Welche Aufgaben erfüllen die Knorpelspangen der Luftröhre?

Hyaliner Knorpel hat eine hohe Druckelastizität, deshalb findet man ihn überall dort, wo hauptsächlich Druckbelastungen auftreten (wie z. B. in den meisten Gelenkflächen).

Hyaliner Knorpel kommt als Gelenk-, Rippen-, Nasenknorpel, in den Knorpelspangen der Luftröhre, in den Epiphysenfugen und im knorpelig präformierten Skelett vor.

Im Prinzip haben die Luftröhre eines Menschen und der Dünndarm eines Schweines nicht viel gemeinsam. Beide besitzen aber eine röhrenförmige Struktur – und das brachte den Thoraxchirurgen Dr. Thorsten Walles auf eine außergewöhnliche Idee. Zusammen mit Professor Dr. Heike Mertsching vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut entwickelt er jetzt Methoden, mit denen sich das Verdauungsorgan in einen bioartifiziellen Luftröhrenersatz verwandeln lässt.

Ein Hüftgelenk aus Titan, eine Bauchschlagader aus Polyester oder eine Herzklappe vom Schwein – die ideenreiche Zusammenarbeit von Ärzten und Medizintechnikern hat die Behandlung zahlreicher Erkrankungen in der Vergangenheit geradezu revolutioniert. Doch trotz aller Fortschritte lassen sich noch längst nicht alle Organe und anatomischen Strukturen durch Hightech-Materialien, tierische Gewebe oder menschliche Transplantate ersetzen.

Dr. med. Thorsten Walles beschreitet neue Wege bei der Rekonstruktion von Luftröhrendefekten. (Foto: Walles)‏

Für die Luftröhre (Trachea), einen etwa 12 Zentimeter langen, durch Knorpelspangen stabilisierten Muskelschlauch, der vom Kehlkopf bis zu den Bronchien reicht, suchten die Wissenschaftler bislang vergeblich nach geeigneten Alternativen.

Dabei besteht durchaus Bedarf – beispielsweise dann, wenn ein Tumor die Luftröhre großflächig zerstört hat. Inzwischen kann man zwar die Hälfte der Trachea herausschneiden und die Enden wieder miteinander vernähen, ohne dass größere Probleme auftreten. „Muss jedoch ein längeres Stück entfernt werden, sind die sich entwickelnden Zugkräfte zu stark, die Nähte halten diesen nicht mehr Stand“, berichtet Dr. med. Thorsten Walles, Thoraxchirurg an der zum Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus gehörenden Klinik Schillerhöhe. Diese Patienten bräuchten zum Überleben dringend einen implantierbaren Luftröhrenersatz.

Schlechter Heilungsprozess bei Kunststoffprothesen

Sämtliche Versuche, die Luftröhre durch eine Kunststoffprothese zu ersetzen, sind jedoch gescheitert. „Es gab Experimente mit Silikon und zahlreichen anderen körperfremden Materialien“, berichtet der Mediziner Walles, „doch an der Nahtstelle zum restlichen Luftröhrengewebe tritt keine Heilung ein. Die Trachea wächst da einfach nicht fest.“ Schuld daran ist unter anderem die komplizierte Blutversorgung des Organs. Denn das filigrane Gefäßnetz, das die Trachea umgibt, bringt im Wundbereich oftmals keine adäquate Durchblutung zu Stande. Dass die synthetischen Prothesen nicht mit dem typischen Flimmerepithel der Luftröhre ausgekleidet sind, ist ein zusätzliches Problem. „Dadurch wird das von den Atemwegen gebildete Sekret nur unzureichend in Richtung Rachenraum transportiert und staut sich stattdessen in den Bronchien“, erklärt Walles. Die Folge sind gehäufte bakterielle Infektionen, die für die Patienten lebensbedrohlich sein können.

Neue Hoffnungen verspricht jetzt eine von Walles in Kooperation mit Prof. Dr. rer. nat. Heike Mertsching vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart entwickelte Bioprothese, die aus patienteneigenen Zellen aufgebaut ist. Dazu werden mittels einer kleinen Biopsie Muskel- und Bindegewebszellen sowie aus dem Blut Vorläuferzellen für das Endothel entnommen und in vitro vermehrt. „Die Zellen zu isolieren ist keine große Kunst“, berichtet Walles, „aus diesen anschließend wieder ein intaktes, funktionsfähiges Gewebe zu generieren, ist schon wesentlich schwieriger.“ Den beiden Stuttgarter Forschern gelingt dies, indem sie die im Labor kultivierten menschlichen Zellen auf einer biologischen Trägerstruktur ansiedeln – genauer gesagt auf einem Stück Dünndarm des Schweines. Im Bioreaktor werden die zellphysiologischen Bedingungen dann so perfekt simuliert, dass daraus ein bioartifizieller Luftröhrenersatz erwächst. „Das ist Tissue-Engineering par excellence“, so Walles.

Welche Aufgaben erfüllen die Knorpelspangen der Luftröhre?
Verschluss eines Luftröhrendefekts mit bioartifiziellem Gewebe. Links: Situation vor der Operation (* kennzeichnet die gesunde Luftröhre des Patienten). Rechts: 3 Monate nach der Operation - der Defekt ist komplett ausgeheilt (Pfeil). (Foto: Walles / Klinik Schillerhöhe)‏

Bindegewebe von Schwein und Mensch nahezu identisch

Bei der Suche nach einer geeigneten Trägerstruktur fiel die Wahl nicht zuletzt deshalb auf den Darm, weil das Verdauungsorgan die gleiche röhrenförmige Struktur besitzt wie die Trachea. Für die Transplantation ist das ein großer Vorteil. Dass der Darm hierbei von einem Tier stammt, hat nach Walles' Einschätzung aber keine negativen Auswirkungen: „Wir befreien den Darm im Labor von sämtlichen Zellen, so dass nur noch das dreidimensionale Bindegewebsgerüst und die zugehörigen Blutgefäße übrig bleiben.“ Da die Proteinstruktur des Bindegewebes bei Schwein und Mensch nahezu identisch ist, sind keine immunologischen Abstoßungsreaktionen zu befürchten. Trotzdem betrachteten andere Wissenschaftler den Ansatz von Walles und Mertsching anfänglich mit großer Skepsis und versuchten, die menschlichen Zellen stattdessen auf einer synthetischen Trägerstruktur anzusiedeln – bis dato allerdings ohne den gewünschten Erfolg. „Wir hingegen können mit Hilfe der biologischen Matrix inzwischen ein vollwertiges menschliches Gewebe züchten“, so Walles.

Die Bindegewebsstruktur des Schweinedarms dient als biologische Matrix. (Foto: Mertsching / Fraunhofer IGB)

Die ersten auf diese Weise hergestellten bioartifiziellen Gewebe hat Walles bereits in Patienten transplantiert. „Bisher haben wir aber nur einige Quadratzentimeter große Gewebestücke verpflanzt, mit denen wir ansonsten inoperable Luftröhrendefekte verschließen konnten“, so Walles. Der erste Patient, dessen Trachea aufgrund einer Tumorerkrankung geschädigt war, wurde noch an Walles vorheriger Arbeitsstätte in Hannover operiert. „Der Mann hatte zuvor monatelang auf der Intensivstation gelegen – 17 Tage nach dem Eingriff konnte er die Klinik schließlich beschwerdefrei verlassen“, erinnert sich Walles. Bei Nachuntersuchungen zeigte sich, dass das transplantierte Gewebe nicht nur problemlos eingewachsen war, sondern dass sich auf der inneren Oberfläche auch bereits eine Zellschicht mit Flimmerepithel gebildet hatte. „Die hervorragende Qualität des bioartifiziellen Gewebes hat uns alle sehr positiv überrascht“, so Walles. Der Patient lebte anschließend noch 16 Monate, bis zu einem Rückfall seiner Tumorerkrankung - das Transplantat selbst verursachte keinerlei Probleme.

Langsames Herantasten an die klinischen Einsatzmöglichkeiten

Ein komplettes, langstreckiges Röhrensegment als Ersatz für eine geschädigte Trachea hat Walles bislang noch nicht verpflanzt, obwohl die Voraussetzungen dafür schon weitestgehend erfüllt sind. Selbst das Problem der Blutversorgung ist gelöst. Während die bisher verpflanzten kleinflächigen Gewebe nämlich vom angrenzenden Gewebe mit Sauerstoff versorgt werden, braucht ein komplettes Luftröhrensegment sein eigenes Gefäßsystem. Diese Aufgabe werden die gleichen Gefäße übernehmen, die zuvor bereits für die Durchlutung des Schweinedarms gesorgt haben. Jetzt möchten die Forscher lediglich noch die Festigkeit der ebenfalls im Bioreaktor hergestellten Knorpelspangen etwas optimieren.

Walles will aber nichts überstürzen: „Wir tasten uns bewusst langsam an die klinischen Einsatzmöglichkeiten dieser Methode heran.“ Denn trotz aller anfänglichen Erfolge – die Transplantation stellt immer noch einen experimentellen und riskanten Eingriff dar. Rückschläge bleiben dabei nicht aus. Der letzte Patient, dem ein Stück bioartifizielles Gewebe eingepflanzt wurde, verstarb einige Wochen nach der Operation an unerwarteten Komplikationen. „Wir arbeiten immer mit schwerstkranken Menschen, da können zusätzliche Probleme tödlich sein“, gibt Walles zu bedenken, „deshalb behandeln wir momentan auch nur Patienten, bei denen die etablierten Behandlungsverfahren zu keiner Heilung oder Beschwerdelinderung geführt haben.“ Zumindest einigen von ihnen kann das Team um Walles und Mertsching jetzt neue Hoffnung schenken.

Ärzte und Patienten, die mehr über diese neue Technologie und ihre Einsatzmöglichkeiten erfahren möchten, können auf der Homepage der Forscher eine eigens hierfür konzipierte Broschüre herunterladen.

Welche Aufgaben haben die Knorpelspangen der Luftröhre?

Die Trachea enthält in ihrer Wand 15 bis 20 hufeisenförmige Knorpelspangen (Cartilago trachealis) aus hyalinem Knorpel, die durch Bänder (Ligamenta anularia tracheae) miteinander verbunden sind. Sie verstärken die Wand und verhindern das Kollabieren der Luftröhre während der In- und Exspiration.

Warum besitzt die Luftröhre Knorpelspangen?

Damit sie trotz der Druckveränderungen während der Atmung stets offen bleibt, wird die Wand der Luftröhre von ca. 16-20 hufeisenförmigen Knorpelspangen stabilisiert, so dass das Konstrukt an einen Staubsaugerschlauch erinnert, wo man sich dieses von der Natur vorgegebene System zu nutze macht.

Wo befinden sich die Knorpelspangen?

In der Wand der Luftröhre befinden sich 15 bis 20 Spangen aus Knorpelgewebe. Sie haben die Form eines Hufeisens und sind jeweils über Bänder miteinander verbunden. Die Knorpelspangen verstärken die Wand der Luftröhre, damit sie sich durch den Druck während der Ein- und Ausatmung nicht verschließt oder erweitert.

Welche Aufgabe hat die Luftröhre bei der Atmung?

Die Luftröhre: Wichtiger Verbindungskanal Beim Einatmen gelangt die Luft vom Kehlkopf in die Luftröhre und weiter in die Bronchien. Dabei wird sie weiter angefeuchtet und erwärmt. Schmutzpartikel und Krankheitserreger sowie Schleim werden über die Flimmerhärchen der Schleimhaut nach oben in Richtung Rachen abgeleitet.