Müssen Beschäftigte im Betrieb eine Dienstkleidung tragen, so ist die Umkleidezeit Arbeitszeit. Diese muss der Arbeitgeber wie normale Arbeitszeit vergüten. Das gilt auch dann, wenn die Dienstkleidung aus Poloshirt und Sicherheitsschuhen besteht. Das Umkleiden darf aber nicht zu lange dauern - so nun das BAG.
Immer wieder müssen sich Gerichte damit beschäftigen, ob Umkleidezeiten vom Arbeitgeber vergütet werden müssen. Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung um vergütungspflichtige Arbeit.
Das war der Fall
Der Beschäftigte ist in einem Geld- und Werttransportunternehmen im Bereich der Geldbearbeitung tätig. Ihr Dienstkleidung besteht aus einem schwarzen Polo-Shirt mit dem Aufdruck eines gelben Firmenlogos, außerdem Sicherheitsschuhe. Wenn sie sich im Betrieb umzieht, sucht sie die Umkleideräume im Untergeschoss auf und legt dort ihre Dienstkleidung an. Erst danach betätigt sie die Stempeluhr vor ihrer Abteilung, verrichtet ihre Tätigkeit, betätigt unmittelbar nach deren Beendigung erneut die Stempeluhr vor der Abteilung und begibt sich wieder in die Umkleideräume. Manche Arbeitnehmer erscheinen bereits in Dienstkleidung zur Arbeit und legen damit auch den Weg nach Hause zurück. Die Beschäftigte verlangt nun auch für das Umkleiden den entsprechenden Lohn.
Das sagt das Gericht
Die Umkleidezeit gehört zur Arbeitszeit, wenn das Umkleiden selbst Teil der arbeitsvertraglichen geschuldeten „Leistung“ des Arbeitnehmers ist (§ 611 BGB). Denn zu den Leistungen gehört nicht nur – so das BAG – die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber verlangte Maßnahme, die mit der Tätigkeit unmittelbar zusammen hängt und folglich der Befriedigung „fremder Bedürfnisse“ – also des Arbeitgebers – dient. Um eine solche einem fremden Bedürfnis dienende Maßnahme handelt es sich beim Anlegen „auffälliger Dienstkleidung“, die man sonst nicht tragen würde und die man nur auf Anweisung oder Wunsch des Arbeitgebers trägt. Dienstkleidung, die – wie hier – mit auffälligem Firmenlogo versehen ist und das Tragen von Sicherheitsschuhen umfasst, wird man kaum privat tragen wollen. Das An- und Ablegen solcher Dienstkleidung ist daher »fremdnützig« und folglich Arbeitszeit.
Dass das Umkleiden als Arbeitszeit zu werten ist, könnte durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Das ist hier ebenfalls nicht der Fall.
Auch an den Umkleidezeiten selbst hatte das BAG im konkreten Fall nicht auszusetzen. Laut BAG dürfe ein Arbeitnehmer nämlich grundsätzlich seine Leistungspflicht nicht willkürlich selbst bestimmen. Vielmehr zähle – auch bei der Arbeitszeit, die auf das Umziehen verwandt wird – lediglich die Zeitspanne zur Arbeitszeit, die für den einzelnen Mitarbeiter unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlich sei.
Das müssen Sie beachten:
Kann Arbeitskleidung - wie etwa Sicherheits- oder Schutzkleidung - nicht zu Hause angelegt werden und ist ein Tragen auf dem Weg zur Arbeitsstätte ausgeschlossen oder nicht zumutbar, liegt Fremdnützigkeit und damit vergütungspflichtige Arbeit vor. Gleiches gilt für die Wegezeit, wenn der Arbeitgeber vorschreibt, dass sich der Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle umzuziehen hat und es verbietet, die Arbeitskleidung mit nach Hause zu nehmen. Schließlich sind auch Waschzeiten zu vergüten, wenn sie aus Hygienegründen zwingend vorgeschrieben sind.«
Für Beschäftigte von Krankenhäusern ist die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu rechnen. Das hat der OGH entschieden. © freepik, AK Stmk
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat erneut in einer der strittigsten Fragen im Arbeitsrecht entschieden, nämlich ob Umkleidezeit Arbeitszeit ist oder nicht. Konkret ging es um Mitarbeiter/-innen in einem Krankenhaus. Nach der Entscheidung des Höchstgerichtes gelten nun Umkleidezeiten in Krankenanstalten als Arbeitszeit, wenn das Anlegen der Dienstkleidung aus hygienischen, organisatorischen und rechtlichen Gründen im Auftrag des Arbeitgebers erfolgt.
Dienstgeber schreibt Arbeitskleidung vor
Im konkreten Fall müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des betreffenden Krankenhauses nach den Vorgaben des Arbeitgebers Dienst- und Schutzkleidung tragen. Diese Kleidung ist zeitlich auf die Arbeitszeit und örtlich auf den Arbeitsplatz abgestellt. Das heißt: Das Tragen dieser Kleidung außerhalb des Krankenhausareals ist untersagt. Die Dienstkleidung ist vor Arbeitsbeginn anzuziehen. Getragene Dienstkleidung muss in der Klinik abgelegt und darf nicht mit nach Hause genommen werden. Gereinigt wird die Kleidung durch die krankenhauseigene Wäscherei.
OGH stellt fest: Es ist Arbeitszeit
In einem Feststellungsverfahren wurde gerichtlich entschieden, dass die benötigte Zeit zum An- und Ausziehen der Dienstkleidung und die Wegzeiten zwischen den Wäscheautomaten, Zentralgarderoben und Abteilungen als Arbeitszeit gelten. Das Feststellungsverfahren ging bis zum Obersten Gerichtshof, weil im Arbeitszeitgesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, ob die Umkleidezeit als Arbeitszeit gilt. In anderen Fällen hatte der OGH diese Frage negativ beantwortet. Im konkreten Fall entschied er nun aber im Sinne der betroffenen Arbeitnehmer/-innen - die Umkleidezeiten und die damit verbundenen innerbetrieblichen Wegzeiten gelten als Arbeitszeit.
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