Was bedeutet der Mensch ist mehr als die Summe seiner Teile?

Die Staatstheorie Platons

Essay, 2011

6 Seiten, Note: 1,3

Leseprobe

Platons zentraler Gedanke bei seiner Staatstheorie lässt sich mit einem Zitat seines bedeutendsten Schülers Aristoteles auf den Punkt bringen. So kann man von der Platonischen Staatstheorie behaupten, dass „das Ganze mehr als die Summe seiner Teile“ ist, da jeder Bürger innerhalb des gedanklich konstruierten Idealstaats zusammenarbeiten muss, um die übergeordnete Tugend der Gerechtigkeit wahren zu können. Platon gliedert die von ihm erdachte beste Stadt in drei Stände, welche sich jeweils durch besondere Eigenschaften auszeichnen. Dies geschieht nicht nur, um dem Prinzip der Arbeitsteilung gerecht zu werden, sondern auch um für Ordnung und Harmonie zu sorgen. Dabei unterstellt Platon eine Analogie der Stadt zur menschlichen Seele, da sich an der Stadt und ihrer Ordnung das Kleingeschriebene, sprich die Ordnung der Seele, besser aufzeigen lasse.

Im Hauptteil werde ich zunächst auf das Konzept und die Intentionen von Platons Staatstheorie eingehen, um anschließend sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte herauszuarbeiten.

Mit dem Platonischen Werk beginnt die politische Philosophie als eine Suche nach dem wahren Guten und Gerechten. Diese beiden Begriffe stehen im Zentrum der politischen Theorie Platons und prägen sein Bild vom besten Staat. Der wahre Staatsmann trägt Sorge um das Wohl der Stadt und ihrer Bürger. Dabei geht es um weit mehr als nur den Schutz vor äußeren Gefahren oder die Versorgung mit Grundgütern, da die staatsmännische Fürsorge laut Platon auf dem Wissen um das Gute und wahrhaft Gerechte basiert. Platon stellt schließlich die in seinen Augen korrupten Stadt Athen, welcher es an diesem Wissen fehle, dem Idealbild einer gerechten Stadt gegenüber. Er beginnt mit einer Theorie der Stadtentstehung, welche drei Stadien unterscheidet. Das erste Stadium, die sogenannte „Schweinepolis“, zeigt die gesunde Stadt, welche um des Überlebens willen entsteht und auf Basis der Arbeitsteilung aller Menschen Grundbedürfnisse befriedigt. Im zweiten Stadium entartet die Stadt indem die Bedürfnisse der Menschen ohne Grenzen und Maß wachsen, was letztendlich durch einen expansiven Charakter zu Feindschaft und Krieg führt. Im dritten Stadium kommt es zur Reinigung der aufgeschwemmten Stadt, und somit zu Platons gerechter und bester Stadt. Diese basiert auf drei wesentlichen Funktionen, nämlich Ernährung, Verteidigung und Regierung. Das Modell des Idealstaats lässt sich wie bereits erwähnt als Analogie zur Ordnung der Seele beschreiben, wobei Platon die menschliche Seele in drei Teile zerlegt und ihnen entsprechende Funktionen zuweist. So sorgt Begierde dafür, dass die Seele ernährt wird, wohingegen Mut sie beschützt und Vernunft sie leitet. Auch die Stadt muss ernährt, bewacht und geleitet werden, weshalb Platon für die Erfüllung dieser Aufgaben drei Stände konzipiert. So gibt es den Nährstand, welcher aus Gewerbetreibenden aller Art besteht, den Wehrstand, sprich Krieger, zu dem Soldaten und Polizei gehören, und der Herrscherstand, in welchem die Philosophen ihre Rolle als Anführer des Staats wahrnehmen. Die beiden letztgenannten Stände bilden zusammen die Wächter, deren Aufgabe es ist zu erkennen wer das Gleichgewicht der Stadt bedroht. Die Stände zeichnen sich durch insgesamt drei spezifische Tugenden aus, die notwendig sind um die jeweiligen Funktionen zu realisieren. Es handelt sich dabei um Besonnenheit, durch welche Bauern und Handwerker ihre Begierde mäßigen können, Tapferkeit, mit deren Hilfe Soldaten und Polizei die Stadt verteidigen können, und Weisheit, die den Philosophen Einsicht in die richtige Politik gewähren soll. Gerechtigkeit herrscht folglich in der Stadt erst zu dem Zeitpunkt, an dem jeder Stand das tut, was er am besten kann. Es wird somit das Prinzip der „Idiopragie“ verfolgt.

Meiner Meinung nach ist der Aspekt der grundsätzlich gegebenen Chancengleichheit eines jeden Bürgers die positivste Komponente von Platons Staatstheorie. So ist die beste Stadt eine radikale Meritokratie, sprich eine Aristokratie der Leistung und nicht der Geburt oder Herkunft. Abhängig vom Grad ihrer unterschiedlichen Tüchtigkeit sollen die Menschen an ihrem Platze das Ihre tun und so zum Wohle der Stadt beitragen. Diese Tatsache unterstreicht die Feststellung, dass der Mensch ungleich begabt und befähigt ist. Platon verdeutlicht diese Ansicht anhand des so genannten „Metallmythos“, einer Art „edlen Lüge“, welche der Überzeugung von Laien dienen soll. Der Mythos besagt, dass den Seelen der Menschen von Geburt an unterschiedliche Metalle beigemischt werden. So wird den einen Gold, den anderen Silber und dem Rest Eisen hinzugefügt. Um eine gerechte Ordnung herzustellen ist es unabdingbar zu wissen, zu welcher Gruppe man gehört, um den sich selbst zustehenden Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass sich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand nicht vererben lässt. Einzig und allein die Leistung der jeweiligen Person entscheidet darüber, welches Metall ihr beigemischt wurde. Die Standermittlung nach Leistungsprinzip bringt jedoch eine schwerwiegende Ungerechtigkeit für Bauern und Handwerker mit sich. In der besten Stadt achten die Philosophen nämlich strengstens darauf, dass nur Wächter sich miteinander paaren dürfen. Dies geschieht als eine Art „Pflichterfüllung“, indem sich im optimalen Fall der beste Wächter mit der besten Wächterin verheiratet und ein Kind zeugt. Die Ehe besteht schließlich nur ein paar Tage bis ein paar Wochen, je nachdem wie lange die Zeugung von Nachwuchs in Anspruch nimmt. Nach erfolgreicher Paarung gehen Mann und Frau wieder getrennte Wege. Diese Beschreibung von Eugenik dient einzig und allein dem Zwecke der Staatsreproduktion und sorgt für Zusammenhalt, da durch diese strikte Regelung alle Bürger in der Stadt miteinander verwandt sind. Die Chance eines harmonischen Familienlebens wird dabei nicht nur dem Nährstand sondern auch den Wächtern und Philosophen verwehrt. Ich bin der Ansicht, dass es dadurch auf lange Sicht unmöglich ist, das Staatskonzept aufrecht zu erhalten oder in der Empirie zu verwirklichen, da es des Menschen Natur ist sich uneingeschränkt fortzupflanzen um seinen Trieben nachzukommen und somit den Fortbestand der Menschheit zu sichern. Dies sollte ohne Einschränkungen durch etwaige Leistungsbeurteilungen geschehen dürfen, da sonst die innere Ausgeglichenheit eines jeden benachteiligten Bürgers gefährdet wird. Auch der sozialisierende Schritt zum Familienleben ist eine wichtige Komponente um auf lange Sicht ein glückliches und erfülltes Leben in der besten Stadt führen zu können.

Ein weiterer positiv zu bewertender Punkt der eng mit dem eben thematisierten Aspekt der scheinbar vorhandenen Gleichberechtigung aller Bürger zutun hat ist die Lehre der Gleichheit von Mann und Frau. Im Idealstaat haben Frauen die gleichen Rechte und Pflichten wie Männer. Sie sind damit nicht nur verpflichtet Kriegsdienst zu leisten sondern haben bei erfolgreicher Profilierung durch geistige Fähigkeiten und innere Werte sogar die Möglichkeit Wächter oder Philosoph zu werden. Platons Staat ist darauf ausgelegt, eine Optimierung des Gemeinwohls herbeizuführen, an dem alle, also auch die Frauen, beteiligt sein sollen. Da die Verteilung der Aufgaben innerhalb eines Staates wie bereits beschrieben nicht auf vorgeschriebenen Werten beruhen, sondern durch die Fähigkeit des Einzelnen bestimmt wird ist die Diskriminierung der Frau faktisch ausgeschlossen. Die Gründe für die Gleichberechtigung der Frau zielen jedoch eher auf die Entlastung der Männer.

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Details

TitelDas Ganze ist mehr als die Summe seiner TeileUntertitel Die Staatstheorie PlatonsHochschule Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft) VeranstaltungPolitische TheorieNote1,3AutorSebastian Hauser (Autor:in)Jahr2011Seiten6KatalognummerV200010ISBN (eBook)9783656262763ISBN (Buch)9783656263487Dateigröße378 KBSpracheDeutschAnmerkungenSchlagworte platon, platonismus, staatstheorie Preis (Ebook) 6.99
Arbeit zitieren Sebastian Hauser (Autor:in), 2011, Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200010

Was bedeutet das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile?

formuliert: «Das, was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet – nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe –, das ist offensichtlich mehr als bloss die Summe seiner Bestandteile.» [1].

Ist mehr als die Summe seiner Teile?

Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) war der erste große Systematiker unter den Philosophen und gilt als Begründer der abendländischen Wissenschaft.