Wie lange darf die Lieferzeit überschritten werden?

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Muss ich mir Verzögerungen gefallen lassen?

Veröffentlicht am 02.11.2008 | Lesedauer: 2 Minuten

Ich habe vor 18 Wochen bei einem Möbelhaus ein Sofa bestellt. Als Lieferzeitraum galten acht bis 16 Wochen. Das Möbelhaus sagt immer noch nicht, wann ich das Sofa bekomme. Muss ich mir diese Verzögerungen gefallen lassen? Ab wann kann Nachlass verlangen? Klaus Weller, Hamburg

Antwort: Voraussetzung für einen Nachlass des Kaufpreises ist grundsätzlich, dass die Ware einen Mangel aufweist. Die verzögerte oder verspätete Lieferung des Sofas stellt an sich noch keinen Mangel dar, so dass der Kaufpreis allein deswegen nicht gemindert werden kann. Bei verspäteter Lieferung kann der Kunde jedoch vom Vertrag zurücktreten oder Schadenersatz statt der Lieferung verlangen.

Dies kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn wegen der Verzögerung kein Interesse mehr an dem Sofa besteht oder es bei einem anderen Händler schneller oder preiswerter geliefert werden könnte. Wenn ein anderer Händler das gewünschte Möbel sofort liefern könnte, dafür aber einen höheren Preis verlangt, müsste der ursprüngliche Vertragspartner die Preisdifferenz erstatten.

Für einen Rücktritt vom Vertrag oder Inanspruchnahme von Schadenersatz muss der Kunde jedoch dem Händler zunächst schriftlich eine angemessene Nachfrist zur Lieferung setzen. Die Länge dieser Nachfrist hängt vom Einzelfall ab, hier dürfte eine Frist von zwei bis maximal vier Wochen angemessen sein.

Wenn ein genauer Liefertermin laut Kalender, wie zum Beispiel „Liefertermin 5.12.2008“, vertraglich vereinbart wurde, ist das Setzen einer Nachfrist nicht notwendig. Anders als beim Rücktrittsrecht setzt ein Anspruch auf Schadenersatz zusätzlich voraus, dass der Händler die verspätete Lieferung auch verschuldet hat. Davon ist in der Regel aber auszugehen.

Carmen Grebe

Rechtsanwältin und Sprecherin des Ausschusses „Junge Anwälte“ des Kölner Anwaltverein e. V.

Seit Corona steigen die Wartezeiten etwa bei neu bestellten Autos. Auch Haushaltsgeräte oder Möbel kommen oft erst weit nach dem Liefertermin. Verbraucher-Tipps vom Marktcheck-Rechtsexperten.

Inhalt:

Welche Rechte haben Käufer bei Lieferengpässen in Corona-Zeiten?
Was passiert bei einem versäumten Liefertermin?
Gibt es Entschädigung beim Lieferverzug von Möbeln oder Haushaltsgeräten?

Zurzeit können viele bestellte Neuwagen nicht geliefert werden. Der Grund: Den Herstellern fehlen Mikrochips, genauer gesagt Halbleiter - für moderne Autos unersetzlich. Welche Rechte haben Verbraucher bei solchen Lieferverzögerungen? Was steht einem Neuwagen-Käufer zu, wenn er in Erwartung des neuen Autos den alten Pkw bereits verkauft hat - und jetzt ohne Fahrzeug dasteht.

Gestörte Lieferketten betreffen nicht nur Neuwagen, auch die neue Waschmaschine oder Spielekonsole lassen auf sich warten. Was der Kunde akzeptieren muss und was nicht, erklärt Marktcheck-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller.

Thema 1: Lieferengpässe in Corona-Zeiten

Muss ein Händler für die verspätete Lieferung geradestehen?

Die Rechte des Käufers richten sich grundsätzlich nach den getroffenen Vereinbarungen.

  • Wurde ein fixer Liefertermin vereinbart, kann der Käufer sofort mahnen und hat nach einer zweiwöchigen Nachfrist alle Rechte.
  • Wurde ein unverbindlicher Liefertermin vereinbart, muss der Kunde länger warten, zum Beispiel bei nicht gelieferten Fahrzeugen.

Bei Neuwagen wird in den meisten Fällen ein unverbindlicher Liefertermin geschlossen. Hier kann der Händler gemäß der Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) die Fristen wie folgt überziehen:

  • Um sechs Wochen für nicht beim Händler vorhandene Neufahrzeuge.
  • Um zehn Tage für beim Händler bereits vorhandene Neufahrzeuge.

Erst nach Ablauf der sechs Wochen beziehungsweise zehn Tage kann der Käufer dem Händler eine angemessene Nachfrist zur Lieferung setzen - am besten schriftlich. Mit Erhalt dieses Schreibens gerät der Händler in Verzug. Eine angemessene Nachfrist beträgt mindestens zwei Wochen.

Wann ist ein Rücktritt vom Vertrag und/oder Schadensersatz möglich?

Wenn auch diese Nachfrist verstreicht und das Auto immer noch nicht geliefert wurde, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten - nicht früher. Eventuelle Anzahlungen müssen zurückerstattet werden. Ob dem Kunden Schadenersatz zusteht, etwa die Kosten für einen Mietwagen, muss im Einzelfall geprüft werden.

Gilt eine telefonische Zusage als fest vereinbarter Liefertermin?

Auch mündliche Vereinbarungen sind grundsätzlich wirksame Verträge. Allerdings lassen sich Telefonate oft nur schwer beweisen. Wer sich auf eine bestimmte Vereinbarung berufen möchte, muss dafür im Ernstfall einen Beweis vorbringen. Deshalb ist es wichtig, dass bei wichtigen Absprachen ein Zeuge anwesend ist. Am besten lässt man sich allerdings Zusatzvereinbarungen schriftlich geben.

Haben Verbraucher auch Anspruch auf Schadensersatz, wenn sie den Vertrag nicht auflösen, sondern die Lieferung abwarten wollen?

Das ist vor allem bei Neuwagen häufig das Problem. Mietwagenkosten können als Schaden ersetzbar sein, allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Verzugs - bei einem unverbindlichen Liefertermin also erst circa acht Wochen nach dem vereinbarten Termin, wenn die Mahnung und die Nachfrist erfolglos waren.

Hinzu kommt: Mitunter trägt der Händler keine Schuld an der Lieferverzögerung, beispielsweise bei fehlenden Bauteilen beim Hersteller. Bei Lieferschwierigkeiten durch höhere Gewalt kann der Händler laut Neuwagenverkaufsbedingungen (NWVB) eine Verlängerung der Lieferzeit um vier Monate erwirken. Wer diese Verzögerung nicht hinnehmen möchte, muss vor Gericht klären lassen, ob hier ein Fall von höherer Gewalt vorliegt oder nicht.

Sind die weltweiten Lieferengpässe aufgrund der Corona-Pandemie eine Form von höherer Gewalt? Befreit das den Verkäufer von seinen Pflichten?

Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass der Verkäufer den Verzug verschuldet hat. Wenn er sich auf höhere Gewalt wegen Corona-Lieferengpässen berufen will, muss er das für den Einzelfall nachweisen. Ein pauschaler Verweis auf die Pandemie reicht dafür nicht aus.

Baden-Württemberg

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In der Corona-Krise setzen Lieferengpässe viele Unternehmen aus Baden-Württemberg unter Druck. Den Mangel bekommt auch der Endkunde deutlich zu spüren, wie die Unternehmen dem SWR berichten.

Welche Rechte hat der Käufer, wenn bestelltes Zubehör beim Pkw nicht mitgeliefert wird - beispielsweise ein Navigationssystem?

Der Käufer kann den Verkäufer zur Nachbesserung auffordern. Der Verkäufer hat gleichzeitig ein Recht darauf, diese Nachbesserung auch durchzuführen. Nur wenn der Verkäufer die Nachbesserung ablehnt oder diese nach einer angemessenen Frist nicht durchgeführt hat, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten und eine Preisminderung oder Schadenersatz fordern.

Übrigens: Bei einem fehlenden Navigationssystem in einem Pkw handelt es sich um einen Sachmangel. Möglicherweise kann der Kunde eine anderweitige Nachrüstung als Schadenersatz fordern.

Thema 2: Versäumter Liefertermin

Wenn der Kunde Urlaub nimmt und der Lieferant nicht auftaucht - muss der Händler den Urlaubstag bezahlen?

Nein, der Händler muss nicht bezahlen. Auch wenn ein Käufer Urlaub genommen hat, erhält er trotzdem Lohn. Ein versäumter Urlaubstag und die dadurch verlorene Freizeit gilt als sogenannter nichtmaterieller Schaden. Er kann nicht in Geld gemessen werden, dementsprechend haben Kunden in der Regel auch keinen Anspruch auf Ersatz. Bei Selbstständigen allerdings könnte bei versäumten Lieferterminen unter Umständen ein Verdienstausfall in Frage kommen. Es gelten die gleichen Regeln, wie beispielsweise bei Handwerker-Terminen. Mehr Infos zur verzögerten Lieferung bei der Verbraucherzentrale.

Anders verhält es sich, wenn auch Angestellte einen Schaden habe, etwa weil weitere Handwerker beispielsweise zum Küchenaufbau für diesen Liefertermin dazubestellt worden sind. Die Kosten für deren Anfahrt fallen ja in jedem Fall an und könnten als Schaden beim Händler geltend gemacht werden, der die Möbel nicht geliefert hat, obwohl der Termin fest vereinbart war.

Kann der Händler Schadenersatz verlangen, wenn der Käufer den Liefertermin verpasst?

Ja, hier gelten ebenfalls vergleichbare Regeln wie beim Handwerker-Termin: Während der Kunde für die Lieferung längere Wartezeiten in Kauf nehmen muss, kann der Handwerker oder Lieferant bereits nach kurzer Wartezeit wieder wegfahren und die vergebliche Anfahrt in Rechnung stellen. Angerechnet werden dabei sowohl die Arbeitszeit als auch die Fahrtkosten. Deshalb ist es für Kunden immer sinnvoll, bei der Bestellung eine Mobilnummer zu hinterlegen.

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Thema 3: Lieferverzug bei Küchenmöbeln und Haushaltsgeräten

Das zu lange Warten auf ein neues Auto ist unter Umständen mit einem sogenannten Nutzungsausfall verbunden. Auch bei einer verspäteten Möbellieferung kann ein Nutzungsausfall zutreffen. Dies zeigt ein Urteil aus Tübingen: Dort wurde einer jungen Familie ihre neue Küche drei Wochen zu spät geliefert. In dieser Zeit mussten sich die Eltern eines dreijährigen Kleinkindes mit einem Ersatzherd und einer Spüle behelfen. Das Landgericht Tübingen sprach der Familie eine Nutzungsausfallentschädigung zu, denn eine funktionierende Küche hätte eine „zentrale Bedeutung für die Lebensführung.“ (Aktenzeichen 1 S 145/88 Landgericht Tübingen, 5.1.1989)

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Kann man immer einen Nutzungsausfall verlangen, wenn die Küchenlieferung schiefläuft?

Theoretisch ja, allerdings sind in diesen Verträgen oft keine verbindlichen Liefertermine vereinbart. Zudem können die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Händlers mögliche Schadenersatzforderungen einschränken. Deshalb sollte man das vor Vertragsabschluss genau lesen.

Allerdings fällt der Schadensersatz in einem solchen Fall eher gering aus, wie ein Fall aus Osnabrück zeigt. Für eine Küche, die drei Monate lang teilweise nicht zum Kochen und Abwaschen genutzt werden konnte, gab es einen Nutzungsausfall von 2,50 Euro pro Tag - 225 Euro für drei Monate. (Aktenzeichen 7 O 161/98 Landgericht Osnabrück, 24.7.1998)

Was passiert, wenn die Waschmaschine oder Spülmaschine nicht geliefert wird?

Normalerweise könnten Verbraucher dann den Händler wechseln und - wenn die Bedingungen stimmen - die Differenz zu einem etwas höheren Preis als Schaden geltend machen. Seit der Corona-Pandemie warten viele Kunden aber trotzdem lieber auf die Lieferung, statt bei einem anderen Händler wieder auf der Warteliste auf einem hinteren Platz zu landen.

Bei einer nicht gelieferten Waschmaschine kann man unter Umständen die Kosten für die Reinigung der Kleidung oder den Waschsalon geltend machen - abzüglich der Ersparnisse bei den eigenen Stromkosten oder der Arbeitszeit bei einer Reinigung. Bei der Geschirrspülmaschine kann man die Mehraufwendungen für das Handspülen durch eine Putzhilfe als Schadenersatz fordern. Aber es gibt Grenzen: Fiktive Mietkosten für die Geräte etwa können nicht in Rechnung gestellt werden (Amtsgericht Friedberg, Az. 2 C 1144/99).

Muss ein Online-Versandhändler auch bei Haushaltsgeräten genau angeben, bis wann eine Lieferung erfolgt?

Ja, ein Versandhändler im Internet muss auch bei Elektrogeräten dem Kunden mitteilen, wann er spätestens mit der Lieferung rechnen kann. Hier sind genaue Liefertermine vorgeschrieben. Formulierungen wie „voraussichtlicher Liefertermin“ oder „Lieferung in der Regel“ sind nicht zulässig. Nach Ablauf der Lieferfrist kann der Kunde den Händler in Verzug setzen.

Wie lange muss man Lieferverzögerung hinnehmen?

Erst nach Ablauf der sechs Wochen beziehungsweise zehn Tage kann der Käufer dem Händler eine angemessene Nachfrist zur Lieferung setzen - am besten schriftlich. Mit Erhalt dieses Schreibens gerät der Händler in Verzug. Eine angemessene Nachfrist beträgt mindestens zwei Wochen.

Was tun wenn Lieferzeit überschritten?

Kann ein Händler einen vereinbarten Liefertermin nicht einhalten, können Sie warten, bis er liefern kann. Um die Sache zu beschleunigen, sollten Sie eine Lieferfrist setzen. Verstreicht sie, können Sie die Bestellung stornieren und vom Kauf zurücktreten. Zudem ist es möglich, den Vertrag zu widerrufen.

Welche Rechte habe ich bei verspäteter Lieferung?

Haben Sie wegen der Lieferverzögerung kein Interesse mehr an der Ware, können Sie nach einer angemessenen Nachfrist den Rücktritt erklären. Wenn Sie am Vertrag festhalten möchten, können Sie vom Händler Schadenersatz verlangen. Sie müssen ihm aber vorher eine Mahnung schicken.

Welche Lieferzeit ist zumutbar?

Dann stellt sich die Frage: Wie lange müssen Kunden nach einer Bestellung warten? "Es kommt immer auf den Einzelfall an", erklärt Rechtsanwältin Sylvia Kaufhold aus Dresden, die Mitglied des Zivilrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist. "Eine Woche ist aber in der Regel eine angemessene Frist."