Bis vor Kurzem war sie nicht behandelbar: die Familiäre Zystenniere. Doch seit wenigen Jahren gibt es ein Medikament, das hilft, die bedrohlich vererbte Erkrankung zu behandeln, wie Dr. med. Thomas Rath, Leitender Arzt der Abteilung für Nephrologie und Transplantationsmedizin, im Interview berichtet.Etwa 50.000 Menschen in Deutschland leiden an Familiären Zystennieren. Trotzdem ist die Erkrankung eher unbekannt. Was sind Zystennieren? Show
Die polyzystischen Nierenerkrankungen sind eine heterogene Gruppe an Erkrankungen, die als Gemeinsamkeit die Ausbildung von Zystennieren zeigen und lange Zeit nach der Potter-Klassifikation eingeteilt wurden. Da die Einteilung nicht anhand gewohnter Kriterien erfolgt und dadurch schwer nachvollziehbar erscheint, fällt es nicht leicht, sie ordentlich zu beherrschen. Inzwischen wird die beschreibende Einteilung der WHO bevorzugt. Die autosomal-rezessive vererbbare polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD, Potter I) geht i.d.R. mit einer nur kurzen Lebenserwartung einher, tritt beidseitig auf und ist durch multiple, gleichmäßig kleine Zysten charakterisiert. Die autosomal-dominante vererbbare polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD, Potter III) geht mit einer Lebenserwartung bis ins hohe Erwachsenenalter einher, tritt beidseitig auf und ist durch unterschiedlich große Zysten charakterisiert. Die multizystische Nierendysplasie (Potter II) wird i.d.R. nicht vererbt, sondern tritt meist sporadisch während der Embryonalentwicklung auf. In der Bildgebung finden sich einseitig (manchmal beidseitig) Nierenzysten, die unterschiedlich groß imponieren. Die Ausprägung der Symptomatik ist je nach Störung sehr variabel. Bei allen stehen das frühzeitige Erkennen und die Behandlung einer möglichen Niereninsuffizienz im Vordergrund. Von den drei genannten Störungen abzugrenzen ist die zystische Nierendysplasie bei fetaler Obstruktion des unteren Harntrakts (Potter IV). Hierbei handelt es sich im Prinzip um keine eigene Störung, sondern um eine sekundäre Zystenniere aufgrund der vorliegenden Obstruktion – der hohe Druck in den Harnwegen führt dabei zur Zystenbildung. Therapeutisch wird i.d.R. eine Beseitigung der Obstruktion in kurativer Intention angestrebt. KlassifikationÜberblick: Potter-Klassifikation und Einteilung nach WHODie Potter-Klassifikation beruht auf rein deskriptiven anatomischen Unterschieden und berücksichtigt in ihrer Urfassung weder genetische noch relevante klinische Begebenheiten. Aus diesen Gründen wird versucht, sie durch die beschreibende WHO-Bezeichnung zu ersetzen. Für die klinische Bedeutung der einzelnen Störungen siehe → Überblick: Klinische Unterschiede der Zystennieren Beschreibende WHO-BezeichnungPotterÄtiologiePathophysiologieAutosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD)Potter IHereditär: Mutation auf Chromosom 6 im PKHD1-Gen mit Veränderung des FibrocystinsStörung in Proteinen der Zilienmembran → Übermäßige Proliferation von Sammelrohrepithel → ZystenbildungMultizystische Nierendysplasiemit Vergrößerung der NierePotter IIaUnklar: Sporadisches Auftreten während der Embryonalentwicklung (selten familiär gehäuft)Ein- oder beidseitig gestörte Interaktion der Ureter- und Nierenanlage → Gestörte Ausbildung der Nephronemit Verkleinerung der NierePotter IIbAutosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD)Potter IIIHereditär: Mutation auf Chromosom 16 oder 4 mit Veränderung des Polycystins 1 oder 2Störung in Proteinen der Zilienmembran → Übermäßige Proliferation von Tubulus- und Sammelrohrepithel → Zystenbildung Symptome/KlinikÜberblick: Klinische Unterschiede der ZystennierenBeschreibende WHO-BezeichnungPotterManifestationsalterLebenserwartungLeberbefallBefall der NierenZystengrößeAutosomal-rezessive polyzystische NierenerkrankungPotter IGeburt bis KindesalterI.d.R. nur Kindesalterjabeidseitigrelativ gleichmäßig kleinMultizystische NierendysplasiePotter IIGeburt bis KindesalterI.d.R. höheres Erwachsenenalterneineinseitig, ggf. beidseitigunterschiedlichAutosomal-dominante polyzystische NierenerkrankungPotter IIIErwachsenenalterjabeidseitigunterschiedlichZystische Nierendysplasie bei fetaler Obstruktion des unteren HarntraktsPotter IVGeburt bis KindesalterI.d.R. höheres Erwachsenenalterneineinseitig o. beidseitigunterschiedlich Autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) - Potter I
Markschwammniere
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Ist das schlimm wenn man eine Zyste an der Niere hat?Vereinzelte Nierenzysten sind in der Regel harmlos und beeinträchtigen die Nierenfunktion und Gesundheit nicht. Wenn sie jedoch wachsen und sehr gross werden, können sie Schmerzen auslösen, etwa in den Flanken oder im Rücken.
Wie gefährlich sind Zystennieren?Zystennieren (dominante polyzystische Nierenerkrankung, ADPKD) Beim Krankheitsbild Zystennieren handelt es sich um eine schwere, stetig fortschreitende (progrediente) Nierenerkrankung, die in ihrem Verlauf in der Regel zu einem totalen Nierenversagen führt.
Wann spricht man von Zystennieren?Eine einzelne Nierenzyste verursacht in der Regel keine Beschwerden und ist harmlos. Treten jedoch mehrere Zysten in der Niere auf, können sie unangenehme Schmerzen verursachen und erfordern eine Therapie. In diesem Fall wird von einer Zystenniere (polyzystische Nierenerkrankung) gesprochen.
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