Wir Kinder vom Bahnhof Zoo wer lebt noch

Christiane Vera Felscherinow[1][2] (* 20. Mai 1962 in Hamburg) wurde Ende der 1970er Jahre durch das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo als drogensüchtige Jugendliche Christiane F. bekannt. Durch die große Verbreitung des Buchs und die erfolgreiche Verfilmung wurde sie zur Symbolfigur einer von Drogen geprägten Jugendkultur der 1970er und 1980er Jahre. In den frühen 1980er Jahren lebte sie in einer Künstler-WG auf der Hamburger Reeperbahn und war als Musikerin und Schauspielerin aktiv, blieb aber kommerziell erfolglos. 2013 veröffentlichte sie ihre Autobiografie Christiane F. – Mein zweites Leben.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christiane Felscherinow wuchs in einer Familie auf, die durch die Alkoholkrankheit ihres Vaters geprägt war. Als sie sechs Jahre alt war, zog die Familie nach West-Berlin in ein Hochhaus der Neuköllner Gropiusstadt. Auch nach der Scheidung der Eltern besserte sich ihre soziale Situation nur bedingt. Im Alter von zwölf Jahren begann sie, Drogen zu konsumieren. Mit 14 Jahren war sie heroinabhängig und prostituierte sich auf dem Kinderstrich an der Kurfürstenstraße und am Bahnhof Zoo. Ihre Mutter bemerkte nach zwei Jahren das Doppelleben ihrer Tochter.

Im Jahr 1978 sagte Felscherinow in einem Prozess als Zeugin aus. Die beiden Stern-Reporter Kai Hermann und Horst Rieck wurden deswegen auf sie aufmerksam und baten sie um ein Gespräch über die Drogenszene. Nach zweimonatiger Recherche entstand daraus das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, das in der Zeit von 1979 bis 1981 insgesamt 95 Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste stand. Durch dieses autobiographische Werk erfuhr eine breitere Öffentlichkeit erstmals etwas über den Alltag der Drogenszene und den Teufelskreis der Drogensucht. Das Buch wurde 1981 von Uli Edel unter dem Titel Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo mit Natja Brunckhorst in der Hauptrolle verfilmt.

Zwischen 1981 und 1983 versuchte Felscherinow mit Unterstützung ihres damaligen Lebensgefährten Alexander Hacke, eine Karriere als Sängerin und Filmschauspielerin zu starten, teilweise unter dem Namen „Christiane F.“, teilweise unter dem Künstlernamen „Christiana“. Mit Hacke trat sie als Musikduo unter dem Namen Sentimentale Jugend auf, unter anderem beim Festival Genialer Dilletanten im September 1981 in Berlin. 1982 nahm sie als Solosängerin einige Schallplatten im Stil der Neuen Deutschen Welle auf. Hauptrollen spielte sie in den Filmen Neonstadt (1981, unter anderem neben Charles Brauer, Barbara Freier, Lisa Kreuzer, Michaela May, Billie Zöckler) und Decoder (1983).

Im Herbst 1983 nahm sie an einer Promotiontour für den Film Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo durch die USA teil. Dabei offenbarte sie erstmals ihren vollständigen Namen. In der KROQ-Radioshow des Moderators Rodney Bingenheimer hatte sie eine Musikkassette mit dem Lied 99 Luftballons von Nena dabei. Als er das deutschsprachige Lied spielte, löste es eine hohe Nachfrage zahlreicher Hörer aus, woraufhin weitere Radiostationen anfingen, es ebenfalls zu spielen. So kam es in die amerikanischen Charts, bevor Nenas Plattenfirma Columbia Records überhaupt reagieren konnte.[3]

Nachdem sie 1985 mit einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz davonkam, wurde sie im Januar 1986 zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt. 1987 ging sie nach Griechenland und lebte dort bis 1993 mit einem Griechen zusammen.[4][5] Danach zog sie zurück nach Berlin.

1996 brachte sie einen Sohn zur Welt. Als dieser zwölf Jahre alt war, gab ihm Felscherinow ihr Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo zum Lesen; es dauerte aber zwei weitere Jahre, bis er aus eigenem Interesse zu dem Buch griff.[6] 2008 nahm das Jugendamt ihren Sohn in Obhut, und sie verlor das Sorgerecht, das sie 2010 zurückbekam.[7] Sie holte ihn allerdings nicht wieder zu sich zurück.[8] Von Zeit zu Zeit trat Felscherinow mit Presseinterviews an die Öffentlichkeit. Nach einem Aufenthalt in Amsterdam kehrte sie nach Berlin zurück. Mehreren Medienberichten zufolge wurde sie zwischenzeitlich rückfällig.[9]

Am 10. Oktober 2013 erschien ihre Autobiografie Christiane F. – Mein zweites Leben. Eine „Fan-Ausgabe“ des Buchs, die 10 Tage früher erworben werden konnte, beinhaltet zusätzliche Zeichnungen, Bilder und Videos. Aus einem Teil des Erlöses soll die Christiane-F-Stiftung,[10] gegründet von der Autorin und dem Verlag, gefördert werden, die Kinder von substanzabhängigen Eltern unterstützen und in der Sache sensibilisieren soll.[11] Die Autobiografie hielt sich fast ein Jahr lang auf der Spiegel-Bestsellerliste.[12]

In Bezug auf ihre finanzielle Situation erklärte Christiane Felscherinow im November 2013 in der n24-Fernsehsendung Deutschland akut:

„Ich bin auf jeden Fall reich in dem Sinne, dass ich mir nicht überlegen muss, wenn ich an der Fleischtheke stehe, ob ich mir heute vielleicht kein Filet leisten kann. Das gibt’s nun nicht. Ich kann ja doch wenigstens noch einkaufen gehen, ohne zu gucken, heute hab ich nur zehn Euro. Die meisten meiner Freundinnen müssen alle so rechnen, ich bin eigentlich die Einzige, die ein bisschen noch über Geld verfügt. Ich habe mein ganzes Geld nur für mein persönliches Leben ausgegeben. Ich besitze kein Haus, ich habe kein Auto. Die Versicherung, der ganze Sprit, das verfress’ ich im Monat beziehungsweise fahr’ ich mal Taxi.“[13]

Im Januar 2014 gab Felscherinow in ihrem Blog ihren vorläufigen Rückzug aus der Öffentlichkeit bekannt.[14] Hauptgrund sei ihr schlechter Gesundheitszustand und ihre Angst, Opfer einer Internet-Kampagne zu werden:

„Ich habe große Angst davor, dass anonyme Kritiker über mich urteilen und mir im Internet einen Prozess machen.“[15][16]

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wunderbar / Der Tod holt mich ein (Single, mit Alexander Hacke von Einstürzende Neubauten, 1982, Posh Boy Records/USA) Song bei youtube
  • Gesundheit (EP, 1982, Posh Boy Records/USA)
  • CHRISTIANA – Final Church (Maxi-Single, 1982, Supermax Schallplatten/West Germany)
  • Süchtig (Song auf dem Supermax Surprise Sampler, 1982, Rip Off Records/Germany)
  • Wunderbar – Health Dub (Maxi-Single, 2003, Playhouse Records/Germany)

Filmografie und Mediendokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Neonstadt (1981/82), Regie: Gisela Weilemann, Helmer von Lützelburg, Dominik Graf, Johann Schmid, Wolfgang Büld
  • Decoder (1983/84), Regie: Muscha
  • Christiane F. (Dokumentarfilm Radio Bremen 1983)
  • Christiane F. (Dokumentarfilm Spiegel TV 1996)
  • Die Große Untergangsshow – Festival Genialer Dilletanten – Berlin Tempodrom, 4. September 1981. Vinyl on Demand Friedrichshafen 2005 (Medienkombination, bestehend aus DVD, CD, 2 LP)
  • Berlin Super 80. Music & Film Underground West Berlin 1978–1984, feat. music by Malaria, Christiane F., Die Tödliche Doris, Einstürzende Neubauten and others. Concept & Realisation Toni Schifer, Rolf S. Wolkenstein. Monitorpop Entertainment, Berlin 2005. (Medienkombination, bestehend aus DVD, Audio-CD und Buch.)
  • Zurück im Drogenmilieu: die Geschichte der Christiane F. (Spiegel TV Magazin, 2008)
  • Christiane F. und die Kinder vom Bahnhof Zoo (Dokumentarfilm Spiegel TV 2013)[17]
  • 2015: B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979–1989. Dokumentation mit Mark Reeder, Regie von Jörg A. Hoppe, Klaus Maeck, Heiko Lange und Alexander von Sturmfeder, 92 min
  • 2021: Das Berlin der Kinder vom Bahnhof Zoo (Eine Audio-Dokumentation). Hörbuch von Audible und Stern.
  • 2022: Arte, Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo: Lost Generation

Buchverfilmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (Bundesrepublik Deutschland 1980/81), Regie: Uli Edel, mit Natja Brunckhorst als Christiane F.
  • Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, achtteilige Serie von Philipp Kadelbach und Sophie von Uslar (2021)[18], mit Jana McKinnon als Christiane F.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Sonja Vukovic: Christiane F. – Mein zweites Leben. Deutscher Levante Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-943737-12-7.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kai Hermann, Horst Rieck: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Gruner + Jahr, Hamburg 1978, ISBN 3-570-02391-5. (46. Auflage, 2004)
  • Wolfgang Müller (Hrsg.): Geniale Dilletanten. Merve, Berlin 1982, ISBN 3-88396-021-7.
  • Wolfgang Müller: Zugsüchtig. Interview mit Christiane F. in: Die allerschönsten Interviews. Martin Schmitz Verlag, Kassel 1989, ISBN 3-927795-00-3.
  • Literatur von und über Christiane Felscherinow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Christiane Felscherinow in der Internet Movie Database (englisch)
  • Christiane F. bei Discogs
  • Christiane-F Foundation Offizielle Website
  • Philip Eppelsheim: Christiane F.: „Auf mir lastet ein Fluch“. In: faz.net. 3. März 2008.
  • Franziska Gerlach: Ein Kind vom Bahnhof Zoo – Christiane F. wird 50. Goethe-Institut, Mai 2012.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Christiane Felscherinow - Biografie WHO'S WHO. Abgerufen am 5. Mai 2022.
  2. TV-Tipp: Ein Abend mit Christiane F. auf Arte. 9. Februar 2022, abgerufen am 5. Mai 2022 (deutsch).
  3. 99 Luftballons und das Chaos der Gefühle. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1984, S. 218–226 (online).
  4. Birgit Bürkner: Christiane F. - neuer Drogen-Absturz. 11. August 2008, abgerufen am 25. März 2021 (deutsch).
  5. Amazon.de: Christiane F. und die Kinder vom Bahnhof Zoo ansehen | Prime Video. Abgerufen am 25. März 2021.
  6. N24-Sendung Deutschland akut. Fernsehsendung, 27. November 2013; Moderator Claus Strunz, über das Thema „Nach Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Weitere Gesprächsteilnehmer: Sozialpädagoge Christian Hennis und Journalistin Sonja Vukovic. Diskussionsrunde aus Anlass der Veröffentlichung der Autobiografie Mein zweites Leben (Deutscher Levante Verlag) von Christiane Felscherinow. Produziert von Schmidt Media OHG, Nierstein.
  7. Birgit Bürkner: Christiane F. – neuer Drogenabsturz. In: Hamburger Abendblatt. 11. August 2008, abgerufen am 28. September 2018.
    Drogensucht: Christiane F. kann sich nicht mehr um Sohn kümmern. In: Spiegel Online. 11. August 2008, abgerufen am 28. September 2018.
  8. Katja Mitic-Pigorsch: Warum Christiane F. der Sucht nicht entkam. In: Welt Online. 26. September 2013, abgerufen am 15. Januar 2014.
  9. Drogenprobleme: Christiane F. zurück im Drogensumpf. In: Spiegel Online. 9. August 2008, abgerufen am 23. April 2020.
  10. Stiftung: Christiane F.: Mein zweites Leben. In: christiane-f.com. Archiviert vom Original am 3. Februar 2014; abgerufen am 23. April 2020.
  11. Buch: Christiane F.: Mein zweites Leben. In: christiane-f.com. Archiviert vom Original am 3. Februar 2014; abgerufen am 23. April 2020.
  12. Christiane F.: Mein zweites Leben. 21. August 2014, abgerufen am 3. April 2021 (deutsch).
  13. N24-Sendung Deutschland akut. Fernsehsendung, 27. November 2013; Moderator Claus Strunz, über das Thema „Nach Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, weitere Gesprächsteilnehmer: Sozialpädagoge Christian Hennis und Journalistin Sonja Vukovic. Diskussionsrunde aus Anlass der Veröffentlichung der Autobiografie Mein zweites Leben (Deutscher Levante Verlag) von Christiane Felscherinow. Produziert von Schmidt Media OHG, Nierstein.
  14. Rückzug aus der Öffentlichkeit: Christiane F. fürchtet den Lanz-Effekt. In: Spiegel Online. 30. Januar 2014, abgerufen am 23. April 2020.
  15. Christiane Felscherinow: Ich verabschiede mich! In: christiane-f.com. Archiviert vom Original am 1. Februar 2014; abgerufen am 28. September 2018.
  16. Nada Weigelt: 40 Jahre nach „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“: Was wurde aus Christiane F.? In: t-online.de. 27. September 2018, abgerufen am 28. September 2018.
  17. Ein deutsches Drama: Christiane F. und die Kinder vom Bahnhof Zoo. Abgerufen am 25. März 2021.
  18. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1): Die Neuerzählung eines Klassikers. 12. Februar 2021, abgerufen am 18. Februar 2021 (deutsch).
Personendaten
NAME Felscherinow, Christiane
ALTERNATIVNAMEN F., Christiane; Felscherinow, Vera Christiane (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Autorin
GEBURTSDATUM 20. Mai 1962
GEBURTSORT Hamburg

Was ist aus Stella geworden?

Heute ist die 52-Jährige eine erfolgreiche Drehbuchautorin. 2001 bekam sie für das Skript zu der DDR-Punkgeschichte "Wie Feuer und Flamme" den Deutschen Filmpreis. Bei der diesjährigen Lola-Vergabe wurde das ebenfalls von ihr geschriebene Drama "Amelie rennt" als bester Kinderfilm ausgezeichnet.

Was wurde aus dem echten Detlef von Christiane F?

Während Christiane noch bis 2005 gegen ihre Sucht kämpfte, soll Detlef R. schon länger clean sein und in Berlin als Busfahrer arbeiten. Nach einer Haftstrafe zeigte er sich geläutert, er betrachtet seine Sucht mittlerweile als Jugendsünde.

Warum Benno und nicht Detlef?

► Stichwort Personen. Christianes Heroin-Freund heißt in der Serie nicht Detlef, sondern Benno. Auch die Vornamen von Christianes Eltern wurden aus Persönlichkeitsrechtsgründen zu Karin und Robert verändert.

Wie ist Babsi döge gestorben?

19. Juli 1977Babette Döge / Sterbedatumnull

Ist Christiane F jetzt clean?

Ein Jugendrichter bescheinigt der 16-Jährigen überdurchschnittliche Intelligenz, stellt eine günstige Zukunftsprognose. Christiane bekommt Bewährung. Sie hat gerade ihren Hauptschulabschluss in der Tasche, ist seit fast einem Jahr „clean“.

Was macht Natja Brunckhorst heute?

Mittlerweile hat sie ihre eigene Produktionsfirma gegründet. 2017 schreibt sie das Drehbuch für den Film "Amelie rennt", der 2018 den Deutschen Filmpreis in der Kategorie "Bester Kinderfilm" erhält. Brunckhorst hat mit ihrem Ex-Mann, Schauspieler Dominic Raacke, eine Tochter.