Wer schreibt Texte für Böhse Onkelz?

H ist der Titel eines Akkustik-Stücks der deutschen Band Böhse Onkelz, das erstmalig am 25. September 1995 auf dem Album Hier sind die Onkelz veröffentlicht wurde.

Im Text singt der Protagonist in der Ich-Form von seiner Drogensucht. Am Ende des Lieds wird aufgelöst, dass seine Sucht überwunden wurde.

„Jetzt wo ich clean bin wird mir alles klar.
Jetzt wo ich clean bin weiß ich wo ich war!“

– Aus dem Songtext zu H, 1995 (Urheber: Stephan Weidner)

Nach Aussagen der Band (siehe unten) bezieht sich der Text zum größten Teil auf den Sänger der Band, Kevin Russell, der zur Zeit der Entstehung des Lieds gerade einen Entzug von Heroin durchgemacht hatte. Der Text des Lieds enthält zwei Anlehnungen an Zitate von Hermann Hesse: Zum Einen stammt „Denn mein Leben lag in Scherben, hatte seinen Sinn verloren“ aus dem Buch „Steppenwolf“ (1927), wo es heißt „Was war denn von meinem geistigen Leben noch übrig? Lag das nicht alles in Scherben und hatte seinen Sinn verloren?“, zum Anderen stammt die Textzeile „Ich kostete den bitteren Geschmack der Sterblichkeit“ aus dem Buch Demian (1919): „Zum ersten Mal kostete ich den Tod, und der Tod schmeckt bitter“.

„Stephan Weidner: Es ist ein offenes Geheimnis, dass es Drogenprobleme innerhalb der Band gab. Dieses Stück zeigt deutlich, wie gnadenlos offen wir uns nach außen präsentieren; und wie wir das Leben und all unsere Erfahrungen in die Band Böhse Onkelz mit einbringen. Ich kann nur jedem empfehlen, einen Riesenbogen um Heroin zu machen, es tötet deine komplette Persönlichkeit.“

„Stephan Weidner: Wir haben die Erfahrung gemacht und wissen daher, was wir sagen. Heroin ist sicherlich nicht förderlich für das Wachsen deiner Persönlichkeit.“

„Stephan Weidner: Es geht um Kevins überwundene Heroinsucht. Ich habe das Stück im Proberaum auf der Akustikgitarre gespielt, den Text dazu gesungen und ein Demo davon aufgenommen. Das hab ich dann Kevin vorgespielt und ihn gefragt, was er davon hält. Kevin fand’s klasse und war bereit, diesen Text, der aus seiner Sicht heraus geschrieben ist, zu singen. Das Stück zeigt, in welcher Situation Kevin steckte und was das für ihn und uns bedeutet hat.“

„Stephan Weidner: Ich will zeigen, wie sich ein Leben positiv verändern kann. Ich spüre die Verantwortung für unsere Fans, die die Texte sehr genau lesen. Vieles, was ich heutzutage schreibe, verstehe ich als kleine Lebenshilfe für sie. Auch ein Text wie „H“, wo es ja um die Suchtproblematik geht, die wir eine Zeitlang in der Band hatten, sagt unzweideutig aus: Hände weg von diesem Zeugs. Es zerstört alles in dir, deinen Körper, deine Persönlichkeit, deinen Charakter, einfach alles. (…) Wir waren nie so weit, Kevin vor die Tür zu setzen oder ihn im Stich zu lassen. Aber es gab schon einige konkrete Aussagen, dass es so nicht weitergehen kann. Unter Drogen kann man weder Songs schreiben, noch im Studio arbeiten und schon gar keine Konzerte geben. Im Grunde genommen hört das eigentliche Leben unter Drogen auf zu funktionieren.“

Die Böhsen Onkelz werden wegen ihrer rechten Vergangenheit noch heute von den Medien boykottiert - trotzdem feiern sie einen Erfolg nach dem anderen. In einem Buch kommen jetzt erstmals ihre Fans zu Wort.

Von Jörg Schallenberg

22.09.2000, 12.23 Uhr

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Wer schreibt Texte für Böhse Onkelz?
Wer schreibt Texte für Böhse Onkelz?

"Meistens kommen Sprüche von wegen Naziband oder so. Das ist auch wieder ein Grund, warum Onkelz-Fans so zusammenhalten. Entweder man liebt diese Musik oder man hasst sie, dazwischen gibt es nichts." So sieht der 16-jährige Lennart aus Ennepetal sein Verhältnis zu den Böhsen Onkelz. Er ist einer von über 50 Anhängern der Frankfurter Metal-Band, die im kürzlich erschienenen "Buch der Erinnerungen" des Berliner Journalisten und Leiter des Archivs der Jugendkulturen, Klaus Farin, beschreiben, was ihnen ihre "Onkelz" bedeuten. Im Herbst 1998 hatte Farin über mehrere Heavy-Metal-Magazine, über Fanzines und über das Internet einen Aufruf veröffentlicht, in dem er wissen wollte, was die Fans mit ihrer Lieblingsband verbinden. Die Reaktion, so schreibt Farin im Vorwort, war "gewaltig, das Telefon stand nicht mehr still". Das Motiv für dieses Mitteilungsbedürfnis beschrieb ein Anrufer so: "Endlich jemand, ein Journalist, der bereit ist, die Wahrheit über uns und die Onkelz zu veröffentlichen und nicht nur diese Lügen, wir wären alle Neonazis und hirnlose Gewalttäter."

Die Böhsen Onkelz und die Fans als gemeinsames "wir" - diese Haltung zieht sich durch einen großen Teil der ausgewählten Statements: Ob man die Böhsen Onkelz nun vergöttert oder sie mit ihren Texten als Beispiel dafür anführt, dass man lieber gar keine Götter oder Idole anbeten sollte, fast immer beschreiben die Fans einen unmittelbaren Bezug der Band zu ihrem eigenen Leben, der in seiner Direktheit verblüfft und wohl kaum mit anderen Stars zu vergleichen ist.

Der Grund für diese ungewöhnliche Identifikation liegt im widersprüchlichen Werdegang der Böhsen Onkelz: Von der Punk- und Skinheadband mit einigen unverhohlen rassistischen Texten im Repertoire wandelten sie sich ab Mitte der achtziger Jahre immer mehr zu einer Heavy-Metal-Combo, die sich in Texten und Interviews klar gegen Rechtsextremismus aussprach. Diesen Wandel glauben ihnen viele Kritiker bis heute nicht. Für die Fans dagegen, das wird im "Buch der Erinnerungen" deutlich, macht gerade diese gebrochene Biografie die Glaubwürdigkeit der Band aus. Dass Songschreiber Stephan Weidner und Sänger Kevin Russell aus kaputten Elternhäusern stammen und sich in Milieu-, Drogen- und Hooligan-Kreisen durchschlugen, erhöht die Achtung vor ihnen nur noch.

Wer schreibt Texte für Böhse Onkelz?
Wer schreibt Texte für Böhse Onkelz?

Klaus Farin: "Endlich jemand, der bereit ist, die Wahrheit über uns zu veröffentlichen."

Foto: SPIEGEL TV

Ähnlich wie die Musiker sehen sich zahlreiche Fans in ihrem eigenen Leben einem "Kampf gegen Geradlinigkeit und Anpassung" ausgesetzt und fühlen sich von den "Medien", der "Politik" oder gleich von dem "System" an die Wand gedrückt und verleumdet. Andere beschreiben, wie sie die Texte der Böhsen Onkelz vor dem Selbstmord bewahrt oder vom Heroin weggebracht haben." Es gibt aber auch ein paar kritische Anmerkungen, die den Sprung vom Außenseiter-Image zur normalen und kommerziellen Rockband kommentieren: "Irgendwie will das 'Ich gegen den Rest der Welt'-Image wohl bei keinem mehr so recht passen." Auch nicht für die Fans, die laut Farin "überwiegend männlich und jünger als dreißig sind, jedoch aus allen sozialen und Bildungsschichten kommen". So melden sich im "Buch der Erinnerungen", mit Bedacht ausgewählt, Linke, Rechte, Christen, Arbeitslose, Studenten und auch mal eine Chefsekretärin zu Wort.

Um das Phänomen Böhse Onkelz und die enge Bindung zu den Fans umfassend zu dokumentieren, hat Autor Farin den aufschlussreichen Aussagen der Fans einen biografischen Teil gegenübergestellt, bei dem er sich trotz interessanter Abschnitte wie etwa eines längeren Interviews von 1983 aber zu sehr auf die offizielle Böhse-Onkelz-Biografie "Danke für nichts" stützt. Diese hat Edmund Hartsch geschrieben, ein enger Freund der Band, der mittlerweile als Pressesprecher für die Böhsen Onkelz arbeitet. Und obwohl "Danke für nichts" ziemlich schonungslos mit der rechten Vergangenheit der Band umgeht, muss es, wie Farin selbst anmerkt, "kritisch gelesen werden". Das gilt auch für das zweifellos interessante "Buch der Erinnerungen", dem manchmal die Distanz zu Fans und Band fehlt.

Klaus Farin: "Buch der Erinnerungen: Die Fans der Böhsen Onkelz". Tilsner Verlag; Bad Tölz; 143 Seiten; 28 Mark.

Sind die Onkelz Millionäre?

Das geschätzte Vermögen der Band Böhse Onkelz beträgt seit dem Comeback 24 Millionen Euro.

Sind die Böhse Onkelz Rechtsradikal?

Böhse Onkelz ist eine von 1980 bis 2005 und seit 2014 wieder aktive deutsche Rockband. Sie ist insbesondere wegen ihrer Nähe zum Rechtsrock in den frühen 1980er Jahren bei Kritikern umstritten. Ihr erstes Album Der nette Mann von 1984 wurde zunächst als jugendgefährdend indiziert und kurz darauf beschlagnahmt.

Welches Lied hat Stefan Weidner für Peter Maffay geschrieben?

Was viele von ihnen nicht wissen: Vor genau zehn Jahren schrieb Weidner für Peter Maffay einen Songtext. Ein Liebeslied mit dem Titel „Früher, später“.

Wer von den Onkelz ist gestorben?

Frankfurt - Auf den Tag genau vor 30 Jahren erlebte die deutsche Rockband Böhse Onkelz das wohl dunkelste Kapitel in ihrer Geschichte. Andreas - genannt Trimmi - Trimborn (†23), ein Freund der Musiker, wurde am 16. Juni 1990 erstochen.