Wer ist Kanzler in Deutschland geworden

Stand: 08.12.2021 10:28 Uhr

Der Bundestag hat den SPD-Politiker Scholz mit 395 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt. Als nächstes erhält Scholz seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Steinmeier im Schloss Bellevue.

Der SPD-Politiker Olaf Scholz ist vom Bundestag zum neunten Bundeskanzler gewählt worden. Wie Parlamentspräsidentin Bärbel Bas mitteilte, stimmten 395 Abgeordnete für Scholz; es gab 303 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen. Für die sogenannte Kanzlermehrheit notwendig waren 369 Stimmen.

Die drei Parteien der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP verfügen zusammen über 416 Mandate. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte aber im Vorfeld darauf hingewiesen, dass einige Abgeordnete seiner Fraktion wegen Krankheit nicht an der Wahl teilnehmen konnten.

Vierter SPD-Kanzler

Als Erster überreichte Mützenich Scholz einen Blumenstrauß, dann Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Auch der unterlegene Unionskanzlerkandidat Armin Laschet gratulierte. Auf der Ehrentribüne hatten die scheidende Kanzlerin Angela Merkel, der frühere Kanzler Gerhard Schröder, der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck sowie etliche Mitglieder des neuen Kabinetts die Wahl verfolgt.

Scholz ist der vierte sozialdemokratische Kanzler - nach Willy Brandt (1969-1974), Helmut Schmidt (1974-1982) und Gerhard Schröder (1998-2005) - und der neunte Kanzler insgesamt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Er folgt auf Angela Merkel, die 16 Jahre lang deutsche Regierungschefin war. Für den Nachmittag ist die Amtsübergabe geplant.

Ernennung durch den Bundespräsidenten

Nach seiner Wahl hatte Scholz zunächst einen Termin beim Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue. Dieser überreichte ihm die Ernennungsurkunde und ernannte Scholz zum Nachfolger von Merkel. Mit der Übergabe der Urkunde ist die Regierungsgewalt gemäß der Vorgabe des Grundgesetzes von der bisherigen Kanzlerin Angela Merkel (SPD) auf den Nachfolger übergegangen. Im Anschluss will Scholz seinen Amtseid vor dem Bundestag ablegen.

Die Ernennung der Ministerinnen und Minister durch den Bundespräsidenten ist für 12.30 Uhr angesetzt. Bereits an diesem Abend soll das neue Bundeskabinett zu seiner konstituierenden Sitzung in Berlin zusammenkommen. Wie das Bundespresseamt mitteilte, findet die konstituierende Sitzung um 18.00 Uhr im Kanzleramt statt.

"Mehr Fortschritt wagen"

Die SPD hatte die Bundestagswahl am 26. September gewonnen und war nach einer Aufholjagd mit 25,7 Prozent stärkste Kraft vor der CDU/CSU (24,1 Prozent) geworden. Rechnerisch möglich wäre auch ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP gewesen. Die zwei kleineren Parteien entschieden sich jedoch für Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Ihr dann ausgehandelter 177 Seiten starker Koalitionsvertrag steht unter dem Leitmotiv "Mehr Fortschritt wagen".

Scholz wird eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP führen. Solch eine Ampel-Koalition ist auf Bundesebene ein Novum. Dem Kabinett von Scholz werden 17 Ministerinnen und Minister angehören, acht davon Frauen. Die SPD stellt neben dem Kanzler und dem Kanzleramtschef sechs Ressortchefs, bei den Grünen sind es fünf und bei der FDP vier.

"Alles Gute, lieber Olaf Scholz"

SPD-Vize Kevin Kühnert geht davon aus, dass die Abweichler bei der Kanzlerwahl nicht aus Reihen der SPD, sondern von FDP und Grünen kamen. Den Koalitionspartnern falle es naturgemäß schwerer, jemanden von einer anderen Partei zum Kanzler zu wählen, sagte Kühnert dem Sender Phoenix. Gefragt nach dem Wahlverhalten der Jusos unter den Bundestagsabgeordneten sagte er: "Da würde ich meine Hand ins Feuer legen, dass bei uns alle gestanden haben."

EU-Ratschef Charles Michel gratulierte Scholz zu seinem neuen Amt. "Alles Gute, lieber Olaf Scholz, zur Wahl als Bundeskanzler", schrieb Michel auf Twitter. Er freue sich, zusammen an einem starken und unabhängigen Europa zu arbeiten. Zugleich dankte Michel, der als Ratschef die EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs leitet, der scheidenden Kanzlerin. "Mein Dank an dich, liebe Angela Merkel, für viele Jahre der vertrauensvollen Zusammenarbeit."

Deutsche Wirtschaft: Regierung muss sofort loslegen

Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft sehen den neuen Kanzler und seine Regierung vor allem wegen der Pandemie direkt mit großen Herausforderungen konfrontiert. "In der Corona-Krise muss die neue Regierung sofort loslegen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang. "Es ist höchste Zeit, dass Bund und Länder jetzt mit einem ambitionierten Maßnahmenpaket die vierte Welle brechen wollen." Eine sofort handlungsfähige Bundesregierung sei auch im Hinblick auf die Mammutaufgaben der digitalen und grünen Transformation unentbehrlich, so Lang.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte: "Die Aufgaben die vor uns liegen, sind groß. Wir setzen auf eine langfristig angelegte Reformagenda für die vor uns liegende Dekade des Strukturwandels. Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Wandel verlangen Antworten und einen großen Wurf." Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte, der neue Kanzler starte in einer Zeit, die "keine Schonfrist oder gar Aufschub" zulasse, sondern sogleich entschlossenes Regierungshandeln abverlange.

"Reformstau der vergangenen Jahre endlich auflösen"

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, sagte, Scholz sei nicht nur Nachfolger von Merkel, sondern auch der SPD-Kanzler Brandt, Schmidt und Schröder. "Diese Bundeskanzler aus der SPD stehen für wichtige Reformen. Auch heute gilt es den Reformstau der vergangenen Jahre endlich aufzulösen."

Der Handelsverband Deutschland erklärte, die dynamische Entwicklung der Pandemie verlange nach zielgerichtetem und koordiniertem politischen Handeln. "Die neue Bundesregierung steht vor gewaltigen Aufgaben. Für den Handel geht es um nichts weniger als einen Weg aus der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg und die Überlebensfähigkeit tausender Betriebe sowie ganzer Innenstädte", so Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Wer regiert Deutschland 2022?

Vertretungsreihenfolge in der Bundesregierung.

Wer stellt den Kanzler auf?

Der Bundeskanzler wird gemäß Artikel 63 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nicht vom Volk, sondern vom Deutschen Bundestag auf Vorschlag des Bundespräsidenten gewählt.

Wer wählt die Kanzlerin in Deutschland?

Der Bundeskanzler wird vom Bundestag gewählt. Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler kann werden, wer mindestens 18 Jahre alt ist und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Ein Mandat im Bundestag ist dagegen nicht nötig.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte