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Buchtitel: The Critic (Der Kritiker) von 1817 Unter Kritik versteht man die Beurteilung eines Gegenstandes oder einer Handlung anhand von Maßstäben. Wie die Philosophin Anne-Barb Hertkorn ausgeführt hat, sei Kritik damit „eine Grundfunktion der denkenden Vernunft und wird, sofern sie auf das eigene Denken angewandt wird, ein Wesensmerkmal der auf Gültigkeit Anspruch erhebenden Urteilsbildung.“ ([1]) Sie gilt im Sinne einer Kunst der Beurteilung als eine der wichtigsten menschlichen Fähigkeiten.[2] Neben der Bedeutung der prüfenden Beurteilung und deren Äußerung in entsprechenden Worten bezeichnet die Kritik – insbesondere in der Verbform kritisieren ebenso wie monieren[3] und die Monierung[4] – auch eine Beanstandung oder Bemängelung. In früheren sozialistischen Staaten laut Duden auch „Fehler und Versäumnisse beanstandende [öffentliche] kritische Stellungnahme als Mittel zur politischen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung“.[5] Herkunft und verwandte Begriffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Wort „Kritik“ wurde am Ende des 17. Jahrhunderts aus dem Französischen übernommen.[6] Das französische Wort critique wiederum geht auf griechisch κριτική [τέχνη] (kritikē [téchnē], abgeleitet von κρίνειν krínein ‚[unter-]scheiden, trennen‘) zurück. Verwandte Begriffe sind:
Begriffsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literaturkritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Deutschen erschien der Ausdruck „Kritik“ erstmals im ausgehenden 17. Jahrhundert, wo er in Anlehnung an den französischen und dem zugrunde liegenden altgriechischen Sprachgebrauch zunächst in der Literaturtheorie Verwendung fand.[9] Angeregt durch Denker wie Pierre Bayle (Dictionnaire historique et critique, 1695–1697) entstanden im deutschsprachigen Raum Regelpoetiken wie Johann Christoph Gottscheds Versuch einer Critischen Dichtkunst (1730).[6] Der Ausdruck „Literaturkritik“ bezeichnete in diesem Zusammenhang nicht so sehr die Rezension individueller literarischer Werke, sondern vielmehr den literaturtheoretischen Diskurs, den Gottsched zu nutzen versuchte, um seine regelpoetischen Vorstellungen als Grundlage eines gedanklichen und ästhetischen Wertes von Literatur normativ durchzusetzen.[10] Lessing hielt von der Regelpoetik nicht viel und entwickelte im 18. Jahrhundert das Konzept einer diskursiven Literaturkritik, deren Ausgangspunkt die persönliche Auseinandersetzung des Lesers mit dem Text ist. Dieses Konzept wurde vielfach erweitert und differenziert, ist aber bis heute aktuell. Neben der Literaturkritik sind bis heute zahlreiche weitere Formen der Kritik entstanden, wie die Theaterkritik, die Kunstkritik, die Architekturkritik, die Musikkritik, die Filmkritik, die Gastronomiekritik und die Spielekritik. Philosophie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bayle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als der erste große neuzeitliche Theoretiker der Kritik gilt Pierre Bayle (1647–1706), der in seinem 1697 erschienenen Dictionnaire historique et critique Kritik als diejenige Tätigkeit definierte, die Vernunft und Offenbarung scheide, und damit den entscheidenden Schritt in Richtung auf einen praxisorientierten Kritikbegriff vollzog.[11] Wissenschaftlichkeit und Religion, die als Exegese bis dahin eine Einheit gebildet hatten, wurden hier erstmals strikt geschieden, die Textkritik wurde überkonfessionell und religionskritisch, und der Kritikbegriff konnte von nun an auf Bereiche angewendet werden, in denen das bis dahin nie unternommen worden war.[12] Shaftesbury[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Schrifttum des englischen Philosophen Shaftesbury (1671–1713) war der Kritikbegriff zentral.[13] Shaftesbury wollte die im Umgang mit Kunst geschärfte Urteilsfähigkeit des Menschen auch in anderen Lebensbereichen nutzbar werden lassen, besonders in solchen, die sein zentrales Glück ausmachen: seine Freiheit und sein Menschsein. Kritik war für ihn vor allem Selbstgespräch und Selbstkritik; der Mensch müsse seine eigenen Urteile und Handlungsmotive überprüfen, um sein Urteilsvermögen entwickeln und schärfen zu können. Die Selbsterkenntnis müsse jeder anderen Erkenntnis vorausgehen, weil nur sie ganz zuverlässig sei; da der Mensch von Natur aus aber ein soziales Wesen sei, müsse auf die Selbstaufklärung die Aufklärung, der öffentliche Gebrauch der Vernunft folgen. Kritik war für Shaftesbury die fundamentale Geisteshaltung der zivilisierten Gesellschaft. Der Kritikbegriff wurde bei ihm universal in dem Sinne, dass er nicht mehr nur die Ästhetik betraf, sondern nun auch die Ethik einschloss. Die Aufgabe, ein gutes Urteilsvermögen zu entwickeln und zu gebrauchen, wies Shaftesbury insbesondere den Schriftstellern und den (Literatur-)Kritikern zu.[14] Sein Schüler Henry Home publizierte 1762 sein Werk Elements of Criticism; der darin zugrundegelegte Begriff der Kritik als Beurteilung und Vernunfterkenntnis des Schönen hatte später starken Einfluss auf Kant.[15] Kant[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der erste Name, der gewöhnlich genannt wird, wenn über den Kritikbegriff in der Philosophie gesprochen wird, ist der von Immanuel Kant. Kants ehrgeiziges Anliegen war es, über die ontologisch orientierte Philosophie, die sich „nur“ mit dem Seienden beschäftigt, fundamental hinauszugehen und eine Wissenschaft – die Transzendentalphilosophie – hervorzubringen, die beschreiben sollte, wie Wissen entsteht und worin es gründet. Den Terminus „Kritik“ verwendete er seit 1763 für die propädeutische Methode, mit der er den „architektonischen Plan“ eines „Systems aller Prinzipien der reinen Vernunft“ entwerfen wollte:[16]
Unter „Kritik“ verstand Kant die transzendentale Selbstkritik der Vernunft, die Beurteilung und Berichtigung der Erkenntnis.[18] Die Struktur der Erkenntnisform „Kritik“ verwies bei Kant von Anfang an auf ästhetische Zusammenhänge; er wandte sie dann jedoch auch auf andere Gebiete an.[19] Der kantsche Kritikbegriff ist allerdings komplexer und umfangreicher, als die Wortwahl der Titel seiner Hauptwerke (Kritik der reinen Vernunft, Kritik der praktischen Vernunft und Kritik der Urteilskraft)[20] suggeriert, und weit mehr als ein bloßes Synonym zu den Begriffen Kantisch und transzendentalphilosophisch, mit denen er oft fälschlich gleichgesetzt wird.[21] In demselben Sinne wie Kant verwendete auch Karl Marx den Ausdruck, etwa in seiner Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie (1859). Foucault[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Aufgabe von Kritik kann enger oder weiter gefasst werden. Enger gefasst dient Kritik der Bewertung eines Gegenstandes oder eines Verhaltens. Dagegen sehen Philosophen wie Michel Foucault die Aufgabe der Kritik in einem weiter gefassten oder dem Beurteilen von Gegenständen überschreitendem Rahmen. Danach soll es die Hauptaufgabe der Kritik sein, das „System der Bewertung selbst“ kenntlich zu machen.[22] Diese Unterscheidung erfolgt, weil Bewertungen einem bestimmten Normensystem (→Normativität) entsprechen und somit die Kritik und das Subjekt, das diese Bewertung vornimmt, sich einer vorgegebenen Norm unterwerfen. Dieses Normensystem kann zum Beispiel als „Wahrheit“ bezeichnet werden. Um dieser Unfreiheit der Unterwerfung zu entkommen, bietet Foucault an, das System der Bewertung selbst zu hinterfragen und sich über Sinn und Zweck dieser „Wahrheiten“, „Diskurse“ etc. ein eigenständigeres Bild zu machen. Ziel ist es, den Zwangsmechanismen zu entkommen, die ein Subjekt dazu nötigen, sich formen zu lassen.[23] Kritik ist nicht etwas allgemeines, sondern eine je bestimmte Tätigkeit der Reflexion auf einen Gegenstand der Reflexion, die getätigt wird von einem ganz bestimmten Ort. Diese Orte oder Positionen werden je nach erkenntnistheoretischem Kontext mit den Begriffen institutionalisierte Praxis, Diskurs, Epistem oder Institution bezeichnet.[22] Kritik ist dann nicht mehr als Kritik erkennbar, wenn „sie nur noch als rein verallgemeinerbare Praxis dasteht.“[22] Hier grenzt sich Kritik von anderen Begriffen, etwa Krittelei,[24] ab. Soziologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Vertreter der Kritischen Theorie unterzogen die Marx’schen Schriften einer umfassenden Neuinterpretation. So verstanden sie deren Kernaussagen nicht als Geschichtsphilosophie oder wirtschaftswissenschaftliche Lehre, sondern als (Ideologie-) Kritik der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Die Kritische Theorie entwickelte sich zu einer kulturkritischen Metatheorie der westlichen Industriekultur.[25] Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine zentrale Rolle spielten Kritik und Selbstkritik in der politischen Praxis in der Volksrepublik China unter Mao Zedong. Ihre Ziele waren die Überwindung „jegliche[r] politische[r] Verunreinigung“ und die Steigerung der „Kampffähigkeit der Partei“.[26] Kritik in anderen wissenschaftlichen Disziplinen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine zentrale Aufgabe der Historiker ist die Quellenkritik; das ist die, bestimmten Methoden folgende Beurteilung derjenigen schriftlichen und nicht-schriftlichen Quellen, aus denen die Geschichtswissenschaft ihre Erkenntnisse schöpft. Zu den Methodenbeständen der Editionswissenschaft zählt die Textkritik, die im 19. Jahrhundert u. a. von Friedrich Schleiermacher, Karl Lachmann und Friedrich August Wolf entwickelt wurde und die das Handwerkszeug umfasst, das für die Entwicklung historisch-kritischer Ausgaben literarischer und anderer Texte benötigt wird. Dies gilt selbst für Bibeltexte. Die historisch-kritischen Methode, die in der evangelischen und katholischen Theologie heute die Standardmethode der Bibelauslegung ist, umfasst über die Textkritik hinaus aber auch Methoden wie die Literarkritik, Redaktionskritik, die Formkritik und die Traditionskritik. Je nach dem Gegenstand der Kritik unterscheidet man:
Psychologische Perspektive[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Siehe Diskussion Als Kommunikation über Probleme bildet Kritik eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass Probleme behoben werden können. Da niemand seine Handlungen gern in Frage gestellt sieht, wird sie vom Empfänger meist als unangenehm empfunden. Umgekehrt erteilen Menschen auch ungern Kritik, weil sie wissen, dass diese kaum willkommen ist. Die erlernte Fähigkeit, Kritik nicht als Angriff gegen die eigene Person, sondern als nützlichen Hinweis für Handlungsverbesserungen aufzunehmen, und die erlernte Fähigkeit, Kritik so zu üben und zu formulieren, dass sie, anstatt zu kränken, im Gegenteil motiviert, wird als Kritikkompetenz bezeichnet. Sie gilt somit als eine Komponente der allgemeineren Sozialen Kompetenzen. Zu unterscheiden sind aktive und passive Kritikfähigkeit. Wird der Begriff ohne eines dieser Attribute verwendet, sollte sich die Art aus dem Zusammenhang ergeben, ansonsten ist die Qualität der Quelle zu hinterfragen. Beide Formen werden normalerweise graduell eingestuft.[27]
Kritik außerhalb der westlichen Welt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine wichtige Rolle spielt Kritik im Konfuzianismus. Das Chinesische kennt für „Kritik“ und „kritisieren“ mehr als 50 Wörter.[28] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wiktionary: Kritik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wiktionary: monieren – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Welchen Sinn hat Kritik?Die Aufgabe von Kritik kann enger oder weiter gefasst werden. Enger gefasst dient Kritik der Bewertung eines Gegenstandes oder eines Verhaltens. Dagegen sehen Philosophen wie Michel Foucault die Aufgabe der Kritik in einem weiter gefassten oder dem Beurteilen von Gegenständen überschreitendem Rahmen.
Was ist positiv an Kritik?Positive Kritik ist ein Zeichen der Wertschätzung. Damit drückt man aus, dass das, was das Gegenüber gesagt oder getan hat, wichtig ist. Sie fängt bereits mit einem „Danke“ an. Das nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, hat aber einen großen motivierenden Effekt.
Warum wird man kritisiert?Konstruktive Kritik ist zwar wünschenswert – aber leider selten. Ein Leben ohne Kritik ist kaum denkbar und das ist auch gut so, denn nur durch Kritik entwickeln sich Menschen weiter. Sie bietet Raum für Selbstreflexion und Verbesserung – nicht nur auf der fachlichen, sondern auch auf der persönlichen Ebene.
Was macht gute Kritik aus?Bei konstruktiver Kritik geht es nicht darum, der Person inhaltslose Komplimente zu machen, sondern ihr zu helfen, weiterzukommen und sich zu verbessern. Auf welche Weise Sie auch Feedback geben – damit Sie richtig kritisieren, muss es durchdacht und ehrlich sein.
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