Wer ist absolut arm

Im Gegensatz zur absoluten Armut, die das Überleben der Betroffenen unmittelbar bedroht, wird in Wohlstandsgesellschaften wie Deutschland Armut meist als „relative Armut“ definiert: relativ im Verhältnis zum Wohlstand der übrigen Bevölkerung des Landes. Die Armutsgrenze bezieht sich in diesem Fall auf statistische Zahlenwerte, meistens auf das durchschnittliche Einkommen. In der Europäischen Union gelten Personen als arm, die monatlich weniger als 60 Prozent des nationalen Mittelwerts verdienen. In Deutschland entspricht dies monatlich 1.148 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt und 1.721 Euro für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen. Für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern zwischen 14 und 18 Jahren liegt die Armutsgefährdungsschwelle aktuell bei 2.869 Euro.

Vielen Kritikern dieses Konzeptes geht die Definition von Einkommensarmut nicht weit genug. Neben dem finanziellen Aspekt betrachten die Befürworter des sogenannten Lebenslagenansatzes zentrale Lebensbereiche wie Wohnen, Bildung, Gesundheit, Arbeit, Kommunikationsmöglichkeiten, Einkommen, Kleidung, Ernährung und Transport. Als arm gilt, wer zu vielen dieser Bereiche erschwerten Zugang hat bzw. ganz von ihnen ausgeschlossen ist – und damit geringere Chancen hat, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Die Tafeln unterstützen Menschen in Notsituationen und erleichtern ihren Alltag durch Lebensmittelspenden und weitere Angebote.

  • Armut in Zahlen
  • Was heißt "relativ" arm?
  • Arme Menschen sterben früher
  • Abstieg in die Armut
  • Arm, keine Wohnung, kein Job

Armut in Zahlen

Laut dem 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2017 leben 15,7 Prozent der Bevölkerung in Armut oder an der Armutsgrenze. Das sind knapp 13 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 galten hierzulande noch 12,7 Prozent aller Einwohner als arm.

Die Armut in Deutschland wächst. Betroffen sind vor allem kranke und alte Menschen, Niedriglöhner und Arbeitslose, kinderreiche Familien und Alleinerziehende. Besonders kritisch sehen Sozialverbände die Armutsquote bei Kindern, die mit 19,7 Prozent deutlich über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegt.

Was heißt "relativ arm"?

In einem wohlhabenden Land wie Deutschland ist von "relativer Armut" die Rede: Wer hierzulande wesentlich weniger besitzt als der Durchschnitt, ist arm. Meist bezieht sich die relative Armut auf das Einkommen. So bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO denjenigen als arm, der monatlich weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens seines Landes zur Verfügung hat.

Ein Armutsrisiko besitzt bereits, wer mit weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens auskommen muss. In Deutschland lag demnach die Armutsgrenze 2018 für einen alleinlebenden Erwachsenen bei einem Einkommen von 1135 Euro im Monat.

Solche statistischen Armutsgrenzen sind umstritten, denn die sogenannte Einkommensarmut gibt den gesellschaftlichen Status nur unzureichend wieder. Faktoren wie Bildungsstand oder soziales Netz spielen ebenfalls eine große Rolle. Wie auch immer relative Armut beschrieben wird: Es geht um die ungleiche Verteilung von Chancen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Arme Menschen sterben früher

Im Gegensatz zur relativen Armut bedroht absolute Armut die physische Existenz. Als absolut arm gelten Menschen, die pro Tag weniger als einen US-Dollar ausgeben können. Zwar muss in Deutschland niemand Hunger leiden. Dennoch gefährdet Armut auch hier Leben und Gesundheit.

Arme Menschen sind in Deutschland häufiger von Krankheit betroffen und haben eine deutlich geringere Lebenserwartung. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts hat nachgewiesen, dass arme Menschen früher sterben als der Durchschnitt: Frauen um acht Jahre, Männer sogar um fast elf Jahre früher.

Abstieg in die Armut

Der Sozialabbau der vergangenen Jahre macht sich bemerkbar: Die Einführung von Arbeitslosengeld II und die Kürzung der staatlichen Unterstützung seit 2005 drängen arbeitslose Menschen noch schneller in Armut. Doch es trifft nicht nur Menschen ohne Job: Geringe Löhne haben dazu geführt, dass mittlerweile viele Menschen trotz ihrer Arbeit von Armut bedroht sind.

Besonders gefährdet sind Alleinerziehende und ihre Kinder, Wohnungslose, Menschen mit Migrationshintergrund und – durch Gesundheitsreformen und hohe Zuzahlungen – wieder verstärkt Alte, Kranke und Menschen mit Behinderung. Häufig kommen gleich mehrere Belastungen zusammen, wie geringes Einkommen, ungesicherte Wohnverhältnisse, Krankheit, psychische Probleme, mangelnde Ausbildung und soziale Ausgrenzung.

Arm, keine Wohnung, kein Job

Wer erst einmal auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, hat es oft schwer, sich aus dieser Abhängigkeit wieder zu befreien. Eine der schlimmsten Auswirkungen von Armut ist der Verlust der eigenen Wohnung. Ein Teufelskreis: Wer obdachlos ist, bekommt keinen Job. Wer keinen Job hat, wird nur schwer eine Wohnung finden oder kann sich keine leisten.

Oft bekommen die Betroffenen das Gefühl, ihre Situation selbst zu verschulden. Dieses Gefühl wird ihnen auch von außen vermittelt. Viele sind deprimiert und verunsichert, vor allem wenn sich ihre Lage über Jahre nicht verändert hat.

Gerhard Trabert, der den Verein "Armut und Gesundheit in Deutschland" ins Leben gerufen hat, kommt bei seiner Arbeit täglich mit solchen Menschen in Berührung. Seiner Meinung nach brauchen Betroffene vor allem jemanden, der an ihre Fähigkeiten glaubt: "Wichtig ist, ihnen Wertschätzung zu geben."

Wer gilt als absolut arm?

Absolute Armut: Weniger als 1,90 US-Dollar am Tag Absolute Armut bedeutet, dass ein Mensch aus materiellen Gründen nicht in der Lage ist, seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Weltbank definiert einen Menschen als extrem arm, wenn ihm pro Tag weniger als 1,90 US-Dollar zur Verfügung stehen.

Wer gilt als arm in Deutschland 2022?

Mit einem Nettoeinkommen von 781 Euro oder weniger gilt eine alleinstehende Person als arm. Die Statistik folgt der europäischen Definition von Einkommensschichten, die auf Basis des Durchschnittseinkommens (nach Median) errechnet wird (inklusive aller Sozialleistungen).

Wo herrscht absolute Armut?

Klammert man China aus dieser globalen Betrachtung aus, ist über einen Zeitraum von 18 Jahren ein Rückgang absoluter Armutszahlen von knapp 110 Millionen Menschen zu erkennen. In Subsahara-Afrika ist die Entwicklung sogar rückläufig – 2008 lebten dort rund 386 Millionen Menschen in extremer Armut.

Wie viele Menschen sind absolut arm?

Knapp die Hälfte der Weltbevölkerung kann nur schwer die Grundbedürfnisse decken. Weltweit leben 3,4 Milliarden Menschen unter der Armutsgrenze, wie aus einem am Mittwoch von der Weltbank in Washington veröffentlichten Bericht hervorgeht. Gleichzeitig seien aber immer weniger Menschen extrem arm.