Grundaussagen aufbaut. Sonst w�re er n�mlich sinnlos, weil zum einen eine m�gliche Norm tatsachenfremd, irreal w�re, zum anderen d�rfte dann wohl kaum ein Konsens erzielt werden k�nnen; es k�nnte immer nur ein Konsens derjenigen sein, die sich die Welt und die Menschen so w�nschen, w�hrend der, der unter anderen Verh�ltnissen lebt, ihn als unm�glich und unsinnig ablehnt. Darum weise ich als Basis eines solchen Diskurses auf zwei imho (= in my humble opinion ;-)) evidente Aussagen hin. 1. Unwahr ist, dass der Mensch von Natur aus frei ist. Er ist den Zw�ngen unterworfen, die die Biologie zwecks Erhalt seines Lebens vorgibt. Der Mensch ist nur potentiell frei, weil er ein reflexionsf�higes Wesen ist. Wer den freien Menschen will, und das hei�t, den Menschen, der zwischen verschiedenen M�glichkeiten w�hlen kann, muss daf�r sorgen, dass er seine Grundbed�rfnisse so befriedigen kann, dass er �berhaupt die Mu�e hat, Entscheidungen kritisch zu �berdenken. Wenn das f�r unsere Verh�ltnisse nicht zutrifft, so gibt es doch Verh�ltnisse, in denen die potentielle Freiheit des Menschen keineswegs verwirklicht ist. Wobei mit derartig unfreien Menschen kein freier Konsens zu erzielen ist - will sagen, die werden den Teufel tun, sich an entsprechende Vereinbarungen zu halten. Weil sie das aufgrund biologischer Zw�nge gar nicht k�nnen. 2. Es gibt eine humane Ethik, die dazu f�hrt, dass bestimmtes individuelles Verhalten von Menschen allgemein rigoros abgelehnt wird. Hier k�nnen wir sogar mit den Religi�sen in einen Konsens kommen, denn auch wenn Menschen glauben, dass dieses Verhalten aufgrund g�ttlichen Gebotes abgelehnt wird, so m�ssen sie doch zugeben, dass Menschen diese Gebote erst einmal f�r wahr halten m�ssen, bevor eine Religion entstehen kann - und das liegt nun mal am Menschen. �berhaupt m�chte ich hier bei den Religionen wildern: eine Handlung, durch die ein Individuum sich wegen der rigorosen Ablehnung von der menschlichen Gemeinschaft trennt, k�nnen wir S�nde nennen. Mir scheint, was Menschen rigoros ablehnen, ist das Zuf�gen von Leid, das grundlose Vernichten und Vertrauensbruch (Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollst�ndigkeit). Wir akzeptieren z.B. nicht, wenn ein Tier st�ckweise bei lebendigem Leib gefressen wird, wir akzeptieren nicht, wenn aus Spa� am Feuerchen ein Wald in Brand gesetzt wird und wir akzeptieren es nicht, wenn gelogen, betrogen, bestohlen oder gar hinterr�cks gemordet wird (merke den Unterschied zwischen Mord und Totschlag, der meines Wissens auch in allen Kulturen bekannt ist). Dass das Opfer das nicht akzeptiert, ist klar; aber ma�gebend sind die unbeteiligten Zeugen des Geschehens, und die akzeptieren das auch nicht. Daraus folgt, im Diskurs zu entwickelnde Normen d�rfen diesen sich aus ethischen Entscheidungen bzw. Urteilen ergebenden ethischen Prinzipien nicht widersprechen, widrigenfalls - werden sie nicht akzeptiert. Und eine staatliche Ordnung, besonders das staatliche Gewaltmonopol, wird nur dann akzeptiert, wenn es diese Normen �bernimmt. Eine Exekutive, die Betrug, Diebstahl und Mord je nach Zugeh�rigkeit zu einer sozialen Gruppe nur verfolgt, wenn Betroffene Opfer, nicht aber, wenn sie T�ter sind, wird von anderen sozialen Gruppen nicht als rechtm��ige Exekutive anerkannt. Es ist offensichtlich, dass der Hinweis auf diese
beiden Grundaussagen einen Diskurs �ber moralische Normen nun wirklich nicht �berfl�ssig macht. Du schreibst: Ich halte dagegen, konsensf�hig sind nur solche Normen, die die anscheinend zum menschlichen Wesen geh�rende Ethik ber�cksichtigen. Ich k�nnte mir vorstellen, dass die unparteiische Ber�cksichtigung der Interessen aller Beteiligten sich aus der Ethik ergeben k�nnte, denn die Ethik ist zwar keine Angelegenheit des s�ndhaft handelnden Individuums, sondern der dieses Handeln (bzw. dessen Ergebnis) beobachtenden Gemeinschaft, deren Urteil �ber diese Handlung aber offensichtlich dem Schutz jedes potentiell als Opfer betroffenen Individuums dient. Daraus folgt aber auch, dass Versuche, das Gemeinwohl r�cksichtslos �ber das individuelle Wohl zu stellen, dauerhaft zum Scheitern verurteilt sind, weil sie der humanen Ethik widersprechen, die genau dieses Individuum sch�tzt (sofern es nicht selbst s�ndhaft handelt). Gru� -------------------------------------------------------------------------------- offenbar meinen wir auch mit dem Wort Evidenz unterschiedliches. Dass 1+1=2 ist, ist f�r mich ebenso wenig evident, wie dass 2+2=4 ist. Es sind Zeichen, die folglich f�r etwas stehen, und dass 2+2=4 ist erfasse ich nicht aufgrund der Evidenz, sondern weil ich eine Regel verstanden habe. Was evident ist, ist, dass zwei Eier anders aussehen als ein Ei. Es ist auch evident, dass 1 anders aussieht als 2, aber wenn ich das feststelle, habe ich damit �berhaupt nichts zu dem gesagt, was 1 und 2 bedeuten. Ich muss es noch nicht einmal wissen. Aber dass sie anders aussehen, ist nicht bezweifelbar. Eine Argumentation kann mir einleuchten. Wenn ich die Reihe 0;1;3;6;10 habe, dann leuchtet mir ein, dass die 15 als n�chste Zahl richtig ist, weil ich die Regel verstanden haben, nach der diese Reihe gebildet ist. Aber wir wissen, dass so etwas keineswegs zweifelsfrei ist. Wir k�nnen uns n�mlich auch in der Regel irren - und dann leuchtet uns eben eine andere Zahl als Fortsetzung ein. Die dann nat�rlich falsch ist. Als evident bezeichne ich etwas nur dann, wenn es zweifelsfrei ist. Was ich wahrnehme, ist zweifelsfrei (nicht zweifelsfrei sind allerdings die damit verbundenen Zusammenh�nge; die sind erdacht, also Irrtum m�glich). Allerdings ist es subjektiv evident. Von einer objektiven Evidenz kann ich nur ausgehen, wenn etwas intersubjektiv evident ist. Es gibt intersubjektive Evidenzen, sonst k�nnten wir nicht sprechen. Mit dem Satz 'Wasser hat die Formel H2O' k�nnte ich nichts anfangen, wenn ich nicht w�sste, was mit Wasser gemeint ist. Was eine Formel ist, kann man erkl�ren, was H und O sind, kann man erkl�ren - aber irgendwo sind die Erkl�rungen zuende, dann ist eine weitere Erkl�rung nicht mehr m�glich, dann muss man zeigen, was man meint. Mit der Ethik l�uft das genau so. Du kannst Normen vern�nftig herleiten und begr�nden, die gut sind. Aber du kannst nicht vern�nftig begr�nden, was gut ist. Du kannst Gegenst�nde oder Taten nennen, die gut sind, du kannst begr�nden, warum sie deiner Ansicht nach gut sind, aber du kannst nicht sagen, was gut ist. Die b�se Wespe hat dich gestochen, der gute Weihnachtsmann bringt Geschenke - so lernt man gut und b�se, wobei man aus dem Kontext wei�, nicht die �u�ere Beschreibung, sondern die eigene urteilende Empfindung ist gemeint. Und alles andere kommt erst danach. Auch die Kritik am erlernten - z.B. dass die Wespe gar nicht b�se ist. Daf�r vielleicht die eine oder andere Sache, die einem als gut begebracht wurde. So weit erst mal. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Du machst die Beantwortung der Frage, ob Gemeinschaft nur durch R�ckgang auf die Interessen der Individuen zu legitimieren sei, davon abh�ngig, wie man das Interesse des Individuums definiert. Werde mit �individuelles Interesse� nur das eigene Wohlergehen des Individuums gemeint, dann m�sse man die Frage verneinen. Aber so strikt eigenn�tzig seien Individuen in Wirklichkeit gar nicht: Quote:Der Fehler der obigen Konstruktion liegt darin, dass die Interessen der Individuen in Wirklichkeit nicht nur im engeren Sinne eigenn�tzig sind, sondern dass sie weit �ber ihr eigenes individuelles Leben hinausgehen. Menschen haben Interesse daran, dass �ber ihr individuelles Dasein hinaus die von ihnen gesch�tzte Gesellschaft samt ihrer Kultur fortbesteht. Liegt darin aber nicht eine R�ckkehr zum aristotelischen Verst�ndnis des Menschen als �zoon politikon� und zu einer teleologischen Naturauffassung? Der Mensch ist faktisch ein Gemeinschaftswesen, und deshalb streben die menschlichen Individuen von Natur aus die Gemeinschaft als das gr��ere Gut an. Das Ziel (�telos�) der Gemeinschaftsbildung ist ihnen von der Natur einbeschrieben (modern gesprochen: ist ihr genetisches Programm). Sie streben also eigentlich immer das Gute an, nur k�nnen sie sich fallweise �ber ihr wahres Interesse irren, und dieser Irrtum ist die Quelle des B�sen, der S�nde, des Streits... Ich habe ja auch verschiedentlich darauf hingewiesen, dass Menschen Gemeinschaftswesen sind, und genau mit diesem Argument die Hobbes�schen anthropologischen Voraussetzungen �ber den Menschen im Naturzustand kritisiert. Und ich denke auch, das �aufgekl�rte Eigeninteresse� der Individuen schlie�t die Einsicht mit ein, dass es auf die Gemeinschaft zum schieren �berleben und zu seiner pers�nlichen Selbstverwirklichung angewiesen ist. Mir scheint aber, dass man an diesem Punkt vorsichtig sein muss, wenn man die neuzeitliche (liberale) W�rdigung des Individuums nicht wieder verspielen will. Es ist klar: Irgendwie muss jede Legitimation von Gemeinschaft und Gemeinwohl (und damit implizit auch von allgemein g�ltigen Normen) zeigen, wie individuelle Interessen mit den Forderungen der Gemeinschaft vermittelt sind. Dem Individuum muss gezeigt werden k�nnen, dass die Gemeinschaft nicht �das Andere�, das Fremde, der Zwang, die Unfreiheit ist. Aber m.E. kommt es hier darauf an, diese Vermittlung nicht sozusagen hinter dem R�cken der Individuen stattfinden zu lassen. Und genau das w�re der Fall, wenn man sie in die Natur verlegt. Dann gen�gte als Legitimation von Gemeinschaftsforderungen an das Individuum, dass ein Experte ihm sagte: �Mein Guter, was regst du dich auf? Komm schon, eigentlich willst du es doch auch. Es liegt in deinen Genen.� Das kann es ja wohl nicht sein. Vielmehr besteht das, was wir gesellschaftliche �Freiheit� nennen, doch darin, dass die Vermittlung von individuellen Interessen und Gemeinschaftsforderungen im Gemeinschaftsleben selbst vollzogen wird. D.h. dass die Individuen mit ihren unterschiedlichen und abweichenden Meinungen daran kompetent beteiligt sein m�ssen, was bedeutet, dass man ihnen zutraut zu wissen, was f�r sie pers�nlich das Gute ist. Und es bedeutet auch, dass diese dauernde Vermittlung in gewisser Weise ergebnisoffen sein muss, so dass die Anpassung nicht immer nur vom Individuum gefordert wird, sondern umgekehrt die Form der Gemeinschaft auch vom Willen der Individuen abh�ngt, die sie bilden. Und das h�tte zur Folge, dass es viele verschiedene Formen von Gemeinschaft g�be, je nachdem, welche Individuen sich wie zusammenschl�ssen und wie sie sich gemeinsam weiterentwickelten. Aus diesen �berlegungen heraus halte ich gerade den Pluralismus der Gemeinschaftsformen f�r einen (vermittelten) Ausdruck � und f�r einen Garanten - von individueller Freiheit. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Hallo Urs, Die Bestimmung der Interessen bestimmter Individuen bleibt immer an das Kriterium der allgemeinen Konsensf�higkeit gebunden, und damit an die Zustimmung der betreffenden Individuen. Wer meine Interessen zu formulieren beansprucht, ohne dass ich diese Formulierung einsehen und teilen kann, der verk�ndet ein Dogma und verl�sst damit die Ebene von Argumentation und rationaler Wahrheitsfindung. Hallo abrazo, Wenn es diesen allgemeinmenschlichen ethischen Willen gibt, dann m�sste er beim Diskurs �ber Normen des Handelns zum Vorschein kommen, so dass ein praktischer Konflikt zwischen beiden Ans�tzen eigentlich ausgeschlossen scheint. Noch eine Anmerkung zu der Frage, welchen Stellenwert das Individuum in der Verfassung der Bundesrepublik besitzt. Es gibt zwar im Grundgesetz nicht die Formulierung wie in der Erkl�rung der Menschenrechte, dass jeder das Recht hat, sein eigenes Gl�ck zu verfolgen, aber es gibt im Grundgesetz stattdessen den � 2, der mit dem Satz beginnt: �Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Pers�nlichkeit�, der den Interessen der Individuen ebenfalls einen hohen Rang einr�umt. In der von alltag dankenswerter Weise eingebrachten Schweizer Verfassung hei�t es: �Staatliches Handeln muss im �ffentlichen Interesse liegen.� Mir scheint, dass die Eidgenossen den Begriff des ��ffentlichen Interesses� viel selbstverst�ndlicher gebrauchen als die Bundesdeutschen. Im angels�chsischen Raum ist der Begriff des �public interest� ebenfalls ganz selbstverst�ndlich. Zum besseren gegenseitigen Verst�ndnis will ich abschlie�end noch einmal kurz skizzieren, welche Funktion der Begriff des Gemeinwohls f�r mich hat. Der Begriff �Gemeinwohl� (bzw. �Gesamtinteresse�) dient der Anleitung von Entscheidungen und Handlungen im Namen der Gemeinschaft sowie der Orientierung bei der Gestaltung der Verfahren der Normsetzung. 1. Entscheidungen im Namen der Gemeinschaft (z.B. des Regierungschefs eines Staates), sollten sich am Gemeinwohl orientieren. 2. Die Institutionen zur Setzung verbindlicher Normen (z.B. Wahl- und Abstimmungsverfahren, Gerichte, Wirtschaftsordnung) sollten so gestaltet werden, dass deren Resultate dem Gemeinwohl m�glichst entsprechen. Der Begriff hat also seinen Platz innerhalb einer normativen politischen Philosophie. Da er dort eine zentrale Stellung einnimmt, hat die Art und Weise seiner inhaltlichen Bestimmung erhebliche Konsequenzen. Dieser begriffliche Bezugsrahmen enth�lt noch keinerlei Voraussetzungen �ber die Struktur der Gemeinschaft, die Art der Beziehungen zwischen den Individuen und Gruppen sowie die Art der Sozialisierung des Individuums. Er ist z.B. auch auf nicht-kapitalistische Gesellschaften oder Landkommunen anwendbar. Wenn man davon ausgeht, dass die Gemeinschaft dem Wohl der Individuen zu dienen hat, dann l�sst sich das Gemeinwohl nur auf der Grundlage des Wohls der Individuen bestimmen. Dies ist vielleicht eine individualistische jedoch noch keine liberale Konzeption. Dazu gelangt man erst, wenn man weiterhin festlegt, dass die Individuen ihre Interessen selbst formulieren (M�ndigkeit), und wenn man Bereiche bestimmt, die den einzelnen Individuen zugeordnet sind und �ber die sie allein verf�gen d�rfen (Eigentumsordnung mit Vertragsfreiheit, also Marktwirtschaft). Wenn man die gemeinsame Gestaltung der Rechtsordnung der gleichgewichtigen Entscheidung der als m�ndig angesehenen erwachsenen Individuen �berl�sst, kommt man zu demokratischen Mehrheitsentscheidungen. Dies Verfahren ist nicht dem politischen Liberalismus entsprungen ist, der historisch immer Gegner des allgemeinen gleichen Wahlrechts war. Es gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- zum Verh�ltnis von Gemeinwohl und Wohl der Individuen. Ich frage mich, welche Konsequenzen es hat, wenn das Gemeinwohl nicht universal verstanden wird, sondern partikular, z.B. auf einen bestimmten Staat beschr�nkt Auch wenn abrazo mit Gedankenexperimenten (was w�re wenn) seine Probleme hat, will ich mal modellhaft etwas durchspielen. Nehmen wir an, die Menschheit ist in verschiedenen souver�nen Staaten organisiert, die alle das Bestreben haben, sich auszudehnen und deshalb immer wieder Krieg gegeneinander f�hren. Der jeweilige Sieger vernichtet oder versklavt die Bev�lkerung des besiegten Staates. Dann h�ngt Wohl und Wehe der Individuen eines bestimmten Staates entscheidend von dessen milit�rischer St�rke ab. Wahrscheinlich w�rde unter diesen Bedingungen Nationalismus, Patriotismus, Heldentod f�rs Vaterland vorherrschende Einstellungen sein und man w�rde nicht auf das Wohl der Individuen schauen, wenn man das Gemeinwohl bestimmen wollte, sondern auf die Bewaffnung und St�rke des Milit�rs. Ich frage mich, ob das Verh�ltnis von Gemeinwohl und Individualwohl tats�chlich in der Weise von au�enpolitischen Bedingungen abh�ngt, wie es hier scheint? Gr��e an alle von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "Ich frage mich, welche Konsequenzen es hat, wenn das Gemeinwohl nicht universal verstanden wird, sondern partikular, z.B. auf einen bestimmten Staat beschr�nkt." Eberhard Das Verh�ltnis europ�ischen Gemeinwohl sowie Individualwohl war, seitdem westeurop�ische Staaten aussenpolitisch chauvinistisch-milit�risch auftraten, nationalistisch gestimmt. Angenommen, in der sogenannten Globalisierungs-Zeit erscheinen V�lkern europ�ische Staaten aussenpolitisch nicht mehr einseitig-milit�risch, innenpolitisch nicht mehr vaterl�ndisch, sondern, im Gegenteil, v�lkerverbindend. Das besagte Verh�ltnis besteht auch dann weiterhin, ist auch weiterhin aussenpolitisch bedingt, nun jedoch nicht mehr mit nationalstaatlicher Kriegsorganisation ... , sondern u.a. von global-v�lkerbindenen Inhalten bestimmt. Nicht mehr soldatisches Heldentum, nationale Kriegswirtschaft ... vielmehr Verst�ndnis und Solidarit�t mit den V�lkern, die den Wohlstand der Industriestaatlichkeit mangeln, k�nnte die Zielrichtung abgeben, von dem das Verh�ltnis europ�ischen Gemeinwohl und Individualwohl bestimmt wird. Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Ich frage mich, welche Konsequenzen es hat, wenn das Gemeinwohl nicht universal verstanden wird, sondern partikular, z.B. auf einen bestimmten Staat beschr�nkt Der Begriff des Gemeinwohls kann sich m.E. auf jede Form von Gemeinschaft beziehen, in die Menschen faktisch eingebunden sind. Das schlie�t eine globale Anwendung des Begriffs ein, aber es schlie�t seine universalistische Begr�ndung aus. Das Problem der universalistischen Normenbegr�ndung liegt darin, dass sie von den konkreten Individuen methodisch abstrahiert. Das wird an Rawls� �Schleier des Nichtwissens� besonders anschaulich. Die Individuen m�ssen so tun, als ob sie nicht w�ssten, wer sie im Unterschied zu den anderen sind. Diese Unterschiede d�rfen keine Rolle spielen. Auch die diskurstheoretische Begr�ndung von Normen, die Du favorisierst, hat dieses Problem. Zugelassen sind ja nur Argumente, die jeder vertreten k�nnte, die, wie Du sagst, �allgemein konsensf�hig� w�ren. Der faktische Konsens zwischen faktischen Betroffenen spielt keine Rolle. �Konsensf�higkeit� ist eine normative Idee, die jeder Beteiligte beim Argumentieren anstreben soll, ohne jemals �berpr�fen zu k�nnen, ob seine faktischen �u�erungen, gerichtet an faktische Gespr�chspartner, wirklich allgemein konsensf�hig sind. Bei der Begr�ndung von intersubjektiv geltenden Tatsachenaussagen stellt sich das Problem der Individualit�t bei den Erfahrungen. Aber hier kommen ganz entscheidend die technischen F�higkeiten ins Spiel, Erfahrungen so zu manipulieren, dass sie unter gleichen Bedingungen faktisch immer gleich sind. Eine technische Erzwingung von Gleichheit unter menschlichen Individuen ist aber, wo es um eine zwanglose Verst�ndigung gehen soll, weder sinnvoll noch w�nschenswert. Das Mittel, mit dem Individuen gleiches Handeln unter gleichen Bedingungen erm�glichen, sind Normen. Normen k�nnen unter Zwang befolgt werden, aber auch mehr oder weniger freiwillig. Freiwillig normenkonform ist Handeln, wenn der Handelnde die Norm f�r sich akzeptiert � aus welchen Gr�nden auch immer. Nun sollen, nach dem Credo der Philosophen, die eine universalistische Normenbegr�nung vertreten, Normen nur dann eine �moralische� Qualit�t aufweisen, wenn sie mit solchen Gr�nden gest�tzt werden k�nnen, die ausnahmslos jeder einsehen m�sste. Nun ist aber Einsicht nicht erzwingbar. Und somit tritt an dieser Stelle mit systematischer Zwangsl�ufigkeit das Problem auf, dass jemand �logisch zwingend� argumentiert, aber die Einsicht des anderen ausbleibt. Bei Dir, Eberhard, wird in einer ziemlich krassen Weise deutlich, dass Du aus der logischen Zwangsl�ufigkeit von Argumenten auch die Berechtigung ableiten willst, andere zum konformen Handeln zu zwingen (siehe die Fu�note). Wenn der andere die Begr�ndung der Norm nicht freiwillig einsieht, obwohl das Argument formal korrekt (und somit �wahr�) ist, so ist der Einsatz von Gewalt legitim und geboten. Hier schl�gt die Liberalit�t, der doch die Freiheit und das Wohl der Individuen so am Herzen liegt, in Zwangsherrschaft �ber die uneinsichtigen Individuen um. Mir ist klar, dass das Rechtssystem so verf�hrt, und ich sehe auch ein, dass es vern�nftig ist, so zu verfahren. Gro�e Zusammenschl�sse von Individuen, mit reicher Binnendifferenzierung, kommen ohne ein zwangsbewehrtes Recht nicht aus.
Moralisches Handeln � d.h. gemeinschaftsorientiertes Handeln � kommt zustande durch Bildungsprozesse, in denen die Individuen lernen, ihr Handeln und ihre Anspr�che mit dem Handeln und den Anspr�chen der andern abzustimmen. Auch in diesen Lernprozessen spielt Zwang immer wieder eine Rolle, und jeder kennt die Widerst�nde derjenigen, die lernen sollen, sich zu disziplinieren. Aber immer wieder dreht es sich in diesen Lernprozessen darum, dem Lernenden zur freiwilligen Einsicht zu verhelfen � mit Druck, mit Lockungen und Belohnungen, mit List (Hegel sprach von der �List der Vernunft�), und immer: mit m�glichst viel �Spielraum�, mit pers�nlicher Anteilnahme und Anerkennung der Pers�nlichkeit des Lernenden. Mit dem Verst�ndnis dieser Prozesse f�ngt f�r mich Moralphilosophie eigentlich erst an - also dort, wo sie f�r Dich schon aufgeh�rt hat. [1] Freie Einsicht kommt nur zustande in faktischen Beziehungen zwischen Individuen, und zwar solchen Beziehungen, die den Individuen m�glichst viel faktischen Spielraum lassen, sich zu entfalten. Spielraum wof�r? F�r ihre Eigenheiten. Denn es ist doch plausibel, dass sich Individuen auch im normenkonformen Handeln dann frei f�hlen, wenn sie dabei �sie selbst� bleiben, wenn sie ihre Eigenheiten �einbringen� und diese auch anerkannt werden. (Ich wollte urspr�nglich auf das Gemeinwohl zur�ck kommen, aber der Beitrag ist so schon sehr lang. Ein andermal.) Es gr��t Dich [1] So schreibst Du im Thread �Darf man sich zugrunde richten?� im Beitrag Nr. 93: Quote:F�r die Moralphilosophie stellt der nicht Konsenswillige kein theoretisches Problem dar, weil er seine Normen ohne den Anspruch auf nachvollziehbare Begr�ndbarkeit vertritt, womit sie wissenschaftlich irrelevant sind. (Was jedoch nicht ausschlie�t, dass der nicht Konsenswillige weiterhin ein gro�es praktisches Problem darstellt.) Die Aufgabe der Moralphilosophie ist erf�llt, wenn sie den nicht Konsenswilligen als solchen identifiziert. Seine Bek�mpfung kann nicht mit Argumenten erfolgen sondern bedarf anderer Mittel. Die �Bek�mpfung� des nicht Konsenswilligen... Das sind Worte, die in einem Zusammenhang mit Moral m.E. nichts zu suchen haben. Hier wird ganz deutlich, dass Dein Verst�ndnis von Moral sich ausschlie�lich am zwangsbewehrten Recht orientiert. -------------------------------------------------------------------------------- Hallo Metin! Ich glaube, Du hast ziemlich genau verstanden, was ich meinte. Du sagst in Deinen Worten etwas �hnliches. Was in unseren europ�ischen Staaten die Freiheit ganz wesentlich ausmacht, ist der Pluralismus. Und damit meine ich nicht nur einen Pluralismus der Meinungen (jeder darf �ffentlich sagen, was er f�r richtig h�lt), sondern auch den Pluralismus der verschiedenen Lebensformen. In einem Rechtsstaat sind alle Individuen vor dem Gesetz gleich. Naja, zumindest sollte es so sein, in Wirklichkeit stimmt das nicht immer. Nun gut, in einem Rechtsstaat sind � im Prinzip � alle Individuen vor dem Gesetz gleich. Aber deswegen bleiben sie trotzdem Individuen mit ihren Eigenheiten und Anspr�chen. Und nur, wenn sie diese Eigenheiten auch ausleben d�rfen, k�nnen sie sich frei f�hlen. Ja, ein Rechtsstaat muss auch die vielf�ltigen Lebensformen seiner B�rger als ein sch�tzenswertes Gut anerkennen. Au�erdem denke ich, dass es gerade das pluralistische �Konzert� der gesellschaftlichen Lebensformen ist, aus dem freiheitlich und zugleich verantwortlich denkende Staatsb�rger hervorgehen. Ein Staat lebt eben nicht vom Recht allein. Er braucht als Staatsb�rger solche Individuen, die auch im Sinne des Ganzen denken und handeln k�nnen. Und solches Denken und Handeln lernt man nicht in Gerichtsverhandlungen, wo jeder nur um sein pers�nliches Recht k�mpft. Aber auch nicht in einem �konomischen Handeln, bei dem jeder nur seinen pers�nlichen Vorteil sucht... Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Du siehst im diskurstheoretischen Ansatz bestimmte Probleme, auf die die ich sp�ter eingehen werde. Zuvor m�chte ich jedoch noch deutlich machen, dass ich mit Deiner Interpretation meiner Position nicht einverstanden bin. Du schreibst: �Bei Dir, Eberhard, wird in einer ziemlich krassen Weise deutlich, dass Du aus der logischen Zwangsl�ufigkeit von Argumenten auch die Berechtigung ableiten willst, andere zum konformen Handeln zu zwingen (siehe die Fu�note). Wenn der andere die Begr�ndung der Norm nicht freiwillig einsieht, obwohl das Argument formal korrekt (und somit �wahr�) ist, so ist der Einsatz von Gewalt legitim und geboten.� Die Fu�note, auf die Du diese Einsch�tzung st�tzt, enth�lt das folgende Zitat von mir: �Die Aufgabe der Moralphilosophie ist erf�llt, wenn sie den nicht Konsenswilligen als solchen identifiziert. Seine Bek�mpfung kann nicht mit Argumenten erfolgen sondern bedarf anderer Mittel.� Wenn man diesen Satz isoliert betrachtet, liegt tats�chlich die Interpretation nahe, dass der Nicht-Konsenswillige bek�mpft werden m�sse (obwohl dies nicht gemeint ist und auch so nicht explizit ausgesagt wird). Dass eine solche Interpretation falsch ist, geht zweifelsfrei aus der folgenden Passage hervor, die kurz vor dem von Dir herangezogenen Satz steht. Dort schreibe ich: �Wer sich nicht zwangfrei einigen will, der geh�rt f�r mich nicht zu den �Menschen guten Willens�, Vor ihm muss ich mich in Acht nehmen. Das bedeutet noch nicht, dass ich ihn als Feind betrachte, den ich unsch�dlich machen muss. Ich kann aus meiner Sicht seine Interessen mit ber�cksichtigen und ihm seine Rechte erhalten in der Hoffnung, dass er doch noch einsichtig wird. Diesen Prozess kann ich mit p�dagogischen oder therapeutischen Mitteln unterst�tzen.� Ich beziehe den schwierigen Weg hin zur konsensorientierten Argumentation hier ausdr�cklich mit ein. Dazu geh�rt z.B. das Erlernen der n�tigen Begriffe, die Anwendung der Logik und die Beseitigung von Vorurteilen und emotional verankerten Denkblockaden. Ich erw�hne ausdr�cklich das p�dagogische und das therapeutische Verh�ltnis zum nicht Konsenswilligen. Um zuk�nftige Missverst�ndnis zu vermeiden, werde ich den anst��igen Satz folgenderma�en umformulieren: �Die Aufgabe der Moralphilosophie ist erf�llt, wenn sie den nicht Konsenswilligen als solchen identifiziert. Die weitere Auseinandersetzung mit ihm kann nicht mehr auf der Ebene der Argumentation erfolgen sondern erfordert praktisches Handeln.� Dies erstmal vorweg, damit sich hier nichts Falsches verfestigen kann von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Moralisches Handeln � d.h. gemeinschaftsorientiertes Handeln � kommt zustande durch Bildungsprozesse, in denen die Individuen lernen, ihr Handeln und ihre Anspr�che mit dem Handeln und den Anspr�chen der andern abzustimmen. Bedeutet das, dass unsere Normen sich in gegenseitiger Abstimmung der Individuen untereinander von der Steinzeit bis jetzt entwickelt haben? Dann frage ich allerdings, warum sie sich so etnwickelt haben und nicht anders und warum wir gesellschaftliche Entwicklungen, die uns f�r uns selbst nicht so geeignet erscheinen (Pol Pot) nicht als Entwicklung in gegenseitiger Abstimmung von Individuen von Gesellschaften ansehen, die nicht unserer Kultur angeh�ren und die man deshalb so lassen sollte wie sie sind. Wenn aber unsere Normen nicht oder nicht ausschlie�lich Ergebnis solcher Entwicklungen sind (und warum sonst sollte man sich um Normen bem�hen?), dann kannst du doch nicht sagen: Mit dem Verst�ndnis dieser Prozesse f�ngt f�r mich Moralphilosophie eigentlich erst an Ich stimme Eberhards Bem�hen um einen diskurstheoretischen Konsens zu - wenn mir auch dein individualistischer Ansatz nicht so recht gef�llt. Aber das mag vielleicht daran liegen, dass ich mehr Vertrauen in den Willen von Gemeinschaften habe, das Individuum zu sch�tzen. Deswegen habe ich wohl weniger Sorge um Totalitarismus. Er ist schlimm genug, aber in meinen Augen eine staatliche Organisationsform, die sich nicht bis in die menschlichen Gemeinschaften hinein durchsetzt. Ich stimme zu, weil ich nicht sehe, wie man sonst Normen entwickeln und etablieren will. Ist nicht unser Rechtssystem auf einen Grundkonsens angewiesen? Und weicht es nicht �berall da auf, wo dieser Grundkonsens nicht mehr gilt, sei es in Subkulturen, sei es aber auch, wo ich im Moment entsprechende Tendenzen sehe, im Konflikt zwischen Wohlhabenden und sehr Wohlhabenden, die sich zur Mehrung ihres Besitzes bei Strafe des Gefressen Werdens von anderen, wenn sie das nicht tun, �ber bisher geltende Normen hinwegsetzen, und Arbeitslosen, insbesondere Hartz IV-Empf�ngern, die die ihnen gesetzten Normen nicht mehr als rechtm��ig empfinden und deswegen offenbar vielfach zu torpedieren trachten? Normen sind doch nur dann Normen, wenn man sich allgemein daran h�lt. Wenn allgemein anerkannt wird, dass sie richtig sind. Ist das nicht der Fall, dann sind es nur papierne Normen, die nur ein Teil der Gesellschaft lebt, wenn �berhaupt. Welche M�glichkeit g�be es denn, eine allgemeine G�ltigkeit zu erreichen, au�er dem Konsens? Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Bedeutet das, dass unsere Normen sich in gegenseitiger Abstimmung der Individuen untereinander von der Steinzeit bis jetzt entwickelt haben? Dann frage ich allerdings, warum sie sich so entwickelt haben und nicht anders und warum wir gesellschaftliche Entwicklungen, die uns f�r uns selbst nicht so geeignet erscheinen (Pol Pot) nicht als Entwicklung in gegenseitiger Abstimmung von Individuen von Gesellschaften ansehen, die nicht unserer Kultur angeh�ren und die man deshalb so lassen sollte wie sie sind. Ich w�sste nicht, wie sich unsere Normen anders als durch eine Art von �trial and error� im Laufe der Geschichte sollten entwickelt haben. Es wurden ja eine Menge von Lebensformen entwickelt, viele sind wieder untergegangen, teils durch �u�ere Einwirkung, teils wegen innerer Br�chigkeit. Und da �wir� nun mal Lebewesen mit Vernunft sind, haben immer auch Reflexion, Vernunft und gezielter Gestaltungswille ein W�rtchen mitgesprochen bei diesen Entwicklungen. �ber Pol Pot wei� ich nicht viel. Aber er scheint ja, wie die meisten Ungl�cksbringer unter der Sonne, im Namen einer Idee gehandelt zu haben. Hitler und die Seinen wollten ja auch nur das Beste f�r das deutsche Volk. Ich glaube, es gab �berhaupt nur sehr wenige Tyrannen, die das B�se taten, weil sie das B�se wollten. Tiere haben, ihren Artgenossen gegen�ber, eine nat�rliche T�tungshemmung. Menschen haben sie eigentlich auch, aber sie ist �berwindbar. Und zwar, wie uns die Sozialpsychologen gezeigt haben, durch Ideen, namentlich durch die feste �berzeugung, im Auftrag des Guten zu handeln. Diese �berzeugung scheint uns zu befl�geln und zu einer besonderen Konsequenz im Umgang mit dem B�sen anzuhalten... Im �brigen finde ich es schwer, Deine Position zu verstehen. Einerseits sprichst Du Dich im Namen des Glaubens vehement
gegen vern�nftige moralische Prinzipien aus, andererseits stimmst Du Eberhard zu, dem es nun ganz ausgepr�gt um den Zusammenhang von Wahrheit � Vernunft � Normen geht, und der mit religi�sen Autorit�ten (�Dogma�) nichts anfangen kann. Er setzt auf die Wissenschaft. Was mich angeht, so bin ich nicht gegen Konsens. Ich bin nur gegen die Idee eines Konsenses, der die Individualit�t der Individuen nicht zu integrieren vermag. Ich bin gegen das �abstrakte Allgemeine�, das sich in die Wirklichkeit nur gegen die bzw. auf Kosten der Individualit�t umsetzen l�sst. Diese Linie habe ich von Anfang an verfolgt. Ich habe in fast jedem Beitrag irgendetwas Zustimmendes zum modernen Rechtsstaat und seiner (im Prinzip) egalit�ren Begr�ndung gesagt. Aber ich habe immer betont, dass dieses (im Prinzip) egalit�re Recht nicht die einzige Form menschlicher Vergesellschaftung ist und sein kann. I can�t help it � wir Menschen sind eine Art, die sich aufgrund ihrer art-allgemeinen Anlagen durch eine besondere Individualisierung des Handelns auszeichnet. Und ich bestehe hartn�ckig darauf, dass DIESES Allgemeine, das sich IM Individuellen realisiert, nicht durch untaugliche philosophische Konzepte unter den Teppich gekehrt wird. Es gilt, das KONKRETE ALLGEMEINE zu verstehen und anzuerkennen, das jeder von uns auf seine unverwechselbare Weise ist. Dies anerkennen ist f�r mich gleichbedeutend mit �Humanit�t�. Die universalistische Normenbegr�ndung dagegen muss schon wegen ihres Ansatzes vor einem gro�en Teil der menschlichen Wirklichkeit die Augen verschlie�en. Diese Vielfalt, die nicht auf allgemeine Begriffe zu bringen ist, geht sie nichts mehr an. Wie k�nnte das deutlicher ausgedr�ckt werden als durch Rawls� �veil of ignorance�? Oder durch Eberhards Satz, die Aufgabe der Moralphilosophie sei da beendet, wo der nicht Konsenswillige identifiziert sei? Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Zur Erinnerung zitiere ich mal, wie Du damals auf Eberhards Beitrag geantwortet hast, aus dem ich oben zitiert habe: Quote:(Eberhard) Die Aufgabe der Moralphilosophie ist erf�llt, wenn sie den nicht Konsenswilligen als solchen identifiziert (Abrazo) Um Himmels willen, Eberhard, denk mal daran, was du da sagst! In der Theorie klingt das alles ja recht nett. Auch die Sache mit dem Verzichten auf eigene Interessen. Aber wie sieht das bitte in der Praxis aus? Es ist wirklich nicht einfach, Deine Position zu verstehen... :-) Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- Du schreibst: �Wir Menschen sind eine Art, die sich aufgrund ihrer art-allgemeinen Anlagen durch eine besondere Individualisierung des Handelns auszeichnet. Und ich bestehe hartn�ckig darauf, dass DIESES Allgemeine, das sich IM Individuellen realisiert, nicht durch untaugliche philosophische Konzepte unter den Teppich gekehrt wird. Es gilt, das KONKRETE ALLGEMEINE zu verstehen und anzuerkennen, das jeder von uns auf seine unverwechselbare Weise ist. Dies anerkennen ist f�r mich gleichbedeutend mit �Humanit�t�. Die universalistische Normenbegr�ndung dagegen muss schon wegen ihres Ansatzes vor einem gro�en Teil der menschlichen Wirklichkeit die Augen verschlie�en. Diese Vielfalt, die nicht auf allgemeine Begriffe zu bringen ist, geht sie nichts mehr an.� Mit diesen S�tzen erweckst den Eindruck einer unzul�ssigen Gleichmacherei durch Ans�tze wie z.B. die Diskurstheorie. Dabei erscheint es so, als wollten derartige Konzeptionen die unverwechselbare Individualit�t der Menschen verschwinden lassen (�unter den Teppich kehren�). Dazu sind zwei Richtigstellungen n�tig. Zum einen ist nicht das ganze Leben durchmoralisiert und durchnormiert. Moral und Recht betreffen nur einen begrenzten Ausschnitt unseres Lebens. Weite Bereiche sind � zum Gl�ck � fern aller Pflichten und Rechte. Der ganz individuelle Reiz von Leonardos Mona Lisa, die Freude an einem lustigen pers�nlichen Erlebnis, mein besonderes Verh�ltnis zu meinen Eltern, die Charakteristika meiner pers�nlichen Handschrift usw. usf. all diese inviduelle Vielfalt, die nicht auf allgemeine Begriffe zu bringen ist, wird von der Moral und damit auch von der Moralphilosophie �berhaupt nicht tangiert und kann folglich auch nicht durch diese beeintr�chtigt werden. Ins Blickfeld der Moralphilosophie k�nnen nur moralisch relevante Eigenheiten der Individuen gelangen, und das sind m.E. vor allem solche, die zu Konflikten mit anderen f�hren k�nnen. Zum Zweiten. Es ist in der Tat so, dass moralische und rechtliche Normen gew�hnlich von der spezifischen Identit�t der Individuen abstrahieren: Dies ist nun kein Zufall sondern ergibt sich aus dem Zweck, dem diese Normen dienen sollen, n�mlich eine allgemein akzeptable Regelung des Umgangs miteinander zu schaffen. Dieser Zweck kann meines Erachtens nur dann erreicht werden, wenn diese Regelungen unabh�ngig davon formuliert und angewendet werden, um welche Person oder Gruppe es gerade geht. Damit Normen allgemein akzeptabel sein k�nnen, m�ssen sie deshalb �personunabh�ngig� formuliert sein. Umgekehrt schafft eine singul�re Norm (also eine Vorschrift, die nur einen bestimmten individuellen Fall regelt) ein �Pr�judiz� f�r alle anderen, gleich gelagerten F�lle. Wer die Einzelfallentscheidung billigt, der muss auch f�r alle andern F�lle, auf die dieselbe Beschreibung zutrifft wie auf den Einzelfall (also gleichartige F�lle), eine entsprechende Entscheidung billigen. Abschlie�end noch zwei Punkte: Die Herstellung einer Situation der Ungewissheit als Mittel zur Verhinderung eigeninteressierten Urteilens und Handelns und damit zur Erleichterung eines Konsens, ist keineswegs ein Mittel zur Gleichmacherei der Individuen. Diese Konstruktion kann man z.B. praktisch anwenden, wenn es um die Aufteilung eines Erbes auf 3 gleichberechtigte Erben geht. Man bildet zuerst einvernehmlich 3 m�glichst gleichwertige Teile und lost erst danach diese Teile unter den 3 Erben aus. Au�erdem m�chte ich den mir zugeschriebenen Satz: �die Aufgabe der Moralphilosophie sei da beendet, wo der nicht Konsenswillige identifiziert sei� in seinen argumentativen Zusammenhang stellen, damit hier keine Missverst�ndnisse entstehen (z.B. dass dies die einzige Aufgabe sei o.�.). Der zitierte Satz bezieht sich auf das Problem der Auseinandersetzung mit jemandem, der f�r die von ihm vertretene Norm allgemeine Geltung und Befolgung verlangt und der sich dabei auf intersubjektiv nicht nachvollziehbare Argumente st�tzt. Die vorrangige Aufgabe der Philosophie als Wissenschaft ist es in diesem Fall, die behauptete fehlende intersubjektive Nachvollziehbarkeit (und damit Konsensf�higkeit) einer solchen Position nachvollziehbar zu begr�nden. Mehr zu verlangen, etwa die Widerlegung seiner Ansichten oder gar die Herbeif�hrung der Einsicht des Betreffenden in die Falschheit seiner Ansichten, w�re der Situation nicht angemessen. Die daran anschlie�enden Fragen, wie man psychologisch, p�dagogisch, therapeutisch, taktisch oder politisch mit einem nicht Konsenswilligen umgeht, der seine Norm dogmatisch vertritt und Befolgung verlangt, �berschreiten die Grenzen der Moralphilosophie. Dazu muss man z.B. die sozialpsychologischen Forschungen zu Vorurteilen, Einstellungs�nderungen, Verinnerlichung von Normen etc. heranziehen. In der Hoffnung, m�glichen Missverst�ndnissen zumindest etwas entgegengewirkt zu haben, gr��t Dich und alle Interessierten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Wir haben unterschiedliche Auffassungen von der Aufgabe der philosophischen Ethik. Du beschr�nkst Ethik auf normative Ethik, wobei Normen Dich interessieren als Regelungen f�r m�gliche Konflikte. Quote:All diese individuelle Vielfalt, die nicht auf allgemeine Begriffe zu bringen ist, wird von der Moral und damit auch von der Moralphilosophie �berhaupt nicht tangiert und kann folglich auch nicht durch diese beeintr�chtigt werden. Ins Blickfeld der Moralphilosophie k�nnen nur moralisch relevante Eigenheiten der Individuen gelangen, und das sind m.E. vor allem solche, die zu Konflikten mit anderen f�hren k�nnen. Es kann der Philosophie in der Tat nicht darum gehen, die ganze individuelle Vielfalt auf Begriffe zu bringen. Wohl aber kann sie nach den allgemeinen Bedingungen fragen, unter denen Individuen moralisch handeln. Und sie kann, �ber Analyse und Begr�ndung hinaus, auch jene �praktischen Probleme� ins Auge fassen, die eine rein normative Ethik ausklammert. Quote:Dieser Zweck [= eine allgemein akzeptable Regelung des Umgangs miteinander zu schaffen] kann meines Erachtens nur dann erreicht werden, wenn diese Regelungen unabh�ngig davon formuliert und angewendet werden, um welche Person oder Gruppe es gerade geht. Damit Normen allgemein akzeptabel sein k�nnen, m�ssen sie deshalb �personunabh�ngig� formuliert sein. Normen m�ssen �allgemein akzeptabel� sein, ja. Und sie m�ssen so weit unabh�ngig von den Personen formuliert sein, dass sie f�r jede Person in einer bestimmten typischen Situation gelten k�nnen. Es fragt sich aber, wie weit man hier die Allgemeinheit versteht. Meine Antwort: Es gen�gt die Allgemeinheit der faktisch Betroffenen. Es ist unn�tig � und auch gar nicht zweckdienlich -, jede Norm universell begr�nden zu wollen. Die Gr�nde m�ssen einsichtig sein f�r jeden, der von einer Norm betroffen sein kann. Wenn die Heiratsregeln bei den Kwakiutl vom Ehemann verlangen, dass er einen Brautpreis an die Eltern zu entrichten hat, so bin ich davon nur betroffen,
wenn ich eine Kwakiutl heiraten will. Und sollte dies der Fall sein (man wei� ja nie, was alles passieren kann), werde ich nicht anfangen, mit den Eltern meiner Braut �ber die rationale Begr�ndung dieser Norm zu diskutieren, sondern ich werde diesen Brauch respektieren oder � sollte der Preis mein Verm�gen �bersteigen � die Braut bei Nacht und Nebel entf�hren (ihr Einverst�ndnis und ihre leidenschaftliche Liebe vorausgesetzt). Da aber Heiratsregeln keine Regeln zur Verhinderung von Heiraten
sind, werden die Eltern schon keinen Preis verlangen, den kein Mensch bezahlen kann... Ich habe dieses Beispiel ausgewalzt, um zu zeigen: Wenn man sich auf Menschen handelnd einl�sst, mit ihnen kommuniziert, sich in ihre Lage versetzt � dann wird ihr Handeln verst�ndlich, dann l�sst sich in der Regel (nicht immer, ich wei�) ein gemeinsamer Weg finden. � Diese faktische Kommunikation ist etwas ganz anderes als die Beurteilung einer kuriosen Heiratsregel nach universellen Prinzipien, die ein Philosoph fernab und unbeteiligt am Schreibtisch vornehmen mag. Und nach allem, was wir �ber Konflikte zwischen Menschen und V�lkern wissen, ist es in der Regel so, dass Abstraktionen - wie Vorurteile, Entdifferenzierungen, Generalisierungen - Konflikte ausl�sen oder versch�rfen. Jeder Streit nimmt sofort an Sch�rfe zu, wenn es nicht nur um die Bereinigung der konkreten Sache geht, sondern �ums Prinzip�. Die treibende Kraft moralischen Handelns liegt also darin, dass Menschen konkret miteinander umgehen, sich streiten und einigen, nicht in der Verordnung universeller Normen, die pr�ventiv jeden Streit vermeiden sollen. Das ist eine Einsicht der praktischen Menschenkenntnis, die von wissenschaftlichen Generalisierungen nicht aufgewogen werden kann. Und da es in der Ethik um das konkrete Handeln konkreter Individuen geht, verfehlt die Ethik ihre Aufgabe, wenn sie sich auf Prinzipien zur�ckzieht. Es gr��t Dich
------------------------------------------------------------------------------- Du schreibst: �Es ist unn�tig � und auch gar nicht zweckdienlich -, jede Norm universell begr�nden zu wollen. Die Gr�nde m�ssen einsichtig sein f�r jeden, der von einer Norm betroffen sein kann.� Da bin ich mit Dir einer Meinung. Eine Norm muss erstmal nur f�r diejenigen konsensf�hig sein, von denen die Befolgung der Norm verlangt wird. Wenn irgendwelche Individuen oder Gruppen sich selber bestimmte Verhaltensregeln geben, so habe ich damit solange kein Problem, als diese Regeln nicht auch von mir befolgt und akzeptiert werden sollen. Insofern bin auch ich kein Anh�nger universalistischer Prinzipien. Deine Formulierung geht �ber den Kreis der Adressaten einer Norm noch hinaus und verlangt die Konsensf�higkeit der von einer Norm Betroffenen. Dies ist insofern richtig, als eine Norm zwar f�r die Adressaten akzeptabel sein kann, aber nicht f�r Dritte, die von der Befolgung der Norm betroffen sind. Ein extremes Beispiel w�ren z.B. die Normen einer Mafia, die nur f�r deren Mitglieder gelten (�Zeugen sind sofort f�r immer zum Schweigen zu bringen�). Die potentiellen Zeugen wollen keineswegs erschossen werden, so dass durch die Befolgung der internen Norm ein Konflikt mit Au�enstehenden geschaffen wird. Die internen Normen stellen keine akzeptable L�sung dieses Konfliktes dar, im Gegenteil, sie erzeugen ihn erst. Wenn es um die inhaltliche Richtigkeit einer Norm geht, die einen bestimmen Konflikt regeln soll, so m�ssen alle am Konflikt Beteiligten zustimmen k�nnen Abschlie�end noch einige Klarstellungen zum �moralischen Diskurs� also zur Rolle der konsensorientierten, zwangfreien Argumentation bei der Beantwortung normativer Fragen (Wie soll ich handeln?). Neben der Ebene des von praktischen Handlungszw�ngen entlasteten wissenschaftlichen Streits der Gelehrten um inhaltlich richtige Normen muss es noch die Ebene der verbindlich gesetzten Normen geben, wenn eine soziale Kooperation und Koordination erfolgen soll. Warum reicht die Ebene der inhaltlichen Diskussion um das F�r und Wider der normativen Alternativen nicht aus? Die Diskussion dar�ber, welches die am ehesten gemeinsam akzeptierbare Normalternative ist, muss kein definitives Resultat haben. Selbst wenn es einen �ausdiskutierten Konsens� gibt, so kann dieser mit neuen Argumenten jederzeit wieder in Frage gestellt werden. (Insofern ist die Bef�rchtung unbegr�ndet, dass aus dem Diskurs Philosophen-K�nige hervorgehen k�nnten, die sich �im Besitze der Wahrheit� w�hnen und ein Zwangsregime errichten.) Weil der an inhaltlicher Richtigkeit orientierte Diskurs kein praktikables Verfahren der Normsetzung ist (er muss kein definitives Resultat erbringen, er ber�cksichtigt weder Termindruck noch Entscheidungskosten), bedarf es daneben der ausdr�cklichen Normsetzung. Dies kann durch die konkrete Auslegung einer heiligen Schrift oder der �berlieferten Traditionen durch einen autorisierten Priester geschehen, dies kann auch durch eine Abstimmung in einer gesetzgebenden Versammlung geschehen. Dabei entsteht ein Spannungsverh�ltnis zwischen beiden Ebenen, die nicht zugunsten einer Ebene entschieden werden kann: Der Mehrheitsbeschluss ist zwar inhaltlich falsch aber er bleibt nichtsdestoweniger verbindlich. Meines Erachtens ist die Ber�cksichtigung dieser beiden Ebenen (einerseits die durch Argumente begr�ndete inhaltliche Richtigkeit einer Norm und andererseits die durch Verfahren - also institutionell - erzeugte Verbindlichkeit einer Norm) au�erordentlich wichtig f�r das Verst�ndnis des gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Damit schlie�t Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- Genau so ist es, bravo Urs, dies gilt auch f�r die Freiheit "als Prinzip"
-------------------------------------------------------------------------------- wie w�re es, theoretische �berlegungen zur Normenfindung mal an einem praktischen Beispiel auszuprobieren (geklaut aus einer anderen Diskussion)? Problem: Antwort: "Die pauschale Abw�gung von Leben gegen Leben, die zur Freigabe der Vernichtung der vermeintlich geringeren Zahl im Interesse der Erhaltung der angeblich gr��eren Zahl f�hrt, ist nicht vereinbar mit der Verpflichtung zum individuellen Schutz jedes einzelnen konkreten Lebens. " BVerfGE 39, 1 ff - Dem kann man nur zustimmen und fragt sich, wie dann noch milit�rische Gewalt in staatlichem Auftrag zul�ssig sein soll. Gemeinwohl, Individualwohl, Ethik, alles drin. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Ein wichtiger Punkt meiner Kritik an einer rein normativen Ethik ist der Umstand, dass Normensysteme nicht �autark� sind. Normen, deren Aufgabe in der Regelung von Konflikten besteht, setzen offenbar ein gesellschaftliches Zusammenleben voraus. Und damit es Individuen gibt, die �berhaupt imstande sind, ihre Interessen mit �allgemein konsensf�higen Argumenten� zu vertreten, ist eine gewisse, nicht ganz anspruchslose Sozialisation der Individuen n�tig. Denn argumentierende Subjekte fallen nicht vom Himmel, wenn sie gerade f�r einen Normendiskurs gebraucht werden, es muss sie schon geben. Und mir scheint, dass eine Morallehre, die im Namen der Vernunft auftritt, die Bedingungen ihrer eigenen M�glichkeit reflektieren sollte. Das Recht begrenzt und sch�tzt seinem Wesen nach Freiheitsspielr�ume, es sorgt f�r die Vertr�glichkeit individueller oder gemeinschaftlicher Interessen mit den Interessen anderer. Wie die rechtlich begrenzten Freiheitsspielr�ume genutzt werden, dazu schweigt das Recht. Wie Menschen die Kompetenz erwerben, ihre Freiheitsspielr�ume sinnvoll zu nutzen, ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, l�sst sich aus Gesetzb�chern so wenig lernen wie aus B�chern �ber diskurstheoretische Normenbegr�ndung. Dabei liegt es im Interesse des Rechtssystems, dass es von den B�rgern nicht zu stark beansprucht wird. Wenn n�mlich jeder kleine Nachbarschaftskonflikt, jeder Streit zwischen Mietern und Vermietern vor Gericht ausgetragen w�rde, w�rde das System zusammenbrechen. Es ist aber in Deutschland schon seit Jahrzehnten so, dass die Justizbeh�rden von der schieren Masse
der zu bearbeitenden F�lle erdr�ckt werden. Die Gef�ngnisse sind �berf�llt. Das macht deutlich: Das Rechtssystem ist keine Institution zur Erziehung von Staatsb�rgern, im Gegenteil, wer erst einmal im Gef�ngnis angekommen ist, der wird dort allenfalls f�r eine Kriminellenlaufbahn �sozialisiert�. Ein Blick auf Frankreich und die dort ausgebrochenen Jugendkrawalle sollte ebenfalls deutlich machen, dass Normensysteme f�r den Konfliktfall nicht gen�gen, um ein friedliches und befriedigendes Zusammenleben der B�rger zu erm�glichen. Die Menschen, die da nun ihrer Frustration, ihrer Hoffnungslosigkeit gewaltsam Ausdruck verleihen, wurden vom Staat buchst�blich an den Rand gedr�ngt und sich dort selbst �berlassen. Man hat sich mehr f�r die Ausbildung der Eliten interessiert. Und ein Innenminister, der dieses Problem in Kategorien der Hygiene (konkret: Reinigung der Stra�en vom Abschaum) formuliert und es nur mit staatlicher Zwangsgewalt bek�mpft, zeigt doch, wie ohnm�chtig im Grunde ein Denken in rein rechtlichen Kategorien hier ist. (Auch dieser Innenminister hat gewiss die "nicht Konsenswilligen als solche identifiziert". Es ist ja auch nicht so schwer, Gewaltt�tige als solche zu erkennen. Frage ist aber: Wie bekommt man konsenswillige B�rger, die argumentieren und friedlich protestieren statt durch Gewalt auf sich aufmerksam zu machen?) Kurz: Normen f�r den Konfliktfall kommen eigentlich immer zu sp�t. Die Frage nach dem Gemeinwohl weist nach meinem Verst�ndnis in die Richtung, aus der die Defizite einer rein normativen Ethik ausgeglichen werden k�nnten. Denn das �Wohl� der Individuen oder der Gemeinschaft ist ein positiver Begriff. Er bezieht sich gerade auf das, was von der normativen Ethik ausgespart wird � n�mlich auf das gute Leben der Individuen und Gemeinschaften sowie die Voraussetzungen, die sie dazu brauchen. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- Ich komme zur weiteren Verdeutlichung noch einmal auf diese Deine S�tze zur�ck: Quote:Zum einen ist nicht das ganze Leben durchmoralisiert und durchnormiert. Moral und Recht betreffen nur einen begrenzten Ausschnitt unseres Lebens. Weite Bereiche sind � zum Gl�ck � fern aller Pflichten und Rechte. (...) All diese individuelle Vielfalt, die nicht auf allgemeine Begriffe zu bringen ist, wird von der Moral und damit auch von der Moralphilosophie �berhaupt nicht tangiert und kann folglich auch nicht durch diese beeintr�chtigt werden. Nun hatte ich zuvor gesagt, ich sei gegen die �Idee eines Konsenses, der die Individualit�t der Individuen nicht zu integrieren vermag.� Und ich denke: Weite Bereiche �nicht tangieren� und �nicht beeintr�chtigen� � also nicht ber�cksichtigen oder sich selbst �berlassen � ist etwas anderes als sie �integrieren�. Deine S�tze beschreiben sehr treffend die Funktionsweise des liberalen Rechts: Es er�ffnet und begrenzt Freiheitsspielr�ume, die von den Rechtspersonen in eigener Verantwortung genutzt werden k�nnen. Es schreibt nicht vor, wie die B�rger ihre Freiheit nutzen sollen, sondern zeigt nur negativ die Grenzen ihrer Freiheit auf und droht f�r den Fall der Grenz�berschreitung mit Zwang. Dieses Modell � ich lege hiermit ein weiteres Bekenntnis zum Rechtsstaat ab (�...und aus dem Keller drang das dumpfe Dr�hnen der Bartaufwickelmaschine...�) � dieses Modell hat seine unbestreitbaren Vorz�ge, die keiner von uns mehr missen m�chte oder k�nnte. Nur, es basiert auf Voraussetzungen, die es selbst nicht schaffen kann. Es rechnet n�mlich mit B�rgern, die ihre Freiheit aktiv wahrnehmen und die Verantwortung f�r ihr Handeln tragen k�nnen � also mit selbst�ndigen Subjekten, die ein gewisses Ma� an Normen schon verinnerlicht haben m�ssen und ihr Leben friedlich und befriedigend gestalten k�nnen. Mit Massen von abh�ngigen Proletariern, Arbeitslosen, Drogen- oder Konsums�chtigen und unm�ndig Gl�ubigen ist kein liberaler Staat zu machen. Dieser Gedanke stand ja hinter der sozialdemokratischen Idee des Sozialstaats und der Arbeiterbildung: Man sah ein: Die Staatsb�rger, die selbst�ndig f�r ihre Rechte eintreten und ihre gewonnene Freiheit zum eigenen Wohl nutzen k�nnen, m�ssen erst noch herangebildet werden. Und dieser Gedanke ist bis heute wahr, wenn auch in der Politik gegenw�rtig nicht �en vogue�. Man predigt �Deregulierung� und �Selbstverantwortung� und verkleidet mit diesen sch�nen Begriffen: �Jeder m�ge selbst sehen, wo er bleibe, und wer steht, dass er nicht falle.� Die Konsequenzen, die dieses politische Denken mittelfristig haben wird, zeichnen sich z.B. gerade in Frankreich ab oder an den Stacheldrahtz�unen, die Spanien um seine afrikanischen Enklaven hochgezogen hat oder ... Eine normative Ethik, wie Du sie favorisierst, fasst dies alles unter �praktische Probleme� zusammen, die bestenfalls einen Anhang zur eigentlichen Aufgabe bilden. Dagegen behaupte ich, dass eine so begrenzte Moralphilosophie sich blind macht f�r die notwendigen Voraussetzungen ihres Funktionierens. Der Umstand, dass diese Voraussetzungen reale sind � n�mlich aus dem faktischen, historischen Zusammenleben von Menschen bestehen -, ist ein Problem nur dann, wenn man keine Kategorien ausbildet, die differenziert genug sind, um diese Voraussetzungen theoretisch zu erfassen. Ohne solche Differenzierung fallen in der Tat Begriffe/Normen/Prinzipien einerseits und die kontingente Wirklichkeit andererseits schroff auseinander. Dass eine vern�nftige - und mit dem liberalen Rechtsstaat sehr wohl vereinbare - Ethik m�glich ist, die allgemeine Normen oder Prinzipien mit der kontingenten, historischen Wirklichkeit zusammenbringt, daf�r gibt es Beispiele von Aristoteles bis zu Charles Taylor (oder noch j�ngeren Philosophen). Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- vorweg zu abrazo: mir scheint es an dieser Stelle wichtiger, die Kontroverse �ber das Verst�ndnis von Moralphilosophie fortzusetzen. Ich bitte da um Dein Verst�ndnis. Urs, Du bem�ngelst Defizite einer (normativen) Ethik, die sich auf die Frage konzentriert, wie Menschen handeln sollen bzw. welche Institutionen der Normsetzung angewendet werden sollen. Eine solche Theorie setze vieles voraus. Z.B. setze die diskurstheoretische Begr�ndung voraus, dass es Individuen gibt, die konsensorientiert argumentieren k�nnen. Diese Voraussetzungen, die den Diskurs erst m�glich machen, m�ssten als "Bedingungen der M�glichkeit", die Theorie anzuwenden, mitreflektiert werden. Da ich derartiger Kritik immer wieder begegne, will ich etwas grunds�tzlicher darauf eingehen. Niemand kann alle Fragen beantworten und schon gar nicht auf einmal. Insofern muss jeder eine Auswahl der Fragen treffen, die er beantworten will. Deshalb ist die blo�e Feststellung, jemand habe diese oder jene Frage vernachl�ssigt, zur Kritik untauglich. Erst wenn man zeigen kann, dass die gestellte Frage nicht richtig beantwortet werden kann, wenn nicht zuvor eine bestimmte andere Frage beantwortet ist, stellt die Nicht-Behandlung einer solchen Frage einen methodischen Fehler dar. (So ist z.B. f�r die Beantwortung der Frage, wie man eine irrationale heftige Angst vor dem Benutzen von Fahrst�hlen beseitigen kann, vorweg die Beantwortung der Frage notwendig, in welcher Situation diese Angst zum ersten Mal aufgetreten ist.) Ein Kritiker m�sste also aufzeigen, dass es bei meinem Vorgehen zu falschen Ergebnissen kommt, weil bestimmte Fragen nicht mit einbezogen wurden. Eine derart konkretisierte Kritik sehe ich noch nicht. Dabei m�chte ich noch einmal betonen, dass es mir nicht nur um rechtsf�rmige Normen geht, sondern um die M�glichkeit, inhaltlich f�r oder gegen vorgeschlagene Normen zu argumentieren. Dass eine Gesellschaftsordnung auf der Angst vor rechtlichen Sanktionen nicht dauerhaft aufgebaut werden kann, sondern dass die Mehrheit der Menschen auch von der Richtigkeit dieser Ordnung �berzeugt sein muss, ist unbestritten. Man kann nicht hinter jeden Menschen einen Polizisten stellen. Und selbst wenn man dies k�nnte: Wen soll man hinter den Polizisten stellen? Urs, Du schreibst: "Das 'Wohl' der Individuen oder der Gemeinschaft ist ein positiver Begriff. Er bezieht sich gerade auf das, was von der normativen Ethik ausgespart wird � n�mlich auf das gute Leben der Individuen und Gemeinschaften sowie die Voraussetzungen, die sie dazu brauchen." Ich sehe keinen Grund, warum diese Fragestellung nicht verfolgt werden k�nnte. Eine normative ethische Theorie ist da keineswegs ein Hindernis. Umgekehrt wird eine solche Ethik wahrscheinlich bald gebraucht werden, n�mlich dann, wenn man sich uneinig ist, worin denn ein "gutes" Leben der Gemeinschaften besteht. Es gr��t Dich und alle Interessierten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Niemand kann alle Fragen beantworten und schon gar nicht auf einmal.
Insofern muss jeder eine Auswahl der Fragen treffen, die er beantworten will. Meine Kritik ist keine Kritik an Deiner Methode, sondern eine an Deiner eingegrenzten Fragestellung. Und selbstverst�ndlich kann man Fragestellungen kritisieren � z.B. als unangemessen oder zu eingegrenzt. Nat�rlich ist es Dir - wie jedermann - unbenommen, nur die Fragen zu stellen, die Du wichtig findest. Aber wenn unser Thema das Wohl der Individuen und das Wohl der Gemeinschaft ist, dann kann im Rahmen einer solchen Diskussion doch diskutiert werden, mit welchen Fragestellungen man dem sachlichen Problem beikommt. Niemand verlangt von Dir, Deine Fragestellungen zu rechtfertigen. Niemand verlangt von Dir, einem Diskussionspartner Rede und Antwort zu stehen. Und selbstverst�ndlich w�re es auch ein Ergebnis der Diskussion, wenn einfach zwei verschiedene Auffassungen von Moralphilosophie nebeneinander vertreten werden. Quote:Ich sehe keinen Grund, warum diese Fragestellung nicht verfolgt werden k�nnte. Eine normative ethische Theorie ist da keineswegs ein Hindernis. Dass eine normative Theorie ein Hindernis f�r eine Ethik des �guten Lebens� sei, habe ich auch nicht behauptet. Ich sprach nur davon, dass die Beschr�nkung auf eine normative Ethik unzureichend sei, und zwar im Hinblick auf die realen gesellschaftlichen Probleme, bei deren Bew�ltigung philosophische Ethik und Sozialphilosophie helfen sollten (wie begrenzt ihre M�glichkeiten dabei auch immer sein m�gen). Quote:Umgekehrt wird eine solche Ethik wahrscheinlich bald gebraucht werden, n�mlich dann, wenn man sich uneinig ist, worin denn ein "gutes" Leben der Gemeinschaften besteht. Das kann gut sein. Allerdings l�sst uns das Recht � wie Du selbst sagst - ja gro�e Spielr�ume, innerhalb derer viele verschiedene Formen von Gemeinschaft � als Ausdruck gemeinsam genutzter Freiheit � m�glich sind. Das geht von der Familie �ber den Sportverein,
den Weltladen, das Technische Hilfswerk... bis zur Religionsgemeinschaft und zur politischen Partei. Alle diese Gemeinschaften streben ein je eigenes gemeinsames Gut an, dessen Verwirklichung auch zum �guten Leben� der Mitglieder beitr�gt. Auch erf�llen solche Gemeinschaften eine wichtige sozialintegrative Funktion � besonders bei Jugendlichen. Es Gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- was Du eine Ethik des guten Lebens nennst, w�rde ich wohl unter dem Titel: Theorie der menschlichen Bed�rfnisse abhandeln. Eine solche Bed�rfnistheorie wird z.B. dann ben�tigt, wenn die Interessen von Menschen nicht von ihnen selbst formuliert werden k�nnen, sondern stellvertretend rekonstruiert werden m�ssen. Die Frage:_ Was ist ein "gutes" bzw. "bed�rfnisgerechtes" Leben? verdient eine eigene Diskussionsrunde. Es gr��t Dich und alle andern Eberhard. p.s.: Ich werde wegen einer Reise in den n�chsten Tagen nur begrenzt aktiv sein k�nnen.
-------------------------------------------------------------------------------- krasses Beispiel: einer hat ein Kind. Und �berlegt nun, wie h�tte ich meinen letzten Urlaub verbracht, wenn ich kein Kind h�tte. Wie kann er das wissen? Dann h�tte er ganz andere Interessen, w�rde anders denken und f�hlen - und h�tte ein ganz anderes Leben gef�hrt. Wie also will er diese Frage auch nur einigerma�en richtig beantworten k�nnen? Das beantwortet auch gleich die Frage nach der Empathie. Die ist m.E. nur begrenzt m�glich. Ich kann nicht sagen, wie einer denkt und f�hlt, der in einer anderen Gesellschaft, in einer anderen Umgebung, in einem anderen Klima und mit einer anderen Sprache aufgewachsen ist. Weil ich dies alles nicht kenne. Ist aber nicht so schlimm, denn ich kann mit ihm reden und er kann es mir sagen, bzw. wir k�nnen im Gespr�ch versuchen, uns gegenseitig zu verstehen. F�r sehr wichtig halte ich dein Argument von den gemeinsamen Zielen. Mit deiner Beobachtung hast du meiner Ansicht nach recht. Das ist etwas, was wir vielleicht in unserer Normendiskussion vernachl�ssigt haben. Verlangen gemeinsame Normen nicht, dass wir gemeinsame Ziele haben? M�sste man also, bevor man �ber Normen diskutiert, sich nicht erst einmal �ber die Ziele einig werden? Ich beziehe das mal auf die Flugzeugabschussdiskussion. Wenn unsere Gesellschaft die Verfassung akzeptiert und deswegen das Ziel hat, wesentliche Inhalte und Sinn zu erhalten, dann k�nnten wir uns auf eine Norm einigen, die dieses Ziel erf�llt - und darauf hin arbeiten. Denken wir aber nicht an ein gemeinsames Ziel, dann sind wir geneigt, nach unseren privaten Zielen zu entscheiden - und die d�rften verschieden sein. Welche Tatsache soll die empirische Wissenschaft erforschen die Normen an hand einer Diskussion ermittelt willst, aber mit der Bedingung, dass die Aussage evident sein muss. ist eine Glaubensanschauung bzw. Weltanschauung zu verwirklichen, die sich gegen die Natur des Menschen richtet? Ich hoffe, ich konnte deine Fragen damit beantworten bzw. deine �berlegungen best�tigen. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- Wenn sich alle an den einfachen Satz halten k�nnten: "Was du nicht willst, das man dir tut, das f�g auch keinem andren zu" w�ren keine dicken Gesetzesb�cher notwendig. Sie sind aber notwendig. Gerade die Verschiedenheit der Interessen macht einen strikten Kanon ethischen Verhaltens gleich einem K�chenrezept, wie bei vielen Religionen, immer unbefriedigend. So hat denn unser lieber Aristoteles ganz auf einen solchen Kanon verzichtet und vereinigt statt dessen ethisches Verhalten mit pers�nlichem Gl�cksstreben! -------------------------------------------------------------------------------- on 11/10/05 um 17:15:37, Eberhard wrote:Hallo allerseits, Da ich derartiger Kritik immer wieder begegne, will ich etwas grunds�tzlicher darauf eingehen. Niemand kann alle Fragen beantworten und schon gar nicht auf einmal. Insofern muss jeder eine Auswahl der Fragen treffen, die er beantworten will. Deshalb ist die blo�e Feststellung, jemand habe diese oder jene Frage vernachl�ssigt, zur Kritik untauglich. Erst wenn man zeigen kann, dass die gestellte Frage nicht richtig beantwortet werden kann, wenn nicht zuvor eine bestimmte andere Frage beantwortet ist, stellt die Nicht-Behandlung einer solchen Frage einen methodischen Fehler dar. (So ist z.B. f�r die Beantwortung der Frage, wie man eine irrationale heftige Angst vor dem Benutzen von Fahrst�hlen beseitigen kann, vorweg die Beantwortung der Frage notwendig, in welcher Situation diese Angst zum ersten Mal aufgetreten ist.) Ein Kritiker m�sste also aufzeigen, dass es bei meinem Vorgehen zu falschen Ergebnissen kommt, weil bestimmte Fragen nicht mit einbezogen wurden. Eine derart konkretisierte Kritik sehe ich noch nicht. Dabei m�chte ich noch einmal betonen, dass es mir nicht nur um rechtsf�rmige Normen geht, sondern um die M�glichkeit, inhaltlich f�r oder gegen vorgeschlagene Normen zu argumentieren. Dass eine Gesellschaftsordnung auf der Angst vor rechtlichen Sanktionen nicht dauerhaft aufgebaut werden kann, sondern dass die Mehrheit der Menschen auch von der Richtigkeit dieser Ordnung �berzeugt sein muss, ist unbestritten. Hallo Eberhard, [user] ich bin mir nicht sicher, ob ich das Geschriebene von dir angemessen interpretiere. Fast scheint es, als strebtest du eine Vermittlung antiker Gl�ckstheorien mit der habermasschen Diskursethik an. Allerdings k�nnte ich mich dahingehend auch t�uschen. [ruffle] Gru�,[balloon] Quote:Hallo Urs, was Du eine Ethik des guten Lebens nennst, w�rde ich wohl unter dem Titel: Theorie der menschlichen Bed�rfnisse abhandeln. Meinen unwirschen Ausfall bitte ich zu entschuldigen. Ich nehme ihn zur�ck (und habe ihn also gel�scht). Im Sinne einer produktiven Fortsetzung der Diskussion ist es wohl besser, ich erkl�re kurz, was ich - im Anschluss an die aristotelische Ethiktradition - mit einer Ethik des "guten Lebens" meine. (Kommt sp�ter) Sicher verdiente die Gegen�bsterstellung von normativer Ethik und ("eudaimonistischer") Strebensethik einen eigenen Thread. Aber da das Gemeinwohl-Problem damit eng zusammenh�ngt, k�nnen wir diesen Punkt nicht aussparen. Mit Bitte um Entschuldigung gr��t Dich Quote:Hallo Urs, was Du eine Ethik des guten Lebens nennst, w�rde ich wohl unter dem Titel: Theorie der menschlichen Bed�rfnisse abhandeln. Das ist ein Missverst�ndnis. Denn eine Ethik des �guten Lebens� will ja gerade die F�higkeit des Menschen bef�rdern, seine Bed�rfnisse nicht nur zu befriedigen, sondern sie auch zu beherrschen. Diese aktive F�higkeit der Selbstbeherrschung und Selbstbestimmung ist es im Grunde, was Aristoles die menschliche �arete� nennt, und was mit �Tugend� nur missverst�ndlich auf Deutsch wiedergegeben wird. Die �eudaimonia� � ebenfalls mit �Gl�ck� nur missverst�ndlich zu �bersetzen � ist die dauerhafte �Wohlgestimmtheit� oder �Verfassung� desjenigen Menschen, der seine verschiedenen Bed�rfnisse und Bestrebungen zu einer gewissen harmonischen Einheit integriert hat und diese Einheit auch gegen�ber den Wechself�llen des Lebens aufrecht erhalten kann � der sich also von gl�cklichen und ungl�cklichen Umst�nden bis zu einem gewissen Grade unabh�ngig zu machen wei�. Dass eine solche, auf eigener Leistung beruhende �Wohlgestimmtheit� auch von dem Gef�hl der Freude oder lustvollen Erf�llung begleitet wird, ist klar. Aber diese �Gl�cksgef�hle� sind eben nicht das Wesentliche. Vielmehr ist derjenige, der unkontrolliert und gierig nur nach immer neuen Gl�cksgef�hlen strebt, alles andere als �sittlich vortrefflich� und �gl�cklich� im Sinne eines guten, gelingenden Lebens. Das Missverst�ndnis, dem die �eud�monistsche� Ethik heute oft ausgesetzt ist, geht auf Kant zur�ck und h�ngt mit dem gewandelten Naturverst�ndnis der Neuzeit eng zusammen. Aristoteles hatte ein von der Biologie gepr�gtes Naturverst�ndnis, in dessen Mittelpunkt die Entwicklung des Lebewesens und seine funktionale �Ganzheit� (�Organismus�) steht. Und im Sinne einer solchen, sich entwickelnden �Ganzheit� und �Integration� betrachtet er auch das erf�llte Leben des Menschen. Da der Mensch rationale �Seelenteile� hat, die ihn spezifisch von Tieren und Pflanzen unterscheiden, kann das Leben des einzelnen Menschen nur dann �naturgem�ߓ und f�r ihn selbst �erf�llend� sein, wenn darin die rationalen Seelenteile dauerhaft die F�hrung �ber die anderen Teile haben. (�F�hrung �ber� ist allerdings gemeint als sinnvolle Anordnung und Integration, nicht als tyrannische Diktatur oder gewaltsame Unterdr�ckung durch Askese.) Ein Mensch, der das zustandebringt, ist selbstbestimmt und �gl�cklich�, sprich er ist ein �Mensch� im vollen Sinne. In der Neuzeit wurde die Physik zu einer Wissenschaft von der unbelebten Natur. Zielstrebige Entwicklung, organische Integration sind in ihren mechanistischen Kategorien nicht mehr denkbar. Und das wirkt sich radikal z.B. in Hobbes� Anthropologie und der Schilderung des Menschen im �Naturzustand� aus. Menschen werden als isolierte Individuen (= �Atome�) angesetzt, die von Natur aus nur auf nackte Selbsterhaltung und Bed�rfnisbefriedigung aus sind � nicht auf die Entfaltung eines koh�renten, in sich stimmigen Lebens. Ihre rationalen Anlagen entfalten dabei eher fatale Wirkung. Denn die F�higkeit der Umsicht und Voraussicht l�st beim Individuum eine dauernde Besorgnis um seine Zukunft aus. Den Menschen macht daher, wie Hobbes treffend sagt, schon sein zuk�nftiger Hunger hungrig. Diese Sorge entfesselt und entgrenzt also das Streben nach Macht und Verm�gen, so dass das menschliche Individuum im Naturzustand eine gierige, getriebene Bestie ist. Sie kann nur durch �u�ere Gewalt � die souver�ne �Staatsgewalt� und ihre Normen eben � in Schach gehalten werden... Das mag als Skizze gen�gen. Ich finde es offensichtlich, dass der aristotelische Ethik-Ansatz nach wie vor aktuell ist. Denn jedem Menschen stellt sich die Aufgabe des gelingenden Lebens � also einer in sich stimmigen Lebensf�hrung, die mit den individuellen Anlagen und gesellschaftlichen Gegebenheiten gestalterisch umgehen kann und das Beste daraus zu machen wei�. Diese F�higkeit der Selbstbestimmung und �Selbstverwirklichung� wird von einer rein normativen Ethik, die sich nur um sozialvertr�gliche Freiheitsspielr�ume k�mmert, nicht gelehrt, sondern einfach vorausgesetzt. Aber ein Blick auf unsere Gesellschaft zeigt, dass sie keineswegs einfach vorausgesetzt werden kann, sondern immer wieder aufs Neue erworben werden muss. Und offenbar kann der Einzelne diese F�higkeit auch nicht allein erwerben, er ist dabei auf die Unterst�tzung der Gemeinschaft angewiesen, in der er lebt. Es gr��t Dich was ist hier eigentlich die Norm? Wir werden in eine Gemeinschaft hinein geboren und wachsen in ihr auf. Unser ganzes Leben ist auf das Leben in einer Gemeinschaft hin ausgerichtet; wir haben eine Sprache und die w�re v�llig unn�tig, wenn wir prim�r allein lebende Individuen w�ren. Zu sagen, die Individuen h�tten einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, ist also schon deswegen falsch, weil sie einen solchen Vertrag ohne Sprache gar nicht h�tten abschlie�en k�nnen. Der Mensch ist also dem Wesen nach tats�chlich ein zoon politikon. Wenn wir nun von Individuen ausgehen bei unseren �berlegungen, dann gehen wir nicht von dem aus, was ist, sondern von dem, was sein soll. Wir machen das Dasein des Individuums zu einer Norm. Und weil wir diesen Fehler machen, uns von den Tatsachen zu l�sen, bekommen wir mit unseren �berlegungen Schwierigkeiten. Denn wie sollen wir von einem tats�chlich nicht bestehenden Zustand aus - n�mlich, dass der Mensch prim�r ein Individuum sei - einen tats�chlich bestehenden Zustand - n�mlich, dass der Mensch ein zoon politikon ist - begr�nden? Wir haben die Sorge, dass, wenn es um das Gemeinwohl geht, Willen und Bed�rfnisse des Individuums hintan gestellt werden k�nnten. Ist �fter mal vorgekommen, die Sorge ist also berechtigt. Allerdings: wieso interessieren die Bed�rfnisse des Individuums �berhaupt, wenn der Mensch doch ein zoon politikon ist? Wenn wir uns die grundlegenden Prinzipien der Moral anschauen, also das, was ich den evidenten ethischen Willen nenne (z.B. nicht t�ten, nicht l�gen, nicht stehlen), stellen wir fest, dass die sich alle auf ein Individuum beziehen. Ich brauche kein Gebot, mich nicht zu t�ten, mich nicht zu bel�gen, mich nicht zu bestehlen; das w�re unsinnig. Hier geht es immer um den anderen. Also behaupte ich: es ist nicht das Individuum, das seine Rechte und seine Freiheit garantiert, sie eventuell in einen Vertrag einbringt, sondern es ist die Gemeinschaft, die sie garantiert. Daraus folgt, eine Gemeinschaft, die so verfasst w�re, dass sie die individuellen Bed�rfnisse und Rechte nicht garantiert, widerspricht der humanen Ethik. Weil das der Fall ist, kann es hier zu keinem Konsens kommen, denn Normen, die der humanen Ethik widersprechen, sind nicht konsensf�hig. Das Gemeinwohl kann also aus ethischen Gr�nden nur so bestimmt werden, dass es das Wohl aller zu ihr geh�renden Individuen ist. Andernfalls ist der Konsens ausgeschlossen. Wenn wir vom Individuum ausgehen, m�ssen wir uns auch Gedanken dar�ber machen, wie denn das Individuum leben will oder leben soll. Wir m�ssen dies positiv definieren. Gehen wir von der Gemeinschaft aus, m�ssen wir uns nur Gedanken um die negative Definition machen, d.h. wie darf das Individuum nicht leben, weil dies der Gemeinschaft schaden w�rde. Alles andere �berlassen wir ihm selbst. Urs beschreibt nun den Begriff gl�ckliches Leben im Zusammenhang mit dem Individuum. Hm. Mir w�rde so ein Leben nicht gefallen. Es w�re mir zu privat. Und au�erdem kommt die Gemeinschaft, mit der ich leben will, gar nicht darin vor, h�chstens als eine Art Bedrohung, vor der ich mich sch�tzen muss. Ist dir, Urs, aufgefallen, dass in deinem Modell selbst die Gruppen privat sind? Selbst die Parteien in sich abgeschlossene soziale Gruppen, in denen man seinen gemeinsamen Neigungen fr�hnt? Und wo ist die Regierung? Wo das Parlament? Wo das politische Engagement, die Einflussnahme, die Mitbestimmung? Es sieht mir danach aus, als ob das alles auf einer anderen Ebene w�re, mit der das private Individuum gar nichts zu tun hat. Aber wer ist dann derjenige, der �ber Staat und Gesellschaft bestimmt? Aber etwas anderes beschreibt er damit f�r das Individuum: n�mlich ein Ziel. Sein Lebensziel sei ein gl�ckliches Leben. K�nnte aber auch die Gemeinschaft ein Ziel haben? Oder w�re eine prim�r aus Individuen bestehende Gemeinschaft �berhaupt in der Lage, sich ein Ziel zu setzen? Und wer soll denn dem Individuum seine Freiheitsrechte garantieren? Die Normen? Nun, wer die Freiheitsrechte des Individuums abschaffen will, schafft auch diese beiseite. Diese F�higkeit der Selbstbestimmung und �Selbstverwirklichung� wird von einer rein normativen Ethik, die sich nur um sozialvertr�gliche Freiheitsspielr�ume k�mmert, nicht gelehrt, sondern einfach vorausgesetzt. Das hei�t: l�sst (!) nicht eine normative Ethik, die sich auf das Gemeinwohl beschr�nkt und die auf den Prinzipien der humanen Ethik basiert, dem Individuum letztlich mehr Freiheit? Gru� Zur�ckschauend, kann man mit Fug und Recht sagen: Die F�lle der Beitr�ge hier sind ein Brainstorming. Heutzutage steht in aller Regel ein Brainstorming am Anfang eines Projekts. Ich m�chte ausnahmsweise beim Neudeutsch bleiben und damit einige weitere Mosaiksteinchen beisteuern. Gem�ss dem Projektmanagement folgt dem Brainstorming die Ausformulierung der Vision, der Fernziele und des Auftrags sowie die Er�rterung der Mittel, der Randbedingungen usw. Dann geht es von der Konzeptphase �ber zur Planung und Umsetzung usw. Bevor man sich aber dieser Arbeitsflut hingibt, schaut man sich besser noch kurz um: Es k�nnte ja sein, dass bereits was Pfannenfertiges vorliegt, das man sich, obwohl der Hunger dadurch nicht gestillt wird, als Zwischenverpflegung zu Gem�te f�hren kann. Daher Frage ich: Was ist denn beim Thema/Projekt <Gemein- und Individualwohl> Vision, Fernziel, Auftrag? Auf der Zunge liegt mir jedoch eine noch dr�ngendere Frage: An wen richtet sich denn das Produkt, das Ergebnis des Projekts <Gemein- und Individualwohl>? Ich mein da gibt es nur eine Antwort: An alle M�ndigen! Und da sich das Brainstorming immer auch um Staat und Gesetz drehte, sind damit gewiss die W�hler und W�hlerinnen gemeint, respektive die Abstimmenden, falls zu Sachgesch�ften Stellung zu nehmen ist. Aber auch die �brigen Einwohner. Das Produkt, das ja nichts anderes sein kann als ein Text, muss also von jedermann konsumiert werden k�nnen! Das bedeutet, dass der Text selbsterkl�rend, verst�ndlich und attraktiv sein muss. Der h�rteste Test ist (wie k�nnte ich bei meiner Herkunft etwas anderes behaupten) die Volksabstimmung! So und nun kehre ich zur�ck zur Frage am Ende des zweiten Abschnitts: Was ist denn Vision, Fernziel, Auftrag? Als Antwort schlage ich vor, die Pr�ambel der Verfassung oder des Grundgesetzes als Vision, Fernziel und Auftrag zu lesen. Beispielsweise: Pr�ambel Mit dem fett Gedruckten wollte ich deutlich machen, dass es hier offensichtlich um Auftrag und Fernziele geht, sowie insgesamt um eine Vision, also um den fernen Stern, der angepeilt wird. �brigens mit dem ersten Satz der Pr�ambel wird meiner Meinung nach einzig und allein deutlich gemacht, dass Mensch Grenzen anerkennt, z.B.: DIE Wahrheit nicht f�r sich gepachtet zu haben. Danke & Gruss --- Euer allt�gliches Mosaiksteinchen ;-) ;-) ;-) -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Wenn wir vom Individuum ausgehen, m�ssen wir uns auch Gedanken dar�ber machen, wie denn das Individuum leben will oder leben soll. Wir m�ssen dies positiv definieren. Gehen wir von der Gemeinschaft aus, m�ssen wir uns nur Gedanken um die negative Definition machen, d.h. wie darf das Individuum nicht leben, weil dies der Gemeinschaft schaden w�rde. Alles andere �berlassen wir ihm selbst. Diese beiden Perspektiven, denke ich, schlie�en einander nicht aus, sondern sie erg�nzen sich Und das liegt daran, dass zu den pers�nlichen Zielen des Individuums auch solche geh�ren, die es mit anderen Individuen teilt, die also schon gemeinschaftliche Ziele sind. Und was einer Gemeinschaft schadet, h�ngt jeweils auch vom Selbstverst�ndnis dieser Gemeinschaft ab, d.h. davon, welche Ziele diese Gemeinschaft als Gemeinschaft anstrebt. Eine universalistische normative Ethik wie die von Eberhard vertretene l�sst jedoch die Frage nach den individuellen oder gemeinschaftlichen Zielen (�Werten�, �G�tern�) insgesamt au�en vor. Sie befasst sich nur mit der Form des Verfahrens, durch das Normen im Fall des Zielkonflikts von den Betroffenen gefunden werden sollen. Sie ist also eigentlich eine �Meta-Ethik�. Meine These hierzu ist, dass der Begriff des Gemeinwohls sich gar nicht auf die Ebene der Form bezieht, sondern auf die Ebene der gemeinschaftlichen Ziele. Er meint also das, was eine Gemeinschaft als Gemeinschaft anstrebt und was sich von einem isolierten Individuum gar nicht verwirklichen lie�e. Grunds�tzlich m�ssten sich also eine Ethik der Ziele und eine Meta-Ethik nicht ins Gehege kommen. Was ich an Eberhards Konzept kritisiere, ist die Beschr�nkung von Ethik auf Meta-Ethik. Eine Meta-Ethik bekommt m.E. ein � so und so bestimmtes � Gemeinwohl gar nicht erst in den Blick. Ihr Universalismus ist eben erkauft durch ihren Formalismus. Einer der Gr�nde, den ich gegen diese Beschr�nkung einwende, ist dieser: Die Meta-Ethik beansprucht, unparteilich zu sein, und zwar gerade deshalb, weil sie sich mit keinem bestimmten Ziel � sei es eines Individuums, sei es einer Gemeinschaft � identifiziert. Die Anwendung des von der Meta-Ethik postulierten Verfahrens aber, behaupte ich, wird faktisch niemals unparteilich sein k�nnen. Sie ist gewisserma�en ein Verfahren f�r Wesen aus einer anderen Welt, nicht f�r die wirklich existierenden Menschen. Quote:Ist dir, Urs, aufgefallen, dass in deinem Modell selbst die Gruppen privat sind? Selbst die Parteien in sich abgeschlossene soziale Gruppen, in denen man seinen gemeinsamen Neigungen fr�nt? Und wo ist die Regierung? Wo das Parlament? Wo das politische Engagement, die Einflussnahme, die Mitbestimmung? Es sieht mir danach aus, als ob das alles auf einer anderen Ebene w�re, mit der das private Individuum gar nichts zu tun hat. Aber wer ist dann derjenige, der �ber Staat und Gesellschaft bestimmt? Was verstehst Du unter �privat�? Ein gemeinn�tziger Verein oder gar eine Partei gestalten doch gewisse Teile des gesellschaftlichen Lebens, d.h. sie bestimmen aktiv dar�ber mit, wie das Leben der Gesellschaft ist und sein soll. Sicher, es sind Zusammenschl�sse von �Privatleuten�, aber durch den Zusammenschluss h�ren diese doch auf, nur Privatleute zu sein. Die Mitglieder eines Vereins m�gen ganz verschiedenen Berufen angeh�ren und f�r sich und ihre Familien jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen. Wenn aber ein Vereinsmitglied als Vereinsmitglied spricht, spricht er eben im Interesse des Vereins, d.h. aller Vereinsmitglieder. Die Vereinigung im Namen eines gemeinsamen Interesses zieht also gewisserma�en eine neue Ebene in der komplexen Interessenstruktur jedes einzelnen Mitglieds ein, und diese ist f�r jedes Mitglied gleich. Die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft macht also die �Privatleute� in einer bestimmten Hinsicht gleich. Und wirkt so auf die Individuen zur�ck und ver�ndert ihr Leben, ihre Ansichten, ihre Ziele. Die Gemeinschaft greift also zun�chst einmal schon gestaltend in das Leben ihrer Mitglieder ein und kann, je nachdem, sich dar�ber hinaus auch zum Ziel machen, �ber ihre Grenzen hinweg Einfluss zu nehmen � durch Anwerbung neuer Mitglieder, durch �ffentliche Verbreitung ihres Programms, durch t�tige Hilfe usw. Da wir alle in der einen oder anderen Weise �Mitglied� sind, ist die Vorstellung eines v�lligen Privatlebens eigentlich unrealistisch. Wenn Du fragst: �Und wo ist der Staat?� dann verh�ltst Du Dich gewisserma�en wie der Oxford-Besucher in Gilbert Ryles Beispiel (Du erinnerst Dich an den �Ich, Person, Subjekt�-Thread): Man zeigt ihm verschiedene Colleges, Bibliotheken, Verwaltungsgeb�ude, bis er irgendwann ungeduldig fragt: �Sch�n und gut, aber wo ist jetzt die Universit�t? Warum zeigt man mir nicht endlich die Universit�t?� (Abrazo)Das stimmt, Urs. Nur dass ich da nichts Negatives bei finde. Wenn du aber eine Norm setzen willst, wie das gl�ckliche Leben des Individuums sein soll, dann l�sst du ihm doch im Endeffekt weniger Freiheit als der, der es voraussetzt. Nat�rlich macht eine Ethik des �guten Lebens� keine inhaltlichen Vorschriften dar�ber, welche Ziele die Menschen anstreben sollen. Aber sie nimmt die Probleme des Zusammenlebens aus der Perspektive des handelnden Individuums in den Blick, das bestimmte Ziele � wichtigere und langfristigere oder unwichtigere und kurzfristige � verfolgt. Die dabei auftretenden Probleme sind nun nicht unabsehbar verschieden, sondern haben eine gewisse Typik, die sich aus der Struktur des Lebens jedes Einzelnen ergeben. Und so erm�glicht diese Art von Ethik es ihrem Adressaten, mit diesen bekannten �Klippen� umzugehen, sich darauf einzustellen � kurz: aus der Erfahrung anderer zu lernen. Diese Ethik verfolgt somit einen �Bildungsauftrag�, sie greift unterst�tzend ein in den Prozess der �Sozialisation�, den jedes in Gemeinschaften lebendes Individuum ohnehin durchlaufen muss, wenn es seine Interessen verfolgt bzw. sein Lebensgl�ck sucht. Sie hilft ihm also dabei, die Perspektive der Gemeinschaft in die eigene Perspektive zu integrieren. Begrenzt eine solche Hilfe beim Durchschauen praktischer Problemfelder die Freiheit des Individuums? Ich w�rde eher sagen, ihr Sinn liegt gerade darin, ihm seine Freiheitsspielr�ume vor Augen zu f�hren und sie im Sinne seiner fundamentalen Interessen (�Lebensgl�ck�) zu nutzen. Es gr��t Dich
-------------------------------------------------------------------------------- dass zu den pers�nlichen Zielen des Individuums auch solche geh�ren, die es mit anderen Individuen teilt, die also schon gemeinschaftliche Ziele sind. Ist es nicht so, dass die pers�nlichen Ziele des Individuums zumeist von der/den Gruppen, denen es angeh�rt, bestimmt sind? Und was einer Gemeinschaft schadet, h�ngt jeweils auch vom Selbstverst�ndnis dieser Gemeinschaft ab, d.h. davon, welche Ziele diese Gemeinschaft als Gemeinschaft anstrebt. Zustimmung. Dat is relativ. Eine universalistische normative Ethik wie die von Eberhard vertretene l�sst jedoch die Frage nach den individuellen oder gemeinschaftlichen Zielen (�Werten�, �G�tern�) insgesamt au�en vor. Sie befasst sich nur mit der Form des Verfahrens, durch das Normen im Fall des Zielkonflikts von den Betroffenen gefunden werden sollen. Sie ist also eigentlich eine �Meta-Ethik�. Meine These hierzu ist, dass der Begriff des Gemeinwohls sich gar nicht auf die Ebene der Form bezieht, sondern auf die Ebene der gemeinschaftlichen Ziele. Er meint also das, was eine Gemeinschaft als Gemeinschaft anstrebt und was sich von einem isolierten Individuum gar nicht verwirklichen lie�e. Das ist ein schwieriges Kapitel. Die Bestimmung der Verfahrensform halte ich durchaus f�r wichtig. Es ist die Frage, wie m�ssen Normen �berhaupt beschaffen sein, damit sie konsensf�hig sind. Nehmen wir die Pazifismus-Norm. Keine Gewalt, auch im Falle kriegerischer Aggression soll man gewaltlos Widerstand leisten. Diese Norm ist nicht konsensf�hig, weil sie einer in einer bestimmten Kultur gewachsenen �berzeugung universale G�ltigkeit verschaffen will - was mit dem heiligen Verteidigungskrieg der Moslems kollidiert. Woraus folgt, dass solche universalen Normen auf etwas anderem basieren m�ssen als auf einer speziellen Kultur. Und das macht die 'Meta-Ethik' wiederum wichtig und interessant, n�mlich mit der Frage, worauf k�nnten sie dann basieren. Geh�ren nicht die gemeinschaftlichen Ziele ebenfalls, was die Frage betrifft, welche �berhaupt m�glich sind, zur 'Meta-Ethik'? Die Meta-Ethik beansprucht, unparteilich zu sein, und zwar gerade deshalb, weil sie sich mit keinem bestimmten Ziel � sei es eines Individuums, sei es einer Gemeinschaft � identifiziert. Die Frage nach den Zielen ist problematisch. Einerseits stimme ich Metin zu: eine Gruppe kann sich konstituieren, aber auch renovieren und erheblich festigen und st�rken durch das gemeinsame Ziel. Andererseits, wenn wir uns mit universalen Normen befassen wollen, das w�ren dann Menschheitsnormen. Und welches Ziel hat die Menschheit? Hier w�rde ich eine Diskussion verweigern und sagen, beschr�nken wir uns erst mal darauf, das Best�ndige zu sichern, also das, was Menschen zu allen Zeiten und an jedem Ort brauchen und wollen (und damit meine ich auch kulturelles). Dann liegt das Ziel in den gegenw�rtigen menschlichen M�glichkeiten - wobei die Ethik sich nat�rlich auch damit auseinander setzen m�sste, welche M�glichkeiten sind akzeptabel und welche nicht. Die Anwendung des von der Meta-Ethik postulierten Verfahrens aber, behaupte ich, wird faktisch niemals unparteilich sein k�nnen. Sie ist gewisserma�en ein Verfahren f�r Wesen aus einer anderen Welt, nicht f�r die wirklich existierenden Menschen. Berechtigter Einwand. Ist aber letztlich die Frage, ob es eine zum Wesen des Menschen geh�rende allgemeine Ethik gibt. Wenn ja, w�re ein solches Verfahren imho auch m�glich. Nat�rlich w�rde eine solche Ethik nicht die kulturspezifischen Eigenarten ber�hren. So, und der Rest kommt morgen - ich geh jetzt ins Bett.
-------------------------------------------------------------------------------- zweiter Teil. Allerdings l�sst uns das Recht � wie Du selbst sagst - ja gro�e Spielr�ume, innerhalb derer viele verschiedene Formen von Gemeinschaft � als Ausdruck gemeinsam genutzter Freiheit � m�glich sind. Das geht von der Familie �ber den Sportverein, den Weltladen, das Technische Hilfswerk... bis zur Religionsgemeinschaft und zur politischen Partei. Alle diese Gemeinschaften streben ein je eigenes gemeinsames Gut an, dessen Verwirklichung auch zum �guten Leben� der Mitglieder beitr�gt. Auch erf�llen solche Gemeinschaften eine wichtige sozialintegrative Funktion � besonders bei Jugendlichen. Das klingt mir zu privat. Wo bleibt da die Politik? Die Frage nach dem Gemeinwohl ist ja eine politische Frage - und es ist eine Frage, bei der das Privatwohl des Parteimitgliedes durchaus auch in den Hintergrund treten kann. Nach meiner Erfahrung gibt es gar nicht mal so wenige einfache Parteimitglieder, die feststellen, dass es ihnen so gut geht, dass sie eigentlich noch etwas abgeben k�nnten. Auch die ehrenamtlichen T�tigkeiten sollte man nicht untersch�tzen. Es gibt nicht wenige, die gerne ihre Privatinteressen daf�r zur�ckstellen. Nat�rlich haben sie Freude an ihrer T�tigkeit. Aber die Freude sch�pft daraus, dass sie anderen helfen, n�tzlich sein, bei ihnen etwas verbessern k�nnen (ich habe gerade eine einfache Frau im Kopf, die irgendwie per Zufall dazu gekommen ist, sich in einem Krankenhaus ehrenamtlich um allein stehende Schwerkranke zu k�mmern). Also ist nicht nur der Mensch ein zoon politikon, auch seine individuellen Interessen k�nnen durchaus auf das Gemeinwohl hin ausgerichtet sein - so dass ich mich frage, ob die derzeitige extreme Individualisierung in der Gesellschaft tats�chlich 'artgerecht' ist, oder ob sie nicht eher einer Ideologie folgt, nach der das r�uberische Individuum sowohl als Arbeitskraft als auch als Konsument die besten Gewinne verspricht (was will man auch wirtschaftlich mit einem Individuum anfangen, dass sozial gebunden, also immobil ist und kostenlose Arbeit f�r andere leistet). f�r sich und ihre Familien jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen. Wenn ich mir vergegenw�rtige, wie Menschen in meiner Umgebung handeln, dann kann ich nicht finden, dass sie dabei st�ndig die Interessen f�r sich und ihre Familien verfolgen. Es ist nicht so, dass die sozialen Gruppen in unserer Gesellschaft ausschlie�lich Interessenverb�nde sind, die sich zusammen geschlossen haben, um gemeinsam ihre Privatinteressen besser vertreten zu k�nnen. Ich behaupte: es gibt durchaus eine interessierte Basis in der Gesellschaft, die an Eberhards Normendiskurs teilnehmen w�rde. Wenn Du fragst: �Und wo ist der Staat?� Ich denke hierbei aber an etwas anderes. Ich denke an zahllose B�rger, die "den Staat" als Gegner ansehen, als aufgebl�hten Fresssack, mit dem sie �berhaupt nichts zu tun haben, der ihnen immer nur Geld weg nimmt und seinen Protagonisten zuschanzt, ohne das Geld im Sinne des Gemeinwohles auszugeben und zu verteilen. An "den Staat" der "Bonzen", in dem man zwar ab und zu mal w�hlen gehen kann, aber doch irgendwie nicht so richtig. An B�rger, die Staat und Gemeinwohl nicht zur Deckung bringen wollen und k�nnen. Diese Ethik verfolgt somit einen �Bildungsauftrag�, sie greift unterst�tzend ein in den Prozess der �Sozialisation�, den jedes in Gemeinschaften lebendes Individuum ohnehin durchlaufen muss, wenn es seine Interessen verfolgt bzw. sein Lebensgl�ck sucht. Und hier wiederum, Urs, dieses 'Lebensgl�ck' muss erst einmal m�glich sein. Ist das m�glich bei Kindern aus Problemfamilien? Ich bestreite das. Das einzige, was ihnen m�glich ist, ist, sich kurzzeitig ein paar Kr�mel vom Kuchen widerrechtlich anzueignen. Z.B. indem sie einem Gleichaltrigen aus besseren Verh�ltnissen die Jacke oder das Handy abziehen. Erziehung, Bildung, gute Sozialisation sind eine feine Sache. Aber hier halte ich die universalistische normative Ethik insofern f�r �berlegen, als dass solche universalen Normen �berhaupt erst die Voraussetzung daf�r schaffen, dass Erziehung, Bildung und Sozialisation allgemein m�glich sind. Was n�tzt dir denn das Ziel des guten Lebens, wenn es f�r viele aufgrund ihrer Lebensbedingungen gar nicht zu erreichen m�glich ist? Wie sie das gute Leben jeweils sehen, das kann man mit unterschiedlichen Gruppen diskutieren und wird jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Aber es muss doch erst mal die Basis daf�r geschaffen werden, dass solche Diskussionen �berhaupt m�glich sind - und dazu geh�ren die materiellen Voraussetzungen ebenso wie die Grenzziehung zwischen den unterschiedliche Gruppen, von denen jede im Zweifelsfalle behauptet, allein das richtige gute Leben verwirklichen zu wollen. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Nach einigen Tagen Abwesenheit versuche ich den � inzwischen erheblich weitergesponnenen � Faden wieder aufzunehmen. Du schreibst (am 11.11.) : "Eine Ethik des 'guten Lebens' will � die F�higkeit des Menschen bef�rdern, seine Bed�rfnisse nicht nur zu befriedigen, sondern sie auch zu beherrschen." Ziel ist ein Mensch, "der seine verschiedenen Bed�rfnisse und Bestrebungen zu einer gewissen harmonischen Einheit integriert hat und diese Einheit auch gegen�ber den Wechself�llen des Lebens aufrecht erhalten kann � der sich also von gl�cklichen und ungl�cklichen Umst�nden bis zu einem gewissen Grade unabh�ngig zu machen wei�." Wenn ich dich richtig verstehe, so geht es in dieser Passage um spezielle Interessen des Individuums, die sich auf die Formung seiner eigenen Person richten, also um Ziele der Selbsterziehung. Das hei�t, dass das Individuum, um dessen Wohl es geht, in seiner Pers�nlichkeit nicht als gegeben angesehen wird, sondern selber etwas Ver�nderliches darstellt. Diesen Punkt halte ich f�r wichtig, weil er die spezifisch menschliche F�higkeit zum Bezug auf sich selbst einbringt. Allerdings k�nnen die Ziele der Selbsterziehung dem Individuum nicht als fertige Ideale vorgegeben werden. Diese Ziele m�ssen vom Individuum selber gewollt werden. Das Individuum muss selber ein Interesse an dieser Entwicklung haben. Nur unter dieser Bedingung wird durch den Erwerb dieser F�higkeiten sein Wohl auch wirklich gef�rdert. Es stellt sich die Frage: Wie ist das mit den F�higkeiten, die vorhanden sein m�ssen, damit ein Individuum �berhaupt seine "echten" Interessen (einschlie�lich seiner Interessen an der Entwicklung und Reifung der eigenen Pers�nlichkeit) erkennen kann? Kann man das Interesse an der F�higkeit zur klugen, fehlerfreien Bestimmung der eigenen Interessen immer voraussetzen? Muss dieses Interesse immer als gegeben angenommen werden? Oder speist sich die Motivation zur Rationalit�t aus den schlechten Erfahrungen mit unreflektierter Bed�rfnisbefriedigung? Gew�hnlich wird das Interesse an der eigenen Rationalit�t offenbar vorausgesetzt. Wenn einem Individuum dies Interesse fehlt, so wird es f�r unm�ndig erkl�rt und das Verh�ltnis zu ihm wird offen als ein (f�rsorgliches) Herrschaftsverh�ltnis verstanden. Soviel erstmal von Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- :-) Lieber homo_sapiens, Zitat: Und hier wiederum, ... dieses 'Lebensgl�ck' muss erst einmal m�glich sein. Ist das m�glich bei Kindern aus Problemfamilien? Ich bestreite das. /Abrazo, 13.11.05 23:21 Uhr/ :-) Hallo Abrazo, Zitat: Wenn ich dich richtig verstehe, so geht es in dieser Passage um spezielle Interessen des Individuums, die sich auf die Formung seiner eigenen Person richten, .... /Eberhard, 14.11.05 19:50 Uhr/ :-) Hallo Eberhard, F�r viele darf das nur eine Teilantwort sein, weil f�r sie die Richtung fehlt. Aber genau damit hat so manche Individualkatastrophe angefangen. Du fragst: <Kann man das Interesse an der F�higkeit zur klugen, fehlerfreien Bestimmung der eigenen Interessen immer voraussetzen? Muss .... ? Oder speist sich ....?> Und ich denke: Ach wie sind diese Fragen doch normentr�chtig! Um alles in der Welt! Wie und wann soll einer etwas lernen, ohne "Versuch und Irrtum". Danke & Gruss --- Euer f�rsorglicher Alltag P.S.: Irgendwie hat doch das noch mit dem Thema zu tun, oder? -------------------------------------------------------------------------------- es scheint mir angebracht zu sein, sich erst einmal darauf zu besinnen, was ein Gemeinwesen �berhaupt ist. Wodurch wird es umschlossen? Da haben wir bei einem Verein die Mitgliederschaft. Die Mitglieder sind im Vereinsregister eingetragen und k�nnen sich meist auch als solche ausweisen. Es handelt sich also um eine klar definierte und begrenzte Menge. Das gleiche gilt f�r eine Gesellschaft, die einen Staat bildet. Ihr Mitgliedsausweis ist der Personalausweis. In jedem Verein gibt es eine Minderheit, die sich engagiert oder die mit dem Verein bestimmte Privatinteressen durchzusetzen trachtet. Die Mehrheit z�hlt zu den Mitl�ufern oder gar Karteileichen. Sie geh�ren dem Verein zwar an, weil sie ihn wichtig finden, ihn unterst�tzen m�chten oder sich im Notfall Vorteile durch die Unterst�tzung des Vereins erhoffen, beschr�nken sich aber ansonsten auf die Zahlung der Mitgliedsbeitr�ge. �blicherweise dominieren die Engagierten. Sie bilden Fl�gel und Parteien, raufen sich miteinander und sind auch wissensm��ig, sowohl was Sachthemen betrifft, als auch, was Informationen �ber Interna betrifft, allen anderen Mitgliedern weit �berlegen. Den �brigen Vereinsmitgliedern macht das nach dem Motto 'lass andere arbeiten' so lange nichts aus, wie ihre Interessen nicht vernachl�ssigt werden, ja, so lange, wie sie �berhaupt noch als vorhanden wahrgenommen werden. Denn es kann vorkommen, dass die Dominierenden gar nicht mehr merken, dass es da auch noch andere Vereinsmitglieder gibt. Was nicht selten dazu f�hrt, dass der Verein zerbricht. Beziehen wir das auf den Staat. Auch da gibt es zweifellos dominierende Gruppen, die zumeist der b�rgerlichen Lebensform angeh�ren. Wenn ich mir einige �u�erungen hier anh�re, habe ich den Verdacht, dass es da noch andere, nicht b�rgerliche Vereinsmitglieder gibt, wird �bersehen. Das zeigt sich, wenn vom Thema Erziehung und Enkulturation die Rede ist. Die liberalen b�rgerlichen Erziehungsma�st�be werden absolut gesetzt. Es wird nicht beachtet, dass die keineswegs allgemein als richtig anerkannt sind. Schon in kleinb�rgerlichen Kreisen kann man mit Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung nicht viel anfangen; gefragt ist Anpassung, und zwar bis hinein in die unmittelbare pers�nliche Umgebung, und das Erziehungsziel ist ganz klar, dem Nachwuchs durch eben diese Anpassung zu erm�glichen, ein Leben auf m�glichst sicherer materieller Grundlage zu f�hren. Hier ist eine Erziehung zur Selbsterziehung nicht gefragt, denn diese bietet die Gefahr, dass zum Einen das Individuum die Sicherheit aufgibt, die die materielle Grundlage bietet, dass das Individuum sich zum anderen von den sozialen Verpflichtungen l�st, die den Lebensverlauf in seiner sozialen Gruppe bestimmt und von deren Einhaltung alle abh�ngig sind. Das Ergebnis eines solchen Verhaltens w�re wahrscheinlich Rausschmiss und Diskriminierung. Wir k�nnen also von denen, die nicht die sichere materielle Basis des B�rgertums haben, nicht erwarten, dass sie sich f�r das Ziel der Verwirklichung b�rgerlicher Freiheiten �berhaupt interessieren. Ich komme eben immer wieder darauf zur�ck, dass die materielle Lebenswirklichkeit die Basis f�r die Humanisierung des Menschen ist. Das hei�t, wenn in einer Gemeinwohldiskussion Konsens �ber die F�rderung der Humanit�t bestehen sollte, dann folgt daraus notwendig, dass es im Sinne des Gemeinwohls ist, die materiellen Voraussetzungen daf�r zu schaffen und dass es sinnlos ist, ohne die Schaffung der materiellen Voraussetzungen Humanit�t zu predigen und damit ein hehres Ziel an die Decke zu h�ngen, das mangels Vorhandensein von Leitern der gr��te Teil derer, die im Predigtsaal versammelt sind, auch nicht ansatzweise erreichen k�nnen. Was folgt daraus, wenn man auf die herrlichen Geschenke weist, die jedermanns Ziel sein sollten - und �bersieht, dass nur die ihrer habhaft werden k�nnen, die sich eine Leiter beschaffen k�nnen? Die anderen werden die Leitern zerbrechen. Und zwar schon dann, wenn sie merken, dass sie von den tollen Sachen nur ein paar Brosamen nach Gusto der Besitzenden abkriegen. Dies wird um so eher der Fall sein, wenn die Leiterbesitzer gar nicht mehr sehen, dass da unten etliche Leute herum krauchen, von denen sie behaupten, dass die leider nicht wollen, w�hrend sie in Wirklichkeit nicht k�nnen. Fazit: wenn wir von Gemeinwohl reden wollen, m�ssen wir erst einmal feststellen, von welcher Gemeinde wir �berhaupt reden - und wer alles dazu geh�rt. Sonst brauchen wir n�mlich gar nicht erst mit einem Bem�hen um einen Konsens anzufangen, denn unsere Vorschl�ge werden m�glicherweise gar nicht konsensf�hig sein. Vorstellungen von dem, was f�r das Individuum gut und richtig ist, werden in den meisten F�llen nicht konsensf�hig sein, denn wenn die Gemeinde nicht definiert ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich hierbei um den Vorschlag handelt, eigenen Gruppennormen zur Allgemeing�ltigkeit zu verhelfen; als solche sieht man sie an, weil man gar nicht zur Kenntnis genommen hat, dass die Gemeinde nicht nur aus der eigenen Gruppe besteht. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Ich will noch einmal darlegen, in welchen Zusammenh�ngen ich die Fragen nach dem Wohl der Individuen und dem Gemeinwohl sehe. Die Theorie der rationalen Entscheidung bem�ht sich um die Beantwortung der Frage, welche Handlungen eines Subjektes dessen Wohl am besten verwirklichen. Es wird nach einer �klugen� Entscheidung gesucht, die das Subjekt nicht bereuen muss. Die Ermittlung der in diesem Sinne besten Entscheidung stellt an das Subjekt (bzw. dessen Ratgeber) folgende Anforderungen: - es muss in der Lage sein, empirische Daten zu erfassen, um die Ausgangssituation in ihren entscheidungsrelevanten Aspekten richtig und m�glichst vollst�ndig zu beschreiben, - es muss Wissen �ber empirische Regelm��igkeiten besitzen, um die zu erwartenden Konsequenzen der m�glichen Handlungsstrategien zu erkennen, - es muss die Wahrscheinlichkeiten der zu erwartenden Konsequenzen absch�tzen und bei der Entscheidung ber�cksichtigen k�nnen, - es muss sich seiner verschiedenen Ziele bewusst sein und diese Ziele gewichten k�nnen, um die zu erwartenden Konsequenzen nach diesen Kriterien bewerten zu k�nnen. Weil eine nach diesen Kriterien durchdachte Entscheidung einen Aufwand erfordert, der je nach Zeithorizont und Detailliertheit der Berechnungen auch sehr hoch sein kann, bedarf es gleichzeitig eines �berblicks �ber die Angemessenheit des betriebenen Entscheidungsaufwands. Wenn ich ein Auto kaufe ist z.B. ein h�herer Aufwand bei der Entscheidungsfindung gerechtfertigt als beim Kauf eines Rasierapparates. Die Entscheidungskosten sind auch einer der Gr�nde, warum Individuen f�r wiederkehrende Typen von Situationen und Entscheidungen bestimmte Grunds�tze oder Prinzipien ausbilden, nach denen sie gewohnheitsm��ig handeln. Die einmal gefundenen Entscheidungen gelten dann nicht nur f�r eine bestimmte Situation sondern f�r eine ganze Klasse gleichartiger Entscheidungssituationen. Insofern das Subjekt in einer Welt mit anderen Akteuren lebt, die ebenfalls ihre Ziele verfolgen, muss es deren Handeln in seine �berlegungen mit einbeziehen. Das Handeln mehrerer Akteure, die unabh�ngig voneinander ihre Interessen verfolgen, wird modellhaft von der Spieltheorie untersucht. Das Resultat dieser Analysen sind Empfehlungen hinsichtlich der f�r einen Akteur besten Handlungsstrategie. Die Frage, die ich stelle, unterscheidet sich von dieser Perspektive insofern, als ich voraussetze, dass die Individuen eine gemeinsame Entscheidung finden wollen. Sie wollen als Gemeinschaft handeln und stehen damit vor der Frage: Was ist die f�r uns alle beste Entscheidung? Welche Entscheidung entspricht am besten dem allgemeinen Wohl? Dies beantwortet auch die Frage von Abrazo: Die Theorie des Gemeinwohls bezieht sich auf alle Kollektive, die in bestimmten Bereichen einheitlich handeln und die f�r alle Einzelnen, aus denen sich das Kollektiv zusammensetzt, geltende Normen aufstellen. Mir geht es also um die Beantwortung der Frage, welche Entscheidungen, Normen und Handlungen das Gemeinwohl verwirklichen, wobei ich unter "Gemeinwohl" etwas verstehe, das von allen Mitgliedern einer Gemeinschaft trotz unterschiedlicher und miteinander im Konflikt befindlicher Interessen akzeptiert und gemeinsam gewollt werden kann. Abschlie�end noch ein Wort zur Begrifflichkeit: Ich w�rde in Bezug auf die skizzierte Fragestellung nicht von "Meta-Ethik" sprechen, da unter Metaethik �blicherweise die sprachanalytische Untersuchung ethischer Aussagen verstanden wird. Die Metaethik untersucht normative S�tze, sie behauptet selber aber keine Normen. Im Unterschied dazu dient die skizzierte Theorie des Gemeinwohls der normativen Regelung des Handelns angesichts unterschiedlicher Interessen der Individuen. Es gr��t alle an normativen sozialen Fragen Interessierte Eberhard.
-------------------------------------------------------------------------------- " ... wenn wir von Gemeinwohl reden wollen, m�ssen wir erst einmal feststellen, von welcher Gemeinde wir �berhaupt reden - und wer alles dazu geh�rt. Sonst brauchen wir n�mlich gar nicht erst mit einem Bem�hen um einen Konsens anzufangen, denn unsere Vorschl�ge werden m�glicherweise gar nicht konsensf�hig sein." Abrazo & Hund Wenn das nicht auf provinzieller Vereinsebene verbleiben soll, scheint mir wichtig, nicht nur die Gruppen, mit denen sich Gemeinwohl und Individualwohl entfaltet, sondern auch die jeweiligen Strukturen dieser Gruppen zu ber�cksichtigen und herauszustellen. In welchem Verh�ltnis stehen etwa gesellschaftliche Gruppen die religi�s strukturiert sind, zu gesellschaftlichen Gruppen die ihre praktischen Regeln nicht �ber Religion finden, f�r die Religion nicht das Entscheidene ist? Was bedeutet das, etwa f�r den Begriff des Allgemeinwohles? Einleitend, dazu: Nach Fukuyama ist mit der weltweiten Durchsetzung der liberalen Demokratie die Geschichte an ihren Endpunkt angekommen. Die Entfaltung von Naturwissenschaft und Technologie, in Verbund mit �konomie, f�hre notwendigerweise zu liberaler Demokratie. Die Rationalit�t der Weltgesellschaft "basiere auf den Prinzipien technologischer Funktionalit�t und �konomischer Effizens ebenso wie auf dem politischen Diskurs freier, mit Selbstbewusstsein ausgestatteter B�rger." Dagegen liesse sich fragen, ob nicht auch die in Europa wurzelnde Demokratie mit dem Scheitern des Kommunismus und dem politischen Umbruch in Osteuropa zu ihren Ende gekommen ist? Und wenn ja, ob dann nicht ebenfalls abendl�ndische Metaphysik, monotheistische Religion und die damit manifestierenden Moralen zu ihren Ende gekommen? Wenn nicht, welche Aufgabe �bernehmen diese im favorisierten Rahmen der Rationalit�t der Weltgesellschaft. Was bedeuten dann Metaphysik, Philosophie ... bei der Definition des Allgemeinwolhes? Die seit 1789 institualisierte Demokratie, Volk und Nationalstaat, geben jedenfalls seit der weltweiten Durchsetzung der liberalen Demokratie nicht mehr den Rahmen der �konomischen Unternehmungen Europas ab, an dem sich europ�ische B�rger orientieren. Westeurop�ische B�rger finden ihre Freiheit nicht mehr mit ihren angestammten politischen Ordnungsgef�ge; europ�ische Nationen werden, s�d- mittel- und nahosteurop�ische Innenpolitik wird nicht mehr von jener Nationalstaatlichkeit begrenzt und entgrenzt, die sich mit der kapitalistischen Expansion Westeuropas (Kolonialisierung, Weltriege) entfaltete. Die B�rger der liberalen Weltdemokratie "seien lediglich juristische Personen mit Rechten und Pflichten. Sie befinden sich in einem abstrakten Raum mit zunehmend ungewissen territorialen Grenzen. ... Es wird unerheblich sein, ob Privatunternehmen oder Verwaltungsbeamte eine Norm durchsetzen. Die Norm wird nicht mehr Ausdruck der Souver�nit�t (etwa Religion, Metaphysik, p.) sein, sondern einfach ein Faktor, der Ungewissheit reduziert, ein Mittel zur Senkung der Transaktionskosten, indem sie die Transparenz der sozialen Interaktionen erh�ht." Recht wird "reduziert auf einen Regelkodex und nur durch den t�glich erbrachten Beweis seiner Funktionsf�higkeit legitimiert." Diese sozio�konomische Abstraktheit ist jene des Pragmatismus, da diese aus allem anderen resultiert, jedoch nicht, etwa aus monotheistischer Religion oder aus, weniger aktuell, Institutionen territiol begrenzter Staatlichkeit. Unterschiede somit Identit�t manifestieren sich nicht mit der Rationalen Norm us-amerikanischer und europ�ischer �konomisch-kapitalischer Expansion, sondern mit jenem Bereich der beispielsweise als Glauben auftritt, d.h. mit Religionen (weltweit als Polytheismus) und entsprechenden Moralen. Dieser Bereich bietet Prinzipien, welche die, etwa von abendl�ndischer Metaphysik, Kant ... entgrenzte Rationale Logik gesellschaftlicher Vernetzung somit auch liberale Demokratie nicht hergibt. Nach Huntigton "eroberte der Westen die Welt nicht durch die �berlegenheit seiner Werte oder seiner Religion, ... sondern durch seine �berlegenheit in der Anwendung organisierter Gewalt ... Um die Kultur des Westens bei schrumpfender Macht des Westens zu bewahren, sei es ... unter anderem n�tig, die technologische und milit�rische �berlegenheit des Westens �ber andere Kulturen zu behaupten. ... weil sie das m�chtigste Land des Westens sind, falle diese Aufgabe �berwiegend den USA zu." Das Gesellschaft Zusammenhaltene ist nach Fukuyama und Huntigton also nicht Religion, abendl�ndische Metaphysik sowie die damit auftretenden Moralen und Diskurse, auch nicht europ�ische Nationalstaatlichkeit, sondern die Rationalit�t liberaler Weltgesellschaft. Mit den "Prinzipien technologischer Funktionalit�t und �konomischer Effizens" auftretend �bernehme die liberale Weltdemokratie jene Sinnstiftung, die bisher in Europa monotheistische Religion, Metaphysik ..., aber auch Nationalstaatlichkeit, Patriotismus ... f�r sich in Anspruch nahm, Normen der Gesellschaft zu favorisieren. Sollten derartige Ver�nderungen struktureller Zusammenh�nge nicht ebenfalls ber�cksichtigt werden, wenn die Frage nach dem Verh�ltnis Gemeinwohl sowie Individualwohl diskutiert wird? Wenn sich Identit�t von gesellschaftlichen Gruppen etwa �ber Religion und nicht �ber liberale Demokratie verzeitigt, sollte bei der Behandlung der Frage nicht vernachl�ssigt werden, die Strukturen dieser Gruppen n�her zu bestimmen? Denn die mit der liberalen Demokratie expandierende Normativit�t findet ihre Begrenzung mit jenen gesellschaftlichen Gruppen, denen nicht institualisierte Diskurse der Ma�stab der Freiheit sind. Das gilt ebenso f�r die Innen- wie auch der Aussenpolitik verschlankter Staatlichkeit im sogenannten globalen Zeitalter. "Mir geht es also um die Beantwortung der Frage, welche Entscheidungen, Normen und Handlungen das Gemeinwohl verwirklichen, wobei ich unter "Gemeinwohl" etwas verstehe, das von allen Mitgliedern einer Gemeinschaft trotz unterschiedlicher und miteinander im Konflikt befindlicher Interessen akzeptiert und gemeinsam gewollt werden kann." Eberhard Was akzeptieren denn die unterschiedlichen Mitglieder einer Gesellschaft die, religi�se Identit�t und liberale Normativit�t favorisieren, als Gemeinwohl? Was ist denn �berhaupt das Gemeinwohl der von diesen Ausrichtungen gepr�gten Gesellschaft im sogenannten globalisierten Kapitalismus? Sollte nicht erst diese Frage behandelt werden, bevor von Entscheidungen, Normen und Handlungen, mit denen Gemeinwohl verwirklicht werden soll, die Rede sein kann? Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Ich will meine Skizze zur Funktion des Begriffs "Gemeinwohl" noch etwas detaillierter ausf�hren. Mehrere Einzelne, die eine Gemeinschaft bilden und gemeinsam handeln, stehen vor der Frage: Was ist die f�r uns alle gemeinsam beste Entscheidung? Oder k�rzer: Welche Entscheidung entspricht dem allgemeinen Wohl? Diese Frage wird gestellt unter der Annahme, dass diejenige Entscheidung, die dem allgemeinen Wohl entspricht, f�r alle Einzelnen normativ gilt und von diesen zu respektieren ist. Wenn dies f�r den Einzelnen jedoch mehr sein soll als eine Forderung nach Gehorsam und Unterordnung, so muss das allgemeine Wohl so bestimmt werden, dass es auch allgemein konsensf�hig ist. An diesem letzten Satz scheiden sich gew�hnlich die Geister und ich gebe zu, dass der Begriff der �allgemeinen Konsensf�higkeit� eine Reihe zum Teil noch unbefriedigend beantworteter Fragen aufwirft. Zum einen handelt es sich um einen M�glichkeitsbegriff: die Zustimmung aller Einzelnen muss m�glich sein, sie muss nicht tats�chlich stattgefunden haben. Dagegen wird der Einwand erhoben, dass dies kein brauchbares Kriterium ist, denn man kann praktisch allem zustimmen, wenn die Zustimmung darin besteht, bei einer bestimmten Frage ja zu sagen, die Hand zu heben oder auf einem Zettel etwas anzukreuzen. Dieser Beliebigkeit stehen jedoch bestimmte allgemeine Annahmen �ber den Menschen entgegen, die meist nicht explizit gemacht werden sondern stillschweigend vorausgesetzt werden. So wird angenommen, dass kein Individuum einer Alternative zustimmt, zu der es andere verf�gbare Alternativen gibt, die f�r das betreffende Individuum besser sind, die also seinem individuellen Wohl mehr entsprechen. Die tats�chliche Zustimmung kann sinnvoller Weise kein Kriterium daf�r sein, ob eine bestimmte Alternative dem Allgemeinwohl entspricht oder nicht. Wenn Individuum A sich aus Zeitmangel, aus Desinteresse oder weil es die ganze Argumentation nicht versteht noch gar nicht die Frage vorgelegt hat, ob es der Alternative x zustimmt oder nicht, dann kann die fehlende Zustimmung von A kein inhaltliches Argument gegen dagegen sein, dass Alternative x dem Gemeinwohl entspricht. Wie man sieht, ist die Konsensusf�higkeit, um die es hier geht, nicht dasselbe wie ein Abstimmungsverfahren nach dem Prinzip der Einstimmigkeit. Aus der Argumentation �ber das allgemeine Beste ergeben sich �berzeugungen der Individuen hinsichtlich des Gemeinwohls, jedoch bewegen sich diese �berzeugungen auf der Ebene der inhaltlichen Richtigkeit. Dies ist noch nicht automatisch auch das sozial Verbindliche. Dazu bedarf es besonderer institutioneller Aktivit�ten. So k�nnen die �berzeugungen der Individuen unterschiedlich bleiben, weil z.B. mehrere Ansichten zum Gemeinwohl rational vertretbar sind aufgrund unterschiedlicher empirischer Annahmen �ber die Auswirkungen bestimmter Handlungen. Die inhaltliche Diskussion dar�ber, ob eine bestimmte Norm dem Gemeinwohl entspricht, kann deshalb auch stellvertretend gef�hrt werden, indem man in Bezug auf die Interessenlage von Einzelnen oder Gruppen bestimmte Annahmen macht. Dies entsch�rft etwas die von Abrazo betonte Problematik, dass es Lebensverh�ltnisse gibt, unter denen sich ein Mensch derartige Fragen weder stellen will noch kann. Es gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- ich hatte geschrieben, dass der Begriff des allgemeinen Wohls eine normative Bedeutung f�r das Handeln der Einzelnen hat. Das, was dem allgemeinen Wohl dient, ist grunds�tzlich zu verwirklichen, auch wenn es dem Einzelnen keinen Vorteil bringt sondern f�r ihn eine Einschr�nkung bedeutet. Ich hatte jedoch die Unterscheidung zwischen zwei Ebenen gemacht: Erstens der Ebene der inhaltlichen Richtigkeit. Hier ist der inhaltliche argumentative Streit angesiedelt, ob ein bestimmtes gemeinsames Handeln dem allgemeinen Wohl dient oder nicht. Dabei treten all die Probleme auf, die auch bei der Entscheidungsfindung zum eigenen Wohl eine Rolle spielen (Prognose von Folgewirkungen, Absch�tzung von Wahrscheinlichkeiten, Bestimmung des Bereichs der verf�gbaren Alternativen, Gewichtung und Abw�gung von Interessen u.a.m.). Hinzu kommen die besonderen Probleme einer kollektiven Entscheidung, insbesondere die interpersonale Gewichtung und Abw�gung von Vor- und Nachteilen f�r die Einzelnen. Zweitens der Ebene der sozialen Verbindlichkeit. Hier wird der �endlose Streit der Gelehrten� verlassen und es werden �N�gel mit K�pfen� gemacht. Angesichts eines konkreten Problems wird eine einzelne Entscheidung oder eine generelle Norm als verbindlich �gesetzt�. Dazu m�ssen Verfahren der Normsetzung institutionalisiert werden (Regierungen, Gerichte, Eigentumsrechte, Befehlsbefugnisse, Entscheidungsgremien, Vertr�ge etc.). Die Verfahren der Normsetzung greifen dabei auf die inhaltlichen Diskussionsergebnisse zur�ck und stehen weiterhin unter dem Anspruch der Gemeinwohlorientierung. Die Bestimmung des Gemeinwohls geschieht nach diesem Verst�ndnis auf der Ebene der inhaltlichen Richtigkeit. Die Probleme des praktischen Handelns (Zeitdruck, beschr�nkte Ressourcen, Informations- und Entscheidungskosten) spielen keine Rolle. Die theoretische Diskussion geschieht also �handlungsentlastet�. Das Gemeinwohl ist zwar der Orientierungspunkt des individuellen Handelns und der verfahrensm��igen Normsetzung, aber den �berzeugungen der Einzelnen vom Gemeinwohl kommt keine unmittelbare Verbindlichkeit f�r das Handeln zu. Dazu bedarf es eines kollektiven Entschlusses. Ohne die Unterscheidung zwischen den zwei Ebenen der inhaltlichen Richtigkeit und der sozial gesetzte Verbindlichkeit und ohne Analyse des Spannungsverh�ltnisses zwischen beiden Ebenen kann m.E. keine brauchbare normative Theorie des Gemeinwohls entwickelt werden. Ich bitte um Nachsicht f�r diese zugegebenerma�en recht abstrakt geratenen theoretischen Er�rterungen und hoffe auf eine Konkretisierung anhand von Beispielen. Bis dann gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- ich gehe einmal von einer Gemeinschaft aus, die im Sinne des Gemeinwohls handeln will. Angenommen, es w�rde innerhalb dieser Gemeinschaft immer wieder zu Konflikten kommen, weil sich Mitglieder der Gemeinschaft durch L�rm in ihrer Nachtruhe gest�rt f�hlen. Weiterhin sei angenommen, dass allen Mitgliedern ein ungest�rter Nachtschlaf wichtiger ist als die M�glichkeit, zu n�chtlicher Zeit T�tigkeit nachzugehen, die mit lauten Ger�uschen verbunden sind. Das hei�t, dass es f�r alle besser w�re, wenn die n�chtliche Ruhe eingehalten w�rde. In diesem einfach gelagerten Fall k�nnte man sagen, dass die Einhaltung einer solchen Norm dem Gemeinwohl entspricht, weil sie f�r alle besser ist als der ungeregelte Zustand. Da die Menschen zwar verschieden sind, aber da es auch vieles gibt, was allen Menschen gemeinsam ist, gibt es zahlreiche Regelungen, die f�r alle einzelnen vorteilhaft sind. In diesem Fall � auch nur in diesem Fall � l�sst sich das Gemeinwohl durch die Anwendung der Goldenen Regel bestimmen: �Was du nicht willst, das man dir tu, das f�g auch keinem andern zu!� Diese Regelungen, die unter normalen Bedingungen und in der ganz �berwiegenden Zahl der F�lle dem Wohle aller Einzelnen und folglich auch dem Wohle der Allgemeinheit dienten, machen den Grundbestand der �blichen, von Generation zu Generation weitergegebenen Moral aus. In traditionellen Gesellschaften, in denen der Einzelne noch abh�ngiger war von seiner sozialen Umgebung, reichte f�r die Durchsetzung solcher Normen die moralische Verachtung der Mitmenschen gegen�ber demjenigen, der diese Normen verletzte. Ein besonderer Apparat von Polizei, Gerichten und Strafvollzugsanstalten war dort nicht n�tig, wo jeder jeden kannte und wo jeder auf sein soziales Ansehen achten musste, weil davon sehr viel f�r ihn abhing. Es gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Eberhards #58 stimme ich zu. Philoschall, die Thesen Huntingdons und Fukuyamas kann man imho getrost auf den M�ll werfen. Nach wenigen Jahren hat sich erwiesen, dass die USA das meist gehasste Land der Erde sind, als Kultur ein Negativbeispiel f�r eine Entwicklung, die man auf keinen Fall einschlagen m�chte - und auch die F�higkeit, sich mit Gewalt durchzusetzen, hat sich als �u�erst begrenzt erwiesen. Mit anderen Worten: eine Seifenblase. die Zustimmung aller Einzelnen muss m�glich sein Dieser kleine Halbsatz erscheint mir sehr wichtig. Was hei�t, die Zustimmung muss m�glich sein? Nehmen wir als Beispiel unser Grundgesetz. Es ist von einer kleinen Gruppe entwickelt und niedergeschrieben worden und von einer weiteren kleinen Gruppe beschlossen worden. Ich habe bisher noch niemanden getroffen, der dem Grundgesetz nicht zugestimmt h�tte. Einw�nde kamen stets aus formalistischer Richtung: es sei nicht in einer Volksabstimmung abgesegnet worden. Nie aber inhaltlicher Art. Das Grundgesetz war also zum Zeitpunkt, als es niedergeschrieben wurde, offenbar ein Normenkatalog, zu dem Zustimmung m�glich war. Das hat eine Konsequenz: eine Ablehnung im Konsens erscheint mir unm�glich. Vergleichen wir das mit Huntingdon und Fukuyama, oder auch mit dem islamischen Staatsideal. Ich will nicht ausschlie�en, dass die Zustimmung zu diesen Vorstellungen in einer Gesellschaft m�glich ist. Global aber ist sie unm�glich. Global k�nnte eine 'Zustimmung' nur mit Gewalt erreicht werden, doch auch das ist so gut wie ausgeschlossen. Daraus folgt die These, dass ein entwickelter Normenkatalog nur dann das Papier wert ist, auf dem er steht, wenn die Zustimmung zu diesem Normenkatalog in der sozialen Gruppe, f�r die er gelten soll, grunds�tzlich m�glich ist. Die M�glichkeit der Zustimmung kann man aber m.E. nicht von den individuellen Interessen abh�ngig machen (jedenfalls nicht bei gr��eren sozialen Gruppen), vielmehr ist sie abh�ngig von der Vereinbarkeit eines solchen Normenkataloges mit den im Zustimmungsbereich als g�ltig oder wahr angesehenen bestehenden Normen und Werten. So wird angenommen, dass kein Individuum einer Alternative zustimmt, zu der es andere verf�gbare Alternativen gibt, die f�r das betreffende Individuum besser sind, die also seinem individuellen Wohl mehr entsprechen. Setzt diese Auffassung nicht voraus, dass das Individuum keine Gemeinschaftsinteressen hat - und ist nicht diese Auffassung falsch? L�uft nicht der politische Streit eher in die Richtung, welche Alternative besser f�r die Gemeinschaft ist und ist nicht das individuelle Interesse daran relativ unbeteiligt, taucht nur auf in der Ber�cksichtigung der Interessen aller unter dem behandelten Aspekt gleichartiger Individuen? Ich bitte um Nachsicht f�r diese zugegebenerma�en recht abstrakt geratenen theoretischen Er�rterungen und hoffe auf eine Konkretisierung anhand von Beispielen. N�. Wieso? Is doch auch so klar. Denken wir mal an den Ausdruck 'politisch nicht durchsetzbar'. Gemeint ist damit eine Norm, die als inhaltlich richtig erkannt ist, die aber nicht befolgt wird. Woraus ich schlie�e, dass sie weder konsensf�hig noch richtig ist. Jetzt doch ein praktisches Beispiel: das Hundegesetz. Wird bei uns in weiten Teilen nicht befolgt. Das hei�t, die Junkie-Hunde sind weiterhin leinenlos in Gesellschaft ihrer Herrschaft auf der Domplatte anzutreffen, in den Vororten laufen Herr und Hund weiterhin ohne Leine �ber die B�rgersteigen und in Gr�nanlagen und Stadtwald l�uft kaum ein Hund angeleint herum. Das zu unterbinden ist aussichtslos. So viele Kontrolleure kann die Stadt gar nicht einstellen - und Anzeigen aus der Bev�lkerung gibt's so gut wie gar nicht, weil es die nicht st�rt. Wir haben hier also eine von einer Vielzahl Experten als inhaltlich richtig entwickelte Norm, die in etlichen Teilen mangels Zustimmung nicht durchsetzbar ist. Man sollte sich also keine Illusionen machen: eine theoretische inhaltliche Richtigkeit muss nicht notwendigerweise auch praktisch als inhaltlich richtig anerkannt sein. Dann n�mlich, wenn die Prinzipien, aufgrund derer die Normen entwickelt wurden (hier: gr��ere Hunde sind potentiell gef�hrlich), in der Gesellschaft f�r falsch befunden werden (Quatsch, der is nich gef�hrlich, den kennen wir doch). Also weitere These: es ist nur sinnvoll, Normen zu entwickeln, die bereits auf allgemein anerkannten Prinzipien beruhen (womit wir im Grunde wieder bei meiner Behauptung des Vorhandenseins eines zum Wesen des Menschen geh�renden ethischen Willens w�ren - gut, betrifft nicht notwendigerweise die Hunde :-), wohl aber etliche andere Normenkomplexe). Diese Regelungen, die unter normalen Bedingungen und in der ganz �berwiegenden Zahl der F�lle dem Wohle aller Einzelnen und folglich auch dem Wohle der Allgemeinheit dienten, machen den Grundbestand der �blichen, von Generation zu Generation weitergegebenen Moral aus. Hier m�chte ich ein Problem nur andeuten: sind diese Regelungen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienten, nicht abh�ngig von der Lebensform der Allgemeinheit? Ich denke hier an die alle-Jahre-wieder-kehrende Diskussion, ob und warum an Karfreitag und Allerheiligen die Discos geschlossen sein m�ssen - noch vor paar Jahrzehnten eine v�llig undenkbare Diskussion. Gr��e "Philoschall, die Thesen Huntingdons und Fukuyamas kann man imho getrost auf den M�ll werfen. Nach wenigen Jahren hat sich erwiesen, dass die USA das meist gehasste Land der Erde sind, als Kultur ein Negativbeispiel f�r eine Entwicklung, die man auf keinen Fall einschlagen m�chte - und auch die F�higkeit, sich mit Gewalt durchzusetzen, hat sich als �u�erst begrenzt erwiesen. Mit anderen Worten: eine Seifenblase." Abrazo & Hund Abrazo, leider stellst Du das Unwichtigste aus meinem Beitrag - mit einer Wertung auf die ich nicht eingehen werde - heraus. Wichtiger, und das versuchte mein letzter Beitrag, ist die von Eberhard gestellte Frage nach Gemeinwohl und Individualwohl in Zusammenh�nge zu bringen, die von Dir hier bereits angesprochen worden. "Hier m�chte ich ein Problem nur andeuten: sind diese Regelungen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienten, nicht abh�ngig von der Lebensform der Allgemeinheit?" Abrazo & Hund "Lebensform der Allgemeinheit?" ? Die Zusammenf�hrungen von Menschen unterschiedlicher Herkunft auf staatsrechtlich begrenzter R�umlichkeit, deren unterschiedlich strukturierte Lebensausrichtungen nicht mehr ausschlie�lich durch Nationalstaatlichkeit organisiert werden, bedingt einen gravierenden Begriffswandel des Politischen, der auch bei der Behandlung des Gemeinwohles ber�cksichtigt werden kann. Theorie, demokratisches Ideal: Politische Repr�sentanten transnationalen Staatsgef�ges sowie deren "nationale" W�hlerschaften sind Tr�ger jener transnationalen Gesetzlichkeit, mit der das herausgestellt wird, was allen Menschen ihr Gemeinsames ist. Transnationale Gesetzlichkeit, d.h. nicht mehr (nur) im Rahmen des Nationalstaates auftretende Gesetzlichkeit gibt die Regel gesellschaftlicher Handlungen her. Politische Repr�sentanten, da diese nicht mehr kulturelle Unterschiede zum Ma� gesellschaftlicher Handlungen erheben, setzen sich ins Verm�gen, Recht auf ver�nderter Grundlage zu definieren und zu praktizieren: Transnationales Recht sowie das "nationale" Handeln ist stimmig, wenn nicht mehr die kulturellen Unterschiede der Zusammengef�hrten das Auschlaggebende darstellen. Dass den "nationalen" Repr�sentanten Gemeinsame, eben dass die Gleichheit verb�rgende transnationale Recht, gibt die Richtlinie "nationalen" Handels ab. - Die Frage nach dem Allgemeinwohl verschiebt sich; auschliesslich im Rahmen von Nationalstaatlichkeit kann diese nicht mehr beantwortet werden. Dass von kultureller Vielfalt, dass von bisheriger b�rgerlicher Nationalstaatlichkeit abstrahierte, d.h. das transnationale Recht soll jene Rechtsordnung darstellen, mit der "nationale" Gesellschaft geformt wird. Der Alltag, gesellschaftliche Lebenspraxis, lehrt das genaue Gegenteil: Unterschiede der auf staatlich begrenzter R�umlichkeit sich "begegnenden" Lebensweisen werden von ihren Tr�gern herausgestellt; die Zusammengef�hrten entfalten sich nicht in jenem globalen Rahmen b�rgerlich verschlankter Staatsgesetzlichkeit, mit dem die rechtliche Gleichheit der Menschen jenseits von "nationalen" 'Eigenschaften' favorisiert wird. Folge des nicht von diesen Tr�gern mitgetragenen globalen Ideals: Mit einem Schlagwort bezeichnet; gesellschaftliche Parallelwelten entstehen, denen mit von transnationaler Gesetzlichkeit bedingter, d.h. verschlankter Staatlichkeit, etwa mit Bildungsprogrammen, begegnet wird. Dass Interesse jener gesellschaftlichen Gruppen erreicht nicht mehr jene liberal-global ausgegebene Gleichheit, die bereits seit Jahrhunderten staatsrechtlich-formal, jedoch im Rahmen der Nationalstaatlichkeit ausgegeben und jene Interessen vermochte zu integrieren, bezw. nationalstaatlich auszugrenzen. Jede dieser gesellschaftlichen Gruppen erhebt den Anspruch, ihr Interesse sei das Richtige, mit dem Allgemeinwohl favorisiert wird. Solange derart strukturierte gesellschaftliche Gruppen liberale Gesetzlichkeit - und im sogenannten globalen Zeitaler wird das nicht mehr gelingen - nicht auf die Ebene ihres absolutgesetzten Individualwohles heruntergezogen, solange wird dieses Einzelinteresse auch nicht als rechtlich-verbindliches Gemeinwohl umgesetzt und praktiziert. Dass Verabsolutieren des Individualwohles wird jedoch auch dann praktiziert, wenn deren Tr�ger das von ihnen favorisierte Gemeinwohl weder im Rahmen des "nationalen", noch im Rahmen des globalen Rechts verm�gen durchsetzen. Die im "Nationalen" verbleibende mannigfaltige Konstruierung zwecks Ab- und Ausgrenzung, die nationalistische Herabsetzung des Menschen zum "Anderen" verbleibt innerhalb des Allt�glich-Moralischen, d.h. die Macht die hier gesellschaftlich ge�bt wird, vermag nicht mehr die "national-verbindliche" Rechtstaatlichkeit - da diese verschlankt auftritt - erreichen, dass Naturrecht vermag auch nicht - und diesen schon gar nicht - den Handlungsspielraum globaler Rechtsordnung erreichen. Dass zeigt, dass Gemeinwohl ohne der Lebensform der Allgemeinheit, Theorie bleibt. Zeigt aber auch, dass, wenn verabsolutierte Einzelinteresse herrschen, wenn Naturrecht herrscht, kein Allgemeinwohl umgesetzt wird. Allgemeinwohl wird in der repr�sentativen Demokratie umgesetzt, da die von unterschiedlichen Interessengruppen getragenen demokratischen Parteien aufgetreten. Dieser b�rgerlich-demokratische Staatsaufbau vermag, da hier unterschiedlich ausgerichtete gesellschaftliche Gruppen beteiligt sind, Allgemeinwohl organisieren. Die b�rgerliche Volks-Parteien-Praxis somit das damit demokratisch sich manifestierende Allgemeinwohl (deren staatliche Institutionen ... ) wird ausser Kraft gesetzt, wenn verschlankte Staatlichkeit bezw. wenn globales Recht aufgetreten, bezw. wenn das (gegen politische Theorie ala Abrazo - Hund kann nichts daf�r) was als Volk ausgegeben wird, ethisiert wird. B�rgerliches Staatswesen, mit in W�hlerschaften verankerten Volksparteien auftretend, vermag sich demokratisch legitimieren, vermag jedoch Wandlungen vollziehen, mit der demokratische Rechtsstaatlichkeit - wie bereits in Deutschland von 1933 bis 1945 vollzogen - ausser Kraft gesetzt wird. Die Rede vom Gemeinwohl tritt als Schein, als repr�sentative Demokratie zersetzendes Gerede auf: Das ausgegebene Individualwohl, nicht mehr ausschlie�lich �ber Nationalstaatliches, etwa Parteiwesen formiert, wird an jenes globale Ideal gekoppelt, deren Inhalt sich des Politischen entledigt zeigt, dass Welt-Marktgesetzlich strukturiert, "nationale" Handlungen regelt. Gru� philoschall
-------------------------------------------------------------------------------- vorweg eine Anmerkung: Soviel ich wei�, haben 1949 im Parlamentarischen Rat die Vertreter der Kommunisten und der Bayernpartei dem Grundgesetz nicht zugestimmt. Zu Deinen Einw�nden: Ich halte daran fest, dass eine Norm nur dann �richtig� (und das hei�t: richtig f�r alle) sein kann, wenn auch alle dies einsehen k�nnen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Individuen nicht nur �egoistische� Interessen haben. Ich will dies jedoch hier nicht weiter vertiefen, in der Hoffnung, dass das, was ich meine, im Folgenden noch etwas klarer wird. In meinem letzten Beitrag hatte ich den Fall (Schutz der Nachtruhe) er�rtert, bei dem die Einhaltung einer Norm f�r alle Mitglieder besser ist als ein nicht geregeltes Verhalten. Das Gemeinwohl entspricht in diesem Fall dem Wohl aller Einzelnen (weil sich alle in einer ann�hernd gleichen Lage befinden und alle ann�hernd gleiche Interessen haben). Eine Regelung kann nach meinem Verst�ndnis jedoch auch dann dem Gemeinwohl entsprechen, wenn diese Regelung nicht f�r alle Einzelnen mit einer Steigerung ihres Wohlergehens verbunden ist, sondern f�r bestimmte Einzelne auch eine Verringerung ihres Wohlergehens bedeutet. Es lassen sich hier die verschiedensten Regelungen denken: Z.B. ist das allgemeine Recht, private PKWs zu fahren, f�r Menschen, die kein Auto besitzen, eher nachteilig. �hnliches gilt f�r das allgemeine Recht, Hunde zu halten. Ich will als Beispiel die Entscheidung �ber den Standort einer M�lldeponie nehmen, die f�r die Anwohner immer mit L�rm- und Geruchsbel�stigung verbunden ist. Dabei nehme ich einmal an, dass eine zentrale M�lldeponie grunds�tzlich f�r alle besser ist als die Entsorgung des M�lls durch die einzelnen Haushalte. Aber f�r diejenigen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft die zentrale Deponie errichtet wird, bedeutet dies eine Verschlechterung ihres Wohlergehens. Welcher Standort entspricht nun am ehesten dem Gemeinwohl? Eine Antwort hierauf k�nnte lauten: Derjenige Standort f�r die M�lldeponie entspricht am ehesten dem Gemeinwohl, bei dem m�glichst wenig Menschen von deren unerw�nschten Auswirkungen betroffen sind. Ich will hier nicht auf alle denkbaren Komplikationen einer solchen Entscheidung eingehen. Ich will nur demonstrieren, dass im Sinne des Gemeinwohls auch eine Abw�gung zwischen Vorteilen f�r bestimmte Individuen und Nachteilen f�r andere Individuen erforderlich sein kann. �ber die methodischen Probleme einer solchen Abw�gung (u. a. ist dazu ein interpersonaler Nutzenvergleich n�tig) bin ich mir im Klaren. Trotzdem halte ich eine solche Anwendung des Gemeinwohlbegriffs f�r sinnvoll und unverzichtbar. Es gr��t Dich und alle Interessierten Eberhard. p.s.: Hallo Philoschall, da ich gr��te Schwierigkeiten habe, Dich und insbesondere Deine Kritik an meinen Vorstellungen zu verstehen, sehe ich mich auch au�erstande, auf Deinen Beitrag sinnvoll einzugehen. Schade. -------------------------------------------------------------------------------- Quote:Dass Interesse einer gesellschaftlichen Gruppe setzt sich verabsolutierend �ber jene liberale Gleichheit, die bereits staatsrechtlich-formal ausgegeben wurde und wird. Jede dieser Gruppen erhebt den Anspruch, ihr Interesse sei das Richtige, sie vertrete DIE Wahrheit - wenn dieser Anspruch noch erhoben wird - mit dem Allgemeinwohl favorisiert wird. das ist soweit ja noch in Ordnung, solange man sich, der erlaubten Durchsetzungsmittel bedient. Demokratisches Mehrheitsrecht ergibt zwangsl�ufig auch Ablehnung von Minderheitswillen. Quote:Diese Verabsolutierung von Einzelinteressen wird jedoch auch dann praktiziert, wenn deren Tr�ger das von ihnen favorisierte Gemeinwohl nicht als allgemeines, d.h. als verstaatlichtes Recht durchsetzen k�nnen. genau das ist undemokratisches Verhalten und genau hier ist die Wurzel der jahrelangen berechtigten Einwanderungsdebatten. Demokratie muss wehrhaft bleiben und auf ihrem staatlichen Gewaltmonopol beharren. Das Ideal einer multikulturellen Toleranz f�hrt zu ihrem Gegenteil, n�mlich zur Einschr�nkung der pers�nlichen Freiheit. "Es kann der Fr�mmste nicht in Frieden leben, wenn es dem b�sen Nachbarn nicht gef�llt". Quote:vermag jedoch jene Wandlung ins niedrig D�monische vollziehen, mit der nicht mehr liberale Rechtsstaatlichkeit, sondern Unrecht - welches Unrecht nicht als dieses, da im Gewand der Moral ... des "Allgemeinwohles" verk�rpernd auftretend - ins "Recht" gesetzt wird. Die Rede vom Gemeinwohl tritt als Schein, als b�rgerliche Demokratie zersetzendes Gerede auf. Der Spruch: "der Kl�gere gibt nach" begr�ndet ja u.U. die Herrschaft der Dummheit, nach der Emanzipation der Doofen erfolgt ja die Emanzipation der B�sen und man wundert sich schon gelegentlich dass gegen allgegenw�rtige Maffia weniger unternommen wird als gegen den Falschparker.
-------------------------------------------------------------------------------- ich habe diese Diskussionsrunde bewusst unter der Rubrik �Politische Philosophie� angesiedelt und nicht unter der Rubrik �Ethik�. Es geht mir hier um das Gemeinwesen, das Gemeinwohl, den Gemeinsinn � alles Worte, die etwas angestaubt klingen, die aber ein h�chst zeitgem��es Problem ansprechen: das Verh�ltnis der Einzelnen mit ihren spezifischen Interessen zur Allgemeinheit und den Institutionen, die diese Allgemeinheit verk�rpern. Dabei k�nnte der Eindruck entstehen, als sei das Wohl eines Menschen allein von �u�eren Gegebenheiten abh�ngig, vom Handeln der anderen und von der Verf�gung �ber Sachen. Dieser Ansicht bin ich jedoch nicht. Meiner Meinung nach h�ngt die Zufriedenheit eines Menschen zum gro�en Teil von ihm selber, oder genauer, von seinem Verh�ltnis zu sich selber ab. Es gibt Menschen, die praktisch alles haben, was man sich so w�nschen kann, und die trotzdem griesgr�mig und ewig unzufrieden durchs Leben gehen. Und es gibt Menschen, die von schweren Schicksalsschl�gen getroffen sind oder denen es nach �blichen Ma�st�ben �schlecht geht�, und die trotzdem nicht verlernt haben, sich an den sch�nen Dingen unserer Welt zu freuen. Dabei spielen die grundlegenden Einstellungen zu sich selber und zu den Mitmenschen eine wichtige Rolle. Unzufrieden und ungl�cklich bleibt derjenige, der sich Ziele setzt (oder sich von andern setzen l�sst), die er niemals erreichen kann, der von sich auf Gebieten besondere Leistungen erwartet, wo seine F�higkeiten und Begabungen eng begrenzt sind, und der sich keine Ziele setzt und keine Projekte verfolgt, die seinem Leben Sinn geben und ihm eine innere Befriedigung vermitteln k�nnen. Unzufrieden und ungl�cklich bleibt derjenige, der mit tief sitzenden Schuld- und Minderwertigkeitsgef�hlen heruml�uft, deren fr�hkindliche Herkunft aus mangelnder Mutterliebe oder Vaterliebe er nie bewusst aufarbeiten konnte. Unzufrieden und ungl�cklich bleibt derjenige, der aufgrund b�ser Erfahrungen mit Menschen in einen misstrauischen Egoismus fl�chtet. Solche Deformationen der eigenen Person tauchen alles in ein freudloses Grau. Wenn es einem Menschen dann gut geht, wenn sein Leben so ist, wie er es sich w�nscht, so kann dies Wohlergehen nicht nur durch die Befriedigung der vorhandenen W�nsche verbessern. Man kann dies Ziel auch dadurch erreichen, dass man sich mit diesen W�nschen auseinandersetzt, sie auf ihre Entstehung hin �berdenkt, sie daraufhin pr�ft, ob die damit assoziierten Befriedigungen tats�chlich eintreten, ob man sich damit nicht neue Probleme schafft etc. Wer sich so von manchen Eitelkeiten und fixen Ideen frei gemacht hat, lebt zufriedener und ist weniger abh�ngig von anderen und von den Wechself�llen des Lebens. Auch wenn diese Bedingungen eines zufriedenen Lebens nicht im Mittelpunkt dieser Diskussionsrunde stehen, sollte man sie im Hinterkopf behalten. In der Hoffnung, dass die Sonne das Novembergrau noch durchbricht, gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- aber sag mir bitte auch, was die geantwortet haben Philoschall, ich bin nicht interessiert an einer politischen Philosophie, die sich ausschlie�lich auf das Abendland oder gar auf Deutschland hin orientiert.
-------------------------------------------------------------------------------- on 11/20/05 um 23:27:29, Abrazo wrote:�h - Philoschall, w�rdest du mal bitte versuchen, das einem Iraner, einem Araber, einem Kolumbianer oder z.B. einem Vietnamesen zu erkl�ren? aber sag mir bitte auch, was die geantwortet haben Philoschall, ich bin nicht interessiert an einer politischen Philosophie, die sich ausschlie�lich auf das Abendland oder gar auf Deutschland hin orientiert. �h - ich aber, wir leben nun mal hier in Deutschland. -------------------------------------------------------------------------------- es gibt zwei Dinge, die mir in dieser Diskussion nicht gefallen. A: die Beschr�nkung auf die deutsche/europ�ische/abendl�ndische Sicht, die dann automatisch auf die ganze Menschheit bezogen wird, als k�nnten wir voraussetzen, dass unsere Lebens- und Denkart f�r alle Menschen verbindlich sei. Das ist m.E. unphilosophisch. Tatsache ist, dass Menschen in unterschiedlichen Kulturen und Lebensformen leben und dass unsere Kultur und Lebensform nur die einer Minderheit ist, eine unter vielen, die sich selbstverst�ndlich dem kritischen Dialog mit anderen Kulturen und Lebensformen zu stellen hat und dabei auch in Kauf nehmen muss, dass nicht alles so wahnsinnig toll und vorbildlich ist, wie manche es sehen, dass es durchaus auch berechtigte Kritik geben kann. Wer dazu nicht bereit ist, verweigert den Diskurs mit dem Ziel, einen friedlichen Konsens zu erreichen. B: der
extreme Individualismus, der zwar von vielen Abendl�ndern als gro�artige Errungenschaft hoch geprisen wird, den ich aber dennoch durchaus f�r kritikw�rdig halte. Extremer Individualismus hei�t, es wird ignoriert, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das au�er seinem pers�nlichen Wohlergehen noch jede Menge anderer W�nsche, Ziele und Interessen hat. Wer dies ignoriert, ignoriert einen wesentlichen Teil menschlichen Wollens und Strebens. Du, Eberhard, sprichst von der Nachtruhe als Norm. Aber warum soll sie eine Norm sein? Das ist doch wohl nur dann n�tig, wenn unsere Lebensform dies begr�ndet. Wenn wir tags�ber arbeiten, nachts schlafen und am Wochenende frei haben, dann sind es letztlich diese Bedingungen, die die Norm sachlich begr�nden. In Kulturen, in denen ein Gro�teil der Aktivit�ten bis in die sp�te Nacht verlegt werden, m�ssten die Normen ganz anders aussehen. Und auf Schichtarbeiter wird, da sie (noch) in der Minderheit sind, auch nicht viel R�cksicht genommen; geht auch gar nicht, weil man dann nicht mehr die Waschmaschine laufen lassen oder seinen Rasen m�hen k�nnte. Daraus folgt: die Voraussetzung f�r das Abfassen einer Norm ist der Wille, eine Norm zu errichten. Wie die dann ausgestaltet wird, folgt eher sachlichen Gr�nden. Die philosophische Frage - und das ist die Frage nach dem Gemeinwohl - ist doch die, warum wir �berhaupt solche Normen wollen sollten. Da kommen wir, f�rchte ich, mit dem Individualismus letztlich nicht unendlich weiter. Denn denkbar w�re auch zu sagen, wir brauchen keine solche Norm, wen der Krach st�rt, der soll sich doch auf eigene Kosten die Wohnung schallisolieren. Dann haben wir das sich von sozialen Bindungen und Verantwortungen isolierende Individuum, das Soziales nur noch als individuelles, von Fall zu Fall zu befriedigendes Bed�rfnis begreift und auf das Gemeinwohl pfeift - sofern es sich nicht auf �bergreifende Verwaltungsaufgaben beschr�nkt, wie die Ausgabe von Personalausweisen und die Instandhaltung von Autobahnen. Die Frage ist, ob wir das wollen. Die Frage nach der interpersonellen Nutzenabw�gung ist demgegen�ber zweitrangig. Nicht, weil sie unwichtig w�re - im Gegenteil, ich denke, auch damit sollte sich die Philosophie befassen - sondern weil sie nur dann sinnvoll ist, wenn man sich erst mal f�r das Vorhandensein von Gemeinwohldenken und Gemeinwohlzielen entschieden hat. Das Thema Zufriedenheit w�rde ich gerne vertagen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie tats�chlich so gro�e Bedeutung f�r das Individuum hat. Hier erinnere ich an Faust, der eine Ahnung von m�glicher Zufriedenheit erst bekam, als er an die eventuelle Trockenlegung eines Sumpfes dachte, w�hrend die Lemuren sein Grab gruben - und deswegen dem Mephisto doch noch abgeluchst wurde. Ist auch deutsches Denken, allerdings aus einer anderen Zeit, und das war vielleicht nicht die schlechteste. "Ach, sprach er, die gr��te Freud ist doch die Zufriedenheit." Das stammt wieder aus einer anderen Zeit, dem Biedermeier, und Wilhelm Busch lie� es Lehrer L�mpel sagen, kurz bevor - rumms - seine Pfeife los ging. Auch das Ziel Zufriedenheit erscheint mir also hinterfragenswert. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Nicht Desinteresse, sondern das "wirklich wahre Leben" hat mich abrupt aus dieser Diskussion gerissen. Mal sehen, ob ich mich wieder hineinarbeiten kann. Allerdings wird meine Zeit zum Philosophieren in den n�chsten Wochen begrenzt sein, es gibt viel zu tun - u.a. so etwas Kafkaeskes wie "Umzugsvorbereitungen auf dem Lande"... Gr�� Euch! zu Deinen Kritikpunkten: Woran machst Du die unzul�ssige �bertragung unserer Denkweise auf die ganze Menschheit fest? Ich lasse mich gerne von Menschen anderen Kulturen belehren, aber deswegen muss ich nicht von vornherein meine eigenen begr�ndeten Ansichten aufgeben. Deiner Ansicht, �dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das au�er seinem pers�nlichen Wohlergehen noch jede Menge anderer W�nsche, Ziele und Interessen hat� kann ich nur zustimmen und habe ich selber ausgef�hrt. Die Diskussion �ber die Belastung zuk�nftiger Generationen durch unsere heutige Lebensweise geht zum Beispiel �ber diesen individuellen Egoismus hinaus. Das Gebot der Nachtruhe war f�r mich nur ein f�r jedermann zug�ngliches Bespiel, um ein bestimmtes Verh�ltnis zwischen Gemeinwohl und individuellem Wohl zu diskutieren. Dass es Lebensformen geben kann, in denen eine andere Regelung des Schlafbed�rfnisses im Interesse der Menschen liegt, ist unbestritten. Die Frage nach dem Gemeinwohl ist Deiner Meinung nach die, warum wir �berhaupt solche Normen wollen sollten. Wenn die Frage gestellt wird: �Soll die Nachruhe gesch�tzt werden?�, so ist die Antwort: �Wir brauchen keine solche Norm! Wen es st�rt, der soll sich selber vor L�rm sch�tzen� selber eine Norm, denn was nicht verboten ist, ist erlaubt. Jeder kann dann um Mitternacht zu seinem Geburtstag B�ller und Raketen anz�nden so viel er will. Warum sollten wir dies nun verbieten? Meine Antwort: Die Freude der Wenigen am Feuerwerk wiegt die Schlafst�rungen (trotz Ohrstopfen) der Vielen nicht auf, insbesondere wenn praktisch jeden Tag jemand aus dem Wohnblock Geburtstag hat. Die Freigabe ist keine Norm, die dem allgemeinen Wohl entspricht. Warum soll man �berhaupt nach dem Gemeinwohl fragen und die Regeln des Zusammenlebens danach gestalten? Meine Antwort: Weil wir - ob wir es wollen oder nicht � uns immer gegenseitig in die Quere kommen werden (schon als sexuelle Wesen mit starken Interessen am andern Geschlecht) und weil es mir besser erscheint, nicht per Fausthieb oder per Furcht vor dem drohenden Fausthieb zu entscheiden, wer jeweils bestimmt, wo es lang geht und wer zuerst geht. Es gr��t Dich und alle Interessierten Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "das" ? Wovon redest du? "Philoschall, ich bin nicht interessiert an einer politischen Philosophie, die sich ausschlie�lich auf das Abendland oder gar auf Deutschland hin orientiert." Abrazo & Hund Nein? Wenn das nicht eine leere Behauptung bleiben soll, bitte jene politische Philosophie, die nicht "ausschlie�lich auf das Abendland oder gar auf Deutschland hin orientiert" ist, darstellen. Vielleicht ist es m�glich, diesen Gedankengang dabei zu ber�cksichtigen?: "B: der extreme Individualismus, der zwar von vielen Abendl�ndern als gro�artige Errungenschaft hoch geprisen wird, den ich aber dennoch durchaus f�r kritikw�rdig halte." Dass wird sicherlich der Diskussion "Gemeinwohl und Wohl der Individuen" f�rderlich sein. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- " ... ich aber, wir leben nun mal hier in Deutschland." delfi Die Verabsolutierung von gesellschaftlichen Einzelinteressen im Rahmen liberaler Rechtsstaatlichkeit zeigte sich in Deutschland bereits in den Jahren 1933 -1945 mit dem Nationalsozialismus. In dieser Zeit manifestierte sich eine Problematik, die auch heute noch gegeben ist und, die u.a. wichtig bei der Behandlung des Allgemeinwohles ist. Die seit 1918 in Deutschland ausgegebene Politik gew�hrte die formal-rechtliche Gleichheit der Staatsb�rger. Dass Interesse der unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessengruppen entfaltete sich jedoch nicht im Rahmen der gesellschaftlichen Praktizierung des formalen-Rechtes der Liberalen Demokratie. 1933 wurde jenes Einzelinteresse ins "Staatsrecht" gesetzt, dass, auf Antidemokratisches, etwa Rassentheorie, Einheitspartei ...sich st�tzend, vermochte als Allgemeininteresse des deutschen Volkes aufzutreten. Bis 1945 wurde die deutsche Gesellschaft als "Volksgemeinschaft" ausgebaut, in der jene gesellschaftlichen Interessengruppen "rechtlich" ausgegliedert wurden, die auf der Ebene des Weimarer Parlamentarismus versuchten Politik durchzusetzen, die bis 1918, da die monarchistische Staatsform herrschte, nicht praktiziert werden konnte. Politische Parteien sind personell und inhaltlich von den jeweiligen Interessen bestimmt. Pauschal formuliert: Diejenigen, welche die privatwirtschaftliche Eigentumsordnung, da diese besitzend, verteidigen (lassen). Diejenigen, welche an den Einrichtungen der Privaten Eigentumsordnung, etwa dem Parlamentarismus, als Gestaltende mit dem Anspruch teilnehmen, die Ausgestaltung der Gesellschaft nicht auschlie�lich den Kr�ften des Marktes zu �berlassen, sondern Gesellschaft als soziales Gemeinwesen auszubauen. Parteibildungen, deren Programatik nicht aus dem Haben und der parlamentarischen Teilnahme an diesem Ordnungsgef�ge resultiert, sondern aus dem Begehren daran teilzunehmen bezw. diese Ordnung zu st�rzen und in ihrem Interesse zu formen. Erstere Parteibildung ist die liberale, zweitere die Sozialdemokratische, in der dritten werden sich jene finden, die als Opposition auftreten. Politische Theorie, die mit dem Anspruch auftritt, nicht nur "auf das Abendland oder gar auf Deutschland hin orientiert" zu sein, k�nnte sich beispielsweise von der Frage bewegen lassen, in welchen Allgemeinformen gesellschaftliche Interessen sich organisieren, deren Leitbild nicht der b�rgerliche Individualismus ist. Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- on 11/25/05 um 13:59:22, philoschall
wrote:......Diejenigen, welche die privatwirtschaftliche Eigentumsordnung, da diese besitzend, verteidigen (lassen). Diejenigen, welche an den Einrichtungen der Privaten Eigentumsordnung, etwa dem Parlamentarismus, als Gestaltende mit dem Anspruch teilnehmen, die Ausgestaltung der Gesellschaft nicht auschlie�lich den Kr�ften des Marktes zu �berlassen, sondern Gesellschaft als soziales Gemeinwesen auszubauen. hi, philoschall, ich vermisse
eine Wertung deiner politischen Analyse: Salve [skater] -------------------------------------------------------------------------------- " ... die Einteilung in besitzend und nicht besitzend ist mir einfach zu klassenk�mpferisch, sie wird der Realit�t unserer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft nicht gerecht." delfi Die von mir hier vorgetragene Einteilung wird erst dann klassenk�mpferisch ausgedeutet, wenn das Interesse derjenigen politischen Interessengruppe, welche den gegebenen Zustand revolution�r st�rzen will, favorisiert wird. Diese Ausdeutung der parteipolitischen Sph�re ist lediglich eine von mehreren, die diese Einteilung erm�glicht. Realit�t ist, dass die Produktionsmittel privatwirtschaftlich organisiert sind, dass die vom Lohnabh�ngigen geleistete Arbeit entsprechend geregelt wird. Mit den Parteiengef�ge vollzieht sich Politik im �ffentlichen Raum der Medien ..., - die Organisation der Wirtschaft dagegen bleibt diesem Raum entzogen. "F�r mich ist es schwer nachvollziehbar dass dieser abh�ngige Teil im ge�usserten Selbstverst�ndnis des westlichen B�rgers (Individualismus) gerade zu geleugnet, ausgeklammert und verdr�ngt wird. Im Streben zur Selbstverwirklichung oder Emanzipation von allem und jedem wird das unabh�ngige Individuum verherrlicht, das nicht existiert." Die von Dir sogennannte "Abh�ngigkeit" wird nicht "geleugnet, ausgeklammert und verdr�ngt." Diese ist vielmehr die materialistische Grundlage der Dynamik der Demokratie, mit der auch die Anh�nger liberaler Demokratie auftreten, denen die von ihnen ausgegebenen Abh�ngigkeiten gar keine sind. Dass b�rgerlich-verabsolutierte Individuum ist die theoretische Ausrichtung - der Ausgangs und Endpunkt, der Dreh- und Angelpunkt der b�rgerlichen Emanzipation von der mittelalterlichen Feudalherrschaft bis heute - mit der die Praxis der Privatwirtschaftsordnung einhergeht. Mit dieser Ausrichtung werden immer noch Ideen favorisiert, die der von dieser Privatwirtschaftsordnung geschaffenen Wirklichkeit der Alltagspraxis, etwa des Staatsb�rgers als Konsument des Warenmarktes, entgegenstehen. Die Annahme, dass jeder Staatsb�rger im Sinne des liberal ausgegebenen sich tats�chlich verwirklichen soll, beruht auf der weitverbreiteten Fehleinsch�tzung, deren Ideengehalt im Politischen f�r bare M�nze zunehmen. Die Einl�sung der verabsolutierten Idee des b�rgerlichen Individualismus w�re nicht nur die Besiegelung der Abschaffung der politischen Parteien. Klappern geh�rt zum Handwerk. Der von Dir angef�hrte freie Markt und deren angedeuteten Wirkungen auf den Staatsb�rger als Konsument l�sst sich im Sinne des Verbrauchers nur regeln, wenn der Staat einen "Unterbau mit sinnvollen Regeln etwa des Nahrungsmittel- Arzneimittel- und Produkt-Haftungsrechtes." organisiert. Dass sind Z�ge jener postmodernen Industriestaatlichkeit, der einer Politik geblieben ist die vor dem Umbau der Wirtschaft resignierend, den industriell-vergesellschafteten Staatsb�rger als Konsumenten favorisiert - darauf reduziert? Diese Verbraucher-Staatspolitik ist eine postmoderne Spielart mit der die parteipolitischen Interessen von Volksparteien und Oppositionsparteien so bedingt werden, dass diese ausser Gefecht gesetzt werden. Nicht parteipolitische Einzelinteressen tragen zur Ausgestaltung der Gesellschaft bei, diese werden von Marktgesetzlichkeit sowie "verschlanker Staatlichkeit" ausgeblendet. "Es ist daher die technologisch fortgeschrittene Industriegesellschaft alleine, die eine sehr kompetente staatliche Ordnungsmacht erfordert. In weniger entwickelnder L�ndern ist diese ins Detail gehende Regelung zunehmend entbehrlich, weshalb m�glicherweise �berlebenshilfe noch st�rker in kleinen Gemeinschaften, insbesondere im Familienverbund zu leisten ist." delfi Global auftretende Konzerne lassen sich die Grundlagen f�r die Umsetzung ihrer privatwirtschaftlichen Interessen in den Industriegesellschaften mittels "verschlankter Politik" schaffen. In weniger industriell entwickelten Gesellschaften wird der im Westen weiterhin ausgebenene verabsolutierte Individualismus ebenfalls favorisiert. Die praktische Aufgabe, die diese Idee im Politischen erf�llt ist jene, die im Abendland seit der b�rgerlichen Revolution favorisiert wird: nicht-b�rgerliche Lebensweisen im Namen der Gleichheit ..., getragen von priviligierten Gesellschaftsschichten, aufzul�sen. Abendl�ndische Postmoderne versucht das in aussereurop�ischen L�ndern einzuholen, damit die Kolonialisierung �berholend, was bereits im Abendland seit Jahrunderten staatspolitisch praktiziert wird: nicht-demokratisierte Gesellschaft im Sinne der Privatwirtschaft umzubauen. "Man k�nnte aus dieser Sicht beim modernen Industriestaat von einem �bergang famili�rer Gemeinschaftsfunktionen auf den anonymen Staat sprechen. Ich sehe in dieser soziokulturellen Diskrepanz die Hauptschwierigkeit einer allumfassenden globalen Verhaltensethik." Ist aussereurop�isch das umgesetzt, was bereits mit dem verabsolutierten Individualismus in den Industriegesellschaften seit Jahrhunderten demokratisch praktiziert wird, w�rde dort ebenfalls die oben vorgetragene Einteilung gesellschaftlicher Interessen und deren parteipolitischer Organisierung greifen. Weder die Wirtschaftsorganisierung in USA noch Asien weisen jedoch die gesellschaftlichen Muster auf, die etwa mit dem abendl�ndisch-individualisierten Parteiengef�ge aufgetreten. Nicht auszuschliessen, dass die seit der Neuzeit im Abendland aufgetretene Wirtschaftsorganisierung den �ffentlichen Raum der Industrievergesellschaftung so ausgestalten l�sst, dass der Staat im Rahmen globaler Marktgesetzlichkeit bereits entindivudalisierte Z�ge praktizierte. Die ALLT�GLICHE LEBENSPRAXIS DER VIELEN - in der der theoretisch verabsolutierte Individualismus eine andere Funktion erf�llt, als dieser f�r deren Wenigen Protagonisten erf�llt - wurde in Deutschland bereits von 1933 bis 1945 entindividualisiert. Die ENTINDIVIDUALISIERUNG DER VIELEN wird bereits in den Industriegesellschaften seit l�ngerem mit dem R�ckbau der sozialen Marktwirtschaft praktiziert. Mit der Demontage die dem �ffentlichen Gemeinwesen dienenden staatlichen Strukturen, geht die Entindividualisierung s�d- und mitteleurop�ischer Massen-Vergesellschaftung einher. Die s�d- und mitteleurop�ische Ann�herung an jene aussereurop�ischen Vielen und nahosteurop�ischen Vielen des EU-Wirtschaftsraumes deren "Bindungsf�higkeit" nicht aus Parteiengef�ge resultiert, deren individuelle Entfaltung mit der repr�sentativen Demokratie sich nicht manifestiert, ist auf dem Weg gebracht. Die "Bindungsf�higkeit" der s�d- und mitteleurop�ischen Vielen wurde bereits nachhaltig umgepolt: diese resultiert zunehmend aus der von der Sozialstaatlichkeit entkernten Wirtschaftsorganisierung, die den Gewendeten nun als Glied der von dieser Wirtschaftsordnung bedingten Schicksalsgemeinschaft erscheinen l�sst. �ffentliche Normen sozialen Gemeinwesens, in der weite Gesellschaftsschichten sich wiederfanden, werden im Sinne der Privatisierung demontiert; industrielle Gesellschaften werden entindividualisiert, wenn deren �ffentliche Strukturierungen privatisiert werden, wenn staatliche Regelung auf den "Nachtw�chterstaat" reduziert wird, der im Inneren die Ruhe und Ordnung organisierend, auftritt. W�re die "Hauptschwierigkeit einer allumfassenden globalen Verhaltensethik" - jedenfalls von der Seite des EU-Wirtschaftsraumes! - �berwunden, wenn der Industriestaatlichkeit gelungen, die s�d-, mittel- und mitteleurop�ischen Vielen so mitzunehmen, dass diese Mittr�ger des "verschlankten Staates" geworden? Mit diesem praktischen Entindividualisierungsprozess S�d- und Mitteleuropas geht der Liberalismus bereits jenen Weg der Ann�herung, der f�r die Vielen des EU-Wirtschaftsraumes die Ankoppelung an den nicht erst zu entindividualierenden Gesellschaftsraum aussereurop�ischer Wirtschaftsstandorte, etwa jenes Chinas, bedingt. Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- also, ich hab doch extra f�r dich einen dicken Strich zwischen meine allgemeinen Bemerkungen und meine Bemerkungen auf dein Posting gemacht! :-) Irgendwie scheinen wir an einem toten Punkt angekommen zu sein. Ich kann sagen, wir leben in einer bestimmten Lebensform, die, damit sie funktioniert, bestimmte Sachzw�nge zur Folge hat, wie die ungest�rte Nachtruhe. Das kann jeder vern�nftige Mensch einsehen - nur, ist das ein Thema der Philosophie? Die Sache l�sst mich unbefriedigt zur�ck. Vielleicht verstehe ich auch nicht richtig, was du willst. Aber vielleicht f�hrt das Stichwort Sachzwang weiter. Lassen wir uns vielleicht von Sachen zwingen, die wir selbst geschaffen haben und die uns eigentlich gar nicht zwingen k�nnen? K�nnte es eventuell sein, dass der Sachzwang das Gemeinwohl ersetzt, so dass es deswegen - scheinbar - unmodern geworden ist? Sachzwang ist eine Frage der Notwendigkeit. Gemeinwohl eine Frage des Willens. Wenn ich mich Sachzw�ngen unterworfen sehe, ist mein Willen belanglos. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Gru�[/quote] Hallo Abrazo! -------------------------------------------------------------------------------- Sachzw�nge entstehen also nicht von selbst, sondern werden von
Personen - durchweg bewusst und willentlich - hergestellt. Wenn ich sage, in unserer Lebensform wird tags�ber gearbeitet, dann ist die Einhaltung der Nachtruhe ein Sachzwang. Dass sie das ist h�ngt aber ab von der Lebensform. Andere Lebensformen ziehen andere Sachzw�nge nach sich; im Verh�ltnis zur Lebensform ist der Sachzwang hier also eine abh�ngige Variable. Problematisch wird die Sache dann, wenn eine Gesellschaft abh�ngige und unabh�ngige Variable verwechselt. Dies ist imho bei Wirtschaftsfragen der Fall. Die Wirtschaft wird oft als quasi vom Menschen unabh�ngige Wesenheit begriffen, deren Sachzw�ngen der Mensch unterworfen ist wie dem Wetter. Ich halte nicht viel davon sich zu �berlegen, wie es denn sein sollte, ohne erst mal zu pr�fen, wie es denn ist. Was ist, sind vielfach Denkfehler. Dinge, die f�r selbstverst�ndlich gehalten werden (wir m�ssen uns wirtschaftlichen Zw�ngen unterwerfen), die gar nicht selbstverst�ndlich sind, sondern von bewussten oder unbewussten (tradierten) Willensentscheidungen abh�ngig sind, die man erst mal ans Tageslicht bef�rdern muss. Tut man das nicht, muss man n�mlich mit der Reaktion rechnen, is ja ganz nett, was du da sagst, blo�, die Verh�ltnisse, die sind nicht so. In diesem Zusammenhang ist imho auch der extreme Individualismus zu sehen; da sehe ich mich gar nicht so weit entfernt von Philoschall. Humankapital besteht aus einer Menge von Individuen, die mehr oder minder beliebig zwecks Produktivit�t einsetzbar sind. Tats�chlich sind sie das nicht, weil sie in einen sozialen Kontext eingebunden sind. Hier dem wirtschaftlichen Sachzwang Priorit�t einzur�umen f�hrt zu nicht-artgerechter Menschenhaltung. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Sachzw�nge entstehen also nicht von selbst, sondern werden von Personen - durchweg bewusst und willentlich -
hergestellt. Einverstanden! Aber: Was sind denn nun die "nat�rlicherweise bestehenden Sachzw�nge"? Die Notwendigkeit der Fl�ssigkeitsaufnahme halte ich nicht f�r einen "Sachzwang", sondern f�r einen Trieb, der einem elementaren k�rperlichen Bed�rfnis des Menschen entspricht. Ein Trieb ist nicht einfach eine "Sache". Ob die Natur �berhaupt "Zwang" aus�bt, wage ich zu bezweifeln. Die Natur ist, wie sie ist, d.h. wie sie sich in Jahrmilliarden der Evolution entwickelt hat. Hier den eher b�rokratischen Terminus "Sachzwang" zu verwenden, halte ich nicht f�r ad�quat, auch wenn gelegentlich z.B. statt vom 'Harndrang' vom 'Harnzwang' die Rede ist... [grin] Im �brigen, wie gesagt, durchweg
(d.h.: gr��tenteils) einverstanden! Ist die Nachtruhe ein philosophisches Thema? Wohl kaum, aber es ist ein philosophisches Thema, wenn es um die Frage geht, wie man f�r oder gegen eine bestimmte Regelung oder auch Nicht-Regelung zum Schutz der Nachtruhe argumentieren kann. Ich habe ja Dein Beispiel aufgegriffen. Du hattest jahrelang unter dem fr�hlichen Treiben in der Mensa nebenan zu leiden. Die Studenten hatten Spa� an ihren Feten und Du wolltest schlafen. Es gab einen Widerspruch zwischen dem, was f�r die Studenten gut war, und dem, was f�r Dich gut war. Die philosophische Frage ist: Wie k�nnen Menschen mit dem (guten) Willen zur Einigung in einem solchen Fall argumentieren? Was ist angesichts der miteinander nicht zu vereinbarenden Willensinhalte das gemeinsame Interesse? Welche L�sung des Konflikts entspricht einem Gemeinwohl, das auch allgemein akzeptabel, also konsensf�hig sein sollte? Es gr��t Dich und die ganze Runde Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Die philosophische Frage ist: Wie k�nnen Menschen mit dem (guten) Willen zur Einigung in einem solchen Fall argumentieren? Vielleicht m�ssten wir noch mal auf den guten Willen zur�ck gehen. Wenn einer sagt, ich bin f�r Liberalit�t, jeder hat die Freiheit, seine Behausung schalldicht zu machen und jeder hat das Recht, zu l�rmen wie er will: k�nnen wir dann tats�chlich von mangelndem guten Willen zur Einigung sprechen? Wenn einer sagt: will ich nicht, mag ich nicht, gef�llt mir nicht, ok. Aber wenn einer sagt, ich vertrete andere Grundprinzipien? Was ist angesichts der miteinander nicht zu vereinbarenden Willensinhalte das gemeinsame Interesse?
-------------------------------------------------------------------------------- Die Notwendigkeit der Fl�ssigkeitsaufnahme halte ich nicht f�r einen "Sachzwang", sondern f�r einen Trieb, der einem elementaren k�rperlichen Bed�rfnis des Menschen entspricht. Die Natur zwingt nicht? Insofern nicht, als dass sie keine selbst�ndig agierende Wesenheit ist. Aber die lebensnotwendigen Bed�rfnisse sind Zw�nge, und zwar die st�rksten, die es f�r Menschen �berhaupt gibt - denn wenn man ihnen nicht folgt, folgt der Tod. Und ich halte es f�r ausgesprochen n�tzlich, wenn man alle anderen tats�chlichen oder scheinbaren Zw�nge an diesen nat�rlichen Zw�ngen misst; das relativiert n�mlich. Auf Literatur und Poesie nehme ich in der Philosophie keine R�cksicht. Wir nennen etwas so und ich gucke mir an, was das ist, das wir so nennen. Wenn ich dabei feststelle, etwas ist gleich, dann weise ich auch mit dem gleichen Namen auf die Gleichheit hin. Woraus sich dann die nicht uninteressante Frage ergibt, wieso wird die 'Freisetzung' von Arbeitskr�ften ebenso zwingend genannt wie die Beschaffung von Zelten f�r Pakistan? Gru� -------------------------------------------------------------------------------- wenn jemand eine Position vertritt hinsichtlich der Frage, wie ein bestimmter Konflikt zu regeln ist, und wenn er diese Position gegen�ber beliebigen anderen �also allgemein � vertritt, und wenn er diese Position nicht nur behauptet sondern sich dem Anspruch stellt, diese Behauptung durch intersubjektiv nachvollziehbare und �bernehmbare Argumente einzul�sen (was bedeutet, dass er f�r die von ihm behauptete Position Gr�nde hat, die er den andern mitteilen kann und die f�r die andern ebenfalls Gr�nde sind), dann kann man ihm den �guten Willen�, den Willen zur zwangfreien Einigung, zum argumentativen Konsens nicht absprechen. Aus diesem Willen zur Einigung, zur Orientierung auf den Konsens lassen sich nun Kriterien f�r die G�te der Argumente gewinnen, indem man jeweils fragt: Kann dies Argument dazu beitragen, den Konsens zu erreichen oder bekr�ftigt es nur den Konflikt? Beispiele f�r konsensuntaugliche Argumente der Feten-Bef�rworter w�ren z. B.: �Der alte Griesgram g�nnt uns ja nur nicht unseren Spaߓ (Motivunterstellungen gehen auf die Argumente des andern nicht ein, sondern �unterlaufen� sie), �Uns bringt die Fete Spa� � und das ist f�r uns das Entscheidende� (Egozentrische Prinzipien verhindern einen Konsens), Beispiele f�r konsensorientierte und deshalb geeignete Argumente der Feten-Bef�rworter w�ren: �Solche Feste bedeuten uns sehr viel. Hier kann man sich kennen lernen und es sind zugleich die festlichen H�hepunkte des Uni-Lebens. Zum Beginn und zum Abschluss eines Semesters, also vier Mal im Laufe eines Jahres m�sste das deshalb f�r die Anwohner zumutbar sein.� �Denken Sie doch mal zur�ck, wie das war, als sie selber jung waren! Dann verstehen sie uns vielleicht etwas besser. Wir machen das doch nicht, um zu provozieren oder um Sie zu �rgern. Wenn man tanzen will, dann muss die Musik schon eine gewisse Lautst�rke haben.� W�hrend sich diese Argumente auf der Ebene der inhaltlichen Richtigkeit bewegen, gibt es andere Argumente, die sich auf diesen inhaltlichen Streit nicht einlassen, sondern die auf der Ebene der Verbindlichkeit von Normen argumentieren, die von anerkannten Institutionen gesetzt sind. Ein Beispiel f�r diese Art der Argumentation w�re: Ein solches Argument setzt die Anerkennung der bestehenden Verfahren der Normsetzung voraus. Gegen ein solches Argument, das sich auf der Ebene verbindlich gesetzte Normen bewegt, ist es deshalb auch unzul�ssig, rein inhaltlich von den Interessen der Beteiligten her zu argumentieren und zu fragen, ob es in diesem speziellen Fall richtig ist, die Fortsetzung der Fete zu gestatten oder nicht. Normsetzende Verfahren sind gerade deswegen notwendig, weil der inhaltliche Konsens h�ufig nicht � oder zumindest nicht rechtzeitig � erreicht wird. Deshalb kann man die Verletzung einer verbindlich gesetzten Norm auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass man diese Norm f�r inhaltlich (sachlich) falsch halte. Allerdings kann man die Verfahren der Normsetzung, also die Verfassung der Gesellschaft, ebenfalls in Frage stellen. Dabei muss man sich jedoch dar�ber klar sein, dass eine solche Haltung erheblich Konsequenzen hat, die letztlich bis zum offenen B�rgerkrieg gehen k�nnen. Mit Gr��en an die Runde Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "Ich halte nicht viel davon sich zu �berlegen, wie es denn sein sollte, ohne erst mal zu pr�fen, wie es denn ist. ... In diesem Zusammenhang ist imho auch der extreme Individualismus zu sehen; da sehe ich mich gar nicht so weit entfernt von Philoschall. Humankapital besteht aus einer Menge von Individuen, die mehr oder minder beliebig zwecks Produktivit�t einsetzbar sind. Tats�chlich sind sie das nicht, weil sie in einen sozialen Kontext eingebunden sind. Hier dem wirtschaftlichen Sachzwang Priorit�t einzur�umen f�hrt zu nicht-artgerechter Menschenhaltung." Abrazo Das wirtschaftliche Interesse ist das Auschlaggebende; dieses Interesse gibt seit der b�rgerlichen Revolution die, u.a. politisch-theoretischen Vorgaben f�r die gesellschaftlichen Felder ab, auf dem auch die Frage nach Sachzwang sowie menschlichen Willen - solange nicht, etwa in philosophisch-theoretischen Diskursen der Willensfreiheit verblieben wird - zum Austrag kommt. Mit der Entfaltung abendl�ndischer Naturwissenschaft, der damit verbundenen Technisierung auch der Arbeitswelt wird die industriale Ausgestaltung der betreffenden Gesellschaften praktiziert, deren (soziologische) Ausgestaltung beispielsweise mit der Anwendung oben angef�hrter Einteilung greif- somit begreifbar wird. Wirtschaftliches Interesse ist nicht daran orientiert, soziale Kontexte in ihrem jeweiligen Dasein zu belassen und zu akzpetieren - das ist aufgrund der b�rgerlich-technischen Expansion und des abendl�ndisch-politisch-theoretischen Ideengehaltes, des in mannigfaltigen Formen auftretetenden verabsultierten Individualismus, ausgeschlossen. Ausser- sowie Innereurop�ische Lebensweisen, die nicht der b�rgerlichen Existenz entsprechen, werden, u.a. mit politisch-theoretischen Vorgaben - deren Ideen stets um den verabsolutierten Individualismus kreisen - so geformt, dass diese, da in dem Sog des wirtschaftlichen Interesses gezogen, verwertbar werden. Liberale Demokratie ist die politische Ausgabe derjenigen wirtschaftlichen Interessengruppe, die, auch mit vom Geist in Politik herabgezogenen Ideen auftretend, jene gesellschaftlichen Ver�nderungen verschleiert-kultiviert, die mit den technischen Anwendungen industrial sich verzeitigen. Der von Abrazo angef�hrte Begriff des Sachzwanges trifft die Sache - wie ich meine - nicht genau genug. Den wirtschaftlichen Interessengruppen ist das, dass anderen gesellschaftlichen Interessengruppen als Sachzwang (Ohnmacht) erscheinen vermag, alles andere als Notwendigkeit: die Verf�gbarkeit �ber die Produktionsmittel, der damit gegebene Gestaltungsspielraum (Macht), l�sst den menschlichen Willen - jedenfalls in der �konomisch-soziologischen Sph�re - als Relativen auftreten. B�rgerliche Gesellschaft w�re nicht, wenn Menschen - um Abrazos Begriff aufzunehmen - artgerecht verm�gen zu leben. "Aber die lebensnotwendigen Bed�rfnisse sind Zw�nge, und zwar die st�rksten, die es f�r Menschen �berhaupt gibt - denn wenn man ihnen nicht folgt, folgt der Tod. Und ich halte es f�r ausgesprochen n�tzlich, wenn man alle anderen tats�chlichen oder scheinbaren Zw�nge an diesen nat�rlichen Zw�ngen misst; das relativiert n�mlich." Abrazo Ja! Jedoch, diese N�tzlichkeit ausgeben, bleibt ohne Einsicht in die Lebensnotwendigkeit somit auch ohne Erkenntnis und Wissen, etwa von Selbstverst�ndlichkeiten wie den westlichen Verabsolutierungen des Denkens sowie des Handelns als menschlich-grandiose Irrt�mer, lediglich Schall und Rauch. Aber immerhin, die Richtung stimmt - philosophische Rodungsarbeiten sind hier zu favorisieren. Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- Kurze, aber elementare �berlegung zum Begriff des �Zwangs�. Du schreibst: Quote:Aber die lebensnotwendigen Bed�rfnisse sind Zw�nge, und zwar die st�rksten, die es f�r Menschen �berhaupt gibt - denn wenn man ihnen nicht folgt, folgt der Tod. Das leuchtet mir nur bedingt ein. Denn nur in extremen Lagen wird die Befriedigung elementarer Bed�rfnisse zum�Zwang�. So z.B. die Nahrungszufuhr w�hrend einer Hungersnot oder f�r einen Menschen im Hungerstreik oder einen Magers�chtigen. Normalerweise aber ist das Essen kein Zwang, sondern eine Lust. Selbst eine Sucht kann, wenn sie sich in einem kontrollierbaren Rahmen h�lt, als Lust erfahren werden. Siehe den Werbespruch �Ich rauche gern� - den ich �brigens voll unterschreiben k�nnte, obwohl ich mir keine Illusionen �ber meine Nikotinabh�ngigkeit mache. Aber ich bin ja auch �nahrungss�chtig� und � seit der Entfernung meiner Schilddr�se vor vielen Jahren � �s�chtig� nach einer t�glichen Dosis von 125 Mikrogramm Thyroxin. Au�erdem bin ich ein totaler �Junkie�, was gr�nen Tee angeht; schon oft hab ich morgens, mit der ersten dampfenden Tasse �Temple of Heaven� in der Hand, gebrummelt: �Ohne Tee
ist das ganze Leben ein Dreck!� Ist das Wachstum f�r eine dem Sonnenlicht entgegenwachsende Pflanze ein Zwang? Ist es f�r heranwachsende Kinder ein Zwang, �groߓ zu werden? Nein, es ist ihr eigener, sehr starker Wunsch und Antrieb. Und so weiter. Es h�ngt also offenbar vom Standpunkt bzw. vom Bezugssystem ab, ob die Einwirkung einer Kraft, ob ein Bed�rfnis oder eine Regel als �Zwang� bestimmt werden kann oder nicht. D.h. es gibt hier eine wichtige Pluralit�t von
m�glichen Standpunkten. Es gr��t Dich -------------------------------------------------------------------------------- soweit so gut, Eberhard, aber: Kann dies Argument dazu beitragen, den Konsens zu erreichen oder bekr�ftigt es nur den Konflikt? Setzt dies nicht etwas voraus, n�mlich einen wie immer gearteten gemeinsamen Hintergrund? Ein gemeinsames Weltbild? intersubjektiv nachvollziehbare und �bernehmbare Argumente In Sachen Notwendigkeit von Normen stimme ich dir zu. Allerdings: Das stimmt nun nicht so ganz. Wenn es so w�re, g�be es heute immer noch den Schwulenparagrafen. Man kann gegen Normen genau so mit vern�nftigen Argumenten angehen wie gegen jede andere Behauptung auch (fragt sich nat�rlich, je nach Gesellschaftsform, wie einem das bekommt). Und auch Verfassungen und Staatsformen sind im Laufe der Geschichte ver�nderlich. Es gibt da nichts stabiles. Auch deswegen sage ich ja, vor einer Diskussion �ber spezielle Normen m�sste eruiert werden, ob es nicht kultur- und geschichtsunabh�ngige allgemeine Normen der Humanit�t gibt. Was alles die Notwendigkeit von Normen nicht in Frage stellt. Mir ist nur die Basis nicht tragf�hig genug. Wenn wir f�r unsere Gesellschaft Normen entwickeln wollen, auf der Basis von dem, was uns selbstverst�ndlich und richtig erscheint, dann geht das nat�rlich. Aber diese Normen gelten dann eben nur f�r unsere Gesellschaft. Sie sind also beliebige, keine absoluten Normen. Die praktische Gefahr, die ich sehe ist, dass wir dazu neigen, solche im innergesellschaftlichen Diskurs gefundenen Normen absolut zu setzen - und das gibt erst recht Konflikte. Deswegen sage ich auch, auf der Basis unserer Verfassung wollen wir das so. Mag sein, dass andere Gesellschaften das anders wollen, ist ihr gutes Recht, aber wir wollen das nun mal so. Das ist zwar praktikabel, aber unbefriedigend. Nimm die Todesstrafe. Sagen wir, bei uns ist die abgeschafft, die USA sehen das anders, ist ihr gutes Recht, kann man ebensogut auch so machen? Oder w�rde eine islamische Gesellschaft sagen, in Deutschland ist die Prostitution als Beruf legalisiert worden, wir in unserer Gesellschaft wollen das nicht, aber man kann das ebenso gut auch anders machen? Und damit zur�ck zum Liberalismus. W�rden wir sagen: heute noch verbieten wir das n�chtliche L�rmen, aber man kann das ebensogut auch anders machen und jeden seinen eigenen L�rmschutz zahlen lassen, wenn wir mal mehrheitlich liberal werden? Ich denke, da steckt noch ein Konfliktpotential drin, das man erst mal kl�ren m�sste. Denn der Weg der Normenfindung im Diskurs selbst, da kann ich im Moment keine Probleme erkennen. Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- gegen deine Analyse habe ich kaum etwas einzuwenden. Allerdings mahne ich, auf die innewohnende Gefahr zu achten: Marx war kein Ethiker. In dem Sinne, dass er sich mit Ethik nicht befasste; er setzte eine bestehende allgemeine humane Ethik voraus. Was seine missratenen Epigonen dazu brachte, sich ebenfalls nicht mit Ethik zu befassen und dabei den gleichen Weg gingen, wie alle Orthodoxen und Esoteriker: die Theorie verselbst�ndigt sich zu einer inhumanen Ideologie. Sein muss das nicht. Setzt man allerdings, wie er, die humane Ethik voraus und kritisiert von dieser Basis aus die b�rgerlichen Ideologien, so ist dies m.E. eine sehr wertvolle und kl�rende Sicht. Den
wirtschaftlichen Interessengruppen ist das, dass anderen gesellschaftlichen Interessengruppen als Sachzwang (Ohnmacht) erscheinen vermag, alles andere als Notwendigkeit Gru�
-------------------------------------------------------------------------------- Denn nur in extremen Lagen wird die Befriedigung elementarer Bed�rfnisse zum"Zwang". Ist es f�r heranwachsende Kinder ein Zwang, �groߓ zu werden? Nein, es ist ihr eigener, sehr starker Wunsch und Antrieb. Es h�ngt also offenbar vom Standpunkt bzw. vom Bezugssystem ab, ob die Einwirkung einer Kraft, ob ein Bed�rfnis oder eine Regel als �Zwang� bestimmt werden kann oder nicht. D.h. es gibt hier eine wichtige Pluralit�t von m�glichen Standpunkten. Ist es nicht so, dass ich (mal vom Fahrradbeispiel abgesehen, da w�rde ich doch lieber von Lernen sprechen) etwas nur dann als Zwang empfinde, wenn es meinem Willen entgegen steht? Aufs Klo zu m�ssen empfinde ich nur dann als Zwang, wenn ich von der Veranstaltung nichts verpassen will. Arbeiten um Geld zu verdienen ist dann ein Zwang, wenn ich lieber etwas anderes machen m�chte. Und atmen betrachte ich dann als Zwang, wenn ich lieber tauchen m�chte. Ebenso verh�lt es sich mit gesellschaftlichen Zw�ngen. Kopftuchtragen betrachten wir als Zwang - etliche Musliminnen machen das aber gewollt und freiwillig. Ich bin daf�r, Zwang oder nicht Zwang lieber von objektiven Gr�nden abh�ngig zu machen als vom subjektiven Empfinden. Womit ich nicht sage, dass es nicht eine hoch interessante Frage ist, was man unter welchen Bedingungen als Zwang empfindet und was nicht - interessant auch f�r unsere Fragestellung nach Normen im Zusammenhang mit dem Gemeinwohl. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- ich komme wohl nicht umhin, mich mit Deiner Art zu formulieren etwas genauer auseinanderzusetzen, denn ich finde es reichlich anstrengend, immer wieder - und oft vergeblich, nach dem genauen Sinn Deiner zum Teil sehr umfangreichen Beitr�ge zu suchen. Ich nehme mal eine zentrale Passage aus Deinem letzten Beitrag. Dort schreibst Du: �Liberale Demokratie ist die politische Ausgabe derjenigen wirtschaftlichen Interessengruppe, die, auch mit vom Geist in Politik herabgezogenen Ideen auftretend, jene gesellschaftlichen Ver�nderungen verschleiert-kultiviert, die mit den technischen Anwendungen industrial sich verzeitigen.� Ich kann mit diesen kunstvoll verschrobenen S�tzen leider wenig anfangen und ich frage mich, wie es anderen dabei geht. Ich habe von der zitierten Passage zwar den atmosph�rischen Eindruck, dass darin irgendeine Kritik an der liberalen Demokratie steckt, aber was genau mit diesen S�tzen gesagt wird, bleibt mir unklar. Fangen wir mit der �liberalen Demokratie� an. Was verstehst Du darunter? Was versteht man darunter? Meine Frage an Dich: Bedeutet �liberale Demokratie� f�r Dich ein politisches System, in dem es ein allgemeines gleiches Wahlrecht gibt? Ich vermute, dass dem so ist. Dem steht aber entgegen, dass das allgemeine gleiche Wahlrecht nicht auf dem Programm der Liberalen gestanden hat, sondern vor allem von den Sozialdemokraten (f�r die Arbeiter) und den Frauenrechtlerinnen (f�r die Frauen) erk�mpft wurde und deshalb in Deutschland erst 1918 und gerade nicht von einer liberalen Partei eingef�hrt wurde. Die liberale Demokratie ist nun bei Dir �die Ausgabe einer wirtschaftlichen Interessengruppe�. Was das hei�en soll, ist mir unklar. Ich kenne zwar die Ausgabe einer Zeitung (� .. in der gestrigen Ausgabe der S�ddeutschen Zeitung konnten man lesen ��), aber dass politische Programme wie die liberale Demokratie �ausgegeben� werden, erscheint mir sprachlich etwas eigenwillig und nicht sehr gegl�ckt. Mit der �wirtschaftlichen Interessengruppe� meinst Du wohl die �Kapitaleigner� und �Unternehmer�, also diejenigen, die Marx als �Bourgeoisie� oder �Kapitalistenklasse� bezeichnet und die umgangssprachlich als �Fabrikbesitzer� bezeichnet werden. Diese Begriffe sind f�r mich wesentlich aussagekr�ftiger, denn eine �wirtschaftliche Interessengruppe� sind auch die Gewerkschaften oder die Bauernverb�nde, aber die meinst Du offenbar nicht. Entsprechendes gilt f�r Deinen Begriff des �wirtschaftlichen Interesses�, womit du offenbar auch nur das Interesse der Kapitalisten/Unternehmer meinst, obwohl die Besch�ftigten bzw. die Lohnarbeiter nat�rlich ebenfalls wirtschaftliche Interessen haben. Du nennst die Interessengruppe nicht direkt, sondern bezeichnest sie als diejenige Gruppe, �die jene gesellschaftlichen Ver�nderungen verschleiert-kultiviert.� Mit �jenen Ver�nderungen� ist offenbar die weiter oben angesprochene �Technisierung der Arbeitswelt� und die �industriale Ausgestaltung der betreffenden Gesellschaften� gemeint, Aber �verschleiern� die Fabrikbesitzer die Technisierung? Eher zeigen sie doch voll Stolz ihre Maschinen, mit denen so viel schneller und billiger produziert werden kann. Haben die Fabrikbesitzer die Technisierung der Arbeitswelt und die industrielle Ausgestaltung der Gesellschaft �kultiviert�? Die Fabrikbesitzer k�nnen eigentlich auch nicht gemeint sein, denn denen geht es vorrangig nicht um die Kultivierung der Maschinerie sondern um deren Rentabilit�t. Au�erdem soll die wirtschaftliche Interessengruppe �auch mit vom Geist in Politik herabgezogenen Ideen auftreten�. Was kann damit gemeint sein? Welche Ideen werden da in die Politik herabgezogen? Handelt es sich bei dem Geist oberhalb der Politik um die Philosophie? Schlie�lich sprichst du davon, dass die gesellschaftlichen Ver�nderungen "mit den technischen Anwendungen industrial sich verzeitigen�. Dabei meinst Du mit �industrial� offenbar �industriell� und mit �verzeitigen� vielleicht �verwirklichen� oder �verbreiten�, vielleicht aber auch etwas anderes. Da all diese Fragen nach der genauen Bedeutung offen bleiben, kann ich mich nur unter Schwierigkeiten mit Deinen Beitr�gen auseinandersetzen. Sie zeigen zwar eine deutliche politische Richtung, aber es mangelt nach meinem Eindruck bei allem stilistischen Anspruch an begrifflicher Klarheit und logischer Stringenz der Argumente. Und das ist schade meint Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- vorweg: Ich finde es immer schade, wenn Philosophen an der Wirksamkeit vern�nftiger Argumente zweifeln oder darauf verzichten, an deren besserer Wirksamkeit zu arbeiten. Wer sonst als die Philosophen w�re eher f�r diese Aufgabe zust�ndig? Auf meine Aufforderung, nach intersubjektiv nachvollziehbaren und �bernehmbaren Argumenten zu suchen, entgegnest du: �Da sagt dir der Evangelikale, du musst dein Herz f�r Jesus �ffnen, dann erkennst du die Wahrheit genau so wie ich und meine Glaubensbr�der.� Willst Du diese Pseudoargumentation auf eine Stufe stellen zum Beispiel mit den Intersubjektivit�tskriterien der Erfahrungswissenschaften, wo genau angegeben wird, welche Wahrnehmungen man macht, wenn man eine bestimmte Versuchsanordnung durchf�hrt oder wenn man sich an einen zeitr�umlich bestimmten Ort begibt? Als rational denkender Mensch muss ich den Evangelikalen doch zur�ckfragen: �Was meinst Du denn mit der Bildersprache ,das Herz f�r Jesus �ffnen�?� Wenn er den Anspruch auf eine intersubjektiv nachvollziehbare Begr�ndung erhebt, dann muss der Evangelikale Handlungen angeben, deren Ausf�hrung jedem m�glich ist und deren Ausf�hrung sich unabh�ngig vom behaupteten Resultat (dass der Betreffende die christliche Wahrheit erkennt) intersubjektiv �bereinstimmend feststellen l�sst. Andernfalls handelt es sich um ein Pseudoargument. Denn wenn man zum Ergebnis kommt: �Ich kann die christliche Wahrheit nicht erkennen�, dann sagt der Schlaumeier: �Dann hast Du eben Dein Herz noch nicht gen�gend weit f�r Jesus ge�ffnet.� Nach diesem Muster lassen sich beliebig abstruse und einander widersprechende Theorien �begr�nden�, was zur Konsequenz hat, dass es sich eben um keine Begr�ndung von Erkenntnis handeln kann. Denn beliebige Antworten sind gar keine Antwort. Au�erdem darf der Evangelikale dabei selbstverst�ndlich nicht dasjenige bereits zur Voraussetzung machen, was gerade strittig ist (die �berzeugung von der Wahrheit der christlichen Lehre). (Fortsetzung folgt.) Erstmal tsch�s sagt Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Ich finde es immer schade, wenn Philosophen an der Wirksamkeit vern�nftiger Argumente zweifeln oder darauf verzichten, an deren besserer Wirksamkeit zu arbeiten. Argumente im Diskurs haben dann keinen Sinn, wenn sie auf Daten basieren, die der andere nicht oder so nicht hat. Das ist f�r mich das Hauptproblem, auf das ich in dieser oder jener Form immer wieder zur�ckkommen muss. Als rational denkender Mensch muss ich den Evangelikalen doch zur�ckfragen: �Was meinst Du denn mit der Bildersprache ,das Herz f�r Jesus �ffnen�?� Dat darfste nich machen. Dann kriegste ne endlose Predigt, in die er sich bis zur totalen Kommunikationsunf�higkeit hinein steigert. Andernfalls handelt es sich um ein Pseudoargument. Zu meinen Lieblingsmetaphern geh�rt der den V�geln predigende Franz von Assisi. Das war ja nicht Tierliebe. Das war eine Demonstration daf�r, dass er genau so gut den V�geln predigen k�nne wie seinen Landsleuten; die seien genau so wenig in der Lage, zuzuh�ren und zu verstehen. Was n�tzt es, wenn alles, was du sagst, vollkommen richtig ist, aber niemand versteht es? Nicht von den Worten und Verkn�pfungen, sondern von der Bedeutung, vom Sinn her? Gru� -------------------------------------------------------------------------------- "Meine Frage an Dich: Bedeutet �liberale Demokratie� f�r Dich ..." Eberhard Auch noch den Letzten auf dem Planeten Erde zum W�hlen mobilisieren, damit dieser demokratisiertes Glied privatwirtschaftlicher Grossunternehmung wird. "Dem steht aber entgegen, dass das allgemeine gleiche Wahlrecht nicht auf dem Programm der Liberalen gestanden hat, sondern vor allem von den Sozialdemokraten (f�r die Arbeiter) und den Frauenrechtlerinnen (f�r die Frauen) erk�mpft wurde und deshalb in Deutschland erst 1918 und gerade nicht von einer liberalen Partei eingef�hrt wurde." Eberhard Bis 1914 waren in Deutschland Tr�ger dieser Forderungen nicht, oder nur unwesentlich an der Regierungsbildung, an der politischen Ausgestaltung der deutschen Gesellschaft beteiligt. Die grossb�rgerlichen und die junkerlichen Kr�fte in Deutschland verhinderten dieses bis 1918, als auch in Deutschland demokratischer Liberalismus eingef�hrt wurde. Die u.a. w�hrend des Bestehens des Preussenstaates geformte Parteiprogramatik der Sozialdemokratie Deutschlands sowie Ideen des bereits ausserhalb Deutschlands praktizierten Liberalismus schliessen sich nicht aus. "Die liberale Demokratie ist nun bei Dir �die Ausgabe einer wirtschaftlichen Interessengruppe�." Eberhard Wie die Sozialdemokratie im Rahmen b�rgerlicher Expansion auftauchende Ideen -manchmal, wie in Deutschland von 1871-1918 auf Umwegen- auf ihre Fahne geschrieben, so weisen andere politische Parteien ebenfalls typische Merkmale auf, mit denen parteipolitische Unterschiede gegeben sind. Parteibildungen in Europa sind (noch) der Ausdruck daf�r, dass deren aktiven Tr�ger im Namen gesellschaftlicher Einzelinteressen auftreten, die im Sinne ihrer jeweiligen Parteiprogramatik auf der Ebene der Parlamente versuchen Gesellschaft auszugestalten. Wie das Beispiel von 1918 zeigt, gab erst die liberalistische Favorisierung den politischen Boden in Deutschland ab, auf dem deutsche B�rger vermochten demokratisch-parteipolitisch-parlamentarisch aufzutreten. Nicht nur das antipluralistische deutsche B�rgertum musste sich jedoch von jenen antidemokratisch-junkerlichen Kr�ften l�sen, die mit Beendigung des ersten Weltkrieges kapitulierten, mit denen dasselbe B�rgertum zuvor Deutschland als innere Schicksalsgemeinschaft formierte dessen Wohl von einer imperalistischen Aussenpolitik der milit�rischen Eroberung von geographischen Gebieten abh�ngig sei, die westliche Wirtschaftsinteressengruppen bereits kolonialistisch eroberten. Der Aufl�sung der zum imperialistischen Militarismus heruntergewirtschaften deutschen Monarchie (unter Kaiser Wilhem II) folgte jedoch beispielsweise nicht, dass das deutsche Volk zusammen mit der deutschen Sozialdemokratie sich seine politischen Formen gab. Jenes politische System, d.h. die liberale Demokratie wurde in Deutschland eingef�hrt, mit der amerikanische sowie franz�sische und englische Wirtschaftsinteressen bereits ihre Globalunternehmungen beispielsweise auf europ�ischen Boden, nach innen, d.h. innenpolitisch europ�isch-nationalistisch sowie aussereurop�isch, d.h. aussenpolitisch-kolonialistisch praktizierten. Deutsches Gro�b�rgertum, von 1871 bis 1918 mit den antidemokratischen Junkern im Verbund, deutsches Gro�b�rgertum 1918 mit der Einf�hrung der westlich liberalen Demokratie in Deutschland nicht nur von der Einflu�nahme des Wirtschaftsinteresses Westeuropas und den USA unmittelbar, sondern auch von der nun auf der Ebene des Weimarer Parlamentarismus auftretenden in der deutschen Sozialdemokratie organisierten Arbeiterschaft konfrontiert, lie� die deutsche Gesellschaft seit 1918 abermals zu einer, nun antibolschewistischen Schicksalsgemeinschaft formieren, die ab 1933 politisch von der NSDAP gef�hrt wurde ............. "Du nennst die Interessengruppe nicht direkt, sondern bezeichnest sie als diejenige Gruppe, �die jene gesellschaftlichen Ver�nderungen verschleiert-kultiviert.� ... Aber �verschleiern� die Fabrikbesitzer die Technisierung? ... Haben die Fabrikbesitzer die Technisierung der Arbeitswelt und die industrielle Ausgestaltung der Gesellschaft �kultiviert�? ... Die Fabrikbesitzer k�nnen eigentlich auch nicht gemeint sein, denn denen geht es vorrangig nicht um die Kultivierung der Maschinerie sondern um deren Rentabilit�t." Eberhard Mit der Anwendung neuzeitlicher Technik, mit der seit der b�rgerlichen Revolution sich vollziehenden privatwirtschaftlichen Aneignung der Produktionsmittel vollzog sich jener Umbau westlicher Gesellschaften, der sich auch dadurch kennzeichnen l�sst, dass die Arbeitskraft des abendl�ndischen Menschen aus dem feudalherrschaftlichen Ordnungsgef�ge des religi�s ausgerichteten Mittelalter genommen wurde: um Arbeitskraft industriell ... zu verwerten. Mit diesem Produktionsumbau ver�ndern sich nicht nur die Arbeitsverh�ltnisse; die Staatspraxis passt sich ebenfalls dem mit der Expansion der Grossb�rgerlichen Unternehmung gegebenen gesellschaftlichen Umbau an. Staatlichkeit wird zum Ordnungsgef�ge jener b�rgerlichen Kr�fte, die bis heute im Besitz der Produktionsmittel sind, welche b�rgerliche Staatlichkeit den Parlamentarismus abgibt, auf deren B�hne diejenigen auftreten, die den Besitzstand parteipolitisch verteidigen (Liberale), die, mit Gesellschaftsreformen auftretend, diesen Besitzstand unangetastet lassen (Volksparteien, demokratische Oppositionparteien). Der b�rgerliche Staat, politische Parteien treten mit Ideen auf, mit denen die jeweiligen W�hlerschaften umworben werden. Diese Ideen, mit der b�rgerlichen Expansion Westeuropas industriell ... seit 1918 auch in Deutschland zur Wirkung kommend, k�nnen nationalistisch und/oder internationalistisch ausgerichtet sein; diese Ideen werden favorisiert um die Nicht-Besitzenden B�rger mit ihren jeweilig zugestandenen wirtschaftlichen Interessen auf dem kapitalistischen Kurs "mitzunehmen". Mit in der parteipolitischen Sph�re auftretenden Ideen wird Kultivierung jener Gesellschaften betrieben, die vom privatwirtschaftlichen Einsatz der Technik bedingt sind. Menschliche Handlungen vollziehen sich in der b�rgerlich-politischen Sph�re als zivilisierte; jene B�rger d�rfen nun medial gl�nzen, die verstehen, Einzelinteresse, etwa derjenigen die nicht �ber Produktionsmittel verf�gen, als Allgemeininteresse erscheinen zu lassen. "Au�erdem soll die wirtschaftliche Interessengruppe �auch mit vom Geist in Politik herabgezogenen Ideen auftreten�. Was kann damit gemeint sein? Welche Ideen werden da in die Politik herabgezogen? Handelt es sich bei dem Geist oberhalb der Politik um die Philosophie?" Eberhard B�rgerliche Staatlichkeit tritt mit Verfassungen auf, in der Geistiges, etwa das vom abstrahierenden Denken entworfene Ideal der praktischen Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, verankert ist. In der Sph�re der praktischen Politik, und hier besonders vollzieht sich menschliches Handeln jedoch so, dass dieses vom abstrahierenden Denken selten bewegt wird. Dass Einzelinteresse, in dessen Verm�gen steht, als Allgemeininteresse zu erscheinen, bleibt, wenn unterschiedliche politische Parteien verm�gen aufzutreten, demokratischer Faktor. Wird die praktisch-demokratische Ausrichtung zur�ckgenommen f�llt das parteipolitische Kr�ftespiel. Der Liberalismus verliert seine demokratische Favorisierung die mit den unterschiedlichen sowie entgegengesetzten Parteibildungen gegeben ist. Globalisierendes Besitzstandsinteresse setzt sich ins Verm�gen antidemokratisch aufzutreten; Staat als "Nachtw�chterstaat", d.h. im Inneren als Garanten der b�rgerlichen Ruhe und Ordnung, aussenpolitisch als Sicherung ihrer wirtschaftlichen Interessen auftreten zu lassen. Die auf dem Papier vom geistiges Ideal inspirierte politische Verfassung, die b�rgerlich-formale Staatsrechtlichkeit als geistiger Hintergrund des gesellschaftlichen Nicht-Zustandes, die b�rgerliche Idee der politisch zu verwirklichenden Gleichheit der unterschiedlichen Menschen vor dem Staatsgesetz ist -wird menschliche Ungleichheit von jenem Globalverwertungsinteresse bedingt, dessen Macht nicht aus demokratisch-parteipolitischen Kr�ftespiel resultiert- ausser Kraft gesetzt. Dass vom philosophisch-abstrahierende Denken inspirierte politische Sein vermag dem verabsolutierten kapitalistischen Verwertungsinteresse der Postmoderne ebensowenig etwas entgegensetzen, wie Denken dem verabsolutierten religi�sen Wahn des europ�ischen Mittelalters vermochte etwas entgegenzusetzen. Philosophie bleibt. Wandel wird sich in jener praktischen Sph�re wieder vollziehen, in der geistige Grundlagen des menschlichen Strebens stets vermischt mit verabsolutierten Intesssen auftreten. Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- ich teile den von Dir vorgetragenen Gedanken, dass statt Ethik, wird Theorie des gesellschaftlichen Einzelinteresses absolut gesetzt -etwa derjenigen welche den Begriff der Arbeiterklasse oder derjenigen welche die privatwirtschaftlich angeeigneten Produktionsmittel verabsolutieren, gewinnt dieses verabsolutierende Theoretisieren, gewinnt dieses Technik-Fetischisierte Handeln Macht im Staatsbereich, verselbstst�ndigt sich somit das gestalterische Handlungsverm�gen �ber Gesellschaft- alles andere favorisiert wird. Allerdings gibts nicht nur Theorie-Fetischisten mit staatspolitischen Machtanspruch auf der Linken, diese finden sich ebenso auf der politischen Rechten (Stichwort: Konservative Revolution�re, erstmals in der Weimarer Republik aufgetreten). Gegenw�rtige Politik tritt unter Rahmenbedingungen auf, die der sp�ten Phase der ersten Einf�hrung liberaler Demokratie in Deutschland �hnlich sind: Verordnung eines rigiden Sparkurses der �ffentlichen Haushalte, Privatisierung zuvor Staatlich Verwalteten, hohe Arbeitslosigkeit ... - in der davon gepr�gten staatspolitischen Sph�re gewannen sogenannte konservative Revolution�re Einfluss auf die deutsche Gesellschaft, welcher Einfluss 1933 zur parlamentarischen Demontage ihren Beitrag leistete. "Es ist m.E. ein Fehler zu denken, Ideologien w�rden gemacht, produziert. Das kann in Grenzen manchmal sein, aber im Kern werden sie nicht gemacht, sondern entstehen - als Fortentwicklung angenommener Selbstverst�ndlichkeiten. Nicht: der Mensch soll ein unabh�ngiges, mobiles Individuum werden, sondern der Mensch wird ein unabh�ngiges mobiles Individuum. Das ist der evolution�re Lauf der Dinge." Abrazo Siehe hierzu meine Ausf�hrungen an Eberhard (Beitrag 100) Danke. Gru� philoschall
-------------------------------------------------------------------------------- die zentrale Frage ist: Kann es eine konsensf�hige, am Allgemeinwohl orientierte Politik und Gesetzgebung geben angesichts von Individuen und Gruppen mit unterschiedlichen Weltbildern, Wertordnungen und Interessen? Kann es eine gemeinsame, konsensf�hige Politik geben f�r Gesellschaften, die aus Katholiken und Protestanten, Christen und Muslimen, Gottgl�ubigen und Atheisten, Iren und Schotten, Flamen und Wallonen, Kapitaleignern und Lohnempf�ngern, aus Deutschst�mmigen und T�rkischst�mmigen, aus Wei�en und Farbigen, aus Frauen und M�nnern, aus Jungen und Alten besteht? Wie weit reicht angesichts derartiger Unterschiede oder Gegens�tze eine �vern�nftige� Argumentation, die allgemein akzeptabel ist? Nehmen wir das konkrete Beispiel von Abrazo: Wie k�nnen Christen und Nichtchristen, die um einen Konsens im Sinne des Allgemeinwohls bem�ht sind, argumentieren, wenn es um die �ffnung von Diskotheken am Karfreitag geht, also dem Tag, an dem die Christen der Hinrichtung Jesu gedenken und der als der h�chste Feiertag der Christenheit gilt. Wie m�ssten Karl Fromm und Heinz Gottlos argumentieren? F: Diskotheken und �hnliches d�rfen am Karfreitag nicht �ffnen, denn Tanzvergn�gungen sind mit der Trauer um die Kreuzigung Jesu nicht vereinbar, der als Gottes Sohn mit diesem Opfergang die S�nden der Menschen auf sich genommen hat. G: Das sind doch religi�se Phantasien, die ich als n�chtern denkender Mensch nicht akzeptieren kann. Diese Argumentation kann doch nur ein gl�ubiger Christ akzeptieren. Da wir hier aber um einen Konsens zwischen Christen und Nichtchristen bem�ht sind, sind Argumente, die ein religi�ses Glaubensbekenntnis zur Pr�misse haben, ungeeignet. F: Wollen Sie so tun, als g�be es keine christliche Religion? Wollen Sie alles ignorieren, was wir vom christlichen Glauben aus zu sagen haben? Das w�re ja das Ende der freien Religionsaus�bung. G: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass Ihre Argumentation f�r Nicht-Christen nicht nachvollziehbar ist und deshalb ungeeignet ist f�r die Bestimmung einer Politik, die dem allgemeinen Wohl entspricht. F: Sie vergessen, dass wir ein Land mit abendl�ndisch christlicher Kultur und Tradition sind, woraus folgt, dass die christlichen Feiertage zu respektieren sind. G: Es mag ja sein, dass in der Vergangenheit das Christentum unsere Kultur gepr�gt hat und dass die Christen auch heute noch die Mehrheit der Bev�lkerung darstellen. Aber Sie m�ssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es einen erheblichen Prozentsatz von Nicht-Christen gibt, wie mich. Aber davon ganz abgesehen: die Frage, wie viele Menschen einer bestimmten Weltanschauung anh�ngen, ist f�r die L�sung unseres Problems nicht von entscheidender Bedeutung. Dadurch, dass sich die Christen in der Mehrheit befinden, wird ihr Weltbild nicht richtiger. In anderen Gesellschaften befinden sich die Christen z.B. in der Minderheit. F: Soll das hei�en, dass der Charakter des Karfreitags, in dem die zahlreichen Christen in diesem Land um das Leiden des Mensch gewordenen Gottessohns trauern, einfach ignoriert werden kann, weil es keine wissenschaftliche Begr�ndung des christlichen Glaubens gibt? G: Das folgt aus dem, was ich gesagt habe, noch nicht. Ich sage nur, dass die Schlie�ung der Diskotheken nicht f�r mich und auch nicht f�r die Allgemeinheit auf diese Weise nachvollziehbar begr�ndet werden kann, Ich bin mir wohl bewusst, dass es in diesem Land viele Menschen gibt, die christlichen Glaubens sind. Aber es gibt eben auch Nicht-Christen und f�r diese ist ihre Begr�ndung nicht akzeptabel. F: Sie fordern also, dass die christlichen Gemeinden in ihrer Trauer und ihren Gottesdiensten mit dem lautstarken Rummel von Rockkonzerten, Bundesligaspielen, Stra�enfesten, Flohm�rkten oder Tanzveranstaltungen gest�rt und bel�stigt werden d�rfen? Von Respekt vor dem, was heilig ist, haben Sie wohl noch nie etwas geh�rt! G: Was Ihnen heilig ist, ist anderen vielleicht nicht heilig. Aber ich teile Ihre Forderung, dass die Trauer und die Gef�hle von Menschen respektiert und nicht durch l�rmende Fr�hlichkeit gest�rt werden sollten. Und dies gilt f�r religi�se Gef�hle genauso wie f�r andere Gef�hle. Dass derartige Verletzungen von Gef�hlen etwas Unerw�nschtes sind, kann wohl von jedermann nachvollzogen werden. F: Na also, sie scheinen langsam zu begreifen! G: Nicht zu voreilig. F�r mich folgt daraus nur, dass den Christen eine ungest�rte Feier des Karfreitags zu gew�hren ist. Das hei�t aber zugleich, dass Aktivit�ten und Veranstaltungen, die niemanden st�ren, der dies nicht will, zugelassen werden m�ssen, sei es ein Radiosender mit Tanzmusik, ein Fernsehsender mit einer Kom�die, sei es eine Diskothek fernab von der Stadt oder �hnliches. Mit diesem kleinen Beispiel konsensorientierter Argumentation gr��t Euch Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- konstruiere mir doch mal bitte diesen Satz nach den �blichen grammatikalischen Regeln, denn ich bin dazu leider nicht in der Lage: ich teile den von Dir vorgetragenen Gedanken, dass statt Ethik, wird Theorie des gesellschaftlichen Einzelinteresses absolut gesetzt -etwa derjenigen welche den Begriff der Arbeiterklasse oder derjenigen welche die privatwirtschaftlich angeeigneten Produktionsmittel verabsolutieren, gewinnt dieses verabsolutierende Theoretisieren, gewinnt dieses Technik-Fetischisierte Handeln Macht im Staatsbereich, verselbstst�ndigt sich somit das gestalterische Handlungsverm�gen �ber Gesellschaft- alles andere favorisiert wird. Zum anderen vermisse ich bei dir leider klare Aussagen �ber das Subjekt. Du beschreibst - aus deiner Sicht - Vorg�nge, oft mit Analogieschl�ssen, die ich nicht akzeptiere (wenn eine Katze mit dem Schwanz wedelt, ist sie kein Hund), machst aber keine zumindest f�r mich erkennbaren Angaben dar�ber, wer der Urheber oder was die Ursache dieser Vorg�nge sein soll. Dadurch fehlt mir die Stringenz in deiner Argumentation, sie erscheint mir wie zusammenhangloses St�ckwerk. Und mit irgendwelchen obskuren M�chten kann ich nichts anfangen. Also nenne doch bitte Ross und Reiter: wen oder was meinst du mit den M�chten? Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Da wir hier aber um einen Konsens zwischen Christen und Nichtchristen bem�ht sind, sind Argumente, die ein religi�ses Glaubensbekenntnis zur Pr�misse haben, ungeeignet. Darauf w�rde Herr Fromm antworten: Du setzt einen Konsens zwischen unterschiedlichen Interessen von Individuen voraus. Genau darum geht es solchen Leuten aber nicht. Es geht ihnen nicht darum, ihren Glauben ungest�rt privat zu leben, sondern es geht ihnen darum, eine ihrer Ansicht nach allgemeing�ltige Wahrheit zu achten und m�glichst zu verbreiten, die weit �ber individuellen Interessen steht, f�r die individuelle Interessen �berhaupt nicht relevant sind. Wobei in politischen Str�mungen oft genug die gleichen Absichten zu finden sind. Im Grunde handelt es sich hier um eine Interpretation des Gemeinwohls, wonach das Gemeinwohl Vorrang hat vor den jeweiligen individuellen Interessen, weil diese nur momentan, lustbetont und ohne Blick auf Zukunft und Ziel des Ganzen wahrgenommen werden. Insofern sie dies nicht sehen, sehen sie damit auch nicht ihre eigenen tats�chlichen Interessen. Vulgo: das Individuum ist im Zweifelsfalle ein ahnungsloser, hin- und hergeworfener Dummkopf, �ber dessen Aussagen man mit g�tigem, verst�ndnisvollem L�cheln hinweg geht. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- als Heinz Gottlos las, was Karl Fromm Dir zum Karfreitag gesagt hat, schrieb er an Karl Fromm: Sehr geehrter Herr Fromm, ich freue mich, dass Sie mit mir das Ziel teilen, einen Konsens zwischen Christen und Nichtchristen in Bezug auf die Gestaltung des Karfreitags zu erreichen. Wenn man aber diese Einigung wirklich will, dann kann man nicht f�r eine bestimmte Position allgemeine Geltung verlangen, ohne diese allgemeine Geltung auch mit allgemein nachvollziehbaren Argumenten einsichtig begr�nden zu k�nnen. Eine solche Argumentation erm�glicht keinen Konsens, sondern verhindert ihn. Wenn Sie folglich auf der allgemeinen Geltung Ihrer christlichen Position bestehen, wenn diese Position auch f�r mich gelten soll, obwohl es f�r diese Position keine allgemein nachvollziehbare und �berpr�fbare Begr�ndung gibt, dann war ihr anf�ngliches Bekenntnis zur vern�nftigen Einigung nur Augenwischerei, ein Lippenbekenntnis, das Sie nicht ernsthaft gemeint haben. Zum Vorschein kommt bei Ihnen ein nicht zu begr�ndendes autorit�r gesetztes Dogma, dem sich alle unterzuordnen haben. Eine Wahrheit, die nicht einsichtig ist, ist von der Unwahrheit nicht zu unterscheiden. Eine selbsternannte Rechtgl�ubigkeit schafft keinen Konsens. Solche Orthodoxie ist gegen�ber den anders Denkenden nicht mehr als eine Aufforderung zu gehorchen. Wenn Sie das nicht wollen sondern einen vern�nftigen, auf nachvollziehbaren Argumenten aufgebauten Konsens, dann �berdenken Sie bitte Ihre Position in dieser Frage noch einmal.� Hat Heinz Gottlos damit Recht? fragt Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Abrazo an Eberhard: "Was n�tzt es, wenn alles, was du sagst, vollkommen richtig ist, aber niemand versteht es?" Eberhard an philoschall: "Du vermisst bei der Fragestellung den historischen Kontext und Du bef�rchtest, dass ohne diesen Kontext die zentralen Begriffe im Dunkeln bleiben m�ssen. Diese Bef�rchtung teile ich nicht, denn Begriffe wie Gemeinwohl, Wohl der Individuen, Gesamtinteresse oder Einzelinteresse haben bereits umgangssprachlich eine mehr oder weniger bestimmte Bedeutung, und es hindert uns niemand daran, diese Begriffe - falls n�tig - noch sch�rfer zu definieren." Eberhard (Teil 1, Antwort 2) Dass erinnert mich an David Hume: Es gab und wird keinen Staat geben der durch einen urspr�nglichen Vertrag des Volkes entstanden ist, bezw. entstehen wird. Nach Hume entsteht Staat - im Zusammenhang mit dem Staat sind nicht nur Begriffe wie Gemeinwohl, Einzelinteresse ... zu behandeln - durch physische Gewalt: diese zwinge das Volk erst zur nachtr�glichen Anerkennung der Herrschaft. Diese nachtr�gliche Anerkennung durch die (Volks)Menge nennt Hume "stillschweigende Zustimmung", die er vom historisch verstandenen Vertrag (ich glaube Hume argumentiert gegen Locke) unterscheidet. Nicht um die Legitimierung irgend eines Staates geht es Hume, sondern um Favorisierung der Loyalit�t der B�rger, mit der die physische Gewaltanwendung stabilisiert wird: Allgemeine Interessen und Bed�rfnisse des Volkes m�ssen ber�cksichtigt werden, und zwar hinsichtlich Reformen der Verfassung des Staates. Vertragstheorie ist nicht historisch orientiert, die Entstehungsgeschichte eines Staates sowie historisch orientierte Kritik wird nicht favorisiert. Entscheidend ist hier (wie auch bei Kant) anderes: die ideelle bezw. normative Komponente, mit der die Legitimit�t einer Rechts- und Staatsauffassung �ffentlich best�tigt werden soll. Diese ideelle Vertragstheorie setzt den universalen Anspruch vorraus, dass jeder der Vertragsteilnehmer sein Naturrecht aufgibt, dass er bei seiner Verfolgung des Zieles, seiner Selbsterhaltung, die Rationalisierung seiner Interessen im Rahmen der Staatsgesetze, der Insititutionen, praktiziert. Diese normative Vertragstheorie - ich geh hier mal davon aus, Eberhard ist ein Vertreter dieser Theorie - arbeitet also mit einem Menschenbild, dass die B�rger nur dann Vern�nftige sind, wenn diese den Naturzustand aufgeben, damit diese ihren Strebenszustand, den juridisch-politischen Zusammenhang rational erfassen. Wenn das, was hier von Eberhard immer wieder vorgetragen wird, alles richtig sein soll, dieses aber niemand versteht -ausser denen die dieses Menschenbild denken und dieses favorisieren- kann hier wohl etwas nicht richtig sein. Ich meine, dass dieser Rationalit�t ihre Grenzen von der Lebenspraxis aufgezeigt werden. Nicht unwichtig wird sein, in welchem Verh�ltnis die Rationalit�t der normativen Vertragstheorie sich zu Religion positioniert. Politische Theorie k�nnte bei der Ber�cksichtigung der Lebenspraxis, dass Selbsterhaltung selten die vern�nftige Rationalisierung der Interessen aufweisst, davon ausgehen, die anthropologischen Grundlagen der hier favorisierten Rationalit�t zu reflektieren. Angenommen, dass Naturrecht ist identisch mit dem Gesetz der Natur. Naturrecht, nicht Naturzustand!, d.h., nicht, beispielsweise "ein VORPOLITISCHER Kriegszustand (Hobbes, p.), der mit der (Be-) Gr�ndung eines juridisch-politischen Zustandes aufgehoben wird." Dann gibt es "keine Spannung zwischen naturrechtlicher und naturgesetzlicher Norm, freilich auch keine aufhebende Synthese beider. Eine normative Dynamik, die jedes Individiuum zur spontanen �bertragung des Naturrechtes verpflichten w�rde, ist also nicht zu finden." Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- da meine Antwort der Server gefressen hat, beschr�nke ich mich auf das Zitat von Augustinus (Bekenntnisse): Wie kannst du nur, verf�hrte Seele, deinem Fleische folgen? Kehre um, so wird es dir folgen. Was du fleischlich wahrnimmst, ist St�ckwerk. Das Ganze bleibt dir verborgen, an dessen Teilen, die du allein vor Augen hast, du dich gleichwohl erfreust. Aber auch wenn deines Fleisches Sinn imstande w�re, das Ganze zu fassen, wenn er nicht selbst dir zur Strafe in einem Teil des Universums die ihm zukommende beschr�nkte Rolle spielen m�sste, w�rdest du wollen, dass das heute Gegenw�rtige vor�berginge und du am All um so gr��ere Freude habest. Auch die Worte, die man spricht, vernimmst du ja mit demselben Fleischessinn und willst nicht, dass die Silben stehen bleiben, sondern dahin eilen und anderen Platz machen, damit du das Ganze vernehmest. So ist's immer mit allen Teilen, daraus ein Ganzes besteht. Die Teile, aus denen es besteht, k�nnen nicht alle zugleich sein. Alle zusammen, wenn man sie in ihrer Gesamtheit wahrnehmen kann, erfreuen mehr als die einzelnen. Aber hoch �ber ihnen steht, der sie alle gemacht hat, er selbst, unser Gott, der nicht entweicht, weil nichts an seine Stelle treten kann. Mit anderen Worten: Herr Fromm k�nnte damit argumentieren, dass du als beschr�nkter Mensch gar nicht in der Lage bist zu erkennen und zu entscheiden, was richtig, wahr und gut ist. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Herr Fromm ist sehr gebildet, wie ich sehe. Er zitiert sogar die Kirchenv�ter, um die Position des Herrn Gottlos anzugreifen. Der alles zermalmende geistige Hammerschlag ist die Feststellung, dass Heinz Gottlos �als beschr�nkter Mensch gar nicht in der Lage ist zu erkennen und zu entscheiden, was richtig, wahr und gut ist�. Kleiner Mann was nun? Aber Heinz Gottlos gibt sich noch keineswegs geschlagen, sondern sendet an die Adresse von Karl Fromm folgende E-Mail: �Sehr geehrter Herr Fromm, dass Sie meine Argumente mit dem Hinweis auf meine Beschr�nktheit entkr�ften wollen, habe ich nicht ohne eine gewisse Betroffenheit zur Kenntnis genommen. Ihnen muss dabei doch klar sein, dass eine solche pauschale Unm�ndigkeitserkl�rung kein Argument innerhalb einer konsensorientierten Diskussion sein kann, weil sie gleichzeitig einer derartigen Diskussion die Grundlage entzieht. Das erkl�rte Ziel eines Konsenses ist damit aufgek�ndigt, denn jedes von mir vorgebrachte Argument kann von Ihnen jetzt mit dem Hinweis entkr�ftet werden, dass ich in meiner Beschr�nktheit nicht in der Lage sei, zu erkennen was wahr und gut ist. Das ist nat�rlich das Ende jeder vern�nftigen, erkenntnisorientierten Diskussion. Sie m�ssen sich also entscheiden: Entweder Sie bleiben bei unserm gemeinsamen Ziel eines allein durch Argumente zu erreichenden Konsenses oder Sie geben offen zu, dass es Ihnen nur um die Durchsetzung Ihrer religi�sen Vorschriften geht. In diesem Fall verlassen Sie die Ebene der argumentativen Auseinandersetzung und begeben sich auf die Ebene der machtbezogenen Auseinandersetzung, wo nicht Argumente sondern Druckmittel und Sanktionsm�glichkeiten z�hlen. Ich hoffe, dass Sie, Herr Fromm, unter diesem Gesichtspunkt Ihre Diskussionsstrategie noch einmal �berdenken und zu einer nachvollziehbaren Argumentation zur�ckkehren. Ansonsten muss ich Ihre Berufung auf die allgemeing�ltige Wahrheit und Ihr Bekenntnis zum Ziel eines Konsenses bezeichnen als das, was es ist: ein leeres Wortgeklingel, dass die nackte Forderung auf Unterwerfung unter ein Dogma nur unvollkommen verbergen kann. Mit freundlichen Gr��en Ihr Heinz Gottlos.� Soweit die E-Mail an Herrn Fromm. Wie mir Herr Gottlos erz�hlte, ist ihm die Strategie der pauschalen Unm�ndigkeitserkl�rung nicht nur von religi�ser Seite bekannt. Auch andere Weltanschauungen �argumentieren� damit. Ein Beispiel ist der Marxismus (�Als Teil der Bourgeoisie bist Du in Deinem Denken der Ideologie Deiner Klasse verhaftet, denn das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein. Dir muss das Verst�ndnis f�r die Wahrheit des wissenschaftlichen Sozialismus verschlossen bleiben!�. Auch die Psychoanalyse eignet sich f�r diese Diskussionsstrategie. (�Sie k�nnen mir �ber Ihre Motive erz�hlen, was sie wollen. Entscheidend f�r ihr Handeln bleiben die in ihr Unterbewusstsein verdr�ngten Triebmotive�.) Mit Gr��en an alle Interessierten schlie�t Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- In diesem Fall verlassen Sie die Ebene der argumentativen Auseinandersetzung und begeben sich auf die Ebene der machtbezogenen Auseinandersetzung, wo nicht Argumente sondern Druckmittel und Sanktionsm�glichkeiten z�hlen. Genau das wird Herr Fromm tun. So, wie es seine Vorfahren getan haben und so, wie seine Verwandtschaft in aller Welt, ob religi�s oder nicht, auch da stimme ich dir zu, es heute noch tut. Bekannterma�en sind Argumente, die auf der Vernunft beruhen und den friedlichen Konsens zum Ziel haben, dagegen wirkungslos. Vern�nftige Argumente deswegen, weil ja die Zuverl�ssigkeit der menschlichen Vernunft generell abgestritten wird. Vgl. Paulus: und der Friede Gottes, welcher h�her ist denn jede Vernunft ... der Friede ist das Ziel. Doch der Weg dorthin rechtfertigt das Gemetzel. Ich war noch ein Kind, da faszinierte mich eine gro�e Briefmarke aus der DDR (damals noch Sowjetzone genannt), darauf ein tapferer Streiter mit dem �blichen Blick in die weite Ferne; darunter: k�mpft f�r den Frieden in der Welt. Ich betrachtete das als Widerspruch: f�r den Frieden kann man nicht mit Streitzeug in der Hand k�mpfen. Dieser Widerspruch zieht sich durch all diese Ideologien. Vor dem hehren Ziel in ferner Zukunft wird das Leben in der Gegenwart belanglos. Doch Leben findet in der Gegenwart statt. Das kann man nicht nachholen. Vertr�sten is nich. Tatsache. Wir haben hier also zun�chst mal ein Zeitproblem. Nehmen wir mal das psychologische Ph�nomen der Rechthaberei an. Ich kann dir zwar nicht beweisen, dass ich Recht habe, aber die Zukunft wird diese Beweise liefern, dessen bin ich gewiss - und f�r diese Zukunft k�mpfe ich. Die Gewissheit entstammt aber nicht der Zukunft. Sie entstammt Vergangenheit und Gegenwart. Die Frage ist, welcher Vergangenheit und welcher Gegenwart? Also: wie konstruiert sich so ein Weltbild? Ich denke, Marx liefert hier durchaus brauchbare Ans�tze - vorausgesetzt, man entkleidet ihn seiner missratenen Epigonen. Marx war Antiidealist und Antiideologe. Den Arbeiter sah er deswegen als Motor des Fortschrittes an, weil gerade der keine Ideologie habe und den wissenschaftlichen Materialismus betrachtete er als ideologieunabh�ngige Alternative. "Das Sein bestimmt das Bewu�tsein", dieser Kernsatz zielt auf die Daten ab, die logisch zu einem zusammenh�ngenden Weltbild konstruiert werden. Diese Weltbilder sind, je nach den von der jeweiligen Lebensform bestimmten Daten, selbstverst�ndlich verschieden. Und f�hren zu verschiedenen Interpretationen neuer Daten und zu verschiedenen Entscheidungen. Auch wenn Marx ein sehr fr�her Vogel war, der viel gemistet hat, die Flugrichtung stimmt imho. Wer ungef�hr das gleiche Weltbild hat, wird eine Konsensm�glichkeit finden. Bei stark unterschiedlichen Weltbildern aber wird ein solcher Konsens schwierig bis unm�glich. Ein Problem, das nach einer L�sung verlangt. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- offenbar sind Herrn Fromm die Argumente ausgegangen und Herr Gottlos hat �berzeugend demonstriert, dass die Position des Herrn Fromm nicht allgemein einsichtig begr�ndbar ist. Wenn Herr Fromm trotzdem f�r seine Position allgemeine Geltung verlangt (und am Karfreitag kein Fernsehsender eine Kom�die bringen darf), dann fordert er Gehorsam, dann appelliert er nicht an Einsicht. Dies Ergebnis ist schon etwas wert, denn diejenigen, die sich in einer Machtstellung befinden und ihre Normen den andern aufzwingen, h�ngen sich dabei gerne ein M�ntelchen der Rechtfertigung um und stehen nicht gerne nackt da (weshalb diese Machthaber besonders empfindlich gegen Kritikfreiheit und Meinungsfreiheit sind). Keine Gewaltherrschaft mag gern als das erscheinen, was sie ist. Wenn Du schreibst, dass ein vern�nftiger, auf Argumenten beruhender Konsens umso leichter herzustellen ist, je �hnlicher die Weltbilder sind, dann widerspreche ich Dir nicht. In einer Gruppe wird man umso leichter zu einer gemeinsamen, von allen getragenen Entscheidung zum Wohle der Gruppe kommen, je einiger sich die Gruppenmitglieder zumindest �ber die tats�chliche Lage, in der sie sich befinden. Worauf es mir ankommt ist die Aussonderung von Scheinargumenten, die nur vort�uschen, dass es ihnen um das geht, was allgemein g�ltig ist und deshalb auch allgemein einsichtig sein sollte. Es kommt darauf an, diejenigen Argumente herauszuarbeiten, die uns dem Konsens �ber das, was zum Wohle der Allgemeinheit ist, n�her bringen. Mit einem Gru� zum 2. Advent schlie�t Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- Herr Fromm gibt auf? Schau dir den Irak-Krieg mit allem drum und dran an. Herr Fromm gibt mitnichten auf. Herr Fromm l�sst dich am ausgestreckten Arm verhungern. Was n�tzt es dir, Herrn Fromm nachzuweisen, dass seine Argumente aus deiner Sicht (!) Scheinargumente sind? Das interessiert ihn nicht, weil er deine Sicht f�r falsch h�lt. Keine Gewaltherrschaft mag gern als das
erscheinen, was sie ist. Es gibt ein rudiment�res gemeinsames Weltbild. Begr�ndet dadurch, dass wir als Menschen alle konstitutionell gleich verfasst sind und alle in der gleichen Welt leben. Dahin m�ssen wir zur�ck. Nur auf dieser Basis wird ein Grundkonsens m�glich sein - und nur auf dieser Basis wird es m�glich sein, Scheinargumente auch als Scheinargumente einleuchtend nachzuweisen. Der ach so unmoderne Herr Descartes kann uns da weiter helfen: und wenn ich nicht f�hig w�re, auch nur einen Fitzel Wahrheit �ber die Welt und ihre Zusammenh�nge zu erkennen, wenn ich mich in allem t�uschen, �ber alles irren w�rde, so k�nnte ich mich darin nicht irren, dass ich bin. Und zwar hier und jetzt. Gleich, welche Ideologie er anbetet, ich glaube nicht, dass hier irgend einer dem Konsens widersprechen w�rde. Ich werde morgen fr�h beim Kerzenscheine einen zweiten Lebkuchen f�r dich mit verputzen! ;-) Gru� -------------------------------------------------------------------------------- ich hoffe, die Lebkuchen haben gut geschmeckt. Dass Herr Fromm seine Absicht aufgibt, die eigene Position durchzusetzen, habe ich auch nicht erwartet. Aber er hat offensichtlich aufgeh�rt zu argumentieren, weil er gemerkt hat (und andere haben es auch bemerkt), dass er seine Position gegen�ber Herrn Gottlos nicht begr�nden kann. Du entgegnest: �Was n�tzt es dir, Herrn Fromm nachzuweisen, dass seine Argumente aus deiner Sicht (!) Scheinargumente sind? Das interessiert ihn nicht, weil er deine Sicht f�r falsch h�lt.� Das erinnert mich an eine Situationen, die ich schon h�ufiger erlebt habe. Nachdem ich ausf�hrlich mit jemandem diskutiert habe und nachdem sich dessen Position als v�llig unhaltbar gezeigt hat, kommt als letztes �Argument� gegen meine Position schlie�lich der Satz: �Das ist DEINE Meinung!�, so als h�tte es die vorangegangene Diskussion �berhaupt nicht gegeben. Der Andere hat zwar recht damit, dass es sich um dabei um meine subjektive Meinung handelt, aber es ist NICHT NUR meine Meinung, die ich vertrete, sondern nach der abgelaufenen Diskussion habe ich auch gute Gr�nde, diese Meinung f�r richtig zu halten und ich kann den Anspruch auf deren allgemeine Geltung rechtfertigen. Darin besteht nach erfolgter Diskussion der entscheidende Unterschied zwischen meiner und seiner Meinung. Mit dem Satz: �Das ist DEINE Meinung� versucht der Andere nun, diesen Unterschied wieder zu verwischen. Die Situation stellt sich so dar. Jede Meinung ist die Meinung eines Subjektes und insofern subjektiv. Jede Meinung enth�lt aber allein dadurch, dass sie vom Betreffenden f�r richtig gehalten wird, den Anspruch auf allgemeine Geltung. Das entscheidende Problem ist festzustellen, welche der verschiedenen Meinungen diesen Anspruch zu recht enth�lt, welche Ansicht �allgemeing�ltig� ist. Die soziale Institution, auf der allgemeine Geltungsanspr�che in Bezug auf bestimmte Behauptungen gepr�ft werden, ist die Diskussion (Diskurs, Streitgespr�ch, Disput, Er�rterung etc.). In einer Diskussion werden die verf�gbaren Argumente f�r und wider eine strittige Behauptung zusammengetragen und auf ihre eigene Richtigkeit gepr�ft. Au�erdem wird gepr�ft, inwiefern diese Argumente den Anspruch auf allgemeine Geltung der strittigen Behauptung st�tzen oder untergraben. Zu den Grundregeln der Diskussion geh�rt, dass nur solche Diskussionsbeitr�ge Argumente sein k�nnen, die auch f�r die andern Diskussionsteilnehmer nachvollziehbar (teilbar, �bernehmbar) sind. Diese Regeln der Argumentation, die man nicht bestreiten kann, ohne dass man sie dabei bereits selber in Anspruch nimmt, stellen meiner Meinung nach einen allgemein tragf�higen Ausgangspunkt unseres Denkens dar. Aber ich schlie�e nicht aus, dass man auf dem von Dir skizzierten Weg ebenfalls zu brauchbaren Ergebnissen kommt. Noch ein Letztes. Wenn Herr Fromm die Ebene der Diskussion v�llig verl�sst und sich auf etwas beruft, das �h�her ist denn alle Vernunft�, dann argumentiert er nicht mehr, dann geht es ihm nicht mehr um �allgemeing�ltig oder nicht�, sondern dann geht es nur noch um wirkungsvolle �Menschenfischerei�. (In den Philtalk-Foren bewegen sich ja immer etliche dieser Spezies, die etwas H�heres als Vernunft anzubieten haben und deren �Argumente� dann auch entsprechend kl�glich ausfallen.) Wenn diese Gurus und Apostel nach ihrer Absage an die Vernunft dann noch von Wahrheit, Erkenntnis oder Wissen reden, dann f�llt das unter die Rubrik �Etikettenschwindel�. Mit diesen unchristlichen Gedanken verabschiedet sich Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- "Es gibt ein rudiment�res gemeinsames Weltbild. Begr�ndet dadurch, dass wir als Menschen alle konstitutionell gleich verfasst sind und alle in der gleichen Welt leben. Dahin m�ssen wir zur�ck. Nur auf dieser Basis wird ein Grundkonsens m�glich sein - und nur auf dieser Basis wird es m�glich sein, Scheinargumente auch als Scheinargumente einleuchtend nachzuweisen." Abrazo Alle Menschen werden aufbegehren, wenn sie zu einem Verhalten gezwungen werden, dass mit dem Streben der Selbsterhaltung unvertr�glich ist. Selbsterhaltung ist ein Prinzip, dass jedem Individuum seine Verhaltensweise vorgibt. Da jedes Individuum in seinem Zustand strebt zu verharren, da sich die Macht dieser Selbsterhaltung vollzieht BEVOR bestimmte individuelle Handlungen, BEVOR bestimmte politische Ma�nahmen gerechtfertigt werden, stellt dieses Streben nur den "prinzipiellen Ansatz" dar - der jedoch missachtet wird, wenn die im juridisch-politischen Zusammenhang praktizierte Vernunft sich zur Unvernunft verkehrend vollzieht. Was kann von einem Individuum verlangt werden, ohne dass dieses Prinzip verletzt wird? Bez�glich jenen Vielen, denen die konsequente Rationalisierung der Interessen hinsichtlich des Gemeinwohls nicht gegeben ist, deren Strebenszustand nicht von der Vernunft, vielmehr von ihrer Motivation, etwa Religion �ber den Staat zu stellen, geleitet ist. Diese Vielen verharren ebenso im Strebenszustand wie die Wenigen, die absolutgesetzte, etwa religi�se Anspr�che hinsichtlich des Staates, im Rahmen einer staatlichen Rechtsordnung abweisen (lassen). Heute wenig Zeit, bis sp�ter. Gru� philoschall
-------------------------------------------------------------------------------- on 12/03/05 um 23:37:03, Abrazo wrote:... :-) Hallo allseits, Das ist noch nicht die ganze Aufgabenstelleung. (Wie bei Differentialgleichungssystemen braucht es noch Randbedingungen, sonst gibt es unendlich viele L�sungen). Welche Randbedingungen muss die L�sung/Antwort erf�llen? Danke & Gruss --- Euer sph�rischer Alltag -------------------------------------------------------------------------------- klar haben die Lebkuchen geschmeckt. Aber auch nur, weil ich aufgrund zunehmener r�uberischer �berf�lle inzwischen ein Blech pro Woche kalkuliere - damit ich auch was abkriege [indifferent] Zu den Grundregeln der Diskussion geh�rt, dass nur solche Diskussionsbeitr�ge Argumente sein k�nnen, die auch f�r die andern Diskussionsteilnehmer nachvollziehbar (teilbar, �bernehmbar) sind. Frage: wann sind sie das? Gleich ist bei uns allen die F�higkeit der Wahrnehmung. Egal, was wir wie und mit welchem Sinn wahrnehmen, wir nehmen nur das wahr, was sich von seinem Hintergrund unterscheidet. Das wahrgenommene Objekt ist also ungleich seinem Hintergrund. Ergebnis dieser �berlegung: die Logik. Wer ihr widerspricht, spielt wie mit Murmeln mit bedeutungslosen S�tzen herum, die deswegen eben nicht mehr nachvollziehbar sind, steigt aus dem Dialog aus und monologisiert. Typisch �brigens f�r unsere Esoteriker. Weswegen sie sich auch so relativ ungerne in Esoterikforen aufhalten: wird auf Dauer irgendwie langweilig, wenn jeder f�r sich so vor sich hin monologisiert; geht man lieber Philosophen nerven. Das ist die Ebene der Verkn�pfungen; gleich ist aber ebenfalls die Ebene der Wahrnehmungsdaten. Wenn ich sage, guck mal da, ein Baum, und du sagst, ja, dann sind wir uns dar�ber einig, dass da ein Baum ist. Wenn ich frage: hast du den Baum vor dem Rathaus gesehen? Und du sagst: ja, dann sind wir uns dar�ber einig, dass vor dem Rathaus ein Baum zumindest stand. Wenn ich aber sage, guck mal den Keim, da w�chst ne Eiche und du sagst, ne, das wird ein Walnussbaum, dann sind wir uns dar�ber nicht einig. Und wenn wir nicht in der Lage sind, anhand wahrnehmbarer Tatsachen festzustellen, ob das nun ne Eiche oder ein Walnussbaum wird, dann werden wir uns dar�ber auch nicht einigen. So, wie wir uns nicht �ber Wiedergeburt und Jenseitsglaube einigen k�nnen. Daten, �ber die wir uns einigen k�nnen, sind immer nur gegenw�rtige oder - mit Einschr�nkungen - vergangene, niemals aber zuk�nftige. Ereignisse in der Zukunft k�nnen wir kalkulieren, anhand gegenw�rtiger oder vergangener Daten und ihrer logischen Verkn�pfungen. Aber es bleiben immer erdachte und damit m�glicherweise irrige Prognosen, es sind keine Daten. Sie mit Daten gleich zu setzen, ist unredlich. Hier ist ein Konsens im Zweifelsfalle nicht m�glich. Philoschall sagt: Alle Menschen werden aufbegehren, wenn sie zu einem Verhalten gezwungen werden, dass mit dem Streben der Selbsterhaltung unvertr�glich ist. Selbsterhaltung ist ein Prinzip, dass jedem Individuum seine Verhaltensweise vorgibt. 'werden aufbegehren' ist eine Prognose. Er begr�ndet sie mit dem Prinzip der Selbsterhaltung. Nun bin ich bereit, von Sokrates �ber Pater Maximilian Kolbe �ber Selbstmordattent�ter bis hin zum ganz normalen Selbstm�rder jede Menge Beispiele anzuf�hren, die nicht diesem Prinzip folgen. Damit ist imho die Prognose nicht konsensf�hig (nebenbei bemerkt: den Ausdruck 'strebt zu verharren' verstehe ich als logischen Widerspruch). Daraus folgt: wer den Konsens will, muss willens und bereit sein, seine Kalkulation auf Wahrnehmbares logisch zur�ckzuf�hren. Klingt harmloser als es ist - wenn wir an den Konstruktivismus denken. Wenn wir Vernunft als logische Folge und logisches Folgen dem biologisch programmierten Ziel �berleben verstehen, dann gibt es etwas, was h�her ist als die Vernunft: n�mlich die humane Ethik. Denn der ethische Wille bietet eine alternative Enscheidungsm�glichkeit zur biologisch programmierten Entscheidung, und die ist vern�nftig. Allerdings ist der ethische Wille subjektiv wahrnehmbar. Und da es im Laufe der Geschichte sehr viele Menschen gab, die diesen Willen offenbarten, ist er intersubjektiv wahrnehmbar; nicht f�r alle, doch f�r mehr als einen. Da er wahrnehmbar ist, ist er ein Datum, mit dem man wiederum logisch kalkulieren kann. So stellt sich mir die Frage, was ist mit dem 'h�her als jede Vernunft' gemeint, wenn das von mir eben gesagte nicht gemeint ist, wie es ja offenbar der Fall ist, wenn gesagt wird, der Mensch k�nne nichts Wahres erkennen. Denn Wahrnehmungen sind immer wahr. Selbst der Schizophrene kann sich nicht darin irren, dass er die Stimmen, die er h�rt, h�rt; irrig ist nur die von ihm erdachte Zuordnung. Damit erst mal Schluss. Gru� P.S. @ Alltag: was sind die Randbedingungen von Peanos Axiomen?
-------------------------------------------------------------------------------- Abrazo schreibt: "Nun bin ich bereit, von Sokrates �ber Pater Maximilian Kolbe �ber Selbstmordattent�ter bis hin zum ganz normalen Selbstm�rder jede Menge Beispiele anzuf�hren, die nicht diesem Prinzip folgen. Damit ist imho die Prognose nicht konsensf�hig." Ein Beispiel steht hier bereits f�r Viele. Die individuelle Handlung, etwa des Sokrates den Schierlingsbecher zu trinken, verletzt dieses "Prinzip" nicht. Sokrates, seine individuelle Handlung der Selbstt�tung ist lediglich (ohnm�chtiger) Teil-Ausdruck des individuellen sowie gemeinsamen Selbsterhaltungsstrebens der menschlichen Gattung. Die individuelle Handlung der Selbstt�tung ist im Zusammenhang der Biographie, des Umfeldes der Selbstt�tung zu betrachten. Sokrates beispielsweise besuchte Mitb�rger unter freien Himmel, um mit ihnen auf seine Art �ber die Dinge zu diskutieren, die ihm wichtig waren. Auch wenn ihm zur Last gelegt wurde, dass er, da er seine Mitb�rger verunsichere, dass er mit �ffentlichen Diskussionen gegen bestehende Staatsgesetze handelt, wird er davon ausgegangen sein, im Sinne des griechischen Allgemeinwohls zu handeln. Wird das eigene, als gerecht beurteilte Handeln von anderen vergesellschaften Individuuen jedoch derart bestimmt, dass dieses in Selbstt�tung umschl�gt, bewirkt diese individuelle Handlung nicht die Beendigung des Naturrechts: dass "Prinzip" des menschlichen Selbsterhaltungsstreben bleibt unangetastet. Zugestanden, mehrere Individuuen beschliessen ihre kollektive Selbstt�tung, wie etwa von Sekten vollzogen, deren Mitglieder in ihrer Handlung von inad�quaten Ideen bewegt, beispielsweise den Zeitpunkt des Weltunterganges zu kennen - auch mit dieser vergesellschafteten Handlung der Selbstt�tung bleibt das Naturrecht der menschlichen Gattung bestehen. Verhielte sich dieses anders, dass mit der individuellen oder fanatisch-gemeinsamen Handlung der Selbstt�tung dass menschliches Selbsterhaltungsstreben ausser Kraft gesetzt wird, k�nnten wir beispielsweise hier nicht schreiben. Wie abwegig und absurd dein Hinweis ist, zeigt sich schlagend, wenn er im juridisch-politischen Kontext, bei der Behandlung der Frage nach Allgemeinwohl, betrachtet wird. Bei der (Be) Gr�ndung von Gemeinwohl vom Interesse der Selbstt�tung ausgehen, steht derart der Vernunft entgegen, dass die �ffentliche Favorisierung dieses individuellen und dieses fanatisch-gemeinsamen Handelns das Aufbegehren der nicht-fanatisierten Menschen, d.h. denen die nicht v�llig der Logik ledig, folgen wird. Wer diese Logik nicht teilt, erweisst sich bei der (Be) Gr�ndung der Frage nach Gemeinwohl als nicht konsesf�hig, da von ihm der Lebenspraxis Verkehrendes favorisiert wird. Keine Regel ohne Ausnahme. Mit diesen ohnm�chtig-individuellen und ohnm�chtig-fanatischen Gruppenverhalten zeigt sich lediglich die vergesellschaftete Verkehrung des Selbsterhaltungstrebens der menschlichen Gattung, deren Individualisierung, als vern�nftige und/oder unvern�nftige sich vollziehend, vom empirischen Ausnahmefall der Selbstt�tung nicht angetastet. "Was aufgrund gleicher Konstitution gleich erkennbar ist, ist auch gleich nachvollziehbar. Gleich ist bei uns allen die F�higkeit der Wahrnehmung." Abrazo Zustimmung. Die F�higkeit der Wahrnehmung ist Kennzeichen (nicht nur) des menschlichen Selbsterhaltungsstrebens. Dass Denken des V o r g e s t e l l t e n der Dinge, z.B. die Aussage, dass Haus A von Haus B 500 Meter entfernt ist, entspricht nicht notwendigerweise dem Wissen von dieser Entfernung das mit mathematischen Ordnungssystem gegeben ist, sondern (zun�chst) der k�rperlichen, d.h. des Menschen sinnlicher Auffassung der Objekte A und B und der damit gegebenen sinnlichen Auffassung der Entfernung. Mit der in der Sinnenerfahrung verbleibenden Urteilskraft ist jedoch nicht grunds�tzlich das Urteil der Falschheit gegeben. Irrt�mer der Sinnenerfahrung beruhen beispielsweise darauf, dass die Entfernung zwischen A und B nicht in ihrer, von den mannigfaltigen Vorstellungen sich distanzierenden, etwa mathematischen Ordnungsgesetzlichkeit erfasst werden. Irrtum ist der Mangel des ad�quaten Denken wahrgenommener Ausdehnung, d.h. Dinge. Die in der Sinnenwahrnehmung verbleibende Urteilskraft kann von der Entfernung zwischen Objekt A und Objekt B, da Wahrgenommenes nicht in das ad�quat Gesetzliche Denken gekommen, keine vom inad�quaten Wissen v�llig bereinigte Aussage leisten. Entscheidend ist jedoch nicht die von dir angef�hrte Gleichheit. Entscheidend ist hier das Ordnungssystem, mit dem die mit dem menschlichen Selbsterhaltungsstreben gefundenen und ins Denken erhobenen Sinnesdaten zwecks Lebenspraxis geordnet wurden und werden. Und hier gibt es gravierende (graduelle!) Unterschiede des menschlichen Selbsterhaltungsstrebens, mit dem das innerhalb der westlichen Kultur zur Entfaltung gekommene mathematisch-technische Ordnungssystem lediglich als eines von unterschiedlichen sowie entgegengesetzten Ordnungssystemen aufgetreten. Bevor das mit dem Globalanspruch aufgetretende us-amerikanische und westeurop�ische Denken und Handeln tiefgreifend Kulturen vermochte zu beeinflussen, leisteten bereits Bezugssysteme Ordnung der mit dem menschlichen K�rper gegebenen Sinnenerfahrung zwecks Lebenspraxis, die mit, etwa theoretischer Auseinandersetzung von Erkenntnistheorie gewonnenen Resultaten oder den industriell-vergesellschafteten Resultaten von Naturwissenschaft nicht vergleichbar sind. Wird hier nicht Bescheidenheit, die Verrelativierung des Verabsolutierten us-amerikanischer sowie westeurop�ischer Selbstverst�ndlichkeiten ge�bt (was mit den Begriffen Humane Ethik bezeichnet werden k�nnte), verkommt dann nicht die Rede, beziehungsweise die Auseinandersetzung mit der mit dem menschlichen K�rper gegebenen Gleichheit als Voraussetzung der Behandlung von Gemeinwohl zum Gerede? Gru� philoschall -------------------------------------------------------------------------------- on 12/04/05 um 22:48:44, Abrazo
wrote:....was sind die Randbedingungen von Peanos Axiomen? Z�hlen lernt man seit eh und jeh und wo auch immer durch die widerholte und regelm�ssige Bewegung der Finger. Diese Lebenspraxis ist die Randbedingung der Peanos Axiome, die in der Sprache der Logik nichts anderes beschreiben als "z�hlen". Beim Lesen der Peanos Axiome - ich habe sie im Duden Lexikon gefunden - lernt man nicht "z�hlen" sondern die Sprache der Logik. Die Logik fusst auf ein derartig rudiment�re gemeinsame Lebenspraxis (Weltbild) und erfreut sich grosser beliebtheit, weil wir als Menschen alle konstitutionell gleich verfasst sind und alle in der gleichen Welt leben. F�hrt uns die Logik deshalb zum Gemeinwohl und Individualwohl? Ich denke, nein, denn es fehlt noch etwas: Die Vorstellung, dass es eine L�sung geben muss, die transparent, nachvollziehbar, konsistent, komplet und daher korrekt ist. Du sagst "Dahin m�ssen wir zur�ck." Ja! Zur�ck zu der Quelle aus der diese Vorstellung sprudelt. Wenn wir diesen Quellort kennen, k�nnen wir vermutlich auch verstehen, dass die Bedingung der M�glichkeit von Gemeinwohl (trotz Individualwohl) gegeben ist. Alsdann k�nnen wir vermutlich die eigene Ideologie loslassen und uns auf die Basis des Grundkonsens einlassen. K�nnen wir uns vorstellen, dass dieser Quellort ph�nomenologischer Natur ist und beispielsweise durch (logisches) denken ortbar ist? Und zwar f�r Jederman, in jedem Alter, allerorts und seit eh und jeh, /1/! --- Danke & Gruss --- Euer randbedingte Alltag /1/ Dieser Satzinhalt ist die Randbedingung! Post script: Die Wellengleichung ist unter den komplizierten Differentialgleichung eine der bekannten und anschaulichen. Ihre L�sungen sind Wellen. Ob Pfeiffton oder Geigenklang, Wasserwellen oder Tsunami, Paukenschlag oder Erdbeben, wird einzig und allein durch die mathematisch zu formulierenden Randbedingungen (inklusive Materialeigenschaften) bestimmt. --- �bertragen auf die Philosophie (nicht die Esotherik) entsprechen die Randbedingungen der Lebenspraxis (ohne sie ist Alpraum, Wahn usw. statt Philosophie) -------------------------------------------------------------------------------- Philoschall, du sollst Abrazo nicht interpretieren.
1. Wer nun Selbsterhaltung als oberstes Prinzip f�r den Menschen zementieren will, zementiert damit kein humanes, sondern ein biologisches Prinzip. Das halte ich grunds�tzlich f�r gef�hrlich. 2. 3. Und der Begriff Gemeinwohl ist in anderen Kulturen noch sehr lebendig. @ Alltag: Die Logik fusst auf ein derartig rudiment�re gemeinsame Lebenspraxis (Weltbild) Ohnehin bin ich der Ansicht, dass wir nicht das, was entwickelt wurde (Differentialgleichung z.B.) auf das anwenden k�nnen, woraus es sich entwickelt hat. Das Vorher-Nachher sollte man imho schon unterscheiden. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- "1. Wer nun Selbsterhaltung als oberstes Prinzip f�r den Menschen zementieren will, zementiert damit kein humanes, sondern ein biologisches Prinzip. Das halte ich grunds�tzlich f�r gef�hrlich." Abrazo Eberhard begr�sst hier �fters alle an Politischer Theorie Interessierten. Ich gr�sse heute mit folgenden Ausf�hrungen zur�ck. Hume gelingt mit seiner Kritik an historisch begr�ndeter Vertragstheorie -es gibt keinen und wird keinen Staat geben, der durch einen sogenannten urspr�nglichen Vertrag des Volkes entstanden und entstehen wird- den empirisch begr�ndeten Nachweis, dass Staat als Ausdruck physischer Gewalt vom Volk bereits vorgefunden wird, dass es darum geht, dass B�rger, soll Staat nicht als pure Gewaltherrschaft auftreten, Staat nachtr�glich, mit stillschweigender Zustimmung, anerkennen. Nicht die bereits vorgefundene physische Gewalt, nicht bereits vorgefundener Staat soll legitimiert werden, nicht diese mit physischer Gewalt gegebene Einrichtung soll aufgrund von Moral, mit einem "neuen", gewaltfrei abzuschlie�enden Gesellschaftsvertrag, aufgel�st werden. Die allgemeinen Interessen und Bed�rfnisse des Volkes sollen ausreichend ber�cksichtigt werden; dass Recht ist weder auf die absolute Legitimierung des bestehenden Staates und seiner Verfassung noch auf Revolution angewiesen. Hume favorisiert die ausreichende Ber�cksichtigung der Interessen und Bed�rfnisse des Volkes hinsichtlich R e f o r m e n d e r V e r f a s s u n g. Auch Kant setzt auf d i e s e Ber�cksichtigung: er favorisiert den Vertrag als normative I d e e. Die jeweilige juridisch-politische Verfassung soll vermittels dieser I d e e st�ndig zu Gunsten der B�rger verpflichtet werden; soziale Dynamik zur st�ndigen Verbesserung des politischen Systems ohne Anspruch auf Revolutionen wird favorisiert. Dass jeder Vertragsteilnehmer auf sein eigenes Naturrecht v�llig bezw. teilweise verzichtet, ist universale Vorraussetzung auch deutscher ideeller Vertragstheorie. Hinsichtlich angels�chsischer Philosophie, beispielsweise Hobbes: Im Naturzustand besitzt jeder Mensch Naturrecht, welches bei ihm eine vorstaatlich-provisorische Rechtfertigung der Freiheit des Menschen ist, zu seiner Selbsterhaltung alles zu tun, was dazu tauglich zu sein scheint. Im Naturzustand entstehen aus dem menschlichen Selbsterhaltungsstreben nach Hobbes jene Konflikte, die gel�st werden m�ssen: Die L�sung erfolgt dadurch, dass die Menschen ihr Naturrecht suspendieren, dieses einer allen gemeinsamen Autorit�t �bertragen, mit der die Verh�ltnisse der Individuen zueinander geregelt werden. Dass Ziel des menschlichen Selbsterhaltungsstreben ist nach Hobbes die normative Bindung des Menschen, die dann gelungen ist, wenn er konsequent Rational sich erhalten will. Dass Naturrecht des Menschen wird hier gewisserma�en aufgehoben, wenn menschlichen Selbsterhaltungsstreben gelungen Rational die Interessen zu verfolgen, wenn damit eine h�herrangige Norm sich herausgebildet. Wenn die Selbstt�tung, beispielsweise des Sokrates ebensowenig Unrecht ist, wie die staatsrechtliche Auslegung seiner Ankl�ger Recht ist - wenn also sowohl die individuelle Handlung, etwa die des Sokrates wie auch das im Namen des Staatsrechtes begr�ndete Urteil der Ankl�ger als Ausdruck des Naturrechtes genommen werden - : wie kann dann, wenn also jeder vergesellschaftete Mensch wie im Naturzustand soviel Recht besitzt wie er Macht bezw. Ohnmacht besitzt, jene mit der ideellen Vertragstheorie favorisierte wie auch mit der Hobbeschen Aufhebung favorisierte Vertragsgesetzlichkeit �berhaupt wird auftreten k�nnen, deren Rechtsbegriffe f�r sich beanspruchen im Gegensatz zu dem Machtbegriff zu stehen? Doch wohl unter der Voraussetzung, dass B�rger, bez�glich Hobbes, die konsequente Verfolgung der Rationalisierung der Interessen praktizieren, dass B�rger, bez�glich Kant, die Interessen geleitet von normativer Idee (Moral) praktizieren. Und die allt�gliche Lebenspraxis? Was lehrt diese, ber�cksichtigend ideelle Vertragstheorie sowie Hobbescher Aufhebung und Rationalit�t? Verfolgen die B�rger die Interessen denn wenigstens Rational, d.h. plangem�� und konsequent oder, hinsichtlich ideeller Vertragstheorie sogar mit normative Idee (Moral), mit der H�herrangige (!), die, vom angenommenen Naturrecht des Menschen sich im Diesseits (er!)l�sende (Welt!)Gesellschaft sich manifestieren soll? Muss der Politischen Theorie Westeuropas -hier Frankreich ausser Acht lassend- angesichts des allt�glichen Strebenszustandes des sogenannten Volkes (in demokratisierten Gesellschaften immerhin Souver�n) ihre Unternehmung nicht selber als Seifenblase, als Luftnummer, erscheinen? Wem n�tzen gebetsm�hlenartig vorgetragene gut gemeinte Appelle an jene die schlagend beweisen, dass Interessen nicht konsequent Rational verfolgt werden. Diese Litanei wird sich auch nicht �ndern, bevor die allt�gliche Praxis des Selbsterhaltungsstreben der politischen Theorie nicht als jenes Streben begrifflich aufgegangen, dass vorallem anderen dem verhaftet bleibt, dass von angef�hrter Politischer Theorie v � l l i g unzureichend ber�cksichtigt wurde und wird: dass mit dem menschlichen Selbsterhaltungsstreben stets gegebene (Spannungs)Verh�ltnis Vernunft und Affektivit�t. Politische Theorie, die s o z i a l e Dynamik der Affekte des menschlichen Selbsterhaltungsstrebens im juridisch-politischen Zusammenhang hervorhebend, vermag einen anderen Zugang zum Verst�ndnis des vergesellschafteten Menschen leisten. Dazu geh�rt jedoch (abermals) nicht nur theoretisch Selbstverst�ndlichstes, d.h. politischer Theorie wie auch Philosophie betreffend, als nicht nur Unzureichendes, sondern als die Lebenspraxis Verkehrendes zu begreifen. philoschall -------------------------------------------------------------------------------- wann sind Argumente f�r andere (also intersubjektiv) nachvollziehbar? Behauptungen dar�ber, wie die Welt beschaffen ist, k�nnen durch intersubjektiv �bereinstimmende Wahrnehmungen der Individuen � in Verbindung mit logischen Schlussfolgerungen - best�tigt werden. Deshalb sind S�tze wie; �Ich sehe das Leuchten des Stoffes nicht nicht, das die Theorie T voraussagt� geeignete Argumente. Hier gilt Deine Feststellung: Wer den Konsens will, muss willens und bereit sein, seine Kalkulation auf Wahrnehmbares logisch zur�ckzuf�hren. F�r normative Behauptungen dar�ber, wie Amtsinhaber handeln sollten, wenn sie dem Gemeinwohl verpflichtet sind, reicht jedoch das Kriterium der logischen Widerspruchsfreiheit und der �bereinstimmenden Wahrnehmungen nicht aus. Dazu m�ssen Willensinhalte bzw. Interessen der Beteiligten, Urteile �ber die relative Gr��e der Vor- und Nachteile f�r die verschiedenen Interessengruppen herangezogen werden, und die sind nicht direkt beobachtbar oder empirisch messbar. Hinzu kommt das Prinzip der unparteiischen Ber�cksichtigung aller Betroffenen, ohne das kein Konsens erreichbar ist. Ich sehe eine M�glichkeit zur Einsch�tzung der Interessenlage eines andern grunds�tzlich dadurch gegeben, dass ich mich � wenn es geht real, und wenn das nicht geht, zumindest vorstellungsm��ig - in die Lage des andern hineinversetze und versuche, die Angelegenheit aus seiner Sicht zu beurteilen. Menschen haben diese F�higkeit zum Nachempfinden, zur Empathie, zur Identifkation mit anderen. W�re dem nicht so, dann g�be es keine Belletristik und keine Schauspielkunst. Und die meistgestellte Frage in unserer Gesellschaft (Wie geht es Dir?) w�re sinnlos. Es gr��t Dich und alle Interessierte Eberhard. -------------------------------------------------------------------------------- on 12/06/05 um 18:50:17, Eberhard wrote:Ich sehe eine M�glichkeit zur Einsch�tzung der Interessenlage eines andern grunds�tzlich dadurch gegeben, dass ich mich � wenn es geht real, und wenn das nicht geht, zumindest vorstellungsm��ig - in die Lage des andern hineinversetze und versuche, die Angelegenheit aus seiner Sicht zu beurteilen. Menschen haben diese F�higkeit zum Nachempfinden, zur Empathie, zur Identifkation mit anderen. W�re dem nicht so, dann g�be es keine Belletristik und keine Schauspielkunst. Und die meistgestellte Frage in unserer Gesellschaft (Wie geht es Dir?) w�re sinnlos. Das funktioniert nicht. Vergiss es. Um dir etwas vorstellen zu k�nnen, musst du es erlebt haben. Was du nie erlebt hast, kannst du dir auch nicht vorstellen. So wie ein Blinder sich nicht die Farbe vorstellen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich ein Junkie ohne Stoff f�hlt, nicht, wie sich einer f�hlt, der gerade verhaftet wird, nicht, wie eine Prostituierte sich bei der Arbeit f�hlt. Und da dieses f�r ihr Leben wesentlich ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie ihr Leben ist. Ich kann mich auch nicht in k�rperlich und geistig Behinderte hinein f�hlen, nicht in Hungernde, nicht in Erdbeben- und Tsunami-Opfer, nicht in Iraker und Pal�stinenser, die mit Krieg leben m�ssen. Ich denke es ist wichtiger zu wissen, dass man genau das nicht kann: sich ein Leben vorstellen, von dem man nichts kennt. Dann versucht man es n�mlich gar nicht erst - und trifft dann auch keine falschen Entscheidungen. Auch viele Amerikaner haben sich vorgestellt, wie sich die Iraker �ber ihren siegreichen Einmarsch freuen. Wenn wir wissen wollen, wie andere Leute leben und was sie am dringendsten brauchen, m�ssen wir sie fragen. Und ansonsten bleibt das �bliche: wahrnehmbare Tatsachen feststellen und logisch kombinieren. Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Familie im pakistanischen Erdbebengebiet lebt. Ich wei� aber anhand der Tatsachen, dass sie schneegesch�tzte Unterk�nfte brauchen. Und wenn sie nicht in die T�ler hinab, sondern in ihren Bergen bleiben wollen, dann wei� ich, dass es sich als Menschen um vernunftbegabte Wesen handelt und dass sie daf�r m�glicherweise vern�nftige Gr�nde haben; welche, das muss ich erfragen. Gru� -------------------------------------------------------------------------------- Deine rigorose Verneinung der M�glichkeit, sich in einen andern Menschen vorstellungsm��ig hineinzuversetzen und so seine Interessenlage nachzuvollziehen, erscheint mir etwas �berzogen. Wenn ich nicht nur auf mein individuelles Wohl bedacht bin, sondern auch das Wohl der anderen mit ber�cksichtigen will, so muss ich wissen, was dem andern wohl- oder wehtut, was ihm gr��ere Freude und was ihm geringere Freude macht, was ihm gr��ere Schmerzen und was ihm geringere Schmerzen bereitet. Zum einen kann ich an seinen Wahlhandlungen, seinen Pr�ferenzen, ablesen, was ihm lieber ist: Ich sehe z. B., dass er sich lieber dort aufh�lt, wo es warm und trocken ist, als dort, wo es kalt und nass ist. Nat�rlich kann ich ihn auch fragen, was ihm lieber ist, welche Probleme ihn am meisten belasten oder die Erf�llung welcher W�nsche ihm am wichtigsten ist. Ich denke, dass keine un�berwindlichen Hindernisse bestehen, �ber solche Feststellungen zum Wohlergehen eines Menschen zu einem Konsens zu kommen. Man kann auch Vergleichen zwischen dem Wohlergehen eines Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten anstellen indem man fragt: Wird Person A durch eine bestimmte Ver�nderungen besser oder schlechter gestellt? Durch die Beschreibung der jeweiligen Lebensbedingungen und anhand von �u�erungen des Betreffenden �ber seine Lage gelangt man so zu intertemporalen Vergleichen des Wohlergehens und Urteilen wie: Fr�her ist es mir einmal besser ergangen als heute. Schwieriger ist es schon, das Niveau des Wohlergehens verschiedener Menschen oder Gruppen miteinander zu vergleichen, etwa wenn man sagt: So gut wie du m�chte ich es auch einmal haben! Oder: Den Beamten des �ffentlichen Dienstes geht es wesentlich besser als den Besch�ftigten in der Privatwirtschaft. Bei solchen interpersonalen Vergleichen zwischen dem Wohlergehen verschiedener Individuen und Gruppen muss man abw�gen zwischen verschiedenen G�tern und deren Bedeutung f�r die betreffenden Menschen, wie etwa Sicherheit des Arbeitsplatzes und H�he des Arbeitseinkommens. Aber muss man selber schon einmal arbeitslos geworden sein, um einsch�tzen zu k�nnen, was die Sicherheit des Arbeitsplatzes f�r einen Menschen bedeutet? Haben wir nur f�r etwas Verst�ndnis, wenn wir es selber einmal erlebt haben? Kann uns der Andere nicht auch durch seine Schilderungen eine Vorstellung vermitteln von seiner Lage und den daraus resultierenden Interessen (Zielen, W�nschen, N�ten, Problemen)? Sehen wir es einem Menschen nicht an, ob er sich gl�cklich oder hundeelend f�hlt? Geh�rt es nicht zu den wesentlichen Elementen der sozialen Intelligenz, dass man absch�tzen kann, wie einem andern zu Mute ist, wenn diesem bestimmte Dinge widerfahren oder wenn man ihm bestimmte Dinge zumutet? Kann ich Mitleid nur mit demjenigen haben, in dessen Lage ich mich selber schon einmal befunden habe? Dass man sich vor voreiligen Schl�ssen von sich auf andere h�ten muss � insbesondere wenn es sich bei den andern um Angeh�rige eines andern Kulturkreises handelt � ist davon unbenommen. Es gr��t Dich und alle Zaung�ste dieser Runde Eberhard.
*** Wer diese Website interessant findet, den bitte ich, Freunde, Kollegen und Bekannte auf die Ethik-Werkstatt hinzuweisen *** Ethik-Werkstatt: Gemeinsohl und Wohl der Individuen 1Was bedeutet Gemeinwohl a priori?Pluralistische Systeme sind nach Ernst Fraenkel von totalitären Systemen abzugrenzen, die die Hoheit über die Definition des Gemeinwohls (verstanden als „Gemeinwohl a priori“) für sich beanspruchen.
Was ist das öffentliche Wohl?Das öffentliche Wohl als Voraussetzung für eine nichtöffentliche Sitzung zu einer Sache besteht dann, wenn Interessen und Belange des Bundes, des Landes, der Gemeinde, anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder der örtlichen Gemeinschaft durch eine öffentliche Behandlung gefährdet werden können, auch wenn dies ...
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