4 Mal 100 Meter-Staffel Frauen Finale

Totale Konsternation: Ajla Del Ponte, Géraldine Frey, Melissa Gutschmidt und Salomé Kora (v.l.) nach dem Halbfinal-Out.

Emanuel Gisi aus München

Der Schock sitzt tief bei den Frauen im rot-weissen Dress. «Ich habe Bauchschmerzen nach dem, was da passiert ist», sagt Ajla Del Ponte (26) nach dem Halbfinal-Out über 4x100 m. Salomé Kora (28): «Die grösste Enttäuschung.» Géraldine Frey: «Ich kann es mir nicht erklären.»

In 43,93 laufen die Schweizerinnen am Freitagmorgen in München die 4x100 m. Für ihre Verhältnisse unterirdisch – auch an einem Tag, an dem die Bedingungen feucht, kühl, unangenehm sind. «Egal wie miserabel die Bedingungen sind, diese Zeit dürfen wir niemals laufen», sagt Kora. «Schlechter hätte es nur laufen können, wenn jemand den Stab verloren hätte», sagt Del Ponte.

Unfassbar, dass es in einem EM-Halbfinal nicht reicht

Werbung

Sie waren angetreten, um eine Medaille zu gewinnen. Endlich, nach all den vierten und fünften Plätzen in der Vergangenheit bei Olympia, an Welt- und Europameisterschaften. Und dann scheitern sie im Halbfinal. «An einer EM!», sagt Kora ungläubig.

Sie hat recht: Die Schweizerinnen haben eigentlich locker das Niveau, um zu den besten acht Sprint-Staffeln des Kontinents zu gehören, auch ohne Mujinga Kambundji (30), die am Abend im 200-m-Final im Einsatz steht und darum durch Melissa Gutschmidt ersetzt wird. Seit 2017 waren sie bei jeder grossen Meisterschaft im Final.

Noch in Stockholm wähnte man sich auf Kurs

Es kommt alles zusammen: Erst laufen Frey, Del Ponte und Kora mässig schnell, dann missglückt der Wechsel von Kora zu Gutschmidt komplett. Die Schweiz ist raus.

Nach dem Rückschlag mit Platz 7 an der WM in Eugene nun der unerwartete Absturz an der EM. Statt näher an die Weltspitze zu kommen, scheint man ein Jahr nach Olympia ein gutes Stück davon entfernt. Noch im Juni in Stockholm wähnte man sich auf Kurs, als man die 4x100 m in 42,12 Sekunden absolvierte. «Die grosse Analyse braucht ein bisschen Zeit», sagt Adrian Rothenbühler, Coach der Sprint-Staffel.

Werbung

Welche Rolle spielt der Sprint-Showdown?

Werbung

Man habe im Training nicht weniger an den Wechseln gearbeitet als im Vorjahr, sagt er. «Aber vielleicht wird man auf einem Auge etwas blind, weil wir gerade letztes Jahr so schnell waren.» Diesen Sommer ist ausser Kambundji und mit Abstrichen Frey keine der Schweizer Top-Sprinterinnen in bester Verfassung.

Und dann war da noch der vom Verband angeordnete Sprint-Showdown zwischen Frey und Del Ponte um den letzten Einzel-Platz über 100 m. «Das hat die Situation nicht einfacher gemacht», sagt Rothenbühler. «Es ist Unruhe reingekommen. Die Frauen hatten untereinander keine Probleme. Aber ist schwierig, den Fokus zu behalten und ruhig zu arbeiten, wenn so viel auf einen einprasselt.»

Mehr zur Leichtathletik-EM

4 Mal 100 Meter-Staffel Frauen Finale

Fotostrecke ansehen

Lange war offen, ob sie im Finale würde starten können.

Am Samstag sah das schon ein bisschen positiver aus: Man sei „sehr optimistisch, dass Gina vielleicht an den Start gehen kann“, war der leitende Sprint-Bundestrainer Ronald Stein im Teamhotel in München am Samstagmorgen bereits optimistisch. „Das würde natürlich unsere Chancen deutlich erhöhen.“ Am Nachmittag folgte dann die Zusage.

DLV-Staffel Medaillen-Kandidat

Das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) hat bei der EM Goldchancen. Pinto, Alexandra Burghardt (Burghausen), Lückenkemper (Berlin) und Rebekka Haase (Wetzlar) hatten sich bei der WM in Eugene nur den USA und Jamaika geschlagen geben müssen und Bronze gewonnen.

4 Mal 100 Meter-Staffel Frauen Finale

Lesen Sie auch

4 Mal 100 Meter-Staffel Frauen Finale

Im Sommer ist Schluss: Bekannter Fußball-Trainer kündigt seinen Rückzug an

4 Mal 100 Meter-Staffel Frauen Finale

Wettbewerbsverzerrung durch Verstärkung der Reserveteams? „Leider legitim“

Bereits am Freitag hatten sich sowohl die Männer als auch die Frauen für das Finale am Sonntagabend qualifiziert: Die deutschen Sprint-Staffeln hatten bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in München jeweils das Finale am Sonntagabend erreicht. Die Männer liefen dabei über die 4x100 Meter als Sieger ihres Vorlaufs in 37,97 Sekunden sogar einen deutschen Rekord und legten die insgesamt schnellste Zeit in der Qualifikation hin.

Frauen-Staffel läuft ohne Lückenkemper ins Finale

Danach schafften es die deutschen Frauen auch ohne Lückenkemper und Pinto aus der WM-Bronze-Staffel in den Endlauf. Alexandra Burghardt (Burghausen), Lisa Mayer (Wetzlar), Jessica-Bianca Wessolly (Mannheim) und Rebekka Haase (Wetzlar) mussten in ihrem Vorlauf lediglich Frankreich (43,24) geschlagen geben, brauchten 43,33 Sekunden. 

Man sei „sehr optimistisch, dass Gina vielleicht an den Start gehen kann“, sagte der leitende Sprint-Bundestrainer Ronald Stein im Teamhotel in München. „Das würde natürlich unsere Chancen deutlich erhöhen.“

Das gilt auch für einen Einsatz von Pinto, die im Vorlauf laut Stein „aus Sicherheitsgründen“ nicht eingesetzt wurde. Pinto hat schon länger mit Problemen an der Kniekehle zu tun. „Ich hoffe, dass sie hundertprozentig einsatzfähig ist“, sagte Stein.