Aus Stress und Zeitmangel oder der fehlenden Möglichkeit heraus, die Toilette aufsuchen zu können, wird der Impuls des Stuhldrangs häufig ignoriert. Der Toilettengang muss situationsbedingt nicht selten warten. Schon nach etwa 30 bis 60 Sekunden erfolgt daraufhin eine Anpassung des Mastdarms an den vermehrten Inhalt. Die Spannung im Darm lässt nach und der Drang zur Darmentleerung verschwindet. In vielen Situationen des täglichen Lebens ist das äußerst hilfreich. Aber ist es auch unbedenklich, die Signale des Körpers zu ignorieren?
Gastroenterologen stehen dem Verhalten kritisch gegenüber. In der Unterdrückung des Stuhldranges sehen sie eine nicht zu unterschätzende Ursache für diverse Darmbeschwerden. Wird der Gang zur Toilette über einen längeren Zeitraum regelmäßig aufgeschoben, verlernt der Körper die Reaktion auf den wichtigen Reflex. Langfristig kann das beispielsweise zu chronischer Verstopfung führen. Aber auch wenn es sich um vereinzelte Ausnahmesituationen handelt, können Beschwerden auftreten, die das Wohlbefinden beeinträchtigen.
Der Darm verrichtet seine vielfältigen Aufgaben idealerweise nahezu unbemerkt. Nach einer langen Passage über den Mund, die Speiseröhre und den Magen landet der Speisebrei im Dünndarm und gelangt von dort in den Dickdarm. Dort wird der Brei durch Bakterien zersetzt. Nervenzellen des Darms steuern den anschließenden Wasserentzug, durch den der Kot die beim Ausscheiden übliche Konsistenz erhält. Wellenförmige Bewegungen lösen den Transport in den Enddarm aus. Die zuständigen Darmrezeptoren übermitteln den entsprechenden Impuls an das Gehirn und der Stuhldrang stellt sich ein.
Bleibt der Stuhl länger im Darm, führt das nicht selten zu einem Völlegefühl, schmerzhaften Blähungen oder gar Übelkeit. Zusätzlich bewirkt die längere Verweildauer im Darm einen vermehrten Wasserverlust des Darminhalts. Der Stuhl wird härter, die Darmentleerung schmerzhaft. Die härtere Konsistenz wiederum erschwert den Ausscheidungsvorgang, verstärktes Pressen ist erforderlich. Dadurch erhöht sich das Risiko, ein Hämorrhoidalleiden mit allen dazu gehörigen Beschwerden, wie Schmerzen und Juckreiz, zu entwickeln. Als weitere Folge des verhärteten Stuhls, kann es auch zu kleinen, schmerzhaften Rissen in der empfindlichen Haut der Afterregion kommen, den sogenannten Analfissuren.
Aus medizinischer Sicht spricht demzufolge einiges dafür, die Darmentleerung nicht zu lange aufzuschieben. Wer Stuhldrang verspürt, sollte dem nach Möglichkeit nachgeben und den Toilettengang nicht aufschieben. Grundsätzlich kann jeder mit einigen einfachen Maßnahmen die Darmgesundheit unterstützen.
Unterstützend wirkt eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten und viel frischem Gemüse und Obst. Zusätzlich gilt es ausreichend zu trinken, Genussgifte wie Alkohol und Nikotin zu meiden oder möglichst weitgehend zu reduzieren und für regelmäßigen Stressabbau zu sorgen. Als effektive Mittel zur Stressreduktion haben sich Entspannungsübungen und regelmäßige Bewegung bewährt.
Die, die nie kann
«Pooping Anxiety» is real! Mit meinen zarten Mitte Zwanzig habe ich wegen meiner Angst, meinen Darm zu entleeren, schon so einiges durchstehen müssen. Bin ich allein in meiner Wohnung oder bei meiner Familie daheim, habe ich absolut kein Problem damit, mich aufs WC zu verziehen. Doch befinde ich
mich an Orten, an denen andere nur ansatzweise erahnen könnten, was ich auf der Toilette so treibe, zieht sich in mir automatisch alles zusammen. Die Folge: Mein Körper weigert sich, das zu machen, was er müsste. Klingt vielleicht lustig, ist aber tatsächlich ein verdammt «beschissenes» Problem. Denn das Resultat meiner
unterbewussten Gedanken sind fiese, schmerzhafte Verstopfungen. So ist es etwa schon passiert, dass ich in den zweiwöchigen Ferien mit meinem damaligen
Boyfriend (in Gegenwart von Männern ist die Angst übrigens besonders gross) nicht ein einziges Mal das stille Örtchen aufsuchen musste/konnte/wollte.
Schon klar, man denkt jetzt, ich sei unheimlich verklemmt. In Wirklichkeit kann ich aber ganz offen über mein Problem reden. Leider hilft das überhaupt nicht.
Und so lebe ich heute mit meinem Freund zusammen und kann nur dann entspannt aufs WC, wenn der ausser Haus ist ODER ganz laut Musik anschmeisst. Ja, er weiss natürlich von meiner blöden Anxiety und zur Verteidigung, die Wände unseres
Badezimmers sind echt dünn. Was ich noch machen kann, damit das alles in Zukunft besser wird? Keine Ahnung. Aber der Fakt, dass ich schon ein-, zweimal auf die Toilette gehen konnte, während mein Freund in unserer 70 Quadratmeter Wohnung rumturnte, ist ein riesiger Erfolg für mich.