Was ist die bedeutung von zsn bei polio

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Synonyme: Poliomyelitis epidemica anterior acuta, Kinderlähmung, Polio, Heine-Medin-Krankheit
Englisch: poliomyelitis, polio, infantile paralysis

1 Definition

Die Poliomyelitis ist eine meldepflichtige Infektionskrankheit mit vornehmlichem Befall des ZNS.

2 Ätiologie

Eine Poliomyelitis wird durch Infektion mit dem Poliovirus ausgelöst. Das Poliovirus liegt in drei verschiedenen Serotypen (WPV1, WPV2, WPV3) vor und gehört zur Gruppe der Enteroviren. Es wird durch Schmierinfektion übertragen. Darüber hinaus existieren sogenannte zirkulierende Impfstoff-abgeleitete Polioviren.

3 Epidemiologie

Die WHO erklärte sowohl WPV2 (2015) als auch WPV3 (2019) für ausgerottet. In einigen Ländern wie beispielsweise Afghanistan und Pakistan zirkuliert derzeit (2022) noch WPV Typ 1. Zirkulierende Impfstoff-abgeleitete Polioviren treten insbesondere in Afrika auf. Sie wurden jedoch auch in Abwasserproben unter anderem in London und im US-Bundesstaat New York nachgewiesen.[1][2] Im Juli wurde im US-Bundesstaat New York zudem erstmals seit etwa 10 Jahren wieder eine Poliomyelitis diagnostiziert. Man geht davon aus, dass diese durch Impfstoff-abgeleitete Polioviren verursacht wurde.[3]

4 Klinik

Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 21 Tagen kommt es zunächst zu Prodromi mit Diarrhö und Atemwegssymptomatik (katarrhalische Reizung). Im weiteren Verlauf entsteht regelhaft eine Meningitis bzw. Meningoenzephalitis mit Zeichen des Meningismus.

Schlaffe Lähmungen treten bei etwa jedem 150. Betroffenen auf. Dabei entsteht je nach Ausprägung der Erkrankung meistens die spinale Verlaufsform mit vorwiegender Lähmung der Muskulatur von Extremitäten und Rumpf. Bei Befall der Interkostalmuskulatur kann es zu Störungen der Atmung kommen.

Werden vornehmlich das hirnnahe Rückenmark und der Hirnstamm befallen, spricht man von einer pontinen bzw. bulbären Form. Diese ist prognostisch sehr ungünstig, da sie zu einer zentralen Atemlähmung führt.

Verlaufsformen Häufigkeit
Inapparenter Verlauf ca. 90 bis 95 %
Katarrhalischer Verlauf (geringes Krankheitsgefühl) ca. 4 bis 8 %
Lymphozytäre Meningitis ohne Lähmungserscheinungen ca. 0,5 bis 1 %
Paralytische Verlaufsformen:
  • spinale Form: schlaffe Lähmung vorwiegend der Extremitäten-, Stamm- und Interkostal- sowie Zwerchfellmuskulatur
  • bulbopontine Form: Hirnnervenlähmung, evt. mit Lähmung des Atem- und Kreislaufzentrums. Meningoenzephalomyelitis mit schwerer ZNS-Schädigung
  • Kombination beider Formen
ca. 0,1 %

Bei Kindern mit einer durchgemachten paralytischen Polioinfektion kann oft ein bestimmtes Gangbild beobachten werden, bei dem die Hand in die Hüfte gestemmt wird, um ein Wegknicken des Kniegelenks zu verhindern. In der englischsprachigen Literatur wird dieses Gangbild häufig auch unter dem Begriff hand on thigh gait beschrieben.

5 Diagnostik

Die Diagnostik der Poliomyelitis basiert auf der klinischen Präsentation einer aseptischen Meningitis mit einer schlaffen Lähmung im Zusammenhang mit einem epidemiologischen bzw. expositionellen Verdacht. Von besonderer Bedeutung ist die rasch durchgeführte Liquordiagnostik. Dabei zeigt eine Lumbalpunktion bei Poliomyelitis in der Regel folgende Liquorkonstellation:

  • Pleozytose bis etwa 100 Zellen/µl Liquor
  • Normaler oder erhöhter Glucosegehalt
  • Initial gering vermehrtes Protein, im Verlauf zunehmend

Zum Ausschlus einer akuten Myelopathie sollte, falls verfügbar, eine MRT des Rückenmarks durchgeführt werden.

Der Goldstandard zur Diagnosesicherung ist die Virusisolation aus dem Stuhl. Ferner kann ein Nachweis aus Rachenspülwasser oder Liquor erfolgen. Serologisch können einige Wochen nach der Erkrankung spezifische Antikörper nachgewiesen werden.

Zum Nachweis der Immunität nach einer Impfung können Neutralisationstests gegen alle drei Serotypen durchgeführt werden. Bei Antikörpertitern von 1:8 oder höher, ist eine Immunität gegen den jeweiligen Poliomyelitis-Virustyp anzunehmen.

6 Therapie

Eine spezifische Therapiemöglichkeit ist nicht vorhanden. Bei Erkrankung erfolgt in der Regel eine symptomatische Therapie, gegebenenfalls mit maschineller Beatmung. Schlaffe Lähmungen sollten früh einer physiotherapeutischen Betreuung zugeführt werden. Persistente Lähmungen treten bei etwa der Hälfte aller durch Poliomyelitis gelähmten Patienten auf.

7 Prophylaxe

Der einzige wirkungsvolle Schutz vor Polio ist die Impfung, die derzeit mit dem Salk-Impfstoff erfolgt und im Rahmen der Grundimmunisierung strengstens zu empfehlen ist. Die Global Polio Eradication Initiative bemüht sich um erhöhte Impfraten in Endemiegebieten wie beispielsweise Afghanistan und Pakistan.

8 Literatur

Laborlexikon.de, abgerufen am 19.04.2021

9 Quellen

  1. RKI - Poliomyelitis, abgerufen am 16.08.2022
  2. Polio Global Eradication Initiative - This Week, abgerufen am 16.08.2022
  3. CDC - United States confirmed as country with circulating vaccine-derived poliovirus, abgerufen am 16.08.2022

Diese Seite wurde zuletzt am 19. September 2022 um 20:55 Uhr bearbeitet.

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Was ist die bedeutung von zsn bei polio

Was bedeutet Polio Typ 1?

Die Poliomyelitis ist eine oft epidemieartig auftretende, weltweit verbreitete Enterovirusinfektion, die zu Lähmungen und Tod führen kann. 3 Typen humanpathogener Poliomyelitisviren sind bekannt: Typ 1 (Brunhilde): häufig und mit schweren Symptomen. Typ 2 (Lansing): milde Symptomatik.

Ist Polio und Poliomyelitis das gleiche?

Die Kinderlähmung (Poliomyelitis, kurz Polio) ist eine hochinfektiöse Viruskrankheit, die zu Lähmungen der Arme, Beine und der Atmung führen kann. Die Krankheit konnte noch nicht weltweit ausgerottet werden.

Was ist Polio einfach erklärt?

Poliomyelitis ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren befällt. Das Virus wird durch persönlichen Kontakt übertragen und findet sich am häufigsten in kontaminiertem Wasser. Der Erreger befällt das Zentralnervensystem und führt zu Lähmungen und manchmal zum Tod.

Was ist das Postpoliosyndrom?

Das Postpolio-Syndrom ist eine durch Muskelschwäche und chronische Ermüdung gekennzeichnete Erkrankung, die sich erst Jahre oder Jahrzehnte nach einer Polioinfektion entwickelt. Bei einigen Patienten, die zuvor an Kinderlähmung (Polio)