Nichts ist frustrierender beim Produzieren als keinen Sound aus den Boxen oder Kopfhörern zu hören und nicht zu wissen, warum. Viele Producer, die am Anfang stehen, gleichzeitig Technik, Musik, Genre, Arrangement und Mixing lernen und verstehen müssen (und wollen), stolpern in den ersten Monaten des Produzierens darüber. Wir haben die häufigsten Fehlerquellen und Lösungen gesammelt. Universell, nicht auf eine DAW bezogen und vor allem für Einsteigerinnen und Einsteiger. Und vielleicht ist auch der ein oder andere Kniff für die Profis dabei… Show
#1 Hardware: Alles an?Je größer die Menge an Geräten, desto wahrscheinlicher, dass man den einen oder anderen Powerbutton vergisst. Audio-Interface mit externer Stromquelle? Monitore eingeschaltet? Bei passiven den Verstärker? Es soll sogar vereinzelt Studiokopfhörer geben, die einen separaten An/Aus-Knopf an einem der Hörer haben. Checkt bei allen Geräten, ob sie eingeschaltet sind und das jeweilige Netzteil oder Kabel Strom liefert. #2 Hardware: Alles drin?Fehlerquelle Nummer eins sind hier Kopfhörer. Gerade wenn es Studiokopfhörer sind mit den großen Klinkenanschlüssen und ihr ein neues Interface habt, in dessen Buchsen man anfangs noch mit etwas Schmackes einstöpseln muss, kann es sehr schnell passieren, dass ein Kabel mal nur zu 80% drinsteckt und man es kaum sieht. Checkt hier alle Kabel: USB, Kopfhörer, Monitore, Interface – alle sanft abziehen und dann einstecken. Nicht mit Gewalt natürlich, aber stellt sicher, dass das Kabel wirklich steckt. #3 Hardware: Alles ok?Habt ihr bis hier alles erledigt und seid euch sicher, dass es auf der Softwareseite keine Fehlerquelle gibt, begebt euch auf den mühsamen Pfad des Kabel- und Gerätetestens. Dabei wird ein Teil der Signalkette nach dem anderen ausgetauscht – anfangs natürlich erstmal die Kabel. Leiht euch erstmal alles aus dem Freundeskreis zusammen, um die Fehlerquelle nach und nach durch Ersatzteile einzuengen. Wichtig bei Kabeln: Wechselt auch die Buchsen! Manchmal kann durch statische Entladungen
eine komplette Buchse eines Interfaces oder eines USB-Hubs beispielsweise nutzlos geworden sein. Schritt für Schritt schließt ihr euer Equipment neu an, tauscht einzeln Kabel aus, probiert bei Bedarf das Interface des besten Kumpels. #4 Software: Interface-VerwirrungNichts vergisst eine DAW schneller als ihr letztes Audio-Interface. Da mag (siehe Punkt 1) der Strom vom Interface beim letzten Start nicht angewesen sein, irgendwie ein Treiberstolpern (siehe Punkt 7) hat der DAW mal wieder das „Ausgang (integriert)“ eingehaucht, irgendein Plugin (Reference von Sonarworks oder das Pro Tools Aggregate sind häufige Übeltäter) hat sich dazwischen geworfen. Checkt in den Einstellungen eurer DAW (oft im Bereich Audio, bei Pro Tools ist es die „Playback Engine“) mit welchem Audiogerät kommuniziert wird. Bei Windows-Nutzern kommt hier immer noch dazu, dass man zwischen einer ASIO- und einer Direct-X/mme-Version wählen kann. Dazu bringen die meisten etwas besseren Interfaces neben eigenen Treibern oft noch eine eigene dezidierte Mixer- und Routingsoftware mit. Teilweise muss diese vor der DAW gestartet werden, damit das Interface richtig funktioniert. #5 Software: Samplerate-StreitViele Homeproducer nutzen ihre Rechner nicht nur zum Produzieren. Nebenher werden die neusten Tutorials angeschaut, Samples gesucht und geladen, kurz per Skype dem besten Kumpel beim Beatmachen über die Schulter geschaut. Das Audiosignal muss also in viele Richtungen gleichzeitig laufen. Meistens schafft das euer Betriebssystem. Sollte aber aus irgendeinem Grund in eurer DAW in den Audioeinstellungen eine andere Samplerate als 44100 Hz eingestellt sein, bringt das die meisten Systeme zum Stolpern. Systemaudio jeder Art läuft nämlich auf dieser Standard-Samplerate. Ist bei euch beispielsweise 48000 Hz eingestellt, schafft das der jeweilige Treiber nicht mehr richtig, wenn ihr zwischen Programmen hin und her schaltet. Also überprüft das in den Audioeinstellungen. #6 Software: Up-to-dateNever change a running system! Die Menge an Studiobesitzern und Produzenten, die mit aus heutiger Sicht uralten Logic 7- oder Pro Tools 5- oder Cubase SX 3-Systemen arbeiten, ist größer, als man denkt. Ein System ist einmal eingerichtet, macht keine Mucken, ein Update würde hier nur unnötig Ärger machen. Seid deswegen bei Updates von Systemen vorsichtig. Die Faustregel bei vielen Professionellen lautet, grundsätzlich immer ein, zwei Versionen des Betriebssystems hinterher zu sein. So
kann man sicher sein, dass alle DAW-, Treibersoftware- und Pluginhersteller mitgezogen haben. # 7 Software: Finde den Mute-Knopf!Ist auf der Hardwareseite alles abgecheckt, ist eine der Hauptursachen, warum man in den ersten Monaten nichts hört, obwohl man doch abspielt, alles außer einer Spur hört, obwohl man die doch gerade in feinster Qualität aufgenommen hat, ein übersehener Mute– oder Solo-Button. Manche DAWs wie Logic Pro X zeigen an, wenn eine Spur Solo geschaltet ist, das lässt sich dann global wieder deaktivieren. Bei anderen müsst ihr auf Spurensuche gehen. Das
Komplizierte ist: Solo– und Mute-Funktionen gibt es nicht nur auf einzelnen Spuren, sondern auch auf Gruppen und in Instrumenten selbst! Gerade wenn das Routing komplexer wird, man Gruppen und Subgruppen anlegt, kann so ein kleines Solo-setzen schon mal verloren gehen. #8 Software: Kein InputModerne DAWs sind grundsätzlich so ausgelegt, dass einiges, was das Routing und den Signalfluss betrifft, automatisiert im Hintergrund passiert (nimmt man Pro Tools mal außen vor). Trotzdem kann es durch einen falschen Klick, ein zu schnelles „OK“ drücken passieren, dass Spuren erzeugt werden, denen der Input fehlt. Wollt ihr also etwas aufnehmen, habt euch eine Audiospur erzeugt und dort schlägt kein Pegel aus, schaut als erstes nach, ob bei dem Spureingang auch ein zu euren gewählten
Interfaces passender Input angewählt ist. Etwas anders verhält es sich bei MIDI-Spuren.
Fotostrecke: 2 Bilder Fotostrecke In diesem Routingszenario in Logic Pro X wurde in dem AUX-Kanal, an dessen Eingang „Bus 4“ versehentlich ohne Spurausgang gelassen. Alles, was in diesen Kanal geroutet würde, würde man nicht hören können. 2 Bilder 1/2 In diesem Routingszenario in Logic Pro X wurde in dem AUX-Kanal, an dessen Eingang „Bus 4“ versehentlich ohne Spurausgang gelassen. Alles, was in diesen Kanal geroutet würde, würde man nicht hören können. 2/2 Praktischerweise wird in Ableton Live eine MIDI-Spur, auf der noch kein Software-Instrument liegt, noch so angezeigt, dass sofort klar wird, dass hier kein Sound rauskommen kann. #9 Software: falscher OutputWas bei den Eingängen schiefgehen kann, hat noch mehr Potenzial bei den Spurausgängen ins stille Nirvana zu verschwinden. Spätestens wenn das Routing komplexer wird, man Busgruppen und AUX-Kanäle erstellt, kann es durchaus passieren, dass man an einer Stelle mal einen Ausgang nicht richtig gesetzt hat. Verfolgt als von jeder Spur den Signalweg über alle Busse und Kanäle, um herauszufinden, wo sich das Signal verliert. #10 Software: Reset.Operation gelungen – Patient tot. Manchmal hilft alles nichts. Alles ist durchgecheckt, alles auf dem neusten Stand, trotzdem nichts zu hören. Und auf dem Rechner des besten Kumpels klappt alles? When in doubt, reboot. Wie oft sich einfache Neustarts oder ein kurzes 10-sekündiges Ausschalten und wieder Einschalten auf magische Weise Softwareprobleme lösen, wissen alle, die im jahrelangen Techsupport für Eltern und Großeltern geschult sind. Wenn die DAW dann immer noch zickt und keinen Ton von sich gibt, dann hilft oft nur noch der Reset. Für jede DAW gibt es im jeweiligen Handbuch eine Passage, wie man alle Einstellungen zurücksetzt. Im schlimmsten Fall hilft dann noch eine Neuinstallation. |