Mein liebhaber, der esel und ich drehorte

Die Lehrerin Antoinette Lapouge (Laure Calamy) wartet seit Monaten auf den Sommer und das Versprechen einer romantischen Woche mit ihrem geheimen Geliebten Vladimir (Benjamin Lavernhe). Der ist der Vater eines ihrer jungen Schüler.

Als Vladimir den gemeinsamen Urlaub jedoch absagt, um stattdessen mit seiner Frau und Tochter in den Cevennen wandern zu gehen, denkt Antoinette nicht lange nach und folgt ihm einfach. Aber bei ihrer Ankunft sind die anderen schon aufgebrochen und so heftet sie sich auf Vladimirs Spur - begleitet von einem eigenwilligen Esel, der ihr Gepäck tragen soll. (JU/ES)

„Mein Liebhaber, der Esel & ich“ ist eine charmante, wenn auch nicht sonderlich tiefgründige Komödie über eine Frau, die ihrem verheirateten Liebhaber hinterher reist und dabei sich selbst findet. Der Humor ist nicht so wahnsinnig abwechslungsreich, dafür verzaubern die Bilder aus der französischen Idylle – und ein Esel, der zum besten Freund wird.

Mit MEIN LIEBHABER, DER ESEL & ICH kommt ein Film in die Kinos, der sich am ehesten als französische Wander-Dramödie bezeichnen ließe. Ob diese die Reiselust entfacht und wie sie generell geworden ist, das verraten wir in unserer Kritik.

Mein liebhaber, der esel und ich drehorte

OT: Antoinette dans les Cévennes (FR/BEL 2020)

Mein liebhaber, der esel und ich drehorte

Der Plot

Ein Auftritt mit ihrer Klasse noch, dann stehen endlich die Ferien an – und auf die freut sich Lehrerin Antoinette (Laure Calamy) mehr denn je. Immerhin haben sie und ihr heimlicher Geliebter Vladimir (Benjamin Lavernhe), der attraktiven Vater einer ihrer Schülerinnen, sich vorgenommen, die Ferien gemeinsam zu verbringen, während seine Gattin auf Reisen ist. Als Vladimirs Frau aber kurzfristig entscheidet, einen Familienurlaub zu unternehmen und eine Woche auf Wanderschaft zu gehen, muss ihr Liebhaber Antoinette brüsk versetzen. Antoinette lässt sich aber nicht einfach so versetzen: Kurz entschlossen reist sie ebenfalls in den Nationalpark der Cevennen. Für ihre Trekking-Tour bucht sie einen Begleit-Esel – weil sie sich aufschwatzen lässt, das gehöre sich so für die dortige traditionelle Wanderroute. In Wahrheit macht das kaum jemand. Wenig verwunderlich: Die Grautiere können ungeheuerlich störrisch sein. So auch Antoinettes Begleiter Patrick. Jedoch ist Patrick zudem ein sehr geduldiger Zuhörer. Als Antoinette letztlich Vladimir samt Familie begegnet, werden die Liebeskarten radikal neu gemischt. Patrick erträgt das alles naturgemäß mit stoischer Ruhe…

Kritik

Stattliche 20 Jahre nach ihrem Langfilm-Regiedebüt, dem Coming-of-Age-Film „Les autres filles“, kehrt Caroline Vignal auf den Regiestuhl zurück. Die Filmemacherin habe schlichtweg zunächst keine Lust mehr gehabt, wieder Regie zu führen und sich lieber auf ihre Karriere als Autorin konzentrieren wollen. 2010 jedoch ging sie mit ihrer Tochter und einem Esel auf Wanderschaft – ein Erlebnis, das ihnen so sehr gefiel, dass sie 2011 noch einmal mitsamt Huftier durch den Naturpark Cevennen wanderten. Damals begleitete sie ein Esel namens Patrick, was laut Vignal der Stein des Anstoßes war, „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ zu entwickeln. Neun Jahre und weitere Wanderungen, darunter auch auf dem im Film verfolgten sowie in Frankreich legendären Robert-Louis-Stevenson-Weg, ist das Projekt also endlich fertig. Nach einer Präsenz bei den (coronabedingt ungewöhnlichen) Filmfestspielen von Cannes gelangt „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ in die deutschen Kino – fünf Jahre nach dem Mini-Boom an Wanderfilmen, als 2015 „Ich bin dann mal weg“, „Der große Trip – Wild“ und „Picknick mit Bären“ zusammen mehr als 2,48 Millionen Menschen in die Lichtspielhäuser lockten.

Mein liebhaber, der esel und ich drehorte

Antoinette (Laure Calamy) im Streit mit ihrem Liebhaber Vladimir (Benjamin Lavernhe)

Dass „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ einen zweiten Wanderfilm-Hype beim hiesigen Publikum auslösen wird, darf bezweifelt werden, schließlich basiert Vignals Rückkehr auf den Regiestuhl weder auf einem Bestseller, noch spielen hierzulande berühmte Namen mit – und der Robert-Louis-Stevenson-Weg ist in Deutschland auch längst nicht so bekannt wie etwa der Camino de Santiago. Dabei ist seine Geschichte interessant: Der berühmte Schriftsteller Robert Louis Stevenson, der unter anderem „Die Schatzinsel“ und „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ verfasste, verliebte sich in Frankreich in eine verheiratete Frau und versuchte seine durch diese unglückliche Romanze ausgelösten Depressionen hinfort zu wandern. Daher machte er sich am 22. September 1878 auf den Weg in die Cevennen und kaufte in Monastier-sur-Gazeille einen kleinen Esel namens Modestine. Seinen Bericht über den zwölftägigen Trip nach Saint-Jean-du-Gard brachte er zu Papier und bezahlte seiner Geliebten mit den Erlösen des Werkes das nötige Ticket, um in seine Heimat Kalifornien zu reisen. Eine Scheidung und eine neue Heirat später wurden sie zu einem glücklichen Ehepaar.

„Zwar beginnt „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ gewitzt-überzeichnet, doch nach und nach nähert sich die Autorenfilmerin dem komplexeren Kern ihrer Figuren.“

Anspielungen auf diese Anekdote ziehen sich durch „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ und sind auch allesamt sehr kurzweilig von Vignal verfasst, die ihren Cast diese und ähnliche Geschichten zudem sehr leichtfüßig vortragen lässt, ohne dabei vollkommen seicht zu werden oder die Figuren zu Abziehbildern verkommen zu lassen. Zwar beginnt „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ gewitzt-überzeichnet, doch nach und nach nähert sich die Autorenfilmerin dem komplexeren Kern ihrer Figuren. Antoinette wird durch die Strapazen ihrer Reise, ihren Selbstgesprächen/Dialogen mit Esel Patrick und den mal neckischen, mal abwertenden, mal nach Gossip geifernden, mal herzlichen Begegnungen mit anderen Wandernden sowie der lokalen Touristikbranche damit konfrontiert, was sie eigentlich treibt und wonach sie giert.

Mein liebhaber, der esel und ich drehorte

Antoinette mit ihrem Esel Patrick.

Vladimir und seine Gattin Eléonore gewinnen ebenfalls an Facetten, sodass das „Mein Liebhaber, der Esel & ich“-Liebesdreieck an dramaturgischem Futter zulegt: Zwar bohrt Vignal nicht tief genug, dass diese Wander-Dramödie zu einem charakterstarken Stück über Liebe, Sehnsucht und Selbsterkenntnis wird, aber sie gestaltet die Figuren nuanciert genug, um die Geschichte in Bewegung zu halten und durch so manche neu entdeckte Facette an einer Figur vom vermeintlich vorhersehbaren Verlauf der Story abzukommen. Pointiert eingesetzte Comedy-Einlagen, wenn Patrick entweder extra stur wird oder fast schon menschlich-vorlaut reagiert, lockern die von Laure Calamy solide gespielte Selbstsuche Antoinettes auf und machen glatt Lust, selbst mal mit einem Esel auf Tour zu gehen. Vignals erklärtes Ziel, mit „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ der Landschaft einen filmischen Liebesbrief zu verfassen, durch die der Robert-Louis-Stevenson-Weg führt, erreicht dieser Film dagegen nicht: Zwar lässt Vignal sie keineswegs unansehnlich dastehen, jedoch ist „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ so uninspiriert gefilmt und inszeniert, dass die Landschaft, durch die die Figuren wandern, gar nicht richtig zur Geltung kommt, geschweige denn reiselustweckend in Erinnerung bleibt.

„Pointiert eingesetzte Comedy-Einlagen, wenn Patrick entweder extra stur wird oder fast schon menschlich-vorlaut reagiert, lockern die von Laure Calamy solide gespielte Selbstsuche Antoinettes auf und machen glatt Lust, selbst mal mit einem Esel auf Tour zu gehen.“

Wer dagegen hervorsticht ist Benjamin Lavernhe („Birnenkuchen mit Lavendel“), der hier (wie schon in „Das Leben ist ein Fest“) aufgrund seines Barts aussieht, als sei er der verschollen geglaubte französische Zwilling von Jan Böhmermann. Und wie Lavernhe in seinen wenigen Szenen Vladimir vom nachvollziehbaren Lustobjekt zum überforderten Ehemann zum Esel, zurück zum Lustobjekt und dann wieder zum Esel werden lässt, ist wunderbar.

Fazit: Dem Lover hinterherhecheln und dann letztlich mit einem Esel Selbstfindungsgespräche führen? Warum nicht? „Mein Liebhaber, der Esel & ich“ ist eine leichte, aber nicht platte, französische Dramödie, der es leider am gewissen Etwas fehlt, die aber dennoch ihre Reize hat.