Berlin tag und nacht wer ist angel

WTF?! Was lĂ€uft hier? Warum bringt Pat Angel bitte zur Schule? 😐 Kim

Posted by Berlin - Tag & Nacht on Wednesday, March 6, 2019

FĂŒr den Traum von Ruhm geht Angel bei "Berlin - Tag & Nacht" bis ans Äußerste: Als sie eine AffĂ€re mit Pat eingeht, fĂ€llt ihr ihre eigene Familie in den RĂŒcken – mit brutalen Konsequenzen.

Berlin tag und nacht wer ist angel
"Berlin - Tag & Nacht": Nach der vermeintlichen AffĂ€re mit Pat wird es fĂŒr Angel richtig ĂŒbel! Foto: RTL II

Einmal berĂŒhmt sein: Davon trĂ€umt Angel schon sehr lange. Als sie einem Paparazzo exklusive Aufnahmen mit ihr und Pat verspricht, scheint der Traum jedoch schnell vorbei zu sein. Doch Angel lĂ€sst nicht locker und fĂ€delt tatsĂ€chlich eine AffĂ€re mit Pat ein.WĂ€hrend Kim fassungslos ist, als sie von Angels AffĂ€re mit Pat auf einem Promiportal liest, ist die Blondie begeistert, dass nun endlich ihr Name in der Presse steht. Endlich ist sie ihrem großen Traum berĂŒhmt zu werden, einen entscheidenden Schritt nĂ€hergekommen.

Und dann sieht sich Angel am Ziel ihrer TrĂ€ume, als ein Pressetermin ansteht, bei dem Pat sie der Öffentlichkeit feierlich als seine neue Freundin vorstellen will. Angel glaubt, endlich ihren Weg zum Ruhm gefunden zu haben – doch plötzlich taucht ihr Bruder auf und macht ihr enorm schwere VorwĂŒrfe. Er findet, dass sie mit ihrer Aktion die Familie in Verruf bringt und schlĂ€gt bei dem Pressetermin Pat nieder. Anschließend beichtet er seinen Eltern, was passiert ist. Die sind genauso empört wie er und sperren Angel in ihr Zimmer ein. Dort soll sie so lange bleiben, bis sie wieder zur Vernunft gekommen ist. Angel ist fassungslos


Angela[1] Dorothea Merkel (geb. Kasner; * 17. Juli 1954 in Hamburg) ist eine deutsche Politikerin (CDU). Sie war vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021 achter Bundeskanzler und als Frau die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie war im Amt des Bundeskanzlers die erste Person aus Ostdeutschland und die erste nach der GrĂŒndung der Bundesrepublik geborene Person. Von April 2000 bis Dezember 2018 war sie Bundesvorsitzende der CDU.

Merkel wuchs in der DDR auf und war dort als Physikerin am Zentralinstitut fĂŒr Physikalische Chemie tĂ€tig. Erstmals politisch aktiv wurde sie wĂ€hrend der Wendezeit in der Partei Demokratischer Aufbruch, die sich 1990 der CDU anschloss. In der ersten und gleichzeitig letzten demokratisch gewĂ€hlten Regierung der DDR ĂŒbte sie das Amt der stellvertretenden Regierungssprecherin aus.

Bei der Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 errang sie erstmals ein Bundestagsmandat. Bei den folgenden sieben Bundestagswahlen wurde sie in ihrem Wahlkreis in Vorpommern direkt gewĂ€hlt.[2] Von 1991 bis 1994 war Merkel Bundesministerin fĂŒr Frauen und Jugend im Kabinett Kohl IV und von 1994 bis 1998 Bundesministerin fĂŒr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Kabinett Kohl V. Von 1998 bis zu ihrer Wahl zur Bundesvorsitzenden der Partei im Jahr 2000 amtierte sie als GeneralsekretĂ€rin der CDU.

Nach dem knappen Sieg der Unionsparteien bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 löste Merkel Gerhard Schröder (SPD) als Bundeskanzler ab. Als gesamtdeutsche Regierungschefin fĂŒhrte sie zunĂ€chst bis 2009 eine große Koalition mit der SPD (Kabinett Merkel I). Nach der Bundestagswahl 2009 ging sie mit der FDP eine schwarz-gelbe Koalition ein (Kabinett Merkel II), der 2013 eine erneute große Koalition folgte, die auch nach der Bundestagswahl 2017 fortgesetzt wurde (Kabinett Merkel III und IV). Am 29. Oktober 2018 kĂŒndigte sie an, zur Bundestagswahl 2021 nicht mehr zu kandidieren.[3]

Merkel galt wĂ€hrend des Großteils ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin international als De-facto-AnfĂŒhrerin der EuropĂ€ischen Union und als mĂ€chtigste Frau der Welt.[4]

Leben

Elternhaus und frĂŒhe Kindheit (1954–1960)

Angela Merkel wurde im Elim-Krankenhaus im Hamburger Stadtteil EimsbĂŒttel als erstes Kind des evangelischen Theologen Horst Kasner (* 1926 in Berlin; † 2. September 2011 ebenda) und seiner Frau Herlind Kasner, geb. Jentzsch (* 8. Juli 1928 in Danzig; † 6. April 2019 in Berlin[5]), geboren. Horst Kasner hatte ab 1948 an den UniversitĂ€ten Heidelberg und Hamburg sowie an der Kirchlichen Hochschule Bethel in Bielefeld Theologie studiert. Seine Frau Herlind war Lehrerin fĂŒr Latein und Englisch.

Noch 1954, einige Wochen nach der Geburt der Tochter, siedelte die Familie von Hamburg-Eppendorf, Isestraße 95, in die DDR ĂŒber. FĂŒr die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg trat Horst Kasner im Dorf Quitzow (heute ein Ortsteil von Perleberg) eine Pfarrstelle an. Angela Merkel ist ebenfalls evangelisch-lutherisch.

Haus Fichtengrund, Wohnhaus der Familie Kasner in Templin

1957 wechselte Kasner dauerhaft nach Templin in der Uckermark, um sich am Aufbau einer innerkirchlichen Weiterbildungsstelle zu beteiligen. Dort wuchs Angela Merkel im Haus Fichtengrund auf. Ihre Mutter war aufgrund des Pfarrberufs des Vaters im Schuldienst der DDR unerwĂŒnscht.[6] Am 7. Juli 1957 wurde Angelas Bruder Marcus, am 19. August 1964 ihre Schwester Irene geboren.

In Polen erregte 2013 die Entdeckung ihrer polnischen Wurzeln Aufmerksamkeit: Ihr Großvater, der Polizeibeamte Ludwig Kasner (1896–1959), hatte als Ludwig Kazmierczak als Pole im Deutschen Kaiserreich in Posen gelebt, im Ersten Weltkrieg erst fĂŒr die deutsche Armee und dann als Angehöriger der polnischen Haller-Armee möglicherweise gegen die deutsche Armee an der Westfront gekĂ€mpft.[7] Er siedelte spĂ€ter nach Berlin ĂŒber.

Schulzeit und Studium (1961–1978)

GebĂ€ude der frĂŒheren Polytechnischen Oberschule

1961 wurde Angela Kasner an der Polytechnischen Oberschule (POS) in Templin (heute Aktive Naturschule Templin) eingeschult. Auffallend waren ihre ĂŒberdurchschnittlichen schulischen Leistungen; in den SchulfĂ€chern Russisch und Mathematik war Kasner Klassenbeste. Sie gewann Russisch-Olympiaden bis hin zur DDR-Ebene und galt wĂ€hrend ihrer Schulzeit als zurĂŒckhaltende SchĂŒlerin.[8] Sie war Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ).[9] 1973 legte sie an der Erweiterten Oberschule (EOS) in Templin das Abitur ab.[10]

Kasner hatte sich bereits wĂ€hrend ihrer Schulzeit fĂŒr das Studium der Physik an der Karl-Marx-UniversitĂ€t (heute: „UniversitĂ€t Leipzig“) in Leipzig entschieden, das sie 1973 aufnahm. Um ihr Einkommen wĂ€hrend ihres Studiums aufzubessern, arbeitete sie nach eigenen Angaben an zwei Abenden pro Woche in Discotheken nebenberuflich als „Bardame“.[11] Sie gehörte nicht zu den opponierenden KrĂ€ften innerhalb der DDR, was ihre akademische Laufbahn verhindert hĂ€tte, berichtet aber, in diesen Jahren den Autor Reiner Kunze getroffen zu haben, den sie als ihren Lieblingsschriftsteller bezeichnet. 1977 heiratete sie den Physikstudenten Ulrich Merkel; die Ehe wurde 1982 geschieden.[12][13]

Angela Merkels Diplomarbeit vom Juni 1978 mit dem Titel Der Einfluss der rĂ€umlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei bimolekularen Elementarreaktionen in dichten Medien[14] wurde mit „sehr gut“ bewertet. Die Arbeit war zugleich ein Beitrag zum Forschungsthema Statistische und Chemische Physik von Systemen der Isotopen- und Strahlenforschung im Bereich statistische und physikalische Chemie am Zentralinstitut fĂŒr Isotopen- und Strahlenforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW).[15]

Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin (1978–1989)

Nachdem 1978 eine Bewerbung von Merkel an der Technischen Hochschule Ilmenau gescheitert war,[16] ging sie mit ihrem damaligen Mann nach Ost-Berlin. Hier nahm sie eine Stelle am Zentralinstitut fĂŒr Physikalische Chemie (ZIPC) der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof an.[15] 1986 konnte sie fĂŒr mehrere Tage zu einer Tagung in die Bundesrepublik Deutschland reisen. Außerdem nahm sie in Donezk an einem mehrwöchigen russischen Sprachkurs teil.[17]

Am Zentralinstitut arbeiteten rund 650 Personen, davon etwa 350 Wissenschaftler. Merkel arbeitete in der Abteilung Theoretische Chemie.

WĂ€hrend der Arbeit an ihrer Dissertation nutzte Merkel die Gelegenheit, einige der Berechnungen bei der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften in Prag durchzufĂŒhren, da diese einen leistungsfĂ€higen IBM-Großrechner besaß, den es in der DDR damals nicht gab. Am 8. Januar 1986 reichte sie ihre Dissertation mit dem Thema Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden ein.[18][19] Die Arbeit wurde mit „sehr gut“ (magna cum laude) bewertet.[20][21] Nach der Promotionsordnung musste dem Antrag auf Promotion der Nachweis beigefĂŒgt werden, dass die wĂ€hrend des Studiums erworbenen Kenntnisse des Marxismus-Leninismus („ML“) wesentlich vertieft und erweitert worden waren.[22] Merkel fertigte zum Nachweis eine schriftliche Arbeit mit dem Titel Was ist sozialistische Lebensweise?[23] an, die mit „genĂŒgend“ (rite) bewertet wurde.[20][24] Doktorvater war der Leiter der Abteilung Theoretische Chemie am ZIPC Lutz ZĂŒlicke. Nach der Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) wechselte Merkel innerhalb des Instituts in den Bereich Analytische Chemie, in dem Klaus Ulbricht ihr Abteilungsleiter wurde.

Merkel war weder Mitglied der SED noch einer der Blockparteien; sie war nicht in der zivilen oder der kirchlichen Opposition aktiv. WĂ€hrend ihrer TĂ€tigkeit fĂŒr die Akademie der Wissenschaften engagierte sie sich in einer FDJ-Gruppe. Nach eigenen Angaben war Merkel dort als Kulturreferentin tĂ€tig. Zeitzeugen – die der Merkel-Biograf Gerd Langguth befragt hat – sprachen davon, sie sei fĂŒr „Agitation und Propaganda“ zustĂ€ndig gewesen.[25][26]

Familie

WĂ€hrend ihres Physikstudiums in Leipzig lernte Angela Kasner im Jahr 1974 bei einem Jugendaustausch mit Physikstudenten in Moskau und Leningrad ihren ersten Ehemann, den aus CossengrĂŒn stammenden Physikstudenten Ulrich Merkel, kennen.[27] Am 3. September 1977 wurden die beiden in Templin kirchlich getraut. 1981 trennte sich das Paar und die kinderlose Ehe wurde 1982 in Ost-Berlin geschieden.[28] Ulrich Merkel hat aus seiner zweiten Ehe einen Sohn.[27]

Im Jahr 1984[29] lernte Merkel an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin-Adlershof den Quantenchemiker Joachim Sauer kennen, den sie am 30. Dezember 1998 heiratete. Die Ehe ist kinderlos; Sauer brachte zwei Söhne aus erster Ehe mit in die Partnerschaft. Das Ehepaar zog von der Luisenstraße, in unmittelbarer Sichtweite des ReichstagsgebĂ€udes, in eine Wohnung Am Kupfergraben in der NĂ€he der Humboldt-UniversitĂ€t um, in der es weiterhin lebt.

Freizeit

Seit 1985 sind Angela Merkel und Joachim Sauer EigentĂŒmer eines Wochenendhauses in Hohenwalde, einem Ortsteil von Milmersdorf in der Uckermark.[30]

Ihren Urlaub verbringt sie mit ihrem Mann seit Jahren an denselben Orten: zu Ostern auf der Insel Ischia im Golf von Neapel[31], im Sommer zum Wandern in Sulden im Vinschgau/SĂŒdtirol[32] und im Winter zum Skilanglauf in Pontresina im Schweizer Engadin.[33]

Angela Merkel und ihr Mann sind Opernliebhaber und besuchen regelmĂ€ĂŸig die Premierenvorstellungen der Bayreuther Wagner-Festspiele.[34]

Politische Laufbahn

Demokratischer Aufbruch (1989–1990)

WĂ€hrend der Wende in der DDR im Herbst 1989 zeichnete sich ab, dass im Osten Deutschlands neue, demokratische Parteistrukturen entstehen wĂŒrden. Merkel wollte zunĂ€chst der SPD beitreten, hĂ€tte dafĂŒr jedoch vorher die Mitgliedschaft in einem Ortsverein beantragen mĂŒssen. Das sagte ihr nicht zu; sie begann deshalb im Dezember 1989 beim neu gegrĂŒndeten Demokratischen Aufbruch (DA) zu arbeiten, zunĂ€chst im Dezember und Januar noch unentgeltlich als provisorische Systemadministratorin, ab 1. Februar 1990 dann hauptberuflich als Sachbearbeiterin in der persönlichen Arbeitsumgebung des Vorsitzenden Wolfgang Schnur in der Ost-Berliner GeschĂ€ftsstelle.[35] Aus dieser Zeit ist auch ihre Aussage verbĂŒrgt, dass sie mit der CDU nichts zu tun haben wolle.[36] SpĂ€ter folgten der Entwurf von FlugblĂ€ttern, die Ernennung zur Pressesprecherin durch ihren „Entdecker“[37] Schnur und die Mitgliedschaft im Vorstand des DA. Der Demokratische Aufbruch schwankte zunĂ€chst noch stark in den politischen Perspektiven und galt eine Zeitlang, wie die anderen Vereinigungen der BĂŒrgerbewegung (Neues Forum, Demokratie Jetzt), prinzipiell als politisch linksorientiert. Bald brach sich aber eine politische Haltung Bahn, die den Sozialismus grundsĂ€tzlich ablehnte. Dies verstĂ€rkte sich, als Anfang 1990 konservative westdeutsche Politiker auf die erste demokratische Volkskammerwahl am 18. MĂ€rz 1990 hinarbeiteten und Volker RĂŒhe als GeneralsekretĂ€r der westdeutschen CDU am 5. Februar 1990 das WahlbĂŒndnis Allianz fĂŒr Deutschland begrĂŒndete. Der Demokratische Aufbruch nahm darin als neu gegrĂŒndete BĂŒrgerbewegung eine SchlĂŒsselstellung ein: Denn Helmut Kohl, damaliger Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender, wollte nicht allein auf die Ost-CDU (die als Blockpartei vorbelastet war) oder die der CSU nahestehende Deutsche Soziale Union (DSU) setzen. Das Ansehen des DA wurde jedoch erheblich geschĂ€digt, als wenige Tage vor der Volkskammer-Wahl bekannt wurde, dass Wolfgang Schnur von 1965 bis 1989 fĂŒr das Ministerium fĂŒr Staatssicherheit (MfS) tĂ€tig gewesen war. Merkel leitete die Pressekonferenz, auf der der DA-Vorstand seine Betroffenheit darĂŒber Ă€ußerte.[35]

Allianz fĂŒr Deutschland (1990)

Die erste freie Volkskammerwahl am 18. MĂ€rz 1990 endete fĂŒr Merkels Demokratischen Aufbruch (DA) mit einem 0,9-Prozent-Desaster. Dank der unerwarteten 41 Prozent fĂŒr den BĂŒndnispartner Ost-CDU wurde die gemeinsame Allianz fĂŒr Deutschland jedoch faktischer Wahlsieger. Unter dem CDU-Spitzenkandidaten Lothar de MaiziĂšre entstand innerhalb der folgenden Wochen eine Koalition, bestehend aus der Allianz, den Sozialdemokraten und den Liberalen. Am 12. April 1990 wĂ€hlten die Volkskammerabgeordneten dieser Koalitionspartner Lothar de MaiziĂšre zum neuen MinisterprĂ€sidenten der DDR. In der Regierung de MaiziĂšres erhielt Rainer Eppelmann mit dem Ressort AbrĂŒstung und Verteidigung fĂŒr den DA ein Ministeramt. Im Einklang mit der Koalitionsarithmetik, die bei der Verteilung weiterer Posten zu beachten war, wurde Merkel in der ersten, und gleichzeitig letzten, frei gewĂ€hlten Regierung der DDR stellvertretende Regierungssprecherin.

In den Wochen nach der Volkskammerwahl rĂŒckte ĂŒberraschend schnell die Frage der Deutschen Wiedervereinigung in den politischen Mittelpunkt. Merkel begleitete viele vorbereitende GesprĂ€che, z. B. diejenigen zum Staatsvertrag ĂŒber die Schaffung einer WĂ€hrungs-, Wirtschafts- und Sozialunion – der am 18. Mai 1990 in Bonn unterzeichnet wurde. Maßgeblicher Verhandlungsleiter auf Seiten der DDR war der parlamentarische StaatssekretĂ€r beim MinisterprĂ€sidenten der DDR, GĂŒnther Krause, der in den nĂ€chsten Monaten ein wichtiger Förderer von Merkel wurde. Am 31. August 1990 wurde schließlich in Bonn der Einigungsvertrag von GĂŒnther Krause und dem Innenminister der Bundesrepublik, Wolfgang SchĂ€uble unterschrieben. Merkel begleitete Delegationen um Lothar de MaiziĂšre auf Auslandsreisen und war beim Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages am 12. September 1990 in Moskau anwesend.

Beitritt zur CDU (1990)

Das schlechte Abschneiden des Demokratischen Aufbruchs bei der Volkskammerwahl und die Entwicklung der nĂ€chsten Monate nötigten zur Anlehnung des DA an die CDU, die von Merkel mitgetragen wurde. Am 4. August 1990 stimmte auf einem Sonderparteitag des DA eine Mehrheit fĂŒr einen Beitritt zur westdeutschen CDU, nach vorhergehender Fusion mit der Ost-CDU. Merkel war eine von drei Delegierten, die der DA zum Vereinigungsparteitag der CDU in Hamburg am 1. und 2. Oktober 1990 sandte. In einer Rede stellte sie sich dort als ehemalige „Pressesprecherin des Demokratischen Aufbruchs“ und als Mitarbeiterin de MaiziĂšres vor. Am Vorabend dieses 38. CDU-Bundesparteitages kam es zu einem ersten von Merkel initiierten persönlichen GesprĂ€ch mit Helmut Kohl.

Merkels Beitritt zur CDU erfolgte im Zuge der Fusion des DA an die CDU passiv, indem ihre Mitgliedschaft im DA automatisch in ein CDU-Parteibuch umgewandelt wurde.[38]

Nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 erhielt Merkel die Planstelle einer MinisterialrĂ€tin (A 16) im Bundespresse- und Informationsamt (BPA). Im Einigungsvertrag war die Abwicklung der Akademie der Wissenschaften, an der sie zwölf Jahre gearbeitet hatte, festgeschrieben worden. Ihr Forschungsinstitut und alle anderen wurden grundlegend umstrukturiert, neu eingegliedert oder teilweise aufgelöst. Merkel bewarb sich daher mit der gesicherten beruflichen Position im BPA im RĂŒcken um ein Bundestagsmandat. Durch die Vermittlung von GĂŒnther Krause, der in Mecklenburg-Vorpommern CDU-Landesvorsitzender war, trat sie im Bundestagswahlkreis Stralsund – RĂŒgen – Grimmen als Direktkandidatin an. Ihre Nominierung erfolgte in der Kaserne Prora auf RĂŒgen.[39] Gleichzeitig wurde sie auf Platz 6 der Landesliste als Listenkandidatin gesetzt.

Bundesministerin fĂŒr Frauen und Jugend (1991–1994)

Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 gewann Merkel ihren neuen Wahlkreis mit 48,5 Prozent der abgegebenen Erststimmen. Mit der konstituierenden Sitzung am 20. Dezember 1990 wurde sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages.

Der Wahlsieger Helmut Kohl, der sie im November 1990 nochmals zu einem GesprĂ€ch ins Kanzleramt nach Bonn eingeladen hatte, nominierte sie ĂŒberraschend fĂŒr ein Ministeramt in seinem Kabinett. Das alte Bundesministerium fĂŒr Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit wurde dreigeteilt – in das Bundesministerium fĂŒr Gesundheit (Gerda Hasselfeldt), das Bundesministerium fĂŒr Familie und Senioren (Hannelore Rönsch) und das Bundesministerium fĂŒr Frauen und Jugend (Angela Merkel). Merkel erhielt ein kleines Restministerium mit wenig Kompetenzen. Sie wurde am 18. Januar 1991 als Ministerin vereidigt. Als parlamentarischen StaatssekretĂ€r wĂ€hlte sie Peter Hintze; als beamteter StaatssekretĂ€r folgte spĂ€ter noch Willi Hausmann. Im Januar 1992 wurde Beate Baumann Merkels BĂŒroleiterin und blieb es bis zum Ende des Jahres 2021.

Merkel war aufgrund ihrer Vergangenheit als BĂŒrgerin der DDR wenig vertraut mit den GebrĂ€uchen in der Union. Ihr schneller Quereinstieg grĂŒndete sich ausschließlich auf die Gunst des Bundeskanzlers, was ihr von Journalisten den Spitznamen „Kohls MĂ€dchen“ einbrachte, wĂ€hrend ihre spĂ€teren Konkurrenten in Karrierenetzwerken wie dem Andenpakt zusammengeschlossen waren, gegen die sie zunĂ€chst keine eigene Hausmacht geltend machen konnte. Daher bemĂŒhte sie sich im November 1991 um den CDU-Landesvorsitz in Brandenburg, konnte sich jedoch nicht gegen Ulf Fink durchsetzen. Dies sollte die einzige Abstimmungsniederlage ihrer Karriere bleiben. Im Dezember 1991 wurde sie auf dem CDU-Bundesparteitag in Dresden als Nachfolgerin von Lothar de MaiziĂšre zur einzigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden ihrer Partei gewĂ€hlt; ab 1992 war sie eine von vier Stellvertretern Kohls.[40] Von 1992 bis 1993 saß sie darĂŒber hinaus dem Evangelischen Arbeitskreis (EAK) der Unionsparteien vor. Im Juni 1993 nahm sie die Chance wahr, ihre Macht in der Partei auszubauen, indem sie GĂŒnther Krause als CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern nachfolgte. Nach dem politischen RĂŒckzug von de MaiziĂšre und Krause besaß sie eine der wenigen unbelasteten Ostbiografien innerhalb der CDU.

Bundesumweltministerin (1994–1998)

Umweltministerin Angela Merkel im Juni 1995 am Stresemannufer in Bonn

Merkel erreichte bei der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 in ihrem Wahlkreis 48,6 Prozent der Erststimmen und wurde im Kabinett Kohl ĂŒberraschend Bundesministerin fĂŒr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.[41]

Ihr AmtsvorgĂ€nger war der auch außerhalb der Union anerkannte Klaus Töpfer. Dessen umweltpolitische Positionen und Forderungen stießen jedoch innerhalb des WirtschaftsflĂŒgels der CDU und insbesondere beim Koalitionspartner FDP auf zunehmenden Widerstand. Die Vereidigung Merkels am 17. November 1994 und der Wechsel Töpfers an die Spitze des Bundesministeriums fĂŒr Raumordnung, Bauwesen und StĂ€dtebau können parteipolitisch als Töpfers Entmachtung betrachtet werden. Merkel entließ drei Monate nach Amtsantritt Töpfers langjĂ€hrigen beamteten StaatssekretĂ€r Clemens Stroetmann und ersetzte ihn durch Erhard Jauck.

CDU-GeneralsekretĂ€rin (1998–2000)

Die Bundestagswahl am 27. September 1998 endete fĂŒr die Union und ihren Kanzlerkandidaten Kohl mit einem Debakel. CDU und CSU erzielten mit 35,2 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1949 – erstmals wurde eine amtierende Bundesregierung abgewĂ€hlt. Merkels Erststimmenanteil sank um 11 Prozentpunkte auf 37,3 Prozent.

Wolfgang SchÀuble, der als Kohls möglicher Nachfolger galt, hatte vor der Wahl des Kandidaten kritisiert, dass Kohl erneut antrat, sich damit aber gegen Kohl nicht durchsetzen können. Auf dem CDU-Bundesparteitag in Bonn am 7. November 1998 wurde SchÀuble zum neuen Bundesvorsitzenden gewÀhlt und auf seinen Vorschlag Merkel zur GeneralsekretÀrin der CDU. Sie erhielt damit eine der wenigen Positionen mit Gestaltungsmacht, die der langjÀhrigen Regierungspartei CDU in der Opposition geblieben waren. Kohl wurde Ehrenvorsitzender der CDU mit Sitz im PrÀsidium und Bundesvorstand.

Die CDU erreichte in den folgenden Monaten bei Landtagswahlen einige gute Ergebnisse und im Juni 1999 bei der Europawahl zusammen mit der CSU ĂŒberragende 48,7 Prozent (1994: 38,8 Prozent). Hatte sich schon in der Ära Kohl die Tendenz gezeigt, dass die deutschen WĂ€hler die auf Bundesebene in der Opposition befindlichen Parteien bei anderen Wahlen stĂ€rkten, wurde jetzt die neue Oppositionspartei CDU gestĂŒtzt.

Im November 1999 wurde die CDU-SpendenaffÀre öffentlich. Helmut Kohl rÀumte in einem ZDF-Interview am 16. Dezember 1999 ein, wÀhrend seiner Zeit als Bundeskanzler unter Bruch des Parteispendengesetzes MillionenbetrÀge entgegengenommen zu haben. Er weigerte sich aber, den oder die Geldgeber zu nennen, da er ihnen sein Ehrenwort gegeben habe. Merkel veröffentlichte am 22. Dezember 1999 einen Gastbeitrag[42] in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in dem sie Kohls Haltung kritisierte und die Partei zur Abnabelung aufforderte:

„Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen. Sie muss sich wie jemand in der PubertĂ€t von zu Hause lösen, eigene Wege gehen.“

Diese offene Kritik an Kohl, die bis dahin von der ParteifĂŒhrung ungehört war, war nicht mit dem Parteivorsitzenden SchĂ€uble abgesprochen, der Merkel daraufhin „eigentlich entlassen“ wollte; unter FunktionĂ€ren wurde sie als „Vatermörderin“ und „Nestbeschmutzerin“ bezeichnet, erhielt aber auch viel Zuspruch fĂŒr ihren riskanten Schritt, unter anderem von Christian Wulff. Da SchĂ€uble ihr in der Sache Recht gab und Merkel, als unbelastet geltend, einen Neuanfang glaubwĂŒrdig vertreten konnte, beließ er sie im Amt.[43]

CDU-Vorsitzende (2000–2018)

Angela Merkel als Parteivorsitzende auf dem 28. Parteitag der CDU Deutschlands am 14. Dezember 2015 in Karlsruhe

Am 16. Februar 2000 erklĂ€rte SchĂ€uble vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion seinen RĂŒcktritt als Partei- und Fraktionsvorsitzender. In den darauffolgenden Wochen war die Partei fĂŒhrungslos, Angela Merkel befand sich als GeneralsekretĂ€rin in einer SchlĂŒsselposition. In dieser Zeit fanden neun sogenannte „Regionalkonferenzen“ statt. Sie waren ursprĂŒnglich angesetzt worden, um die CDU-SpendenaffĂ€re mit der Parteibasis zu diskutieren und aufzuarbeiten. Auf diesen lokalen Parteiversammlungen formierte sich UnterstĂŒtzung fĂŒr Merkel als SchĂ€uble-Nachfolgerin. Ihr spĂ€ter Quereinstieg kam ihr nun zugute: Sie galt in der Öffentlichkeit und bei der Basis als in der Parteispendenangelegenheit unbelastet. FrĂŒhzeitig sprach sich der niedersĂ€chsische OppositionsfĂŒhrer Christian Wulff fĂŒr Merkel aus. Volker RĂŒhe, Friedrich Merz und Edmund Stoiber dagegen sollen ihrer Kandidatur kritisch gegenĂŒbergestanden haben.[44]

Am 10. April 2000 wurde Angela Merkel auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen mit 897 von 935 gĂŒltigen Stimmen zur neuen CDU-Bundesvorsitzenden gewĂ€hlt. Neuer CDU-GeneralsekretĂ€r wurde, auf Merkels Vorschlag, Ruprecht Polenz. Den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ĂŒbernahm Friedrich Merz. Das neue FĂŒhrungstrio erlebte am 14. Juli eine erste politische Niederlage: Obwohl die rot-grĂŒne Bundesregierung nicht ĂŒber die notwendige Mehrheit im Bundesrat verfĂŒgte, war es ihr gelungen, in der Abstimmung ĂŒber die geplante Steuerreform einige BundeslĂ€nder mit CDU-Regierungsbeteiligung auf ihre Seite zu ziehen. Bereits im November 2000 trennte sich Angela Merkel von Ruprecht Polenz. Als seinen Nachfolger wĂ€hlte sie Laurenz Meyer, der wie Polenz Bundestagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen war.

Die Jahre 2000 und 2001 bescherten der CDU unter Merkel – auch als Folge der SpendenaffĂ€re – keine großen Landtagswahlerfolge. Die rot-grĂŒne Bundesregierung schien dagegen Tritt gefasst zu haben. Die Positionierung fĂŒr die Bundestagswahl im September 2002 begann: Friedrich Merz hatte sich selbst bereits im Februar 2001 als Kandidat fĂŒr das Amt des Bundeskanzlers ins GesprĂ€ch gebracht. Damit war die Diskussion um die Kandidatenfrage – in den Medien hĂ€ufig als „K-Frage“ bezeichnet – eingelĂ€utet. Angela Merkels Bereitschaft zur Kandidatur war bekannt. Sie verfĂŒgte in den Spitzen der Partei jedoch ĂŒber wenig RĂŒckhalt, da viele CDU-MinisterprĂ€sidenten und Landesvorsitzende den bayerischen MinisterprĂ€sidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber favorisierten. Im Dezember 2001 war auf dem Bundesparteitag in Dresden eine Entscheidung vermieden worden, diese sollte am 11. Januar 2002 auf einer Sitzung von CDU-PrĂ€sidium und Bundesvorstand in Magdeburg fallen. Merkel ging der unmittelbaren Konfrontation mit Stoiber jedoch aus dem Weg: Im Vorfeld hatte sie ihn zum „Wolfratshauser FrĂŒhstĂŒck“ zu Hause besucht, bei dem sie ihm ihren Verzicht zu seinen Gunsten mitteilte. Angela Merkels RĂŒckzug diente dabei dem eigenen Machterhalt, eine deutliche Abstimmungsniederlage gegen Stoiber hĂ€tte als Misstrauensvotum gegen ihre Person aufgefasst werden und eine Diskussion um den Parteivorsitz aufkommen lassen können.

OppositionsfĂŒhrerin (2002–2005)

2002

Die Bundestagswahl am 22. September 2002 endete mit einer knappen Wiederwahl der rot-grĂŒnen Regierungskoalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Angela Merkel hatte die erfolglose Stoiber-Kandidatur loyal mitgetragen. Zu Schröders Wahlsieg hatte auch dessen schnelle Reaktion auf das Jahrhunderthochwasser beigetragen, als noch wichtiger wird indes seine ablehnende Haltung zum Irakkrieg betrachtet. Dem „Nein“ der amtierenden Bundesregierung stand ein Bekenntnis Merkels zu George W. Bushs Konfrontationskurs – von ihr damals als „Drohkulisse“ bezeichnet – gegenĂŒber. Sie und Stoiber hielten an dem durch ihre Parteiprogramme vorgegebenen unbedingten Bekenntnis zu den USA fest und warfen der Regierung vor, fĂŒr Irritation bei den Amerikanern zu sorgen und das historische BĂŒndnis mit den „Befreiern“ vom Nationalsozialismus zu gefĂ€hrden.

Unmittelbar nach der verlorenen Bundestagswahl beanspruchte Angela Merkel den CDU/CSU-Fraktionsvorsitz im Bundestag, das bisherige Amt von Friedrich Merz; dies hatte sie unabhĂ€ngig vom Wahlausgang geplant. Einer Regierung Stoibers wollte sie als Ministerin nicht angehören.[45] In der nunmehr bestehenden Konstellation wollte sie der Regierung Schröder im Parlament als OppositionsfĂŒhrerin gegenĂŒbertreten. Merz war zunĂ€chst nicht bereit, seine Position aufzugeben, und Ă€ußerte seinerseits Kritik an Merkel. Auf der entscheidenden CDU-PrĂ€sidiumssitzung gab das Votum Stoibers zugunsten Merkel den Ausschlag.[45] Das VerhĂ€ltnis zwischen Merkel und Merz galt bereits vorher als konfliktbelastete Konkurrenzkonstellation. Mit dem Erhalt des Vorsitzes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde Eva Christiansen Beraterin von Merkel. Sie gehörte trotz Unterbrechungen als Beraterin zu Merkels engsten WeggefĂ€hrten.

Bei der ersten Wiederwahl als Parteivorsitzende auf dem Bundesparteitag in Hannover am 11. November 2002 wurde Merkel mit 93,6 Prozent der Stimmen wiedergewÀhlt.

2003

Das Jahr 2003 brachte der CDU und ihrer Vorsitzenden Erfolge bei den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen. Die stĂ€rker werdende PrĂ€senz der CDU im Bundesrat ermöglichte Angela Merkel schließlich ein Mitregieren aus der Opposition heraus. Die CDU trug die Agenda 2010 der rot-grĂŒnen Bundesregierung mit und stimmte, nachdem sie im Vermittlungsausschuss noch weitergehende Forderungen durchgesetzt hatte, den GesetzesĂ€nderungen in Bundestag und Bundesrat zu. So war sie vor allem bei der Formulierung der zum 1. Januar 2004 wirksam gewordenen Gesundheitsreform und des Vierten Gesetzes fĂŒr moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV) eingebunden. In der Hohmann-AffĂ€re reagierte Merkel Anfang November 2003 auf die Äußerungen von Martin Hohmann zum „jĂŒdischen TĂ€tervolk“ zunĂ€chst mit der Aufforderung, dass Hohmann seine Position als Berichterstatter im Innenausschuss des Deutschen Bundestages aufgeben mĂŒsse.[46] Merkel wurde dafĂŒr kritisiert, keinen Fraktionsausschluss des Abgeordneten voranzutreiben, wĂ€hrend das Erreichen der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit fĂŒr Hohmanns Ausschluss in der eigenen Fraktion wiederum als unsicher galt.[47] Eine Woche spĂ€ter leitete Merkel das Ausschlussverfahren gegen Hohmann ein.[48]

2004

Am 6. Februar 2004 trat der politisch angeschlagene Bundeskanzler Gerhard Schröder als SPD-Vorsitzender zurĂŒck, sein Nachfolger wurde Franz MĂŒntefering. Im selben Monat gelang der CDU ein deutlicher Sieg bei der Wahl zur Hamburgischen BĂŒrgerschaft. Angela Merkel bereiste im Februar drei Tage lang die TĂŒrkei. Dort setzte sie sich fĂŒr das Modell der „privilegierten Partnerschaft“ ein, als Alternative zu der von der Bundesregierung angestrebten Vollmitgliedschaft in der EuropĂ€ischen Union.

In einer Rede vom 20. November 2004 Ă€ußerte sich Angela Merkel mit den Worten „Die multikulturelle Gesellschaft ist gescheitert“ zur innenpolitischen Lage Deutschlands im Hinblick auf die Integrationsproblematik der muslimischen (vorwiegend tĂŒrkischen) Bevölkerung. Dabei brachte sie erneut den Begriff der deutschen Leitkultur in die Diskussion und kritisierte vor allem den aus ihrer Sicht mangelnden Integrationswillen der Muslime.

Das Ende der Amtszeit von BundesprĂ€sident Johannes Rau bedeutete die Neubesetzung des formal höchsten politischen Amtes in der Bundesrepublik Deutschland. Wolfgang SchĂ€uble hatte sich frĂŒh als Kandidat ins GesprĂ€ch gebracht und konnte auf UnterstĂŒtzung innerhalb von CDU und CSU hoffen. Innerparteiliche Gegenspieler Angela Merkels wie Roland Koch und Friedrich Merz favorisierten SchĂ€uble, ebenso wie Edmund Stoiber (CSU). Horst Köhler galt als Merkels Kandidat, und sein knapper Wahlerfolg in der Bundesversammlung am 23. Mai 2004 wurde allgemein als ein weiterer Ausbau ihrer Machtposition gewertet.

Vorgezogene Bundestagswahl 2005

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai 2005 brachte der SPD eine schwere Wahlniederlage, die eine Serie von Landtagswahlniederlagen der Jahre 2003 und 2004 fortsetzte. Als politisch-medialen Befreiungsschlag erklĂ€rten eine halbe Stunde nach Schließung der Wahllokale zuerst SPD-Parteichef Franz MĂŒntefering und kurze Zeit darauf Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass sie eine vorgezogene Neuwahl des Bundestages fĂŒr den Herbst 2005 anstrebten.

Am 30. Mai bestimmten die ParteiprĂ€sidien von CDU und CSU in einer gemeinsamen Sitzung Angela Merkel zur Kanzlerkandidatin der Unionsparteien. Ihre Rolle war unumstritten, die innerparteilichen Gegenspieler marginalisiert. Merkels Schattenkabinett wurde angesichts der angestrebten Koalition mit der FDP als Kompetenzteam vorgestellt. Insbesondere Paul Kirchhof und sein „Kirchhof-Modell“ (zur Besteuerung von Einkommen) sowie die CDU-Vorstellungen zur Krankenversicherung („Kopfpauschale“) galten spĂ€ter als „schwer vermittelbar“ und mitverantwortlich fĂŒr ein unbefriedigendes Wahlergebnis.

Bei der Bundestagswahl am 18. September 2005 erreichten CDU/CSU mit der Spitzenkandidatin Angela Merkel 35,2 Prozent (2002: 38,5) vor der SPD mit 34,2 Prozent. Ihren eigenen Wahlkreis 15 (Stralsund, Landkreis Nordvorpommern und Landkreis RĂŒgen) gewann Angela Merkel mit 41,3 Prozent der Erststimmen. Damit blieb die Union deutlich hinter ihren Prognosen zurĂŒck und konnte ihr Wahlziel, eine Regierungsmehrheit fĂŒr CDU/CSU und FDP, nicht erreichen. Im Gegenteil drohte sie ihren komfortablen Vorsprung analog zu 2002 an den erfahrenen WahlkĂ€mpfer Schröder zu verlieren; die Hoffnung, dass Merkel das hĂ€ufig gelobte Ergebnis des in Teilen Deutschlands 2002 eher irritierend empfundenen Bayern Stoiber noch einmal verbessern könnte, hatte sich nicht erfĂŒllt. Historisch handelte es sich bei dem CDU-Ergebnis um das schlechteste seit 1949, bei dem gesamten Unions-Ergebnis um das zweitschlechteste. Merkel konnte sich aber dennoch auf einen knappen Vorsprung von vier Sitzen und damit einen der engsten WahlausgĂ€nge der bundesdeutschen Geschichte stĂŒtzen, da auch die Sozialdemokraten deutliche Stimmeneinbußen hinnehmen mussten und es anders als in den Umfragen ersichtlich zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen gekommen war, in dessen Zuge die bisherige Regierungskoalition aus SPD und GrĂŒnen ihre Parlamentsmehrheit verloren hatte.

Bundeskanzlerin (2005–2021)

Große Koalition 2005 bis 2009

Koalitionsverhandlungen

Angela Merkel bei der Rede zur Eröffnung des Campus der ESMT (2006)

In einer Fernsehdiskussion am Wahlabend, der sogenannten „Elefantenrunde“, beanspruchte Gerhard Schröder trotz der eingebĂŒĂŸten Mehrheit von Rot-GrĂŒn ĂŒberraschend die Regierungsbildung fĂŒr sich – in einer Form, die heftige Diskussionen auslöste und die er selbst spĂ€ter als „suboptimal“ bezeichnete. Die nĂ€chsten Tage waren im politischen Berlin von der Frage bestimmt, ob der SPD, als im Bundestag grĂ¶ĂŸter Einzelfraktion einer Partei, oder der CDU/CSU, als grĂ¶ĂŸter Fraktionsgemeinschaft, das Amt des Bundeskanzlers – in einer wie auch immer gearteten Koalitionsregierung – gebĂŒhre.

Am 20. September wurde Angela Merkel von der erstmals nach der Wahl zusammengetretenen Unions-Bundestagsfraktion in geheimer Wahl mit 219 von 222 Stimmen zur Fraktionsvorsitzenden wiedergewĂ€hlt. Nach dem enttĂ€uschenden Bundestagswahlergebnis war dies ein wichtiges Vertrauensvotum und RĂŒckhalt fĂŒr bevorstehende KoalitionsgesprĂ€che. Die Öffentlichkeit erlebte in den 14 Tagen bis zu einer notwendigen Nachwahl im Wahlkreis 160 (Dresden I) GesprĂ€che Angela Merkels und Edmund Stoibers mit BĂŒndnis 90/Die GrĂŒnen zwecks Sondierung einer möglichen schwarz-gelb-grĂŒnen „Jamaika-Koalition“ zusammen mit der FDP. Erst nach der Entscheidung in Dresden begannen die GesprĂ€che mit der SPD zur Bildung einer Großen Koalition. Am 10. Oktober veröffentlichten SPD, CDU und CSU eine gemeinsame Vereinbarung, die die geplante Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin durch den 16. Deutschen Bundestag beinhaltete. Am 12. November stellte sie nach fĂŒnfwöchigen Verhandlungen der CDU/CSU mit der SPD den Koalitionsvertrag vor.

Am 22. November 2005 wurde Angela Merkel mit 397 Ja-Stimmen der 614 Mitglieder des Bundestages (Nein-Stimmen: 202; Enthaltungen: 12; ungĂŒltig: 1; 2 Abgeordnete der SPD fehlten entschuldigt) zur Bundeskanzlerin gewĂ€hlt.[49] Damit hatten von den 446 anwesenden Abgeordneten der Koalition 49 Merkel ihre Stimme verweigert. Nach sieben mĂ€nnlichen AmtsvorgĂ€ngern[50] war Angela Merkel die erste Bundeskanzlerin[51] und „achter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland“.[51][52] Gleichzeitig war sie mit 51 Jahren die jĂŒngste Amtsinhaberin, die erste Person aus Ostdeutschland und die erste Naturwissenschaftlerin, die dieses Amt bekleidet.

Regierungsbildung

Noch vor Beginn der Legislaturperiode verzichtete Merkels langjĂ€hriger Konkurrent Edmund Stoiber ĂŒberraschend auf das fĂŒr ihn vorgesehene Amt des Wirtschaftsministers, nach eigenem Bekunden wegen Franz MĂŒnteferings RĂŒckzug vom Parteivorsitz der SPD.

In die Vertrauens- und SchlĂŒsselstellung als Leiter des Bundeskanzleramtes berief Angela Merkel Thomas de MaiziĂšre, Cousin des letzten DDR-MinisterprĂ€sidenten Lothar de MaiziĂšre.

Erste HĂ€lfte der Amtsperiode

Zu Beginn der Amtsperiode traten Merkel und ihr Kabinett weder außen- noch innenpolitisch in besonderem Maße in Erscheinung. Lediglich Merkels Minister sorgten fĂŒr einige Schlagzeilen, die sich aber mehr auf Kompetenzfragen oder die langfristige Ausrichtung der Regierungsarbeit als auf konkrete Sachfragen bezogen.

Ende MĂ€rz 2006 legte Merkel ein Acht-Punkte-Programm fĂŒr die zweite „Etappe“ der Legislaturperiode vor. Darin wurden geplante Anstrengungen in den Bereichen Föderalismusreform, BĂŒrokratieabbau, Forschung und Innovation, Energiepolitik, Haushalts- und Finanzpolitik, Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik und insbesondere Gesundheitsreform skizziert.

Ungeachtet des Fehlens nötiger einschneidender Reformen stieß Merkels eher sachlicher Regierungsstil[53] anfangs in der Bevölkerung, unter den FĂŒhrungskrĂ€ften der Wirtschaft und im Ausland ĂŒberwiegend auf Zustimmung.

Am 27. November 2006 wurde sie auf dem Bundesparteitag der CDU mit 93 Prozent der Stimmen erneut zur Bundesvorsitzenden der Partei gewÀhlt.

Merkel sorgte fĂŒr einen kleineren außenpolitischen Eklat, als sie am 23. September 2007 den Dalai Lama Tendzin Gyatsho im Berliner Bundeskanzleramt empfing. Das Treffen mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter war von ihr als „privater Gedankenaustausch“ mit einem religiösen FĂŒhrer bezeichnet worden und sollte nicht als politische Stellungnahme zu den Autonomiebestrebungen Tibets verstanden werden. Trotzdem zeigte sich die Volksrepublik China verstimmt und sagte mit dem Hinweis auf „technische Probleme“ mehrere offizielle Termine auf ministerieller Ebene ab. Merkels außenpolitischer Berater Christoph Heusgen konnte die Wogen wieder glĂ€tten, indem er dem chinesischen Botschafter Ma Canrong versicherte, dass Deutschland seine China-Politik nicht Ă€ndern werde und die territoriale IntegritĂ€t Chinas außer Frage stehe.[54][55]

EU-RatsprÀsidentschaft 2007

Vertreten durch Angela Merkel und den Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Januar bis 30. Juni 2007 den Vorsitz im Rat der EuropĂ€ischen Union inne. Der Vorsitz wurde turnusmĂ€ĂŸig im Rahmen der Dreier-PrĂ€sidentschaft mit Portugal und Slowenien wahrgenommen.

Als wesentliche Bestandteile der politischen Agenda nannte Merkel unter anderem den EuropĂ€ischen Verfassungsvertrag, die „Klima- und Energiepolitik“, die „Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft“ und eine „Nachbarschaftspolitik fĂŒr die Schwarzmeerregion und Zentralasien“.[56]

Auch setzte Merkel sich dafĂŒr ein, dass die EU den Bezug auf Gott und den christlichen Glauben in ihrer Verfassung festschreibt.[57] Letztlich konnte sie sich mit dieser Forderung, die unter anderem auch aus Polen, Irland und Italien kam, aber nicht durchsetzen. Der Vertrag von Lissabon verweist lediglich auf das „kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas“.

Finanzkrise und Reaktionen

Im Herbst 2008 wurde – unter anderem durch die Insolvenz zahlreicher großer Finanzinstitute – das historische Ausmaß der 2007 einsetzenden Finanzkrise deutlich. Die IKB, einige deutsche Landesbanken und auch private Institute mussten Abschreibungen in erheblicher Höhe vornehmen. Der Deutsche Bundestag reagierte im August zunĂ€chst mit dem Risikobegrenzungsgesetz, die BaFin untersagte bestimmte LeerverkĂ€ufe.

Am 8. Oktober 2008 gab die Regierung Merkel eine GarantieerklĂ€rung fĂŒr die Spareinlagen in Deutschland ab. Diese Garantie galt fĂŒr jedes Institut und fĂŒr jeden Sparer eines Institutes, das Teil der deutschen Einlagensicherung ist.[58] Zuvor hatte Merkel noch die irische Regierung wegen einer eigenen Staatsgarantie scharf kritisiert, die sich allerdings allein auf einheimische Banken bezog. Merkels Vorgehen wurde von anderen europĂ€ischen Finanzministern als nationaler Alleingang kritisiert, von der EU-Kommission jedoch als nicht wettbewerbsverzerrend und damit unproblematisch eingestuft.[59] Die am 5. November 2008 und am 12. Januar 2009 beschlossenen Konjunkturpakete trug Angela Merkel als Kanzlerin mit. Sie sah dies als Chance, gestĂ€rkt aus der Finanz- und Wirtschaftskrise hervorzugehen. Auch setzte sie zusammen mit der SPD zum 14. Januar 2009 die EinfĂŒhrung der UmweltprĂ€mie, besser bekannt als AbwrackprĂ€mie, trotz starker Kritik aus der Opposition durch. Damit wurde KĂ€ufern eines Neuwagens bei gleichzeitiger Verschrottung ihres mindestens 9 Jahre alten PKWs eine vom Staat gezahlte PrĂ€mie in Höhe von 2500 Euro gewĂ€hrt. Dies sollte die durch die Weltwirtschaftskrise unter Druck geratene Automobilindustrie stĂŒtzen.[60] Dem angeschlagenen Autobauer Opel sagte Merkel Ende MĂ€rz 2009 ihre UnterstĂŒtzung bei der Suche nach einem Investor zu und stellte staatliche BĂŒrgschaften in Aussicht, lehnte es aber ab, Teile von Opel zu verstaatlichen. Beim geplanten Verkauf von Opel im Sommer 2009 plĂ€dierte Merkel fĂŒr den Autozulieferer Magna als zukĂŒnftigen EigentĂŒmer.[61]

Im April 2008 hatte Angela Merkel in ihrer Funktion als Kanzlerin den Bankier Josef Ackermann, damals Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, und 20 bis 30 weitere Personen zu seinem 60. Geburtstagsessen eingeladen und musste daraufhin – nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) aus dem Jahre 2012 – die Liste der geladenen GĂ€ste veröffentlichen lassen. Es wurde unter anderem kritisiert, Merkel habe Politik und Lobby-Interessen miteinander vermischt.[62]

Weitere Politikfelder

Nach der Wahl Barack Obamas zum PrĂ€sidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gratulierte Merkel ihm zu seinem „historischen Sieg“.[63] Bei ihren ersten Treffen betonten beide ihre gemeinsame Linie zum Beispiel in den Fragen der ErderwĂ€rmung oder der Atompolitik des Iran. Eine der wenigen Unstimmigkeiten betraf die Aufnahme von HĂ€ftlingen aus dem amerikanischen Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base. Obama drĂ€ngte auf eine schnelle Entscheidung Merkels.[64] Bei den Beratungen zum Beitritt weiterer LĂ€nder, wie der Balkanstaaten, zur EU stieß Merkels konservativer Kurs bei der Außenministerkonferenz in Frauenberg im MĂ€rz 2009 auf Kritik. Der Regierungspartner SPD warf ihr vor, dass ihr Programm im Widerspruch zum Europawahlprogramm der CDU stehe.[65] Nach dem Amoklauf in Winnenden vom 11. MĂ€rz 2009 sprach sich die Bundeskanzlerin fĂŒr stĂ€rkere Kontrollen von Waffenbesitzern aus. Außerdem mĂŒsse versucht werden, Waffen fĂŒr Kinder und Jugendliche unzugĂ€nglich aufzubewahren.[66]

Wahlkampf 2009

WĂ€hrend des im Vorfeld zur Bundestagswahl im September 2009 gefĂŒhrten Wahlkampfes wurde Merkel in der Öffentlichkeit und auch von Teilen der CDU/CSU oft vorgeworfen, zu wenig Parteiprofil zu zeigen. Man kritisierte zum Beispiel, dass sie ihr Konzept zur BekĂ€mpfung der Weltwirtschaftskrise nicht klar formulierte. Merkel selbst dementierte diese VorwĂŒrfe. Die Oppositionsparteien ĂŒbten außerdem Kritik am Verhalten Angela Merkels in der Frage eines Fernsehduells der Spitzenkandidaten aller Parteien. Nach dem Spitzenduell der Kanzlerkandidaten von SPD und CDU sagten beide, Merkel und Steinmeier, ihren Auftritt in einer solchen Runde ab. Im Wahlkampf forderte Merkel eine Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Einkommensteuer in zwei Schritten und den vollen Erhalt des Ehegattensplittings. Die Bundeskanzlerin lehnte weiter einen flĂ€chendeckenden Mindestlohn ab und trat dafĂŒr ein, die Laufzeiten der Kernkraftwerke in Deutschland zu verlĂ€ngern.

Angela Merkel bei der Eröffnung der Cebit am 6. MÀrz 2012

Schwarz-gelbe Koalition 2009 bis 2013

Bundestagswahl 2009 und Regierungsbildung

Am 27. September 2009 fand die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag statt. Die Unionsparteien und die FDP erreichten dabei zusammen die notwendige Mehrheit fĂŒr die von beiden Seiten angestrebte Bildung einer schwarz-gelben Koalition.[67] Allerdings verloren beide Unionsparteien Stimmen und mussten ihr jeweils schlechtestes Ergebnis nach der ersten Bundestagswahl 1949 hinnehmen.[68] Merkel selbst siegte im Wahlkreis 15 (Stralsund – Nordvorpommern – RĂŒgen) mit 49,3 Prozent der Erststimmen und erreichte damit einen Zuwachs von 8 Prozentpunkten gegenĂŒber der vorangegangenen Bundestagswahl.[69][70][71]

Nachdem die Koalitionsparteien einen Koalitionsvertrag unterzeichnet hatten, wurde Angela Merkel am 28. Oktober 2009 mit 323 von 612 abgegebenen Stimmen erneut zur Bundeskanzlerin gewĂ€hlt; dies waren neun Stimmen weniger, als die Koalition aus CDU/CSU und FDP innehatte.[72] Am 10. November 2009 gab Merkel ihre RegierungserklĂ€rung fĂŒr die neue Legislaturperiode ab, in der sie die Überwindung der Folgen der Wirtschaftskrise in den Mittelpunkt stellte.

BewÀltigung der Wirtschaftskrise

Die Koalition konnte zunĂ€chst nicht recht Fuß fassen, so dass der öffentliche Eindruck von der Regierungsarbeit zunehmend litt. Beispielsweise beschrĂ€nkte sich die Koalition, die angetreten war, das Steuersystem zu vereinfachen, mit dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ zunĂ€chst auf leichte steuerliche Entlastungen in verschiedenen Bereichen und das EinfĂŒhren einer „Hotelsteuer“ (die Mehrwertsteuer fĂŒr HotelĂŒbernachtungen wurde von 19 auf 7 Prozent gesenkt).[73] Gerade im ersten Jahr fand die Koalition nicht zu einem harmonischen Handeln zusammen, was in wechselseitigen Beschimpfungen ĂŒber die Presse gipfelte. Erst gegen Ende des Jahres 2010 wurde die Zusammenarbeit in der Regierung als gut rezipiert.[74]

Die Folgen der Wirtschafts- und Bankenkrise sowie die zunehmenden Probleme in der Eurozone nahmen einen breiten Raum im Handeln der Koalition ein. Im Mai 2010 beschlossen die Regierungs-Chefs der 17 Euro-LĂ€nder auf einem EU-Ratstreffen in großer Hast den ersten Euro-Rettungsschirm: Griechenland (ein Land mit etwa 10 Millionen Einwohnern) erhielt einen unbesicherten Kredit von 80 Milliarden Euro, um eine kurz bevorstehende Staatspleite abzuwenden. Der Bundestag segnete den deutschen Anteil im WĂ€hrungsunion-FinanzstabilitĂ€tsgesetz ab. Mehrere massive Aufstockungen der deutschen Haftung fĂŒr Schulden anderer Euro-LĂ€nder – ein Verstoß gegen die No-Bailout-Klausel – folgten (siehe Eurokrise, griechische Finanzkrise).

Derweil sank die Arbeitslosenzahl im Herbst 2010 auf unter 3 Millionen.[75]

Im Zusammenhang mit der Eurokrise beschloss der Bundestag am 13. Juni 2013 ein Gesetz zur Etablierung eines einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus, welcher auch eine Rekapitalisierung von finanziell in Schwierigkeiten geratenen Banken mit Geldern aus dem EuropÀischen StabilitÀtsmechanismus (ESM) erlaubt, welcher bis dahin nur Hilfszahlungen an Staaten erlaubte.[76]

Bundeswehrreform und PlagiatsaffÀre zu Guttenberg

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stieß im FrĂŒhjahr 2010 eine Debatte zu einer Bundeswehrreform an, die eine maximale TruppenstĂ€rke von 185.000 Soldaten vorsah. Trotz großer Bedenken gaben CDU und CSU auf Parteitagen im Herbst 2010 eine breite Zustimmung. Der Deutsche Bundestag beschloss am 24. MĂ€rz 2011 mit den Stimmen der Union, FDP, SPD und der GrĂŒnen die Aussetzung der seit 55 Jahren bestehenden Wehrpflicht, so dass die Bundeswehr ab dem 1. Juli 2011 eine Berufsarmee wurde (auch „Freiwilligenarmee“ genannt).[77]

Im Zuge einer PlagiatsaffĂ€re um seine Doktorarbeit erklĂ€rte zu Guttenberg, bis dahin beliebtester Minister ihres Kabinetts, unter öffentlichem und politischem Druck am 1. MĂ€rz 2011 seinen RĂŒcktritt von sĂ€mtlichen bundespolitischen Ämtern. Merkels Äußerung, sie habe Guttenberg „nicht als wissenschaftlichen Assistenten“ bestellt und seine Arbeit als Minister sei „hervorragend“,[78] verstĂ€rkte den Unmut an UniversitĂ€ten und bei Akademikern ĂŒber den Umgang mit der AffĂ€re, die diese Äußerung als GeringschĂ€tzung oder Relativierung von wissenschaftlichen Standards aufnahmen.[79]

Energiepolitische Wende

Am 28. Oktober 2010 verlĂ€ngerte die Bundesregierung die Laufzeiten aller 17 damals aktiven deutschen Atomkraftwerke („Ausstieg aus dem Ausstieg“) und annullierte damit den sogenannten Atomkonsens (2000/2002) der rot-grĂŒnen Regierung Schröder. Die sieben vor 1980 in Betrieb gegangenen deutschen Atomkraftwerke erhielten Strommengen fĂŒr zusĂ€tzliche acht Betriebsjahre, bei den ĂŒbrigen zehn sollte sich die Laufzeit um 14 Jahre verlĂ€ngern.[80] Damit setzte die Union einen Punkt ihres Wahlprogrammes um.[81]

Wenige Tage nach dem Beginn der Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan vollzog Merkel im MĂ€rz 2011 jedoch eine völlige Abkehr von ihrer bisherigen Atom- bzw. Energiepolitik: ZunĂ€chst verkĂŒndete die Bundesregierung ein dreimonatiges Atom-Moratorium fĂŒr die sieben Ă€ltesten deutschen Atomkraftwerke sowie fĂŒr das Kernkraftwerk KrĂŒmmel; kurz darauf setzte sie zwei Expertenkommissionen ein, um ihren beschleunigten Atomausstieg zu rechtfertigen bzw. legitimieren.

Diese Kehrtwende brachte Merkel viel innerparteiliche Kritik ein, vor allem aus dem konservativen FlĂŒgel der Union.[82][83] Die Opposition sah in Merkels schnell eingesetztem Atom-Moratorium ein wahltaktisches Manöver, um die CDU fĂŒr die nur wenig spĂ€ter stattgefundenen Landtagswahlen in Baden-WĂŒrttemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt sowie den Kommunalwahlen in Hessen zu unterstĂŒtzen.[84][85][86]

Am 6. Juni 2011 beschloss das Kabinett Merkel II das Aus fĂŒr acht Kernkraftwerke und einen stufenweisen Atomausstieg bis 2022.[87][88] Das einseitige Atom-Moratorium und die RĂŒcknahme der LaufzeitverlĂ€ngerung fĂŒhrte zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten der vier Versorgungsunternehmen (EnBW, E.ON/PreussenElektra, RWE und Vattenfall (Vattenfall gegen Bundesrepublik Deutschland)) mit der Bundesregierung, die schließlich 2021 mit einer Ausgleichszahlung in Höhe von etwa 2,43 Milliarden Euro fĂŒr nicht konzernintern verstrombare ElektrizitĂ€tsmengen und entwertete Investitionen beendet wurden;[89][90][91][92] der geordnete und von Bund und Versorgungsunternehmen beidseitig beschlossene Atomausstieg von 2000/2002 wĂ€re dagegen ohne finanzielle EntschĂ€digung gewesen, siehe Atomkonsens.[93] Umweltschutzorganisationen und die oppositionellen GrĂŒnen, die zu dieser Zeit stark in der WĂ€hlergunst zulegten,[94][95][96] kritisierten den verkĂŒrzten Atomausstieg als nicht ausreichend,[97] dennoch nahm Angela Merkel mit dem Atomausstieg die Bundesregierung, wie die sie tragenden Parteien, aus der direkten Kritik und konnte auf eine breite Zustimmung aus der Bevölkerung bauen; durch das Besetzen des Kernthemas der GrĂŒnen konnte Merkel zudem deren Höhenflug in den Umfragen beenden.[96][98][99]

Im Mai 2012 erregte Merkel großes Aufsehen, als sie den Minister fĂŒr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Norbert Röttgen ĂŒberraschend „entließ“. Ihre Entscheidung verkĂŒndete sie drei Tage nach Röttgens Landtagswahl-Niederlage als Spitzenkandidat der CDU-NRW gegen die amtierende MinisterprĂ€sidentin Hannelore Kraft. Noch vor der Wahl hatte Merkel wiederholt Norbert Röttgen gelobt und ihr VerhĂ€ltnis galt als sehr gut; Röttgen war der erste Minister, den Merkel „entließ“.[100][101] Nachfolger wurde der Parlamentarische GeschĂ€ftsfĂŒhrer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und enger Vertrauter Merkels, Peter Altmaier.[101][102]

VerhÀltnis zu den Vereinigten Staaten

Im Mai 2011 gratulierte Merkel dem US-PrĂ€sidenten Obama öffentlich zur Tötung Osama bin Ladens durch eine amerikanische Spezialeinheit und bekundete ihre Freude ĂŒber den Erfolg der „Operation Neptune Spear“. Innerparteilich, bei Kirchenvertretern und in der Presse geriet sie dafĂŒr unter Kritik.[103][104]

Nachdem im Zuge der Überwachungs- und SpionageaffĂ€re 2013 Hinweise darĂŒber bekannt geworden waren, dass das CDU-Mobiltelefon der Bundeskanzlerin ĂŒber Jahre hinweg durch den US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein könnte, forderte Merkel am 23. Oktober 2013 in einem persönlichen Telefonat mit US-PrĂ€sident Obama eine umfassende AufklĂ€rung der VorwĂŒrfe und eine Beantwortung einer bereits vor Monaten gestellten Anfrage der deutschen Bundesregierung. Eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der Vereinigten Staaten erklĂ€rte hierzu, dass der PrĂ€sident der Kanzlerin versichert habe, „dass die Vereinigten Staaten ihre Kommunikation nicht ĂŒberwachen und auch nicht ĂŒberwachen werden.“ Die Sprecherin beantwortete dabei trotz gezielter Nachfrage aber nicht, ob dies auch fĂŒr die Vergangenheit gilt.[105][106][107][108]

Die Telefonnummer der Bundeskanzlerin (geschwÀrzt) auf einem Auszug aus einer geheimen NSA-Datei

Laut dem Journalisten Sidney Blumenthal, der als Berater von US-PrĂ€sident Bill Clinton und der US-Außenministerin Hillary Clinton tĂ€tig war, ĂŒberwachten die Vereinigten Staaten wiederholt GesprĂ€che von Angela Merkel mit Finanzminister Wolfgang SchĂ€uble und von Merkel und SchĂ€uble mit Gerhard Schindler und Generalmajor Norbert Stier, PrĂ€sident und VizeprĂ€sident des Bundesnachrichtendienstes. So wurde am 6. Mai 2012 eine von SchĂ€uble angesetzte „sichere“ Telefonkonferenz mit Merkel zur Wahl François Hollandes zum französischen PrĂ€sidenten und zum Ergebnis der Landtagswahl in Schleswig-Holstein abgehört. In dem GesprĂ€ch schlug SchĂ€uble unter anderem vor, vorgezogene Bundestagswahlen in ErwĂ€gung zu ziehen, um einem möglichen Linkstrend und somit einem drohenden Verlust der Regierungsmehrheit vorzubeugen. SchĂ€uble berichtete zu Informationen des Bundesamtes fĂŒr Verfassungsschutz ĂŒber das Erstarken rechtsextremer Parteien in Frankreich und Griechenland sowie rechtsextremer paramilitĂ€rischer Gruppen in Schweden, Deutschland, Belgien und den Niederlanden, wĂ€hrend sich Merkel besorgt ĂŒber Beziehungen der CSU zu Rechtsextremisten in Deutschland und Österreich Ă€ußerte. Bei GesprĂ€chen im Juli, August und September 2012 ging es um die Eurokrise und um anstehende Wahlen in den Niederlanden und Italien.[109]

Kurz vor Beginn des BrĂŒsseler EU-Gipfels vom 24. bis 25. Oktober 2013, bei dem die verdichteten Hinweise auf eine Spionage der Vereinigten Staaten gegen befreundete europĂ€ische LĂ€nder ausfĂŒhrlich erörtert wurden, obwohl dieses Thema auf der Tagesordnung nicht angekĂŒndigt war, sagte Merkel: „Das AusspĂ€hen unter Freunden, das geht gar nicht. Wir sind VerbĂŒndete, aber so ein BĂŒndnis kann nur auf Vertrauen aufgebaut sein.“[110] Am selben Tag berichtete die New York Times, dass ein Auftrag zum Lauschangriff auf das Telefon Merkels in die Regierungszeit von US-PrĂ€sident George W. Bush zurĂŒckreiche und dass die US-Sicherheitsberaterin Susan E. Rice beteuert habe, der gegenwĂ€rtige US-PrĂ€sident Obama habe von dieser Sache nichts gewusst.[111] Der Spiegel berichtete am 26. Oktober 2013, dass Merkels Mobiltelefon offenbar seit mehr als zehn Jahren ĂŒberwacht werde und dass in der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin Mitarbeiter der NSA und der CIA mittels moderner Hochleistungsantennen die Kommunikation im Regierungsviertel illegal abhören wĂŒrden.[112][113] Dabei seien nicht nur Verbindungsdaten der GesprĂ€chspartner, sondern auch Inhalte von einzelnen GesprĂ€chen aufgezeichnet worden.[114]

Am 27. Oktober 2013 wurde unter Berufung auf einen hohen NSA-Mitarbeiter berichtet, dass NSA-Chef Keith B. Alexander den US-PrĂ€sidenten 2010 persönlich ĂŒber die Abhöraktion gegen Merkel informiert habe und dass nicht bloß ihr CDU-Mobiltelefon belauscht wurde, sondern auch ein angeblich abhörsicheres Handy der Bundeskanzlerin.[115] Obama habe die Maßnahmen seinerzeit nicht nur weiterlaufen lassen, sondern auch darauf gedrĂ€ngt, das neue Kanzler-Handy zu knacken.[116][117] Am 30. Oktober 2013 berichtete die New York Times unter Berufung auf einen frĂŒheren Geheimdienstmitarbeiter, dass die NSA in Deutschland jede erreichbare Telefonnummer „aufsauge“; auch ranghohe Beamte und die Chefs der Oppositionsparteien seien Spionageziele. FĂŒr die Berichte der NSA hĂ€tten sich das Außenministerium, das Finanzministerium, andere Geheimdienste der Vereinigten Staaten sowie der Nationale Sicherheitsrat bei PrĂ€sident Obama interessiert. Obamas Sicherheitsberater hĂ€tten nach den ihnen regelmĂ€ĂŸig vorgelegten Berichten kaum ĂŒbersehen können, dass internationale Politiker wie Merkel ausgespĂ€ht wĂŒrden.[118][119]

Der Start der Abhöraktion der Vereinigten Staaten gegen Deutschland sei 2002 erfolgt und habe sich vor allem gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder gerichtet, weil dessen Ablehnung des Irakkrieges und dessen „NĂ€he“ zum russischen PrĂ€sidenten Putin bei den Vereinigten Staaten die Frage aufgeworfen habe, ob ihm noch getraut werden könne.[120] Dass NSA-Chef Alexander mit Obama ĂŒber eine Merkel betreffende Operation je gesprochen habe, wurde von der NSA allerdings umgehend dementiert.[121] GestĂŒtzt auf US-Regierungskreise brachte das Wall Street Journal am 27. Oktober 2013 die Version, dass das NSA-Abhörprogramm gegen Merkel und die Spitzenpolitiker anderer Nationen gestoppt worden sei, als eine ÜberprĂŒfung durch die US-Regierung dem US-PrĂ€sidenten im Sommer 2013 die Existenz dieser Geheimdienstoperationen offenbart habe.[122] Mit dem Blick auf die AusspĂ€hungen, die die Vereinigten Staaten offenbar auch gegen andere Nationen sowie gegen die Vereinten Nationen, die EuropĂ€ische Union (EU), den Internationalen WĂ€hrungsfonds und die Weltbank gerichtet hatten, ließen Dilma Rousseff, die PrĂ€sidentin Brasiliens, und Bundeskanzlerin Merkel eine Resolution der Vereinten Nationen vorbereiten, die den Internationalen Pakt ĂŒber bĂŒrgerliche und politische Rechte ergĂ€nzen soll und alle Staaten auffordert, Gesetzgebung und Praxis bei Überwachungsaktionen im Ausland auf den PrĂŒfstand zu stellen. Der am 1. November 2013 beim UN-Menschenrechtsausschuss eingereichte, die USA konkret nicht nennende Textentwurf einer Resolution wurde nach mehrwöchiger Beratung auf DrĂ€ngen der USA und anderer Staaten abgeschwĂ€cht und von der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 26. November 2013 einstimmig beschlossen.[123][124][125][126]

Große Koalition (2013–2021)

Bundestagswahl 2013 und Regierungsbildung

Am 22. September 2013 fand die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag statt. WĂ€hrend die Unionsparteien mit 41,5 Prozent das beste Zweitstimmenergebnis seit 1990 erhielten, schaffte der bisherige Koalitionspartner, die FDP, den Wiedereinzug in den Bundestag mit 4,8 Prozent erstmals seit 1949 nicht. Merkel selbst siegte im Wahlkreis 15 (Stralsund – Nordvorpommern – RĂŒgen) mit 56,2 Prozent der Erststimmen und erreichte damit einen Zuwachs von 6,9 Prozentpunkten gegenĂŒber der vorangegangenen Bundestagswahl.

Nachdem die Koalitionsparteien einen Koalitionsvertrag unterzeichnet hatten, wurde Angela Merkel am 17. Dezember mit 462 von insgesamt 621 abgegebenen Stimmen erneut zur Bundeskanzlerin gewÀhlt; dies sind 42 Stimmen weniger, als die Koalition aus CDU/CSU und SPD innehatte.

Angela Merkel ist die erste Person an der Spitze der deutschen Regierung, die in der Bundesrepublik (1954) geboren wurde. Seit dem 26. MĂ€rz 2014, als der estnische Premierminister Andrus Ansip zurĂŒcktrat, ist Merkel die am lĂ€ngsten amtierende Regierungschefin der EuropĂ€ischen Union.

Bundestagswahl 2017 und Regierungsbildung

Am 20. November 2016 gab Merkel bekannt, bei der Bundestagswahl 2017 fĂŒr eine vierte Amtszeit als Bundeskanzlerin kandidieren zu wollen. Am 6. Dezember 2016 wurde sie auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen mit 89,5 Prozent der knapp 1000 Delegiertenstimmen als Parteivorsitzende wiedergewĂ€hlt.[127] Die CDU/CSU erlitt starke Verluste und erzielte ihr schlechtestes Ergebnis seit der Bundestagswahl 1949. Merkel selbst errang bei der Wahl das Direktmandat im Wahlkreis 15 (Vorpommern-RĂŒgen – Vorpommern-Greifswald I) mit 44,0 Prozent der Erststimmen und verzeichnete damit einen Verlust von 12,3 Prozent gegenĂŒber der vorangegangenen Bundestagswahl, verteidigte den Wahlkreis aber noch mit knapp 25 Prozent Vorsprung.[128]

Nach der Bundestagswahl 2017 gab die SPD bekannt, dass sie nicht fĂŒr eine große Koalition zur VerfĂŒgung stehe, wodurch die sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und GrĂŒnen als einziges realistisches BĂŒndnis mit Mehrheit galt. Mehr als vier Wochen lang gab es SondierungsgesprĂ€che zwischen den Parteien, die in der Nacht des 19. November vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner fĂŒr gescheitert erklĂ€rt wurden.[129]

Angela Merkel mit dem Koalitionsvertrag (2018)

Eine schwarz-rot-grĂŒne Koalition (Kenia-Koalition) wurde zwischenzeitlich ins GesprĂ€ch gebracht, Angela Merkel und die FĂŒhrungsspitze der SPD bevorzugen seit November 2017 alternativ eine Große Koalition (GroKo) mit einem erneuerten Koalitionsvertrag wie in der vorherigen Legislaturperiode als Königsweg, nicht jedoch Jusos sowie weite Teile der sozialdemokratischen Basis.

Am 12. Januar schlossen CDU, CSU und SPD ihre SondierungsgesprĂ€che ab und legten ein 28-seitiges Papier vor. Auf einem Sonderparteitag der SPD in Bonn stimmten am 21. Januar 56,4 Prozent der Delegierten fĂŒr die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien. Diese endeten am 7. Februar 2018 mit der Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag.

Am 26. Februar 2018 stimmte ein CDU-Parteitag fĂŒr eine Neuauflage der Großen Koalition, am 4. MĂ€rz 2018 wurde bekanntgegeben, dass 66 % der teilnehmenden SPD-Mitglieder bei einem Mitgliedervotum fĂŒr den Koalitionsvertrag gestimmt haben.

Angela Merkel wurde am 14. MĂ€rz 2018 mit 364 Ja-Stimmen (355 waren mindestens erforderlich) im ersten Wahlgang erneut zur Bundeskanzlerin gewĂ€hlt und anschließend durch den BundesprĂ€sidenten vereidigt. Sie erhielt damit 35 Stimmen weniger, als CDU/CSU und SPD ĂŒber Sitze im Bundestag verfĂŒgen.[130]

Nach großen Verlusten der Unionsparteien bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen 2018 hat Merkel am 29. Oktober 2018 in einer PrĂ€sidiumssitzung angekĂŒndigt, nicht mehr fĂŒr das Amt der CDU-Vorsitzenden zu kandidieren[131] und nach Ende der Legislaturperiode im Jahr 2021 das Amt der Bundeskanzlerin nicht erneut anzustreben.[3]

Am 7. Dezember 2018 ĂŒbergab sie den Posten des Bundesvorsitz der CDU an Annegret Kramp-Karrenbauer nach deren Wahl im zweiten Wahlgang.

MinisterprĂ€sidentenwahl in ThĂŒringen

→ Hauptartikel: Regierungskrise in ThĂŒringen 2020

Am 6. Februar 2020 Ă€ußerte Merkel sich bei einem Staatsbesuch ĂŒber das Ergebnis der MinisterprĂ€sidentenwahl in ThĂŒringen und forderte dazu auf, es rĂŒckgĂ€ngig zu machen. Dies wurde auch durch kanzleramtliche KanĂ€le verbreitet. Darin erkannte das Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvE 4/20 u. a.) im Juni 2022 eine Verletzung des Rechts der AfD auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG.[132][133]

EU-RatsprÀsidentschaft 2020

WĂ€hrend der Deutschen EU-RatsprĂ€sidentschaft vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 verhandelte Merkel ĂŒber das Milliarden-Euro-Aufbauprogramm aufgrund der Corona-Krise und den Haushalt der EU-Staaten.[134]

Bundestagswahl 2021

Vom Moment des Zusammentretens des 20. Deutschen Bundestags zur Konstituierung am 26. Oktober 2021 bis zur Wahl ihres Nachfolgers Olaf Scholz zum Bundeskanzler am 8. Dezember 2021 ĂŒbte Angela Merkel das Amt der Bundeskanzlerin auf Ersuchen des BundesprĂ€sidenten weiter geschĂ€ftsfĂŒhrend aus.[135][136][137] FĂŒr den neuen 20. Deutschen Bundestag hatte sie jedoch nicht mehr kandidiert. Somit standen ihr die mit dem Bundestagsmandat verbundenen Rechte trotz Sitzungsteilnahme schon wĂ€hrend ihrer Amtszeit nicht mehr zu.[138] Nachdem sie ihren Bundestagswahlkreis Vorpommern-RĂŒgen – Vorpommern-Greifswald I seit seiner Existenz 1990 immer direkt mit großer oder absoluter Mehrheit gewonnen hatte, ging dieser jetzt erstmals an die SPD.[139] Zusammen mit der Kanzlerschaft beendete Angela Merkel ihre gesamte politische Karriere. Sie war als Bundeskanzlerin 5860 Tage im Amt: Neun Tage weniger als die Rekord-Amtszeit von 5869 Tagen des Bundeskanzlers Helmut Kohl.[140] Zur Verabschiedung aus dem Amt fand im Bendlerblock ein Großer Zapfenstreich der Bundeswehr statt.[141]

Nach der Kanzlerschaft

Im Januar 2022 lehnte sie ein Angebot von UN-GeneralsekretĂ€r AntĂłnio Guterres ab, in einem hochrangig besetzten Beratergremium zu globalen öffentlichen GĂŒtern mitzuarbeiten.[142] Im selben Monat lehnte sie einen Ehrenvorsitz der CDU mit der BegrĂŒndung ab, dass dieser aus der Zeit gefallen sei.[143] Am 13. Februar 2022 nahm Merkel als Mitglied der 17. Bundesversammlung fĂŒr das Land Mecklenburg-Vorpommern an der Wahl des deutschen BundesprĂ€sidenten 2022 teil.

Politische Positionen

Innenpolitik

Klima- und Energiepolitik

Im April 1995 war Merkel als deutsche Umweltministerin Gastgeberin der ersten UN-Klimakonferenz (COP-1) in Berlin. Mit dem Berliner Mandat kam es zu einem Abschluss, der einen Einstieg in die internationale Reduzierung von Treibhausgasen bilden sollte. 1997 bei den nachfolgenden Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll setzte sich Merkel fĂŒr vergleichsweise hohe Reduktionsziele ein. Eine Initiative zur EindĂ€mmung des Sommersmogs in Deutschland scheiterte im Mai 1995 innerhalb des Kabinetts und wurde spĂ€ter nur in sehr abgeschwĂ€chter Form umgesetzt. Bis zum AKW-UnglĂŒck von Fukushima 2011 befĂŒrwortete Merkel die zivile Nutzung der Kernenergie. Als Umweltministerin war sie fĂŒr die Abwicklung von AtommĂŒlltransporten zustĂ€ndig. Im Mai 1998 wurden Überschreitungen der Grenzwerte bei Castor-Transporten nach Frankreich bekannt. Vertreter der Opposition forderten daraufhin Merkels RĂŒcktritt wegen Verletzung der ministeriellen Aufsichtspflicht. Sie verwies darauf, dass wichtige Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auch bei den BundeslĂ€ndern und der Atomwirtschaft lagen. Ebenfalls in ihre Amtszeit fĂ€llt das Kreislaufwirtschaftsgesetz zur Vermeidung und Verwertung von AbfĂ€llen. 1997 befĂŒrwortete sie öffentlich eine jĂ€hrlich steigende Abgabe auf EnergietrĂ€ger wie Öl, Gas und Strom (Ökosteuer).

In den Jahren 2006/07 erwarb sich Merkel den Ruf, eine „Klimakanzlerin“ zu sein: sie engagierte sich fĂŒr Klimaziele auf europĂ€ischer und internationaler Ebene. SpĂ€ter sank der Stellenwert der Klimapolitik wieder.[144][145] So nahm sie etwa beim UN-Klimagipfel in New York im September 2014 nicht mehr teil und besuchte stattdessen eine Tagung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. 2015 Ă€ußerte sie, klimapolitische Initiativen seien noch nicht konkret geplant.[146] Der Klimaforscher Mojib Latif Ă€ußerte im Juli 2018, Merkel sei aufgrund des kaum vorhandenen Klimaschutzes in Deutschland sowie mehrfacher Interventionen fĂŒr die Autoindustrie „nie wirklich eine Klimakanzlerin“ gewesen.[147][148]

Kritiker haben Merkel vorgeworfen, Zusagen zu den von den Stromverbrauchern zu tragenden Kosten der von ihr maßgeblich beeinflussten Energiewende nicht eingehalten zu haben. Entgegen ihrer RegierungserklĂ€rung vom 9. Juni 2011, die EEG-Umlage solle nicht ĂŒber ihre derzeitige GrĂ¶ĂŸenordnung von etwa 3,5 ct/kWh steigen,[149] stieg sie bis 2017 auf 6,880 ct/kWh und sank wĂ€hrend Merkels Amtszeit nie mehr unter 6,405 ct/kWh.[150]

Muslime in Deutschland

Bei einem Besuch des tĂŒrkischen MinisterprĂ€sidenten Ahmet Davutoğlu im Berliner Kanzleramt sagte sie im Januar 2015: „Der frĂŒhere BundesprĂ€sident Christian Wulff hat gesagt: Der Islam gehört zu Deutschland. Und das ist so. Dieser Meinung bin ich auch.“[151]

AnlĂ€sslich des islamischen Fastenmonats Ramadan im Jahre 2015 hat Angela Merkel zu gegenseitiger WertschĂ€tzung der Religionen aufgerufen. Bei einem Empfang in Berlin bekrĂ€ftigte sie zudem: „Es ist offenkundig, dass der Islam inzwischen unzweifelhaft zu Deutschland gehört.“[152]

Vor Vertretern verschiedener Glaubensrichtungen verwies sie auf die weltweiten Gewalttaten im Namen einer Religion – „zu oft leider im Namen des Islams“. Doch jede Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland, jeder Generalverdacht verbiete sich, sagte Merkel. Die allermeisten Muslime seien rechtschaffene und verfassungstreue BĂŒrger.[153]

Integrationspolitik

Nachdem der tĂŒrkische MinisterprĂ€sident Erdoğan bei einem Deutschland-Besuch im Februar 2008 die TĂŒrken in Deutschland vor einer Assimilation gewarnt hatte, kritisierte sie dessen „IntegrationsverstĂ€ndnis“.[154]

2010 erklĂ€rte sie auf dem Deutschlandtag der Jungen Union der „Ansatz fĂŒr Multikulti“ sei gescheitert. Man mĂŒsse Migranten nicht nur fördern, sondern auch fordern.[155]

2013 sprach sie sich gegen die doppelte StaatsbĂŒrgerschaft und gegen die Trennung von muslimischen Jungen und MĂ€dchen im Sportunterricht aus. Letzteres sei das „völlig falsche integrationspolitische Signal“ und das Gegenteil von Integration.[156][157] 2017 verteidigte Merkel die doppelte StaatsbĂŒrgerschaft[158] auch gegen den Parteitags-Beschluss der CDU.[159]

In ihrer Parteitagsrede vom 6. Dezember 2016 befĂŒrwortete Merkel ein gesetzliches Vollverschleierungsverbot.[160]

Innere Sicherheit

In einem von der CSU in Auftrag gegebenen Gutachten vom Januar 2016 stellte der Jurist und ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio die These auf, die Bundesregierung breche mit ihrer Weigerung, die Landesgrenzen umfassend zu kontrollieren, die Verfassung. Die Staatsgrenzen seien „die tragenden WĂ€nde der Demokratien“. Der wenngleich schwierigen Aufgabe, sie zu schĂŒtzen, könne sich keine Regierung entziehen.[161] Dieses Gutachten fĂŒr die CSU wurde von anderen Verfassungsexperten als „juristisch dĂŒrftig“ kritisiert. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass die CSU selbst das Gutachten als mangelhaft einschĂ€tzen dĂŒrfte und es daher nie fĂŒr eine Klage verwenden wĂŒrde, was auch nicht geschah.[162] Aktive Verfassungsrichter teilen di Fabios EinschĂ€tzung ebenfalls nicht.[163] Der EuropĂ€ische Gerichtshof bestĂ€tigte die RechtmĂ€ĂŸigkeit des Handelns der Kanzlerin ausdrĂŒcklich. Dieses Urteil wurde letztlich auch von der CSU gelobt.[164]

Ende Juli 2016 machte Merkel den Vorschlag, eine Nationalgarde aus Reservisten mit militĂ€rischer oder polizeilicher Ausbildung zu grĂŒnden, um die Polizei bei der Inneren Sicherheit zu unterstĂŒtzen.[165]

Am 19. August 2016 erklĂ€rte Angela Merkel: „Wir tun alles Menschenmögliche, um die Sicherheit zu gewĂ€hrleisten. Und wo immer sich LĂŒcken ergeben, mĂŒssen wir nachsteuern und uns neue Varianten der Sicherheit ĂŒberlegen.“[166]

In der Neujahrsansprache 2016/2017 erklĂ€rte Merkel unter Bezug auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der GedĂ€chtniskirche und andere terroristische VorfĂ€lle: „Es ist besonders bitter und widerwĂ€rtig, wenn TerroranschlĂ€ge von Menschen begangen werden, die in unserem Land angeblich Schutz suchen.“[167]

Bei der Klausurtagung der CDU in Perl am 14. Januar 2017 erklĂ€rte Merkel: „Jeder Mensch hat ein Recht auf Sicherheit (
) Eine Zahl hat uns aufgerĂŒttelt. 37 Prozent der EinbruchsdiebstĂ€hle in Deutschland passieren in Nordrhein-Westfalen“[168] Sie kĂŒndigte Sicherheit durch einen „starken Staat“ an.[169]

Islamistischer Terrorismus

Auf die Frage, wie sie Deutschland vor dem islamistischen Terror schĂŒtzen wolle, antwortete Merkel in einem Interview vom 18. September 2015 sinngemĂ€ĂŸ, der islamistische Terror im Ausland werde zum Teil aus Deutschland dorthin exportiert, da viele der im Ausland agierenden Terroristen in Deutschland aufgewachsen seien; auch hĂ€tten die EuropĂ€er aufgrund ihrer eigenen geschichtlichen Vergangenheit in diesem Zusammenhang wenig Grund, Hochmut zu zeigen.[170]

Rechter Terrorismus

In Angela Merkels Amtszeit als Bundeskanzlerin fielen diverse rechtsradikal motivierte AnschlĂ€ge und Mordtaten, darunter zwei Morde an Unternehmern mit Einwanderungsgeschichte im Jahre 2006, begangen durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), sowie auch die Aufdeckung der Gruppe im November 2011. Merkel warnte bei einer Gedenkfeier im Februar 2012 vor „GleichgĂŒltigkeit und Unachtsamkeit gegenĂŒber Intoleranz und Rassismus“.[171] Ferner kam es 2019 zum Mordfall Walter LĂŒbcke, dem ersten rechtsextrem motivierten Mord an einem Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik, und zum Anschlag in Halle mit zwei Toten sowie 2020 zum Anschlag in Hanau mit neun Todesopfern. Nach der Tat in Hanau sagte Merkel in einer Ansprache, dass die Bundesregierung und alle staatlichen Institutionen fĂŒr die Rechte und WĂŒrde eines jeden Menschen in unserem Land stĂŒnden. „Wir stellen uns denen, die versuchen, in Deutschland zu spalten, mit aller Kraft und Entschlossenheit entgegen“, sagte Merkel weiter.[172]

Wirtschaftspolitik

Merkel versuchte sich Ende 2000 mit der Formulierung einer „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ zu profilieren. Der Titel greift den etablierten Begriff der Sozialen Marktwirtschaft auf. Unter den unscharfen Thesen, deren konkrete Umsetzung im Vagen bleibt, finden sich auch Positionen, die bereits im Schröder-Blair-Papier aus dem Jahr 1999 auftauchten. Eine CDU-PrĂ€sidiumskommission unter Merkels Vorsitz erarbeitete bis zum 27. August 2001 ein Diskussionspapier, das im Dezember 2001 auf dem Bundesparteitag der CDU in Dresden verabschiedet und somit Teil der CDU-Programmatik wurde.

Familienpolitik

Als Bundesministerin fĂŒr Frauen und Jugend sah sich Angela Merkel in den neuen BundeslĂ€ndern mit einer dramatisch gesunkenen Frauenerwerbsquote und, damit einhergehend, einem Einbruch der Geburtenrate konfrontiert. Hinzu kam die unterschiedliche Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in Ost und West, die laut Einigungsvertrag von einer spĂ€teren gemeinsamen Regelung abgelöst werden sollte. Einen politischen Schwerpunkt wĂ€hrend ihrer Amtszeit bildete daher die Neuregelung des § 218 und die EinfĂŒhrung einer faktischen Fristenlösung mit Beratungspflicht im gesamten Bundesgebiet. Der Verbesserung der beruflichen Situation von Frauen sollte das Gleichberechtigungsgesetz (1993/94) dienen. Als im RĂŒckblick grĂ¶ĂŸten Erfolg ihrer Amtszeit bewertet Merkel die von ihr betriebene Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Diese Novellierung brachte den formellen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz fĂŒr Kinder ab drei Jahren.

Zur Diskussion um die Beschneidung aus religiösen GrĂŒnden und den Schutz der Unversehrtheit von Kindern positionierte sich Merkel im Juli 2012: „Ich will nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt ist, in dem Juden nicht ihre Riten ausĂŒben können. Wir machen uns ja sonst zur Komikernation.“[173]

Merkel sprach sich gegen die steuerliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren aus und erklĂ€rte, sie wolle die Privilegierung der Ehe erhalten.[174] In diesem Zusammenhang stellte sich Merkel 2013 ausdrĂŒcklich gegen das gemeinsame Adoptionsrecht von gleichgeschlechtlichen Paaren. Diese Haltung begrĂŒndete sie mit einem „schlechten BauchgefĂŒhl“.[175] Bis 2018 Ă€nderte sie ihre Meinung. Sie habe sich mit der Frage des Kindeswohls nĂ€her beschĂ€ftigt und befĂŒrworte seitdem das Adoptionsrecht auch fĂŒr gleichgeschlechtliche Paare.[176]

Im Juni 2017 zeigte sie sich erstmals offen fĂŒr eine Diskussion zur Eheöffnung, sprach von einer „Gewissensentscheidung“ und gab schließlich am 27. Juni 2017 den Weg frei fĂŒr eine Abstimmung ohne Fraktionszwang im Bundestag.[177][178] Sie selbst stimmte gegen die Eheöffnung.[179]

Verkehrs- und Infrastrukturpolitik

Kurz vor der Bundestagswahl 2013 kam es zu einem öffentlichen Dissens zwischen Merkel und Horst Seehofer (CSU) zur Frage „PKW-Maut“. WĂ€hrend des Wahlkampfes betonte Merkel ihre ablehnende Haltung gegenĂŒber der „PKW-Maut“. Sie bekrĂ€ftigte im Kanzlerduell mit Peer SteinbrĂŒck ihr „Nein“[180] zu einer PKW-Maut mit den Worten: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“[181], allerdings setzte sich die CSU spĂ€ter im Koalitionsvertrag durch. Die PKW-Maut wurde schließlich 2019 durch den EuGH fĂŒr nicht mit EU-Recht vereinbar erklĂ€rt.[182]

Außenpolitik

Merkel ist Mitglied der Atlantik-BrĂŒcke,[183] welche sich fĂŒr intensive Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten einsetzt. Barack Obama bezeichnete Angela Merkel rĂŒckblickend gegen Ende seiner PrĂ€sidentschaft als seine außenpolitisch wichtigste Partnerin.[184]

EuropÀische Union

Zukunft der EuropÀischen Union

WĂ€hrend eines EU-Gipfels in BrĂŒssel am 7. November 2012 warb Bundeskanzlerin Angela Merkel fĂŒr die Vereinigten Staaten von Europa: „Ich bin dafĂŒr, dass die Kommission eines Tages so etwas wie eine europĂ€ische Regierung ist“.[185] 2005 Ă€ußerte Merkel – unter anderem bei einem Besuch in Istanbul –, sie favorisiere eine „privilegierte Partnerschaft“ mit der TĂŒrkei statt deren Vollmitgliedschaft in der EU.

Eurokrise

Im Zuge der Weltfinanzkrise kam es zur Eurokrise, die Merkel mit ihrer Politik zu lösen versuchte. Sie bekrĂ€ftigte immer wieder, dass der Euro eine starke WĂ€hrung sei und suchte die UnterstĂŒtzung von Frankreichs PrĂ€sidenten Hollande.[186][187] Insbesondere bei den französischen Sozialisten war dies umstritten. So attackierte Frankreichs Industrieminister Arnaud Montebourg Merkel scharf und verglich sie mit Bismarck.[188][189]

Merkel tritt fĂŒr einen strikten Sparkurs ein, der von einigen Kritikern wie dem Internationalen WĂ€hrungsfonds als wachstumshemmend und krisenverschĂ€rfend betrachtet wird.[190] Im Februar 2010 schloss Merkel Finanzhilfen fĂŒr Griechenland ausdrĂŒcklich aus,[191][192][193] erteilte jedoch bereits zwei Monate spĂ€ter ihre Zustimmung fĂŒr das erste deutsche Hilfspaket fĂŒr Griechenland in Höhe von 17 Milliarden Euro.[194] Ende 2012 sagte sie, dass sie sich einen weiteren Schuldenschnitt fĂŒr Griechenland im Jahr 2014 vorstellen könne.[195] Sie stimmte 2010 sowohl fĂŒr die provisorische EFSF als auch 2012 fĂŒr den ESM mit dem Ziel der Stabilisierung des Euros. Merkel lehnt nach eigenem Bekunden EU-Anleihen, die der gemeinschaftlichen Schuldenaufnahme in der EU oder dem Euro-WĂ€hrungsraum dienen könnten, ab.[196]

Sozialausgaben

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, 2013, begann Kanzlerin Merkel eine Serie von viel beachteten internationalen Stellungnahmen, die allesamt zum Inhalt hatten, dass Europa nur 7 % der Weltbevölkerung stellt und nur 25 % des weltweiten Bruttosozialprodukts erwirtschaftet, aber fĂŒr fast 50 % der weltweiten Sozialleistungen aufkommt.[197]

Seit dieser Stellungnahme in Davos wurde dieses Argument ein wiederkehrender Bestandteil ihrer wichtigsten Reden.[198]

Der Economist sagte hierzu, ebenso wie Merkels Vision von vornherein als pragmatisch bezeichnet werden mĂŒsse, gelte Gleiches fĂŒr ihren Plan zur Implementierung: Die Vision kann in drei Statistiken, einigen wenigen Karten und Fakten auf einer DIN-A-4-Seite zusammengefasst werden. Die Zahlen sind 7 %, 25 % und 50 %. Wenn Europa wettbewerbsfĂ€hig bleiben wolle, könne es sich schlicht nicht leisten, weiter so großzĂŒgig zu sein.[199] Der Economist verglich damals Merkels Verwendung dieser Zahlen mit dem Verhalten der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, die zu gegebener Zeit Passagen von Friedrich Hayeks Weg zur Knechtschaft aus ihrer Handtasche zog.[199]

In Ă€hnlichem Sinn Ă€ußerte sich die Financial Times, die hervorhob, dass Merkel einen eindeutigen Bezug zwischen den Sozialleistungen und der mangelnden WettbewerbsfĂ€higkeit herstelle.[200][201]

Asylpolitik

In der FlĂŒchtlingskrise 2015 fand Merkels Entscheidung vom 4. September 2015, in Absprache mit den Regierungschefs von Österreich und Ungarn den an der österreichisch-ungarischen Grenze und in Budapest festsitzenden FlĂŒchtlingen vor allem aus Syrien und Afghanistan die Einreise nach Deutschland ohne Registrierung durch Ungarn zu gestatten,[202][203][204] großes Echo in den Medien und der Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb Deutschlands.

Zugleich unterstrich Merkel die Bedeutung einer einheitlichen europĂ€ischen FlĂŒchtlings- und Asylpolitik. Zu den erklĂ€rten Eckpunkten ihrer Asyl-Politik gehören eine hohe PrioritĂ€t fĂŒr die Integration von Anfang an, schnellere Asylverfahren mit beschleunigter Abschiebung von allein aus wirtschaftlicher Not kommenden Menschen, klare Regeln und keine Toleranz fĂŒr Parallelgesellschaften und eine konsequente Verfolgung fremdenfeindlicher Angriffe.[205] Sie Ă€ußerte: „Wenn Europa in der FlĂŒchtlingsfrage versagt, dann ginge ein entscheidender GrĂŒndungsimpuls eines geeinten Europas verloren. NĂ€mlich die enge Verbindung mit den universellen Menschenrechten, die Europa von Anfang an bestimmt hat und die auch weiter gelten muss.“[206] Zudem vertritt sie den Standpunkt, dass der aktuelle Zustrom der Migranten „mehr Chancen als Risiken“ fĂŒr Deutschland biete, wenn die Integration gelinge.[207] In einem Interview sagte sie am 11. September 2015 unter anderem: „Das Grundrecht auf Asyl fĂŒr politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze; das gilt auch fĂŒr die FlĂŒchtlinge, die aus der Hölle eines BĂŒrgerkriegs zu uns kommen.“[208] Großes Medienecho[209] fand ihr Satz:

„Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu mĂŒssen dafĂŒr, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“[210]

Angesichts der großen Anzahl von FlĂŒchtlingen erreichte aber die Zustimmung der BundesbĂŒrger fĂŒr Merkel im Oktober 2015 einen Tiefpunkt. Mit der Arbeit der Bundeskanzlerin waren laut ARD-Deutschlandtrend nur noch 54 Prozent der Befragten zufrieden, das waren neun Prozent weniger als im Vormonat, zudem handelte es sich um den schlechtesten Wert seit Dezember 2011.[211]

In einer CDU/CSU-Fraktionssitzung, in der Merkel drei Stunden lang mit Kritik aus der Fraktion konfrontiert wurde, sagte sie:

„Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der FlĂŒchtlinge bin, nun sind sie halt da.“[212]

Am 13. Dezember 2015 formulierte in Karlsruhe ein Parteitag der CDU in einem Leitantrag einen Kompromiss, in dem einerseits Merkels Asylpolitik, insbesondere die konsequente Ablehnung von Obergrenzen, mit großer Mehrheit unterstĂŒtzt wurde, andererseits das Ziel festgeschrieben wurde, „die Zahl der FlĂŒchtlinge spĂŒrbar zu reduzieren“. Diese Formulierung fand am folgenden Tag in einer Gastrede auch die Billigung des HauptbefĂŒrworters der „Kontingente“, des CSU-Parteivorsitzenden Horst Seehofer.[213] Merkel bestĂ€tigte nochmals ihren Satz vom 31. August „Wir schaffen das“, der zum geflĂŒgelten Wort wurde, und ergĂ€nzte „Ich kann das sagen, weil es zur IdentitĂ€t unseres Landes gehört“.

Am 16. Dezember unterstĂŒtzte sie vor dem Bundestag in Berlin in einer RegierungserklĂ€rung zur Asylpolitik die Absicht der EU, ihre Außengrenzen, auch bei gegenteiliger Meinung der betroffenen LĂ€nder, verstĂ€rkt durch EU-eigene Organisationen wie Frontex zu schĂŒtzen.[214]

Merkels Haltung rief wiederholte Kritik aus der eigenen Fraktion, besonders jedoch aus der CSU, hervor. Der bayerische MinisterprĂ€sident Horst Seehofer bezeichnete Merkels Nicht-AktivitĂ€t an den Grenzen als „Herrschaft des Unrechts“[215] und forderte mehrfach eine Obergrenze fĂŒr FlĂŒchtlinge.[216] Der seinerzeitige PrĂ€sident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bezeichnete eine Obergrenze als rechtlich unzulĂ€ssig.[217]

Außerdem wurde Merkels FlĂŒchtlingspolitik von verschiedenen Intellektuellen wie beispielsweise dem Althistoriker Alexander Demandt, dem Philosophen Peter Sloterdijk oder der Schriftstellerin Monika Maron kritisiert.[218][219][220] Der Historiker Jörg Baberowski bemĂ€ngelte sowohl Merkels FlĂŒchtlingspolitik als auch die Versuche, Kritiker in eine „dunkeldeutsche“ Ecke zu verbannen.[221] Der Entwicklungsökonom Paul Collier sieht zum Beispiel eine Politik der offenen Grenzen grundsĂ€tzlich als ethisch verwerflich an, weil sie den Menschen eine Art russisches Roulette aufnötige: Sie kommen ĂŒber das Mittelmeer und mĂŒssen hoffen, dass ihr Boot nicht untergehe, ehe sie von Hilfsschiffen aufgenommen werden.[222] Andererseits lobten viele Intellektuelle Merkels FlĂŒchtlingspolitik, etwa in einem offenen Brief an die WELT.[223] Der Politikwissenschaftler Herfried MĂŒnkler konstatierte, Merkel habe durch die Aufnahme von FlĂŒchtlingen „Europa gerettet“, da Druck von kleineren Staaten genommen worden sei.[224]

In der New York Times warnte Ross Douthat vor der demographischen Auswirkung angesichts einer millionenfachen Zuwanderung mehrheitlich junger MĂ€nner, warf Merkel eine „edelgesinnte VerrĂŒcktheit“ vor und forderte sie zum RĂŒcktritt auf.[225] Auf der anderen Seite wĂ€hlte die Zeitschrift Time Merkel zur Person des Jahres 2015 fĂŒr ihre Haltung in der FlĂŒchtlingskrise sowie ihre Rolle in der Ukraine-Krise.[226]

Im Januar 2016 schrĂ€nkte Merkel bei einer Landesvertreterversammlung der CDU in Neubrandenburg ein, dass sie von den meisten FlĂŒchtlingen erwarte, dass diese „wenn wieder Frieden in Syrien ist, wenn der IS im Irak besiegt ist, sie mit dem Wissen, das sie bei uns erworben haben, wieder in ihre Heimat zurĂŒckkehren.“ Nur ein geringer Teil habe Anspruch auf klassisches Asyl, die meisten FlĂŒchtlinge genössen nur einen zeitweiligen Schutz durch die Genfer FlĂŒchtlingskonvention.[227]

MilitÀrische Konfliktlösungen

Im Vorfeld des Irakkriegs bekundete Angela Merkel ihre Sympathien fĂŒr die Irakpolitik der USA und die „Koalition der Willigen“. Sie kritisierte als deutsche OppositionsfĂŒhrerin vom Boden der USA aus die Außenpolitik der Bundesregierung, was ihr scharfen Widerspruch aus Berlin einbrachte. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz MĂŒntefering beurteilte Merkels Äußerung als „BĂŒckling gegenĂŒber der US-Administration“.

In einer Rede im Deutschen Bundestag am 19. MĂ€rz 2003 erklĂ€rte Merkel die UnterstĂŒtzung der Union fĂŒr das Ultimatum an Saddam Hussein als „letzte Chance des Friedens“ und forderte die Bundesregierung auf, dies ebenso zu tun, um „den Krieg im Irak wirklich zu verhindern“.

Angela Merkels Grundhaltung zu militĂ€rischen Konfliktlösungen beschreibt sie in Veröffentlichungen aus dieser Zeit. Als „Ultima Ratio“ akzeptierte Merkel beispielsweise das NATO-Engagement im Kosovokrieg (1999) und stellt historische Vergleiche zur deutschen Geschichte an:

„Ein Blick zurĂŒck in unsere eigene Geschichte mahnt dazu, den Frieden als wertvolles Gut zu erhalten und alles zu tun, um kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden. [
] Ein Blick in die selbe Geschichte mahnt aber auch, dass ein falsch verstandener, radikaler Pazifismus ins VerhĂ€ngnis fĂŒhren kann und der Einsatz von Gewalt – trotz des damit einhergehenden Leides – in letzter Konsequenz unausweichlich sein kann, um noch grĂ¶ĂŸeres Übel zu verhindern. Auch die jĂŒngere europĂ€ische Geschichte zeigt, dass Krieg im Umgang mit Diktatoren zur ‚ultima ratio‘ werden kann. [
] Beim Kosovo-Krieg hat eine ‚coalition of the willing‘ durch den Einsatz von Gewalt noch grĂ¶ĂŸeres Leid [
] verhindert.“

BezĂŒglich des Abzugs der Atomwaffen in Deutschland besteht Merkel darauf, dass die Verhandlungen ĂŒber den Abzug der Raketen gemeinsam mit den anderen Nato-LĂ€ndern und keinesfalls im Alleingang durchgefĂŒhrt werden.[228]

Nahost-Politik

Merkel hat sich bisher zurĂŒckhaltend zu einer deutschen Beteiligung an einer Friedenstruppe der Vereinten Nationen im SĂŒdlibanon zur Befriedung des Israel-Libanon-Konflikts geĂ€ußert. Israels Premier Olmert plĂ€dierte fĂŒr die Beteiligung deutscher Soldaten. „Ich habe Kanzlerin Angela Merkel mitgeteilt, dass wir absolut kein Problem haben mit deutschen Soldaten im SĂŒdlibanon“, sagte er der SĂŒddeutschen Zeitung. Zurzeit gebe es keine Nation, die sich Israel gegenĂŒber freundschaftlicher verhalte als Deutschland.[229]

Am 18. MĂ€rz 2008 hielt Merkel in Israel vor der Knesset eine Rede, die sie auf HebrĂ€isch begann.[230][231] Sie betonte die historische Verantwortung Deutschlands fĂŒr Israel; die Sicherheit des jĂŒdischen Staates sei Teil der deutschen StaatsrĂ€son und niemals verhandelbar. Merkel war die erste auslĂ€ndische Regierungschefin, die von der Knesset zu einer Rede eingeladen worden war.

Bei einem Telefonat mit dem israelischen MinisterprĂ€sidenten Benjamin Netanjahu im Jahr 2011 sagte Merkel, ihr fehle „jegliches VerstĂ€ndnis“ fĂŒr die Genehmigung eines Siedlungsausbaus in Ostjerusalem durch die israelische Regierung.[232]

Zum BĂŒrgerkrieg in Syrien forderte Merkel im Dezember 2011 ein Urteil des UN-Sicherheitsrates gegen den syrischen StaatsprĂ€sidenten Baschar al-Assad und stellte sich auf die Seite der Opposition.[233] Im TV-Duell erklĂ€rte sie jedoch, Deutschland werde sich nicht an einem MilitĂ€rschlag gegen Syrien beteiligen.[234] Merkel will eine gemeinsame Haltung mit der EuropĂ€ischen Union finden.[235]

MilitÀrische Intervention in Libyen

Angela Merkel beim Gipfeltreffen im ÉlysĂ©e-Palast in Paris am 19. MĂ€rz 2011

Im Vorfeld der militĂ€rischen Intervention in Libyen im FrĂŒhjahr 2011 zeigte sich Merkel ĂŒberrascht darĂŒber, „mit welcher Schnelligkeit bestimmte Fragen ins Auge gefasst werden“ und kritisierte, dass es eine „Reihe von französischen AktivitĂ€ten“ gegeben habe, die „erst sehr kurzfristig“ bekannt geworden seien. Gaddafi fĂŒhre ohne Zweifel Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Man mĂŒsse aber „sehr aufpassen, dass wir nichts beginnen, was wir nicht zu Ende bringen können.“ Überrascht zeigte sie sich darĂŒber, dass Frankreich den Nationalen Übergangsrat als libysche Regierung anerkannt hatte. Es handele sich dabei um keine Anerkennung im Sinne des Völkerrechts.[236]

Ukraine

Angela Merkel, der ukrainische PrĂ€sident Petro Poroschenko und der russische PrĂ€sident Wladimir Putin am 6. Juni 2014 in der Normandie (auf Einladung des französischen PrĂ€sidenten François Hollande) bei der Erinnerungsfeier des „D-days“

Merkel engagierte sich im Rahmen des sogenannten Normandie-Formats „Merkel-Hollande-Poroschenko-Putin“ mehrmals stundenlang bei der Konfliktlösung zwischen den ukrainischen und russischen VerbĂ€nden im Donbass, besonders beim Zustandekommen zweier Waffenstillstandsabkommen in der belarussischen Hauptstadt Minsk (siehe auch Minsk II).

Russland

Nachdem auf den russischen OppositionsfĂŒhrer Alexei Nawalny am 20. August 2020 ein Giftanschlag verĂŒbt worden war, forderte die von ihr gefĂŒhrte Bundesregierung eine Stellungnahme der russischen Regierung sowie PrĂ€sident Wladimir Putins.[237] Die Sanktionen „gegen russische Beteiligte, die aufgrund ihrer offiziellen Funktion als verantwortlich fĂŒr dieses Verbrechen und den Bruch internationaler Rechtsnormen gelten, sowie auf eine Einrichtung, die in das Nowitschok-Programm eingebunden ist“, erließ die EU auf Betreiben der Regierungen von Deutschland und Frankreich.[238] Im Juni 2022, sechs Monate nach ihrem Abschied aus dem Kanzleramt, wies sie den Vorwurf zurĂŒck, eine Appeasement-Politik gegenĂŒber Moskau betrieben zu haben. Sie nannte verschiedene GrĂŒnde, warum sie sich nicht fĂŒr Fehler in der Russland-Politik zu entschuldigen habe.[239][240] Diese Position bekrĂ€ftigte sie bei verschiedenen Gelegenheiten[241], auch gegen Kritik aus ihrem ehemaligen politischen Umfeld.[242]

Belarus

Bei einem Treffen mit dem italienischen MinisterprĂ€sidenten Silvio Berlusconi 2011 Ă€ußerte Merkel sich zur Lage in Belarus. Sie und Berlusconi seien sich einig, dass man angesichts der Ereignisse nach der PrĂ€sidentschaftswahl im Vorjahr leider ĂŒber neuerliche Sanktionen gegen dieses Land nachdenken mĂŒsse. Sie sehe die Entwicklung dort mit großer Sorge, insbesondere den Umgang mit der Opposition.[243] Nach der PrĂ€sidentschaftswahl 2020, die de facto eine Scheinwahl des herrschenden Alexander Lukaschenko war, empfing Merkel wĂ€hrend der Proteste im Herbst 2020 die OppositionsfĂŒhrerin Swjatlana Zichanouskaja.[244]

Wegen der von Lukaschenko im Jahr 2021 herbeigefĂŒhrten Migrationskrise an der Grenze zwischen Belarus und der EuropĂ€ischen Union nahm Merkel Kontakt mit diesem auf.[245]

Rezeption

Ostdeutsche Herkunft

Merkel wurde dafĂŒr kritisiert, ihre ostdeutsche Herkunft wĂ€hrend ihrer Kanzlerschaft in den Hintergrund gestellt zu haben.[246] Ihre Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2021 wurde als erstes öffentliches Bekenntnis zu ihren Erfahrungen mit Diskriminierung als Ostdeutscher gedeutet.[247][248][249]

Öffentlichkeitsarbeit

Seit dem 8. Juni 2006 wendete sich Merkel als erstes Regierungsoberhaupt weltweit per Video-Podcast an die Öffentlichkeit.[250] Sie nutzte dieses Medium wöchentlich (jeden Samstag), um Inhalt und Ziele der Regierungspolitik zu vermitteln. Auf diesem Weg hat sie sich auch verabschiedet.[251]

ZunĂ€chst produzierte Merkel-Biograf Wolfgang Stock den Podcast fĂŒr etwa 6500 Euro pro Episode. Nach Kritik am Stil der Videobotschaft schrieb man die Produktion neu aus. Den Zuschlag erhielt die Evisco AG aus MĂŒnchen. Da JĂŒrgen Hausmann, einer der VorstĂ€nde der Evisco AG, ein Schwiegersohn des damaligen bayerischen MinisterprĂ€sidenten Edmund Stoiber ist, wurden in den Medien Zweifel am ordnungsgemĂ€ĂŸen Ablauf des Ausschreibungsverfahrens laut. Das ausschreibende Bundespresseamt wies die VorwĂŒrfe zurĂŒck.[252][253]

„SMS-Kanzlerin“

Merkel war die erste Bundeskanzlerin, die Textnachrichten zur Kommunikation nutzte. Sie wurde deshalb auch als „SMS-Kanzlerin“ bezeichnet.[254][255] Ein von Merkel zwischen 2003 und 2005 genutztes von der NSA abgehörtes Siemens S55 schenkte Merkel 2006 dem Bonner Haus der Geschichte.[256][257] Ein vom Bundesamt fĂŒr Sicherheit in der Informationstechnik zugelassenes abhörsicheres Mobiltelefon wird in der Öffentlichkeit hĂ€ufig als Merkelphone bezeichnet.[258]

Tremor

Weltweite Beachtung erhielt im Sommer 2019 ein nach Expertenmeinung wohl gesundheitlich unbedenklicher orthostatischer Tremor,[259] der bei Merkel innerhalb weniger Wochen im bewegungslosen Stehen wĂ€hrend zweier StaatsempfĂ€nge und einer Ministerernennung auftrat.[260][261][262] Die militĂ€rische Zeremonie der darauf folgenden StaatsempfĂ€nge absolvierte sie im Sitzen.[263][264] Auf diesbezĂŒgliche Fragen antwortete Merkel, es gebe keinen Grund zur Sorge und die Öffentlichkeit dĂŒrfe davon ausgehen, dass sie stets der „Verantwortung“ ihres Amtes entsprechend handele und auf ihre „Gesundheit achte“.[265]

Fernsehansprache 2020

In ihrer seit 2005 andauernden Kanzlerschaft wandte sich Angela Merkel außerhalb der Neujahrsansprachen einmal in einer Fernsehansprache („Rede an die Nation“) an die Öffentlichkeit. Anlass fĂŒr diese Rede am 18. MĂ€rz 2020 war die COVID-19-Pandemie. Die Ansprache wurde von etwa 25 bis 30 Millionen Zuschauern verfolgt und als „historisch“ bezeichnet. Auch unter Merkels VorgĂ€ngern waren Fernsehansprachen selten; Gerhard Schröder etwa hielt nur zwei in sieben Jahren Amtszeit.[266]

Rezeption in der Kultur

Satire

Seit Merkels Amtsantritt als Bundeskanzlerin wurde ihre Person verschiedentlich zum Zwecke der Satire parodiert. Internationale Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang Tracey Ullman mit ihren Sketchen in Tracey Ullman’s Show.[267] In Deutschland wurde Antonia von Romatowski als Merkel-Parodistin bekannt. Sie stellte sie ab 2014 beim MĂŒnchner Nockherberg-Singspiel dar, seit 2020 in der Serie Binge Reloaded.[268] 2021 synchronisierte sie die Merkel-Puppe in der Serie Spitting Image.[269]

Popkultur

Merkel ist fĂŒr eine stereotype Geste bekannt, bei der sie ihre HĂ€nde mit den InnenflĂ€chen so vor dem Bauch hĂ€lt, dass sich die Daumen und Zeigefinger an den Spitzen berĂŒhren. Dadurch bildet sich die Form einer Raute, die in der Presse oft als Merkel-Raute bezeichnet wird.[270] Zur Bundestagswahl 2013 nutzte die CDU im Rahmen einer Personalisierungsstrategie die fĂŒr die Kanzlerin typische Geste und bildete sie auf einem Riesenposter in Berlin ab.[271] Berlins ehemaliger SPD-Landeschef Jan StĂ¶ĂŸ bezeichnete dies als Personenkult.[272]

Als Deutschlandkette wurde eine Halskette bekannt, die die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am 1. September 2013 beim Fernsehduell anlÀsslich der Bundestagswahl 2013 trug.

Merkozy (auch: Sarkel bzw. Sarkokel) ist ein von den Medien kreiertes Kofferwort aus den Nachnamen von Angela Merkel und dem französischen StaatsprÀsidenten Nicolas Sarkozy. Das Konzept wurde nach der Ablösung Sarkozys fortgesetzt, wobei Merkhollande (ab 2012, auch Merkollande) und Mercron (ab 2017) deutlich weniger genutzt wurden und werden.

In den 2010er Jahren entstand das Verb „merkeln“ als Neologismus mit der Bedeutung in wichtigen Angelegenheiten nichts tun und keine klaren Aussagen treffen, kein Risiko eingehen.[273] Das Frequentativum belegte 2015 den 2. Platz bei der Wahl zum Jugendwort des Jahres. Manche zogen eine Parallele zu Helmut Kohl. WĂ€hrend seiner Kanzlerschaft wurde ihm oft ein entsprechendes Verhalten nachgesagt. Das damalige Schlagwort war Aussitzen. Merkel-Kritiker verwendeten es im Bundestags-Wahlkampf 2017.[274]

Darstellung in Literatur und Kunst

The Cloud (2015), ErgĂ€nzung zur Skulptur Singener Paradiesbaum (1995) von Peter Lenk in Singen, darauf Barack Obamas Kopf mit Kopfhörern, darĂŒber die Köpfe von Angela Merkel, Wladimir Putin und Kim Jong-un mit Mobiltelefonen (Anspielung auf die NSA-AffĂ€re)

Reiterstandbild Angela Merkel, 3D-Druck-Plastik von Wilhelm Koch, 2021

Insbesondere in der zweiten HĂ€lfte ihrer Kanzlerschaft wurde Angela Merkel mehrmals zur Hauptfigur in TheaterstĂŒcken, Romanen, Filmen und Werken der bildenden Kunst.

Wie heißt Angel von Berlin Tag und Nacht in echt?

Sie ist jung, blond, verdammt sexy - und womöglich schon bald Teil von Berlin Tag und Nacht: Influencerin Angela Paskevic.

Wer macht alles bei Berlin Tag und Nacht mit?

Zu den langjÀhrigen Darstellern der Serie gehören Lutz Schweigel, Marcel Maurice Neue, Alexander Freund, Katrin Hamann, Martin Wernicke, Liza Waschke, Laura Maack, Denise Schwitalle und Manuel Denniger.