Familie bundschuh woanders ist es auch nicht ruhiger drehort

"Tief durchatmen, die Familie kommt" hieß 2015 die erste Komödie nach einer Romanvorlage von Andrea Sawatzki. Ab dem vierten Teil hat das ZDF der Reihe einen eigenen Titel gegeben. Es ging zwar auch vorher stets um "Familie Bundschuh", aber spätestens jetzt war klar: Die Sippe braucht fortan nicht erst eigens anreisen; Gundula, die tragische Antiheldin, wird sie nicht mehr los. Nach Weihnachten, Familienfest, Urlaub, Schule und nochmals Weihnachten muss sie sich nun einer neuen Herausforderung stellen: Weil es in der Einflugschneise des schließlich doch noch eröffneten Berliner Flughafens lag, hat das Ehepaar Bundschuh sein Haus verkauft. Mit dem Umzug verbindet Gundula (Sawatzki) zudem die Hoffnung, die lästige Mischpoke loszuwerden. Allerdings hat Gatte Gerald (Axel Milberg) in Brandenburg ein Domizil erworben, das einem britischen Landsitz gleicht, ein Schnäppchen zudem, was im Film spätestens seit der Hollywood-Komödie "Geschenkt ist noch zu teuer" (1986) selbstredend Böses ahnen lässt. Tatsächlich ist der ehrwürdige Kasten aus dem frühen 18. Jahrhundert dringend renovierungsbedürftig. Das eigentliche Problem ist jedoch die Repräsentantin der örtlichen Denkmalschutzbehörde: Hella von Sternberg (Leslie Malton) wird mit Argusaugen darüber wachen, dass die Bausubstanz keinen Schaden erleidet; die Bundschuhs dürfen ohne ihre Erlaubnis nicht mal einen Nagel in die Wand schlagen. Während Gerald trotz seiner beiden linken Hände wie gewohnt große Töne spuckt, muss sich Gundula damit abfinden, dass nun alle unter einem Dach wohnen: Da sich bereits ihr parasitärer Bruder Hadi (Stephan Grossmann) samt seiner gottesfürchtigen schwäbischen Gattin (Eva Löbau) ins neue Haus hineinschmarotzt hat, müssen die Bundschuhs wohl oder übel auch die Mütter Ilse und Susanne (Thekla Carola Wied, Judy Winter) einziehen lassen, selbst wenn die beiden Schabracken schon jede für sich eine Plage sind.

Fortan folgt die turbulente Handlung der Devise Motto "Schlimmer geht immer": Natürlich entpuppt sich das Haus als Fass ohne Boden. Vermutlich musste Stephan Kuhlmann, dessen Drehbuch anders als der letzte Film ("Familie Bundschuh im Weihnachtschaos", 2020) wieder auf einem Roman Sawatzkis beruht, aufpassen, dass er sich nicht selbst plagiiert: Eine ganz ähnliche Geschichte hat er bereits in "Handwerker und andere Katastrophen" (2016, ZDF) erzählt, einer ähnlich munteren Komödie mit Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen über ein Paar, das gemäß Murphys Gesetz an der Renovierung eines maroden Hauses verzweifelt. Gundula ergeht es ähnlich: Jedes Mal, wenn sie glaubt, endlich mal tatsächlich durchatmen zu können, ereignet sich ein neues Malheur. Ebenso erwartbar sind die Zustände, die die Denkmalschutzdame bekommt, als sie entdeckt, dass Gerald bei der Einrichtung seines Musikzimmers weder die kostbaren Delfter Kacheln noch die historischen Stuckarbeiten geschont hat.

Einige Pointen sind sogar bis ins Detail vorhersehbar, machen aber gerade deshalb trotzdem Spaß; das gilt auch für die verschiedenen Slapstickmomente, wenn Gundula beispielsweise zu den Klängen des Roy-Orbison-Klassikers "Blue Bayou" ein unfreiwilliges Bad nimmt, weil der Keller unter Wasser steht. Dank des ohnehin sehenswerten und mittlerweile zudem perfekt eingespielten Ensembles sind auch die Familienszenen amüsant (Regie, zum vierten Mal: Thomas Nennstiel), selbst wenn weder Sawatzki noch Kuhlmann viel Neues zu den Figuren eingefallen ist. Abweichungen gibt es allenfalls im Detail. So findet Susanne einen überraschend erfolgreichen Weg, aus ihrer umtriebigen Lebenserfahrung einen Nutzen zu ziehen: Sie erzählt Teenagern per Video, was die schon immer über Sex wissen wollten, bisher aber nicht zu fragen wagten.

Die musikalische Auswahl ist dagegen gern naheliegend: Als Hadi fürchtet, der neue italienische Freund werde seine Mutter um ihr Erspartes bringen, erklingt dazu Nino Rotas berühmte Titelmelodie aus "Der Pate". Andererseits ist dies exakt das humoristische Schema des Films: Gerald hat einen voluminösen Kronleuchter aufgehängt und kostet seinen Triumph aus, als Gundula den Schalter betätigt; aber es ist völlig klar, dass das Licht umgehend wieder verlöschen und dann das ganze Gerät mit Getöse von der Decke stürzen wird. So funktioniert mittlerweile im Grunde die ganze Reihe: Stets ist zu ahnen, was als Nächstes passiert, aber wenn das Ereignis eintritt, macht es trotzdem Spaß. Das mag nicht originell sein, ist aber wirkungsvoll. Die pointenreichen Dialoge sind ohnehin ein Vergnügen.

Inhalt / Kritik

Familie bundschuh woanders ist es auch nicht ruhiger drehort
„Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger“ // Deutschland-Start: 6. Dezember 2021 (ZDF) // 14. Januar 2022 (DVD)

Ein bisschen Ruhe täte der Familie ganz gut. So dachte sich zumindest Gerald Bundschuh (Axel Milberg), als er vor den Toren Berlins ein altes Gutshaus ersteigert. Bei dem muss zwar ein bisschen was gemacht werden, außerdem gibt es die Auflagen des Denkmalschutzes. Aber nichts, was sich nicht regeln ließe. Während seine Frau Gundula (Andrea Sawatzki) alles dafür tut, um alles möglichst schön und regelkonform wieder herzurichten, kommt von den anderen nicht sonderlich viel Unterstützung. Für Sohn Matz (Levis Kachel) ist das Haus ein energetischer Alptraum. Gundulas Bruder Hadi Schultze (Stephan Grossmann) und seine Frau Rose (Eva Löbau) drücken sich davor, sich an den Kosten zu beteiligen. Geralds Mutter Susanne (Judy Winter) hat sowieso kein Geld. Was mit Ilse (Thekla Carola Wied) ist, der Mutter von Gundula und Hadi, weiß ohnehin niemand. Und dann wäre da noch Hella von Sternberg (Leslie Malton), die ortsansässige Denkmalschützerin, die ständig für Ärger sorgt …

Das verlässliche Chaos

Mit ihren Geschichten zur Chaosfamilie Bundschuh hat sich die durch ihre zahlreichen TV-Produktionen eigentlich nicht gerade wenig beschäftigte Andrea Sawatzki ein verlässliches zweites Standbein aufgebaut. Mehrere Bücher hat das Multitalent dazu geschrieben, inzwischen kommt jedes Jahr ein neuer Film mit ihnen heraus. Nachdem letztes Jahr bei Familie Bundschuh im Weihnachtschaos mangels literarischer Vorlage erstmals eine Originalgeschichte erzählt wurde, gibt es mit Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger nun wieder „richtigen“ Nachschub. Erst im März erschien der neue Roman von Sawatzki. Ein dreiviertel Jahr später folgt bereits die Verfilmung, der nunmehr sechste Teil der ZDF-Reihe.

Am Grundprinzip hat sich natürlich nichts geändert. Die Geschichten sind immer ähnlich aufgebaut und handeln in erster Linie davon, wie sich die einzelnen Familienmitglieder gegenseitig auf die Nerven gehen und das Leben zur Hölle machen – mal bewusst, mal weniger. Lediglich der Aufhänger für das Chaos ändert sich. Nachdem bei den vorangegangenen Teilen immer wieder gern genommene herangezogene Situationen wie ein Urlaub oder Weihnachten im Mittelpunkt stehen, da ist es dieses Mal bei Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger der Umzug. Das ist ein durchaus passender Anlass, schon unter normalen Umständen kann so etwas sehr nervenaufreibend sein. Und wie wir alle wissen: Bei den Bundschuhs und den Schultzes ist eigentlich niemand normal.

Konflikte in jedem Zimmer

Ein großer Teil des Spaßes besteht dann auch darin, wie diese einzelnen beekloppten Familienmitglieder aufeinander losgelassen werden. Dass sie in Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger nun auch noch dazu gezwungen werden, sich ein gemeinsames Zuhause zu teilen, verstärkt diesen Konflikt noch. Das Anwesen ist zwar so weitläufig, dass sich prinzipiell alle aus dem Weg gehen könnten. Durch die Renovierungsarbeiten und den finanziellen Druck sind sie dann aber doch alle gezwungen, irgendwie miteinander klarzukommen. Eigentlich müssen sie sogar zusammenarbeiten, was aber erwartungsgemäß zunächst nicht wirklich funktioniert. Erst mit der Zeit dürfen sie lernen, an einem Strang zu ziehen. Oder zumindest, was in dieser Familie als Strang zählt.

Wer die bisherigen Filme um die Truppe mochte, fühlt sich dabei selbst schnell zu Hause. Logisch, es wurde ja auch nicht viel geändert, eine richtige Entwicklung ist bei der Familie nicht mehr zu erwarten. Kleinere Ermüdungserscheinungen bleiben dabei nicht aus, richtig abwechslungsreich ist der Humor in Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger nicht. Zumindest in der ersten Hälfte sind aber genügend witzige Einfälle dabei, weshalb das Wiedersehen durchaus Freude macht. Wer bislang noch keinen Kontakt zu den Figuren hatte, kann übrigens direkt hier einsteigen. Anfangs mag es ein wenig unübersichtlich sein, wer da mit wem wie verwandt ist. Der Film setzt da ganz offensichtlich auf ein bereits erfahrenes Publikum. Das meiste erschließt sich aber auch so nach einer Weile, wirkliche Vorkenntnisse braucht es nicht. Zudem sind bei aller lustvoller Übertreibung und Überzeichnung einige der gezeigten Konflikte so universell, dass man sich selbst in dem Chaos wiederfinden kann.

Credits

OT: „Familie Bundschuh: Woanders ist es auch nicht ruhiger“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Thomas Nennstiel
Drehbuch: Stefan Kuhlmann
Vorlage: Andrea Sawatzki
Musik: Jacki Engelken
Kamera: Nicolay Gutscher
Besetzung: Andrea Sawatzki, Axel Milberg, Levis Kachel, Thekla Carola Wied, Judy Winter, Stephan Grossmann, Eva Löbau, Uwe Ochsenknecht, Leslie Malton

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Wo wurde Familie Bundschuh gedreht?

Die Dreharbeiten fanden vom 18. November bis 18. Dezember 2019 an verschiedenen Motiven in Berlin und Brandenburg statt. Als Hauptspielort dienten abermals zwei benachbarte Wohnhäuser in der Schappachstraße in Berlin-Schmöckwitz, wo der Stab 13 Drehtage zubrachte.

Wo steht das Gutshaus der Familie Bundschuh?

Zudem wird die Sanierung kostspieliger als angenommen: Das Haus steht unter Denkmalschutz und Hella von Sternberg (Leslie Malton), die ortsansässige Denkmalschützerin, wacht mit Argusaugen über die Renovierungsarbeiten.

Wann kommt Familie Bundschuh Woanders ist es auch nicht ruhiger?

Woanders ist es auch nicht ruhiger (2021) Das Leben der Familie Bundschuh geht munter weiter: Gerald (Axel Milberg) kauft ohne das Wissen von Gundula (Andrea Sawatzki) ein altes Gutshaus im Grünen.

Wie heißt das Kind von Rose Bundschuh?

Matz, der jüngste Sohn der Bundschuhs, ordnet sich mehr oder weniger artig ins Familienleben ein. Gundulas Bruder Hans-Dieter „Hadi“ Schultze ist nicht nur ein erfolgloser Esoterik-Schriftsteller, sondern auch hochgradig hypochondrisch veranlagt.