Der AstraZeneca-Impfstoff ist seit Ende Jänner 2021 in Europa zugelassen. Lesen Sie nach, wie gut er schützt, welche Nebenwirkungen es gibt und was wir noch nicht wissen. (Bild: © Drazen Zigic – shutterstock.com) Show Inhalt
Dieser Beitrag ist Teil unserer Serie zur Corona-Impfung. In diesem Beitrag berichten wir, was zum Covid-Impfstoff von AstraZeneca bekannt ist (Stand: 11. August 2021):
Nutzen: Wie gut schützt der Impfstoff von AstraZeneca?Der Nutzen wurde für die Zulassung anhand der Daten von ca. 10.500 Testpersonen beurteilt [1,2]. Die Hälfte bekam zwei Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs, die andere Hälfte zum Vergleich zwei Dosen eines Meningokokken-Impfstoffs oder eines Schein-Impfstoffs (Placebo) aus Kochsalzlösung. Zwischen den beiden Impfdosen lag ein zeitlicher Abstand von 4 bis 12 Wochen. Im Durchschnitt wurden die Geimpften ab der letzten Impfung 2,5 Monate lang nachbeobachtet. Hochgerechnet auf je 10.000 Personen zeigte sich folgende Wirksamkeit [1]:
Der Schutzeffekt scheint demnach niedriger als bei den anderen beiden Impfstoffen von Biontech oder Moderna. Die Angaben zur Schutzwirkung sind jedoch nicht exakt und haben eine Schwankungsbreite. Wie der Impfstoff von AstraZeneca im direkten Vergleich zu anderen Impfstoffen tatsächlich abschneidet, ist noch nicht gut erforscht. Die Schutzwirkung vor einer schweren Erkrankung mit Krankenhausaufenthalt scheint bei 94 Prozent zu liegen. Das legen Beobachtungen aus Großbritannien [20] nach der Zulassung nahe. Die Zulassungsstudien davor haben keine genaue Einschätzung ermöglicht, da die Gesamtzahl an schweren Erkrankungen dafür zu klein war. Insgesamt waren in den Zulassungsstudien 8 Testpersonen so schwer an Covid-19 erkrankt, dass sie im Krankenhaus aufgenommen werden mussten. Alle 8 hatten die Schein-Impfung erhalten. Die Schutzwirkung vor Todesfällen durch Covid-19 scheint mit 92 bis 94 Prozent ähnlich groß zu sein. Auch darauf weisen Beobachtungen an Britinnen und Briten hin, die nach der Zulassung mit AstraZeneca geimpft worden waren [20]. Besserer Schutz mit späterer Zweitdosis?Möglicherweise ist die Schutzwirkung des AstraZeneca-Impfstoffs umso größer, je später die Impfung mit der zweiten Dosis erfolgt. Laut Zulassungsstudien [1,10] könnte ein Impf-Abstand von mindestens 12 Wochen die Schutzwirkung auf 75 oder 80 Prozent erhöhen. Im Vergleich dazu deuten Teilauswertungen an, dass die Schutzwirkung bei einem Abstand von 4 bis 8 Wochen nur bei 50 oder 55 Prozent liegen könnte. Gut abgesichert sind diese Ergebnisse jedoch nicht. Ob die Wirksamkeit der AstraZeneca-Impfung wirklich deutlich besser ist, wenn die zweite Dosis erst nach 3 Monaten erfolgt, muss noch genauer untersucht werden. Schützt bereits die erste Impf-Dosis?Bereits 2 bis 3 Wochen nach der ersten Impf-Dosis ist das Erkrankungsrisiko verringert. Nach drei Wochen betrug die Schutzwirkung in den Zulassungsstudien 42 Prozent [1]. Der maximale Schutz tritt rund 2 Wochen nach der zweiten Impfung ein. Hinweise auf Wirksamkeit auch bei ÄlterenDie Wirkung bei Personen ab einem Alter von 65 Jahren ist derzeit nur eingeschränkt erforscht. Der Grund: In den Zulassungsstudien haben zu wenige ältere Menschen teilgenommen, um gesicherte Daten zu liefern. Zwei Beobachtungsstudien aus Großbritannien [6,7] lassen jedoch hoffen, dass der AstraZeneca-Impfstoff auch bei Älteren gut wirkt. Für die Studien wurden ältere Menschen berücksichtigt, die bis Mitte Februar eine Impfung erhalten haben: in Schottland waren dies rund 200.000 Menschen über 80, in England rund 7,5 Millionen Menschen über 70. Ein Großteil dieser Menschen hat den Impfstoff von AstraZeneca bekommen. Die Daten deuten darauf hin, dass die Impfung einen großen Teil der Spitalsaufenthalte durch Covid-19 verhindern können [6,7]. Daher ist der AstraZeneca-Impfstoff in Österreich und Deutschland [3] für alle Altersgruppen ab 18 Jahren empfohlen. Die Ergebnisse sind jedoch noch vorläufig (Stand: 11. August 2021). Wie gut der Impfstoff bei Älteren tatsächlich wirkt, wird eine umfassende randomisiert-kontrollierte Studie [14] aus den USA zeigen. Deren Ergebnisse wurden bisher nur auszugsweise als Pressemitteilung veröffentlicht [21]. Für eine verlässliche Beurteilung wären jedoch die vollständigen Daten notwendig. Geringere Wirkung bei Virus-Mutationen?Wie bei Viren üblich, entstehen auch beim Coronavirus SARS-CoV-2 immer wieder neue Formen. Fraglich ist, wie gut die derzeit verfügbaren Impfstoffe vor diesen Mutationen schützen, die stärker ansteckend sind [13]. Gegen eine Erkrankung mit der seit Sommer vorherrschenden „Delta-Variante“ (B.1.617.2 – erstmals in Indien entdeckt) scheint die Schutzwirkung 60 Prozent zu betragen [22,28,29]. Gut schützen dürfte der Impfstoff von AstraZeneca allerdings vor einer schweren Erkrankung mit Spitalsaufenthalt: hier deuten Beobachtungen eine Schutzwirkung von 92 Prozent an [23,30]. Vor weniger schweren Erkrankungen durch die „Beta-Variante“ (B.1.351 – erstmals in Südafrika festgestellt) dürfte der Impfstoff von AstraZeneca nicht oder nur kaum schützen. Darauf deutet eine Studie aus Südafrika hin, in der insgesamt 39 Erkrankungsfällen durch B.1.351 [8] aufgetreten sind. Ob der Schutz vor schweren Erkrankungen höher ist, ist noch offen. Schwere Erkrankungen sind in der Studie nicht aufgetreten, da die teilnehmenden Personen relativ jung waren (Altersschnitt 31 Jahre). In diesem Alter verläuft Covid-19 selten ernst. Gegen die „Alpha-Variante“ (B.1.1.7 – in Großbritannien entdeckt) scheint der Impfstoff von AstraZeneca ähnlich gut zu wirken wie gegen die bisher vorherrschende Virusvariante. Darauf deutet eine Laboranalyse von Proben der Teilnehmenden einer großen Studie hin [9], es braucht aber auch hier noch mehr Daten für sichere Aussagen. Wie gut der AstraZeneca-Impfstoff gegen die „Gamma-Variante“ (P.1, in Brasilien erstmals aufgetaucht) wirkt, ist noch unklar. Offene Fragen zum NutzenFolgende Fragen zum Nutzen sind in den bisherigen Studien nicht ausreichend untersucht worden:
Der Impfstoff hat in der EU eine bedingte Zulassung erhalten. Deshalb ist die Herstellerfirma AstraZeneca verpflichtet, so bald wie möglich weitere Daten vorzulegen. Das ist in den nächsten Monaten zu erwarten. Die Zulassungsstudien sollen noch bis Herbst 2021 weiterlaufen, außerdem sind zusätzliche Studien gestartet [14]. Nach oben zur Übersicht Wie sicher ist der Impfstoff von AstraZeneca?Häufige Reaktionen auf die ImpfungNeben dem Nutzen haben die Forscherinnen und Forscher untersucht, wie häufig direkte Impfreaktionen und andere Nebenwirkungen der Impfung sind. In den Zulassungsstudien [2] sind innerhalb von 7 Tagen folgende Reaktionen auf die Impfung aufgetreten:
Häufung von seltenen ThrombosenIn Europa haben bis 20. Juni rund 51 Millionen Menschen den AstraZeneca-Impfstoff bekommen. Zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kam es dabei nur sehr selten. Rund 10 pro 1 Million Geimpfter haben nach der Impfung ein Blutgerinnsel (Thrombose) mit Blutplättchenarmut (Thrombozytopenie) bekommen – etwa im Gehirn (Sinusvenenthrombose) oder in der Leber [25]. Betroffen sind etwas mehr Frauen als auch Männer [26]. Das Risiko, nach der Impfung an einem Blutgerinnsel zu versterben, beträgt weniger als 2 zu 1 Million [25]. Auch ohne Impfung können Menschen gefährliche Thrombosen entwickeln. Unter den Geimpften kommt es jedoch zu mehr Thrombosefällen, als ohne Impfung zu erwarten wären. Nutzen höher als RisikenDie Reaktion der Gesundheitsbehörden ist unterschiedlich. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA [15] und das Nationale Impfgremium in Österreich [18] sind der Ansicht, dass der Nutzen der Impfung bei der Verhinderung von Covid-19-Todesfällen die sehr seltenen Risiken deutlich überwiegt. Die Behörden empfehlen daher, den Impfstoff von AstraZeneca weiter für alle ab 18 zu verwenden. Die STIKO in Deutschland empfiehlt hingegen, nur Personen ab 60 mit AstraZeneca zu impfen [16]. Thrombosen lassen sich behandelnAuch gefährliche Thrombosen wie jene in den Hirnvenen lassen sich behandeln [17,19]. Sollten nach der Impfung folgende Beschwerden auftreten, empfiehlt die EMA, rasch eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen und auf die kürzlich erhaltene Impfung hinzuweisen [15]:
Andere seltene NebenwirkungenEin allergischer Schock (Anaphylaxie) trat in Großbritannien und Deutschland bei etwa 15 von 1 Million AstraZeneca-Impfungen auf [26]. Solche allergischen Schocks treten üblicherweise unmittelbar nach der Impfung auf und lassen sich gut behandeln. Arzneimittelbehörden empfehlen, nach der Impfung mindestens 15 Minuten unter Beobachtung zu bleiben. Impfzentren und Arztpraxen halten Notfallmedikamente bereit, um allergische Reaktionen im Fall des Falles schnell behandeln zu können. Möglicherweise ist die Nervenerkrankung Guillain-Barré-Syndrom eine seltene Impfkomplikation. Bei manchen Betroffenen löst diese Krankheit ein leichtes Schwächegefühl aus, es kann aber auch zu ernsthaften Lähmungserscheinungen kommen. Die meisten Betroffenen erholen sich wieder vollständig, bei einigen kann jedoch ein Schwächegefühl bleiben. Die europäische Zulassungsbehörde EMA hat rund 4 Fälle pro 1 Million Impfungen beobachtet. Das könnte rund dreimal häufiger sein als in der nicht-geimpften Bevölkerung [26]. Eine sehr seltene Komplikation ist das Kapillarlecksyndrom – eine ernste Erkrankung, bei der Flüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Gewebe austritt. Sie tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als einem Fall pro 1 Million Impfungen auf [25]. Nicht gehäuft aufgetreten sind vorübergehende Gesichtslähmungen (Fazialis-Parese) [27], von denen in den Medien zu lesen war. Diese Störung tritt – ganz ohne Impfung – pro Jahr bei etwa 200 von 1 Million Menschen auf und verschwindet üblicherweise innerhalb von Wochen wieder vollständig. Die Ursache dafür ist unbekannt [12]. Woraus der Impfstoff bestehtDer AstraZeneca-Impfstoff gehört zur Gruppe der „Vektor-Impfstoffe“ (Was ist das?). Sein Hauptbestandteil sind harmlose Viren, die sich nicht vermehren können. Nach der Impfung nehmen manche Körperzellen diese harmlosen Viren auf. Diese stellen dann für kurze Zeit ein spezielles Oberflächeneiweiß des SARS-CoV-2 Virus (das Spike-Protein) her und ermöglichen dem Immunsystem, die Verteidigung gegen das Coronavirus zu trainieren. Sollte die geimpfte Person später mit dem echten SARS-CoV-2 Virus in Kontakt kommen, kann das Immunsystem den Krankheitserreger rasch erkennen und bekämpfen. In einem anderen Beitrag erklären wir, wie Impfstoffe gegen das Coronavirus wirken. Andere Inhaltsstoffe sind u.a. Wasser, Zucker, Salze und ein auch in Lebensmitteln erlaubter Emulgator, der die Vermischung von Wasser und Fetten ermöglicht. Außerdem ist eine winzige Menge Alkohol enthalten (2 Milligramm pro Dosis Impfstoff) [1]. Der AstraZeneca-Impfstoff enthält weder Wirkverstärker (Adjuvantien) noch Konservierungsstoffe. Auch Aluminium- oder Quecksilberverbindungen sind nicht Teil des Impfstoffs. Offene Fragen zu den RisikenFolgende Fragen zur Sicherheit sind in den bisherigen Studien nicht ausreichend untersucht worden:
In Zukunft erwarten wir weitere Erkenntnisse zur Sicherheit aus aktuell laufenden und künftigen Studien. Zusätzlich findet die Überwachung der Nebenwirkungen statt. Dabei muss die Firma AstraZeneca monatlich statt wie sonst üblich halbjährlich Zusammenfassungen für die Zulassungsbehörde erstellen. Auch Geimpfte selbst können vermutete Nebenwirkungen melden, etwa über das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. In einem anderen Beitrag beschreiben wir, wie die Sicherheit bei Impfstoffen laufend überprüft wird. Nach oben zur Übersicht Die Studien im DetailAn den vier Zulassungsstudien [1-5] nahmen knapp 24.000 Menschen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika teil. In den beiden kleineren Studien sind allerdings zu wenige Covid-19-Erkrankungen aufgetreten, um solide Einschätzungen ableiten zu können. Daher ist eine Beurteilung des Nutzens nur mit den Daten von rund 10.500 Teilnehmenden aus den beiden größeren Studien möglich. Sie allen haben zwei volle Impfdosen erhalten. Eine dieser beiden Studien begann Ende Mai 2020 in Großbritannien. Die zweite Studie fand in Brasilien statt und startete im Juni. Die Testpersonen lebten nach den Injektionen unter ihren üblichen Alltagsbedingungen. Für die Zulassung dauerte die Datensammlung bis Anfang Dezember [3]. Die Nachbeobachtung der Testpersonen läuft aber noch weiter, um zusätzliche Daten zum Anhalten des Impfschutzes und zu Nebenwirkungen zu sammeln. Wer nahm an den Zulassungsstudien teil?55 Prozent der Testpersonen waren Frauen, sie waren somit etwas häufiger vertreten als Männer. Unter den Testpersonen waren einerseits Gesunde, andererseits Personen mit leichteren chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma oder Herz-Kreislauf-Problemen. Bei solchen Vorerkrankungen ist das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 erhöht. Was wurde verglichen?Bei den Zulassungsstudien handelt es sich um sogenannte randomisiert-kontrollierte Studien. Alle Teilnehmenden wurden per Zufall (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt. Die Impfstoff-Gruppe erhielt den AstraZeneca-Impfstoff, die Kontrollgruppe einen (Schein)impfstoff, der nicht vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen kann. In der britischen Studie waren das zwei Dosen Meningokokken-Impfstoff. In der brasilianischen Studie war die erste Dosis in der Kontrollgruppe ein Meningokokken-Impfstoff und die zweite Dosis Kochsalzlösung (Placebo) [1]. Alle Testpersonen bekamen zwei Impfungen, der Abstand dazwischen lag bei 4 bis ungefähr 12 Wochen. In der britischen Studie erhielten einige Teilnehmende der Impfstoff-Gruppe irrtümlich mit der ersten Dosis nur die halbe Menge des vorgesehenen AstraZeneca-Impfstoffs. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat die Daten dieser Personen nicht zur Beurteilung der Wirksamkeit berücksichtigt [1]. Wie gut der Impfstoff wirkt, zeigt der Vergleich der beiden Gruppen. Das wichtigste Maß war der Anteil an Testpersonen, die an Covid-19 erkrankten – also Symptome wie Husten, Fieber oder Atemnot hatten und bei denen der PCR-Test eine Infektion anzeigte. Gezählt wurden alle Krankheitsfälle, die frühestens 15 Tage nach der zweiten Impfdosis aufgetreten sind. Denn erst nach dieser Zeit erwarteten die Forscherinnen und Forscher den maximalen Impfschutz. Wie gut sind die Ergebnisse zum Impfschutz abgesichert?Eine randomisiert-kontrollierte Studie ist die aussagekräftigste Studienart, um die Wirksamkeit und Sicherheit eines Impfstoffs zu überprüfen – sofern sie nach strengen Kriterien durchgeführt ist. Das war bei den Zulassungsstudien überwiegend der Fall, es gibt jedoch Kritikpunkte. Insgesamt sind die Daten zum Impfschutz verhältnismäßig gut abgesichert. Ein Kritikpunkt ist, dass in der britischen Studie einige Testpersonen irrtümlich nur die Hälfte der ersten Impfstoff-Dosis gespritzt bekommen haben. Die Daten dieser Personen waren daher von der Analyse ausgeschlossen. Ein weiterer Kritikpunkt: Das impfende Personal in den Zulassungsstudien wusste, ob es den AstraZeneca-Impfstoff verabreichte oder zur Kontrolle den Meningokokken-Impfstoff oder Kochsalzlösung spritzte. Idealerweise sollte jedoch niemand der Beteiligten einer Studie wissen, wer den zu prüfenden Impfstoff erhält und wer den Schein-Impfstoff. Diese vollständige „Verblindung“ soll sicherstellen, dass Erwartungen das Ergebnis nicht beeinflussen. Erfahren beispielsweise die Teilnehmenden vom impfenden Personal, welchen Impfstoff sie bekommen, könnten sie sich vielleicht unterschiedlich stark an die Corona-Vorsichtsmaßnahmen halten. So wären die Teilnehmenden der echten Impfstoff-Gruppe vielleicht sorgloser und würden sich somit häufiger anstecken, während sich jene aus der Kontroll-Gruppe sogar noch vorsichtiger verhalten würden. Wie gut sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit bei Älteren abgesichert?An den Zulassungsstudien haben nur wenige ältere Menschen teilgenommen. Daher sind bei Personen ab 65 sehr wenige Erkrankungen gezählt worden: 4 in der Impfstoff-Gruppe und 7 in der Kontrollgruppe. Das ist jedoch deutlich zu wenig für eine aussagekräftige Einschätzung. Neue Studien und weitere Ergebnisse der fortlaufenden bisherigen Studien werden in Zukunft genauere Antworten liefern. Bis Mitte Februar haben in Schottland bereits rund eine Millionen Menschen die Impfung erhalten, darunter etwa 200.000 Personen über 80. Deren Daten wurden in einer Beobachtungsstudie analysiert [6]. Die meisten Personen über 80 bekamen den AstraZeneca-Impfstoff, ein Teil jedoch jenen von Biontech. Eine getrennte Auswertung nur für den AstraZeneca-Impfstoff fehlt in der Analyse [6]. Zudem warteten die meisten dieser Menschen zum Zeitpunkt der Erhebung noch auf die zweite Impfstoff-Dosis. Die Ergebnisse sind daher nur sehr eingeschränkt aussagekräftig. Sie deuten aber vorsichtig darauf hin, dass die Impfung einen großen Teil der Spitalsaufenthalte durch Covid-19 bei Personen über 80 verhindern kann. Wie groß die Schutzwirkung der AstraZeneca-Impfung bei älteren Menschen genau ist, lässt sich anhand der Daten jedoch nicht sagen. Eine zweite Beobachtungsstudie aus England [7] kommt zu einem ähnlichen Schluss. Sie analysierte die Schutzwirkung bei 76.000 Personen ab 70 Jahren, die bis Mitte Februar mit AstraZeneca geimpft wurden. Sie wurden mit etwa 18.000 Nicht-Geimpften im selben Alter verglichen. Auch diese Daten legen nahe, dass die AstraZeneca-Impfung Spitalsaufenthalte verringern kann. Sie sind jedoch nicht gut abgesichert. Wie gut sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit bei Virus-Varianten abgesichert?Wie gut AstraZeneca vor Erkrankungen durch die Delta-Variante (B.1.617.2) schützt, wurde in zwei Beobachtungsstudien an Geimpften aus England [28] und Schottland [29] untersucht. Daten zur Schutzwirkung vor schweren Erkrankungen, die einen Krankenhausaufenthalt nötig machen, wurden ebenfalls in England gesammelt [30]. Die Ergebnisse sind nur bedingt verlässlich, da solche Beobachtungen durch unbekannte Einflussfaktoren verzerrt sein können. Daten zur Beta-Variante (B 1.351) stammen aus einer doppelt verblindeten randomisiert-kontrollierten Studie mit 2026 Personen aus Südafrika [8]. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat sie nicht für die Zulassung des Impfstoffs berücksichtigt. Von 39 durch B 1.351 verursachten Covid-19-Erkrankungen tauchten in beiden Gruppen ähnlich viele Fälle auf: 19 in der Impfstoff-Gruppe und 20 in der Kontrollgruppe (Schein-Impfstoff aus Kochsalzlösung). Können wir daraus ableiten, dass der Impfstoff gar keinen Schutz vor der Beta-Variante bietet? Nein, denn auch hier ist die Aussagekraft eingeschränkt. Ob der Schutz vor schweren Erkrankungen höher ist, bleibt offen. Schwere Erkrankungen sind in der Studie nicht aufgetreten, vermutlich weil die teilnehmenden Personen relativ jung waren (Altersschnitt 31 Jahre). In diesem Alter verläuft Covid-19 häufig mild. Zur Wirksamkeit gegen die Alpha-Variante (B 1.1.7) gibt es Hinweise aus einer weiteren Studie [9]. Insgesamt fand das beteiligte Forschungsteam 34 Erkrankungsfälle, die durch Alpha verursacht waren. Die Daten weisen vorsichtig darauf hin, dass die Schutzwirkung ähnlich gut ist wie für die ursprüngliche Virusvariante, die bis Mitte Jänner 2021 in Großbritannien kursierte. Wie gut sind die Ergebnisse zur Wirksamkeit längerer Impf-Abstände abgesichert?Zwei Teilanalysen [1,9] lassen darauf schließen, dass die Wirksamkeit mit längeren Abständen zwischen den Impfdosen steigt. Für konkrete Angaben gibt es jedoch noch zu wenige Daten – die Schwankungsbreite der Zahlenwerte ist sehr hoch. Wie gut sind die Ergebnisse zur Sicherheit abgesichert?Welche häufigen Nebenwirkungen zu erwarten sind, dürfte gut abgesichert sein. Das hat eine Analyse der britischen Arzneimittelbehörde MHRA an rund 5000 Teilnehmenden aus den Zulassungsstudien ergeben [2]. Weniger verlässlich sind die Angaben dazu, wie häufig diese Nebenwirkungen im Vergleich zu einer Scheinimpfung sind. Der Grund: Die Nebenwirkungen der AstraZeneca-Impfstoff-Gruppe wurden nicht nur mit jenen der gespritzten Kochsalzlösung verglichen. Ein großer Teil der Kontrollgruppe bekam Meningokokken-Impfstoff gespritzt, von dem mehr Nebenwirkungen zu erwarten sind als von einer Scheinimpfung mit Kochsalzlösung. Eine getrennte Analyse nach Meningokokken-Impfstoff und Kochsalzlösung fehlt jedoch. Die Häufigkeit der Nebenwirkungen in der Kontrollgruppe sind daher nur bedingt zuverlässig. Etwas weniger gut abgesichert ist, welche seltenen Nebenwirkungen durch den AstraZeneca-Impfstoff verursacht werden und wie häufig diese sind. Es wird laufend weiter beobachtet, ob es zu seltenen möglichen Nebenwirkungen kommt. Ein Problem bei solchen Beobachtungen ist, das sich weder beweisen noch ausschließen lässt, dass der Impfstoff die Ursache für ein Gesundheitsproblem sein könnte. Wenn viele Millionen Menschen die Impfung erhalten, ist allein schon durch Zufall zu erwarten, dass bei einem Teil davon gleichzeitig mit der Impfung Beschwerden auftreten – die aber auch ohne Impfung aufgetreten wären. In Europa haben bis 20. Juni rund 51 Millionen Menschen den AstraZeneca-Impfstoff bekommen. Versionsgeschichte
Nach oben zur Übersicht Quellen[1] EMA (2021) [2] MHRA (2021) [3] STIKO (2021) [4] COVID-NMA Consortium (2021) [5] Voysey u.a. (2021) [6] Vasileiou u.a. (2021) [7] Bernal u.a. (2021) [8] Madhi u.a. (2021) [9] Emary u.a. (2021) [10] Voysey u.a. (2021) [11] Paul-Ehrlich-Institut (2020) [12] Paul-Ehrlich-Institut (2021) [13] RKI (2021) [14] ClinicalTrials.gov (2021) [15] EMA (2021) [16] STIKO – RKI
(2021) [17] AWMF (2018) [18] Nationales Impfgremium (2021) [19] UpToDate (2021) [20] Public Health England (2021) [21] AstraZeneca (2021) [22] AIHTA (2021) [23] STIKO (2021) [24] ECDC (2021) [25] EMA (2021) [26] Paul-Ehrlich-Institut (2021) [27] MHRA (2021) [28] Lopez Bernal u.a. (2021) [29] Sheikh u.a. (2021) [30] Stowe u.a. (2021) Nach oben zur Übersicht |