Worin unterscheidet sich der humor von männern und frauen

Frankfurt am Main: Fischer , 1988 , 210-231 S.

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Als der Mann noch lustig war

Nichts wünschen sich Frauen und Männer so sehr von ihren Partnern wie Humor. Dabei sind Männer furchtloser beim Lustigsein. Zumindest, so lange, wie sie einer Frau gefallen wollen.

Worin unterscheidet sich der humor von männern und frauen

Mutig, frei und draufgängerisch – diese Eigenschaften vereint, wer Humor hat.

Bettmann/Getty

Das Schlimmste, was eine Frau zu ihrem Mann sagen kann, ist der Satz: «Früher hast du mich zum Lachen gebracht.» Damit sagt sie aber auch, wer für das Humor-Departement zuständig ist. Es sind die Männer, die die Frauen zum Lachen bringen. Das Lachen der Frau ist das Schönste für sie.

Die aktuelle Studie ist also vor allem Statistik. Und was sagt die? Im Ergebnis sind Männer offenbar ein bisschen lustiger als Frauen.

Doch das heißt nicht, dass JEDER Mann lustiger als JEDE Frau ist, erläutert die Humor-Expertin Tabea Scheel: "Übersetzt bedeuten die Ergebnisse: 63 Prozent der Männer dieser Studie werden lustiger eingeschätzt als der Durchschnitt der Frauen in dieser Studie."

Das Ergebnis hat Scheel nicht überrascht. Zum einen habe der kleine Unterschied wohl evolutionäre Gründe, erläutert sie. Denn Frauen suchen sich den Partner wohl überlegt aus, während die Männer um die Frauen konkurrieren müssen:

Es gibt wohl kaum eine Frau auf dieser Welt, die nicht irgendwann schon einmal die Erfahrung machen musste, dass sie auf irgendeine subtile Art und Weise aufgrund ihres biologischen Geschlechtes Ungerechtigkeiten erfahren musste. Dass Frauen zum Beispiel deutlich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen in gleicher Position ist bekannt. Laut Statischem Bundesamt lag der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen im Jahr 2018 etwa 21 Prozent nied­ri­ger als der der Männer.

Eine Studie der University of Arizona hat sich mit dem Einfluss von Humor auf die Arbeitswelt auseinandergesetzt – und dabei einen weiteren Unterschied zwischen den Geschlechtern aufgedeckt. Kern der Studie war die Frage, wie wir den Status einer Person bewerten, wenn sie zum Beispiel das ein oder andere Mal einen Witz oder lustige Bemerkungen und Antworten in ihrem Arbeitsalltag, etwa in einer wichtigen Präsentation, mit einbringt.

Das Ergebnis war erstaunlich

Den Studienteilnehmern wurde ein Video von einer Situation im Job gezeigt. Anschließend sollten sie den Status der gezeigten Person einschätzen - also wie viel Respekt und Anerkennung sie wohl von ihrem direkten Umfeld bekommt.

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Die Auswertung der Antworten war ziemlich eindeutig – und für Frauen wohl ziemlich ernüchternd:

Humor lässt Männer kompetent erscheinen, Frauen nicht und sogar weniger kompetent.

Die Studie hat nachgewiesen, dass Frauen, die humorvoll sind, in ihren Fähigkeiten als wesentlich weniger kompetent eingeschätzt werden - unabhängig davon, in welchem Jobumfeld sie tätig sind. Einzige Ausnahme dürfte hier wohl der Job als Comedian sein. Oft werde Humor in Jobsituationen bei Frauen als unpassend sowie unprofessionell empfunden.

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Ein humorvoller Mann im Job wurde den Studienergebnissen nach zu urteilen mit ganz anderen Attributen in Verbindung gebracht: Der witzige Arbeitskollege gelte als charismatisch und wurde insgesamt mit einem höheren Status eingeschätzt. Ein ähnlich gutes Ergebnis konnten nur Frauen erzielen, die keine Witze erzählten.

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Quelle: Getty Images/Westend61

Eine Studie der TU München aus dem Jahr 2013 kam zu einen ähnlichen Ergebnis, auch wenn es da nicht direkt um Humor im Job ging: Frauen wird, wenn sie fröhlich wirken, weniger Führungswille zugetraut als ähnlich emotionalen Männern.

Aber woher rührt das?

Über die Ursachen, warum die Befragten in den meisten Fällen dieses ungerechte Urteil fällten, gibt die Studie der University of Arizona nur bedingt Auskunft. In einem weiteren Experiment sollten auch die Führungsqualitäten der Männer und Frauen bewertet werden. Dabei zeigte sich: Sowohl die berufliche Leistung, als auch die Führungsqualitäten der humorvollen Frauen wurden als wesentlich schlechter im Vergleich zu den männlichen Kollegen eingeschätzt.

Das ist höchst problematisch. Denn dadurch werden vorhandene Stereotypen von „typisch Frau“ und „typisch Mann“ im Job verstärkt. Mehr dazu kann uns Dr. Karsten Schubert von der Universität Freiburg verraten. Er forscht und lehrt zur politischen Philosophie, Theorie und Ideengeschichte und hat sich unter anderem auf die Fachgebiete Diskriminierung und Diversity spezialisiert.

Für ihn sind die noch immer weit verbreiteten Geschlechter-Stereotypen, Ausdruck der immer noch sexistischen und patriarchalen Grundstruktur unserer Gesellschaft. Die haben auch etwas mit unseren Wirtschaftssystem und den Strukturen innerhalb diesem zu tun. Sie sind ebenfalls stark patriarchalisch geprägt und benachteiligen Frauen.

Dieses Phänomen einer ganz unterschiedlichen Bewertung von ähnlichen Handlungen, also diese Doppelstandards, ist gar nichts Besonderes, sondern allgegenwärtig.

Deutlich werde das beispielsweise bei der unterschiedlichen Interpretation von promiskuitiver Sexualität: Männer würden dafür tendenziell anerkannt, während Frauen dafür eher abgewertet und beschimpft würden. Aus früheren Studien über Männer und Frauen in Führungspositionen geht zumindest hervor, dass wer als führungswillig gesehen wird, größere Chancen hat, tatsächlich auch mal Boss zu werden. Werden humorvolle Frauen nun also als weniger kompetent für diese Position eingeschätzt, als ebenso humorvolle Männer, bedeutet das ein Nachteil für sie.

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Quelle: Getty Images/Westend61

Diese Denkweisen und Vorurteile können eben auch zu noch mehr Druck im Beruf führen, weil Frauen nach der Prämisse handeln, dass sie sich eben anders verhalten müssen, um ernst genommen zu werden. Das wiederum verstärkt dann ein anderes Vorurteil: Das Frauen in Führungsposition verbissen seien und nicht locker seien könnten. So viel dazu.

Die Geschlechterstereotypen wirken also bis in den letzten Winkel unserer Persönlichkeiten, in unsere Handlungen und in alle Lebensbereiche - egal ob Mann oder Frau, nur eben mit unterschiedlichen Prämissen. Das betont auch Schubert:

Schließlich wachsen wir von vorn herein unter den Anforderungen geschlechtlicher Normierung auf, sie wird zum inneren Kern unserer Identitäten. Bei Neugeborenen fragen wir sofort nach dem Geschlecht.

Was also tun?

Dass das ein Teufelskreis ist, aus dem man nur schwer herausbrechen kann, leuchtet ein. Umso mehr sind die Unternehmen selbst gefragt, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die möglichst ohne Vorurteile auskommt. Das kann man etwa in bestimmten Workshops trainieren.

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Quelle: Getty Images/Westend61

„Es gibt keine einfache Antwort auf diese Frage“, sagt auch Schubert. Natürlich sei es gut, über alle möglichen institutionellen und rechtlichen Maßnahmen, wie Diskriminierungsschutzbestimmungen, nachzudenken.

Aber diese Maßnahmen haben auch oft problematische Nebeneffekte und besonders bei solchen habituellen Verhaltensweisen sind sie schwer umsetzbar.

Bei unseren Einstellungen gegenüber lustigen Frauen im Job sei es das Hauptproblem etwa, dass man nicht das Humorverständnis der Menschen durch rechtliche Regelungen kontrollieren könne - wäre ja auch ziemlich absurd. Weil der Sexismus aber ein viel größeres Problem sei, als nur die Arbeitsverhältnisse, sei es besonders wichtig, die Kritik dieser Verhältnisse zu fördern.

Bei der Me-too-Debatte sieht man schon ganz gut, dass solche Politik auch erfolgreich sein kann - da tut sich ja gerade sehr viel.

Dieser Artikel wurde erstmals im März 2020 veröffentlicht.